Urteil vom Landgericht Halle (2. Zivilkammer) - 2 S 75/13

Tenor

I.

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Halle (Saale) vom 14.03.2013 – Az. 93 C 1744/12 - wie folgt teilweise abgeändert:

Die Beklagten zu 1) und 2) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 912,36 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.06.2011 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 131,33 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 22.06.2012 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

III.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden wie folgt verteilt:

Die Gerichtskosten tragen die Klägerin sowie die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner je zur Hälfte.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3) sowie ¼ der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 2) werden der Klägerin auferlegt.

Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin werden zu 2/3 den Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner auferlegt.

Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden wie folgt verteilt:

Die Gerichtskosten sind von der Klägerin zu 1/3 sowie von den Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zu 2/3 zu zahlen.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3) sowie ¼ der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 2) werden der Klägerin auferlegt.

Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin werden den Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zu 2/3 auferlegt.

Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

IV.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar


Beschluss:

Der Gegenstandswert für die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens wird festgesetzt auf 1.246,49 Euro.

Gründe

A.

1

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

B.

2

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

I.

3

Die Berufung ist zulässig.

4

Sie ist gem. § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthaft sowie gem. den §§ 517, 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt als auch begründet worden.

II.

5

In der Sache hat die ledig noch gegen die Beklagten zu 1) und 2) geführte Berufung teilweise Erfolg.

1.

6

Die Klägerin kann von den Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner jedenfalls gem. den §§ 823 Abs. 1, 831 BGB die Zahlung von Schadensersatz wegen Beschädigung der von ihr betriebenen Waschanlage durch den Beklagten zu 2) in Höhe von 912,36 Euro verlangen.

a)

7

Zunächst ist unstreitig, dass der Beklagte zu 2) mit dem im Eigentum der Beklagten zu 1) stehenden Fahrzeug die von der Klägerin betriebene Selbstbedienungswaschanlage aufgesucht und dieses Fahrzeug zur Durchführung eines Waschvorganges positioniert hat.

8

Ausgehend von der vom Amtsgericht durchgeführten Beweisaufnahme und der anschließenden, nicht beanstandeten und erkennbar vollständigen und richtigen Beweiswürdigung ist eine Verletzungshandlung des Beklagten zu 2) insoweit darin zu sehen, dass er das Fahrzeug der Beklagten zu 1) zumindest mit dem rechten Hinterrad teilweise auf der inneren Führungsschiene der Portalwaschanlage abgestellt und gleichwohl den Waschvorgang gestartet hat. Insoweit ist unstreitig, dass diese inneren Führungsschienen zumindest leicht aus dem Boden herausragen und somit fühlbar, aber auch optisch wahrnehmbar sind. Unabhängig davon, ob die Portalwaschanlage im Sommer- oder Winterbetrieb läuft bzw. ob für einen Nutzer erkennbar ist, in welchem Zeitraum der Sommer- bzw. Winterbetrieb gilt, besteht ausweislich der Ziff. 3 bzw. 6 der unstreitig in den Räumlichkeiten der von der Klägerin betriebenen Waschanlage ausgehängten Bedienungsanleitung die Pflicht, das Fahrzeug mittig zwischen den inneren Führungsschienen vorzufahren sowie gemäß den Ziff. 5 bzw. 8 der Bedienungsanleitung die Fahrzeugposition und freie Fahrt des Waschportals zu überprüfen.

9

Dem hat der Beklagte zu 2) am 23.03.2011 aber nicht entsprochen, als er den Waschvorgang startete, obgleich er das Fahrzeug der Beklagten zu 1) so positioniert hatte, dass es zumindest mit dem rechten Hinterrad auf der inneren Führungsschiene stand.

10

Darin ist ein zumindest fahrlässiges Verhalten zu sehen, denn bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte dem Beklagten zu 2) auffallen können und müssen, dass er das Fahrzeug nicht entsprechend den Bedienungsvorgaben der Waschanlage abgestellt hat.

11

Hierdurch ist auch ein Schaden eingetreten, denn unstreitig konnte der vom Beklagten zu 2) gewünschte Waschvorgang zwar noch gestartet, aber nicht beendet werden und es sind weder Anhaltspunkte dafür ersichtlich noch vorgetragen, dass die Waschanlage bereits vor der Betätigung durch den Beklagten zu 2) defekt war.

12

Entgegen der Auffassung der Beklagten trifft die Klägerin kein Mitverschulden an diesem Schadenseintritt. Abgesehen davon, dass nicht ersichtlich ist, dass derartige Schadensfälle bereits häufiger aufgetreten sind und dies darauf zurückzuführen ist, dass die Führungsschienen tatsächlich unscheinbar sind - wogegen im Übrigen die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen sowie der unstreitige Umstand sprechen, dass die Führungsschienen sogar einige Zentimeter aus dem Boden herausragen -, hat die Klägerin aber jedenfalls substantiiert dargelegt, dass die von ihr betriebene Waschanlage den Vorgaben der insoweit geltenden Richtlinien und DIN-Vorschriften entspricht. Von daher wäre es Sache der hinsichtlich des Einwandes des Mitverschuldens darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten gewesen, konkret darzulegen, inwieweit die Klägerin das Schadensereignis gleichwohl mit verursacht hat. Dem haben sie aber nicht entsprochen, im Übrigen erschließt sich auch nicht, inwieweit der Beklagte zu 2) einem vermeintlichen Leuchtsignal höhere Beachtung geschenkt hätte, als den fühlbar und optisch wahrnehmbaren Führungsschienen bzw. weshalb die klar verständlichen eindeutigen Bedienungsanleitungen nicht ausreichen sollen.

b)

13

Allerdings kann die Klägerin nicht den gesamten geltend gemachten Schadensbetrag beanspruchen.

14

Es kann auf sich beruhen, inwieweit die grundsätzlich zulässige fiktive Schadensabrechnung in Ausnahmefällen unzulässig sein kann (BGH Urteil v. 20.06.1989, Az. VI ZR 334/88) und ob vorliegend ein solcher Ausnahmefall gegeben ist. Nachdem die Klägerin auf einen entsprechenden Hinweis durch Vorlage der Reparaturrechnung dargelegt hat, dass die in dem Kostenvoranschlag aufgeführten Kosten auch tatsächlich angefallen sind, ist die diesbezügliche Geltendmachung nicht zu beanstanden. Zum einen ist der Vortrag nicht gem. § 531 ZPO als verspätet zurückzuweisen, da diese Problematik erstinstanzlich noch nicht thematisiert worden ist. Zum anderen ist das diesbezügliche Bestreiten der Beklagten sowohl zur tatsächlichen Durchführung der Reparatur als auch zur Angemessenheit der in Rechnung gestellten Kosten mangels Substanz unbeachtlich. Allein das pauschale Bestreiten des gegnerischen Vortrages begründet noch keine Zweifel an dessen Richtigkeit und erfordert auch nicht die Durchführung einer Beweisaufnahme. Hierfür wäre vielmehr erforderlich, dass die Beklagten dem Vorbringen der Klägerin konkret, etwa durch Vorlage eines anderslautenden Kostenvoranschlages entgegentreten.

15

Indes hat sich die Klägerin einen durch die Reparatur erlangten Vorteilsausgleich anrechnen zu lassen.

16

Ungeachtet dessen, ob die Klägerin - wie ursprünglich vorgetragen - tatsächlich für das Jahr 2013 eine Erneuerung der Waschanlage plant bzw. ob die übliche Lebensdauer einer Waschanlage 7 bis 9 Jahre beträgt, betraf die streitgegenständliche Beschädigung lediglich eine Waschbürste und damit nur einen kleinen Teil der gesamten Waschanlage. Da andererseits aber auch weder ersichtlich noch vorgetragen ist, welche Lebensdauer derartige Waschbürsten üblicherweise haben, wird der zugunsten der Beklagten zu berücksichtigende Abzug Neu für Alt gem. § 287 ZPO auf ¼ der Reparaturkosten geschätzt.

17

Ausgehend von einem Nettoreparaturbetrag in Höhe von insgesamt 1.216,49 Euro kann die Klägerin also ¾ hiervon, mithin 912,36 Euro beanspruchen.

18

Nach alledem war der Klägerin auf ihre Berufung und nach deren Rücknahme gegenüber der Beklagten zu 3) gegen die Beklagten zu 1) und 2) ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 912,36 Euro zuzusprechen.

2.

19

Die zugesprochenen Nebenforderungen haben ihre rechtliche Grundlage in den §§ 286, 288 BGB, 13 RVG.

3.

20

Die von der Klägerin darüber hinaus geltend gemachte Unkostenpauschale steht ihr nicht zu.

21

Insoweit ist das Amtsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass ein diesbezüglicher Schaden nicht substantiiert dargelegt worden ist.

III.

22

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92 Abs. 1,100, 516 ZPO.

23

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit erwächst aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

IV.

24

Die Festsetzung des Gegenstandswertes für die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens basiert auf den §§ 3 ZPO, 47, 63 Abs. 2 GKG.

V.

25

Die Revision ist gemäß § 543 ZPO nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern.


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