Beschluss vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (11. Kammer) - 11 Ta 237/11

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten und unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz im Verfahren 4 Ca 1078/11 vom 25.07.2011 wie folgt abgeändert.

1. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist für den Klageantrag des Klägers zu 1. auf Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses der Parteien eröffnet.

2. Bezüglich des Klageantrages zu 2. ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht eröffnet. Der Klageantrag zu 2. wird abgetrennt und an das im Rechtsweg zuständige Landgericht Koblenz verwiesen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Parteien jeweils zur Hälfte.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten, ob ihr Beschäftigungsverhältnis, vom Kläger als Arbeitsverhältnis bezeichnet, auf Grundlage der von der Beklagten mit E-Mail vom 24.02.2011 (Bl. 4 d.A.) ausgesprochenen fristlosen Kündigung beendet wurde, sowie über einen Zahlungsanspruch des Klägers in Höhe von € 12.266,67 € netto nebst Zinsen, den der Kläger für die Monate Dezember 2010 bis einschließlich Februar 2011 geltend macht.

2

Der Kläger war seit dem 15. Dezember 2010 als "Chef de Projet" (Projektleiter) bei der Beklagten, die Kosmetikprodukte herstellt und vertreibt, tätig. Aufgabe des Klägers war es, den Vertrieb aufzubauen und Kontakte zu Personen zu knüpfen, die an der Mitarbeit und dem Vertrieb der Produkte der Beklagten interessiert sind.

3

Die Beklagte händigte dem Kläger Visitenkarten mit dessen Namen und der Funktionsbezeichnung "Chef de Projet" unter der Firma "Z & Z Europe" aus. Vergleichbare Visitenkarten erhielt die weitere Projektleiterin, Frau X Y, die am 11. Januar 2011 zudem einen "Anstellungsvertrag" von der Beklagten erhielt.

4

Mit E-Mail vom 24. Februar 2011 erklärte die Beklagte die fristlose Kündigung der "Zusammenarbeit" mit dem Kläger.

5

Der Kläger trägt vor:

6

Er sei von Dezember 2010 bis März 2011 hauptberuflich für die "Firma W Pharm […] bzw. für deren neue Tochter Z" tätig gewesen. Er habe die gesamte Zeit ausschließlich "für diese Firma" gearbeitet und sei weder selbständig noch Freiberufler.

7

Es bestehe ein mündlicher Arbeitsvertrag mit einer Probezeit von sechs Monaten. Es sei zwischen den Parteien eine monatliche Vergütung von 4.800,00 Euro netto bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von etwa 50 Stunden vereinbart worden (Bl. 2 d.A.). Tatsächlich habe er sogar "6 Tage die Woche rund um die Uhr gearbeitet" (Bl. 25.d.A.).

8

Frau Y habe stets mit ihm im Team zusammengearbeitet, bei gleicher Aufgabe und gleichem Titel (Bl. 46 d.A.). Aus "purer Vergeltungsstrategie" zahle die Beklagte keine Vergütung (Bl. 26 d.A.).

9

Die Beklagte habe für ihn - wie für alle Projektleiter - ein eigenes "Internet-E-Mail-Portal" angelegt. Aus der "Signatur" gehe eindeutig hervor, dass er Mitarbeiter der Beklagten sei.

10

Die Beklagte habe ihm für entstehende Spesen Bargeld überlassen. Die Spesenrechnungen habe sie nicht mit ihm abgerechnet, sondern als laufende Kosten eines anderen Mitarbeiters in die Buchhaltung gegeben. Somit sei er als angestellter Mitarbeiter geführt worden, denn als Freiberufler hätte er die "Rechnungen behalten und versteuern müssen".

11

Die Beklagte "werte ihn steuerlich" als Mitarbeiter, in dem sie die Herausgabe von Gegenständen von ihm fordere.

12

Die Beklagte trägt vor:

13

Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen sei nicht zulässig. Der Kläger sei kein Arbeitnehmer, sondern freier Mitarbeiter. Weisungsgebundenheit des Klägers hinsichtlich Art, Dauer, Ort und Inhalt der Tätigkeit läge nicht vor. Die Einteilung seiner Arbeitszeit sowie die Organisation seiner Arbeitsleistung seien ihm freigestellt gewesen.

14

Er habe neben der Beklagten noch andere Auftraggeber gehabt. Im Strafverfahren vor dem Landgericht Koblenz (2050 Js 62127/07.8 Ns) habe der Kläger zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen angegeben, monatlich 3.000,-- Euro bis 4.000,-- Euro brutto durch Seminare zu verdienen.

15

Er habe seine Tätigkeit für die Beklagte neben seinen sonstigen Seminaren und dem "Teamtraining" durchführen wollen und sollen. Er sei hierbei in der Gestaltung völlig frei gewesen und maximal zweimal wöchentlich am Firmensitz der Beklagten erschienen. Maximal zweimal wöchentlich habe der Kläger Seminare für die Beklagte abgehalten, in denen er jedoch (auch) die Interessen andere Auftraggeber verfolgt habe.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

17

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 25.07.2011 (Bl. 55 bis 62 d.A.) nach Rechtswegrüge der Beklagten festgestellt, der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten sei zulässig. Für den Klageantrag zu 1. sei der Rechtsweg nach § 2 Nr.3 Buchstabe b ArbGG eröffnet, für den Klageantrag zu 2. nach § 2 Nr. 3 Buchstabe a ArbGG. Der Kläger habe die Eigenschaft als Arbeitnehmer nicht substantiiert vorgetragen. Anzunehmen sei jedoch die Eigenschaft als arbeitnehmerähnliche Person, da nach dem substantiierten Vortrag des Klägers die Tätigkeit des Beklagten seine alleinige Existenzgrundlage darstellte, weitere anderweitige Einkünfte nicht erkennbar seien. Das diesbezügliche Bestreiten der Beklagten genüge den Anforderungen des § 138 Abs. 3 ZPO nicht.

18

Der Beschluss vom 25.7.2011 ist der Beklagten am 12.08.2011 (Bl. 64 d.A.) zugestellt worden. Mit bei Gericht am 26.08.2011 (Bl. 65 d.A.) eingegangenem Schriftsatz hat die Beklagte Beschwerde eingelegt und erneut darauf hingewiesen, der Kläger habe in dem gegen ihn geführten Strafverfahren vor dem Landgericht Koblenz (2050 Js 62127/07.8 Ns) selbst behauptet, zwischen 3.000,-- und 4.000,-- € brutto monatlich im hier streitgegenständlichen Zeitraum verdient zu haben. Von der Beklagten habe er bisher keine Vergütung erhalten Er sei gerade nicht von der Beklagten abhängig und sozial schutzbedürftig und auch nicht überwiegend für die Beklagte tätig gewesen. Vielmehr habe der Kläger in seiner eigenen Firma " V" als Motivationstrainer gearbeitet.

19

Der Kläger hat sich hierzu nicht geäußert.

20

Mit Beschluss vom 02.11.2011 hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde der Beklagten nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht vorgelegt. Zur Begründung des Nichtabhilfebeschlusses hat das Arbeitsgericht ausgeführt, soweit die Beklagte auf die Äußerung des Klägers im strafgerichtlichen Verfahren hinsichtlich seiner Einnahmen verweise, sei nicht auszuschließen, dass diese dort vom Kläger angegebenen Einnahmen gerade die seien, die der Kläger im vorliegenden Verfahren gerichtlich geltend mache. Darüber hinaus habe unbestritten der Kläger etwa 50 Stunden pro Woche bzw. werktäglich rund um die Uhr zumindest bis 16.02.2011 im Auftrag der Beklagten Tätigkeiten verrichtet. Dies spreche dagegen, der Kläger habe nennenswerte andere Einnahmen erzielt.

21

Mit gerichtlichem Anschreiben vom 15.11.2011 wurden den Parteien im Beschwerdeverfahren seitens des Landesarbeitsgerichts Gelegenheit gegeben bis einschließlich 25.11.2011 weiter vorzutragen. Die Beklagte hat darauf hingewiesen, sie könne zu der weiteren wirtschaftlichen Situation und des Verdiensts des Klägers aus seiner Einzelfirma K keine weiteren Angaben mache. Der Kläger hat sich mit Schriftsatz vom 22.11.2011 lediglich der Einschätzung des Arbeitsgerichtes angeschlossen, ohne weiteren Tatsachenvortrag.

II.

22

1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist zulässig. Die nach § 48 Abs. 1 ArbGG, 17 a Abs. 4 S. 3 GVG an sich statthafte Beschwerde der Beklagten ist form- und fristgerecht (§ 48 Abs. 1 ArbGG, 569 ZPO) eingelegt. Die Beklagte hat innerhalb der Rechtsmittelfrist von 2 Wochen nach Zustellung des Rechtswegsbeschlusses vom 25.07.2011 am 12.08.2011 mit bei Gericht am 26.08.2011 eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese auch zugleich begründet.

23

2. In der Sache hat die sofortige Beschwerde der Beklagte auch teilweise Erfolg.

24

Auf die Beschwerde der Beklagten war festzustellen, dass für den Klageantrag zu 2) der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht gemäß § 2 Abs. 3 a ArbGG i.V.m. § 5 Abs. 1 ArbGG eröffnet ist. Dieser Antrag fällt vielmehr in die Rechtswegzuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit (zuständig Landgericht Koblenz), da der Kläger weder Arbeitnehmer noch arbeitnehmerähnliche Person ist.

25

In die Rechtswegzuständigkeit der Arbeitsgerichte fällt jedoch der Klageantrag zu 1) mit dem der Kläger die Feststellung des Fortbestandes eines von ihm behaupteten Arbeitsverhältnisses begehrt, da insoweit ein sic-non-Fall vorliegt.

26

a. Der Klageantrag zu 1., ist als sic-non-Fall zu qualifizieren. Ein sic-non-Fall liegt vor, wenn der geltend gemachte Anspruch sich nur aus einem als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren Rechtsverhältnis ergeben kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG 19.12.2000 - EzA ArbGG 1979 § 2 Nr. 52; 17.01.2001 - EzA ArbGG 1979 § 2 bis Nr. 53) ist dies auch im Falle der zur Wehrsetzung gegen eine fristlose Kündigung dann anzunehmen, wenn der Kläger mit seinem Klageantrag die Feststellung begehrt, sein Arbeitsverhältnis sei durch die ausgesprochene Kündigung nicht beendet worden und bestehe fort. Dann ist Voraussetzung der Begründetheit dieses Klageanspruches, dass im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien tatsächlich bestanden hat, andernfalls der Antrag von vorne herein unbegründet wäre (BAG 27.09.2001 - AP Nr. 41 zu § 9 KSchG 1969). Der Klageerfolg hängt daher bei dieser Antragstellung von Tatsachen ab, die zugleich für die Bestimmung des Rechtsweges entscheidend sind (sic-non-Fall). Wegen dieser Doppelrelevanz sind daher die Gerichte für Arbeitssachen für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig.

27

Das gleiche Ergebnis folgt für den Klageantrag zu 1., wenn man auf die Begründung der Kündigungsschutzklage des Klägers abstellt, der sich auf die Anwendbarkeit des § 623 BGB (Notwendigkeit der Schriftform bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses) beruft. Die Berufung auf diese Gesetzesnorm setzt im Sinne doppelrelevanter Tatsachen voraus, dass ein Arbeitsverhältnis vorliegt.

28

b. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist jedoch nicht für den Klageantrag zu 2. eröffnet.

29

aa. Der Kläger hat im Klageantrag zu 2. Vergütung für die Monate Dezember bis einschließlich Februar 2011 gefordert. Für den Zahlungszeitraum von Dezember bis zum Zugang der E-Mail-Kündigung am 24.02.2011 liegt Geltendmachung rückständiger Leistungen vor, deren Bestand unabhängig von der Rechtsqualität des Beschäftigungsverhältnisses ist. Eine Zuständigkeitsbegründung über das Rechtsinstitut des sic-non-Fall scheidet aus. Anspruchsgrundlage dieses Vergütungsanspruches kann sowohl die Tätigkeit als freier Mitarbeiter als auch ein Arbeitsverhältnis sein. Es handelt sich insoweit um einen sogenannten aut-aut-Fall, bei dem das Gericht im Rahmen der Rechtswegentscheidung zu prüfen hat, ob die tatsächlichen Voraussetzungen einer Arbeitnehmereigenschaft oder zumindest die Voraussetzung der Zuordnung zur Gruppe der arbeitnehmerähnlichen Personen vorliegen (LAG Rheinland-Pfalz 03.09.2010 - 10 Ta 119/10, zitiert nach JURIS). Die Darlegungs- und Beweislast für die Annahme der Arbeitnehmereigenschaft oder die Einordnung als arbeitnehmerähnliche Person trifft dabei vorliegend den Kläger (vgl. LAG Rheinland-Pfalz a.a.O., LAG Schleswig Holstein 21.04.2008 - 2 Ta 30/08, zitiert nach JURIS).

30

bb. Soweit der Kläger für Februar Vergütung über den 24.02.2011 (Zugang der E-Mail Kündigung) geltend macht, kann dieser Anspruch sich nur aus § 615 BGB ergeben. Leistungserbringung in diesem Zeitraum hat der Kläger nicht behauptet. Auch für den Zahlungsanspruch des Klägers über den Zeitpunkt des Zugangs der E-Mail Kündigung am 24.02.2011 hinaus den Monat Februar 2011 betreffend liegt kein sic-non-Fall, sondern ein aut-aut-Fall vor.

31

Wie zuvor dargestellt, ist ein sic-non-Fall nur dann gegeben, wenn die begehrte Rechtsfolge nur in Betracht kommt soweit das Vertragsverhältnis als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist. Auch bei Zahlungsklagen kann in diesem Sinne ein sic-non-Fall gegeben sein. Eine solche Konstellation kommt bei Zahlungsansprüchen begründet auf Annahmeverzug (§ 615 BGB) in Betracht, wenn die Annahmeverzugslöhne nur dann rechtlich entstanden sein können, wenn eine Kündigung ausschließlich an einer Rechtsnorm scheitert, die nur auf Arbeitnehmer Anwendung findet.

32

Im vorliegenden Fall kann sich die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung der Beklagten zum 24.02.2011, unabhängig von der Einordnung als Arbeits- oder freies Dienstverhältnis, aus § 626 BGB, und darüber hinaus soweit der Kläger Arbeitnehmer ist aus § 623 BGB (nicht schriftliche Kündigung) ergeben. Liegt zwischen dem Kläger und der Beklagten kein Arbeitsverhältnis sondern ein freies Dienstverhältnis vor und die Kündigung ist nicht im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB begründet, ist nach dem unbestrittenen Vortrag des Klägers von einer vereinbarten Probezeit von 6 Monaten mit zweiwöchiger Kündigungsfrist auszugehen, soweit nicht die Kündigungsfristen des § 621 BGB für den Kläger günstiger wären. Im Falle der Unwirksamkeit der Kündigung außerhalb der Annahme eines Arbeitsverhältnisses bestünde daher Annahmeverzugslohnanspruch des Klägers bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, der nach dem Vortrag des Klägers nach dem 28.02.2011 läge.

33

Auch für den Zeitraum nach dem 24.02.2011 kommt daher ein Anspruch des Klägers beruhend auf der Annahme eines Arbeitsverhältnisses oder auf Basis eines freien Dienstverhältnisses in Betracht, so dass auch für diesen Zeitraum ein sic-non-Fall nicht vorliegt.

34

cc. Es wäre daher Aufgabe des Klägers die Voraussetzungen der Einordnung als Arbeitnehmer oder auch zumindest arbeitnehmerähnliche Person ausreichend substantiiert darzulegen. Eines von beiden genügt, da im Rahmen der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte zwischen der Einordnung als Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnliche Person die Möglichkeit der Wahlfeststellung besteht (BAG 21.12.2010 10 AZB 14/10, zitiert nach juris).

35

(1) Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 ArbGG ist, wer auf Grund eines privatrechtlichen Vertrages in persönlicher Abhängigkeit weisungsgebundene fremdbestimmte Tätigkeiten für einen anderen in einer von diesem geschaffenen Arbeitsumgebung leistet. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts definiert sich daher der Begriff des Arbeitnehmers insbesondere im Umkehrschluss zu § 84 Abs. 1 S. 3 HGB durch die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers, der seine Dienstleistung im Rahmen der vom Arbeitgeber bestimmten Arbeitsorganisation zu erbringen hat und dem Weisungsrecht des Arbeitgebers, Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffend, unterliegt. Dabei kann der Grad der persönlichen Abhängigkeit sich abhängig vom ausgeübten Beruf und Berufsbild unterschiedlich stark ausprägen. Es ist jedenfalls immer eine Einzelfallbetrachtung der jeweiligen Tätigkeit vorzunehmen (BAG 20.01.2010 5 AZR 106/09 EzA § 611 BGB 2003 Arbeitnehmerbegriff Nr. 17). Kein Arbeitnehmer ist dem gegenüber, wer auf Grund eines Dienstvertrages tätig ist und i.S.d. § 84 Abs. 1 S. 2 HGB im Wesentlichen seine Tätigkeit frei gestaltet und seine Arbeitszeit frei bestimmt. Für die Einordnung des Vertragstypus ist die Bezeichnung des Vertrages durch die Parteien unerheblich, entscheidend ist vielmehr die tatsächliche Vertragsdurchführung.

36

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat schon das Arbeitsgericht in seinem Beschluss vom 25.07.2011 festgestellt, es sei dem Kläger nicht gelungen ausreichend substantiiert darzulegen er sei Arbeitnehmer (vgl. II. 2. b aa) Bl. 60 und 61 d.A., Bl. 6 u. 7 des Beschlusses). Der Kläger hat, insoweit macht sich die Kammer den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz entsprechend § 69 Abs.2 ArbGG zu Eigen, seine Weisungsgebundenheit nach Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nicht nachvollziehbar dargelegt. Daran hat sich auch in der Beschwerdeinstanz nichts geändert, der Kläger hat keinen weiteren Sachvortrag geleistet.

37

(2) Auch eine Einordnung als arbeitnehmerähnliche Person kommt vorliegend nicht in Betracht. Nach § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten auch für Personen geöffnet, die in ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnlich anzusehen sind. Dabei sind nach der Definition des Bundesarbeitsgerichts (08.09.1997 5 AZB 3/97 - NJW 1998, 701) arbeitnehmerähnliche Personen solche, die wegen ihrer fehlenden Eingliederung in eine betriebliche Organisation und im Wesentlichen freier Zeitbestimmung zwar nicht persönlich abhängig aber wirtschaftlich unselbständig sind, da sie - im wesentlichen allein - aus der Verwertung ihrer Arbeitskraft im Verhältnis zum Dienstberechtigten und den aus dieser Tätigkeit erzielten Bezügen ihre wirtschaftliche Existenzgrundlage sichern.

38

Im Rahmen der Rechtswegüberprüfung trifft dabei vorliegend den Kläger die Pflicht, alle Tatsachen, die die Rechtswegzuständigkeit der Arbeitsgerichte begründen sollen schlüssig darzulegen und im Bestreitensfalle zu beweisen (BAG 10.12.1996 5 AZB 20/96, NZA 1997, 674). Die Anerkennung als arbeitnehmerähnliche Person setzt insbesondere bezüglich des Begriffes der Abhängigkeit im Sinne wirtschaftlicher Existenzgrundlage voraus, dass der Kläger seine gesamten wirtschaftlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse konkret darlegt (LAG Rheinland-Pfalz 16.07.2004 - 9 Ta 110/04, LAG Rheinland-Pfalz 28.06.2011 - 11 Ta 123/11, LAG Köln 03.07.1998 - 11 Ta 1994/98, jeweils zitiert nach juris, Schwab/Weth ArbGG, 2.Auflg., 2008, § 5 Rdn. 203 a). Daher wäre für die Einordnung des Klägers als arbeitnehmerähnliche Person vorliegend erforderlich gewesen, dass der Kläger seine wirtschaftliche Lage im Zeitraum der Ausübung der hier behaupteten Tätigkeit (Dezember 2010 bis einschließlich Februar 2011) substantiiert geschildert hätte.

39

Dies hat der Kläger nicht getan. Die Beklagte hat darauf hingewiesen, unstreitig habe der Kläger im parallel zu diesem Verfahren laufenden Strafverfahren gegen den Kläger am 28.03.2011 geäußert, er habe in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum 3.000,-- bis 4.000,-- € brutto monatlich erzielt. Der Kläger hat lediglich vorgetragen, keine weiteren Tätigkeiten neben der Tätigkeit zur Beklagten verrichtet zu haben. Er habe ca. 50 Wochenstunden für die Beklagte gearbeitet. Weiter konkretisiert hat der Kläger diesen Vortrag nicht. Unabhängig von der Tatsache, dass entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts die Beklagte sehr wohl bestritten hat, der Kläger habe im behaupteten Umfang für sie Tätigkeiten entwickelt, die Beklagte hat ihrerseits vorgetragen der Kläger sei maximal 2 mal wöchentlich in der Firma vorbei gekommen und habe nicht mehr als 2 Seminare wöchentlich abgehalten, hat der Kläger daher im Sinne obiger Rechtsprechung seiner Darlegungs- und Beweislast nicht genügt. Eine substantiierte konkrete Darlegung der wirtschaftlichen Abhängigkeit des Klägers von der Beklagten liegt nicht vor. Soweit das Arbeitsgericht in seiner Nichtabhilfeentscheidung die Vermutung geäußert hat, die von dem Kläger im Strafverfahren angegebenen 3.000,-- bis 4.000,-- € brutto monatlich könnten die hier streitgegenständlichen Zahlungsansprüche sein, wird die Vermutung durch Sachvortrag des Klägers nicht gestützt. Weder erstinstanzlich noch nunmehr im Beschwerdeverfahren hat der Kläger zu der Behauptung der Beklagten hinsichtlich der Einnahmeverhältnisse Stellung genommen. Nach den Absätzen 1 und 2 der Vorschrift des § 138 ZPO hat sich jede Partei zu den vom Gegner dargelegten Tatsachen einzulassen und zu erklären. Ein einfaches Bestreiten ist einer Partei hiernach nicht ohne weiteres gestattet. Unsubstantiiert bzw. mit Nichtwissen dürfen nur solche Tatsachen bestritten werden, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

40

Anhaltspunkte, die die Annahme des Arbeitsgerichts rechtfertigen können, sind daher nicht ersichtlich.

41

Der Kläger ist daher weder als Arbeitnehmer noch als arbeitnehmerähnliche Person einzuordnen. Er ist seiner Darlegungslast nicht nachgekommen.

42

c) Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für den Klageantrag zu 2. folgt auch nicht aus § 2 Abs. 3 ArbGG (Zusammenhangsklage). Ein sic-non-Antrag kann für Zusammenhangsklagen nicht die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen begründen. Andernfalls könnten im Zusammenhang mit einer Statusklage, die nur erhoben wird, um den Rechtsstreit vor die Arbeitsgerichte zu bringen, Streitgegenstände vor die Gerichte für Arbeitssachen gelangen, für die andere Gerichte sachlich zuständig sind. Das wäre mit Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG nicht vereinbar, wonach der erkennende Richter normativ bestimmt sein muss (vgl. BAG 15.02.2005 - 5 AZB 13/04 - NZA 2005 487).

43

d) Der Mangel im Vortrag des Klägers und dessen Beweisfälligkeit führen zur Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit für den Klageantrag zu 2). Die allgemeinen Zivilgerichte sind für bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten allgemein zuständig so lange sich die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts nicht erweisen lässt. Das folgt aus dem Regelausnahmeverhältnis dieser Gerichtsbarkeiten zueinander und der Auffangzuständigkeit des ordentlichen Rechtsweges. Auf Grund der Höhe des Streitwertes ist der Rechtsstreit daher im Klageantrag zu 2. an das Landgericht Koblenz zu verweisen.

44

Der sofortigen Beschwerde der Beklagten war daher teilweise stattzugeben. Im Übrigen war sie zurückzuweisen.

45

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.

46

4. Die gesetzlichen Voraussetzungen nach §§ 17 a Abs. 4 S. 5 GVG für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor. Die Entscheidung ist daher unanfechtbar.

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