Beschluss vom Oberlandesgericht Hamm - 2 UF 88/21
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragstellerinnen zu 1 und 2 wird der am 01.04.2021 erlassene Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Marl, unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen, zu Ziffer 1. seines Tenors abgeändert und wie folgt neu gefasst:
a) Der Antragsgegner wird verpflichtet, für die Antragstellerin zu 1) Kindesunterhalt wie folgt zu zahlen:
Rückständigen Unterhalt in Höhe von 3.399 € für die Zeit vom 01.02.2019 bis zum 30.06.2022 an das Land Nordrhein-Westfalen, vertr. durch die Unterhaltsvorschusskasse der Stadt A, sowie
laufenden Unterhalt an die Antragstellerin zu 1) in Höhe von 159 € monatlich ab Juli 2022.
b) Der Antragsgegner wird verpflichtet, für die Antragstellerin zu 2) Kindesunterhalt wie folgt zu zahlen:
Rückständigen Unterhalt in Höhe von 3.279 € für die Zeit vom 01.02.2019 bis zum 30.06.2022 an das Land Nordrhein-Westfalen, vertr. durch die Unterhaltsvorschusskasse der Stadt A, sowie
laufenden Unterhalt an die Antragstellerin zu 2) in Höhe von 128 € monatlich ab Juli 2022.
2. Soweit die Antragstellerinnen zu 1) und 2) die Beschwerde hinsichtlich des Monats Januar 2019 zurückgenommen haben, werden sie des Rechtsmittels für verlustig erklärt.
3. Hinsichtlich der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens bleibt es bei der amtsgerichtlichen Entscheidung. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Antragsgegner zu 1/5 und die Antragstellerinnen zu 1) und 2) zu 4/5 als Gesamtschuldnerinnen.
4. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 7.138 € festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Die am 00.00.2010 geborene Antragstellerin zu 1) und die am 00.00.2012 geborene Antragstellerin zu 2) nehmen den Antragsgegner auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch.
4Die Antragstellerinnen sind als leibliche Kinder aus der im Jahr 2017 geschiedenen Ehe des Antragsgegners mit ihrer gesetzlichen Vertreterin hervorgegangen. Sie leben im Haushalt ihrer Mutter, die neben dem Kindergeld Leistungen der Unterhaltsvorschusskasse der Stadt A bezieht, welche sich im Jahr 2019 jeweils auf monatlich 202 €, im Jahr 2020 auf monatlich 220 €, im Jahr 2021 auf monatlich 223 € und von Januar bis April 2022 auf jeweils 236 € beliefen; seit Mai 2022 beträgt die UVG-Leistung für die Antragstellerin zu 1) 314 € und für die Antragstellerin zu 2) weiterhin 236 €.
5Weiteres eheliches Kind ist der Sohn B, geboren am 00.00.2007, der im Haushalt des Antragsgegners lebt und für den die Mutter, die keiner Erwerbstätigkeit nachgeht und ein weiteres, 5-jähriges Kind aus einer anderen Beziehung betreut, keinen Unterhalt zahlt. Der Antragsgegner bezieht für B neben dem Kindergeld Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, die sich von Februar bis Juni 2019 auf 418,62 € monatlich und ab Juli 2019 auf 408,62 € monatlich beliefen und die im Jahr 2020 der Höhe nach weitgehend unverändert fortgezahlt wurden. Seit 2021 beträgt die Zahlung monatlich 478,27 €.
6Der am 00.00.1965 geborene Antragsgegner stammt aus C und lebt seit 1987 in Deutschland. Er hat eine Ausbildung zum Landwirtschaftstechniker, Schwerpunkt (..), in C absolviert, diesen Beruf in Deutschland aber nie ausgeübt. Nach seiner Einreise war er zunächst als Produktionsmitarbeiter tätig und hat etwa ab 1991 eine Schulung zum Autolackierer absolviert. Anschließend war er als Selbständiger mit einer Immobilienfirma, einer Transportfirma, im Bereich der Qualitätskontrolle für die Auto- und High-Tech-Industrie und im Börsenhandel erwerbstätig, wobei er seinen Angaben zufolge zeitweise bis zu 5.000 € monatlich verdient hat. Seine Erwerbstätigkeit hat er spätestens 2012 aufgegeben. Bereits während der Ehe bezogen die Beteiligten Leistungen des Jobcenters.
7Der Antragsgegner leidet seit Ende der 1990-iger Jahre an einer degenerativen Veränderung der unteren Lendenwirbelsäule. Von August 2018 bis Februar 2019 war er wegen eines Darmtumors in Behandlung.
8Erstinstanzlich haben die Antragstellerinnen mit dem am 29.01.2019 rechtshängig gewordenen Antrag zunächst die Erteilung von Auskünften über das Einkommen und Vermögen und zuletzt die Zahlung von Unterhalt in Höhe von jeweils 100 % des Mindestunterhalts der Düsseldorfer Tabelle, abzgl. des hälftigen Kindergeldes, ab Februar 2019 begehrt, wobei Rückstände in Höhe der bezogenen UVG-Leistungen für die Jahre 2019 und 2020 jeweils an das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch die Unterhaltsvorschusskasse der Stadt A, zu zahlen sind. Der Antragsgegner hat die Zurückweisung der Anträge beantragt und behauptet, aufgrund des Schadens an der Wirbelsäule, der Tumorerkrankung, der Folgen der Chemotherapie mit Schäden an den Nerven an Händen und Füßen sowie der derzeitigen Arbeitsmarktsituation zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht in der Lage zu sein.
9Das Amtsgericht hat den Antragsgegner zur Zahlung eines Unterhalts in Höhe von monatlich 17 € je Kind für die Zeit vom 01.01.2019 bis zum 31.12.2019, zu zahlen an die Unterhaltsvorschusskasse der Stadt A, verpflichtet, wobei es für den Monat Januar 2019 über den erstinstanzlich gestellten Antrag hinausgegangen ist. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dem Antragsgegner – angesichts der jahrelangen Lücke in seiner Erwerbsbiographie – ein fiktives Bruttoeinkommen auf der Grundlage von 173,99 Std. zum Mindestlohn von 9,19 €/Std. zuzurechnen sei. An die selbständige Tätigkeit, die er Jahre vor der Trennung aufgegeben habe, könne er nicht anknüpfen; aus dem „Börsenhandel“ seien ausweislich von Unterlagen, die in weiteren familiengerichtlichen Verfahren vorgelegt worden seien, keine nennenswerten Einkünfte erzielt worden. Nach Abzug von 5 % berufsbedingter Aufwendungen verbleibe ein fiktives Nettoeinkommen in Höhe von 1.135,25 €. Einkünfte aus einer Nebentätigkeit seien dem Antragsgegner nicht hinzuzurechnen, da ihm eine solche im Hinblick auf sein Alter und seine Erkrankung nicht zumutbar sei. Nach Abzug des Selbstbehalts von 1.080 € im Jahr 2019 stünden dem Antragsgegner 55,25 € zur Verfügung, die unter Berücksichtigung des Bedarfs für B (379 €), Antragstellerin zu 1) und Antragstellerin zu 2) (je 309 €) zu verteilen seien, wobei auf die Antragstellerinnen je 17 € entfielen. Aufgrund der Erhöhung des Selbstbehalts ab dem 01.01.2020 auf 1.160 € sei der Antragsgegner mangels Leistungsfähigkeit nicht mehr zur Zahlung von Kindesunterhalt verpflichtet.
10Hiergegen wenden sich die Antragstellerinnen mit der fristgerecht eingelegten Beschwerde, mit der sie beanstanden, dass das Familiengericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass der Antragsgegner bei Erfüllung der unterhaltsrechtlichen Obliegenheit, die ihm zumutbaren Einkünfte zu erzielen und seine Arbeitsfähigkeit so gut wie möglich einzusetzen, nur Einkünfte nach Maßgabe des gesetzlichen Mindestlohns erzielen könne. Ihm sei – obwohl er bereits seit mehreren Jahren öffentliche Leistungen in Anspruch nehme – die Aufnahme einer seiner beruflichen Qualifikation entsprechenden vollschichtigen Tätigkeit zumutbar, wobei er objektiv nicht auf unqualifizierte und lediglich mit einem Mindestlohn honorierte Tätigkeiten beschränkt sei. Als Fahrer eines Kleintransporters – eine Tätigkeit, die er selbst als zumutbar erachte, ohne indes Erwerbsbemühungen darzulegen – könne er durchschnittlich einen Bruttostundenlohn von 15-17 € erzielen und hätte bei einem Nettolohn von 1.800 € nach Abzug des Selbstbehalts von 1.160 € unterhaltsrechtlich eine Verteilungsmasse von 640 € zur Verfügung.
11Die Antragstellerinnen zu 1) und 2) haben zunächst beantragt,
12unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Beschlusses den Antragsgegner zu verpflichten, beginnend ab 01.01.2019 an sie als Teilbetrag jeweils einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 100 € zu zahlen mit der Maßgabe, dass Rückstände an die Unterhaltsvorschusskasse der Stadt A zu erbringen sind und sich ausdrücklich eine Beschwerdeerweiterung nach Maßgabe ihrer erstinstanzlich gestellten Anträge vorbehalten.
13Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben sie ihre Beschwerde – nach Hinweis des Senats – in Bezug auf den Monat Januar 2019 zurückgenommen und klargestellt, dass rückständiger Unterhalt erst ab dem Monat Februar 2019 begehrt werde. Im Übrigen haben sie ihre Beschwerde erweitert.
14Sie beantragen nunmehr,
15den Antragsgegner unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses zu verpflichten, Kindesunterhalt beginnend ab Februar 2019 in Höhe von jeweils 100 % des Mindestunterhalts der Düsseldorfer Tabelle, abzgl. des hälftigen Kindergeldes zu zahlen, mit der Maßgabe, dass die Rückstände insgesamt an die Unterhaltsvorschusskasse der Stadt A und der laufende Unterhalt an die Antragstellerinnen zu leisten ist.
16Der Antragsgegner beantragt,
17die Beschwerde zurückzuweisen.
18Er behauptet, aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen sei er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr, jedenfalls nicht über den Mindestlohn-Sektor hinaus, einsetzbar. Erwerbsbemühungen könne er nicht vorweisen, solche wären – gerade wegen der Pandemie – sowieso fruchtlos gewesen.
19Der Senat hat Beweis erhoben über die Frage der krankheitsbedingten Einschränkung der Erwerbsfähigkeit des Antragsgegners durch Einholung eines arbeitsmedizinischen Gutachtens. Hinsichtlich des Ergebnisses wird auf das schriftliche Gutachten des D vom 08.03.2022, wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
20II.
21Die Rücknahme der Beschwerde zum Kindesunterhalt für den Monat Januar 2019, die zugleich einen Verzicht auf den zu Unrecht titulierten Unterhalt für diesen Monat enthält, führt zum teilweisen Verlust des Rechtsmittels der Antragstellerinnen zu 1) und 2) (vgl. §§ 117 Abs. 2 S. 1 FamFG, 516 Abs. 3 ZPO) und hat zur Folge, dass der Senat nur über die Beschwerde betreffend ihren Unterhalt ab Februar 2019 zu entscheiden hat.
22Insoweit hat die zulässige Beschwerde teilweise Erfolg. Der Antragstellerin zu 1) steht gegen den Antragsgegner ein Anspruch auf Zahlung von laufendem Kindesunterhalt ab Juli 2022 in Höhe von monatlich 159 €, der Antragstellerin zu 2) ein solcher in Höhe von monatlich 128 € zu. Für die Zeit von Februar 2019 bis Juni 2022 sind rückständige Beträge in tenorierter Höhe an das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch die Unterhaltsvorschusskasse der Stadt A, zu zahlen.
231.
24Der Anspruch der Antragstellerinnen folgt aus den §§ 1601 ff, 1610, 1612a BGB. Für die Zeit ab Rechtshängigkeit – mithin ab Februar 2019 – sind sie gemäß den §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 265 Abs. 2 S. 1 ZPO berechtigt, das Verfahren als Verfahrensstandschafterinnen zu führen, wobei sie zutreffend hinsichtlich der gemäß § 7 UVG bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung auf das Land Nordrhein-Westfalen übergegangenen Ansprüche die Zahlung an die Unterhaltsvorschusskasse der Stadt A fordern (vgl. Klinkhammer in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl. 2019, § 8 Rn. 108, 109; Schneider in Rahm/Künkel, Handbuch Familien- und Familienverfahrensrecht, 82. Lieferung 09.2021, F. Unterhaltsverfahrensrecht, Rn. 357).
252.
26Da die minderjährigen Antragstellerinnen nur den Mindestunterhalt nach § 1612a Abs. 1 BGB verlangen, müssen sie ihren Bedarf nicht weiter darlegen. Vielmehr hat der barunterhaltspflichtige Elternteil darzulegen und zu beweisen, dass er trotz der gebotenen Anstrengungen nicht in der Lage ist, Unterhalt in dieser Höhe zu zahlen (Klinkhammer in Wendl/Dose, a. a. O., § 2 Rn. 379 mit Verweis auf BGH, Urteil vom 06.02.2002 – XII ZR 20/00 – FamRZ 2002, 536).
273.
28Soweit sich der Antragsgegner – als barunterhaltspflichtiger Elternteil – auf eine Leistungsunfähigkeit gemäß § 1603 Abs. 1 BGB beruft, lag eine solche zur Überzeugung des Senats bis Juni 2019 vor. Seit Juli 2019 ist der Antragsgegner in der Lage und verpflichtet, den Unterhalt der Antragstellerinnen zu 1) und 2) teilweise sicherzustellen.
29a) Nach § 1603 Abs. 1 BGB sind Eltern nicht unterhaltspflichtig, wenn sie bei Berücksichtigung ihrer sonstigen Verpflichtungen außerstande sind, den Unterhalt ohne Gefährdung ihres eigenen angemessenen Unterhalts zu gewähren. Gegenüber minderjährigen Kindern besteht eine verschärfte Unterhaltspflicht (§ 1603 Abs. 2 S. 1 BGB). Leistungsunfähigkeit liegt nicht bereits vor, wenn der Unterhaltspflichtige keine ausreichenden Einkünfte erzielt, sondern nur, wenn er nicht in der Lage ist, die zur Bestreitung des Unterhalts notwendigen Mittel zu erwirtschaften. Verfügt er über keine Einkünfte, trifft ihn unterhaltsrechtlich die Obliegenheit, die ihm zumutbaren Einkünfte zu erzielen, insbesondere seine Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen und eine einträgliche Erwerbstätigkeit auszuüben. Insbesondere legt ihm die gesteigerte Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern eine erhöhte Arbeitspflicht unter gesteigerter Ausnutzung seiner Arbeitskraft auf. Kommt er dieser Erwerbsobliegenheit nicht nach, muss er sich so behandeln lassen, als ob er ein Einkommen, das er bei gutem Willen erzielen könnte, auch tatsächlich erzielt hätte (Klinkhammer in Wendl/Dose, a. a. O., § 2 Rn. 9, 243, 244).
30Trotz der nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern muss die Anrechnung fiktiver Einkünfte aber stets die Grenze des Zumutbaren beachten. Voraussetzung einer Zurechnung fiktiver Einkünfte ist, dass der Unterhaltspflichtige die ihm zumutbaren Anstrengungen, eine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden, nicht oder nicht ausreichend unternommen hat und dass bei genügenden Bemühungen eine reale Beschäftigungschance bestanden hätte (BGH, Urteil vom 03.12.2008 – XII ZR 182/06 – juris, Rn. 21; BGH, Urteil vom 20.02.2008 – XII ZR 101/05 – juris Rn. 21), was von den persönlichen Voraussetzungen des Unterhaltspflichtigen wie beispielsweise Alter, beruflicher Qualifikation, Erwerbsbiografie und Gesundheitszustand sowie dem Vorhandensein entsprechender Arbeitsstellen abhängt (BVerfG, Beschluss vom 11.03.2010 – 1 BvR 3031/08 – FamRZ 2010, 793, 794).
31b) Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen, denen der Senat folgt, bestehen Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit des Antragsgegners lediglich aufgrund einer Minderbelastbarkeit bei degenerativen Veränderungen der unteren Lendenwirbelsäule. Die im Jahr 2018 diagnostizierte Tumorerkrankung mit ambulanter Chemotherapie bis Februar 2019 führte etwa ab Juni 2019 nicht mehr zu einer wesentlichen Einschränkung der Arbeitsfähigkeit des Antragsgegners. Danach ist der Antragsgegner spätestens seit Juni 2019 der Lage, leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten ohne Zwangshaltungen mit der Möglichkeit des zwischenzeitlichen Lagewechsels vollschichtig auszuüben, wobei dauerndes Stehen und Gehen durch sitzende Körperhaltung unterbrochen und schweres Heben und Tragen vermieden werden sollte.
32c) Zur Überzeugung des Senats war der Antragsgegner bereits vor der vollständigen Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit verpflichtet, sich um eine Arbeitsstelle zu bemühen. Er hatte Kenntnis von seiner Unterhaltsverpflichtung und war im November 2018 zur Auskunftserteilung aufgefordert worden, weshalb seine Obliegenheit, sich zur Erfüllung seiner gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber den minderjährigen Antragstellerinnen um eine Erwerbstätigkeit zu bemühen, spätestens seit April 2019 bestand (vgl. Viefhues in jurisPK-BGB, 9. Aufl. 2020, § 1603 Rn. 559). Hinreichende Erwerbsbemühungen hat er weder substantiiert vorgetragen noch belegt. Für die Zurechnung eines fiktiven Einkommens billigt der Senat dem Antragsgegner unter Berücksichtigung seines Alters, der Minderbelastbarkeit und der Schwere der überstandenen Erkrankung eine Übergangsfrist als Orientierungs- und Bewerbungsfrist zu (vgl. dazu Viefhues, a. a. O., Rn. 725, 726) und geht davon aus, dass es ihm bei genügenden Anstrengungen ab Juli 2019 möglich gewesen wäre, eine Arbeitsstelle zu finden. Zu dieser Zeit lagen pandemiebedingte Einschränkungen des Arbeitsmarkts nicht vor.
33d) Zum Umfang der Erwerbsobliegenheit folgt der Senat der Auffassung des Familiengerichts, das eine Vollzeitstelle mit 173,9 Std. monatlich angesetzt und eine Nebentätigkeit für nicht zumutbar gehalten hat. In die insoweit anzustellende Zumutbarkeitsprüfung waren – neben dem Alter und der körperlichen Konstitution des Antragsgegners – auch die Interessen des von ihm betreuten Kindes B einzustellen (vgl. Hammermann in Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 1603 Rn. 163-165 mit Verweis auf BGH, Urteil vom 11.01.1984 – IVb ZR 10/82 – juris Rn. 26). Die Wertung des Familiengerichts haben die Beteiligten im Übrigen nicht angegriffen.
34e) Da der Antragsgegner sowohl eine Ausbildung im landwirtschaftlichen Bereich als auch eine Umschulung als Autolackierer absolviert und jahrelang in verschiedenen Branchen in Vollzeit gearbeitet hat, hält es der Senat für realistisch, dass er nach einem beruflichen Einstieg im Juli 2019 zum damaligen Mindestlohn von 9,19 €/Std. in der Lage gewesen wäre, sein Einkommen auf brutto 10 €/Std. ab Januar 2020, 11 €/Std. ab Januar 2021 bis zu 12,99 €/Std. ab Januar 2022 zu steigern, wobei letzteres dem Tariflohn eines ungelernten gewerblichen Arbeitnehmers in der untersten Lohngruppe nach dem Tarifvertrag der Speditions-, Logistik- und Transportwirtschaft entspricht. Der heute 57 Jahre alte Antragsgegner hat aufgrund seiner vorangegangenen – vorwiegend selbstständigen – Tätigkeiten berufliche Erfahrungen im Logistikbereich. Er hat eine Immobilien- und eine Transportfirma betrieben und längere Zeit selbstständig in der Qualitätskontrolle für die Autoindustrie gearbeitet. Unter Berücksichtigung seiner gesundheitlichen Einschränkungen ist ihm nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen D, denen der Senat folgt, auch eine Tätigkeit im Transport (z.B. als Fahrer) zuzumuten, soweit die Tätigkeit mit der Auslieferung von Kleinteilen verbunden ist und das Heben und Tragen schwerer Lasten vermieden werden kann. Einen darüber hinausgehenden Stundenlohn hält der Senat dagegen nicht für erzielbar. Insbesondere scheint die Aufnahme einer Vollzeiterwerbstätigkeit des Antragsgegners im Kfz-Gewerbe, zum Beispiel als Autolackierer, nicht realistisch, weil die diesbezügliche Schulung bereits rund 30 Jahre zurückliegt und der Antragsgegner danach nicht in dem Beruf gearbeitet hat.
354.
36Das ermittelte unterhaltsrechtliche Einkommen ist für die Zeit bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung quotenmäßig auf den Bedarf der Antragstellerinnen zu 1) und 2) zu verteilen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner grundsätzlich auch für den Barunterhalt des bei ihm lebenden gemeinsamen Sohnes B aufzukommen hat, da die unterhaltspflichtige Mutter des Kindes zur Leistung des Barunterhalts nicht in der Lage ist (vgl. Hammermann in Erman, a. a. O., § 1606 Rn. 16a, 17, § 1607 Rn. 3 m. w. N.). Dies führt – entgegen der Auffassung des Familiengerichts – jedoch nicht dazu, dass sein Bedarf nach der 3. Altersstufe mit einem Zahlbetrag von – zunächst – 379 € bis zuletzt 423,50 € bei der Quotenbildung für den Kindesunterhalt uneingeschränkt zu berücksichtigen ist. Denn vorliegend besteht die Besonderheit, dass B Leistungen nach dem SGB II bezogen hat, die seinen Bedarf nach der 1. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle durchgehend überstiegen haben.
37Zwar handelt es sich bei den Leistungen nach dem SGB II um nachrangige sozialstaatliche Zuwendungen ohne Einkommensersatzfunktion, die lediglich der vorübergehenden Unterhaltssicherung dienen und daher nicht bedarfsdeckend auf den Unterhalt anzurechnen sind (vgl. Dose in Wendl/Dose, a. a. O., § 1 Rn. 664). Der allgemeine Grundsatz, dass Leistungen nach dem SGB II nachrangig erbracht werden, gilt im Ausgangspunkt auch in den Fällen, in denen ausnahmsweise der nach § 33 SGB II vorgesehene Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Träger der Leistungen ausgeschlossen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 18.03.2020 – XII ZB 213/19 – juris Rn. 18).
38Gleichwohl kann im Einzelfall gemäß § 242 BGB eine Anrechnung subsidiärer Sozialleistungen auf den Unterhaltsanspruch geboten sein, wenn ein Unterhaltsberechtigter in einem vergangenen Unterhaltszeitraum nicht rückzahlbare Sozialleistungen vereinnahmt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 18.03.2020 – XII ZB 213/19 –, a. a. O., Rn. 20; BGH, Beschluss vom 08.07.2015 – XII ZB 56/14 – juris Rn. 45). So liegen die Dinge hier. Der Antragsgegner hat für den bei ihm lebenden Sohn B Leistungen nach dem SGB II erhalten, die – jedenfalls für die Vergangenheit – nicht zurückgezahlt werden müssen, weil die Möglichkeit der Erzielung fiktiver Einkünfte durch die unterhaltsverpflichteten Eltern keinen Einfluss auf die Höhe der zu gewährenden Sozialhilfeleistungen hat und auch nicht zu einem Anspruchsübergang auf den Sozialhilfeträger gem. § 33 Abs. 2 SGB II führt (vgl. BGH, Beschluss v. 23.10.2013 – XII ZB 570/12 – juris, Rn. 23; Söhngen in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 33 Rn. 73 m. w. N.). Gegenüber dem Antragsgegner ist ein Rückgriff auch deshalb ausgeschlossen, weil er mit dem unterhaltsberechtigten Sohn B in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, § 33 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB II. Würden die für B bereits geflossenen Leistungen nach dem SGB II daher bei der Quotenbildung im Rahmen der Mangelverteilung unberücksichtigt bleiben, würde dies zu einer nicht gerechtfertigten Entlastung des Antragsgegners führen, da er infolge der für seinen Sohn bezogenen, nicht zurückzahlbaren Sozialleistungen tatsächlich nicht für dessen Barunterhalt aufzukommen hatte. Die damit einhergehende Reduzierung des Unterhalts der Antragstellerin würde sich als evident treuwidrig darstellen. Das rechtfertigt es, dass sich der Antragsgegner – jedenfalls für die Vergangenheit – gegenüber den Antragstellerinnen nicht auf seine Ausfallhaftung für den Barunterhalt des bei ihm lebenden Sohnes B berufen kann (vgl. Knittel, FamRZ 2020, 1891, 1894; Klinkhammer in Wendl/Dose, a. a. O., § 8 Rn. 128). Für die Zukunft – ab Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat – ist dagegen die Haftung des Antragsgegners für den ausgefallenen Barunterhalt des bei ihm lebenden Sohnes zu berücksichtigen, weil die Zurechnung fiktiver Einkünfte zulasten des Antragsgegners die Obliegenheit zur Ausübung einer tatsächlichen vollschichtigen Erwerbstätigkeit beinhaltet, die im Falle ihrer – weiterhin möglichen – Erfüllung zum Wegfall der Sozialleistungen zugunsten einer vom Antragsgegner vorzunehmenden Bedarfsdeckung für B führen würde.
395.
40Der Höhe nach bemisst sich der Anspruch der Antragstellerinnen zu 1) und 2) für den zurückliegenden Zeitraum von Februar 2019 bis Juni 2022 nach Zeitabschnitten gestaffelt wie folgt:
41a) Februar bis Juni 2019
42Es verbleibt bei dem vom Familiengericht titulierten Unterhalt in Höhe von monatlich 17 € je Antragstellerin. Eine Erhöhung kommt aufgrund fehlender Arbeitsfähigkeit des Antragsgegners nicht in Betracht. Eine Reduzierung des erstinstanzlich titulierten Betrages erfolgt nicht, weil der Antragsgegner den Beschluss nicht angegriffen hat.
43b) Juli bis Dezember 2019
44(1) Anzusetzen ist ein fiktives Einkommen aus einer Vollzeiterwerbstätigkeit zum Mindestlohn mit 173,9 Stunden à 9,19 €, entsprechend einem Bruttomonatseinkommen von 1.598,14 €, das einem Nettolohn von
45Fiktives Bruttoeinkommen |
1.598,14 € |
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Lohnsteuer (Steuerklasse II / 1,5) |
- 56,25 € |
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Krankenversicherung |
- 127,05 € |
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Rentenversicherung |
- 148,63 € |
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Arbeitslosenversicherung |
- 19,98 € |
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Pflegeversicherung |
- 24,37 € |
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Fiktives Nettoeinkommen |
1.221,86 € |
entspricht. Nach Abzug der Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen in Höhe von 5 % seines Nettoeinkommens (61,09 €) und des Selbstbehalts des Antragsgegners in Höhe von 1.080 € (Ziffer 21.2 der Leitlinien des Oberlandesgerichts Hamm zum Unterhaltsrecht - kurz: HLL -; Stand: 01.01.2019) verbleibt ein Betrag von 80,77 €, der für den Unterhalt der beiden Antragstellerinnen zur Verfügung steht.
47(2) Der Bedarf der Antragstellerinnen zu 1) und 2) ist nach der 1. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle, 2. Altersstufe zu bemessen und beträgt für die Antragstellerin zu 1) 304 € und für die Antragstellerin zu 2), für die die gesetzliche Vertreterin Kindergeld für ein drittes Kind bezieht, 301 €, insgesamt 605 € monatlich.
48(3) Bei einer Mangelquote von (80,77 € / 605 € =) rd. 13,35 % beläuft sich der zu monatlich zahlende Unterhalt für die Antragstellerin zu 1) auf gerundet 41 € und für die Antragstellerin zu 2) auf 40 €.
49c) Januar bis Dezember 2020
50Das fiktive Einkommen des Antragsgegners steigt bei einem Stundenlohn von brutto 10 € auf
51Fiktives Bruttoeinkommen |
1.739,00 € |
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Lohnsteuer (Steuerklasse II / 1,5) |
- 79,50 € |
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Krankenversicherung |
- 138,25 € |
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Rentenversicherung |
- 161,73 € |
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Arbeitslosenversicherung |
- 20,87 € |
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Pflegeversicherung |
- 26,52 € |
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Fiktives Nettoeinkommen |
1.312,13 €. |
Nach Abzug der pauschalen berufsbedingten Aufwendungen (65,61 €) und unter Berücksichtigung eines Selbstbehalts von nunmehr 1.160 € (vgl. Ziffer 21.2 HLL; Stand: 01.01.2020) verbleiben unterhaltsrechtlich 86,52 €, die auf den Bedarf der Antragstellerin zu 1) von 322 € und der Antragstellerin zu 2) von 319 €, insgesamt 641 €, zu verteilen sind, was bei einer Quote von rd. 13,50 % einem Anspruch beider Antragstellerinnen in Höhe von gerundet je 43 € entspricht.
53d) Januar bis Dezember 2021
54Ab Januar 2021 ist bei einem Bruttostundenlohn von 11 € von einem Nettoeinkommen wie folgt auszugehen:
55Fiktives Bruttoeinkommen |
1.912,90 € |
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Lohnsteuer (Steuerklasse II / 1,5) |
- 106,66 € |
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Krankenversicherung |
- 152,08 € |
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Rentenversicherung |
- 177,90 € |
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Arbeitslosenversicherung |
- 22,95 € |
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Pflegeversicherung |
- 29,17 € |
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Fiktives Nettoeinkommen |
1.424,14 €. |
Nach Abzug der pauschalen berufsbedingten Aufwendungen (71,21 €) und des Selbstbehalts von 1.160 € stehen nunmehr 192,93 € monatlich für den unterhaltsrechtlichen Bedarf der Antragstellerin zu 1) von 341,50 € und der Antragstellerin zu 2) von 338,50 €, insgesamt 680 €, zur Verfügung. Bei einer Mangelquote von rd. 28,37 % errechnet sich ein Unterhaltsanspruch der Antragstellerin zu 1) in Höhe von 97 € und der Antragstellerin zu 2) in Höhe von 96 €.
57e) Januar bis April 2022
58Ab Januar 2022 geht der Senat bei einem Bruttostundenlohn von 12,99 € von einem Nettoeinkommen wie folgt aus:
59Fiktives Bruttoeinkommen |
2.258,96 € |
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Lohnsteuer (Steuerklasse II / 1,5) |
- 117,83 € |
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Krankenversicherung |
- 179,59 € |
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Rentenversicherung |
- 210,08 € |
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Arbeitslosenversicherung |
- 27,11 € |
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Pflegeversicherung |
- 34,45 € |
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Fiktives Nettoeinkommen |
1.689,90 €. |
Nach Abzug der pauschalen berufsbedingten Aufwendungen (84,50 €) und des dem Antragsgegner zu belassenden notwendigen Selbstbehalts verbleibt ein Betrag von 445,40 € für den Unterhalt der beiden Antragstellerinnen. Dem steht ein Bedarf der Antragstellerin zu 1) von 345,50 € und ein solcher der Antragstellerin zu 2) von 342,50 €, insgesamt 688 € gegenüber, woraus sich bei einer Mangelquote von rd. 64,74 % ein Anspruch der Antragstellerin zu 1) von 224 € und ein Anspruch der Antragstellerin zu 2) von 222 € monatlich errechnet.
61f) Mai und Juni 2022
62Von dem fiktiven Nettoeinkommen des Antragsgegners stehen unverändert 445,40 € für den Unterhalt zur Verfügung, denen nunmehr ein Bedarf der Antragstellerin zu 1) nach der 3. Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle in Höhe von 423,50 € und für die Antragstellerin zu 2) unverändert in Höhe von 342,50 €, insgesamt 766 €, gegenüber steht. Bei einer Quote von rd. 58,15 % errechnet sich ein Unterhaltsanspruch der Antragstellerin zu 1) in Höhe von 246 € und der Antragstellerin zu 2) in Höhe von 199 €.
636.
64Der vom Antragsgegner zu zahlenden Gesamtrückstand für die Monate Februar 2019 bis Juni 2022 errechnet sich danach wie folgt:
65Antragstellerin zu 1):
665 x 17 € + 6 x 41 + 12 x 43 € + 12 x 97 € + 4 x 224 € + 2 x 246 € = 3.399 €;
67Antragstellerin zu 2):
685 x 17 € + 6 x 40 + 12 x 43 € + 12 x 96 € + 4 x 222 € + 2 x 199 € = 3.279 €.
69Da der monatlich geschuldete Unterhalt den Betrag der Leistungen der Unterhaltsvorschusskasse jeweils nicht erreicht, sind die Ansprüche beider Antragstellerinnen auf rückständigen Unterhalt gemäß § 7 UVG insgesamt auf das Land Nordrhein-Westfalen übergegangen.
707.
71Für den laufenden Unterhalt ab Juli 2022 geht das Gericht weiter von einem Nettoeinkommen des Antragsgegners von 1.605,40 € (nach Abzug der berufsbedingten Aufwendungen) aus, welches im Falle seiner tatsächlichen Erwirtschaftung den zukünftigen Bezug von SGB II-Leistungen für B ausschließen würde. Da B keinen Unterhalt von seiner Mutter erhält, ist sein Bedarf nach der 1. Einkommensgruppe, 3. Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle mit 423,50 € im Wege der Ausfallhaftung beim Antragsgegner zu berücksichtigen. Zusammen mit den Bedarfen der Antragstellerin zu 1) in Höhe von 423,50 € und der Antragstellerin zu 2) in Höhe von 342,50 € errechnet sich ein Bedarf aller drei Kinder in Höhe von 1.189,50 €, dem ein über dem Selbstbehalt liegendes Einkommen des Antragsgegners in Höhe von 445,40 € gegenüber steht. Bei einer Mangelquote von rd. 37,44 % ergibt sich ein Unterhaltsanspruch der Antragstellerin zu 1) in Höhe von monatlich 159 € und ein solcher der Antragstellerin zu 2) in Höhe von 128 €.
72III.
73Die Kostenentscheidung beruht auf § 243 FamFG, wobei der Senat den teilweisen Erfolg der Antragstellerinnen im Beschwerdeverfahren berücksichtigt hat (§ 243 Abs. 1 Nr. 1 FamFG). Die durch die teilweise Beschwerderücknahme entstandenen Kosten (vgl. §§ 117 Abs. 2 S. 1 FamFG, 516 Abs. 3 ZPO) fallen demgegenüber nicht ins Gewicht.
74IV.
75Die Entscheidung über den Gegenstandswert der Beschwerde beruht auf den §§ 40 Abs.1, 51 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 FamGKG.
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Referenzen
- §§ 1601 ff, 1610, 1612a BGB 1x (nicht zugeordnet)
- FamGKG § 40 Rechtsmittelverfahren 1x
- § 7 UVG 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 1610 Maß des Unterhalts 1x
- 1 BvR 3031/08 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 1603 Leistungsfähigkeit 3x
- FamGKG § 51 Unterhaltssachen und sonstige den Unterhalt betreffende Familiensachen 1x
- § 33 SGB II 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 242 Leistung nach Treu und Glauben 1x
- § 33 Abs. 2 SGB II 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 516 Zurücknahme der Berufung 2x
- XII ZR 20/00 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 1612a Mindestunterhalt minderjähriger Kinder; Verordnungsermächtigung 1x
- XII ZR 101/05 1x (nicht zugeordnet)
- XII ZR 182/06 1x (nicht zugeordnet)
- XII ZB 213/19 2x (nicht zugeordnet)
- FamFG § 243 Kostenentscheidung 1x
- XII ZB 570/12 1x (nicht zugeordnet)
- XII ZB 56/14 1x (nicht zugeordnet)
- FamFG § 117 Rechtsmittel in Ehe- und Familienstreitsachen 2x
- § 33 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB II 1x (nicht zugeordnet)