Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - I-24 U 56/14
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 26.03.2014 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal - Einzelrichterin – wird einstimmig gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferin trägt der Kläger.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung iHvon 120% des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
G r ü n d e:
2I.
3Der Kläger ist Vertragsanwalt der Streithelferin, einer örtlichen Dependance der Wirtschaftsauskunftei und Inkassobürounternehmung „A“; die vertraglichen Beziehungen zwischen Kläger und Streithelferin sind im Rahmenvertrag vom 01.04.1987 geregelt (K1; nachfolgend: RV). Die Beklagte ist Mitglied der Streithelferin. Die Streithelferin bietet ihren Mitgliedern gegen Gebühr u.a. Forderungsmanagementdienste an, die sie bei ihren Vertragsanwälten in Auftrag gibt. Auch die Beklagte nahm in den Jahren 2001 bis 2010 Inkassodienste in Anspruch; über die Konditionen verhält sich das Schreiben der Streithelferin an die Beklagte vom 18.10.2004 (GA 27f). Durch Vermittlung der Streithelferin hatte der Kläger insoweit in 8.903 Verfahren für die Beklagte das Mahnverfahren einschließlich der Erstvollstreckung durchgeführt und hierfür das im Falle der Uneinbringlichkeit vereinbarte Pauschalhonorar iHvon je € 15,34 unmittelbar von der Beklagten erhalten.
4Der Kläger begehrt Auskunft darüber, ob die jeweiligen Forderungen auch nachfolgend uneinbringlich geblieben sind oder ob sie unter Zuhilfenahme anderer Vertragsanwälte in dem nachfolgenden sog. „Überwachungsverfahren“ der Streithelferin erfolgreich durchgesetzt werden konnten. Dann nämlich - so der Kläger - stünde ihm für seine Tätigkeit im vorangegangenen Mahnverfahren einschließlich der Erstvollstreckung der Differenzbetrag zwischen dem Pauschalhonorar und der gesetzlichen Vergütung zu, weil er nicht auf diese verzichtet, sondern sie nur gestundet habe.
5Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes des erstinstanzlichen Verfahrens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils GA 83R bis 84R Bezug genommen.
6Das Landgericht hat mit Urteil vom 26.03.2014 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Kläger könne seinen Auskunftsanspruch nicht aus Vertrag herleiten. Der ursprüngliche Auftrag für das Mahnverfahren sei spätestens nach der Erstvollstreckung beendet. Der Kläger wolle aber Ansprüche aus dem sogenannten anschließenden Überwachungsverfahren herleiten, dessen Durchführung allein in der Hand der Streithelferin liege. Etwaige eingetriebene Gelder seien nicht auf die entsprechenden Verfahren gebucht worden. Die Beklagte sei auch gar nicht in der Lage, die Auskünfte zu erteilen. Soweit der Kläger restliche Vergütungsansprüche aus dem Mahnverfahren herleiten wolle, sei nicht ersichtlich, dass im Verhältnis zur Beklagten eine Stundung vereinbart worden sei. Eine Stundung könne insoweit nur aus der Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Streithelferin ergeben, woraus jedoch kein unmittelbarer Anspruch gegen die Beklagte erwachse. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass der Kläger das Verfahren mehr als 10 Jahre widerspruchslos geduldet habe.
7Gegen dieses ihm am 28.03.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 03.04.2014 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 23.05.2014 eingegangenem Schriftsatz wie folgt begründet: Das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass er seinen Auskunftsanspruch aus dem sog. „Überwachungsverfahren“ herleiten wolle; richtigerweise erstreckten sich die Auskunftsansprüche auf das jeweilige „Mahnverfahren“ und damit auf vertragliche Beziehungen der Parteien. Das Landgericht habe verkannt, dass die Beklagte im Rahmen des jeweiligen „Mahnverfahrens“ das volle gesetzliche Honorar geschuldet habe, da die Parteien (Kläger und Beklagte) nichts anderes vereinbart hätten. Eine anderweitige Vereinbarung ergebe sich nur aus dem Vertrag zwischen dem Kläger und der Streithelferin: Soweit hier ein Pauschalhonorar für uneinbringliche Forderungen vereinbart worden sei, lautete diese nicht auf einen Erlass/Verzicht der das Pauschalhonorar übersteigenden restlichen gesetzlichen Vergütung, sondern nur auf eine Stundung der restlichen Differenzgebühren bis zum (unbestimmten) Zeitpunkt einer Eindringlichkeit der Forderung unabhängig davon, wie und wann diese eintreten werde. Insoweit sei der Rahmenvertrag ein Vertrag zugunsten Dritter, wobei das Recht des Dritten iSdes § 158 Abs. 2 BGB - hier der Beklagten auf Befreiung von der Zahlung der Differenzgebühren - auflösend bedingt sei dadurch, dass der Beklagten Gelder zufließen, die sich ganz oder teilweise auch auf die mittitulierte Restvergütung des Klägers erstreckt.
8Der gegen die Beklagte gerichtete Auskunftsanspruch entfalle nicht deshalb, weil er maßgeblich durch eine Pflichtverletzung der Streithelferin verursacht worden ist, namentlich, weil diese für das sog. Überwachungsverfahren nicht denselben Anwalt - also den Kläger - eingeschaltet habe; die Pflichtverletzung der Streithelferin müsse sich die Beklagte zurechnen lassen. Die Auskunftspflicht entfalle auch nicht deshalb, weil die Streithelferin die Auskünfte leichter erteilen könnte oder der Beklagten eine Auskunftserteilung unmöglich wäre.
9Des Weiteren habe das Landgericht pflichtwidrig unterlassen, den Sachverhalt auf bereicherungsrechtliche Ansprüche zu prüfen; die Beklagte sei auf Kosten des Klägers bereichert, soweit vereinnahmte Gelder die in den Mahnverfahren mittitulierten Differenzgebühren des Klägers umfasst haben sollten. Im Übrigen fehle jedwede rechtliche Befassung mit dem Einwand der Verjährung und Verwirkung.
10Der Kläger beantragt,
11unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger unter Beifügung entsprechender Abrechnungsschreiben der Streithelferin Auskunft darüber zu erteilen, unter welchem Datum und in welcher Höhe sie in den aus den der Klageschrift vom 16.09.2013 als Anlagen beigefügten Jahrgangslisten 2001 bis 2010 ersichtlichen 8.903 Beitreibungsvorgängen von der Streithelferin oder Dritten (z.B. Forderungsschuldner selbst) Gelder gezahlt erhalten hat.
12Die Beklagte beantragt,
13die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
14Sie verteidigt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und weist nochmals darauf hin, dass das sog. „Überwachungsverfahren“ einschließlich der Kosten allein in der Hand der Streithelferin gelegen habe; die Streithelferin habe insoweit keine Möglichkeit gehabt, die Beklagte in eine vertragliche Bindung mit dem Kläger zu bringen. Die Obliegenheit der Streithelferin, im Überwachungsverfahren denselben Rechtsanwalt wie im vorangegangenen Mahnverfahren zu beauftragen, ändere nichts an der abschließenden Vergütungsvereinbarung des Klägers für das Mahnverfahren gem. § 13 RV.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
16II.
17Die Berufung des Klägers gegen das am 26.03.2014 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal - Einzelrichterin - ist zulässig, hat jedoch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Der Rechtssache kommt auch keine grundsätzliche Bedeutung zu. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senats im Urteilsverfahren. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.
18Die Begründung ergibt sich im Wesentlichen aus dem Hinweisbeschluss des Senats vom 05.09.2014, in dem er Folgendes ausgeführt hat:
19„1.
20Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend vertragliche Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte verneint.
21Der Kläger macht - worauf die Berufung zu Recht hinweist - Resthonorar für das Mahnverfahren einschließlich (erfolgloser) Erstvollstreckung geltend und zwar in Höhe der Differenz zwischen dem unstreitig vereinnahmten Pauschalhonorar gem. Ziff. 8 RV und der gesetzlich vorgesehenen Anwaltsvergütung. Der Auftrag für das anwaltliche Tätigwerden in diesem Verfahrensabschnitt wurde gem. Ziff. 1 RV durch die Streithelferin für ihre Mitglieder vermittelt, so dass das Mandatsverhältnis jeweils zwischen dem Kläger und den Mitgliedern der Streithelferin, hier der Beklagten, zustande kam. Selbst wenn man davon ausgeht, dass das einzelne Mandat auf Grundlage der Bedingungen des Rahmenvertrages erteilt wurde, steht dem Kläger kein vertraglicher Anspruch auf die Differenz zwischen dem vereinnahmten Pauschalhonorar und den gesetzlichen Gebühren zu.
22Aus Ziff. 2 RV folgt, dass sich der in Ziff. 1 genannte Auftrag ausschließlich auf die Erwirkung eines Mahn- und Vollstreckungsbescheides und im Bedarfsfall auch auf die Ausbringung einer Lohnpfändung oder die Erteilung eines Vollstreckungsauftrags an den Gerichtsvollzieher bezog. Weitere Vollstreckungsmaßnahmen durften erst nach Abstimmung mit der Streithelferin durchgeführt werden. Für diesen in Ziff. 1 genannten Auftrag enthält der RV folgende Vergütungsregelungen:
23a.
24Führte er zum Erfolg, sollten dem Kläger die gesetzlichen Gebühren zustehen, Ziff. 7 RV. Erfolgreich in diesem Sinne ist unter verständiger Würdigung von Ziff. 2 RV anzunehmen, wenn der vorerwähnte Auftrag erfolgreich verlief, also Lohnpfändung oder Vollstreckung durch den Gerichtsvollzieher zur (Teil-) Erfüllung führten. In diesen Fällen führte der Kläger selbst die Verfahren und es ist davon auszugehen, dass er insoweit die gesetzlichen Gebühren auch erhalten hat. Gegenteiliges hat er jedenfalls nicht behauptet.
25b.
26Ungeachtet der Beitreibbarkeit sollte der Kläger die gesetzlich vorgesehenen Gebühren erhalten, wenn
27- das Mahnverfahren ins streitige Gerichtsverfahren übergeht, Ziff. 9 RV oder
28- das Mitglied rechtsschutzversichert ist; in diesem Falle sollte der Kläger direkt gegenüber der Rechtsschutzversicherung abrechnen, Ziff. 10 RV.
29Auch diese Verfahren führte der Kläger selbst, so dass ebenfalls davon auszugehen ist, dass er die gesetzlichen Gebühren erhalten hat.
30c.
31War eine Forderung nicht beitreibbar, sollte der Kläger gem. Ziff. 8 RV lediglich ein Pauschalhonorar erhalten. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass insoweit die überschießende gesetzliche Vergütung nur gestundet sein sollte; vielmehr ist das Landgericht hier zutreffend von einem Verzicht ausgegangen.
32Wenn ein Fall erfolglos verlief, war der Kläger verpflichtet, der Streithelferin den Schuldtitel zu übersenden, Ziff. 13 Satz 1 RV. Hiermit war seine Tätigkeit beendet und mit dem Pauschalhonorar abzurechnen. Dass er - falls die Streithelferin durch nachfolgende gerichtliche Maßnahmen die Forderung doch noch erfolgreich beitreiben sollte - für seine abgeschlossene vorangegangene Tätigkeit noch die Differenz zwischen dem bereits erhaltenen Pauschalhonorar und den gesetzlichen Gebühren erhalten sollte, ist weder aus den Regelungen des RV ersichtlich noch werden sonstige Tatsachen vorgetragen, aus dem sich eine entsprechende Vereinbarung ergeben könnte.
33Der RV enthält auch - entgegen der Auffassung des Klägers - in Bezug auf den Differenzbetrag keine Stundungsabrede mit einer entsprechenden auflösenden Bedingung. Eine solche Regelung kann nicht daraus abgeleitet werden, dass die Streithelferin gem. Ziff. 13 Satz 2 RV verpflichtet gewesen wäre, für gerichtliche Maßnahmen im Überwachungsverfahren denselben Rechtsanwalt - hier den Kläger - zu beauftragen. Der RV definiert insoweit lediglich eine vertragliche Pflicht der Streithelferin gegenüber dem Kläger, ggfls. ihn für das nachfolgende Überwachungsverfahren wieder zu beauftragen. Hieraus erwachsen aber für das jeweilige Mitglied, hier die Beklagte, keine eigenständigen Pflichten und insbesondere keine Pflicht, das bereits an den Kläger gezahlte Pauschalhonorar für den abgeschlossenen Erstauftrag nachträglich „aufzufüllen“ bzw. den Differenzbetrag zur gesetzlichen Vergütung zu einem späteren Fälligkeitszeitpunkt bzw. Bedingungseintritt zu zahlen. Das Überwachungsverfahren lag allein in der Hand der Streithelferin; ihr stand es nach dem Inhalt der Vereinbarungen mit der Beklagten (vgl. Schreiben v. 18.10.2004, GA 27f) frei, für sich und auf eigenes Kostenrisiko die Zwangsvollstreckung wieder aufzunehmen.
342.
35Selbst wenn die Streithelferin die Nebenpflicht in Einzelfällen verletzt haben sollte, folgten hieraus keine Ansprüche gegenüber der Beklagten. Folge der Pflichtverletzung wäre, dass dem Kläger Gebühren für einen erneuten Auftrag im Überwachungsverfahren entgangen wären. Die Gebühren, die er im Falle der Beauftragung für die weiteren gerichtlichen Maßnahmen gem. Ziff. 13 Satz 2 RV erhalten hätte, und die ihm durch die Beauftragung eines anderen Rechtsanwalts entgangen sind, sind jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Klage. Ein Anspruch auf die Differenz zwischen den gesetzlichen Gebühren und dem Pauschalhonorar für die Tätigkeit im Zuge des Auftrags gem. Ziff. 1 RV kann aus einer Pflichtverletzung nicht hergeleitet werden.
363.
37Entgegen der Auffassung des Klägers folgen die mit der Klage verfolgten Ansprüche auch nicht aus Bereicherungsrecht. Selbst wenn die Streithelferin im Einzelfall pflichtwidrig einen anderen Rechtsanwalt mit der Tätigkeit im Überwachungsverfahren beauftragt hat, wäre die Beklagte nur dann auf Kosten des Klägers bereichert, wenn die Streithelferin für den Auftrag iSder Ziff. 1 RV (Mahnverfahren nebst Erstvollstreckung) die gesetzlichen Gebühren eingetrieben und diese - unter Abzug des gezahlten Pauschalhonorars - an die Beklagte weitergeleitet oder dieser im Zuge der Abrechnung gutgebracht hätte. Hierfür bestand jedoch keinerlei Anlass, weil aus Sicht der Streithelferin die Tätigkeit des Klägers im Mahnverfahren einschließlich Erstvollstreckung mit dem Pauschalhonorar abgegolten war. Überdies war die Streithelferin gegenüber der Beklagten nur zur Auskehrung des Erlöses aus der Zwangsvollstreckung - also nach Abzug aller Kosten - iHvon 50% verpflichtet (vgl. Vereinbarung gem. Schreiben v. 18.10.2004, GA 27f), so dass auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Beklagten hier Beträge aus einer angeblich dem Kläger zustehenden Vergütung zugeflossen sind.
384.
39Aus einem etwaigen Verstoß gegen das Verbot der Gebührenunterschreitung gemäß § 49b Abs. 1 BRAO kann der Kläger in Bezug auf die hier fraglichen Mandate keine weiteren Gebührenforderungen herleiten. Es kann daher letztlich offenbleiben, ob die Vereinbarung des unter den gesetzlichen Gebühren liegenden Pauschalhonorars gem. Ziff. 8 RV gegen anwaltliches Berufsrecht verstößt.
40a.
41Einem Rechtsanwalt ist es zwar gestattet, nach § 49b Abs. 1 BRAO iVmit § 3 Abs. 5 Satz 1 BRAGO, jetzt: § 4 Abs. 2 Satz 1 RVG, gestattet, für die außergerichtliche Inkassotätigkeit eine Pauschalvergütung zu vereinbaren, die niedriger ist als die gesetzlichen Gebühren. Allerdings gilt dies nicht, soweit sich die Pauschalvergütung - wie hier - auch auf die Durchführung des gerichtlichen Mahnverfahrens und des Zwangsvollstreckungsverfahrens erstreckt. Dies war und ist nach § 49b Abs. 1 BRAO nicht zulässig. Denn § 3 Abs. 5 Satz 2 BRAGO, jetzt: § 4 Abs. 2 Satz 2 RVG, erlaubt für das gerichtliche Mahnverfahren und das Zwangsvollstreckungsverfahren nicht die Unterschreitung der gesetzlichen Gebühren, sondern sieht lediglich die Möglichkeit vor, dass ein Teil des Erstattungsanspruchs des Auftraggebers an den Rechtsanwalt an Erfüllungs Statt abgetreten wird (BGH v. 09.06.2008 – AnwSt (R) 5/05, juris, Rn. 19).
42Im Übrigen muss gemäß § 3 Abs. 5 Satz 3 BRAGO, jetzt: § 4 Abs. 2 Satz 3 RVG, die Vergütung in angemessenem Verhältnis zu Leistung, Verantwortung und Haftungsrisiko des Anwalts stehen. Selbst dann, wenn der von dem Rechtsanwalt angebotene Forderungseinzug, solange er die Durchführung gerichtlicher Verfahren nicht einschließt, in hohem Maße ein Routinegeschäft darstellt und mit Hilfe EDV-technischer Unterstützung weitgehend standardisiert und mit vergleichbarem und vorhersehbaren Aufwand abgewickelt werden kann, wird eine Vergütung in Höhe von € 35,00 dem nicht in allen Fällen gerecht (BGH v. 09.06.2008 – AnwSt (R) 5/05, juris, Rn. 20f).
43b.
44Die Unwirksamkeit einer Gebührenabrede führt allerdings nicht notwendig zur Nichtigkeit des Anwaltsvertrages, zu dem sie gehört. Sollen gesetzliche Vorschriften - wie hier das anwaltliche Gebühren- und Standesrecht - einen Beteiligten vor Benachteiligungen schützen, beschränkt sich die Nichtigkeit entsprechend dem Schutzzweck des Gesetzes auf die unzulässige Abrede; § 139 BGB ist insoweit nicht anwendbar
45(BGH v. 19.06.1980, III ZR 91/79, juris, Rn. 34).
46c.
47Allerdings setzte der Kläger sich mit der Forderung nach der gesetzlichen Vergütung in Widerspruch zu seinem früheren Verhalten, so dass ihm eine Nachforderung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gem. § 242 BGB verwehrt ist. Bei Annahme der auf Grundlage des Rahmenvertrages erteilten Mandate hat er sich - wonach nach den vorstehenden Ausführungen auszugehen ist - mit dem Pauschalhonorar einverstanden erklärt. Er hat mithin seinerzeit unter Verstoß gegen das anwaltliche Gebührenrecht auf ihm zustehende anwaltliche Gebühren verzichtet. Es ist treuwidrig, wenn er nunmehr unter Berufung auf eben diesen Verstoß nachträglich anwaltliche Gebühren geltend machen will (vgl. BGH v. 19.06.1980, III ZR 91/79, juris, Rn. 35f).“
48Das Vorbringen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 25.09.2014 gibt keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung.
49Die Annahme eines Teilverzichts beruht darauf, dass der Kläger bei Erfolglosigkeit des Erststadiums“ Mahnverfahren“ nur ein Pauschalhonorar erhalten sollte. Dies ist aus Sicht des Erklärungsempfängers nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte nicht anders zu verstehen als im Sinne eines Teilverzichts. Der besondere Grund auf Seiten des Klägers ergibt sich daraus, dass er im Gegenzug durch die Streithelferin mit einer Vielzahl von Verfahren beauftragt wurde, wenn dies auch in der Erwartung geschehen sein mag, dass er – wenn die Streithelferin sich für ein weiteres Vorgehen entschied - auch im anschließenden Überwachungsverfahren nochmals beauftragt werden würde.
50Aus dem vom Kläger behaupteten Verfahren in Einzelfällen, in denen ein im Erststadium erfolglos ausgebrachter Pfändungszugriff im Nachhinein zum Erfolg führte, kann für die hier streitigen Fälle nichts hergeleitet werden. Der Kläger erstrebt die Differenzvergütung für Fälle, in denen der Erfolg erst aufgrund einer Maßnahme im Überwachungsverfahren eingetreten ist, mit dem er unstreitig nicht beauftragt war. Daher ist also entgegen der Ansicht des Klägers sehr wohl zu differenzieren, aufgrund welcher Maßnahme, d.h. in welchem Verfahrensabschnitt der Erfolgsfall eingetreten ist.
51Die Streithelferin war in ihrer Entscheidung, ob sie das Überwachungsverfahren weiter betrieb und einen Rechtsanwalt beauftragte, frei. Wenn sie dies tat - also „gegebenenfalls“ - war sie verpflichtet, den Kläger zu beauftragen. Aus der Verletzung dieser Pflicht durch die Streithelferin entstehen keine Ansprüche gegen deren Mitglieder. Entgegen der Auffassung des Klägers gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Streithelferin und die Beklagte die vereinnahmten Gelder und damit auch die darin enthaltenen, über das Pauschalhonorar hinausgehenden Gebühren des Klägers hälftig geteilt haben. Die Streithelferin war gegenüber der Beklagten nur zur Auskehrung des Zwangsvollstreckungserlöses abzüglich Kosten i.H.v. 50 % verpflichtet und die Beklagte ging davon aus, dass an den Kläger für das „Mahnverfahren“ lediglich ein Pauschalhonorar zu zahlen war.
52Die Annahme des teilweisen Gebührenverzichts steht auch nicht im Widerspruch zu Ziff. 10 RV. Für diesen Fall sollten dem Kläger die gesetzlich vorgesehenen Gebühren zustehen, der Teilverzicht also gerade nicht gelten.
53Der Senat hat auch im Rahmen der Prüfung von gegen die Beklagte gerichteten Bereicherungsansprüchen keinen Vortrag des Klägers übergangen. Der Kläger hatte zwar vorgetragen, dass die Streithelferin – wenn sie im Überwachungsverfahren eine erneute Vollstreckung unternahm – auch die hier streitigen Differenzgebühren vollstreckt und im Erfolgsfall vereinnahmt habe. Allerdings fehlt es – wie dargelegt – hier an Anhaltspunkten dafür, dass sie diese an ihre Mitglieder - hier die Beklagte - weitergeleitet hat. Im Übrigen ist diese Behauptung von der Beklagten sehr wohl bestritten (GA 25), von dem Kläger aber nicht unter Beweis gestellt worden.
54III.
55Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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