Beschluss vom Oberlandesgericht Naumburg (2. Senat für Familiensachen) - 8 UF 153/14

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den am 27. Juni 2014 verkündeten Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Eisleben wird auf ihre Kosten verworfen.

Der Beschwerdewert beträgt bis EUR 100.

Gründe

I.

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Der Antragsteller fordert von der Antragsgegnerin Belege, um einen Anspruch auf Zugewinnausgleich ermitteln zu können.

2

Der Antragsteller und die Antragsgegnerin haben am 30. Mai 1981 die Ehe miteinander geschlossen. Auf Grund eines notariellen Vertrags vom 05. Dezember 2000 erwarb die Antragsgegnerin das Alleineigentum an einem Baugrundstück an der L. 20 in A., auf dem sie von dem Bauunternehmen M. GmbH aus K. ein Eigenheim errichten ließ. Nachdem das Bauunternehmen den Auftrag ausgeführt hatte, machte der Antragsteller oder die Antragsgegnerin beim Amtsgericht - Familiengericht - Aschersleben das Ehescheidungsverfahren rechtshängig, in dem die Ehe mit Beschluss vom 12. Juli 2012 rechtskräftig geschieden wurde.

3

Da der Zugewinnausgleich nicht durchgeführt wurde, forderte der Antragsteller - nachdem er eine Auskunft über das Vermögen der Antragsgegnerin angemahnt hatte, soweit es für die Berechnung ihres Anfangs- und Endvermögens maßgeblich ist (§ 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB) - die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 23. Januar 2013 auf, die Feststellung des Werts ihres Hausgrundstücks mit Hilfe eines von ihm, dem Antragsteller, zu beauftragenden Sachverständigen zu dulden (analog § 1379 Abs. 2 Satz 3 BGB; vgl. Erman/Budzikiewicz, BGB, 13. Auflag, § 1379 Rn 15 unter Bezugnahme auf die Rspr. des Bundesgerichtshofs).

4

Als sich herausstellte, dass die Antragsgegnerin ihr Hausgrundstück auf Grund eines notariellen Vertrags vom 19. März 2013 veräußert hatte und die Erwerber F. und K. F. es nicht gestatteten, dass ein Sachverständiger das Hausgrundstück besichtige (vgl. Erman/Budzikiewicz a.a.O. m.w.N.), forderte der Antragsteller - nachdem das Bauunternehmen M. GmbH mitgeteilt hatte, die Bauunterlagen nur mit Zustimmung der Antragsgegnerin herauszugeben - die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 04. September 2013 auf, ihm, dem Antragsteller, gegenüber die Zustimmung zur Herausgabe der Bauunterlagen durch das Bauunternehmen zu erklären.

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Und als die Antragsgegnerin die Abgabe der Willenserklärung verweigerte, machte der Antragsteller am 25. Oktober 2013 beim Amtsgericht - Familiengericht - Eisleben das vorliegende Verfahren anhängig, in dem die Antragsgegnerin mit einem am 27. Juni 2014 verkündeten Beschluss (nach einem Verfahrenswert von EUR 3.000; § 42 Abs. 3 FamGKG; vgl. Schneider/Volpert/Fölsch, FamGKG, 2. Auflage, § 52 Rn 42) zur Abgabe der Zustimmung verpflichtet wurde.

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Gegen diese - ihr am 03. Juli 2014 zugestellte - Entscheidung wendet sich die Antragsgegnerin mit der am 29. Juli 2014 beim Familiengericht eingereichten und sogleich begründeten Beschwerde, mit der sie ihren erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt, den Antrag auf Abgabe der Zustimmungserklärung abzuweisen.

II.

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Die form- und fristgemäße Beschwerde (§§ 58 ff., § 117 FamFG) ist nicht zulässig, da die Antragsgegnerin durch die angefochtene Entscheidung nicht mit mehr als EUR 600 beschwert wurde:

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1. Nachdem der Antragsteller eine Auskunft über das Vermögen der Antragsgegnerin angemahnt hatte, soweit es für die Berechnung ihres Anfangs- und Endvermögens maßgeblich ist (§ 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB), fordert er nunmehr Belege, um den Wert des Hausgrundstücks der Antragsgegnerin mit Hilfe eines von ihm, dem Antragsteller, zu beauftragenden Sachverständigen - auf seine Kosten - ermitteln zu können (analog § 1379 Abs. 2 Satz 3 BGB; vgl. Erman/Budzikiewicz, BGB, 13. Auflage, § 1379 Rn 15 unter Bezugnahme auf die Rspr. des Bundesgerichtshofs). Schon nach dem vor dem 01. September 2009 geltenden alten Recht hatte der geschiedene Ehegatte nicht nur eine Auskunft über sein Vermögen zu erteilen, soweit es für die Berechnung seines Anfangs- und Endvermögens maßgeblich war, sondern auf Anforderung auch Belege vorzulegen, soweit der andere Ehegatte diese benötigte, um einen Anspruch auf Zugewinnausgleich ermitteln zu können; dabei konnte es sich auch um Bauunterlagen handeln, die Anhaltspunkte für den Wert eines Hausgrundstücks des Auskunftspflichtigen lieferten, den der Auskunftsberechtigte mit Hilfe eines von ihm - auf seine Kosten - zu beauftragenden Sachverständigen feststellen konnte (§ 242 BGB; vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 73. Auflage, § 1379 Rn 12 unter Bezugnahme auf OLG Karlsruhe, MDR 1998, 53; ferner Haussleiter, Vermögensauseinandersetzung anlässlich Scheidung und Trennung, 1. Auflage, S. 143 Rn 380 f. unter Bezugnahme auf die Rspr. des Bundesgerichtshofs). Und nach dem seit 01. September 2009 geltenden neuen Recht besteht ein Anspruch auf Vorlage von Belegen auch dann, wenn der Anspruch lediglich geltend gemacht wird, um eine vom Auskunftspflichtigen erteilte Auskunft überprüfen zu können (§ 1379 Abs. 1 Satz 2 BGB n.F.); insofern ist das Güterrecht dem Unterhaltsrecht (vgl. § 1580 Satz 2 in Verbindung mit § 1605 Abs. 1 Satz 2 BGB) angeglichen worden. Der auskunftspflichtige Ehegatte hat also nicht nur die Kosten der von ihm zu erteilenden Auskunft, sondern auch die Kosten, die mit der Vorlage der Belege verbunden sind, zu tragen (vgl. Erman/Budzikiewicz a.a.O., § 1379 Rn 15 unter Bezugnahme auf die Motive des Gesetzes).

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Soweit der auskunftspflichtige Ehegatte (wie die Antragsgegnerin) nicht im Besitz der vorzulegenden Belege ist, weil sich diese im Besitz eines Dritten (hier: des Bauunternehmens M. GmbH aus K. ) befinden, hat er sich die Belege - auf seine, des Auskunftspflichtigen, Kosten - von dem Dritten zu verschaffen; denn der Anspruch des auskunftsberechtigten Ehegatten auf Vorlage der Belege erlischt erst dann, wenn er auf eine dem Auskunftspflichtigen nicht mögliche Leistung gerichtet ist, weil keine Belege (mehr) existieren (§ 275 BGB; Erman/Budzikiewicz a.a.O., § 1379 Rn 14, wo auf Erman/Hammermann a.a.O., § 1605 Rn 26 verwiesen wird). Unter diesen Umständen hat der auskunftspflichtige Ehegatte mithin auch die Kosten der Beschaffung der Belege zu tragen (vgl. Schneider, Streitwert, 13. Auflage, Rn 1406 m.w.N.; ferner NK-BGB/Löhnig, 3. Auflage, § 1379 Rn 8, wo auf NK-BGB/Vogel a.a.O., § 1605 Rn 68 verwiesen und ausgeführt wird, dass zu den Beschaffungskosten sogar die Kosten eines gegen den Dritten zu führenden Rechtsstreits gehören können).

10

Wer - wie der Antragsteller - einen solchen Verschaffungsanspruch geltend macht, braucht in seinem Antrag auf Vornahme der erforderlichen Handlung zwar nur die vorzulegenden Belege bestimmt genug zu bezeichnen, um seinem Antrag die notwendige Bestimmtheit zu verleihen und ggf. eine Vollstreckung (§§ 887 f. ZPO) zu ermöglichen (§ 113 FamFG in Verbindung mit § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO; vgl. Wieczorek/Assmann, ZPO, 4. Auflage, § 253 Rn 83, 86 und 87, jeweils m.w.N.), denn es obliegt dem Schuldner des Verschaffungsanspruchs - hier: der Antragsgegnerin -, alle Handlungen vorzunehmen, die im konkreten Einzelfall erforderlich sind, um den Anspruch zu erfüllen (vgl. Palandt/Weidenkaff a.a.O., § 433 Rn 18 m.w.N.); kommt im konkreten Einzelfall aber nur eine ganz bestimmte Handlung in Betracht, um die Erfüllung des Verschaffungsanspruchs zu bewirken, dann kann der Gläubiger seinen Antrag jedoch auch auf die Vornahme dieser Handlung beschränken (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, § 253 Rn 13c m.w.N., u.a. unter Bezugnahme auf Schneider, MDR 1987, 639 f.).

11

Da sich die streitbefangenen Bauunterlagen im Besitz des Bauunternehmens M. GmbH befinden und das Bauunternehmen mitgeteilt hat, die Unterlagen nur mit Zustimmung der Antragsgegnerin herauszugeben, hat der Antragsteller seinen Antrag darauf beschränkt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm, dem Antragsteller, gegenüber die Zustimmung zur Herausgabe der Bauunterlagen durch das Bauunternehmen zu erklären, mithin eine Willenserklärung abzugeben (§ 894 ZPO); d.h., die Antragsgegnerin braucht sich die Unterlagen nicht einmal mehr von dem Bauunternehmen zu verschaffen, um ihre Pflicht zu erfüllen, sondern sie kann ihrer Pflicht auch schon durch Abgabe der besagten Zustimmungserklärung nachkommen. So ist der vom Antragsteller geltend gemachte Anspruch vom Familiengericht auch tituliert worden.

12

2. Demnach kann die Beschwerde der Antragsgegnerin nicht als zulässig gewertet werden:

13

Ebenso wie ein Anspruch auf Erteilung einer Auskunft über das Vermögen eines Ehegatten, soweit es für die Berechnung ihres Anfangs- und Endvermögens maßgeblich ist (§ 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB), dient auch der Anspruch auf Vorlage von Belegen, um eine erteilte Auskunft überprüfen oder mit Hilfe eines Sachverständigen den Wert eines Vermögensgegenstands feststellen zu können (§ 1379 Abs. 1 Satz 2 BGB n.F.), lediglich der Geltendmachung eines Anspruchs auf Zugewinnausgleich, also der Vorbereitung einer vermögensrechtlichen Streitigkeit, bei der eine Beschwerde nur zulässig ist, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands EUR 600 übersteigt (§ 61 Abs. 1 FamFG; Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 3. Auflage, § 61 Rn 5 m.w.N.). Dabei ist, wenn sich der auskunftspflichtige Ehegatte - wie die Antragsgegnerin - gegen eine ihm auferlegte Pflicht zur Vorlage von Belegen beschwert, nicht (wie im ersten Rechtszug) auf das Angriffsinteresse des Gläubigers (§ 42 FamGKG), sondern lediglich auf das Abwehrinteresse des Schuldners abzuheben (§ 113 FamFG in Verbindung mit § 3 ZPO; vgl. Schneider/Volpert/Fölsch a.a.O., § 40 Rn 30; ferner BGH, FamRZ 1991, 317 f.), dessen Wert nur darin bestehen kann, die mit der Vorlage der Belege verbundenen Kosten nicht tragen zu müssen (vgl. Zöller/Herget a.a.O., § 3 Rn 16 - Stichwort: Auskunft -).

14

Die Kosten der Antragsgegnerin erreichen nach Schätzung des Senats nicht einmal EUR 100, denn die Antragsgegnerin ist vom Familiengericht nicht zur Beschaffung und Vorlage der streitbefangenen Bauunterlagen (also zur Vornahme einer Handlung), sondern lediglich zur Zustimmung zur Herausgabe der Bauunterlagen durch das Bauunternehmen M. GmbH (d.h. zur Abgabe einer Willenserklärung) verpflichtet worden; diese Erklärung kann sie ohne nennenswerte Kosten abgeben.

III.

15

1. Mit Verfügung des Senats vom 12. August 2014 wurde die Antragsgegnerin darauf hingewiesen, dass Bedenken gegen die Zulässigkeit ihrer Beschwerde bestehen, weil der Beschwerdewert von mehr als EUR 600 nicht erreicht sein dürfte; gleichwohl hat die Antragsgegnerin an ihrer Beschwerde festgehalten, wie aus Ihrem Schriftsatz vom 21. August 2014 hervorgeht.

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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 113 FamFG in Verbindung mit § 97 Abs. 1 ZPO, der Beschwerdewert folgt aus § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG in Verbindung mit § 3 ZPO (vgl. Schneider/Volpert/Fölsch, FamGKG, 2. Auflage, § 40 Rn 30).


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