Urteil vom Landgericht Dessau-Roßlau (Kammer für Handelssachen) - 3 O 6/16

Tenor

1. Die Verfügungsbeklagte wird verurteilt, erstmals für Februar 2016, dann für jeden folgenden Monat einen Betrag von 45.000,00 €, fällig jeweils am letzten des Folgemonats, erstmals am 31.03.2016, zu bezahlen - und zwar auf das Konto der D. Kreditbank AG Kontonummer- als monatliche Vorauszahlung für die Einspeisung von Strom, der durch die auf den Grundstücken mit der Lagebezeichnung „Alten Kaserne“ in B.-W., vorgetragen im Grundbuch von W. als

Flurstücke 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12/4, 13/8 und 49 der Flur 9
Flurstücke 1/7, 1/8, 1/9 und 41 der Flur 11der Gemarkung W.,

befindlichen Anlage erzeugt wird.

Die weitergehenden Anträge werden zurückgewiesen.

2. Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens hat die Verfügungsklägerin zu 1/3, die Verfügungsbeklagte zu 2/3 zu tragen.

3. Die Vollziehung der einstweiligen Verfügung ist davon abhängig, dass die Verfügungsklägerin eine Sicherheitsleistung gem. § 108 ZPO in gleicher Höhe an die Verfügungsbeklagte übergibt.

Beschluss:

Der Streitwert des Verfahrens wird auf 270.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Verfügungsklägerin macht im Wege eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung einen Anspruch auf monatliche Abschlagszahlungen für die Einspeisung von Strom geltend.

2

Die Verfügungsklägerin ist Betreiberin einer Solaranlage zur Stromerzeugung. Sie erwarb von der Stadt B.-W. das Gelände Alte Kaserne in B. und errichtete darauf ein Solarkraftwerk. Ausweislich des vorliegenden Protokolls (ASt2) erfolgte am 28.05.2015 die Inbetriebnahme der Übergabestation. Am 10.06.2015 wurde die Abnahme der Steuereinrichtung protokolliert (Anlage ASt3). Über die Abnahme des Monitoring und der Kraftwerksregelung liegt ein Protokoll vom 15.06.2015 vor. Weitere Protokolle dokumentieren zum 17.06.2015 die Abnahme der Modulmontage und die Abnahme der Unterkonstruktion. Mit Protokoll vom 19.06.2015 wurde die Abnahme der Wechselrichter dokumentiert (Anlage ASt7). Gegenüber der Bundesnetzagentur wurde die Fertigstellung der Anlage angezeigt, ausweislich eines Schreibens der Bundesnetzagentur ist in den dortigen Unterlagen als Fertigstellungstermin der 19.06.2015 vermerkt.

3

Die Verfügungsbeklagte ist die Netzbetreiberin, die Anlage der Verfügungsklägerin ist an das Netz der Verfügungsbeklagten angeschlossen und der erzeugte Strom wird in dieses Netz eingespeist.

4

Für das Gebiet, auf dem die Verfügungsklägerin ihre Anlage errichtet hat, hat der Stadtrat der Stadt B.-W. mit Beschlussfassung vom 10.06.2015 einen Bebauungsplan beschlossen, der am 01.(08.)08. im Amtsblatt veröffentlicht worden ist und für den im Amtsblatt vermerkt ist, dass dieser Bebauungsplan mit der Bekanntmachung in Kraft tritt.

5

Die Verfügungsklägerin hat die Herstellung der Anlage finanziert. Sie hat sämtliche bestehenden und künftigen gesetzlichen Vergütungs- und Zahlungsansprüche, insbesondere Zahlungsansprüche auf Einspeisevergütungen gemäß EEG an die finanzierende D. Kreditbank AG abgetreten. Die D. Kreditbank AG hat die Abtretung offengelegt, die Verfügungsbeklagte hat mit Schreiben vom 24.06.2015 gegenüber der D. Kreditbank AG mitgeteilt, von der Abtretung Kenntnis genommen zu haben und bestätigt, Zahlungen künftig unmittelbar an die D. Kreditbank AG zu leisten.

6

Mit Schreiben vom 30.10.2015 ermächtigte die D. Kreditbank AG die Verfügungsklägerin als gewillkürte Prozessstandschafterin den Entgeltanspruch im eigenen Namen und ausschließlich auf eigene Kosten, jedoch zur Zahlung an die D. Kreditbank AG geltend zu machen (Anlage ASt30).

7

Die Verfügungsbeklagte hat über den gesamten Zeitraum keine Zahlungen auf die Einspeisevergütung erbracht. Die Verfügungsklägerin macht im Rahmen des Verfahrens 3 O 61/15 die Ansprüche auf Zahlung der Marktprämie geltend.

8

Die Verfügungsklägerin meint, der Zahlungsanspruch bestehe, die Anlage sei förderfähig nach § 51 Abs. 1 Ziffer 3 c) cc) EEG. Die von der Verfügungsklägerin genutzten Grundstücke wiesen die erforderliche Konversionsflächeneigenschaft auf, der ökologische Wert der Fläche sei durch die ursprüngliche wirtschaftliche oder militärische Nutzung schwerwiegend beeinträchtigt. Des Weiteren sei die Anlage im Bereich eines beschlossenen Bebauungsplanes errichtet worden. Am 10.06.2015 sei der Satzungsbeschluss gefasst worden, die Errichtung der Anlage sei am 19.06.2015 abgeschlossen gewesen. Zu diesem Zeitpunkt habe der Satzungsbeschluss bestanden. Auf den Zeitpunkt der öffentlichen Bekanntmachung komme es nicht an, es sei auf den Satzungsbeschluss der Gemeinde abzustellen. Die Anlage sei nicht bereits am 28.05.2015 betriebsbereit gewesen. Denn eine Anlage gelte erst dann als errichtet, wenn sie alle technischen und betrieblichen Voraussetzungen für einen dauerhaften Betrieb aufweise, die dafür wesentlichen Bestandteile der Solaranlage, insbesondere die Wechselrichter, die erforderlich seien, Gleichspannung aus Solarmodulen in Wechselspannung umzuwandeln und in das Stromnetz einzuspeisen, seien erst am 19.06.2015 abgenommen worden. Die Voraussetzungen für die Zahlung der Einspeisevergütung lägen vor. Die Verfügungsbeklagte beziehe seit Juni 2015 vom übergeordneten Netzbetreiber den Preisdifferenzanteil der Einspeisevergütung, den sie an die Verfügungsklägerin weiterleiten müsse. Der Verfügungsklägerin stehe daher ein Anspruch gemäß § 83 EEG auf angemessene Abschlagszahlungen zu.

9

Die Verfügungsklägerin beantragt,

10

1. der Antragsgegnerin aufzugeben, erstmals für Dezember 2015, dann jeden folgenden Monat einen Betrag von 45.000,00 € als monatliche Vorauszahlung für die Einspeisung von Strom, fällig jeweils am letzten des Folgemonats, erstmals am 31.01.2016, zu bezahlen - und zwar auf das Konto der D. Kreditbank AG (D. Kreditbank AG) Kontonummer ...- der durch die auf den Grundstücken mit der Lagebezeichnung „Alten Kaserne“ in B.-W., vorgetragen im Grundbuch von W. als

11

- Flurstücke 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12/4, 13/8 und 49 der Flur 9
 - Flurstücke 1/7, 1/8, 1/9 und 41 der Flur 11
 der Gemarkung W., befindliche Anlage erzeugt wird,

12

2. für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Antragsgegnerin Ordnungsgeld, ersatzweise die Ordnungshaft gegen den Geschäftsführer zu verhängen.

13

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

14

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen,

15

äußerst hilfsweise

16

a) der Verfügungsbeklagten nachzulassen, die von der Verfügungsklägerin begehrten Abschlagszahlungen auf ein zu benennendes Anderkonto, auf welches die Verfügungsbeklagte erst im Zeitpunkt einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache Zugriff erlangt, vorzunehmen sowie

17

b) die Anordnung oder Vollziehung der einstweiligen Verfügung von einer Sicherheitsleistung der Verfügungsklägerin abhängig zu machen

18

Sie meint, die Anlage der Verfügungsklägerin sei nicht im Bereich eines beschlossenen Bebauungsplanes errichtet worden, da mit der Errichtung der Anlage deutlich vor Inkrafttreten des Bebauungsplanes begonnen worden sei. Maßgeblich sei nicht allein die Beschlussfassung, sondern das Inkrafttreten des Bebauungsplanes.

19

Bereits seit 28.05.2015 werde Strom in das Netz der Verfügungsbeklagten eingespeist. Unter diesem Datum sei dies auch gegenüber der Bundesnetzagentur angezeigt worden. Eine erste Forderung auf Einspeisevergütung habe die Verfügungsklägerin auch mit dem Schreiben vom 27.07.2015 (Anlage AG 9) geltend gemacht. Die von der Rechtsprechung entwickelte zeitliche Abfolge vom Inkrafttreten des maßgeblichen Bebauungsplanes und Errichtung der PV-Anlage sei im konkreten Fall nicht eingehalten (Anlagen AG 14 und AG 15). Des Weiteren sei die flächenbezogene Voraussetzung nicht nachgewiesen. Die Unterlagen belegten nicht, dass die Flächen aufgrund der Vornutzung schwerwiegend ökologisch beeinträchtigt seien.

20

Sie meint, der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sei nicht zulässig, weil sämtliche in § 83 Abs. 1 EEG geregelten Ansprüche kumulativ vorliegen und geltend gemacht werden müssen, die Verfolgung eines alleinigen Anspruches auf Abschlagszahlungen sei unzulässig. Der Anspruch könne auch vom Anlagenbetreiber lediglich aus eigenem Recht geltend gemacht werden.

21

Die Verfügungsbeklagte hat der ...H... T... GmbH den Streit verkündet.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schreiben der beteiligten Parteien Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

1.

23

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig.

24

Gemäß § 83 Abs. 1 EEG 2014 kann durch einstweilige Verfügung geregelt werden, dass bereits vor Errichtung der Anlage der Schuldner der in §§ 8, 11, 12, 19 und 52 EEG bezeichneten Ansprüche Auskunft erteilen, die Anlage vorläufig anschließen, sein Netz unverzüglich optimieren, verstärken oder ausbauen, den Strom abnehmen und einen als billig und gerecht zu erachtenden Betrag als Abschlagszahlung für die finanzielle Förderung leisten muss.

25

Durch diese Vorschrift wird zu Gunsten des Anlagenbetreibers ein besonderer Rechtsrahmen gemäß §§ 935, 940 ZPO zur Erlangung einstweiligen Rechtsschutzes geschaffen. § 83 EEG ist dabei lex specialis.

26

Dabei gewährt § 83 Abs. 1 EEG die Möglichkeit der Inanspruchnahme eines einstweiligen Rechtsschutzes für sämtliche essentiellen Ansprüche des EEG. Entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten ist dem Wortlaut der Norm nicht zu entnehmen, dass die Geltendmachung bestimmten Einschränkungen unterliegt. Insbesondere ist nicht zu entnehmen, dass die benannten Ansprüche nur kumulativ geltend gemacht werden können. Die Trennung im Text nur durch Komma mag als „und“ bzw. auch als „oder“ verstanden werden. Jedenfalls ist nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift eine solche Lesart nur kumulativer Ansprüche nicht anzunehmen. Denn in der Praxis wird nur selten die Notwendigkeit bestehen, diese Ansprüche gleichzeitig gerichtlich durchsetzen zu müssen. So wird der Anlagenbetreiber, dessen Anlage - wie hier - bereits an das Netz angeschlossen ist und erzeugten Strom einspeist, nur ein Interesse an der Durchsetzung der Ansprüche auf Abschlagszahlungen haben (vgl. Dümke, Die Durchsetzung des Anspruchs auf EEG-Abschlagszahlungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, REE 04/2015 Seite 209 ff. m.w.N.). In dieser Weise überzeugt auch die vom Oberlandesgericht Naumburg erlassene Entscheidung vom 08.12.2011, in der ebenfalls festgestellt wird, dass der sachliche Anwendungsbereich der damaligen Vorgängerreglung des § 59 EEG 2009 auch die isolierte Geltendmachung eines einzelnen Anspruches aus dem Katalog des § 59 Abs. 1 EEG 2009, jetzt § 83 Abs. 1 EEG 2014, in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfasst. Dies gilt auch dann, wenn der Anspruch nicht im Zusammenhang mit der Neuerrichtung bzw. der erstmaligen Inbetriebnahme von Anlagen zur Erzeugung von Strom steht (OLG Naumburg, Urteil vom 08.12.2011, Rn. 30 31, zitiert nach juris).

27

Das bedeutet, dass der von der Verfügungsklägerin geltend gemachte Anspruch auf Abschlagszahlungen im Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes zulässigerweise geltend gemacht werden kann.

2.

28

Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist begründet.

a)

29

Die Verfügungsklägerin ist im Rahmen gewillkürter Prozessstandschaft zur Geltendmachung der Ansprüche befugt.

30

Sie hat die ihr zustehenden Vergütungsansprüche aus der Einspeisung von Strom an die D. Kreditbank AG abgetreten, die dadurch Forderungsinhaberin geworden ist. Mit Erklärung vom 30.10.2015 hat die D. Kreditbank AG die Verfügungsklägerin ermächtigt, als gewillkürte Prozessstandschafterin den Entgeltanspruch gegen die Netzgesellschaft B.-W. im eigenen Namen und ausschließlich auf eigene Kosten, jedoch zur Zahlung an die D. Kreditbank AG geltend zu machen (vgl. Anlage ASt 30). Diese Ermächtigung gilt für die Durchsetzung der Ansprüche im Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes gleichermaßen. Im Rahmen gewillkürter Prozessstandschaft liegt ein eigenes schutzwürdiges Interesse der Klägerin vor, denn die errichtete Anlage ist durch die Verfügungsklägerin bei der D. Kreditbank AG finanziert worden, die Durchsetzung der Ansprüche auf Entgeltzahlung bzw. Abschlagszahlungen liegt damit auch im eigenen Interesse der Verfügungsklägerin.

31

Ausgehend von der Ermächtigung kann die Verfügungsklägerin die Ansprüche nur in der Weise geltend machen, dass Zahlung an die D. Kreditbank AG zu erfolgen hat.

32

Dem hat die Verfügungsklägerin mit dem in der mündlichen Verhandlung umgestellten Antrag nunmehr genügt.

b)

33

Ein Verfügungsanspruch auf Zahlung von Abschlagsbeträgen gemäß § 83 Abs. 1 EEG 2014, § 51 Abs. 1 Nr. 3 c cc, § 19 EEG 2014 ist glaubhaft gemacht worden.

34

Für die Festsetzung von Abschlagszahlungen im Wege einstweiligen Rechtsschutzes ist der Nachweis der gesetzlichen Vergütungsvoraussetzungen erforderlich.

35

Die Voraussetzungen für einen Förderanspruch gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 3 c cc EEG 2014 hat die Verfügungsklägerin glaubhaft gemacht. Dabei gilt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage in Verbindung mit einer Interessenabwägung.

36

Die Verfügungsklägerin hat das Vorliegen des Förderanspruches schlüssig vorgetragen und glaubhaft gemacht. Im Rahmen dieses Verfahrens sind die Einwendungen der Verfügungsbeklagten nicht geeignet, diesen glaubhaft gemachten Anspruch zu erschüttern.

37

Der Anspruch aus § 51 Abs. 3 Nr. 3 c cc EEG 2014 setzt voraus, dass die Anlage im Bereich eines beschlossenen Bebauungsplanes errichtet worden ist.

38

Diese Voraussetzung liegt vor, denn ein beschlossener Bebauungsplan für den Anlagenstandort liegt vor. Der entsprechende Beschluss wurde am 10.06.2015 gefasst und der Bebauungsplan für das Gelände, auf dem die Anlage errichtet ist, beschlossen.

39

Auf das Inkrafttreten des Bebauungsplanes kommt es entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten nicht an. Schon der Wortlaut geht vom beschlossenen Bebauungsplan aus, stellt also allein auf die Beschlussfassung ab. So ergibt es sich auch aus dem Willen des Gesetzgebers, denn bereits aus der Begründung des Vorgängergesetzes EEG 2012 wird deutlich, dass für die Vergütungsvoraussetzungen nicht mehr auf die Errichtung der Anlagen im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes abgestellt werden sollte, weil dieses erhebliche Rechtsunsicherheiten geschaffen hat, insbesondere in solchen Fällen, in denen sich die Verkündung des Bebauungsplans verzögert hat. Deswegen sollte künftig auf den Satzungsbeschluss der Gemeinde über die Aufstellung oder Änderung des Bebauungsplanes abgestellt werden (vgl. Bundestagsdrucksache 17/6071 S. 76). Maßgeblicher Bezugspunkt ist also nicht mehr das Inkrafttreten, sondern schon der Beschluss des Bebauungsplanes, wobei auf den Satzungsbeschluss nach § 10 BauGB abgestellt wird (Graf v. Kielmannsegg/Wardak, Photovoltaik-Freiflächenanlagen, RDE 12/2014 S. 471).

40

Wenn die Verfügungsbeklagte - wie in der mündlichen Verhandlung dargestellt - darauf verweist, dass ausgehend von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg vom 16.04.2015 die dort dargestellte zeitliche Abfolge übertragbar und zu berücksichtigen sei und somit vor Beschlussfassung nicht mit der Errichtung der Anlage begonnen sein dürfe, überzeugt das bei summarischer Prüfung nicht. Denn die gesetzliche Regelung stellt darauf ab, dass die Anlage in Bereich des beschlossenen Bebauungsplanes errichtet worden sein muss. Daraus kann nicht entnommen werden, dass der Beginn der Errichtung maßgeblich sein sollte. Denn auch bei einem nachträglichen Planungsbeschluss ist die Förderfähigkeit im Wege analoger Anwendung nicht ausgeschlossen (vgl. Graf v. Kielmannsegg, a.a.O. II.2). Es ergeben sich dabei Auswirkungen lediglich auf den Zeitpunkt des Beginns der Förderfähigkeit. Wenn nach dieser Auffassung, der sich das Gericht anschließt, für den Fall eines nachträglichen Planbeschlusses gleichwohl die Förderfähigkeit als gegeben angesehen wird, ist dies für den hier zu entscheidenden Fall erst recht anzunehmen, denn die Errichtung war erst nach der Beschlussfassung abgeschlossen.

41

Denn die Anlage gilt erst für den Zeitpunkt des 19.06.2015 als errichtet. Das hat die Verfügungsklägerin zum einen durch Vorlage der Bestätigung der Bundesnetzagentur und zum anderen durch Vorlage der technischen Unterlagen über die Abnahme der Wechselrichter am 19.06.2015 glaubhaft gemacht. Die Anlage gilt nach dem Verständnis der Kammer unter Berücksichtigung der vorliegenden Rechtsprechung dann als errichtet, wenn die Anlage baulich und technisch für den dauerhaften Betrieb geeignet ist (vgl. Urteil des BGH vom 04.11.2015). Die Anlage muss in ihrer Sachgesamtheit fertiggestellt sein und geeignet sein, dauerhaft Strom einzuspeisen. Das wird nur möglich, wenn der aus den Modulen gewonnene Gleichstrom durch die Wechselrichter zu Wechselstrom umgewandelt werden kann. Deren Inbetriebnahme gehört zur Errichtung dazu. Sie erfolgte erst am 19.06.2015 und damit nach der Beschlussfassung zum Bebauungsplan.

42

Der von der Verfügungsbeklagten in Bezug genommene Beginn der Einspeisung am 28.05.2015 ist daher nicht der maßgebliche Zeitpunkt für die Errichtung der Anlage.

43

Weitere Voraussetzung des Förderanspruches ist, dass die Anlage auf einer Konversionsfläche errichtet wurde.

44

Darunter fallen Flächen, die früher militärisch, verkehrlich oder wohnungsbaulich genutzt wurden und deren Nutzung inzwischen aufgegeben worden ist. Die Auswirkungen der früheren Nutzung müssen noch fortwirken. Wenn Auswirkungen nicht mehr spürbar sind, liegt keine Konversionsfläche mehr vor. Ein „guter ökologischer Zustand“ berechtigt dann nicht, sich auf die frühere Nutzung zu berufen. Der Gesetzgeber zählt in seiner Begründung unter anderem Truppenübungsplätze sowie Munitionsdepots zu den Konversionsflächen (Hempel/Franke, Recht der Energie- und Wasserversorgung, EEG 2012, § 32 Rn. 21). Die Verfügungsklägerin hat das Vorliegen einer Konversionsfläche durch Bezugnahme auf das Rechtsgutachten der Rechtsanwälte B. glaubhaft gemacht. Die Beklagte hat bis zur mündlichen Verhandlung nicht glaubhaft gemacht oder dargelegt, dass die früheren Auswirkungen nicht mehr spürbar sind oder ein guter ökologischer Zustand vorliegt. Ihre Einwendungen sind nicht geeignet, den klägerischen Vortrag und die diesbezüglich glaubhaft gemachten Tatsachen des Vorliegens einer Konversionsfläche zu erschüttern.

45

Die Voraussetzungen des Förderanspruchs liegen bei Würdigung der vorliegenden Unterlagen vor, ein Verfügungsanspruch ist glaubhaft gemacht worden.

c)

46

Die Höhe der Abschlagszahlungen hat die Verfügungsklägerin mit 45.000,00 € angegeben. Das erscheint angemessen. Die Verfügungsbeklagte hat den Differenzbetrag zwischen dem tatsächlichen Verkaufserlös und dem gesetzlichen Entgelt zu erstatten, die sogenannte Marktprämie gemäß § 34 Abs. 1 EEG.

47

Nach den von der Verfügungsklägerin dargelegten und vorliegenden Abrechnungen des Energiehändlers hat die Verfügungsbeklagte im Zeitraum Juni bis November 2014 in der Regel Beträge zwischen minimal 18.000,00 € bis maximal 80.000,00 € abgerechnet, der durchschnittliche monatliche Betrag beläuft sich auf ca. 60.000,00 €.

48

Ein mit der einstweiligen Verfügung geforderter monatlicher Abschlagsbetrag in Höhe von 45.000,00 € stellt einen als billig und gerecht zu erachtenden Betrag gemäß § 83 Abs. 1 EEG 2014 dar.

49

Jedoch kann eine Leistungsverfügung, um die es sich hier handelt, nur in die Zukunft gerichtete Leistungen erfassen, das heißt mit der einstweiligen Verfügung kann eine Leistungspflicht erst ab dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit, also ab Februar 2016 ausgesprochen werden. Die Rechtshängigkeit ist am 02.02.2016 eingetreten, die Beträge sind nach unbestrittenem Vortrag der Verfügungsklägerin fällig am Letzten des Folgemonats, also beginnend ab 31.03.2016, zu zahlen auf das von der Verfügungsklägerin angegebene Konto der finanzierenden D. Kreditbank AG (Anlage Ast 38).

3.

50

Es liegt ein Verfügungsgrund vor.

51

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist auf eine Leistungsverfügung gerichtet und setzt in der Regel gemäß § 940 ZPO einen Verfügungsgrund voraus, also ein dringendes Bedürfnis für die Eilmaßnahme der sofortigen Erfüllung (Zöller, ZPO, § 940 Rn. 6).

52

Dieser Verfügungsgrund liegt nach Ansicht des Gerichts vor, denn die Verfügungsklägerin hat hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die Finanzierung wegen der ausbleibenden Zahlungen gefährdet ist.

53

Aber selbst wenn man diesen Verfügungsgrund nicht anerkennen wollte, besteht gemäß § 83 Abs. 2 EEG 2014 die Möglichkeit, trotz fehlenden Verfügungsgrundes die einstweilige Verfügung zu erlassen. Die erkennbare Zielrichtung des Gesetzgebers ist darauf gerichtet, dem Anlagenbetreiber die Durchsetzung seiner zentralen Ansprüche aus dem EEG möglichst zu erleichtern (so auch Dümke, a.a.O. IV.).

54

Die Verfügungsbeklagte meint unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung, insbesondere des Landgerichts und Oberlandesgerichts Braunschweig, in dieser Regelung liege eine widerlegliche Vermutung eines Verfügungsgrundes. Jedoch ist dem Vorbringen der Verfügungsbeklagten keine Tatsache zu entnehmen, die geeignet wäre, eine solche Vermutung zu widerlegen. Ihr diesbezüglicher Vortrag genügt den insoweit erhöhten Darlegungsanforderungen nicht.

4.

55

Für den Erlass der einstweiligen Regelung ist eine Interessenabwägung vorzunehmen, die Nachteile einer möglichen unzutreffenden Entscheidung sind gegen das Risiko abzuwägen, dass der Anspruch bei Durchführung des Hauptsachverfahrens nicht mehr wie beantragt realisiert werden kann ( Hempel/Franke, a. a. O. § 59 Rn. 7).

56

Diese Interessenabwägung rechtfertigt nach Auffassung des Gerichts, dass die Verfügungsklägerin hinsichtlich des von ihr glaubhaft gemachten Forderungsanspruches schutzwürdig ist, so dass die begehrten Abschlagszahlungen zu leisten sind.

57

Selbst wenn sich im bereits anhängigen Hauptsachverfahren herausstellen sollte, dass der Anspruch nicht besteht, sind die gezahlten Beträge nicht unmittelbar von einem möglichen Insolvenzrisiko des Anlagenbetreibers erfasst, weil eine Rückforderung dann u. U. von der D. Kreditbank AG zu erfolgen hätte, für die ein Insolvenz- oder Ausfallrisiko nicht zu erkennen ist. Unter diesem Gesichtspunkt rechtfertigt sich der Erlass der einstweiligen Verfügung insgesamt.

5.

58

Die Vollziehung der einstweiligen Verfügung ist auf den Hilfsantrag der Verfügungsbeklagten jedoch von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen, §§ 936, 921, 938 Abs. 1, 108 ZPO.

59

Führt die Vollziehung zu einem nicht nur unbedeutenden Eingriff in den Gewerbebetrieb der Verfügungsbeklagten, ist sie in der Regel von einer Sicherheit (Vollziehungssicherheit) abhängig zu machen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Antragsteller diese Sicherheit leisten kann (Zöller, ZPO; § 921, Rn 7). Auch dann, wenn der Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht ist kann gemäß §§ 936, 921 Abs. 2 Satz 2 ZPO eine Vollziehungssicherheit angeordnet werden (KG Berlin, Urteil vom 29.08.1994, 25 U 5213/94 zitiert nach juris). Die Anordnung einer Vollziehungssicherheit kann dann in Betracht kommen, wenn die maßgebliche Rechtslage nicht völlig gesichert erscheint, also Zweifel am Bestand der einstweiligen Verfügung und dem Ausgang eines etwaigen Hauptsacheverfahrens bestehen können. Stellt sich im Hauptsacheverfahren unter Umständen nachträglich heraus, dass der Vergütungsanspruch unberechtigt ist und besteht dann eine Rückzahlungsverpflichtung, so kann nicht ausgeschlossen werden, dass - sollte er sich gegen die Verfügungsklägerin richten - die Verfügungsklägerin diesen Anspruch möglicherweise nicht oder nicht vollständig wird erfüllen können (so auch OLG Koblenz, Urteil vom 23.01.2013, 5 U 1276/12 zitiert nach juris).

60

So liegt es auch hier. Die Einspeisevergütung stellt die wesentliche Einnahme der Verfügungsklägerin dar. Die Anlage selbst ist an die D. Kreditbank AG sicherungsübereignet. Es droht im Fall eventueller, gegen die Verfügungsklägerin gerichteter Rückzahlungsansprüche, dann möglicherweise unmittelbar die Insolvenz der Klägerin.

61

Dementsprechend ist dieser potentielle Rückzahlungsanspruch durch die Verpflichtung zu einer Sicherheitsleistung im Sinne des § 108 ZPO abzusichern.

62

Dem weiteren Hilfsantrag der Verfügungsbeklagten, die Zahlung lediglich auf ein Anderkonto anzuordnen ist nicht zu entsprechen. Durch die Anordnung der Vollziehungssicherheit ist (in Ausübung der dem Gericht nach § 938 Abs. 1 ZPO eröffneten Möglichkeiten) den schutzwürdigen Belangen der Verfügungsbeklagten Genüge getan.

6.

63

Der Antrag der Verfügungsklägerin zu Ziffer 2 jedoch ist zurückzuweisen.

64

Die Leistungsverfügung zielt auf Zahlung und damit auf Erfüllung ab, es sind alle auf sie gerichteten Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gem. § 803 ff. ZPO zulässig (vgl. Zöller, ZPO, 940 Rn. 7).

65

Mit der Leistungsverfügung steht der Verfügungsklägerin ein vollstreckbarer Zahlungsanspruch zur Seite, auf den die allgemeinen Maßnahmen der Zwangsvollstreckung anwendbar sind.

66

Der Anspruch auf Ausspruch eines Zwangsgeldes bei Zuwiderhandlungen ist auf Ansprüche zur Vornahme von Handlungen gemäß §§ 887, 888 ZPO erstreckt, nicht jedoch auf Geldzahlungen.

67

Daher ist der Antrag zu Ziffer 2 abzuweisen.

68

Trotz mündlicher Verhandlung wurde der Verfügungsbeklagten auf den unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz rechtliches Gehör gewährt. Eine Verletzung zivilprozessualer Grundsätze liegt nicht vor. Die rechtlichen Erwägungen im Schriftsatz vom 18.02.2016 wurden zur Kenntnis genommen. Auf neuen Tatsachenvortrag wird die Entscheidung nicht gestützt.

7.

69

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens folgt aus dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens, die Verfügungsklägerin unterliegt wegen der Ansprüche für Dezember 2015 und Januar 2016 und soweit die Vollziehung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht wird. Im Übrigen ist die Verfügungsbeklagte unterliegende Partei.

70

Die Kosten sind zu 1/3 von der Verfügungsklägerin und zu 2/3 von der Verfügungsbeklagten zu tragen, § 92 Abs. 1 ZPO. Dem Antrag zu 2.) kommt kein gesonderter Streitwert zu, dessen Abweisung führt nicht zu einer weiteren Kostenbeteiligung der Verfügungsklägerin.

71

Die Streitwertfestsetzung folgt dem von der Klägerin angegebenen Betrag in Höhe von 6 monatlichen Abschlägen, § 9 ZPO.


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