Beschluss vom Oberlandesgericht Naumburg (10. Zivilsenat) - 10 W 53/12 (Abl), 10 W 53/12

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 09.08.2012, Az.: 2 O 197/12, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird festgesetzt auf 33.664,00 €.

Gründe

I.

1

In dem Verfahren vor dem Landgericht Dessau-Roßlau, Az. 2 O 197/12, macht der Kläger Schadenersatzansprüche gegen die Beklagte geltend, weil diese ihn bei der Vermittlung und dem Abschluss einer Maschinen- und Kaskoversicherung für einen Radlader falsch beraten habe.

2

Der Kläger hatte den Radlader mit Vertrag vom 05.08.2010 von der Firma Z. Baugeräte GmbH gekauft. Die Maschinen- und Kaskoversicherung wurde mit Vermittlung der Beklagten durch den Kläger bei der Streitverkündeten G. Versicherung AG mit einer Versicherungssumme von 150.000,00 € abgeschlossen. Etwa ein Jahr nach Abschluss der Versicherung kam es zu einem Brand des Radladers, der einen wirtschaftlichen Totalschaden der Baumaschine bewirkte. Der Gutachter der Versicherung stellte fest, dass der Neuwert des Radladers für die Versicherung richtigerweise mit 246.200,00 € hätte veranschlagt werden müssen. Auf der Basis dieses Neuwertes ergab sich eine Schadenshöhe von 88.700,-€. Die G. Versicherung AG regulierte wegen des geringeren versicherten Neuwertes lediglich einen Betrag von 53.036,00 €, und berief sich auf den Unterversicherungseinwand. Hinsichtlich des offen gebliebenen Differenzbetrages abzüglich eines Betrages für niedrigere Versicherungsprämien wegen des zu niedrigen Neuwertes begehrt der Kläger Schadenersatz wegen Verletzung von Aufklärungspflichten durch die Beklagte bei der Vermittlung des Maschinen- und Kaskoversicherungsvertrages.

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Die Beklagte berief sich in der Klageerwiderung u. a. darauf, dass der Kläger sich gemäß § A 2 Ziff. 5 i) der Allgemeinen Bedingungen für die Maschinen- und Kaskoversicherung von fahrbaren und transportablen Geräten (ABMG 2008) für den Schadensausgleich vorrangig an die Verkäuferin des Radladers, die Firma Z. GmbH, hätte wenden müssen, da insofern noch Garantieansprüche bestanden hätten. Gemäß § A 2 Ziff. 5 i) ABMG 2008 leistet der Versicherer ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen keine Entschädigung für Schäden, soweit für sie ein Dritter als Lieferant (Hersteller oder Händler), Werkunternehmer oder aus Reparaturauftrag einzutreten hat. Der Kläger ging innerhalb der Replikfrist und bis zur mündlichen Verhandlung nicht auf diesen Einwand der Beklagten ein, sondern erklärte an Stelle einer Replik die Streitverkündung im Verhältnis zur G. Versicherungs AG aufgrund weiterer anderer Einwendungen der Beklagten.

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In dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 02.08.2012 führte der Vorsitzende, Richter am Landgericht P., als Einzelrichter in den Sach- und Streitstand ein. Dabei wurde laut Protokoll im Zuge des Rechtsgesprächs mit den Parteivertretern der Einwand der Beklagten erörtert, dass sich der Kläger vor Inanspruchnahme der G. Versicherung an die Firma Z. hätte halten müssen. Der Richter gab im Zuge der Erörterung seine Rechtsansicht bekannt, dass dieser Einwand durchgreifen könne. Er erklärte, dass dies dazu führen dürfte, dass der vom Kläger gegen die Beklagte geltend gemachte Schadenersatzanspruch gegen eine Aufklärungs- und Beratungspflichtverletzung nicht bestehen könnte, weil es an der Kausalität einer Aufklärung- und Beratungspflichtverletzung, wenn sie denn vorliegen würde, fehlen könnte. Daraufhin erklärte die Klägervertreterin laut schriftlichem Protokoll, dass sie auf den soeben erteilten richterlichen Hinweis gemäß § 139 ZPO eine Schriftsatzfrist beantrage, um ggf. dazu ergänzend vorzutragen. Der Vorsitzende erklärte laut Protokoll dann, dass das Gericht mit den Parteivertretern ein Rechtsgespräch geführt habe, aber keinen richterlichen Hinweis gemäß § 139 ZPO an die Klägerin erteilt habe. Ein solcher richterlicher Hinweis gemäß § 139 ZPO sei nach dem Verständnis des Gerichtes nämlich die Aufforderung an die jeweilige Prozesspartei, schlüssiges Vorbringen weiter zu substantiieren, d. h. detailliert darzulegen. Das Rechtsgespräch mit den Parteien sei nach dem Verständnis des Gerichts somit kein richterlicher Hinweis gemäß § 139 ZPO.

5

Daraufhin lehnte die Klägervertreterin laut Protokoll den Richter am Landgericht P. als Einzelrichter wegen Besorgnis der Befangenheit ab.

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Die mündliche Verhandlung wurde daraufhin auf einen noch nicht bestimmten weiteren Termin vertagt.

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Mit Beschluss des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 09.08.2012, Az.: 2 O 197/12, wurde das gegen den Richter am Landgericht P. gerichtete Ablehnungsgesuch vom 02.08.2012 für unbegründet erklärt. Zur Begründung führte die Kammer im Wesentlichen aus, das beanstandete dienstliche Verhalten sei aus Sicht des Klägers bei vernünftiger Betrachtung nicht geeignet, die Befürchtung zu wecken, der abgelehnte Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber. Die Ankündigung, einen Schriftsatznachlass gemäß § 139 ZPO nicht zu gewähren, sei weder eine unsachgemäße Verfahrensleitung noch ein verfahrensrechtlicher Verstoß. Eines rechtlichen Hinweises habe es in der Situation nicht bedurft, weil es sich nicht um einen Gesichtspunkt gehandelt habe, den der Kläger erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hatte. Der Kläger habe sich bereits aufgrund der dezidierten Ausführungen in der Klageerwiderung darauf einstellen müssen, dass die von der Beklagten aufgeworfene Rechtsfrage in der mündlichen Verhandlung zum Gegenstand der Erörterung gemacht werden würde. Der teilweise protokollierte Inhalt des Rechtsgespräches habe daher nicht den Charakter der Dokumentation eines rechtlichen Hinweises gemäß § 139 Abs. 4 ZPO gehabt, auf den der Richter einen Schriftsatznachlass hätte gewähren müssen. Auch die vorläufig geäußerte Rechtsauffassung des Richters zum möglichen Ausgang des Rechtsstreites habe für sich genommen keinen Anlass gegeben, Misstrauen gegen seine unparteiliche Amtsausführung zu hegen. Die Einholung einer dienstlichen Äußerung des Richters gemäß § 44 Abs. 3 ZPO sei entbehrlich gewesen, weil sich die für die Entscheidung maßgeblichen Umstände aus der Verfahrensakte selbst, insbesondere dem Sitzungsprotokoll, ergäben. Darüber hinaus liege offensichtlich ein Ablehnungsgrund nicht vor.

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Mit Schriftsatz vom 06.09.2012, der per Fax am 10. September 2012 bei Gericht einging, legte der Kläger gegen den Beschluss des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 09.08.2012 sofortige Beschwerde ein. Zur Begründung wurde im Wesentlichen angeführt, es habe die Besorgnis der Befangenheit gemäß § 42 Abs. 2 ZPO bestanden. Die Zurückweisung des Antrages auf Gewährung einer Schriftsatzfrist habe einen groben Verstoß gegen § 139 Abs. 5 ZPO dargestellt. Grob verfahrensfehlerhaft habe der abgelehnte Richter unter Verkennung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Erteilung von gerichtlichen Hinweisen und der Einräumung einer Schriftsatzfrist in der konkreten Verfahrenssituation einen rechtlichen Hinweis nach § 139 ZPO, der geboten gewesen wäre, nicht erteilt. Bereits vorab hätte das Gericht richtigerweise gemäß § 139 Abs. 4 ZPO den entsprechenden Hinweis erteilen müssen. Soweit der Richter ausgeführt habe, er habe gar keinen richterlichen Hinweis erteilt, sondern nur ein Rechtsgespräch geführt, sei dies falsch und ergebe keinen Sinn. Der Richter habe im Rahmen der Erörterung des Sach- und Rechtsstandes darauf hingewiesen, dass er die Einwendung der Beklagten hinsichtlich der vorrangigen Inanspruchnahme des Herstellers für durchgreifend halte. Darin sei ein rechtlicher Hinweis enthalten gewesen. Es sei auch nicht so, dass ein rechtlicher Hinweis hier entbehrlich gewesen wäre, weil die Beklagte auf diese rechtlichen Gesichtspunkte bereits hingewiesen habe. Insgesamt läge ein grober Verfahrensverstoß vor, mit dem gegen Verfahrensgrundrechte, nämlich den Anspruch auf rechtliches Gehör, verstoßen worden sei. Dieser Verstoß sei geeignet gewesen, bei dem Kläger den Eindruck einer sachwidrigen, auf Voreingenommenheit beruhenden Benachteiligung hervorzurufen.

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Mit Beschluss vom 10.09.2012 half das Landgericht Dessau-Roßlau der Beschwerde nicht ab und fügte dabei als weiter Begründung noch an, dass die Frage, ob die vom abgelehnten Richter in der mündlichen Verhandlung geäußerte Rechtsansicht zutreffend sei, im Ablehnungsverfahren nicht Gegenstand der Prüfung sei.

II.

10

Die gemäß den §§ 46 Abs. 2, 2. Alternative, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch ansonsten zulässige, insbesondere gemäß § 569 Abs. 1 ZPO form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

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Das Landgericht Dessau-Roßlau hat das Ablehnungsgesuch des Klägers vom 02.08.2012 gegen den Richter am Landgericht P. als Einzelrichter zutreffend als unbegründet zurückgewiesen.

12

Die sofortige Beschwerde des Klägers ist nicht bereits deshalb begründet, weil der Beschluss des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 09.08.2012 ergangen ist, ohne dass zuvor eine dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters gemäß § 44 Abs. 3 ZPO eingeholt worden wäre. Die dienstliche Äußerung, die der abgelehnte Richter gemäß § 44 Abs. 3 ZPO abzugeben hat, dient innerhalb des Ablehnungsverfahrens der Feststellung des für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch erheblichen Sachverhaltes (vgl. LG Saarbrücken, 5 T 493/10; OLG Köln, 2 Lw 127/08, beide m. w. N., beide zitiert nach juris). Wenn der für das Ablehnungsgesuch entscheidungserhebliche Sachverhalt aus schriftlich niedergelegten oder sonst schriftlich verfassten und somit aktenkundigen Entscheidungen des abgelehnten Richters besteht, ist demnach eine dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters gemäß § 44 Abs. 3 ZPO nicht erforderlich, denn es ergeben sich die entscheidungsrelevanten Tatsachen schon aus dem schriftlichen Akteninhalt (vgl. LG Saarbrücken, 5 T 493/10 m. w. N.; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof München, 11 CE 11.1955). So lag der Sachverhalt hier. Der für das Ablehnungsgesuch relevante Sachverhalt ergab sich aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 02.08.2012, welches sich in der Akte befindet.

13

Die Ablehnung war auch nicht gem. § 42 Abs.1 ZPO wegen Besorgnis der Befangenheit begründet. Die vom Kläger vorgebrachten Ablehnungsgründe sind nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit gemäß § 42 Abs. 2 ZPO zu begründen.

14

Gemäß § 42 Abs. 1 ZPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit findet gemäß § 42 Abs. 2 ZPO statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Geeignet, Misstrauen gegen die unparteiliche Amtsausübung des Richters zu rechtfertigen, sind nur objektive Gründe, die vom Standpunkt eines Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht mehr unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber; rein subjektive unvernünftige Vorstellungen des Ablehnenden scheiden aus (Vollkommer in Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 42 Rn. 9 m.w.N.).

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Vorliegend leitet der Kläger die Besorgnis der Befangenheit im Sinne von § 42 Abs. 2 ZPO aus einem behaupteten Verstoß des abgelehnten Richters gegen zivilprozessuale Normen im Rahmen des Verfahrens ab.

16

Dabei geht der Vorwurf im Ergebnis dahin, dass der abgelehnte Richter einen rechtlichen Hinweis gemäß § 139 Abs. 2 ZPO erteilt habe und dann trotz entsprechenden Antrags der Klägervertreterin entgegen § 139 Abs. 5 ZPO eine Schriftsatzfrist daraufhin habe nicht einräumen wollen.

17

Zwar trägt der Beschwerdeführer auch vor, der Richter habe trotz Vorliegens einer dazu verpflichtenden prozessualen Lage gerade keinen Hinweis gem. § 139 Abs. 2 ZPO gegeben. Darin liegt aber nicht der eigentlich Vorwurf gegen den abgelehnten Richter. Denn es ergibt sich aus dem Protokoll und ist insoweit auch nicht streitig, dass der abgelehnte Richter den rechtlichen Gesichtspunkt, den der Kläger anders bewertet hatte und daher für unerheblich gehalten hatte, ansprach und auch seine vorläufige rechtliche Meinung dazu äußerte. Ob dies als rechtlicher Hinweis im Sinne des § 139 Abs. 2 ZPO einzuordnen war oder - obwohl ein rechtlicher Hinweis jedenfalls inhaltlich gegeben wurde - dies dennoch prozessual anders zu bewerten war, so dass jedenfalls kein Hinweis im Sinne von § 139 Abs. 2 ZPO vorgelegen hätte, was offensichtlich die Rechtsmeinung des abgelehnten Richters war, ist für die materielle Frage, dass der Kläger im Termin der mündlichen Verhandlung Kenntnis von der Erheblichkeit dieses rechtlichen Gesichtspunktes aus Sicht des Richters erhielt, nicht entscheidend.

18

Ob in der vom abgelehnten Richter in der mündlichen Verhandlung am 02.08.2012 geäußerten Rechtsansicht ein Hinweis im Sinne des § 139 Abs. 2 ZPO gelegen hat, oder ob das Gericht jedenfalls einen derartigen rechtlichen Hinweis nach § 139 Abs. 2 ZPO hätte geben müssen und dann folgerichtig auch einem Antrag auf Schriftsatznachlass gemäß § 139 Abs. 5 ZPO der Klägervertreterin hätte stattgeben müssen, kann auch für die Frage der Besorgnis der Befangenheit gem. § 42 Abs. 2 ZPO dahinstehen.

19

Im Rahmen der rechtlichen Prüfung der Frage des Vorliegens der Besorgnis der Befangenheit im Sinne von § 42 Abs. 2 ZPO, kommt es grundsätzlich auf die Fehlerhaftigkeit der Rechtsauffassung des Gerichts nicht an (vgl. OLGR Schleswig 2002, 327). Auch Verfahrensverstöße im Rahmen der Prozessleitung oder fehlerhafte Entscheidungen stellen grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund im Sinne des § 42 Abs. 2 ZPO dar (vgl. OLG Celle, MDR 2009, 1130). Dies beruht darauf, dass die Befangenheitsablehnung grundsätzlich kein Instrument zur Fehler- und Verfahrenskontrolle darstellt.

20

Danach wäre es für sich allein genommen kein Grund, der die Besorgnis der Befangenheit gegen den abgelehnten Richter im Sinne von § 42 Abs. 2 ZPO rechtfertigen würde, wenn dieser gegen seine Pflichten aus § 139 ZPO, sei es bereits zur Erteilung eines terminsvorbereitenden Hinweises gemäß § 139 Abs. 4 ZPO, sei es zur Erteilung eines Hinweises gemäß § 139 Abs. 2 ZPO in der mündlichen Verhandlung oder sei es zur Einräumung einer Gelegenheit zur Stellungnahme zu einem solchen Hinweis gemäß § 139 Abs. 5 ZPO, verstoßen hätte.

21

Nach den genannten Grundsätzen für die Bewertung von fehlerhaften Rechtsansichten und Verfahrensverstößen als Grund für eine Besorgnis der Befangenheit kommt es für die Frage der Besorgnis der Befangenheit gem. § 42 Abs. 2 ZPO auch nicht darauf an, ob der abgelehnte Richter mit seiner im Termin am 02.08.2012 geäußerten Rechtsauffassung zu dem Einwand der Beklagten materiellrechtlich richtig gelegen hat. Selbst wenn diese Rechtsansicht als falsch zu beurteilen wäre, könnte daraus nicht der Schluss gezogen werden, der Richter habe sich diese falsche Rechtsmeinung zulasten des Klägers gebildet, weil er dieser nicht unvoreingenommen gegenüberstehe.

22

Anders kann die Bewertung von Fehlern in prozessrechtlichen Bereich bei besonders groben Verfahrensverstößen sein. Besonders grobe Verfahrensverstöße in diesem Sinne sind Verfahrensfehler, bei denen das prozessuale Vorgehen des Richters einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage entbehrt und sich so sehr von dem normalerweise geübten Verfahren entfernt, dass sich für die dadurch betroffene Partei der Eindruck einer sachwidrigen, auf Voreingenommenheit beruhenden Benachteiligung aufdrängt (vgl. dazu: OLGR 2003, 262; KG NJW 2004, 2104; KG NJW 2006, 1577).

23

Ein derartig grober Verfahrensverstoß liegt bei dem vom Kläger beanstandeten Verhalten des abgelehnten Richters in der mündlichen Verhandlung am 02.08.2012 nicht vor. Inhalt, Ausmaß und Grenzen der richterlichen Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO stellen ein ständiges Spannungsfeld innerhalb von Zivilprozessen dar. Dass das Gericht hierbei Inhalt und Grenzen seiner Hinweispflichten gem. § 139 ZPO anders bewertet als die Parteien bzw. die Parteivertreter, stellt einen alltäglichen Vorgang im Rahmen von Zivilprozessen dar, der nicht aus dem Rahmen des „normalerweise geübten Verfahrens“ heraus fällt. Eine Kontroverse einer Partei mit dem erkennenden Gericht über die Reichweite der Hinweispflichten gem. § 139 ZPO daher den Verdacht einer Voreingenommenheit gegenüber einer Partei nicht nahe, auch wenn das Gericht dabei im Einzelfall Inhalt und Reichweite seiner Hinweispflichten gem. § 139 ZPO verfahrensfehlerhaft bewertet hätte.

24

Zudem war bei der Frage nach dem Vorliegen eines besonders schwerwiegenden Verfahrensverstoßes zu berücksichtigen, dass sich der fragliche Hinweis nach § 139 ZPO und die Ablehnung der Gewährung einer Schriftsatzfrist hierzu auf einen rechtlichen Gesichtspunkt bezog. Bei Rechtsfragen steht es jeder Partei auch ohne Einräumung eines Schriftsatznachlasses jederzeit offen, noch weiter rechtliche Meinungen zu äußern. Auch insofern wäre der Verfahrensverstoß, den der Kläger rügt, wenn er als solcher vorliegen würde, nicht als besonders grober Verfahrensverstoß zu bewerten, der für sich alleine genommen geeignet sein kann, die Besorgnis der Befangenheit gemäß § 42 Abs. 2 ZPO zu rechtfertigen.

25

Sonstige Gesichtspunkte, die in Verbindung mit dem behaupteten Verfahrensverstoß geeignet sein könnten, die Besorgnis der Befangenheit im Sinne des § 42 Abs. 2 ZPO zu rechtfertigen, sind nicht vorgetragen und auch nicht sonst ersichtlich.

III.

26

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

27

Der Wert des Beschwerdeverfahrens richtet sich gemäß den §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 48 GKG in Verb. mit § 3 ZPO nach dem Streitwert der Hauptsache.


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