Beschluss vom Landgericht Rostock - 3 T 163/12

Tenor

Der Beschluss des Amtsgerichts Rostock vom 04.04.2012, 60 IN 230/07, wird aufgehoben.

Die Kosten der Beschwerde trägt die Staatskasse.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Dem Schuldner und Beschwerdeführer wurden mit Beschluss des Amtsgerichts Rostock vom 08.12.2008 die Kosten des Insolvenzverfahrens gem. § 4 a InsO gestundet. Wegen Nichtabgabe einer vom Gericht verlangten Erklärung über seine Verhältnisse hat das Amtsgericht jenen Beschluss mit dem angefochtenen gem. § 4 c Nr. 1 letzter Fall InsO aufgehoben und im Weiteren ausgeführt:

2

"Die Bewilligung der Kostenstundung ist daher aufzuheben.".

II.

3

Die zulässige Beschwerde ist begründet, da das Amtsgericht von einer gebundenen Entscheidung ausgegangen ist.

4

Der angefochtene Beschluss ist rechtswidrig, da das Amtsgericht das gem. § 4 c erster Halbsatz InsO nach dessen Wortlaut "kann" auszuübende Ermessen nicht ausgeübt hat, sondern von einer gebundenen Entscheidung ausgegangen ist.

5

Das Gericht sieht gem. § 4 InsO in Verbindung mit § 572 Abs. 3 ZPO von einer eigenen Sachentscheidung ab und verweist die Sache an das Amtsgericht zurück; das Ermessen gem. § 572 Abs. 3 ZPO wird entsprechend ausgeübt.

6

Es entspricht der durchgängigen obergerichtlichen Rechtsprechung, dass der Ermessensnichtgebrauch durch die erste Instanz im Rechtsmittel zur Aufhebung und Zurückverweisung führt (KG MDR 2007, 356 für den Fall des § 120 Abs. 4 ZPO, OLG Hamm InVo 2005, 460 für die Einstellung der Zwangsvollstreckung gem. § 769 Abs. 1 ZPO und OLG Köln, NJW-RR 1999, 1082 für den Fall des §120 Abs. 4 ZPO). Dem schließt sich das erkennende Gericht an. Die für den vorliegenden Fall des § 4 c InsO entgegenstehend erkennenden Entscheidungen des LG Dessau-Roßlau, Beschluss vom 22.03.2012, 1 T 68/12 und LG Berlin, Beschluss vom 10.07.2007, 86 T 296/07, nach denen bei Nichtausübung des Ermessens durch das Amtsgericht dieses durch das Landgericht auszuüben ist, lassen nicht nur jedwede Begründung vermissen, sondern übersehen auch, dass dem Beschwerdeführer so eine (Ermessens-) Instanz genommen wird und dass instanzliche Ermessen durch das Rechtsmittelgericht grundsätzlich nur eingeschränkt überprüfbar ist.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 4 InsO in Verbindung mit § 91 ZPO.

8

Die Rechtsbeschwerde war gem. § 4 InsO i.V.m. §§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO zuzulassen.

9

Die Zurückverweisung zur erneuten Entscheidung war im Tenor nicht ausdrücklich auszusprechen, da eine erneute Entscheidung nicht zwingend in Beschlussform ergehen muss, dies insbesondere in dem Fall, dass das Amtsgericht sein Ermessen dahingehend ausübt, dass die Kostenstundung nicht aufzuheben ist.

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Rein vorsorglich weist das Gericht für das folgende Verfahren wegen der sachlichen Voraussetzungen des § 4 c Nr. 1 letzter Fall InsO auf die Kommentierung FK InsO Kohte § 4 c InsO Rn. 14 und hinsichtlich der Anforderung betreffend das Ermessen auf die Kommentierung beim FK InsO Kohte § 4 c InsO Rn. 37 und 38 hin.

11

Der Streitwert wird gem. § 4 InsO in Verbindung mit § 3 ZPO auf 139,64 EUR, entsprechend 10 % der bisher entstandenen Verfahrenskosten festgesetzt (so auch LG Dortmund Beschluss vom 10.05.2010, 9 T 168/10, vgl. auch KGR 2004, 309 und 446 sowie OLG Köln AGS 2003, 362).

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