Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (2. Kammer) - 2 Sa 737/11

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Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 06.10.2011 - 2 Ca 637/11 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung der Beklagten vom 22.01.2010 unwirksam sind.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer seitens der Beklagten gegenüber der Klägerin ausgesprochenen Änderungskündigung. Unter dem 01.02.1981/02.12.1981 unterschrieben die Parteien einen schriftlichen Arbeitsvertrag für nebenamtliche kirchliche Arbeitnehmer, wonach die Klägerin als Organistin eingestellt wurde. Später wurde die Klägerin neben ihrer Tätigkeit als Organistin auch noch als Chorleiterin für die Beklagte tätig und übernahm gemäß Nachtragsvereinbarung vom 12.08./13.08.2008 zusätzlich die Funktion einer Chorleiterin für H... In der Nachtragsvereinbarung wird in § 4 Abs. 2 die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit auf wöchentlich 8,016 Stunden festgesetzt und in § 6 Abs. 1 bezeichnet, dass dem Arbeitsvertrag weiterhin die jeweils gültigen Bestimmungen der kirchlichen Arbeits- und Vergütungsordnung (KAVO) zugrunde liegen. Die Klägerin ist am … 1965 geboren.

2

Mit Schreiben vom 22.01.2010, der Klägerin zugegangen am 01.02.2010, sprach die Beklagte eine Änderungskündigung aus, wonach das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 30.09.2010 gekündigt werde und der Klägerin angeboten wurde, ab 01.10.2010 mit einem wöchentlichen Beschäftigungsumfang von 4,08 Stunden als Organistin weiter tätig zu sein. Die Klägerin wurde gebeten, binnen drei Wochen nach Zugang des Schreibens mitzuteilen, ob sie das Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im geringeren Beschäftigungsumfang annehmen werde.

3

Die Klägerin hat mit Schreiben ihres damaligen Prozessbevollmächtigten vom 18.02.2010 erklärt, dass sie das Angebot zum Abschluss eines Fortsetzungsarbeitsvertrages unter den in der Änderungskündigung angegebenen Bedingungen unter Vorbehalt annimmt. Sie hat mit am 22.02.2010 beim Arbeitsgericht Trier eingegangener Klage die Feststellung begehrt, dass die Änderungskündigung sozial ungerechtfertigt sei und das Arbeitsverhältnis unverändert fortbestehe.

4

Nachdem das Arbeitsgericht von einer Beschäftigtenzahl von zwei Mitarbeitern ausgegangen ist, hierauf die Klägerin hingewiesen hatte, dass eine Sozialwidrigkeit wohl nicht überprüft werden könne, hat die Klägerin zwar nicht die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes behauptet, allerdings geltend gemacht, die Kündigung sei gleichwohl unrechtmäßig, weil sie verursacht worden sei durch ein nur noch als intrigant zu nennendes Verhalten eines Pastors.

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Die Klägerin hat beantragt,

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festzustellen, dass die mit der Änderungskündigung der Beklagten vom 22.01.2010 ausgesprochene Änderung ihrer Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt ist und das Arbeitsverhältnis über den Kündigungstermin hinaus unverändert fortbesteht.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie hat vorgetragen, eine kollegiale Zusammenarbeit mit der Klägerin sei wegen deren eigensinnigen Verhaltens nicht mehr möglich. Die Änderungskündigung sei erforderlich gewesen, um ein Auseinanderbrechen des Chores zu verhindern.

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Das Arbeitsgericht hat durch erstes Urteil vom 02.09.2010 die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, die Kündigung verstoße nicht gegen § 138 BGB noch gegen § 242 BGB.

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Gegen dieses Urteil hatte die Klägerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt und im Berufungsverfahren erstmals geltend gemacht, aufgrund der anwendbaren KAVO sei sie nach Lebensalter und Betriebszugehörigkeit ordentlich unkündbar.

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Auf diesen Einwand der Klägerin hin hat die Kammer des Landesarbeitsgerichts durch Urteil vom 10.02.2011 das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 02.09.2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Arbeitsgericht Trier zurückverwiesen.

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Im zurückverwiesenen Verfahren hat die Klägerin unter Bezug auf die einschlägige KAVO weiterhin ordentliche Unkündbarkeit geltend gemacht. Die Unterbrechung in den Monaten zwischen Dezember 1994 und Juni 1995 sei nach § 18 KAVO in der damals geltenden Fassung unschädlich. Dass sie ihr Arbeitsverhältnis selbst gekündigt habe bedeute nicht, dass dies ihrem Wunsch entsprochen habe. Die Nichtanrechnung der zurückgelegten Zeit würde auch eine unbillige Härte darstellen. Tatsächlich sei das Arbeitsverhältnis gar nicht unterbrochen worden.

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Für sie sei nicht nachvollziehbar, wie die Beklagte die 4,08 Stunden berechnet habe, die ihr nach der Änderungskündigung als Beschäftigungsumfang verblieben. Ihre Erklärung vom 04.10.2010, wonach sie die Tätigkeit als Organistin in H. mit sofortiger Wirkung kündige, sei unbeachtlich, außerdem von ihr angefochten.

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Außerdem könne sie sehr wohl im bisherigen Umfang weiterbeschäftigt werden, die zehn Einzelgemeinden seien seit dem 01.09.2010 im Kirchengemeindeverband X. zusammengeschossen.

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Die Klägerin hat zuletzt vor dem Arbeitsgericht beantragt,

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festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der ordentlichen Änderungskündigung vom 22.01.2010 sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist,
die Beklagte zu verurteilen, sie zu den bisherigen vertraglichen Bedingungen als Kirchenmusikerin weiter zu beschäftigen.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

20

Sie hat vorgetragen, nach der Erklärung der Klägerin vom 04.10.2010 seien die Parteien übereingekommen, dass sie ab Oktober 2010 nur noch mit 1,82 Wochenstunden als Organistin in der Kirche G. für sie tätig sein werde. Eine entsprechende Nachtragsvereinbarung habe die Klägerin zwar nicht unterzeichnet, das Arbeitsverhältnis sei aber entsprechend gelebt worden.

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Bei Zugang der streitgegenständlichen Änderungskündigung sei die Klägerin noch nicht ordentlich unkündbar gewesen. Da sie immer nur geringfügig beschäftigt gewesen sei, blieben Beschäftigungszeiten vor dem 01.01.2002 unberücksichtigt. Zudem sei sie auf eigenen Wunsch freiwillig zum 01.12.1994 aus dem damaligen Beschäftigungsverhältnis ausgeschieden.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 06.10.2011 verwiesen.

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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die ordentliche Kündigung sei nicht ausgeschlossen. Die Klägerin weise das erforderliche Lebensalter, nicht aber die erforderliche Beschäftigungszeit auf. Das Arbeitsgericht hat hierzu ausgeführt, die Klägerin könne sich nicht auf § 40 Abs. 2 Satz 1 KAVO vom 18.01.2008 in der Fassung vom Dezember 2010 berufen, weil nicht ersichtlich sei, dass diese Fassung vom Dezember 2010 bereits im Zeitpunkt des Zugangs der Änderungskündigung gegolten habe.

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Anzuwenden sei vielmehr die KAVO in der Fassung vom 10.01.2006. Danach sei zwar die Bestimmung, dass Zeiten einer geringfügigen Beschäftigung unberücksichtigt bleiben, wegen Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des § 4 Abs. 1 TzBfG unwirksam. Die Klägerin habe aber selbst ihr Arbeitsverhältnis unter dem 21.11.1994 gekündigt, keiner der Ausnahmefälle läge vor, die Nichtanrechnung der vor der Unterbrechung liegenden Beschäftigungszeit stelle keine unbillige Härte dar.

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Da die Klägerin nach der Unterbrechung nur 14 Jahre und 7 Monate im Arbeitsverhältnis mit der Beklagten gestanden habe, sei die erforderliche Beschäftigungszeit nicht erreicht.

26

Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die vorbezeichnete Entscheidung verwiesen.

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Das Urteil wurde der Klägerin am 25.11.2011 zugestellt. Hiergegen hat sie am 23.12.2011 Berufung mit gleichzeitiger Begründung eingelegt. Die Klägerin bezieht sich darauf, dass zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 01.02.2010 für das Arbeitsverhältnis die KAVO vom 18.01.2008 gegolten habe. In dieser Fassung sei nach § 40 im Hinblick auf die ordentliche Kündigung für die Beschäftigungszeiten nicht mehr darauf abzustellen, ob das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers unterbrochen war. Damit habe im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 01.02.2010 die Frage der kurzen Unterbrechung keine Rolle mehr gespielt.

28

Unverständlich sei, dass sich das Arbeitsgericht nicht in einschlägigen Quellen über den Inhalt der KAVO informiert habe.

29

Nachdem die Klägerin zunächst den Antrag angekündigt hatte, unter Abänderung des angefochtenen Urteils der Klage stattzugeben, hat sie in der mündlichen Verhandlung beantragt,

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unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Trier festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der ordentlichen Änderungskündigung vom 22.01.2010 unwirksam ist.

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Die Beklagte hat beantragt,

32

die Klage abzuweisen.

33

Sie hat zunächst darauf hingewiesen, dass das Arbeitsverhältnis im Wege der Betriebsnachfolge auf den Gemeindeverband übergegangen sei. Weiter hat sie sich darauf berufen, dass die nach KAVO möglicherweise rechtsunwirksam ausgesprochene ordentliche Änderungskündigung als außerordentliche Änderungskündigung mit sozialer Auslauffrist aufzufassen sei.

34

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 08.03.2012.

Entscheidungsgründe

I.

35

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 520 ZPO).

36

In der Sache selbst hat die Klage auch im zuletzt gestellten Umfang der Feststellung der Unwirksamkeit der mit der Änderungskündigung verbundenen Änderung der Arbeitsbedingungen Erfolg. Den Weiterbeschäftigungsanspruch hat die Klägerin im Berufungsverfahren nicht weiter aufrecht erhalten. Er wäre auch angesichts der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht begründet. Wenn ein Arbeitnehmer eine Änderungskündigung unter Vorbehalt nach § 2 KSchG angenommen hat, ist der Arbeitgeber nicht aufgrund des allgemeinen Beschäftigungsanspruchs verpflichtet, den Arbeitnehmer vorläufig zu den bisherigen Bedingungen weiter zu beschäftigen (vgl. BAG Urteil vom 19.12.1991 - 2 AZR 280/91).

II.

37

Dem Erfolg der Klage steht nicht entgegen, dass das Arbeitsverhältnis mittlerweile aufgrund Betriebsnachfolge mit dem Kirchengemeindeverband X. fortgesetzt wurde. Die Klägerin wurde über die Betriebsnachfolge informiert, sie hat einer Fortsetzung nicht widersprochen, so dass die Rechte und Pflichten aus bestehendem Arbeitsverhältnis auf den Kirchengemeindeverband übergegangen sind.

38

Die Klageerhebung lag jedoch vor der Betriebsübernahme, so dass die Klägerin die ursprünglich gegen die kündigende Beklagte gerichtete Klage ohne Änderung des Klageantrags weiter verfolgen konnte (§ 265 Abs. 2 S. 1 ZPO) und der jetzige Arbeitgeber als Rechtsnachfolger gem. § 325 Abs. 1 ZPO sich die Rechtskraft der hiesigen Entscheidung entgegen halten lassen muss.

39

Unerheblich für den Ausgang des Rechtsstreits ist weiter die Frage, ob und inwieweit eine Änderung der arbeitsvertraglichen Bedingungen durch etwaige Vereinbarungen eingetreten ist, die nach dem 30.09.2010 lagen. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Änderungskündigung ausgesprochen. Erklärungen der Klägerin oder Vereinbarungen der Parteien nach diesem Zeitpunkt haben auf die Rechtslage, wie sie für die Kammer zu beurteilen ist, keinen Einfluss. Gegenstand der Feststellungsklage ist allein, ob eine Änderung der Arbeitsbedingungen durch die ausgesprochene Änderungskündigung mit dem in der Änderungskündigung festgelegten Zeitpunkt eingetreten ist oder nicht.

III.

40

Die Änderungskündigung ist rechtsunwirksam, weil aufgrund der vertraglich vereinbarten Anwendung der KAVO die Klägerin im Zeitpunkt des Zugangs der Änderungskündigung ordentlich unkündbar war. Aus den im Internet zugänglichen Fassungen der KAVO für das Bistum Trier vom 18. Januar 2008 (KA 2008 Nr. 38) ist ersichtlich, dass im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits § 40 Abs. 2 und 3 in der von der Klägerin beanspruchten Fassung galt. Beschäftigungszeit ist danach die bei dem selben Dienstgeber im Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeit, auch wenn sie unterbrochen ist. Damit erreicht die Klägerin unzweifelhaft die Voraussetzungen einer Mindestbeschäftigungszeit, die eine ordentlichen Kündigung nach § 40 Abs. 2 ausschließen. Der Dienstgeber kann nur noch aus einem wichtigen Grund kündigen. Auf die Frage, ob das Arbeitsgericht verpflichtet gewesen wäre, die Klägerin darauf hinzuweisen, dass nach seiner Rechtsauffassung die Klägerin sich nicht auf den Text der von ihr selbst zu den Gerichtsakten gereichten Bestimmungen der KAVO berufen könne, weil nicht ersichtlich ist, dass eine KAVO vom 18.01.2008 jedenfalls in den wesentlichen Normen des § 40 einen materiellrechtlich abweichenden Inhalt haben würde, kommt es nicht an. Jedenfalls im Berufungsverfahren ist mittlerweile festzustellen, dass im Zeitpunkt der Zugangs der Kündigung § 40 Abs. 3 eine Beschäftigungszeit auch mit Unterbrechungen zusammen rechnet.

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Damit erweist sich die ausgesprochene Änderungskündigung aus einem anderen Grund als rechtsunwirksam.

IV.

42

Die Beklagte kann ihre Rechtsposition auch nicht mit dem Hinweis verteidigen, die Erklärung sei dann zumindest als außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund mit sozialer Auslauffrist zu verstehen gewesen.

43

Unabhängig davon, dass der Kammer nicht ersichtlich ist, wonach die Unzumutbarkeit der Beschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen im Sinne eines wichtigen Grundes des § 626 Abs. 1 BGB begründet sein soll, scheitert eine Umdeutung bereits an formellen Voraussetzungen. Hat der Kündigende das Arbeitsverhältnis mit ordentlicher Frist gekündigt und ist diese Kündigung wegen eines tariflichen Ausschlusses des ordentlichen Kündigungsrechts unwirksam, so kann in dieser Kündigung nicht ohne Weiteres eine außerordentliche Kündigung gesehen werden, selbst wenn der Kündigende einen wichtigen Grund hatte (vgl. LAG Köln, Urteil vom 04.07.1996 - 6 Sa 278/96). Regelt ein Tarifvertrag, dass Beschäftigte nach einer bestimmten Dauer des Arbeitsverhältnisses "nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes" kündbar seien, so kann nur durch außerordentliche Kündigung gekündigt werden. In einem solchen Falle muss der Kündigende erkennbar zum Ausdruck bringen, dass er eine außerordentliche Kündigung erklären will. Unerheblich ist, ob bei einer als ordentlich ausgesprochenen Kündigung ein wichtiger Grund vorgelegen hätte. Ebenso kann eine tarifvertraglich unzulässige ordentliche Kündigung nicht in eine außerordentliche Kündigung umgedeutet werden (LAG Köln, Urteil vom 29.04.1994 - 4 Sa 1171/93). Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, weil eine nach tariflicher Vorschrift unzulässige ordentliche Kündigung nicht gem. § 140 BGB in eine außerordentliche befristete Kündigung umgedeutet werden kann (BAG Urteil vom 12.09.1974 - 2 AZR 535/73 = AP Nr. 1 zu § 44 TV AL II). Eine Umdeutung scheitert schon daran, dass aus der Kündigungserklärung selbst der mutmaßliche Wille des Kündigenden hervorgehen muss, dass jedenfalls dann, wenn die ausgesprochene Kündigung aus tariflichen oder kirchenrechtlichen Bestimmungen unwirksam sein sollte, jedenfalls vorsorglich oder hilfsweise eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist gemeint ist. Diesen Erklärungsinhalt hat die ausgesprochene Änderungskündigung nicht. Sie ist ausdrücklich nicht auf einen wichtigen Grund gestützt, aus ihr geht lediglich hervor, dass der Verwaltungsrat beschlossen hat, das Arbeitsverhältnis ordentlich zu kündigen und der Klägerin das Angebot machte, sie zu einem wöchentlich weit geringeren Umfang weiter zu beschäftigen. Aus der Kündigungserklärung selbst ist nicht ersichtlich, dass die beklagte Kirchengemeinde das Arbeitsverhältnis notfalls aus wichtigem Grund mit sozialer Auslauffrist kündigen wollte. Subjektive Voraussetzung einer Umdeutung ist, dass diese Umdeutung dem Parteiwillen entspricht. Maßgebend ist daher der mutmaßliche Wille der Partei zum Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts. Entscheidend ist, ob die Partei bei Kenntnis der Nichtigkeit das Ersatzgeschäft im Hinblick auf die von ihnen verfolgten wirtschaftlichen Ziele vernünftigerweise vorgenommen hätte.

44

Dies ist bei einer Umdeutung einer ausdrücklich als ordentliche Kündigung erklärten Änderungskündigung, die auch der Normalfall darstellt, nicht der Fall. Da es sich um ein einseitiges Rechtsgeschäft handelte, muss der mutmaßliche Wille der die Kündigung erklärenden Partei aus der Kündigungserklärung selbst hervorgehen, das Arbeitsverhältnis notfalls auch durch außerordentliche Änderungskündigung mit sozialer Auslauffrist abändern zu wollen. Dafür bietet das der Klägerin zugegangene Schriftstück keinen Anhaltspunkt.

45

Auf die weitere Frage, ob das umgedeutete Rechtsgeschäft in seinen Wirkungen weitergeht als das ursprüngliche Rechtsgeschäft, was ebenfalls einer Umdeutung entgegenstehen würde, kam es entscheidungserheblich nicht mehr an.

V.

46

Nach allem musste auf die Berufung der Klägerin das angefochtene Urteil abgeändert werden. Die Kostenentscheidung folgt § 91 Abs. 1 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen angesichts der Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.

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