Urteil vom Oberlandesgericht Naumburg (1. Zivilsenat) - 1 U 14/13

Tenor

Die Berufungen der Klägerin und der Beklagten gegen das am 15. Januar 2013 verkündete Urteil des Landgerichts Magdeburg werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 3/5 und die Beklagte 2/5.

Dieses, wie auch das angefochtene Urteil des Landgerichts sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug entspricht der Gebührenstufe bis 16.000,00 EUR.

Gründe

1

Von der Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1, 543 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, 544 ZPO, § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO abgesehen.

2

Die zulässigen Berufungen der Parteien bleiben in der Sache ohne Erfolg. Im Ergebnis der zum Teil erneuten Feststellungen des Senats erweist sich das angefochtene Urteil als zutreffend (§§ 513 Abs. 1, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der als Amtspflicht ausgestalteten gemeindlichen Aufgabe, den zwischen den beiden Einkaufsmärkten eröffneten Verkehr vor den von Eisglätte ausgehenden Gefahren zu schützen (§ 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG u. §§ 47 Abs. 2 Satz 1, 9 Abs. 4, 2 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 1 Nr. 3, 42 Abs. 1 Satz 3 StrG LSA).

3

Die Beklagte war am Schadenstag zum Winterdienst verpflichtet. Sie hatte einen Zustand zu gewährleisten, der es einem die notwendige Sorgfalt aufwendenden Fußgänger erlaubte, den Weg zwischen den Lebensmittelmärkten ohne Gefahr zu benutzen. Gerade an der Stelle des Unfalls der Klägerin bestand, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, hierzu im Besonderen Anlass, da mit vielen einkaufenden Personen gerechnet werden musste. Dem wurde nicht genügt.

4

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme herrschte am 22. 1. 2010 gegen 10.15 Uhr auf dem Weg zwischen den Märkten teilweise Eisglätte, die nicht sofort ins Auge fiel und nicht zu umgehen war. Zumindest aus den Aussagen der Zeugen P. und T. gewinnt der Senat die Überzeugung, dass die beiden, den von der Klägerin begangenen Verbindungsweg kreuzenden Fahrspuren durch überfrierende Nässe extrem glatt und nicht ohne Gefahr zu benutzen waren. Dort gab es, so der Zeuge T., keine Stelle, die nicht glatt gewesen wäre. Alle Zeugen schilderten die mit der Nutzung des Weges verbundene Gefahr, zu Fall zu kommen. Passanten seien gerutscht und hätten sich an ihren Einkaufswagen festhalten müssen. Auch zu weiteren Stürzen sei es gekommen. Der Senat hat keinen Grund, an der Richtigkeit der Aussagen zu zweifeln, auch wenn der Zeuge H. offensichtlich bemüht war, nunmehr unmissverständlich zugunsten der Klägerin auszusagen. Es ist gut nachzuvollziehen, dass die den Weg kreuzenden Fahrzeuge Nässe mitbrachten und verteilten, die dann im Bereich des Übergangs für Fußgänger unvorhersehbar gefror und den Fahrbahnbereich gefährlich glatt werden ließ.

5

Die Verkehrssicherungspflicht der Beklagten bezog sich auch auf die Fahrbahnen, denn diese mussten begangen werden, um von einem in das andere Geschäft zu gelangen (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 72. Aufl., § 823 Rdn. 226). Auch insoweit mussten die Bediensteten der Beklagten die Glätte wahrnehmen und beseitigen. Nach den Feststellungen des Landgerichts wurden aber nicht einmal dahingehende Kontrollen unternommen.

6

Der Klägerin kann unter Berücksichtigung dessen gerade nicht als Mitverschulden entgegen gehalten werden, sie hätte die glatte Fläche ungesichert betreten. Zunächst hat der Zeuge H. bekundet, man habe die Glätte nicht sehen können. Außerdem musste die Klägerin die Fahrbahnen überqueren, weil anders ihr Ziel nicht zu erreichen und der Einkauf nicht fortzusetzen war.

7

Den glättebedingten Sturz der Klägerin hat bereits das Landgericht beanstandungsfrei festgestellt. Der Zeuge H. bestätigte ihn nochmals vor dem Senat. Auch die übrigen Zeugen konnten zumindest die erlittene Verletzung der Klägerin bekunden.

8

Der danach zu leistende Schadensersatz umfasst die vom Landgericht zugesprochenen Positionen (§§ 249 Abs. 2 Satz 1, 253, 843 Abs. 1 BGB). Gegen die Höhe des vom Landgericht zuerkannten Schmerzensgeldes und des Haushaltsführungsschadens sowie die hierzu getroffenen Feststellungen des Landgerichts ist unter Berücksichtigung von § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO nichts zu erinnern. Die gebotene Schätzung ist Sache des Tatrichters. Mit ihrem den erstinstanzlichen Vortrag im Wesentlichen wiederholenden Berufungsvorbringen versuchen die Parteien nur, ihre Bewertung des Schadens an die Stelle derjenigen des Landgerichts zu setzen, ohne dass eine solche Sicht der Dinge aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen zwingend erscheint.

9

Sonach erweisen sich auch die feststellende und die Entscheidung der Einzelrichterin zu den vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten der Klägerin als richtig.

10

Die Kosten sind nach §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO verteilt. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht.

11

Der festgesetzte Streitwert beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 43 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG; § 3 ZPO.


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