Die Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landgerichts Heidelberg vom 17.06.2019 wird kostenpflichtig (§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO) mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Unterbringungsbefehl in einer Justizvollzugsanstalt zu vollziehen ist.
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| Der vielfach und erheblich vorbestrafte Verurteilte wurde durch Urteil des Landgerichts K vom 29.04.2014 (4 KLs 33 Js 13315/13), rechtskräftig seit dem 30.06.2014, wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie wegen Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter Nötigung unter Freisprechung im Übrigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Daneben wurde seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. |
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| Die Strafkammer sah es als erwiesen an, dass der Verurteilte, der bereits mit Urteil des Landgerichts K vom 29.10.2003 (1 KLs 33 Js 6946/03) wegen gemeinschaftlicher schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen in Tatmehrheit mit versuchter gemeinschaftlicher schwerer räuberischer Erpressung unter Verhängung von Einzelstrafen von sieben, sechs und drei Jahren Freiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt worden war und diese Strafe voll verbüßte, nach seiner Haftentlassung im Jahr 2012 neben einer in Mai 2013 zum Nachteil eines Bekannten unter Ausführung eines Faustschlages begangenen versuchten Nötigung am 02.07.2013 versucht hatte, einen Bankkunden nach Verlassen einer Bank zu überfallen. Nach den Feststellungen ging der Verurteilte dabei bei der Tat vom 02.07.2013 von hinten mit dem abgeschlagenen scharfkantigen Hals einer Wodkaflasche auf den späteren Geschädigten los und führte unter Forderungen nach Geld mit dem Flaschenhals Stichbewegungen in dessen Richtung aus. Infolge der Abwehrbewegungen des Geschädigten wurden diesem Schnittwunden zugefügt, von denen eine zu bleibenden Bewegungseinschränkungen an einem Finger führte. |
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| Die Strafkammer ging weiter davon aus, dass beim Verurteilten eine kombinierte Persönlichkeitsstörung sowie eine polyvalente Abhängigkeitserkrankung vorliege. Diese habe in Verbindung mit massiver Alkoholintoxikation und Einnahme unter anderem von Diazepam bei Begehung der Tat vom 02.07.2013 zu einer eingeschränkten, aber nicht aufgehobenen Steuerungsfähigkeit geführt. Bei der im Mai 2013 begangenen Tat, bei der die Strafkammer eine Intoxikation dieses Ausmaßes nicht feststellen konnte, vermochte die Strafkammer die Verminderung der Steuerungsfähigkeit lediglich nicht auszuschließen. |
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| Ausweislich der Urteilsgründe hat die Strafkammer die Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 StGB in formeller und materieller Hinsicht als erfüllt angesehen, gemäß § 72 Abs. 1 StGB aber der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus den Vorrang gegeben, da sie davon ausging, dass der Hang des Angeklagten zu erheblichen Straftaten auf seiner Persönlichkeitsstörung beruhe, die der Strafkammer zugleich als Grundlage für die Anordnung der Maßregel nach § 63 StGB diente. |
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| Am 14.07.2014 wurde mit dem Vollzug der Unterbringung nach § 63 StGB begonnen, zunächst im Zentrum für Psychiatrie (im Folgenden ZfP) R, seit dem 13.06.2016 - nachdem der Verurteilte im ZfP R einen behandelnden Therapeuten tätlich angegriffen hatte - im ZfP N und seit dem 21.11.2018 im ZfP S, wo sich der Verurteilte auch derzeit noch befindet. Mittlerweile hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Heidelberg in einem dort seit Dezember 2017 anhängigen Verfahren zur Prüfung der Fortdauer der Unterbringung (§ 67e StGB) mit Beschluss vom 11.07.2019 die Unterbringung des Verurteilten in einem psychiatrischen Krankenhaus für erledigt erklärt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Verurteilten hat der Senat mit Beschluss vom heutigen Tage (2 Ws 272/19) nach näherer Maßgabe als unbegründet verworfen. |
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| Noch bevor die Strafvollstreckungskammer die Unterbringung nach § 63 StGB wie vorbeschrieben für erledigt erklärt hatte, beantragte die Staatsanwaltschaft K in einem unter dem 18.04.2019 an die Strafvollstreckungskammer gerichteten Schreiben, gegen den Verurteilten gemäß § 66b StGB die nachträgliche Unterbringung in der Sicherungsverwahrung anzuordnen. Zugleich beantragte sie, nach § 275a Abs. 6 Satz 1 StPO einen Unterbringungsbefehl zu erlassen. |
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| Mit Beschluss vom 17.06.2019 hat die Strafvollstreckungskammer den beantragten Unterbringungsbefehl erlassen und angeordnet, dass der Vollzug im ZfP S stattzufinden habe. Den Unterbringungsbefehl hat sie dem Untergebrachten noch an diesem Tage formlos bekannt gegeben sowie am 05.08.2019 förmlich eröffnet und in Vollzug behalten. Der gegen den Unterbringungsbefehl gerichteten, über seinen Verteidiger eingelegten Beschwerde vom 21.06.2019 hat die Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 11.07.2019 nicht abgeholfen. |
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| 1. Die Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer folgt aus § 275a Abs. 6 Satz 2 StPO. Die Strafvollstreckungskammer war zum Zeitpunkt des Erlasses des Unterbringungsbefehls zuständig für die - wenige Wochen nach Erlass des Unterbringungsbefehls getroffene - Entscheidung über die Erledigung der Unterbringung nach § 63 StGB. Nachdem dem Landgericht K als das für die Entscheidung über die Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung zuständige Gericht (§ 74f Abs. 1 GVG) der in den Akten befindliche Antrag der Staatsanwaltschaft K nach § 66b StGB noch nicht vorgelegt wurde, ist auch seither noch kein Zuständigkeitswechsel im Sinne von § 275a Abs. 6 Satz 2 StPO eingetreten (näher zu dieser Regelung: BeckOK StPO/Peglau, 34. Ed. 1.7.2019, StPO § 275a Rn. 41, KK-StPO/Greger, 8. Aufl. 2019, § 275a Rn. 28). |
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| 2. § 275a Abs. 6 Satz 1 StPO gestattet eine einstweilige Unterbringung in der Sicherungsverwahrung, wenn dringende Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass die nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet wird. Nach allgemeinen Grundsätzen (vgl. §§ 111a Abs. 1, 126a Abs. 1, 132a Abs. 1 StPO) sind diese dann anzunehmen, wenn nach dem bisherigen Ermittlungsstand eine hohe Wahrscheinlichkeit für die endgültige Verhängung der Maßregel spricht (OLG Nürnberg, Beschluss vom 16.08.2011 - 2 Ws 365/11, juris Rn. 26; KK-StPO/Greger a.a.O., § 275a Rn. 26), so dass es für den Erlass des Unterbringungsbefehls nicht genügt, dass andernfalls die hinsichtlich ihres Ausgangs noch offene Prüfung der Voraussetzungen der Anordnung erschwert oder vereitelt werden könnte (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl. 2019, § 275a Rn. 16 m.w.N.). |
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| Solche dringenden Gründe sind vorliegend gegeben. |
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| Fraglos gilt dies zunächst hinsichtlich der in § 66b Satz 1 Halbsatz 1 StGB normierten formalen Voraussetzung, dass die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus für erledigt erklärt wurde, weil der die Schuldunfähigkeit ausschließende oder (wie hier) vermindernde Zustand auf dem die Unterbringung beruhte, zum Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht mehr bestanden hat. Die Strafvollstreckungskammer hat vorliegend, nachdem sie bei Erlass des Unterbringungsbefehls eine entsprechende Entscheidung für „hoch wahrscheinlich“ gehalten hatte, die mit Beschluss vom 11.07.2019 sodann erfolgte Erledigterklärung - sachverständig beraten - auf die sichere Feststellung gestützt, dass bei dem Verurteilten bereits zum Zeitpunkt der Tatbegehung kein dauerhafter Defektzustand vorlag, der die „Eingangskriterien der §§ 20, 21 StGB erfüllt hätte“. Sie ist damit letztlich von einer sogenannten „Fehleinweisung“ ausgegangen, die ebenfalls zu den von § 66b Satz 1 Halbsatz 1 StGB erfassten Fallgestaltungen zu rechnen ist (zu dieser Begrifflichkeit BGH, Beschluss vom 21.11.2008 - 2 StR 437/08, NStZ 2009, 323, 324 zu § 66b Abs. 3 StGB i.d.F. d. G. v. 23.07.2004; Fischer, StGB, 66. Aufl. 2019, § 66b Rn. 4). |
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| b) Auch liegt einer der in § 66b Satz 1 Halbsatz 2 Nr. 1 StGB vorausgesetzten Anlassgründe, und zwar hier in Form der Var. 2, Unterfall 1 vor (Verurteilung wegen einer oder mehrerer Katalogtaten im Sinne von § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren). Gegen den Verurteilten sind im Urteil des Landgerichts K vom 29.10.2003 wegen gemeinschaftlicher schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen in Tatmehrheit mit versuchter gemeinschaftlicher schwerer räuberischer Erpressung Einzelfreiheitsstrafen von sieben, sechs und drei Jahren verhängt worden. Es liegen damit drei Taten vor, die in § 66 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b StGB normierten Voraussetzungen erfüllen. Nachdem der Verurteilte sich nach Begehung dieser damaligen Taten (März 2003) ab dem 28.03.2003 durchgängig bis Januar 2012 in Haft befunden hatte, unterfallen diese Taten gem. § 66 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 1, Satz 4 StGB auch nicht der sogenannten Rückfallverjährung (zur Anwendbarkeit dieser Regelung im Rahmen der Prüfung des § 66b StGB vgl. nur Fischer a.a.O. § 66b Rn. 3). |
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| c) Soweit sich die dringenden Gründe darauf zu beziehen haben, dass die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergeben wird, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden (§ 66b Satz 1 Halbsatz 2 Nr. 2 StGB), hat die Kammer auch dies zu Recht bejaht. Der Senat teilt insoweit die Auffassung der Strafvollstreckungskammer, dass im Falle des Verurteilten mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, dass er zukünftig Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. |
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| (1) Die nach § 66b Satz 1 Halbsatz 2 Nr. 2 StGB vorgegebene Rückfallprognoseentscheidung, die einer breiten Tatsachenbasis bedarf, erfordert eine individuelle Prüfung anhand tatspezifischer, biographischer und psychiatrischer Kriterien sowie (ergänzend) der Entwicklung des Verurteilten im Vollzug bzw. auch im psychiatrischen Krankenhaus oder in der Entziehungsanstalt (vgl. bereits BGH, Urteil vom 11.05.2010 - 1 StR 40/10,NStZ 2010, 504 zu § 66 Abs. 2 StGB a.F; Heger/Pohlreich in: Lackner/Kühl, StGB, 29. Aufl. 2018, § 66b Rn. 4; Fischer a.a.O. § 66b Rn. 22; BeckOK StGB/Ziegler, 42. Ed. 1.5.2019, StGB § 66b Rn. 7). |
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| Die auf dieser Grundlage vorzunehmenden Prognose, ob die Straftaten mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen, soll sich nach der Intention des Gesetzgebers, der mit der Einführung dieses Wahrscheinlichkeitsmaßstabes dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung tragen wollte, nicht als Bestimmung einer Wahrscheinlichkeit im empirischen Sinne verstehen, sondern „das Ergebnis einer wertenden Abwägung sein, die zu einer positiven Entscheidung des Gerichts über die Gefährlichkeit des Täters führt“ (siehe Gesetzentwurf Bundesregierung [Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung] BR-Drs. 202/04, 14 m.N. zur Rspr. des BVerfG). |
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| Bei der zu treffenden Prognose, ob erhebliche Straftaten im Sinne der Regelung mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen, ist dabei eine individuelle, auf den Einzelfall bezogene Bewertung vorzunehmen und reicht daher eine bloß abstrakte, (allein) auf statistische Wahrscheinlichkeiten gestützte Prognoseentscheidung nicht aus (BGH, Urteil vom 11.05.2010 - 1 StR 40/10,NStZ 2010, 504 zu § 66 Abs. 2 StGB a.F.; BVerfG, Beschluss vom 22.10.2008 - 2 BvR 749/08, NJW 2009, 980, das zu § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB i.d.F. des G. v. 13.04.2007 aus - insbesondere unter Vertrauensschutzgesichtspunkten [siehe insoweit auch BVerfG, Urteil vom 04.05.2011 - 2 BvR 2333/08 u.a., BVerfGE 128, 326 und Beschluss vom 08.06.2011 - 2 BvR 2846/09, BVerfGE 129, 37] - auf Neufälle wie den vorliegenden [hierzu noch unten unter (3)] allerdings nicht ohne weiteres übertragbaren verfassungsrechtlichen Vorgaben das Erfordernis einer „gegenwärtigen Gefahr“ herleitet; ebenso Beschluss vom 23.08.2006 - 2 BvR 226/06, NJW 2006, 3483 zu § 66 Abs. 1, Abs. 2 StGB i.d.F. d. G. v. 23.07.2004; Heger/Pohlreich a.a.O., § 66b Rn. 5; kritisch insoweit Fischer a.a.O. § 66b Rn. 20). |
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| (2) Gemessen an diesen Maßstäben sprechen bei vorläufiger Bewertung im Falle des Verurteilten dringende Gründe dafür, dass der Verurteilte sehr wahrscheinlich und mithin mit hoher Wahrscheinlichkeit im Sinne von § 66b Satz 1 Halbsatz 2 Nr. 2 StGB in Zukunft schwere Straftaten begehen wird, durch die die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. |
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| Auf der Grundlage einer vom letzten Gutachter Dr. S, dessen fachlich hohe Kompetenz dem für Maßregelvollzugsachen zuständigen Senat umfangreich bekannt ist, diagnostizierten dissozialen Persönlichkeitsstörung zeigten sich den sehr fundierten und plausiblen Ausführungen des Gutachters zufolge beim Verurteilten schon früh deutliche Abweichungen von Wertbegriffen; die Frustrationstoleranz und die Schwelle vor der Anwendung von Gewalt sind bei diesem, der zudem an einer auch im Rahmen der bisherigen Unterbringung nicht überwundenen Polytoxikomanie leidet, insbesondere unter Alkohol niedrig. Seine sehr früh begonnene Eigentums- und bald auch Gewaltdelinquenz aus fast beliebigen Anlässen mit einem breiten Spektrum an Geschädigten begann schon in früher Jugend und zog sich ebenso wie oftmals mehrjährige Haftaufenthalte - seit 1990 verbrachte er mehr als zwanzig Jahre in Unfreiheit - wie ein roter Faden durch sein bisheriges Leben. |
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| Das delinquente Verhalten des Verurteilten ist nach vorläufiger Bewertung durch den Senat, der sich insoweit auf die Einschätzung des ZfP S und - dem folgend - des letzten Gutachters stützt, dabei dadurch geprägt, dass er - vor allem forciert durch den Konsum von Alkohol oder Drogen - augenblickliche Bedürfnisse, spontane Wünsche und inadäquate Ansprüche gewaltsam durchsetzt. Anzahl und Gewicht seiner Vortaten belegen dies sehr eindrücklich. |
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| So folgten mehreren als Jugendlicher begangener Diebstahlstaten unterschiedlicher Qualität bereits 1988 eine Verurteilung wegen einer - unter Einsatz eines abgebrochenen Hammerstiels, mit dem der Verurteilte auf das Tatopfer einschlug, begangenen - räuberischer Erpressung und im Jahr 1990 zu einer weiteren Verurteilung wegen eines zugleich mit Körperverletzung begangenen gemeinschaftlichen Raubes, bei dem neben zahlreichen weiteren körperlichen Einwirkungen ein vom Mittäter zufällig mit sich geführter Spatel zum Einsatz kam und dem Tatopfer u.a. Prellungen und eine Schnittwunde am Ohr zugefügt wurden. Zwei weiteren Verurteilungen aus dem Jahr 2001 wegen insgesamt vier Körperverletzungsdelikten lag zugrunde, dass der Verurteilten auf seine Tatopfer entweder mit Hieben und Fußtritten eingewirkt oder diesen mit nicht unerheblichen Verletzungsfolgen Kopfstöße versetzt hatte. |
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| Nach einer im Jahr 1994 mit einem Mittäter geplanten und zugleich unter einer Körperverletzung begangenen schweren räuberischen Erpressung - einem Überfall auf ein Ladengeschäft, bei der eine zuvor entladene Schreckschusspistole zum Einsatz kam und das Tatopfer durch die Bedrohungssituation ausgelöste gesundheitliche Schäden davontrug - beging der Verurteilte darüber hinaus im März 2003 in dichter Abfolge gemeinsam mit einem Mittäter zwei weitere vollendete schwere räuberische Erpressungen und einen Versuch hierzu. Es handelte sich um zwei während der Geschäftszeiten maskiert begangene Banküberfälle und einen nach Ladenschluss ausgeführten Überfall eines Discount-Markts, bei dem er drei Tatopfer bedrohte. Hier kam jeweils erneut eine Schreckschusspistole als Drohmittel zum Einsatz. Die vorgenannten Überfälle zogen bei den Bedrohten typische psychische Beeinträchtigungen unterschiedlicher Qualität wie Angstgefühle, erlittene Schocks bis hin zu medikamentös zu behandelnden Angstzuständen und Essstörungen nach sich. Die dem Anlassurteil u.a. zugrundeliegende, recht bald nach Beendigung des letzten Strafvollzuges im Juli 2013 begangenen Tat der versuchten räuberischen Erpressung zeigt zudem angesichts des letztlich direkten Angriffs auf das Tatopfer eine Steigerung der kriminellen Energie. |
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| Hinzu kommt, dass der Verurteilte nach der nachvollziehbaren Auffassung des letzten Gutachters durch stationäre Sozialtherapie und Einrichtungen der freien Suchthilfe unerreichbar ist und auch alle jugendrechtlichen Maßnahmen, Bewährungsauflagen und -weisungen sowie langjährige Strafhaft den Verurteilten gänzlich unbeeindruckt ließen. Zu sehen ist weiterhin auch das vom Gutachter bestätigte hohe, bis weit in den Freiheitsentzug hineinreichende Ausmaß seiner Affinität zu Suchtstoffen sowie auch der Umstand, dass der Verurteilte noch in jüngerer Zeit (2016), also schon nach mehrjährigem Maßregelvollzug, mit einer unter erheblichem Alkoholeinfluss begangenen Gewalttätigkeit aufgefallen war, indem er seinen Therapeuten mit einer Hand am Hals gepackt und angefangen hatte, ihn zu würgen. Aufgrund dieser Attacke musste der Therapeut anschließend krankgeschrieben werden. |
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| Diesen zahlreichen und sehr gewichtigen Umständen, die für eine schwerwiegende Rückfälligkeit des Verurteilten sprechen, stehen letztlich im Kern nur die mit einem entsprechenden Mietvertrag unterlegten Absichtserklärungen des Verurteilten gegenüber, zukünftig mit einer Frau zusammenleben zu wollen, die er zu Zeiten seines Aufenthalts im ZfP N dort als Mitarbeiterin der Einrichtung kennengelernt hatte. Angesichts der aufgezeigten kriminellen Entwicklung, der an den Tag gelegten hohen Rückfallgeschwindigkeit und seiner hohen Affinität zu Suchtmitteln, die selbst im Maßregelvollzug zu teils eklatanten Regelverstößen geführt hatte, kommt jedenfalls nach vorläufiger Bewertung dieser, nach Auffassung des letzten Gutachters vom Verurteilten ohnehin überhöhten und im Alltag gänzlich unerprobten Beziehung zu der ehemaligen Mitarbeiterin des ZfP N keine prognostisch entscheidende Bedeutung zu, zumal aussagekräftige Bewährungen im gelockerten oder offenen Vollzug bislang ausgeblieben sind. |
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| Der Senat folgt daher nach alledem bei vorläufiger Bewertung der Einschätzung des letzten Gutachters, dass neue erhebliche Straftaten entsprechend den zuletzt bzw. früher abgeurteilten Delikten nach derzeitigem Stand auch weiterhin vom Verurteilten sehr wahrscheinlich zu erwarten sind. Angesichts der in der Vergangenheit vom Verurteilten gezeigten Gewaltbereitschaft sowie der bereits herbeigeführten Verletzungen einerseits und dem bei den Banküberfällen gezeigten Vorgehen andererseits, dem fraglos die Gefahr massiver seelischer Schädigungen der Tatopfer in Form posttraumatischer Belastungsstörungen von vorneherein innewohnte, geht der Senat bei vorläufiger Bewertung auch davon aus, dass auch zukünftig vom Verurteilten Taten zu erwarten sind, die die Tatopfer seelisch oder körperlich schwer schädigen. Nachdem der letzte Gutachter in seinem Gutachten vom 17.05.2018 die von dem Verurteilten ausgehende Gefahr der Begehung von Gewaltdelikten vor allen Dingen dann als hochgradig wahrscheinlich eingeschätzt hat, wenn „erneut eine durch Suchmittel begleitete und geförderte Verwahrlosung einsetzte, der man im ZfP R und allen früher befassten Einrichtungen nicht zu begegnen vermochte“, ist beim Verurteilten - bei weiterhin nicht zuverlässig bewältigter Suchtproblematik - von einer hochgradigen Rückfallgefahr und damit hohen Wahrscheinlichkeit der Rückfälligkeit im Sinne von § 66b StGB auszugehen. Vor diesem Hintergrund entspricht der Unterbringungsbefehl auch mit Blick auf die gravierenden Eingriffe in die Freiheitsrechte des Verurteilten bei insoweit gebotener restriktiver Handhabung den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit. |
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| (3) Soweit ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, Urteil vom 17.12.2009 - 19359/04, juris) und des Bundesverfassungsgerichts (grundlegend Urteil vom 04.05.2011 - 2 BvR 2333/08 u.a., BVerfGE 128, 326) insbesondere in der - teilweise der Regelung des § 66b StGB als solcher wohl eher kritisch gegenüberstehender - (Kommentar-)Literatur weitere, über den Wortlaut des § 66b StGB hinausgehende Anforderungen gestellt werden bzw. ein Anwendungsbereich des § 66b StGB kaum noch gesehen wird (so insbesondere in Konsequenz wohl MüKoStGB/Ullenbruch/Drenkhahn, 3. Aufl. 2016, StGB § 66b Rn. 36 ff., 42 f., siehe auch Dessecker in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, 5. Aufl. 2017, § 66b Rn. 12, der die Streichung der Vorschrift als „Irrweg“ für angemessen hält; kritisch auch Schönke/Schröder/Kinzig, StGB, 30. Aufl. 2019, § 66b Rn. 8 sowie Heger/Pohlreich a.a.O. § 66b Rn. 1; anders hingegen wohl Fischer a.a.O. § 66b Rn. 16a a.E.), ist dem jedenfalls für den vorliegenden Fall Folgendes entgegenzuhalten: |
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| Nachdem die hier relevante Anlasstat der räuberischen Erpressung im Juli 2013 begangen wurde, handelt es sich um einen sogenannten Neufall, bei dem die Tat mithin erst nach der im Urteil des BVerfG vom 04.05.2011 (a.a.O.) zur Übergangsanordnung vorgesehenen Frist und damit auch während bereits eingetretener Geltung des seit dem 01.06.2013 wirksamen Gesetzes zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebots im Recht der Sicherungsverwahrung (SichVAbstUmsG) vom 05.12.2012 (BGBl. I, 2425) begangen wurde. Die namentlich in der Übergangsvorschrift des Art. 316f Abs. 2 Satz 2 und 3 EGStGB niedergelegten Voraussetzungen, die für die Altfälle die aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 04.05.2011 angesprochenen verfassungsrechtlichen Vorgaben umsetzen sollen, greifen daher von vorneherein nicht (siehe auch MüKoStPO/Putzke, 2018, EGStGB Art. 316e, f StGB Rn. 9). Weder die im Urteil des Bundesverfassungsgericht vom 04.05.2011 (2 BvR 2333/08 u.a., BVerfGE 128, 326) angesprochenen Vertrauensschutzgesichtspunkte noch die in dieser Entscheidung vom Verfassungsgericht bezogen auf die vormalige Rechtslage vermisste Einhaltung des Abstandsgebots kann daher - sechs Jahre nach Einführung des SichVAbstUmsG - bei der vorliegenden Fallgestaltung herangezogen werden (vgl. insoweit auch zu § 66 StGB BGH, Urteil vom 27.07.2017 - 3 StR 196/17, juris; Beschluss vom 15.01.2015 - 5 StR 474/14, NStZ 2015, 210; vgl. auch Peglau, jurisPR-StrafR 13/2018 Anm. 2 zu einer Entscheidung des OLG Sachsen-Anhalt [Beschluss vom 17.11.2017 - Ws (s) 328/17, juris], der außerhalb von „Vertrauensschutzfällen“ auch in Altfällen zur Vornahme einer „strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung“ entsprechend den Vorgaben des BVerfG [a.a.O. BVerfGE 128, 326] wohl keine Notwendigkeit mehr sieht). Im Übrigen stellten sich vorliegend Fragen des Vertrauensschutzes umso weniger, nachdem das Landgericht K ausweislich der Urteilsgründe der Anlassverurteilung vom 29.04.2014 keinen Zweifel daran gelassen hatte, dass die Sicherungsverwahrung gegen den Verurteilten zu verhängen gewesen wäre, wenn nicht - aus jener Sicht - zugleich die Voraussetzungen der Anordnung einem psychiatrischen Krankenhaus vorgelegen hätten. Von einem schützenswerten Interesse des Verurteilten, nicht damit rechnen zu müssen, sollte sich hinsichtlich der im Urteil des Landgerichts K vorgenommenen Einordnung seines psychischen Zustandes im Sinne von §§ 20, 21 StGB im weiteren Verlauf anderes ergeben, dass er anstelle des weiteren Vollzuges im psychiatrischen Krankenhaus nicht gemäß § 66b StGB in die Sicherungsverwahrung verlegt werden könnte, kann daher vorliegend keine Rede sein. |
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| Soweit Peglau (JR 2016, 491, 498) namentlich im Zusammenhang einer konventionsfreundlichen Auslegung des § 66b StGB der Überlegung näher tritt, Feststellungen zu einer behandlungs- oder sicherungsbedürftigen psychischen Störung als Ursache der fortbestehenden Gefährlichkeit zu treffen, brauchte der Senat dem schon angesichts des beim Verurteilten wie dargelegt weiterhin zu konstatierenden Krankheitsbildes in Form einer dissozialen Persönlichkeitsstörung und einer Polytoxikomanie nicht näher nachzugehen. Dass dessen hierdurch bedingte psychische Verfasstheit, wenngleich sie sich auch nicht in Form eines im Sinne von §§ 20, 21 StGB relevanten überdauernden Störungsbildes ausgewirkt hat, in Wechselwirkung zu dessen Taten steht, steht für den Senat nach den obigen Ausführungen außer Frage. |
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| Nach alledem war der Beschwerde gegen den Unterbringungsbefehl keine Folge zu geben. Eine abschließende Beurteilung bleibt jedoch der erkennenden Strafkammer vorbehalten, die ihrer Entscheidung insbesondere die nach § 275 Absatz 4 Satz 2 StPO erforderlichen Gutachten zweier Sachverständiger zugrunde zu legen hat. |
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| Nachdem die Strafvollstreckungskammer in dem Unterbringungsbefehl - unter anderer rechtlicher Einordnung einer zunächst noch zu vollstreckenden restlichen Freiheitsstrafe - den Vollzug des Unterbringungsbefehls im ZfP S angeordnet hat, hatte nunmehr - klarstellend - die aus dem Tenor ersichtliche Anordnung des Vollzuges in einer Justizvollzugsanstalt zu erfolgen. |
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| Der Vollzug des Unterbringungsbefehls in einer Justizvollzugsanstalt entspricht der sich aus § 275a Abs. 6 StPO folgenden Gesetzeslage. Nachdem nach den Ausführungen des Senats in seinem Beschluss vom heutigen Tage (2 Ws 272/19), auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, entgegen der Auffassung der Strafvollstreckungskammer in vorliegender Angelegenheit kein Strafrest mehr vorliegt, der weiterhin unter den bisherigen Bedingungen des Maßregelvollzugs vollzogen werden könnte, ist für einen weiteren Verbleib des Verurteilten in dieser Einrichtung kein Raum mehr. § 275a Abs. 6 Satz 4 StPO verweist auf näher bezeichnete Vorschriften des Untersuchungshaftvollzuges und nimmt damit die Vorschriften (auch) über die Vollstreckung von Untersuchungshaftbefehlen in Bezug (MüKoStPO/Gerold 1. Aufl. 2016, § 275a StPO 59). Auf § 126a Abs.1 StPO, der die einstweilige Unterbringung (u.a.) in einem psychiatrischen Krankenhaus ermöglicht, wird hingegen ausdrücklich nicht verwiesen, sondern lediglich auf § 126a Abs. 3 StPO, der die Voraussetzungen der Aufhebung eines Unterbringungsbefehls regelt. Damit steht in Übereinstimmung, dass auch landesrechtlich geregelt ist, einen Unterbringungsbefehl nach § 275a Abs. 6 StPO nach den Vorschriften der Untersuchungshaft zu vollziehen (§ 82 JVollzGB II; BeckOK Strafvollzug BW/Egerer, 11. Ed. 1.4.2019, JVollzGB II § 82 Rn. 1 [soweit auf § 275a „Abs. 5“ StPO verwiesen wird, bezieht sich dies auf die vormalige Fassung]). Hieraus folgt zwingend, dass der Vollzug der Unterbringung in einer Justizvollzugsanstalt zu erfolgen hat. |
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| Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin: Zum Erlass eines Unterbringungsbefehls nach § 275a Abs. 6 StPO bedurfte es zwar keines aktuellen Sachverständigengutachtens. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut von § 275a Abs. 4 StPO ist die Einholung des Gutachtens zweier Sachverständiger (erst) vor der Entscheidung in der Hauptsache erforderlich (OLG München, Beschluss vom 30.12.2004 - 2 Ws 1319/04, juris). Die Staatsanwaltschaft K wird aber, nachdem sie ihren Antrag auf Durchführung des Verfahrens nach § 66b StGB bislang noch nicht bei dem für die Durchführung des Verfahrens nach § 74f Abs. 1 GVG zuständigen Landgericht K gestellt hat, neben der Benachrichtigung des Verurteilten im Sinne von § 275 Abs. 1 Satz 4 StPO dies nunmehr umgehend nachzuholen und zugleich die Akten an das Landgericht K vorzulegen haben (§ 275a Abs. 1 Satz 5 StPO). Von dort werden unter der gebotenen besonderen Beachtung des Beschleunigungsgrundsatzes zwei Sachverständigengutachten (§ 275 Abs. 4 Satz 2 StPO) einzuholen sein, damit dem Verfahren nunmehr in der gebotenen Zügigkeit Fortgang gegeben werden kann. |
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