Urteil vom Hanseatisches Oberlandesgericht (13. Zivilsenat) - 13 U 27/15

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 06.02.2015, Az. 322 O 282/14, abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 41.799,74 zzgl. Nutzungsentgelt in Höhe von 1,3% p.a. aus € 250,- seit dem 08.12.2004 und jeweils weiteren € 27.500,- seit dem 31.12.2004, € 46,72 seit dem 31.12.2004, € 195,- seit dem 31.03.2005, € 295,75 seit dem 30.06.2005, € 299,- seit dem 30.09.2005, € 299,- seit dem 31.12.2005, € 312,- seit dem 31.03.2006, € 369,69 seit dem 30.06.2006, € 274,81 seit dem 29.09.2006, € 125,94 seit dem 29.09.2006, € 373,75 seit dem 28.12.2006, € 6.250,- seit dem 29.03.2007, € 3,05 seit dem 30.03.2007, € 361,56 seit dem 30.03.2007, € 57,89 seit dem 30.06.2007, € 232,50 seit dem 30.06.2007, € 297,08 seit dem 30.09..2007, € 297,08 seit dem 28.12.2007, € 6.250,- seit dem 27.03.2008, € 290,63 seit dem 31.03.2008, € 195,90 seit dem 30.06.2008, € 198,06 seit dem 30.09.2008, € 66,74 seit dem 31.12.2008, € 155,68 seit dem 31.12.2008, € 6.250,- seit dem 30.03.2009, € 194,61 seit dem 31.03.2009, € 97,48 seit dem 30.06.2009, € 95,83 seit dem 30.12.2009, € 6.250,- seit dem 30.03.2010, € 92,71 seit dem 30.03.2010 zu zahlen,

Zug-um-Zug gegen Angebot der Abtretung aller Rechte aus der Beteiligung des Klägers an der DS-Renditefonds Nr. ............... GmbH & Co. ............ KG über € 52.500,- incl. 5% Agio gemäß Beteiligungsantrag vom 27.10.2004 an die Beklagte.

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebotes auf Abtretung aller Rechte aus der Beteiligung des Klägers an der DS-Renditefonds Nr. .............. GmbH & Co. .......... KG über € 52.500,- incl. 5% Agio gemäß Beteiligungsantrag vom 27.10.2004 in Annahmeverzug befindet.

Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen hat der Kläger 30%, die Beklagte 70% zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 59.672,14 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tabestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

2

Ergänzend wird festgestellt, dass der Kläger - unstreitig - Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von € 30.549,74 auf das Darlehen an die Beklagte geleistet und einen Eigenanteil an der Fondsbeteiligung in Höhe von € 27.500,- erbracht hat; der Kläger hat aus dem Fonds - ebenfalls unstreitig - Ausschüttungen in Höhe von € 16.250,- erhalten.

3

Der Kläger verfolgt mit der Berufung seine Auffassung weiter, dass er das Darlehen wirksam widerrufen habe und die Beklagte wegen des Vorliegens eines verbundenen Geschäftes im Wege der Rückabwicklung verpflichtet sei, ihm sämtliche in beiden Rechtsbeziehungen erbrachten Leistungen zurückzuerstatten und zudem auf diese Leistungen Nutzungsersatz zu zahlen.

4

Die von der Beklagten verwandte Widerrufsbelehrung sei grob fehlerhaft gewesen, da sie keinerlei Hinweise auf die Rechtslage bei Widerruf verbundener Geschäfte enthalten habe, der Darlehensvertrag und der Fondsbeitritt jedoch verbundene Geschäfte im Sinne des § 358 BGB a.F. dargestellt hätten.

5

Wegen der Antragstellung des Klägers wird auf S. 2 der Berufungsbegründung vom 18.03.2015 Bezug genommen.

6

Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

8

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

9

Die Kammer habe zutreffend darauf abgestellt, dass ein Widerruf nur bei noch bestehender Kapitalnutzungsmöglichkeit, nicht aber bei vollständig abgewickeltem Leistungsaustausch erfolgen könne.

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Jedenfalls aber seien Ansprüche des Klägers verwirkt, da der Widerruf 9 Jahre nach Abschluss des Darlehensvertrages und 4 Jahre nach vollständiger Tilgung des Darlehens erfolgt sei; im Übrigen habe tatsächlich auch kein verbundenes Geschäft vorgelegen, insoweit nimmt die Beklagte auf ihren erstinstanzlichen Vortrag Bezug. Nutzungsersatz schulde sie keinesfalls: Rückflüsse von Seiten des Klägers habe sie zur Rückführung der Refinanzierung genutzt, zudem erwirtschafte sie seit 2008 durchgängig Verluste.

II.

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Die zulässige Berufung des Klägers hat ganz überwiegend Erfolg.

12

Der Kläger hat den die Parteien verbindenden Darlehensvertrag wirksam widerrufen.

13

1.) Die von der Beklagten verwandte Widerrufsbelehrung war fehlerhaft, da sie keinerlei Bezugnahme auf das Vorliegen verbundener Verträge enthält.

14

Der Darlehensvertrag Anl. B 4 und der Fondsbeitritt Anl. K 1 stellen verbundene Geschäfte im Sinne des § 358 BGB (in der bei Vertragsschluss geltenden Fassung) dar.

15

Hier greift schon die Vermutung des § 358 Abs. 3 S. 2 BGB ein - die Beklagte hat sich der Mitwirkung des Unternehmers - hier also der ........ KG bei Vorbereitung und Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrages bedient.

16

Der Kläger hat durch Vorlage der schriftlichen Einlassung des seinerzeit ihm gegenüber aufgetretenen Vermittlers der Fa. .........., des Zeugen ........ (Anl. K 25), ausgesprochen substantiiert zur Zusammenarbeit dieses Unternehmens, das wiederum im Auftrag der ...... KG gehandelt hatte, mit der Beklagten vorgetragen. Soweit sich die Beklagte demgegenüber auf ein Bestreiten mit Nichtwissen zurückziehen will (S. 6, 7 ihres Schriftsatzes vom 09.12.2014), ist dies gem. § 138 Abs. 4 ZPO unzulässig. Wie die Kontakte zum Kläger gestaltet waren und ob hierbei die Fa. .......... eingeschaltet war, ist Gegenstand der eigenen Wahrnehmung der Beklagten und kann daher nicht mit Nichtwissen bestritten werden. Der Hinweis der Beklagten auf die zwischenzeitlich abgelaufenen handelsrechtlichen Aufbewahrungsfristen verfängt insoweit nicht, denn wie die Vorlage der Anlage B 1 - B 4 zeigt, hat sie ganz offenbar gleichwohl weiterhin Zugriff auf die aus dem Jahre 2004 stammenden Unterlagen. Der Senat hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 02.09.2015 hingewiesen (S. 2 des Sitzungsprotokolls), die Beklagte hat insoweit keinen Schriftsatznachlass gem. §§ 525, 139 Abs. 5 ZPO beantragt.

17

Damit ist der Entscheidung als unstreitig zu Grunde zu legen, dass der Zeuge ........ im Auftrage der Beklagten gegenüber dem Kläger auftrat (insbesondere Anl. K 25, S. 1, letzte beide Absätze und S. 2 oben).

18

Selbst wenn man die Vermutung des § 358 Abs. 3 S. 2 BGB nicht anwenden wollte, so wäre jedenfalls aufgrund der zahlreichen - selbst wenn man das Bestreiten der Beklagten mit Nichtwissen als zulässig ansehen würde, verbleibenden - unstreitigen Indizien von einem Verbundgeschäft auszugehen:

19

- Die Zweckbestimmung des Darlehens „zur anteiligen Finanzierung meiner Beteiligung an dem Fonds .......................“ ist schon im Darlehensantrag (Anl. B 1) genannt, ebenso der Umstand, dass die „Tilgungs- und Auszahlungsmodalitäten ...individuell auf die gezeichnete Beteiligung“ abgestellt werden sollten;

20

- dies wiederholt sich im Darlehensvertrag Anl. B 4;

21

- die Sicherstellung des Darlehens erfolgte ausschließlich durch Verpfändung der Beteiligung;

22

- unstreitig ist jedenfalls der Erstkontakt der Parteien über das Vertriebsunternehmen Bonnfinanz zustande gekommen;

23

- ebenso unstreitig hat jedenfalls keine Beratung zum Darlehensvertrag durch die Beklagte stattgefunden;

24

- es erfolgte eine direkte Valutierung des Darlehens an die Treuhandgesellschaft;

25

- die Beklagte hatte Kenntnis (schon ausweislich des Umstandes, dass im Darlehensvertrag Anl. B 4 mehrfach darauf hingewiesen wird, dass sie steuerliche Fragen nicht geprüft habe) von dem steuerlichen Hintergrund dieser Finanzierung.

26

Eine Gesamtwürdigung dieser Umstände lässt nach Auffassung des Senats nur den Schluss zu, dass beide Geschäfte nach Auffassung beider Parteien mit einander stehen und fallen sollten und daher eine wirtschaftliche Einheit im Sinne des § 358 Abs. 3 S. 1 BGB bildeten.

27

Damit aber fehlte in der von der Beklagten verwandten Widerrufsbelehrung der Hinweis gem. § 358 Abs. 5 BGB a.F. mit der Folge, dass die Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 BGB nie angelaufen ist und der Kläger den Widerruf noch im Januar 2014 erklären konnte.

28

2.) Entgegen der Auffassung des Landgerichts ergibt sich aus dem Umstand, dass der Widerruf erst zu einem Zeitpunkt erfolgte, in dem der Kläger die Darlehensvaluta bereits vollständig zurückgeführt hatte, kein Ausschluss des Widerrufsrechts.

29

Aus dem Gesetz ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Fortdauer der Kapitalnutzung Voraussetzung für den Widerruf wäre, vielmehr dürfte dieser Annahme die der Konzeption eines (mangels ordnungsgemäßer Belehrung grundsätzlich) „ewigen“ Widerrufsrechts von vornherein entgegenstehen.

30

Die Rechtsprechung des BGH zur unechten Abschnittsfinanzierung (etwa BGH XI ZR 6/12) ist insoweit vollständig unergiebig, da sie sich mit der vollständig anders gelagerten Frage auseinandersetzt ob mit einer Prolongation ein „neues“ Widerrufsrecht entsteht, sofern nämlich diese sich wertungsmäßig als Einräumung eines neuen Kapitalnutzungsrechts darstellt, oder aber, ob die mit Abschluss des Kreditvertrages eingeräumte Kapitalnutzungsmöglichkeit schlicht fortdauert und es deshalb mit dem Ablauf der bei Abschluss des Ausgangsvertrages anlaufenden Widerrufsfrist sein Bewenden haben soll.

31

Eine Verwirkung ist mangels Vorliegens des Umstandsmomentes nicht anzunehmen: Der Senat hält an seiner ständigen Rechtsprechung fest, wonach die Bank, die die fehlerhafte Belehrung zu vertreten hat, kein im Sinne dieses Instituts schutzwürdiges Vertrauen daraus herleiten kann, dass der nicht ordnungsgemäß belehrte Kunde sein Widerrufsrecht jahrelang nicht ausgeübt und vielmehr das Darlehen bedient hat.

32

Ebenso hält der Senat daran fest, dass gleichwohl im Rahmen einer Gesamtwürdigung des Einzelfalls die Ausübung des „ewigen“ Widerrufsrechts bei Vorliegen besonderer Umstände, die das Verhalten des Darlehensnehmers als besonders treuwidrig erscheinen lassen, als unzulässige Rechtsausübung ausgeschlossen sein kann. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn einerseits der Widerrufende Zwecke verfolgt, die mit dem Telos des verbraucherschützenden Widerrufsrechts nicht vereinbar sind und andererseits die Bank - trotz Erteilung einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung - bei wertender Betrachtung schutzwürdig erscheint.

33

Sinn des Widerrufsrechtes aus § 495 BGB ist es, den Verbraucher vor Überrumpelung und wegen der wirtschaftlichen Bedeutung des Darlehensgeschäftes vor übereilter Bindung zu schützen, indem ihm innerhalb einer gewissen Bedenkzeit die Möglichkeit eingeräumt wird, sich wieder vom Vertrag zu lösen. Er sollte einerseits die Möglichkeit erhalten, zu prüfen, ob noch günstigere Angebote zur Verfügung stehen, andererseits sollte durch die Einräumung der Bedenkensfrist diejenige Störung der Vertragsparität ausgeglichen werden, die darin begründet liegt, dass derartige Verträge oft komplexe und schwer zu durchschauende Regelungen enthalten (MünchKomm-Schürnband, BGB, 6. Aufl. 2012, § 495, Rn. 1).

34

Mit diesen Schutzzwecken hat der durch den Kläger erklärte Widerruf tatsächlich nichts zu tun.

35

Dem Kläger geht es ganz offenbar darum, sich über den Widerruf des Darlehens von den negativen Folgen einer unvorteilhaften Investition in ein Anlagevehikel zu lösen, das nach seiner Konzeption (zumindest auch) zur Steueroptimierung angelegt war und daher einerseits notwendiger Weise risikobehaftet war und andererseits geradezu darauf aufbaute, dass ein erheblicher Teil der Einlage fremdfinanziert wurde.

36

Dass ihm bei Abschluss der Beteiligung und auch bei Zeichnung des Darlehensvertrages die - sicherlich komplexe - Struktur der Anlage gerade in Verknüpfung mit dem von der Beklagten gewährten Darlehen in irgendeiner Weise unklar gewesen sei, hat der Kläger gerade nicht substantiiert vorgetragen; ebensowenig hat er schlüssig vorgebracht, dass und weshalb er von dem Geschäft irgendwann vor Auftauchen der aus der Schifffahrtskrise folgenden wirtschaftlichen Probleme Abstand genommen hätte, wenn er denn von einem fortbestehenden Widerrufsrecht gewusst hätte.

37

Gleichwohl genügt dies im vorliegenden Sachverhalt nicht, um dem Kläger den Vorwurf der unzulässigen Rechtsausübung zu machen - denn die Beklagte erscheint hier in keiner Weise schutzwürdig, vielmehr ist bei einer Gesamtwürdigung der Umstände davon auszugehen, dass sie hinsichtlich der fehlerhaften Widerrufsbelehrung ein ganz massives Verschulden trifft: Ihr waren alle o.g. Umstände, die zur Annahme eines verbundenes Geschäftes führen, bekannt, darüber hinaus ist sie - nach ihrer eigenen Darstellung - als Spezialinstitut schwerpunktmäßig mit der Finanzierung von Beteiligungen befasst gewesen. Daraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass die Belehrung zum „verbundenen Geschäft“ wenn nicht bewusst so doch jedenfalls aus grober Nachlässigkeit nicht in den Text der Widerrufsbelehrung aufgenommen wurde. Damit aber gewinnt der bei der Frage der Verwirkung schon angesprochene Gesichtspunkt, dass derjenige, der die Fehlerhaftigkeit der Belehrung zu vertreten hat, nicht schutzwürdig erscheint, hier ganz besonderes Gewicht und führt im Rahmen der Gesamtabwägung dazu, dass die Erklärung des Widerrufs sich hier nicht als unzulässige Rechtsausübung darstellt. Denn anders als in zahlreichen dem Senat vorliegenden Sachverhalten, in denen ein „ewiges Widerrufsrecht“ wegen eher geringfügiger Fehler im Text der Widerrufsbelehrung bzw. nicht schwerwiegender Abweichungen vom Mustertext gem. Anl. zur BGB-InfoV besteht, ist hier ein ganzer Komplex der Widerrufsbelehrung, der zudem wegen der einschneidenden Folgen des Vorliegens eines verbundenen Geschäfts für den Kunden von besonderer Bedeutung war, aufgrund groben Verschuldens komplett weggelassen worden.

38

3.) Gem. §§ 358, 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB (in bei Vertragsschluss geltender Fassung) hat die Beklagte dem Kläger sämtliche von diesem erbrachte Leistungen zu erstatten, nämlich Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von € 30.549,74 sowie den von ihm erbrachten Eigenanteil an der Fondsbeteiligung von € 27.500,- abzüglich erhaltener Ausschüttungen in Höhe von € 16.250,-, mithin € 41.799,74.

39

Nicht zu ersetzen sind die nicht anrechenbaren Kosten der vorprozessualen anwaltlichen Tätigkeit, denn der Kläger hat das Bestehen von Schuldnerverzug der Beklagten vor Einschaltung seines Prozessbevollmächtigten nicht dargelegt, vielmehr wurde schon der Widerruf seitens des Prozessbevollmächtigten erklärt (Anl. K 4); aus Rücktrittsrecht ergibt sich insoweit kein Anspruch.

40

Weiter hat die Beklagte aus §§ 358 Abs. 4, 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 l. Hs. BGB Nutzungsersatz hinsichtlich der vom Kläger aufgewandten Beträge zu leisten (BGH XI ZR 33/08 unter Bezugnahme auf BGH XI ZR 17/06). Dabei folgt der Senat der „tatsächlichen Vermutung“ (s. BGH aaO.), dass Banken aus ihnen zur Verfügung stehenden Geldern Nutzungen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ziehen würden, jedoch nicht. Die Annahme dieser Nutzungshöhe geht zurück auf eine Entscheidung des BGH aus dem Jahre 1998 (BGH XI ZR 79/97, Rnrn. 22 - 25), also eine Zeit mit - bezogen auf das Jahr 2004 und erst recht auch bezogen auf die Gegenwart - vollständig anderer Zinsstruktur. Die Erzielung derartiger Nutzungen hat die Beklagte bestritten: Dabei ist allerdings der Hinwies darauf, dass sie seit 2008 Verluste schreibe, irrelevant - über den ganz konkret aus der Verwendung der vom Kläger erlangten Gelder gezogenen wirtschaftlichen Nutzen im Sinne des § 100 BG sagt dies gar nichts, vielmehr belegt ihr Vortrag, dass sie die erhaltenen Mittel zur Rückführung der Refinanzierung genutzt habe, dass sie sehr wohl Vorteile (Ersparnis von Zinsaufwendungen) gezogen hat.

41

Auch wenn die Beklagte zu ihrer konkret erzielten Zinsmarge nichts näheres vorträgt, ist die Höhe der tatsächlich angefallenen Nutzungen anhand aktuellerer Daten zu schätzen (§ 287 ZPO), da der Wert von 5%-Punkten über Basiszinssatz nach neueren wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht mehr vertretbar erscheint - da insoweit allgemeinkundige Erhebungen (https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Veroeffentlichungen/Monatsberichtsaufsaetze/2014/2014_09_ertragslage_kreditinstitute.pdf?__blob=publicationFile;https://annualreport.deutsche-bank.com/2014/ar/management-report/results-of-operations/consolidated-results-of-operations/net-interest-income.html;https://annualreport.deutsche-bank.com/2008/ar/managementreport/executivesummary/netinterestincome.html?dbiquery=1%3Ainterest+margin) vorliegen, bedurfte es insoweit keines weiteren Parteivortrages.

42

Nach der Veröffentlichung der Deutschen Bundesbank und auch den - beispielhaft herangezogenen - Angaben der Deutschen Bank bewegte sich die Zinsspanne im hier relevanten Zeitraum seit Ende 2004 jeweils zwischen 150 und 100 Basispunkten mit deutlich fallender Tendenz, im Krisenjahr 2008 für die Deutsche Bank sogar deutlich unter 100 Basispunkten, der Senat schätzt daher den hierzu leistenden Nutzungsersatz auf 1,3% p.a..

43

Die Leistung ist gem. §§ 358 Abs. 4, 357 Abs. 1, 346 Abs. 1, 348 BGB Zug-Um-Zug gegen Angebot der Abtretung aller Rechte aus der Fondsbeteiligung zu leisten. Da jedenfalls im Klagantrag ein wörtliches Angebot des Klägers auf Abtretung im Sinne des § 295 BGB zu sehen ist und die Beklagte die Annahme verweigert hat, war zugleich festzustellen, dass sie sich insoweit im Annahmeverzug befindet; das Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 ZPO folgt insoweit aus §§ 756, 765 ZPO.

44

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 sowie 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.

45

Die Revision war im Hinblick auf die von der älteren Rechtsprechung des BGH abweichende Bemessung des Nutzungsersatzes zuzulassen (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

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