I.
Das Amtsgericht Nürnberg hat den Angeklagten - nachdem eine Verständigung i.S.d. § 257c StPO erzielt worden war und er ein Geständnis im Sinne der Anklage abgegeben hatte - am 9. März 2021 wegen vorsätzlichen Bankrotts durch Verheimlichen eines Grundstücks im laufenden Insolvenzverfahren zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner unbeschränkt eingelegten Berufung. Dem zulässig eingelegten Rechtsmittel bleibt in der Sache der Erfolg versagt.
II.
Der Angeklagte, früherer Gesellschafter und Geschäftsführer dreier seit Ende 2012 insolventer Gesellschaften, … Er ist nicht vorbestraft.
III.
Die Kammer hat aufgrund der Hauptverhandlung folgenden Sachverhalt festgestellt:
Spätestens seit 10. September 2018 war der Angeklagte - wie er wusste - nicht mehr in der Lage, seine fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen. Zu diesem Zeitpunkt verfügte er nahezu über keinerlei liquide Mittel. Dagegen bestanden zugleich fällige Verbindlichkeiten gegenüber Rechtsanwalt R als Insolvenzverwalter über das Vermögen der M GmbH in Höhe von mindestens 40.000 € zuzüglich Zinsen und Kosten hieraus. Der Angeklagte war im genannten Unternehmen bis zu dessen Insolvenz im Jahr 2012 der Geschäftsführer gewesen.
Am 2. Januar 2019 beantragte Rechtsanwalt R beim Amtsgericht - Insolvenzgericht - Nürnberg die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Angeklagten.
Am 23. Januar 2019 verstarb die Mutter des Angeklagten, A (fortan: Erblasserin), die Alleineigentümerin des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks Fl.-Nr. … der Gemarkung … war, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts …, (fortan: Grundstück). Dem Angeklagten, ihrem einzigen Kind, war schon zu diesem Zeitpunkt klar, dass das Grundstück zum Nachlass gehört und dass er der Erbe ist.
Mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 24. April 2019 wurde Rechtsanwältin H mit der Erstellung eines Insolvenzgutachtens beauftragt. Am 29. April 2019 führte sie hierzu ein erstes Gespräch mit dem Angeklagten.
Im Rahmen des Nachlassverfahrens teilte der Angeklagte mit Schreiben vom 22. Mai 2019 dem Amtsgericht - Nachlassgericht - Neumarkt i.d.OPf. mit, dass das Grundstück zum Nachlass gehöre. Den übrigen Nachlasswert taxierte der Angeklagte in dem Schreiben mit 1.200 €. Am 29. Mai 2019 eröffnete der Rechtspfleger des Nachlassgerichts die beiden gemeinschaftlichen Testamente der Erblasserin und ihres 2014 vorverstorbenen Ehemanns vom 14. April 1992 und vom 28. September 2011. Mit Verfügung vom 30. Mai 2019 teilte der Rechtspfleger dem Angeklagten mit, dass er Alleinerbe nach der Erblasserin geworden sei, die Erbschaft aber noch ausschlagen könne. In der Folgezeit gab der Angeklagte keine Erklärung dahin ab, dass er das Erbe ausschlage.
Bereits zu ihren Lebzeiten hatte die Erblasserin das Grundstück über den Makler K zum Verkauf angeboten. Anfang 2019 interessierte sich der Zeuge P für das Anwesen, verfolgte einen Ankauf zunächst aber nicht weiter. Mitte 2019 meldete sich der Makler erneut bei ihm und bot ihm das Grundstück weiterhin an, woraufhin Besichtigungen stattfanden und sich P zum Kauf entschloss. Vor dem Abschluss des Kaufvertrags ließ der Angeklagte Anfang September 2019 über den Makler dem Zeugen P mitteilen, dass er die Kaufpreiszahlung in drei Raten bar in 200 €-Scheinen wünsche. Das lehnte P nach Rücksprache bei seiner Hausbank, der E-Bank, ab und bestand auf einer Überweisung. Der Angeklagte stimmte dem zu.
Mit Beschluss vom 9. August 2019 ordnete das Insolvenzgericht vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen des Angeklagten an und bestellte Rechtsanwältin H zur vorläufigen Insolvenzverwalterin.
Am 19. September 2019 verkaufte und veräußerte der Angeklagte mit notariellem Kaufvertrag des Notars … das Grundstück an P zum Kaufpreis von 585.000 €. Der Kaufpreis sollte nunmehr vertragsgemäß bei Fälligkeit auf das Nachlasskonto der A bei der R-Bank, IBAN …, eingezahlt werden. Am 29. September 2019 erfolgte die Eintragung des Angeklagten als Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch; zugleich wurde die Auflassungsvormerkung für P eingetragen.
Nach mittlerweile erfolgter Vorlage des Insolvenzgutachtens durch Rechtsanwältin H eröffnete das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 1. Oktober 2019 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Angeklagten und bestellte Rechtsanwältin H zur Insolvenzverwalterin.
Am 15. Oktober eröffnete der Angeklagte bei der N-Bank ein neues Konto (IBAN …) und teilte zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt vor dem 23. Oktober 2019 P mit, der Kaufpreis sei abweichend von der vertraglichen Regelung dort einzuzahlen. Der von P angewiesene Betrag von 585.000 € ging am 23. Oktober auf dem Konto ein. Die N-Bank fand den Vorgang jedoch verdächtig und überwies das eigegangene Geld wieder auf P`s Konto zurück.
Hierauf eröffnete der Angeklagte bei der georgischen Bank … ein Konto und teilte dem Zeugen P mit, der Kaufpreis sei dort einzuzahlen. Der Zeuge tat, wie ihm geheißen und wies am 11. November 2019 die E-Bank an, die Überweisung auszuführen, was dann auch gelang. Am 2. Januar 2020 wurde P als Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch eingetragen.
Obwohl der Angeklagte seit dem Erbfall wusste, dass er verpflichtet war, das geerbte Eigentum an dem Grundstück gegenüber dem Insolvenzgericht und später gegenüber der Insolvenzverwalterin mitzuteilen, verschwieg er diesen Umstand bewusst. Das hatte, wie vom Angeklagten beabsichtigt, zur Folge, dass weder das Insolvenzgericht, noch die Zeugin H bis März 2020 von dem Grundstück wussten. Die Zeugin H erfuhr hiervon erst durch ein Schreiben der R-Bank vom 9. März 2020, aus dem hervorging, dass der Angeklagte das Grundstück geerbt hatte. Am 23. März 2020 stellte der Angeklagte beim Insolvenzgericht Antrag auf Aufhebung des Insolvenzverfahrens gem. § 212 InsO und verwies zur Begründung auf das Guthaben auf seinem georgischen Konto. Die Zeugin H zog am 30. März 2020 die Akte des Nachlassgerichts bei.
Zum 22. Juni 2020 waren im Insolvenzverfahren des Angeklagten 170.488,70 € zur Tabelle festgestellt, die bis dahin entstandenen Gerichtskosten beliefen sich auf 10.472,40 €, die Insolvenzverwaltervergütung auf 64.872,29 €. Weitere angemeldete Forderungen über 39.589,91 € waren zu dem Zeitpunkt bestritten. Am 30. Juni 2020 überwies der Angeklagte von seinem georgischen Konto 245.833,33 € auf das Konto der Insolvenzverwalterin. Das Insolvenzverfahren war im Zeitpunkt der Schließung der Beweisaufnahme vor der Kammer noch nicht beendet. Es stehen weitere - streitige - Forderungen der Insolvenzverwalterin gegen den Angeklagten im Raum.
IV.
1. Die Feststellungen zur Person beruhen auf den Angaben des Angeklagten und dem in Ziff. I.1 der Gründe ergänzend verlesenen und vom Angeklagten insofern als zutreffend bestätigten Urteil des Schöffengerichts in dieser Sache. Die Feststellung zu seinem straffreien Vorleben beruht auf dem verlesenen Auszug aus dem Bundeszentralregister.
2. Die Feststellungen zur Sache beruhen auf der weitgehend geständigen Einlassung des Angeklagten zur Sache. Lediglich zu den Gründen für die verschiedenen Zahlungswege (Barzahlung und die Nutzung neuer Konten) beim Grundstücksverkauf machte er keine Angaben. Zudem verweigerte er die Erteilung der Zustimmung nach § 97 Abs. 1 Satz 3 InsO, weshalb die Kammer keine Angaben der Zeugin H zum Inhalt der konkret gegebenen Auskünfte des Angeklagten im Insolvenzverfahren verwerten konnte.
a) Die Kammer ist von der Richtigkeit des Geständnisses des Angeklagten in objektiver Hinsicht überzeugt. Dieses deckt sich mit den übrigen erhobenen Beweisen und wird durch diese stimmig und widerspruchsfrei ergänzt und vervollständigt, sodass die Kammer keine begründeten Zweifel an dem - selbst vom Verteidiger in seinem Plädoyer als „unstreitig“ bezeichneten - Sachverhalt hat.
aa) Die Zahlungsunfähigkeit des Angeklagten wird ergänzend belegt durch den Insolvenzantrag des Rechtsanwalts R, aus dem sich ergibt, dass der letzte Vollstreckungsauftrag gegen den Angeklagten vom 13. August 2018 erfolglos geblieben sei. Weiterhin sei der Angeklagte spätestens seit 2014 ununterbrochen zahlungsunfähig. Der Angeklagte gab an, im Vorfeld des Insolvenzverfahrens am 10. September 2018 eine Vermögensauskunft abgegeben zu haben. Die Zeugin H berichtete, dass der Angeklagte bereits 2015 zwei - später zurückgenommene - Eigeninsolvenzanträge gestellt habe. Im Übrigen führte die Zeugin aus, dass sie in ihrem Insolvenzgutachten vom 8. August 2019 bei fälligen Zahlungsverpflichtungen des Angeklagten von mindestens 40.640,95 € liquide Vermögenswerte von 0 € habe feststellen können. Bestätigt wird die Zahlungsunfähigkeit weiter durch das Schreiben des damaligen Rechtsanwalts des Angeklagten, V, vom 13. August 2018, in dem er namens des Angeklagten Rechtsanwalt R unter Zugrundelegung einer berechtigten Forderung von 46.600 € eine Abgeltungszahlung von 3.564,23 € anbot und dabei feststellte, dass eine Zahlung der Forderung R´s dem Angeklagten nicht einmal in Raten möglich sei. Der Angeklagte habe kein pfändbares Einkommen und könne nicht den Unterhalt für seine drei Kinder aufbringen.
Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit wird schließlich nicht dadurch infrage gestellt, dass der Angeklagte nach eigenen, nicht weiter spezifizierten Angaben - insoweit bestätigt durch die Ausführungen von Rechtsanwalt R in dem Insolvenzantrag - seit 2014 verschiedentlich Vergleiche mit einzelnen Gläubigern in unterschiedlicher quotaler Höhe geschlossen hat. Im Gegenteil, belegt das gerade die seit längerer Zeit beschränkte finanzielle Leistungsfähigkeit des Angeklagten.
bb) Nähere Angaben zu dem Erbfall und zu dem Eigentumserwerb am Grundstück hat die Kammer zu ihrer vollen Überzeugung aus den im Wege des Selbstleseverfahrens einbezogenen Urkunden gewonnen. Die Sterbefallmitteilung des Standesamtes … betreffend die Erblasserin und die beiden Testamente vom 14. April 1992 und vom 28. September 2011 belegen die Stellung des Angeklagten als Schlusserbe aufgrund der beiden gemeinschaftlichen Testamentes seiner Eltern. Nachdem der Vater bereits vorverstorben war, erbte der Angeklagte nach seiner Mutter. Das und die Annahme der Erbschaft durch den Angeklagten hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts Neumarkt i.d.OPf. in seiner Eröffnungsniederschrift vom 29. Mai 2019 und in seiner Feststellung vom 31. Juli 2019 festgestellt. Schließlich belegt der Grundbuchauszug für das Grundstück die Eintragung des Angeklagten als Eigentümer am 29. September 2019.
cc) Das Verschweigen des Grundstücks bestätigte die Zeugin H, indem sie ausführte, dass der Angeklagte, wie er selbst einräumte, hierzu keine Angaben gemacht habe. Sie gab weiter an, erinnerlich sei für sie die Frage nach etwaigem Grundbesitz mit der - negativen - Abfrage des Grundbuchs über das elektronische System SolumStar am 25. April 2014 erledigt gewesen. Sie glaube nicht, dass sie den Angeklagten danach noch eigens nach Grundbesitz gefragt hätte. Sie habe erstmalig durch ein Schreiben der R-Bank vom 9. März 2020 hiervon erfahren.
dd) Den Ablauf des Grundstücksverkaufs und die Zahlungsabwicklung, wie unter III. ausgeführt, schilderte übereinstimmend mit dem Angeklagten der Zeuge P. Die selbstgelesenen Urkunden stützen das ergänzend: Der Grundstücksverkauf als solcher wird belegt durch den notariellen Kaufvertrag und den Grundbuchauszug für das Grundstück, aus dem auch die Auflassungsvormerkung für P hervorgeht. Ergänzend hat die Zeugin H das Datum der grundbuchmäßigen Eigentumsumschreibung auf den Zeugen P, den 2. Januar 2020, mitgeteilt.
Weiterhin ergibt sich aus der verlesenen Geldwäscheverdachtsmeldung der E-Bank, dass P ihr das Ansinnen des Angeklagten Anfang September 2019 mitgeteilt habe, den Grundstückskauf bar abzuwickeln. Daraufhin habe ein Mitarbeiter der Bank das für die Beurkundung ausgewählte Notariat kontaktiert. Von dort sei ihm mitgeteilt worden, eine solche Zahlungsweise sei unüblich und der Notar habe ausgeschlossen, einen solchen Vertrag zu beurkunden. Weiterhin teilt die Verdachtsmeldung mit, der Kunde P habe sich mittlerweile entschlossen, den Kaufvertrag nur abzuschließen, wenn die Zahlung per Überweisung vereinbart werde. Die Geldwäscheverdachtsmeldung der N-Bank vom 24. Oktober 2019 führt aus, dass auf das erst vor acht Tagen eröffnete Konto des Angeklagten 585.000 € eingegangen seien. Das finde die Bank auffällig, zumal aus dem vom Angeklagten vorgelegten Kaufvertrag eine andere Kontonummer für die Kaufpreiszahlung ersichtlich sei.
ee) Die Daten zum Insolvenzverfahren über das Vermögen des Angeklagten ergeben sich aus den verlesenen Schreiben und Beschlüssen des Insolvenzgerichts, die unter III. genannt werden. Weiterhin hat die Zeugin H - damit übereinstimmend - über den Ablauf des Insolvenzverfahrens berichtet, soweit es nicht um die inhaltliche Wiedergabe der Auskünfte des Angeklagten ging. Sie teilte auch mit, dass am 30. Juni 2020 insgesamt 245.833,29 € vom georgischen Konto des Angeklagten auf ihr Insolvenzverwalterkonto eingegangen seien. Dieser Betrag reiche nach ihrer Auffassung allerdings nicht aus, um das Insolvenzverfahren abzuschließen, weil weitere Verbindlichkeiten bestünden. Aus dem zwischen der Zeugin und dem Angeklagten geführten Wortwechsel konnte die Kammer entnehmen, dass zwischen beiden Differenzen darüber bestehen, welche noch offenen Posten berechtigt seien und welche nicht.
b) Das Geständnis des Angeklagten belegt auch dessen Kenntnis der geschilderten Umstände und deren zumindest billigende Inkaufnahme und damit den Tatnachweis in subjektiver Hinsicht. Ergänzend zu obigen Ausführungen verweist die Kammer auf Folgendes:
Der Angeklagte hat angegeben, bis zuletzt im Kontakt zu seiner Mutter gestanden zu haben. Er habe gewusst, dass das Grundstück in das Erbe fallen würde. Daraus und aus dem Umstand, dass der Angeklagte das einzige Kind der Erblasserin ist, folgert die Kammer, dass er, als seine Mutter starb, von seiner Erbenstellung subjektiv überzeugt war, mithin davon wusste.
Die Kammer hat auch keinen Zweifel daran, dass dem Angeklagten bewusst war, dass er sein Eigentum am Grundstück dem Insolvenzgericht und der Zeugin H hätte offenbaren müssen. Dafür spricht seine langjährige Erfahrung mit Insolvenzen - er berichtete über wiederholte Streitereien mit Rechtsanwalt R - und deren Folgen. Belegt wird diese Erfahrung nicht zuletzt durch das verlesene Schreiben des Angeklagten an die L Versicherung vom 10. September 2019, in dem er die Umwandlung seiner Lebensversicherung in einen den Anforderungen des § 851c ZPO genügenden - d.h. pfändungs- und damit insolvenzfesten (§ 36 Abs. 1 InsO) - Vertrag beantragte. Es fanden zwischen dem Angeklagten und der Zeugin H mehrere Gespräche statt, das erste am 29. April 2019, in dem die Zeugin den Angeklagten auf seine Auskunftspflichten hinwies. In diesem Zusammenhang zeigt das auf Verbergen gerichtete Agieren des Angeklagten, besonders augenscheinlich bei dem Versuch, sich die Kaufpreissumme für das Grundstück in bar übergeben und sie später auf ein georgisches Konto anweisen zu lassen, dass ihm klar war, dass das Grundstück und der Erlös - als Teile der Masse - für ihn gefährdet wären, wenn die Zeugin H hiervon erfährt.
Bei der Beurteilung der Motivationslage nimmt die Kammer dem Angeklagten seine Einlassung ab, dass er sich über den Insolvenzverwalter R geärgert und in Streit mit ihm gelegen habe. Allerdings meint die Kammer nicht, dass damit die Motivation des Angeklagten erschöpfend beschrieben ist. Sie ist vielmehr davon überzeugt, dass es dem Angeklagten nicht minder darum ging, sich selbst das Grundstück bzw. dessen Wert jedenfalls überwiegend zu erhalten, auch wenn sie nicht verkennt, dass der Angeklagte einen großen Teil des Geldes später an die Insolvenzverwalterin zahlte. Grund für letzteres war, dass er am 23. März 2020 einen Antrag auf Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 212 InsO) gestellt hat und daher seine wiederhergestellte Zahlungsfähigkeit belegen musste
V.
Auf vorbezeichnete Weise hat sich der Angeklagte durch das Verschweigen seines Eigentums am geerbten Grundstück des vorsätzlichen Bankrotts gem. § 283 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 6 StGB schuldig gemacht. In rechtlicher Hinsicht ist dazu auszuführen:
1. Der Tatbestand des Bankrotts gem. § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB ist auf eine Privatinsolvenz, also auch hier, anwendbar (BGH, Urteil vom 22. Februar 2001 - 4 StR 421/00, juris Rn. 14 ff.; Urteil vom 29. April 2010 - 3 StR 314/09, Rn. 23; Beschluss vom 14. März 2016 - 1 StR 337/15, juris Rn. 15).
2. Der Angeklagte war mindestens seit September 2018 und jedenfalls bis zum Eingang der Kaufpreissumme auf seinem georgischen Konto im November 2019 zahlungsunfähig, also nicht in der Lage seine wesentlichen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen (§ 17 Abs. 2 Satz 1 InsO). Der Erbfall änderte daran nichts. Denn zum einen hatte der Angeklagte das geerbte Grundstück gegenüber dem Insolvenzgericht und der Zeugin H verheimlicht (dazu sogleich), weshalb es bei der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit nicht zu berücksichtigen war (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Januar 2013 - 1 StR 234/12, juris Rn. 5; OLG Frankfurt, Beschluss vom 18. Juni 1997 - 1 Ws 56/97, NStZ 1997, 551 f.). Zum anderen handelte es sich bei dem Grundstück nicht um liquides Vermögen, aus dem heraus kurzfristig die Verbindlichkeiten hätten beglichen werden können. Tatsächlich fand die Liquidierung erst Mitte November 2019 mit Gutschrift des Kaufpreises statt. Dass das Grundstück, wie die Verteidigung meint, hypothetisch auch früher hätte verkauft oder beliehen werden können, ist unerheblich. Etwaige Möglichkeiten der Kreditbeschaffung sind für die Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit nur dann relevant, wenn sie sich im dafür maßgeblichen Drei-Wochen-Zeitraum auch verwirklichen (vgl. Karsten Schmidt, InsO, 19. Aufl., § 17 Rn. 14; Mock in Uhlenbruck, InsO, 15. Aufl., § 17 Rn. 44). Das war hier vor dem Verkauf an P und dessen Kaufpreisüberweisung gerade nicht der Fall. Weder hat der Angeklagte überhaupt versucht, das Grundstück zu beleihen, noch gab es - neben dem Zeugen P - eine andere konkrete Möglichkeit, das Grundstück früher zu veräußern. Die von der Verteidigung in diesem Kontext vertretenen Thesen, es gehe vorliegend nicht um ein Nicht-Zahlen-Können, sondern um ein Nicht-Zahlen-Wollen und die Krise sei mit dem Erbfall beendet gewesen, gehen nach alldem fehl - jedenfalls bis zur Gutschrift des Kaufpreises, als der Bankrott-Tatbestand aber schon längst verwirklicht war.
3. Der Angeklagte hat das Grundstück verheimlicht. Verheimlichen erfasst jedes Verhalten, durch das ein Vermögensbestandteil der Kenntnis der Gläubiger oder des Insolvenzverwalters entzogen wird (RG, Urteil vom 2. Mai 1930 - I 296/30, RGSt 65, 138, 140; OLG Frankfurt, Beschluss vom 18. Juni 1997 - 1 Ws 56/97, NStZ 1997, 551). Es kann in einem positiven Tun (unrichtige Angaben) oder in einem pflichtwidrigen Unterlassen (Verschweigen) bestehen (BGH, Urteil vom 20. Dezember 1957 - 1 StR 492/57, BGHSt 11, 145, 146; BGH, Beschluss vom 9. Mai 2017 - 1 StR 626/16, juris Rn. 4; Bosch in SSW-StGB, 5. Aufl., § 283 Rn. 6; Brand in Bittmann, Praxishandbuch Insolvenzstrafrecht, 2. Aufl., § 12 Rn. 69 m.w.N.).
Hier lag ein pflichtwidriges Unterlassen vor. Gemäß § 20 Abs. 1, § 22 Abs. 3 Satz 3, § 97 Abs. 1 InsO ist der Insolvenzschuldner verpflichtet, im Eröffnungs- und im Insolvenzverfahren dem Insolvenzgericht und dem Insolvenzverwalter, auch ungefragt Vermögensbestandteile zu offenbaren, die - wie hier das Grundstück - in die Masse fallen können (BGH, Beschluss vom 14. März 2016 - 1 StR 337/15, juris Rn. 15). Der Schuldner muss sie von sich aus ohne besondere Nachfrage offenlegen, soweit sie offensichtlich für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sein können und nicht klar zu Tage liegen (BGH, Beschluss vom 8. März 2012 - IX ZB 70/10, juris Rn. 13 m.w.N.). Dieser Pflicht hat der Angeklagte bewusst nicht entsprochen.
Der Angeklagte hätte sein Eigentum an dem Grundstück längstens binnen zweier Wochen offenbaren müssen. Zurückzuweisen ist in diesem Zusammenhang die These der Verteidigung, es stünde dem Insolvenzschuldner frei, darüber zu bestimmen, wann er seiner Offenbarungspflicht genüge, weil das Gesetz keine Fristen für die Auskunftserteilung nenne. Nach überzeugender Auffassung im insolvenzrechtlichen Schrifttum hat der Schuldner wegen des das gesamte Insolvenzverfahren beherrschenden Beschleunigungsgebots die Auskunft regelmäßig innerhalb von zwei Wochen - nach Umständen des Falls auch deutlich früher - zu erteilen (Zipperer in Uhlenbruck, InsO, 15. Aufl., § 20 Rn. 20; Böhm in Braun, InsO, 8. Aufl., § 20 Rn. 10; Laroche in Kayser/Thole, HK-InsO, 10. Aufl., § 20 Rn. 14). Die Pflichtverletzung, und damit das tatbestandsmäßige Verheimlichen, tritt somit nach verschwiegenem Fristablauf ein. Zum ähnlichen Ergebnis gelangt eine strafrechtliche Literaturmeinung, die die Wertungen beim Vereiteln i.S.d. § 258 StGB (Verzögerung über „geraume Zeit“) auf das Verheimlichen i.S.d. § 283 StGB übertragen will (Brand in Bittmann, Praxishandbuch Insolvenzstrafrecht, 2. Aufl., § 12 Rn. 68), was je nach Lage des Falles einen Zeitraum von zwei Wochen, gegebenenfalls kürzer oder länger (vgl. Jahn in SSW-StGB, 5. Aufl., § 258 Rn. 14 m.w.N.) bedeuten kann. Vorliegend war eine Zweiwochenfrist mehr als angemessen. Die Mitteilung des Eigentums an dem Grundstück hätte für den Angeklagten keinerlei Aufwand oder Mühe bedeutet.
Den Fristbeginn setzt die Kammer objektiv mit dem Erbfall an. In diesem Zeitpunkt ist der Angeklagte Universalrechtsnachfolger der Erblasserin und damit Eigentümer des Grundstücks geworden. Der Eigentumserwerb war zunächst zwar ein nur vorläufiger, weil dem Angeklagten nach der Testamentseröffnung noch die sechswöchige Ausschlagungsfrist (§ 1942 Abs. 1, § 1944 Abs. 1, 2 BGB, § 83 Abs. 1 Satz 1 InsO) zustand. Damit fiel der Nachlass aber auch schon vorläufig - auflösend bedingt durch eine Ausübung des Ausschlagungsrechts - in die Masse (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - IX ZR 56/12, juris Rn. 11), sodass schon hierüber vom Angeklagten ungefragt Auskunft zu erteilen war. Durch das Verschweigen des Grundstücks ist der Verheimlichungserfolg - die Unkenntnis des Insolvenzgerichts und der Zeugin H und damit der fehlende Zugriff auf das Grundstück -, wie geschildert, eingetreten.
4. Die objektive Bedingung der Strafbarkeit, die Zahlungseinstellung (§ 283 Abs. 6 StGB; zu deren Voraussetzungen vgl. Karsten Schmidt, InsO, 19. Aufl., § 17 Rn. 41 ff.), lag bereits bei Insolvenzantragstellung und während des gesamten Jahres 2019 vor, weil der Angeklagte einen maßgeblichen Teil seiner fälligen Verbindlichkeiten - hier namentlich die von Rechtsanwalt R geforderten und später zur Tabelle festgestellten über 40.000 € - nicht bezahlte.
VI.
1. Den Strafrahmen entnimmt die Kammer § 283 Abs. 1 StGB. Dessen gem. § 13 Abs. 2 mit § 49 Abs. 1 StGB mögliche Verschiebung hat sie nicht vorgenommen.
a) Bei dem Verheimlichen durch Verschweigen handelt es sich um ein unechtes Unterlassungsdelikt (Richter, ZInsO 2016, 1346, 1347; ders. in Müller-Gugenberger, Wirtschaftsstrafrecht, 7. Aufl., Rn. 83.29c). Daher kommt insoweit die Anwendung des § 13 Abs. 2 mit § 49 Abs. 1 StGB in Betracht (BGH, Beschluss vom 14. März 2016 - 1 StR 337/15, juris Rn. 29).
b) Die Kammer macht hiervon jedoch keinen Gebrauch. Die Frage, ob eine Strafrahmenverschiebung geboten ist, ist in einer wertenden Gesamtwürdigung der wesentlichen unterlassungsbezogenen Gesichtspunkte zu prüfen. Dabei sind vor allem diejenigen Umstände zu berücksichtigen, die etwas dazu aussagen, ob das Unterlassen im Verhältnis zur Begehungstat weniger schwer wiegt oder nicht. Besondere Bedeutung kommt der Frage zu, ob die gebotene Handlung von dem Unterlassungstäter mehr verlangt als den Einsatz rechtstreuen Willens (BGH, Beschluss vom 30. Juni 2011 - 4 StR 241/11, juris Rn. 6).
Dies vorweggeschickt steht für die Kammer aufgrund der glaubhaften Aussage der Zeugin H lediglich fest, dass der Angeklagte in gewissem Umfang - zu den Inhalten liegen keine näheren Erkenntnisse vor - mit ihr kommuniziert und ihr gegenüber Angaben gemacht hat, allerdings keine zu dem geerbten Grundstück, was auch der Angeklagte selbst zugab. Lag demnach keine vollständige Kommunikationsverweigerung des Angeklagten vor, so sind die Grenzen zwischen keinen und unvollständigen Angaben fließend. Das Weglassen einer Information kann begrifflich als Unterlassen oder als aktives Tun durch das Machen unvollständiger Angaben kategorisiert werden. So erfasst beispielsweise § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO das Machen unvollständiger Angaben als aktives Tun, obwohl hinsichtlich der Unvollständigkeit isoliert betrachtet ein Unterlassen vorliegt. Es besteht nach Auffassung der Kammer regelmäßig und auch hier kein durchgreifender wertungsmäßiger Unterschied gegeben zwischen dem teilweisen Auslassen (dem Verschweigen des Grundstücks) bei ansonsten gemachten Angaben und der aktiven Falschangabe, kein Grundstück zu besitzen. Welche Variante konkret verwirklicht wird, ist spontan und situationsabhängig - je nach Frage oder Gesprächssituation - und damit zufällig und nicht Ausdruck höherer oder geringerer krimineller Energie. Daher vermag die Kammer dem Verschweigen des Grundstücks bei einem sich über eine längere Zeit hinziehenden Insolvenzverfahren, das auch ein sich hinziehender Kommunikationsprozess ist, kein geringeres Gewicht beizumessen als einer hypothetischen dahingehenden Falschangabe. Dies gilt, zumal das Machen der zutreffenden Angabe für den Angeklagten mit keinerlei Aufwand verbunden gewesen wäre, es ihm also nicht mehr abverlangt hätte als die schlichte Betätigung rechtstreuen Willens.
2. Bei der Strafzumessung im engeren Sinne hat die Kammer teils andere Strafzumessungserwägungen angestellt als das Amtsgericht. In ihrer Gesamtabwägung kommt sie gleichwohl zu dem gleichen Ergebnis wie die erste Instanz. Im Einzelnen:
a) Zugunsten des Angeklagten sprach das weitgehende Geständnis. Anders als das Amtsgericht in seinem Urteil hat die Kammer jedoch bei dem Geständnis keine Schuldeinsicht und Reue feststellen können. Letzteren Umstand wertet die Kammer nicht zulasten des Angeklagten, kann ihn jedoch nicht zu seinen Gunsten ansetzen. Der Angeklagte ist nicht vorbestraft. Weiter ist zugunsten des Angeklagten der Umstand zu werten, dass er im Sommer 2020 insgesamt 245.833,29 € aus dem Grundstückserlös an die Insolvenzverwalterin zahlte. Das entspricht der Summe der bislang zur Tabelle festgestellten Forderungen nebst Verfahrenskosten für Gericht und Insolvenzverwaltung. Zugunsten des Angeklagten geht die Kammer davon aus, dass damit die Forderungen des Angeklagten aus der Insolvenz erfüllt sind. Zwar hat die Zeugin H bei ihrer Einvernahme auf Vorhalt bestätigt, dass die auf Bl. 281 der BWA (hierbei handelt es sich um die Stellungnahme der Insolvenzverwalterin an die Rechtspflegerin Insolvenzgerichts vom 25. Juni 2020 zum Antrag des Angeklagten auf Aufhebung des Insolvenzverfahrens) zusammengestellten Zahlen zutreffen, was bedeutet, dass sie von Forderungen i.H.v. insgesamt 371.670,01 € ausgeht, was aber vom Angeklagten bestritten sei. Die Differenz ergebe sich, so die Zeugin, nach Aktenlage. Die Kammer rechnet dem Angeklagten aber die Forderungen strafzumessungstechnisch nicht zu, die sich später möglicherweise als unberechtigt herausstellen oder jedenfalls nicht zur Tabelle festgestellt werden, sondern wertet nur die feststehenden Beträge. Zugunsten des Angeklagten hat das Gericht zudem - der Anklage und dem Ersturteil folgend - den Vorsatz des Angeklagten bei der Strafzumessung in zeitlicher Hinsicht erst an die Mitteilung der Erbenstellung durch das Nachlassgericht und damit an die sichere, amtlich bestätigte Kenntnis angeknüpft.
b) Zulasten des Angeklagten hat die Kammer den „Wert“ des Bankrottes gewichtet. Das verheimlichte Grundstück war der einzige nennenswerte Vermögensgegenstand des Angeklagten. Sein Wert hätte ausgereicht, die Insolvenzverbindlichkeiten vollständig zu begleichen. Auch stellt sich die Hartnäckigkeit des Verheimlichens und damit die aufgewandte kriminelle Energie (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 2001 - 4 StR 421/00, juris Rn. 24) im Vergleich zu dem, was das Amtsgericht berücksichtigt hat, für die Kammer als gewichtiger dar. So hat der Angeklagte das Grundstück nicht nur verheimlicht, sondern mit der Eintragung der Auflassungsvormerkung zugunsten des Erwerbers P wirtschaftlich aus seinem Vermögen ausgegliedert und damit den Zugriff der Insolvenzverwalterin nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich erschwert. Das Grundstück schied dann mit der Grundbucheintragung des Zeugen P endgültig aus dem Angeklagtenvermögen aus. Der Angeklagte schaffte sodann auch das für das Grundstück vereinnahmte Geld außerhalb des leichten Zugriffs der Insolvenzverwalterin. Nach der Aussage der Zeugin H, an der die Kammer keinen Zweifel hegt, wäre der Zugriff auf ein georgisches Konto mit erheblichem Zeitaufwand und der Durchführung eines Rechtshilfeverfahrens verbunden, dessen Erfolg ungewiss wäre; demgemäß hat sie es bislang nicht versucht. Bei einem inländischen Konto wäre der Zugriff dagegen schnell und rechtssicher möglich.
c) Die Kammer hätte, hätte sie frei entscheiden können, unter Abwägung aller Umstände auf eine etwas höhere Strafe erkannt als ein Jahr. Wegen § 331 Abs. 1 StPO verbleibt es aber nach allem bei dem erstinstanzlich ausgeworfenen einen Jahr Freiheitsstrafe.
d) Die Strafe konnte wegen der positiven Sozialprognose für den Angeklagten zur Bewährung ausgesetzt werden. Wegen § 331 Abs. 1 StPO kam eine Verhängung weitergehender Bewährungsauflagen nicht in Betracht.
VII.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 473 Abs. 1 StPO.