Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (2. Kammer) - 2 Sa 27/17

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 22.12.2016 - 7 Ca 757/16 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits (1. und 2. Instanz) trägt der Kläger.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung.

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Der 1961 geborene, verheiratete Kläger war aufgrund Arbeitsvertrags vom 25. März 1998 (Bl. 108 bis 110 d. A.) seit dem 24. Juni 1992 als Schlosser beschäftigt und Mitglied des fünfköpfigen Betriebsrats.

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Im Betrieb der Beklagten, der drei Standorte umfasst, waren im Zeitpunkt der Kündigung etwa 90 Arbeitnehmer beschäftigt. Am Standort in C-Stadt ist die Produktion und Verwaltung ansässig zur Produktion und zum Vertrieb von Verkehrsschildern und Ausstattungen für Bahnhöfe sowie Flughäfen. An den beiden anderen Standorten werden Dienstleistungen zur Verkehrssicherung bzw. Baustellenabsicherung erbracht.

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Im Zeitpunkt der Kündigung war Gesellschafterin der Beklagten ein französisches Unternehmen mit Geschäftssitz in P-Stadt, das die Veräußerung seiner Gesellschaftsanteile beabsichtigte und hierzu Verhandlungen mit möglichen Investoren führte. Einer der Investoren wünschte ein Informationsgespräch mit dem im Betrieb der Beklagten gebildeten Betriebsrat, das am 26. August 2016 stattfand. An diesem Gespräch nahmen die fünf Mitglieder des Betriebsrats, darunter der Kläger, drei Personen von Seiten des Investors und ein Vertreter der Konzernmutter des französischen Unternehmens (damalige Gesellschafterin der Beklagten) teil. Der bei dem Gespräch anwesende Vertreter der Konzernleitung, Herr T. M., war der von der Gesellschafterin der Beklagten zum damaligen Zeitpunkt eingesetzte Vorgesetzte des Geschäftsführers der Beklagten. Dieses Gespräch zeichnete der Kläger vollständig mit seinem Smartphone heimlich auf. Nach einem Telefonat mit dem Geschäftsführer der Beklagten übermittelte der Kläger die Gesprächsaufzeichnung als Datei an den Geschäftsführer der Beklagten, der seinerseits Verhandlungen mit der Gesellschafterin über den Erwerb ihrer Anteile führte.

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Mit Schreiben vom 31. August 2016 (Bl. 132, 133 d. A.) bat die Beklagte den Betriebsrat um Zustimmung zu der von ihr beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Klägers; wegen der mitgeteilten Sozialdaten des Klägers und des dargestellten Kündigungsgrundes wird auf das Schreiben vom 31. August 2016 verwiesen. Daraufhin erhielt die Beklagte am gleichen Tag vom Betriebsratsvorsitzenden die schriftliche Stellungnahme des Betriebsrats vom 31. August 2016, nach der der Betriebsrat der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Klägers zustimmt (Bl. 134 d. A.). Nach Erhalt der Zustimmung des Betriebsrats kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 31. August 2016 (Bl. 10 d. A.), dem Kläger am gleichen Tag zugegangen, fristlos. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 19. September 2016 beim Arbeitsgericht Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - eingegangenen Kündigungsschutzklage.

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Wegen des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 22. Dezember 2016 - 7 Ca 757/16 - verwiesen.

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Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt

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festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch arbeitgeberseitige außerordentliche fristlose Kündigung vom 31. August 2016 beendet worden ist, sondern unbefristet fortbesteht.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Mit Urteil vom 22. Dezember 2016 - 7 Ca 757/16 - hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass das Verhalten des Klägers zwar an sich als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung geeignet sei. Der Beklagten sei aber die Weiterbeschäftigung des Klägers nach der vorzunehmenden Interessenabwägung bis zum Ablauf der (fiktiven) ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar, so dass die außerordentliche Kündigung unwirksam sei. Der Kläger habe vorliegend unberechtigt und ohne vorheriges Einverständnis der Beteiligten in Heimlichkeit ein Gespräch des Betriebsrats mit einem potentiellen Investor, der die Unternehmensanteile habe kaufen wollen, aufgezeichnet und damit nicht nur gravierend gegen betriebsverfassungsrechtliche Pflichten, sondern auch gegen arbeitsvertragliche Verpflichtungen zur Rücksichtnahme auf die Persönlichkeitsrechte von Kollegen und Geschäftspartnern in grober Weise verstoßen. Andererseits sei nichts dazu vorgetragen, dass der Kläger im Vorfeld in irgendeiner Weise im Rahmen seiner 25-jährigen Betriebszugehörigkeit gegen irgendwelche vertraglichen Verpflichtungen verstoßen hätte. Soweit eine Abmahnung vom 28. Januar 2016 wegen Verletzung der Vertraulichkeit im Betriebsrat angesprochen werde, sei diese nicht im Mindesten erläutert und jedenfalls nicht erkennbar, dass der Kläger insoweit nicht lediglich betriebsverfassungsrechtliche Verpflichtungen verletzt haben solle. Damit habe der Kläger vor Begehung der hier unstreitig feststehenden Straftat eine "weiße Weste" gehabt. Darüber hinaus sei die Aufzeichnung allein zu dem Zweck erfolgt, dem Geschäftsführer der Beklagten einen Wettbewerbsvorteil im Hinblick auf die Argumentationslinien und sonstigen Gegebenheiten vor Entscheidung über den Erwerb von Gesellschaftsanteilen der Beklagten zu verschaffen. Schließlich habe sich der Kläger unwidersprochen dahingehend eingelassen, dass er absolute Vertraulichkeit gewünscht habe, mithin jedenfalls die besagten Aufzeichnungen rein betriebsintern bleiben würden. Dies mache zwar grundsätzlich den Gesetzesverstoß und auch Pflichtverstoß im Arbeitsverhältnis nicht ungeschehen, deute aber darauf hin, dass eine Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitgebers selbst nicht beabsichtigt gewesen sei. Zudem habe es der Geschäftsführer der Beklagten ohne weiteres in der Hand gehabt, nach Kenntnisnahme von der Aufzeichnung durch entsprechende Anweisung einerseits sowie schlichte Vernichtung der Dateien andererseits dafür Sorge zu tragen, dass jedenfalls eine Perpetuierung oder Verschärfung der Rechtsverletzung unterbleibe. Die von der Beklagten zur Begründung der Notwendigkeit einer fristlosen Kündigung angeführte Gefahr der Kenntnisnahme durch Dritte mit der Folge einer Beeinträchtigung des persönlichen Vertrauensverhältnisses im Falle der Übernahme durch den Investor sei damit durch eigenes Handeln ohne weiteres begrenzbar gewesen. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass durch einen möglichen Ausschluss aus dem Betriebsrat die Gefahr der Kenntnisse sensibler Vorgänge oder Fakten ohne weiteres minimiert werden könne, so dass im Rahmen einer Gesamtschau jedenfalls die unmittelbare Entfernung des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis aus Sicht der Kammer nicht notwendig gewesen sei. Da der Kläger als Betriebsratsmitglied ordentlich nicht kündbar gewesen sei, sei eine Umdeutung der Kündigung vorliegend nicht in Betracht gekommen.

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Gegen das ihr am 11. Januar 2017 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 18. Januar 2017, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 23. Januar 2017 eingegangen, Berufung eingelegt und diese nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 13. April 2017 mit Schriftsatz vom 23. März 2017, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 27. März 2017 eingegangen, begründet.

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Sie trägt vor, das Arbeitsverhältnis sei von fortwährenden Auseinandersetzungen zwischen den Parteien belastet gewesen. In der Zeit ab dem Jahr 2009 sei der Kläger mit den vorgelegten Abmahnungen vom 02. April 2009 (Bl. 88 d. A.), 03. November 2014 (Bl. 89 d. A.), 08. Mai 2015 (Bl. 90 d. A.), 12. Mai 2015 (Bl. 91 d. A.), 30. Mai 2016 (Bl. 92 d. A.) und 28. Januar 2016 (Bl. 93 d. A.) jeweils abgemahnt worden. Die letzte Abmahnung habe zur Grundlage gehabt, dass der Kläger in einer Betriebsratssitzung am 27. Januar 2016 Kenntnis davon erhalten habe, dass der Leiharbeitnehmer A. W. im Unternehmen nicht habe weiterbeschäftigt werden können, woraufhin der Kläger diesem Arbeitnehmer in einer Auseinandersetzung an seinem Arbeitsplatz vorgehalten habe, dass er ohnehin in der Folgewoche nicht mehr im Unternehmen eingesetzt werde. Im Hinblick darauf, dass die mit den Personalangelegenheiten betraute kaufmännische Leiterin seit Jahresmitte 2016 dauererkrankt und inzwischen wegen Berufsunfähigkeit verrentet sei, habe der vorgenannte Sachverhalt mit ihr nicht erörtert werden können. Die zur Personalakte gehörigen Abmahnungen seien erst nach der Unterrichtung des Betriebsrats über die erstinstanzliche Entscheidung in einer Klarsicht-Sammelmappe auf dem Arbeitsplatz der vormaligen kaufmännischen Leiterin vorgefunden worden, so dass erstinstanzlich lediglich die in der Erinnerung ihres Geschäftsführers verbliebene Abmahnung vom 28. Januar 2016 habe genannt werden können. Das Arbeitsgericht habe zwar zutreffend erkannt, dass der Kläger mit der Aufzeichnung des Gesprächs das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Gesprächsteilnehmer verletzt habe und dieses Verhalten als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung geeignet sei. Jedoch halte die vom Arbeitsgericht vorgenommene Abwägung einer Überprüfung nicht stand. Soweit das Arbeitsgericht für den Kläger entlastend gewürdigt habe, dass die Straftat begangen worden sei, um ihrem Geschäftsführer einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Erwerbsbestrebungen der Investoren zu verschaffen, könne dieser Gesichtspunkt den Kläger nicht entlasten, sondern gewinne im Gegenteil dadurch besonderes Gewicht. Das Interesse ihres Geschäftsführers entspreche nicht dem Interesse ihrer veräußerungswilligen Gesellschafterin. Deren Verhandlungen mit Erwerbsinteressenten würden für beide Seiten Geschäftsgeheimnisse darstellen, die durch § 17 UWG geschützt würden. Das Persönlichkeitsrecht der Gesprächsteilnehmer werde strafrechtlich durch § 201 StGB geschützt. Das Verhalten des Klägers sei weder im Bereich der Verletzung der Interessen der Gesprächsteilnehmer noch im Bereich der Verletzung der Geschäftsinteressen gerechtfertigt. Dem Kläger sei bekannt gewesen, dass sein Verhalten unerlaubt gewesen sei, zumal er sich selbst darauf berufen habe, bemüht gewesen zu sein, die Vertraulichkeit der Gesprächsaufzeichnung gegenüber sonstigen Dritten sicherzustellen. Der Umstand, dass der Kläger gewünscht habe, die gewonnenen Aufzeichnungen "rein betriebsintern" zu nutzen, entlaste ihn nicht, sondern kennzeichne sein Bestreben, in rechtswidriger Weise auf das Verhandlungsgeschehen auf der Ebene ihrer Gesellschafter Einfluss zu nehmen. Damit habe das Arbeitsgericht zugleich verkannt, dass der Kläger sehr wohl bestrebt gewesen sei, die Interessen seiner Arbeitgeberin zu beeinträchtigen. Schutzwürdig sei auch das Interesse ihrer Gesellschafterin, ihre Gesellschaftsanteile im Markt Erwerbsinteressenten anzubieten, ohne dass einer der Erwerbsinteressenten Vorteile gegenüber dem anderen dadurch gewinne, dass er über dessen zukünftige Absichten und Potentiale, also Geschäftsgeheimnisse Kenntnis erhalte, die ihm in Verhandlungen mit dem Veräußerer Vorteile gewährten. Dass der Kläger für die Verschaffung dieses Wissens "absolute Vertraulichkeit" von ihrem Geschäftsführer gewünscht habe, bewirke für die Verletzung der geschäftlichen Interessen der Beteiligten und des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes der Gesprächsteilnehmer keine Entlastung. Das Interesse des Klägers sei allein dadurch gekennzeichnet gewesen, durch die unbefugte Gesprächsaufzeichnung eine Straftat begangen zu haben, deren Offenbarwerden mit dem Wunsch nach vertraulicher Behandlung habe verhindert werden sollen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Gesprächsbeteiligten sei durch die Aufzeichnung irreversibel verletzt. Der Kläger habe die Gesprächsdaten auf einem eigenen Datenträger gespeichert, auf dem ihr Geschäftsführer diese nicht habe löschen können. Allein die Tatsache, dass ihr Geschäftsführer imstande gewesen sei, die auf seinen Datenträger überspielten Aufzeichnungen zu löschen, beseitige den verwirklichten Straftatbestand des § 201 StGB ebenso wenig wie den der Verletzung des Betriebsgeheimnisses gemäß § 17 UWG. Schon der Mangel des Klägers an Achtung des Persönlichkeitsrechts sowohl der Betriebsratsmitglieder bzw. seiner Kollegen als auch der Verhandlungspartner seiner Arbeitgeberin würden den Kläger in einer Weise kennzeichnen, die die zukünftige Zusammenarbeit mit ihm unzumutbar machten. Die charakterliche Fehlleistung des Klägers lasse auch nicht erwarten, dass eine Änderung seiner Einstellung und damit eine neue Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit gefunden werde. Noch im Rechtsstreits habe der Kläger versucht, sein Verhalten zu rechtfertigen. Für sie sei mit ihrem Geschäftsführer, der inzwischen die Geschäftsanteile erworben habe, die Zusammenarbeit mit dem Kläger bereits deswegen unzumutbar und ausgeschlossen, weil der Kläger versucht habe, mit dem Geschäftsführer kollusiv handelnd das Ergebnis seiner strafbaren Handlung zu verwerten. Der Kläger habe damit versucht, ihren Geschäftsführer gleichsam zu seinem Komplizen zu machen. Ihr Geschäftsführer habe vor der Übergabe des Informationsschreibens vom 31. August 2016 den Betriebsratsvorsitzenden am 30. August 2016 angesprochen und ihm den Vorfall so geschildert, wie im Rechtsstreit dargelegt.

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Die Beklagte beantragt,

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das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 22. Dezember 2016 - 7 Ca 757/16 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

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Der Kläger beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Er erwidert, die von der Beklagten bislang nicht angeführten Abmahnungen seien entgegen der von ihm bestrittenen Darstellung der Beklagten in der Personalakte vorhanden gewesen. Der Geschäftsführer der Beklagten habe in der Vergangenheit in der Tat vollkommen unsubstantiierte und unzutreffende Abmahnungen geschrieben, von denen er selbst Kenntnis gehabt habe und die ihm mit Sicherheit in Erinnerung gewesen wären. Die angeführte Abmahnung vom 28. Januar 2016 betreffe allein einen angeblichen Verstoß im Zusammenhang mit der Betriebsratstätigkeit. Der angeführte Arbeitnehmer W. sei Leiharbeitnehmer gewesen und habe zum Zeitpunkt des Gespräches im Januar 2016 bereits damit gerechnet, nicht mehr lange im Betrieb beschäftigt zu sein. Dieser habe ihm gegenüber dargelegt, dass bereits festangestellte Mitarbeiter gekündigt worden seien, so dass er damit rechne, auch als Leiharbeitnehmer nicht mehr allzu lange beschäftigt zu sein. Nur dies sei kurzes Gesprächsthema gewesen. Sofern der Betriebsratsvorsitzende der Meinung gewesen sei, dass auch dieses Gespräch bereits nicht mehr zur Betriebsratstätigkeit passen würde, so hätte man dies innerhalb des Betriebsrates klären müssen. Mit der arbeitsvertraglichen Tätigkeit habe dies nichts zu tun gehabt. Im Übrigen sei auch diese Abmahnung unsubstantiiert und pauschal gehalten. Das gelte in gleicher Form für alle anderen Abmahnungen; wegen der Einzelheiten der Erwiderung des Klägers zu den angeführten Abmahnungen wird auf seine Berufungserwiderung (S. 2 - 4 = Bl. 104 - 106 d. A.) Bezug genommen. Der Geschäftsführer der Beklagten versuche nunmehr, anhand der unsubstantiierten und auch unberechtigten Abmahnungen eine tiefgreifende Störung des Arbeitsverhältnisses darzulegen. Bei der Weitergabe des Mitschnittes des Gespräches an den Geschäftsführer der Beklagten unter dem Deckmantel der ihm zugesicherten absoluten Verschwiegenheit sei es ihm einzig und allein darum gegangen, den Geschäftsführer bei seinem Ansinnen, die Firma zu übernehmen, zu unterstützen. Der Geschäftsführer der Beklagten habe dieses "Angebot" offensichtlich angenommen, weil er hierin eine Chance gesehen habe, ihm endlich kündigen zu können. Im Übrigen habe der Geschäftsführer der Beklagten die Information über das Geschehen auch nicht an die Unternehmensführung weitergegeben, weil dies für ihn bezüglich der Frage der Übernahme nachteilig hätte werden können. Es verbleibe auch bei dem Vortrag, dass der Geschäftsführer der Beklagten, der zwischenzeitlich Gesellschafter geworden sei, auch gegenüber dem Betriebsrat hohes Interesse daran gezeigt habe, den Betrieb zu übernehmen. Vor dem Gespräch des Betriebsrats mit einem potentiellen weiteren Übernehmer habe der Geschäftsführer der Beklagten eine Wirtschaftsauskunft der Creditreform vorgezeigt, aus der sich ergeben habe, dass der andere "Übernehmer" die Gefahr bringen würde, dass der Betrieb recht schnell insolvenzgefährdet sei. Er und der Betriebsrat seien der Auffassung gewesen, dass trotz aller Probleme im Vorfeld mit dem Geschäftsführer die Übernahme des Unternehmens durch diesen die bessere Lösung sei im Hinblick auf die Weiterführung des Unternehmens in der Zukunft. Allein dies sei der Grund für seine Vorgehensweise gewesen. Mit seinem Verhalten, das er im Nachhinein als unsinnig angesehen habe und zutiefst bedauere, habe er versucht, den jetzigen Inhaber zu schützen, und letztlich den Fortbestand des Betriebes retten wollen. Er habe zudem darauf vertraut, dass die Tatsache geheim bleiben würde und der Geschäftsführer diese Daten anschließend vernichten würde. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass die Tätigkeit im Zusammenhang mit der Betriebsratstätigkeit gestanden habe. Vorrangig wäre eine Maßnahme des § 23 BetrVG zu ergreifen gewesen. Eine Wiederholungsgefahr im Arbeitsverhältnis sei nie gegeben gewesen. Eine unabwendbare und unzumutbare Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses liege nicht vor. Der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß unterrichtet worden. Die Kündigungsgründe seien im Schreiben vom 31. August 2016 nicht substantiiert dargelegt worden. Insbesondere mit der Frage der Verhältnismäßigkeit einer Kündigung sei keine Auseinandersetzung erfolgt. Der im Anschreiben erfolgte Hinweis, dass die Personalakte jederzeit bei Frau K. eingesehen werden könne, sei rechtswidrig, weil dem Betriebsrat kein Einsichtsrecht in die Personalakte zustehe. Soweit die Beklagte im Schriftsatz vom 19. September 2017 umfangreich erläutere, welche Erwägungen dem Betriebsrat gegenüber dargelegt worden seien, sei dies nicht Teil der vorgerichtlichen Kommunikation mit dem Betriebsrat gewesen. Entgegen der Darstellung der Beklagten wäre eine Abmahnung als milderes Mittel geeignet gewesen, das langjährige Arbeitsverhältnis aufrechtzuerhalten. Ihm sei auch nicht vorzuhalten, dass er im Rechtsstreit sein Verhalten damit erklärt habe, dass er dieses zum Vorteil des Geschäftsführers der Beklagten auf sich genommen habe. Es sei ihm einzig und allein darum gegangen, den Geschäftsführer der Beklagten bei seinen Bemühungen, den Betrieb zu übernehmen, zu unterstützen, und zwar im Sinne der Belegschaft. Soweit die Beklagte angeführt habe, dass auch bei einer Nichtnutzung der Gesprächsaufzeichnungen im Falle seiner Weiterbeschäftigung nach einem Anteilserwerb durch den Geschäftsführer der Eindruck nicht auszuschließen wäre, dass für den Anteilserwerb die Gesprächsaufzeichnung nutzbar gemacht worden sei, sei diese Behauptung nicht nachvollziehbar. Eine anderweitige arbeitsrechtliche Reaktion, nämlich eine Abmahnung, verbunden mit dem Ausschluss oder Austritt aus dem Betriebsrat wäre ebenfalls angebracht gewesen und hätte die gleichen Auswirkungen gehabt. Es wäre klar zum Ausdruck gekommen, dass der Geschäftsführer der Beklagten die Information nicht habe nutzen wollen, womit er sich auch nicht erpressbar gemacht hätte. Mit der entsprechenden Problematik sei er nur deshalb befasst gewesen, weil er Mitglied des Betriebsrates gewesen sei. Dieses Problem hätte durch Ausschluss aus dem Betriebsrat und nicht durch außerordentliche Kündigung erledigt werden können und müssen. Der Geschäftsführer der Beklagten hätte ohne weiteres die Möglichkeit gehabt, an dem Gespräch teilzunehmen und auch auf diese Art und Weise von dem angeblich so sensiblen Gesprächsinhalt Kenntnis erlangen können. Der Geschäftsführer der Beklagten habe bereits vor dem Gespräch Kontakt mit dem Betriebsrat aufgenommen und diesen um Unterstützung gebeten. Bei dieser Gelegenheit habe der Geschäftsführer der Beklagten dem Betriebsrat die Auskunft der Creditreform zur Kenntnis gebracht und unter Bezugnahme auf diese Auskunft darauf hingewiesen, dass der Geschäftsführer des Interessenten ersichtlich bereits zwei Firmen zur Insolvenz geführt hätte. Dabei habe der Geschäftsführer der Beklagten die Befürchtung geäußert, dass es auch der Beklagten nicht anders ergehen würde. Dieser habe auch damit für sich geworben, dass er im Gegensatz zu dem Konkurrenten in erheblichem Ausmaße daran interessiert sei, den Betrieb und damit die Arbeitsplätze zu erhalten. Diese Ausführungen und auch die Kenntnis davon, dass die langjährige Tätigkeit als Geschäftsführer der Beklagten dazu geführt habe, dass dieser die Firma in- und auswendig gekannt habe, habe ihn letztlich dazu animiert, diesen zu unterstützen. Auch wenn das von ihm gewählte Mittel untauglich und rechtswidrig gewesen sei, habe er aber entgegen der Darstellung der Beklagten nicht allein egoistische Ziele verfolgen wollen, sondern sei vielmehr davon ausgegangen, auf diese Art und Weise dem Betrieb und den Arbeitnehmern helfen zu können.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen. Hiervon ausgenommen ist der Schriftsatz der Beklagten vom 20. Oktober 2017 (Bl. 182 - 184 d. A.), der erst nach Urteilsverkündung am 13. November 2017 bei Gericht eingegangen ist.

Entscheidungsgründe

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Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b und c ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. 519, 520 ZPO).

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Die Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Die zulässige Klage ist unbegründet. Die außerordentliche, fristlose Kündigung der Beklagten vom 31. August 2016 ist wirksam.

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I. Die außerordentliche Kündigung vom 31. August 2016 beruht auf einem wichtigen Grund i.S.v. §§ 15 Abs. 1 KSchG, 626 Abs. 1 BGB.

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1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, d.h. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht. Stützt der Arbeitgeber den wichtigen Grund i.S.v. §§ 15 Abs. 1 KSchG, 626 Abs. 1 BGB bei einem Betriebsratsmitglied auf dessen Verhalten, muss dieses sich als Verletzung von Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis darstellen. Ist einem Betriebsratsmitglied dagegen ausschließlich eine Verletzung seiner Amtspflichten vorzuwerfen, ist nur ein Ausschlussverfahren nach § 23 Abs. 1 BetrVG möglich. Ein Verhalten verletzt ausschließlich Amtspflichten, wenn das Betriebsratsmitglied lediglich "kollektivrechtliche" Pflichten verletzt hat. Verstößt es sowohl gegen solche als auch gegen eine für alle Arbeitnehmer gleichermaßen geltende vertragliche Pflicht, liegt - jedenfalls auch - eine Vertragspflichtverletzung vor (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 989/11 - Rn. 38 und 39, NZA 2013, 143).

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2. Wie auch das Arbeitsgericht zu Recht angenommen hat, ist das Verhalten des Klägers "an sich" als wichtiger Grund zur Rechtfertigung einer außerordentlichen Kündigung geeignet.

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Der Kläger hat am 26. August 2016 heimlich ein zwischen dem Betriebsrat und einem Investor geführtes Gespräch aufgezeichnet. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die strafrechtliche Würdigung an (vgl. § 201 StGB). Maßgeblich ist die mit diesem Verhalten verbundene Verletzung der dem Kläger nach § 241 Abs. 2 BGB obliegenden Pflicht zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen der Beklagten. Diese hat ihre Mitarbeiter bei der Ausübung ihrer Tätigkeit auch im Hinblick auf die Vertraulichkeit des Wortes zu schützen. Das nicht öffentlich gesprochene Wort eines anderen darf - auch im Betrieb - nicht heimlich mitgeschnitten werden. Die Amtspflichten des Klägers als Betriebsratsmitglied waren insoweit ohne Bedeutung. Auch wenn er an dem Gespräch in seiner Eigenschaft als Betriebsratsmitglied beteiligt war, hat er mit der heimlichen Gesprächsaufzeichnung jedenfalls auch eine alle Arbeitnehmer treffende Pflicht und nicht etwa ausschließlich seine Amtspflichten verletzt (vgl. BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 989/11 - Rn. 38 und 39, NZA 2013, 143).

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3. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts ist die außerordentliche Kündigung auch unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falls und nach Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt. Der Beklagten war es aufgrund des Fehlverhaltens des Klägers unzumutbar, diesen auch nur bis zum Ablauf der - fiktiven - Kündigungsfrist von sieben Monaten (§ 622 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 BGB) weiterzubeschäftigen.

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a) Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumutbar ist oder nicht, lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Auch Unterhaltspflichten und der Familienstand können - je nach Lage des Falls - Bedeutung gewinnen. Sie sind jedenfalls bei der Interessenabwägung nicht generell ausgeschlossen und können zu berücksichtigen sein. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Für die Beurteilung, ob Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber i.S.v. § 15 Abs. 1 KSchG, § 626 Abs. 1 BGB aus wichtigem Grund zur Kündigung berechtigen, ist auf die Unzumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist abzustellen. Ist eine Weiterbeschäftigung bis dahin zumutbar, ist die Kündigung unwirksam (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 989/11 - Rn. 42 bis 44, NZA 2013, 143).

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b) Danach ist die außerordentliche Kündigung vom 31. August 2016 gerechtfertigt.

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Der Kläger hat entsprechend seinem zuvor gefassten Entschluss das vom Betriebsrat mit einem Investor geführte Gespräch heimlich mit seinem Smartphone vollständig aufgezeichnet. In dieser vorsätzlichen und strafbewehrten (§ 201 StGB) Verletzung der Vertraulichkeit des nicht öffentlich gesprochenen Wortes als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Gesprächsteilnehmer, das die Beklagte in ihrem Betrieb zu schützen hat, liegt ein schwerwiegender Verstoß des Klägers gegen die ihm obliegende Rücksichtnahmepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB). Entgegen der Würdigung des Arbeitsgerichts lässt der vom Kläger angeführte Zweck, mit Hilfe der heimlichen Gesprächsaufzeichnung dem Geschäftsführer der Beklagten einen vermeintlichen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, die ihm vorzuwerfende Pflichtverletzung nicht etwa in einem milderen Licht erscheinen, sondern kommt - im Gegenteil - noch erschwerend hinzu. Im Zeitpunkt des Vorfalls und der Kündigung war Unternehmensinhaberin ein französisches Unternehmen als Gesellschafterin der Beklagten, während der Geschäftsführer der Beklagten als Fremdgeschäftsführer mit dieser Gesellschafterin Verhandlungen über den Erwerb ihrer Anteile führte. Die Vorgehensweise des Klägers, mit der er in rechtswidriger Weise auf die von der damaligen Gesellschafterin der Beklagten beabsichtigte Veräußerung ihrer Gesellschaftsanteile und die hierzu geführten Verhandlungen Einfluss nehmen wollte, läuft ersichtlich den Geschäftsinteressen der damaligen Inhaberin der Beklagten zuwider, ihre Anteile ohne die Gefahr einer zwielichtigen Beeinflussung durch den Kläger an einen der Erwerbsinteressenten zu veräußern. Die Beklagte hat zutreffend auf das Recht ihrer damaligen Gesellschafterin verwiesen, ihre Entscheidungen über die Veräußerung des Unternehmens und die Auswahl eines Erwerbers unbeeinflusst von Störungen durch den Kläger zu treffen. Im Hinblick darauf, dass maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ist, ist unerheblich, dass der damalige Fremdgeschäftsführer der Beklagten nach Zugang der Kündigung zwischenzeitlich die Gesellschaftsanteile selbst erworben hat. Bei dem Gespräch mit dem Investor, das der Kläger heimlich aufgezeichnet hat, waren die (weiteren) Mitglieder des Betriebsrats, drei Personen von Seiten des Investors und ein Vertreter der Konzernleitung des französischen Unternehmens (damalige Gesellschafterin der Beklagten) anwesend. Der anwesende Vertreter der Konzernleitung war zum damaligen Zeitpunkt der Vorgesetzte des (Fremd-)Geschäftsführers der Beklagten. Mit der heimlichen Gesprächsaufzeichnung hat der Kläger in einem für die Zukunft des Unternehmens bedeutsamen Gespräch die Persönlichkeitsrechte seiner Betriebsrats-/Arbeitskollegen, der Vertreter des Investors und seiner Arbeitgeberin in Person des damaligen Vorgesetzten des (Fremd-)Geschäftsführers der Beklagten verletzt, um mit Hilfe der rechtswidrig gewonnenen Aufzeichnung Einfluss auf die Veräußerungsverhandlungen nehmen zu können. Mit dem hierin liegenden schwerwiegenden Verstoß gegen die ihm obliegende Rücksichtnahmepflicht hat der Kläger das für jede Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen in seine Redlichkeit unwiederbringlich zerstört.

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Einer vorherigen Abmahnung bedurfte es nicht. Angesichts der Schwere seiner Pflichtverletzung war deren - auch nur erstmalige - Hinnahme durch die Beklagte offensichtlich - auch für den Kläger erkennbar - ausgeschlossen. Dass der Kläger nach seiner Darstellung im vermeintlichen Interesse des damaligen Fremdgeschäftsführers der Beklagten handeln wollte, um dazu beizutragen, dass dieser die Firma übernehmen könne, ändert nichts daran, dass ihm ohne weiteres hätte bewusst sein müssen, dass er mit der heimlichen Gesprächsaufzeichnung seinen Arbeitsplatz aufs Spiel setzt. Soweit der Kläger darauf verweist, dass er den Gesprächsmitschnitt unter dem "Deckmantel der absoluten Verschwiegenheit" übermittelt habe, durfte er gleichwohl nicht darauf vertrauen, dass der Geschäftsführer der Beklagten einen in der heimlichen Aufzeichnung liegenden Pflichtverstoß nicht zum Anlass für eine Kündigung nehmen wird. Seine Rückversicherung nach absoluter Vertraulichkeit lässt vielmehr darauf schließen, dass ihm ohne weiteres bewusst war, dass der von ihm heimlich gefertigte Gesprächsmitschnitt nicht zulässig ist. Zwar hat der Kläger in seiner Eigenschaft als Betriebsratsmitglied an dem von ihm aufgezeichneten Gespräch teilgenommen. Auch soweit an den wichtigen Grund in diesem Fall ein "strengerer" Maßstab anzulegen ist, wird die Zumutbarkeitsgrenze auch angesichts dessen durch das schwerwiegende Fehlverhalten überschritten. Der Verweis des Klägers darauf, dass er aus dem Betriebsrat hätte austreten oder ausgeschlossen werden können, ändert nichts daran, dass das Vertrauensverhältnis aufgrund der schweren Pflichtverletzung irreparabel zerstört ist und hierdurch die Möglichkeit einer weiteren vergleichbaren Pflichtverletzung durch eine unbefugte Nutzung des Smartphones im Betrieb auch nicht ausgeschlossen werden kann. Das planmäßige, auf Heimlichkeit angelegte Vorgehen des Klägers, mit dem er unter vorsätzlicher und strafbewehrter Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Gesprächsteilnehmer durch eine rechtswidrig gefertigte Gesprächsaufzeichnung Einfluss auf die laufenden Veräußerungsverhandlungen zu nehmen versucht hat, bewirkt einen mehr wiederherstellbaren Vertrauensverlust. Die lange Beschäftigungsdauer des Klägers und sein Lebensalter sowie seine Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner Ehefrau rechtfertigen kein anderes Ergebnis. Dabei kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass das Arbeitsverhältnis zuvor nicht durch eine der angeführten Abmahnungen belastet, sondern unbeanstandet verlaufen war. Angesichts der Schwere der Pflichtverletzung und des durch sie bewirkten irreparablen Vertrauensverlustes war es der Beklagten gleichwohl nicht zuzumuten, den Kläger auch nur bis zum Ablauf der "fiktiven" Kündigungsfrist weiterzubeschäftigen.

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4. Die Beklagte hat die Kündigungserklärungsfrist gemäß § 626 Abs. 2 BGB gewahrt. Die Kündigung ist dem Kläger nach dem Vorfall vom 26. August 2016 bereits am 31. August 2016 zugegangen.

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II. Die außerordentliche Kündigung ist auch nicht mangels ordnungsgemäßer Beteiligung des Betriebsrates unwirksam.

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1. Nach § 103 Abs. 1 BetrVG bedarf die außerordentliche Kündigung der Zustimmung des Betriebsrates. Das Beteiligungsverfahren nach § 103 BetrVG stellt eine qualifizierte Form des Anhörungsverfahrens dar, für das die gleichen Grundsätze wie für § 102 BetrVG gelten. Dabei wird eine etwaige unzureichende Unterrichtung nicht durch eine Zustimmung des Betriebsrats geheilt (BAG 17. Februar 1994 - 2 AZR 673/93 - Rn. 17 und 18, juris). An die Mitteilungspflicht im Anhörungsverfahren sind dabei nicht dieselben Anforderungen zu stellen wie an die Darlegungen des Arbeitgebers im Prozess. Es gilt der Grundsatz der "subjektiven Determinierung". Der Betriebsrat ist ordnungsgemäß angehört, wenn ihm der Arbeitgeber die aus seiner Sicht tragenden Umstände und Gründe für die Kündigung unterbreitet hat. Dagegen führt eine bewusst unrichtige oder unvollständige und damit irreführende Darstellung zu einer fehlerhaften Anhörung des Betriebsrates (BAG 09. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 45, NZA 2011, 1342).

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2. Danach hat die Beklagte den Betriebsrat mit ihrem Schreiben vom 31. August 2016 ordnungsgemäß unterrichtet.

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Die Beklagte hat in ihrem Schreiben vom 31. August 2016 unter Angabe der Sozialdaten des Klägers die aus ihrer Sicht tragenden Gründe für die beabsichtigte außerordentliche Kündigung dem Betriebsrat derart geschildert, dass dieser sich ohne zusätzliche eigene Nachforschungen selbst ein Bild machen und die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe prüfen konnte, was zur ordnungsgemäßen Unterrichtung erforderlich, aber auch ausreichend ist. Auf die angebotene Einsichtnahme in die Personalakte des Klägers kommt es nicht an, weil der von der Beklagten für maßgeblich erachtete Kündigungssachverhalt und die Sozialdaten des Klägers im Unterrichtungsschreiben enthalten sind. Einer näheren Darlegung im Rahmen der Unterrichtung des Betriebsrates, wie die Beklagte die beiderseitigen Interessen gegeneinander abgewogen hatte, bedurfte es entgegen der Auffassung des Klägers nicht. Die Unterrichtung über die Absicht, das Arbeitsverhältnis außerordentlich zu kündigen, implizierte eine Abwägung zulasten des Klägers (vgl. BAG 19. November 2015 - 2 AZR 217/15 - Rn. 55, NZA 2016, 540). Auf die von der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 19. September 2017 angeführten weitergehenden mündlichen Erläuterungen kommt es daher nicht an. Die Beklagte hat auch nicht etwa allein eine Gefährdung der Zusammenarbeit innerhalb des Betriebsrates als Begründung angeführt, sondern die von ihr beabsichtigte Kündigung nach dem Unterrichtungsschreiben vom 31. August 2016 ausdrücklich darauf gestützt, dass die elektronische Aufzeichnung des Gesprächs eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Gesprächsbeteiligten darstelle und der Kläger damit auch als Arbeitnehmer ihres Unternehmens jegliches Vertrauen in eine zukünftige vertrauensvolle Zusammenarbeit verloren habe, so dass sie aufgrund dessen die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger beabsichtige und hierzu um Zustimmung bitte.

36

Der Betriebsrat hat mit seinem Schreiben vom 31. August 2016 der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Klägers zugestimmt. Anhaltspunkte dafür, dass der Betriebsratsbeschluss nicht wirksam zustande gekommen sein könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Beklagte hat in ihrem Schriftsatz vom 19. September 2017 dargelegt, dass ihr Informationsschreiben am 31. August 2016 in den Morgenstunden dem Betriebsratsvorsitzenden übergeben worden sei, der mit dem vorgelegten Ladungsschreiben zur Betriebsratssitzung am gleichen Tag um 11:30 Uhr geladen habe, und der Betriebsrat in dieser Sitzung auf der Grundlage des Informationsschreibens über ihren Antrag auf Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Klägers als Betriebsratsmitglied abgestimmt habe. Im Anschluss habe der Betriebsratsvorsitzende mit der vorgelegten Zustimmungserklärung vom 31. August 2016 ihren Geschäftsführer über den Zustimmungsbeschluss unterrichtet, woraufhin nach Erhalt der Zustimmungserklärung die außerordentliche Kündigung vom 31. August 2016 dem Kläger am selben Tag übergeben worden sei. Diesem von der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 19. September 2017 dargestellten Ablauf zum Zustandekommen des Zustimmungsbeschlusses des Betriebsrates am 31. August 2016 ist der Kläger mit seinem Schriftsatz vom 13. Oktober 2017 nicht i.S.v. § 138 Abs. 2 ZPO ausreichend entgegengetreten. Insbesondere hat er nicht deutlich gemacht, welche Angaben er in Bezug auf den dargestellten Verfahrensablauf am 31. August 2016 weiterhin (mit Nichtwissen, § 138 Abs. 4 ZPO) bestreiten will (vgl. zur abgestuften Darlegungslast BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 49, NZA 2013, 137). Vielmehr hat er lediglich die im Schriftsatz der Beklagten vom 19. September 2017 geschilderten mündlichen Erläuterungen ihres Geschäftsführers gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden am 30. August 2016 konkret bestritten, auf die es aber nicht ankommt. Unabhängig davon durfte die Beklagte jedenfalls von einem wirksamen Zustimmungsbeschluss ausgehen. Auch wenn auf das Zustimmungsverfahren nach § 103 BetrVG die zu § 102 BetrVG entwickelten Grundsätze der Sphärentheorie keine Anwendung finden, finden die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze des Vertrauensschutzes zugunsten des Arbeitgebers Anwendung. Danach kann der Arbeitgeber in der Regel davon ausgehen, dass der Zustimmungsbeschluss nach § 103 BetrVG wirksam zustande gekommen ist, wenn ihm der für die Außenvertretung des Betriebsrats zuständige Betriebsratsvorsitzende mitgeteilt hat, die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung sei erteilt. Nur wenn der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung weiß oder hätte wissen müssen, dass der Beschluss unwirksam ist, kann er sich nicht auf den Vertrauensschutz berufen (BAG 29. November 1984 - 2 AZR 581/83 - Rn. 22, juris; BAG 23. August 1984 - 2 AZR 391/83 - NZA 1985, 254). Umstände, die vorliegend Zweifel an einem ordnungsgemäßen Beschluss des Betriebsrats begründen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Mithin ist von einem wirksamen Zustimmungsbeschluss auszugehen. Nach Erhalt des Zustimmungsbeschlusses hat die Beklagte die außerordentliche Kündigung vom 31. August 2016 wirksam ausgesprochen.

37

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

38

Die Zulassung der Berufung war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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