Urteil vom Landgericht Düsseldorf - 1 O 263/12
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages.
1
T a t b e s t a n d
3Am 21.02.2010 besuchte die Klägerin gemeinsam mit ihrem Sohn den von der Beklagten betriebenen Indoor-Spielpark für Kinder in M. In diesem Spielpark befindet sich unter anderem eine Trampolinanlage, bestehend aus sechs Einzeltrampolinen. Die Klägerin nutzte während ihres Besuchs in dem Spielpark der Beklagten die Trampolinanlage und knickte beim Springen mit ihrem Knie um. Dabei verletzte sie sich und wurde mit einem Krankenwagen in ein Krankenhaus verbracht. Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin die Beklagte nunmehr auf Zahlung von Schmerzensgeld im Hinblick auf das Unfallereignis sowie auf Ersatz der ihr unfallbedingt entstandenen Schäden in Anspruch.
4Am 01.02.2011 ließ die Beklagte die in ihrem Spielpark aufgestellten Spielgeräte durch den TÜV überprüfen. Im Hinblick auf die Trampolinanlage hielt der Prüfer des TÜV, der Zeuge T, in seinem unter dem 04.02.2011 erstellten Prüfbericht fest, dass die gelben Sprungtücher teilweise stark verschlissen seien und ausgetauscht werden müssten. Wegen der weiteren Einzelheiten zu dem Inhalt des Prüfberichts wird auf die Anlage 2 der Beklagten verwiesen. Der Austausch erfolgte sodann in der Folgezeit.
5Die Klägerin behauptet, sie habe das Trampolin bestimmungsgemäß genutzt und sei lediglich auf und ab gesprungen. Die Verkehrssicherheit des Trampolins sei nicht gewährleistet gewesen, die Spungtücher hätten sich nicht in einem ordnungsgemäßen Zustand befunden. Für das Trampolin habe zum Zeitpunkt ihres Unfalls die erforderliche Sicherheitsprüfung durch den TÜV nicht vorgelegen. Unfallbedingt habe sie die im Einzelnen in ihren Schriftsätzen vom 23.07.2012 (Bl. 3 ff. GA) und vom 28.01.2013 (Bl. 53 ff. GA) aufgeführten Verletzungen an ihrem linken Knie erlitten. Es seien bereits mehrfach Operationen vorgenommen worden, auch sei der Einsatz eines künstlichen Kniegelenks erforderlich gewesen. Unfallbedingt leide sie unter einer voranschreitenden Arthrose im linken Kniegelenk. Infolge des Unfallereignisses vom 21.02.2010 sei sie vollständig erwerbsgemindert bzw. arbeitsunfähig. Sie leide auch an ständigen Schmerzen im Knie, die sowohl in den Ober- als auch in den Unterschenkel ausstrahlen würden. Die Verrichtung der üblichen Haushaltstätigkeiten sei ihr nicht mehr möglich.
6Die Klägerin beantragt,
71. die Beklagte zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld, welches in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch einen Betrag in Höhe von 30.000,- € nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
82. die Beklagte zu verurteilen, an sie eine monatliche Schmerzensgeldrente in Höhe von 250,- € ab Rechtshängigkeit vierteljährlich im Voraus jeweils zum 01.02.,01.05.,01.08. und 01.11. eines jeden Jahres zu zahlen,
93. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr Ersatz für alle ihr künftig aus dem Unfallereignis vom 21.02.2010 erwachsenden materiellen und immateriellen Schäden zu leisten, soweit nicht der Anspruch auf den Sozialversicherungsträger oder anderweitige Dritte übergegangen ist,
104. die Beklagte zu verurteilen, sie von der Zahlung der außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsvergütungsansprüche in Höhe von 1.633,87 € gegenüber der Rechtsanwaltssozietät Q freizustellen.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Die Beklagte behauptet, ihr Mitarbeiter, der Zeuge G, überprüfe regelmäßig sämtliche Spielanlagen und -geräte in dem von ihr betriebenen Indoor-Spielpark auf etwaige Gefahrenquellen. Die letzte Überprüfung der Spielgeräte vor dem streitgegenständlichen Unfallereignis habe der Zeuge am 19.02.2010 durchgeführt. Mängel an der Trampolinanlage habe er dabei nicht festgestellt, die Sprungtücher seien vollständig in Ordnung gewesen. Die Trampolinanlage entspreche durchgehend den Anforderungen der DIN EN 13219, konstruktive oder technische Mängel hätten zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Nach dem Inhalt ihrer allgemeinen Geschäftsbedingungen, gut sichtbar im Eingangsbereich des Spielparks ausgehängt, erfolge die Nutzung aller Spielgeräte auf eigene Gefahr. An der Trampolinanlage seien sowohl ein Schild mit dem Hinweis „Springen auf eigene Gefahr“ als auch eine sog. Spungordnung“ angebracht. Letztere weise darauf hin, dass der Benutzer der Anlage im Rahmen seiner sportlichen Grenzen zu springen und gefährliche Sprünge zu meiden habe.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO.
15Das Gericht hat die Klägerin in der Sitzung vom 04.07.2013 persönlich zu dem Unfallgeschehen angehört. Wegen der Einzelheiten zu dem Inhalt der Erklärungen der Klägerin wird auf das Protokoll der Sitzung vom 04.07.2013 (Bl. 69 GA) Bezug genommen. Weiter hat das Gericht gemäß Beschluss vom 04.07.2013 (Bl. 73 f. GA) Beweis durch Vernehmung von Zeugen erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Sitzung vom 03.04.2014 (Bl. 84 ff. GA) über die Vernehmung der Zeugen T und G verwiesen.
16E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
17Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Sämtliche der von der Klägerin gestellten Klageanträge (den mit Schriftsatz vom 28.01.2013 erhöhten Schmerzensgeldantrag hat die Klägerin lediglich im Prozesskostenhilfeverfahren angekündigt und nach Versagung von Prozesskostenhilfe insoweit, Beschluss vom 05.03.2013, Bl. 66 f. GA, nicht weiter verfolgt, vgl. auch Schriftsatz der Klägerin vom 10.04.2013) unterlagen der Abweisung.
18Die Klägerin kann die Beklagte im Hinblick auf das Unfallereignis vom 21.02.2010 weder gemäß §§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB auf Zahlung von Schmerzensgeld noch gemäß §§ 823 Abs. 1, 842, 843 BGB auf Zahlung von Schadensersatz bzw. einer Geldrente in Anspruch nehmen.
19Voraussetzung für sämtliche gegenüber der Beklagten geltend gemachten Ansprüche ist das Vorliegen einer der Beklagten anzulastenden Verkehrssicherungspflichtverletzung, infolge derer es zu der von der Klägerin erlittenen Verletzung gekommen ist. Dass die Beklagte in Bezug auf das von der Klägerin benutzte Trampolin die ihr obliegenden Verkehrssicherungspflichten verletzt haben könnte, die zu einer Verletzung der Klägerin geführt haben könnte, kann indes nicht festgestellt werden. Dies geht zu Lasten der Klägerin, denn sie ist nach den allgemeinen zivilprozessualen Regeln darlegungs- und beweisbelastet für das Vorliegen der Voraussetzungen, die die geltend gemachten Ansprüche begründen sollen (vgl. zur Beweislast: Palandt-Sprau, BGB, 73. Aufl., § 823 Rn. 54, 80).
20Inhalt einer Verkehrssicherungspflicht ist die Pflicht desjenigen, der eine sog. Gefahrenlage, etwa durch Errichtung einer Anlage, schafft, die drohenden Gefahren für andere durch geeignete Maßnahmen abzuwenden. Erforderlich sind die Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Angehöriger der betreffenden Verkehrskreise für notwendig und ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren. Es sind die Maßnahmen zu treffen, die nach den Sicherheitserwartungen des jeweiligen Verkehrs geeignet sind, solche Gefahren von Dritten tunlichst abzuwenden, die bei bestimmungsgemäßer oder nicht ganz fernliegender bestimmungswidriger Benutzung drohen. Der Dritte, von dem ebenfalls eine der Situation angemessene Sorgfalt zu erwarten ist, ist aber in der Regel nur vor den Gefahren zu schützen, die er selbst erfahrungsgemäß nicht oder nicht rechtzeitig erkennen und vermeiden kann. Die Maßnahmen zur Gefahrabwendung müssen dem Verkehrsicherungspflichtigen auch zumutbar sein. Es genügen diejenigen Vorkehrungen, die nach den konkreten Umständen zur Beseitigung der Gefahr erforderlich und zumutbar sind. Im Ergebnis ist eine Gesamtabwägung aller Gesichtspunkte vorzunehmen. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist nicht erreichbar. Es geht vielmehr um die Risikoverteilung zwischen dem Sicherungspflichtigen und der gefährdeten Person, d.h. darum, welche Sicherheit diese Person in der jeweiligen Situation erwarten darf, mit welchen Risiken sie rechnen muss und welche Risiken ihr abgenommen werden müssen (vgl. Palandt-Sprau, aaO., § 823 Rn. 51 m.w.N.; BGH NJW 2008, 3775 ff.).
21Die Behauptung der Klägerin, das Sprungtuch des von ihr benutzten Trampolins sei in einem verschlissenen Zustand gewesen, was eine Verletzung der der Beklagten obliegenden Verkehrssicherungspflicht deshalb begründen könnte, da die ohnehin bestehende Gefahr bei dem Springen auf einem Trampolin, mit dem Fuß oder dem Knie umzuknicken oder zu stürzen, mangels ausreichenden Widerstandes beim Aufkommen auf einem verschlissenen Tuch bzw. dessen übermäßigen Nachgebens, noch erhöht ist, ist nicht bewiesen.
22Die Vernehmung des Zeugen T, der als Mitarbeiter des von der Beklagten im Jahr 2011 mit der Sicherheitsüberprüfung ihres Indoor-Spielparks beauftragten TÜV, die streitgegenständliche Trampolinanlage am 01.02.2011 in Augenschein genommen hat, war insoweit unergiebig. Der Zeuge konnte aus eigener Anschauung keine Angaben zu dem Zustand der Sprungtücher der Trampolinanlage zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Unfallereignisses knapp ein Jahr zuvor machen. Die von dem Zeugen durchgeführte Prüfung im Jahr 2011 sei seine Erstprüfung gewesen. Rückschlüsse aus seinen am 01.02.2011 getroffenen Feststellungen zu dem Zustand der Sprungtücher, den diese im Jahr 2010 gehabt haben könnten, seien nach den Bekundungen des Zeugen nicht möglich. Der Zustand eines Sprungtuchs hänge vielmehr entscheidend von dem Spielverhalten der Kinder, die auf dem Trampolin sprängen, ab.
23Die Bekundungen des weiter vernommenen Zeugen G, der als früherer Mitarbeiter der Beklagten für die Überprüfung der Spielanlagen in dem Indoor-Spielpark zuständig war, belegen den Vortrag der Klägerin zu einem verschlissenen Zustand des Sprungtuchs des von ihr am 21.02.2010 benutzten Trampolins nicht. Der Zeuge hat vielmehr bekundet, das Trampolin habe sich im Jahr 2010 in einem sehr guten Zustand befunden. Zu dem Zustand der Sprungtücher könne er nichts Konkretes sagen. Er habe den Zustand des Trampolins täglich überprüft und seine letzte Kontrolle vor dem Unfallereignis am 21.02.2010 habe am 19.02.2010, einem Freitag, stattgefunden. Zu dem ihm vorgehaltenen Prüfprotokoll, welches die Beklagte als Anlage 1 vorgelegt hat und in welchem neben dem Stichwort „Trampoline“ handschriftlich vermerkt ist: „OK Pol- ster/Seite/befestigt“, hat der Zeuge bekundet, dass er dieses Protokoll geschrieben habe. Zu dem Zustand des Sprungtuchs seit seiner Kontrolle am 19.02.2010 bis zu dem Unfallereignis am 21.02.2010, einem Sonntag, konnte der Zeuge keine Angaben machen. Auch konnte der Zeuge bei seiner Vernehmung keine Angaben zu dem Zustand des Sprungtuchs an dem Tag nach dem Unfallereignis machen.
24Eine Fortsetzung der Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu dem behaupteten verschlissenen Zustand des Sprungtuchs am 21.02.2010, wie noch in dem Beweisbeschluss vom 04.07.2013 vorgesehen, war nicht mehr durchzuführen. Ausreichende Grundlagen, aufgrund derer ein Sachverständiger tätig werden könnte, sind nicht vorhanden. Die vorliegenden Zeugenaussagen sind mangels konkreter Angaben zu dem Zustand des Sprungtuchs am 21.02.2010 insofern unzureichend. Das streitgegenständliche Sprungtuch selbst kann nicht mehr begutachtet werden, denn es wurde von der Beklagten nach Erstellung des Prüfberichts des Zeugen T ausgetauscht und entsorgt. Dies ist aus zivilprozessualen Gründen auch nicht zu beanstanden, denn den Vorwurf eines verschlissenen Zustandes des Sprungtuchs des Trampolins hat die Klägerin erstmals während des vorliegenden Zivilrechtsstreits erhoben. Dass eine Inaugenscheinnahme des Sprungtuchs in einem Zivilprozess später noch erforderlich werden könnte, war für die Beklagte zum Zeitpunkt der Entsorgung jedoch nicht ersichtlich.
25Weitere Mängel der streitgegenständlichen Tramoplinanlage, deren Nicht-Beseitigung eine Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten begründen soll, und die von einem Sachverständigen zu begutachten sein sollen, hat die Klägerin nicht konkret benannt und sind auch unter Berücksichtigung des gesamten Akteninhaltes nicht ersichtlich.
26Soweit sich aus den Bekundungen des Zeugen G ergibt, dass in der Zeit zwischen seiner letzten Kontrolle am 19.02.2010 und dem Unfallereignis vom 21.02.2010 keine Kontrolle des Trampolins durchgeführt worden sein soll, führt dies nicht zu der Annahme einer Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten, die ursächlich für das Unfallereignis gewesen sein könnte. Es kann dabei dahin gestellt bleiben, ob die Beklagte zu einer täglichen, mithin auch an den Tagen des Wochenendes, Kontrolle der Sprungtücher verpflichtet ist. Der von der Klägerin behauptete Verschleiß des Sprungtuchs kann keinesfalls innerhalb von zwei Tagen eingetreten sein. Bei dem Verschleiß eines Sprungtuchs handelt es sich vielmehr um einen sich allmählich entwickelnden Vorgang. Dass in der Zeit zwischen dem 19.02.2010 und dem Unfallereignis andere unfallursächliche Beschädigungen des Sprungtuchs eingetreten sein könnten, ist ebensowenig ersichtlich. Entsprechendes behauptet die Klägerin selbst nicht. In ihrer persönlichen Anhörung hat sie vielmehr erklärt, sie habe hinsichtlich des Trampolins keine Auffälligkeiten bemerkt.
27Soweit die Klägerin zur Begründung der Haftung der Beklagten darauf abstellt, das Trampolin sei zum Zeitpunkt ihres Unfalls keiner TÜV-Prüfung unterzogen gewesen, verfängt dies nicht. Selbst wenn dieses Vorbringen zugunsten der Klägerin als wahr unterstellt und von einer gesetzlichen Pflicht der Beklagten zur Durchführung regelmäßiger Sicherheitsprüfungen ausgegangen wird, führt ein etwaiges Unterlassen nicht zu dem Vorliegen einer Verkehrssicherungspflichtverletzung. Allein aus einem etwaigen Unterlassen einer gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitsprüfung folgt nicht, dass der tatsächliche Zustand des Trampolins und der Sprungtücher auch in einem verkehrsunsicheren Zustand war. Vielmehr lässt sich aus einer unterlassenen Pfrüfung allein ein ungeprüfter Zustand einer Trampolinanlage herleiten. Hinzu kommt, dass ein etwaiges Unterlassen der Durchführung einer etwa vorgeschriebenen Sicherheitsprüfung durch die Beklagte keinesfalls die Ursache für den Unfall der Klägerin gewesen ist. Auf das Fehlen der haftungsbegründenden Kausalität weist die Beklagte zu Recht hin.
28Dem weiteren Antrag der Klägerin, gestellt in der Sitzung vom 03.04.2014, der Beklagten eine Stellungnahme aufzugeben, ob vor dem streitgegenständlichen Unfallereignis sowie kurz danach eine Sicherheitsprüfung des Trampolins stattgefunden hat, auch durch andere Prüfinstitute als den TÜV, und der Beklagten aufzugeben, etwa erstellte Prüfberichte einzureichen, war nicht zu entsprechen. Eine gesetzliche Grundlage, die den Antrag der Klägerin rechtfertigen könnte, ist nicht ersichtlich.
29§ 142 ZPO regelt die Anordnung der Vorlage von Urkunden, auf welche sich eine Partei in ihrem Vorbringen bezogen hat. Die Klägerin selbst hat sich auf etwaige Prüfunterlagen nicht bezogen, sie behauptet vielmehr das Unterlassen einer Überprüfung der Anlage durch den TÜV vor dem streitgegenständlichen Unfall. Die Beklagte hat sich – abgesehen von der TÜV-Prüfung durch den Zeugen T am 01.02.2011 – auch nicht auf weitere Sicherheitsprüfungen vor oder nach dem Unfall bezogen, den Prüfbericht des Zeugen T hat die Beklagte vorgelegt.
30Die Vorschrift des § 138 ZPO regelt die Erklärungspflicht der Parteien eines Zivilprozesses. Aus § 138 Abs. 1 ZPO folgt die Pflicht zum vollständigen Vortrag. Diese Pflicht richtet sich an die darlegungspflichtige Partei (Zöller-Greger, ZPO, 30. Aufl., § 138 Rn. 7 b). Dies ist hier indes nicht die Beklagte, sondern die Klägerin, denn sie ist, wie oben dargestellt, hinsichtlich einer Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten darlegungsbelastet.
31Die Erklärungslast des Gegners, hier der Beklagten, richtet sich nach § 138 Abs. 2 ZPO. Sofern die darlegungspflichtige Partei ihrer Darlegungslast genügt hat, muss sich die gegnerische Partei hierzu erklären. Eine Verpflichtung, das Vorbringen des Gegners zu ergänzen oder zu erläutern, besteht jedoch nicht. Behauptungen, die den Gegner lediglich zu einer Preisgabe von (fehlenden) Informationen veranlassen sollen, lösen keine Pflicht zu substantiierten Erklärungen aus (Zöller-Greger, aaO., § 138 Rn. 8).
32Die Beklagte hat ihrer Erklärungslast genügt, denn sie hat den ordnungsgemäßen Zustand des streitgegenständlichen Trampolins nebst Sprungtuch am 21.02.2010 behauptet und unter Beweis gestellt. Eine weitergehende Verpflichtung der Beklagten, sich entsprechend des Antrages der Klägerin vom 03.04.2014 zu erklären, besteht nicht.
33Es ist bereits nicht ersichtlich, was die Klägerin behaupten möchte. Sofern sie im Widerspruch zu ihrem bisherigen schriftsätzlichen Vortrag behaupten möchte, die Beklagte habe vor oder kurz nach dem Unfallereignis Prüfungen durch andere Prüfinstitute als den TÜV durchführen lassen, ist die Relevanz dieser Behauptung nicht ersichtlich. Entscheidend für das Vorliegen einer haftungsbegründenen Verkehrssicherungspflichtverletzung ist allein der konkrete Zustand des streitgegenständlichen Trampolins nebst Sprungtuch am 21.02.2010. Prüfberichte, die sich über einen früheren oder späteren Zeitpunkt verhalten, sind insoweit unergiebig. Selbst wenn in früheren Berichten oder in Berichten über Prüfungen, die zwischen dem 21.02.2010 und der Prüfung des Zeugen T am 01.02.2011 stattgefunden haben könnten, Beanstandungen enthalten sein sollten, lässt dies keinen Rückschluss zu, dass diese Beanstandungen zum Unfallzeitpunkt noch oder bereits vorgelegen haben könnten. Allgemeine Erfahrungssätze gibt es insoweit nicht. Insofern kann auch in diesem Zusammenhang auf die Bekundungen des Zeugen T verwiesen werden, wonach der Grad der Abnutzung eines Sprungtuchs abhängig von dem jeweiligen Spielverhalten der Kinder ist.
34Sofern die Klägerin behaupten möchte, es seien abgesehen von der Prüfung des Zeugen T am 01.02.2011 keine weiteren Sicherheitsprüfungen durchgeführt worden, ist hieraus nicht das Vorliegen einer haftungsbegründenden Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten zu schlussfolgern. Auf obige Ausführungen wird insoweit Bezug genommen.
35Schließlich befindet sich die Klägerin auch nicht in einer, ihren Antrag möglicherweise rechtfertigenden „Beweisnot“. Als konkreten Mangel des von ihr benutzten Trampolins hat die Klägerin allein einen verschlissenen Zustand des Sprungtuchs angeführt. Dieser Zustand ist dem Zeugenbeweis zugänglich. Allein der Umstand, dass die zur Verfügung stehenden Zeugen den Vortrag der Klägerin nicht bestätigt haben, rechtfertigt nicht die von der Klägerin beantragte Anordnung. Zum Beweis anderer Mängel ist ein Sachverständigengutachten grundsätzlich ein taugliches Beweismittel. Solche Mängel hat die Klägerin indes nicht konkret bezeichnet.
36Die von der Klägerin begehrte Anordnung liefe vielmehr auf eine im Zivilprozess unzulässige Sachverhaltsausforschung hinaus.
37Die prozessualen Nebenentscheidungen ergehen gemäß §§ 91, 709 S. 1 und 2 ZPO.
38Streitwert: insgesamt bis 40.000,- €
39Antrag 1: 30.000,- €
40Antrag 2: 3.500,- € (§ 9 ZPO)
41Antrag 3: bis 6.500,- € (geschätzt gemäß § 3 ZPO)
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