Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (10. Kammer) - 10 Sa 186/10
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 25. Februar 2010, Az.: 10 Ca 1373/09, abgeändert und die Klage abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Parteien streiten über die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte des Klägers.
- 2
Der 1960 geborene Kläger ist seit dem 01.07.1985 im A. (BWB) in A-Stadt zu einem Bruttomonatsentgelt nach Entgeltgruppe 6 TVöD beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes Anwendung.
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Auf einer Vertragsanlage, die von den Sachbearbeitern der Beklagten benutzt wird, um Liefermengen und Liefertermine zu überwachen, hatte ein Sachbearbeiter eine gelieferte Teilmenge von 36 Einheiten („36 EA“) festgehalten. Der Kläger hat dessen Eintragung eingekreist und folgenden handschriftlichen Vermerk angebracht:
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„Es wurden nur 32 EA geliefert und in RE [Rechnung] gestellt. H. X. arbeitet sehr fehlerhaft.“
- 5
Ob eine Teilmenge von 36 oder 32 Einheiten geliefert worden ist, und ob die reklamierte Eintragung überhaupt von Herrn X. stammt, ist zwischen den Parteien streitig. Am 16.04.2009 erteilte das BWB dem Kläger eine Abmahnung. Diese hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
- 6
„Abmahnung wegen Fehlverhaltens
- 7
… Ihr Beschäftigungsteam teilte mir schriftlich mit, dass Sie im Rahmen einer Rechnungsbearbeitung am 09.12.2008 in einem Vorgang einen handschriftlichen Vermerk zur Arbeitsweise eines Teamkollegen, RAmtm X., angebracht haben. Darin äußerten Sie, Herr X. arbeite sehr fehlerhaft.
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Hierzu habe ich Ihnen mit Bezug 2. Gelegenheit gegeben, sich zu dem Sachverhalt zu äußern. Mit Schreiben vom 20.03.2009 teilte mir Ihr Rechtsanwalt in Ihrem Auftrag mit, dass der angebrachte Vermerk offensichtlich objektiv zutreffend sei und keinerlei sachfremde Erklärung enthalten würde. Da die Rechnung jedoch nicht durch RAmtm X., sondern durch einen anderen Kollegen bearbeitet wurde, ist die von Ihnen getroffene Äußerung nicht nur sachlich falsch, sondern stellt außerdem eine Herabwürdigung der Person sowie der Arbeit des RAmtm X. dar. Eine Bewertung der Arbeitsweise und Güte eines Mitarbeiters steht Ihnen nicht zu.
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Durch Ihren handschriftlichen Vermerk ist eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Herrn X. und Ihrem Team nicht mehr möglich.
- 10
Mit Ihrem Verhalten haben Sie Ihre arbeitsvertragliche Pflicht zur gewissenhaften und ordnungsgemäßen Ausführung der von Ihnen geschuldeten Leistung gemäß § 41 TVÖD Besonderer Teil Verwaltung (BT-V) in grober Weise verletzt.
- 11
Ich missbillige Ihr Verhalten ausdrücklich und spreche Ihnen hiermit eine Abmahnung aus.
- 12
Zugleich fordere ich Sie auf, sich künftig gemäß § 41 TVöD (BT-V) zu verhalten und weise darauf hin, dass sie im Falle eines erneuten gleichgelagerten Fehlverhaltens mit der Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses rechnen müssen.
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Diese Anmahnung einschließlich der damit verbundenen Vorgänge werde ich zu Ihrer Personalakte nehmen und nach Ablauf von drei Jahren vernichten. …“
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Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, die ihm unter dem Datum des 16.04.2009 erteilte Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen.
- 16
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
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die Klage abzuweisen.
- 18
Wegen weiterer Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts und des streitigen Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 25.02.2010 (dort Seite 2-4 = Bl. 86-88 d.A.).
- 19
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 25.02.2010 stattgegeben. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob der Kläger mit seinem Vermerk sachlich unzutreffend eine am 04.09.2008 fehlerhaft durchgeführte Lieferkontrolle und/oder sachlich unzutreffend einen Fehler von Regierungsamtmann X. beanstandet habe. Denn die Abmahnung enthalte die Formulierung, dass dem Kläger eine Bewertung der Arbeitsweise und -güte eines Mitarbeiters nicht zustehe. Diese Formulierung beschreibe weder im Grundsatz noch im Zusammenhang mit dem beanstandeten Vermerk die Rechte des Klägers und ihre Grenzen im Arbeitsverhältnis der Parteien zutreffend. Das Grundrecht der freien Meinungsäußerung stehe Arbeitnehmern und Arbeitgebern gleichermaßen zu, obgleich der öffentliche Dienst eine Sonderstellung einnehme, weil hier eine funktionsbezogene Zurückhaltung erwartet werden dürfe. Die rechtliche Behauptung der Beklagten, die Meinungsfreiheit des Klägers finde ihre Grenze, wenn es um eine Bewertung der Arbeitsweise und -güte eines Mitarbeiters gehe (was auch immer damit gemeint sein solle), sei in ihrer Allgemeinheit und dem mit ihr umfassend formulierten Geltungsanspruch nicht zutreffend.
- 20
Gegen das genannte Urteil, das ihr am 23.03.2010 zugestellt worden ist, hat die Beklagte mit am 21.04.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 25.06.2010 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 25.06.2010, der am gleichen Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist, begründet.
- 21
Die Beklagte ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass der Kläger in abmahnungswürdiger Weise gegen seine dienstvertraglichen Pflichten verstoßen habe. Sein Verhalten habe den Betriebsfrieden gestört, weil er die Arbeitsweise eines Teamkollegen - nämlich des höherrangig eingestuften und in geringem Umfang auch weisungsbefugten Beamten X. - in einem für eine Vielzahl von Arbeitnehmern zugänglichen Schriftstück als „sehr fehlerhaft“ bezeichnet habe. Es gehöre nicht zu den Aufgaben des Klägers die Arbeitsweise des Beamten X. zu überwachen und zu bewerten. Der Vermerk sei geeignet, das Ansehen des Beamten bei Kollegen und Vorgesetzten nachhaltig zu beschädigen. Das kollegiale Vertrauensverhältnis sei zerrüttet. Herr X. lehne eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger ab. Das Vorgehen des Klägers sei nicht durch seine Meinungsfreiheit gedeckt. Das Recht zur freien Meinungsäußerung sei am Arbeitsplatz eingeschränkt. Die Pflicht zur Unterlassung von offener Kritik an Kollegen, sei die notwendige Konsequenz, die das Arbeitsgericht aus dieser Feststellung nicht gezogen habe. Bei dem Vermerk des Klägers „H. X. arbeitet sehr fehlerhaft“ handele es sich um eine unwahre Tatsachenbehauptung, und nicht um eine Meinungsäußerung. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 25.06.2010 (Bl. 125-133 d.A.) Bezug genommen.
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Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 25.02.2010, Az.: 10 Ca 1373/09, aufzuheben und die Klage abzuweisen.
- 24
Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
- 26
Er verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 02.09.2010 (Bl. 151-153 d.A.), auf den Bezug genommen wird, als zutreffend. Er habe bei Prüfung der Vertragsanlage festgestellt, dass der vorgehende Sachbearbeiter eine angeblich gelieferte Teilmenge von 36 Einheiten festgehalten habe, während tatsächlich nur 32 Teile geliefert worden seien. Er sei bis heute davon überzeugt, dass Regierungsamtmann X. die objektiv falsche Eintragung vorgenommen habe. Die von der Beklagten vorgenommene Bewertung seines Vermerkinhaltes sei verfehlt. Ihre Auffassung, ein Mitarbeiter könne einen anderen Mitarbeiter nicht in sachlicher Form kritisieren, entbehre jeder Grundlage. Er habe mit dem Vermerk lediglich die Arbeit des Kollegen kritisiert, eine „Herabwürdigung seiner Person“ sei nicht zu erkennen.
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Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
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Die nach § 64 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufung ist somit zulässig.
II.
- 29
Die Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger kann nicht verlangen, dass die Abmahnung vom 16.04.2009 aus seiner Personalakte entfernt wird. Er ist nicht zu Unrecht abgemahnt worden.
- 30
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der auch die Berufungskammer folgt, können Arbeitnehmer in entsprechender Anwendung der §§ 242, 1004 BGB die Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus ihrer Personalakte verlangen. Der Anspruch besteht, wenn die Abmahnung entweder formell nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt oder kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers am Verbleib der Abmahnung in der Personalakte mehr besteht (vgl. BAG Urteil vom 20.08.2009 - 2 AZR 499/08 - Rd. 9 - AP Nr. 6 zu Art. 4 GG; BAG Urteil vom 27.11.2008 - 2 AZR 675/07 - Rd. 16 - AP Nr. 33 zu § 611 BGB Abmahnung, jeweils m.w.N.).
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2. Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall hat der Kläger keinen Anspruch auf Entfernung der Abmahnung vom 16.04.2009 aus seiner Personalakte.
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2.1. Die streitgegenständliche Abmahnung enthält keine unzutreffenden Tatsachenbehauptungen. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Kläger auf einer Vertragsanlage (Lieferliste) den handschriftlichen Vermerk angebracht hat: „Es wurden nur 32 EA geliefert und in RE gestellt. H. X. arbeitet sehr fehlerhaft“.
- 33
2.2. Die Beklagte hat das Verhalten des Klägers zu Recht als arbeitsvertragliche Pflichtverletzung gewertet. Selbst wenn Regierungsamtmann X. bei der Feststellung der gelieferten Teilmenge ein Fehler unterlaufen sein sollte, gab das dem Kläger nicht das Recht, auf der Lieferliste handschriftlich zu vermerken „H. X. arbeitet sehr fehlerhaft“. Es stand dem Kläger nicht zu, Herrn X. auf einem Papier, das mehreren Bediensteten der Dienststelle zugänglich ist, zu tadeln und über ihn ein Unwerturteil zu fällen. Es gehört nicht zu den Arbeitsaufgaben des Klägers, die dienstlichen Leistungen eines Beamten mit „sehr fehlerhaft“ zu bewerten. Die dienstliche Beurteilung eines Beamten obliegt allein dem Dienstherrn.
- 34
2.3. Der Vermerk bedeutet sowohl nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen. Der Kläger kann sich dafür nicht auf sein Recht zur freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) berufen.
- 35
Das Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG ist für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung konstituierend. Es gewährleistet eine der wesentlichen Äußerungsformen der menschlichen Persönlichkeit. Auf Grund seiner großen Bedeutung ist seine Berücksichtigung jeweils im Rahmen des Möglichen geboten. Mit der überragenden Bedeutung des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 GG wäre es unvereinbar, wenn das Grundrecht in der betrieblichen Arbeitswelt, die für die Lebensgrundlage zahlreicher Staatsbürger wesentlich bestimmend ist, gar nicht oder nur eingeschränkt anwendbar wäre. Dabei besteht der Grundrechtsschutz unabhängig davon, ob eine Äußerung rational oder emotional, begründet oder grundlos ist, und ob sie von anderen für nützlich oder schädlich, wertvoll oder wertlos gehalten wird. Der Grundrechtsschutz bezieht sich sowohl auf den Inhalt als auch auf die Form der Äußerung. Auch eine polemische oder verletzende Formulierung entzieht einer Äußerung noch nicht den Schutz der Meinungsfreiheit (vgl. BAG Urteil vom 24.11.2005 - 2 AZR 584/04 - Rd. 24 - AP Nr. 198 zu § 626 BGB).
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Allerdings wird das Grundrecht auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG nicht schrankenlos gewährt, sondern durch die allgemeinen Gesetze und das Recht der persönlichen Ehre (Art. 5 Abs. 2 GG) beschränkt und muss in ein ausgeglichenes Verhältnis mit diesen gebracht werden. Dabei gibt die Verfassung das Ergebnis einer solchen Abwägung nicht vor. Dies gilt insbesondere, wenn auch auf Seiten des Arbeitgebers verfassungsrechtlich geschützte Positionen in Betracht kommen. Dazu gehören nicht nur die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) und das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG). Durch Art. 12 GG wird auch die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit des Arbeitgebers, die insbesondere durch eine Störung des Arbeitsablaufs und des Betriebsfriedens berührt werden kann, geschützt. Auch gehört die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme auf die Interessen der anderen Vertragspartei (§ 241 Abs. 2 BGB) zu den allgemeinen Gesetzen (Art. 5 Abs. 2 GG). Zwischen der Meinungsfreiheit und dem beschränkenden Gesetz findet eine Wechselwirkung statt. Insbesondere die Regelung des § 241 BGB muss ihrerseits der Wert setzenden Bedeutung des Grundrechts in einem freiheitlichen demokratischen Staat Rechnung tragen. Dem besonderen Wertgehalt des Art. 5 Abs. 1 GG, der ebenfalls eine Ausprägung der Menschenwürde und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellt und für eine grundsätzliche Freiheit der Meinungsäußerung streitet, muss die gebührende Beachtung geschenkt werden. Die diesem Grundrecht Schranken setzenden Regelungen und gegenläufigen verfassungsrechtlich geschützten Positionen müssen deshalb ihrerseits aus der Erkenntnis der Werte setzenden Bedeutung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit ausgelegt und so in ihrer dieses Grundrecht begrenzenden Wirkung selbst wieder eingeschränkt werden (vgl. BAG Urteil vom 10.12.2009 - 2 AZR 534/08 - Rd. 17 - AP Nr. 226 zu § 626 BGB; BAG Urteil vom 24.11.2005 - 2 AZR 584/04 - Rd. 26 - AP Nr. 198 zu § 626 BGB; jeweils m.w.N.).
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Der Vorwurf des Klägers „H. X. arbeitet sehr fehlerhaft“ ist durch nichts belegt. Selbst wenn sich Herr X. bei der konkreten Lieferung verzählt haben sollte (36 statt 32 Teile), wie der Kläger behauptet, rechtfertigt ein einmaliger Fehler bei der Feststellung der Liefermenge nicht die pauschale Kritik des Klägers an der Leistungsfähigkeit des Beamten. Ob die Leistung des Beamten X. als Schlechtleistung („sehr fehlerhaft“) anzusehen ist, hat nicht der Kläger zu beurteilen.
- 38
Zwar ist es einem Tarifbeschäftigten unbenommen, erkannte Fehler in der Sachbearbeitung von Arbeitskollegen (oder auch Vorgesetzten) anzusprechen und zu melden. Der Kläger hätte deshalb den Beamten X. auf den von ihm festgestellten Fehler direkt ansprechen oder auf dem Dienstweg Meldung erstatten können. Die Vorgehensweise des Klägers, auf einer Liste, die von mehreren Bediensteten eingesehen werden kann, die Arbeitsweise des Beamten als „sehr fehlerhaft“ zu vermerken, ist nicht mehr als berechtigte Kritik zu sehen. Sie dient nach Überzeugung der Berufungskammer allein dazu, den Beamten X. innerhalb der Dienststelle in ein schlechtes Licht zu rücken und ihn in seinem Ansehen bewusst zu diskreditieren. Dieses Vorgehen ist nicht vom Recht des Klägers auf freie Meinungsäußerung gedeckt.
- 39
2.4. Sonstige Gründe für eine Unwirksamkeit der Abmahnung sind nicht ersichtlich. Die Abmahnung verstößt insbesondere nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Bei der Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten durch den Arbeitnehmer hat der Arbeitgeber als Gläubiger der Arbeitsleistung zunächst selbst zu entscheiden, ob er ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers missbilligen will und ob er deswegen eine Abmahnung erteilen will. Es ginge zu weit, der Beklagten die Aufnahme der Abmahnung in die Personalakte zu untersagen, weil man über den erhobenen Vorwurf auch hinwegsehen könnte. Damit würde die Beklagte zwangsläufig zu erkennen geben, sie nehme an dem handschriftlichen Vermerk des Klägers keinen Anstoß. Es ist sogar ihre Obliegenheit, darauf hinzuweisen, wenn sie später aus einer gleichartigen Verletzung weitere Konsequenzen herleiten will.
III.
- 40
Nach alledem war das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil er in vollem Umfang unterlegen ist.
- 42
Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.
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