Beschluss vom Oberlandesgericht Rostock (Vergabesenat) - 17 Verg 4/19

Tenor

1. Die Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Nachprüfungsantrag verworfen wird.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Antragsgegners und des Beigeladenen. Die Hinzuziehung anwaltlicher Bevollmächtigter durch den Antragsgegner war im Beschwerdeverfahren notwendig.

3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf … € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfahrensbeteiligten streiten um die vergaberechtliche Zulässigkeit einer Kooperationsvereinbarung, die das Bildungsministerium des antragsgegnerischen Landes mit dem Beigeladenen abgeschlossen hat.

2

Unter dem Dach des …-Hauptverbandes, dem der Beigeladene angehört, werden deutschlandweit etwa … Jugendherbergen betrieben, darunter insgesamt .. in Mecklenburg-Vorpommern, von denen … in unmittelbarer Trägerschaft des Beigeladenen - einem eingetragenen Verein - stehen. Diese werden auch für Klassenfahrten genutzt. Voraussetzung für die Nutzung der Angebote des Beigeladenen, des …-Hauptverbandes und der Jugendherbergen von … im Ausland ist eine Mitgliedschaft bei dem Beigeladenen. Neben individuellen Mitgliedschaften besteht die Möglichkeit körperschaftlicher Mitgliedschaften etwa für Schulen bzw. deren Träger oder Vereine.

3

In der Satzung des Beigeladenen vom … heißt es hierzu in § 7:

4

„(1) Mitglieder des Landesverbandes sind Einzelmitglieder, körperschaftliche Mitglieder, Ehrenmitglieder sowie [...].

5

(2) Körperschaftliche Mitglieder können Schulen, Vereine, Verbände, Körperschaften, Anstalten und Stiftungen, juristische Personen des privaten und öffentlichen Rechts sowie sonstige Organisationen sein, deren Satzung und Tätigkeit nicht im Widerspruch zu den satzungsgemäßen Zielen des Landesverbandes stehen.“

6

Hinzu tritt die Bestimmung in § 7 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 14 Abs. 2 Nr. 7 der Satzung des Beigeladenen, wonach - wörtlich - je ein Vertreter der für die Jugendhilfe, den Sport, die Schulen und soziale Fragen und Familie zuständigen Ministerien des antragsgegnerischen Landes als beitragsbefreites "geborenes" Mitglied dem Beigeladenen angehört. Zwischen den Verfahrensbeteiligten steht außer Streit, dass mit dieser Bestimmung nicht eine Vereinsmitgliedschaft des jeweiligen Vertreters gemeint ist, sondern des durch ihn repräsentierten Landes, also des Antragsgegners.

7

Die Antragstellerin ist Konzernmuttergesellschaft der so genannten …-Gruppe, die … Hostels in Deutschland - darunter keines in Mecklenburg-Vorpommern - und … im europäischen Ausland betreibt und ebenfalls Klassenfahrten anbietet. Träger der einzelnen Hostels sind ausschließlich örtliche Betreibergesellschaften aus dem Konzernverbund. Die Antragstellerin selbst tritt nicht als Einrichtungsträger auf.

8

Mit Datum vom 24.09.2018 schlossen das antragsgegnerische Land, vertreten durch sein Bildungsministerium, und der Beigeladene die folgende "Kooperationsvereinbarung" ab, nach deren Inhalt die Antragsgegnerseite durch eine jährliche Zahlung i.H.v. … € den Mitgliedsbeitrag aller Schulden des Landes abdeckt:
Präambel

9

Die Parteien wollen allen öffentlichen allgemein bildenden und beruflichen Schulen sowie Schulen in privater Trägerschaft im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern und damit ihren Schülern und Lehrern den Zugang zu den und die Nutzung der Jugendherbergen des … bundesweit und darüber hinaus zu den Jugendherbergen von ... ermöglichen. Hierzu vereinbaren die Parteien folgendes:

§ 1

10

Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur zahlt dem …-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern einen jährlichen Betrag, der die Mitgliedschaftsbeiträge aller öffentlichen allgemein bildenden und beruflichen Schulen sowie Schulen in privater Trägerschaft in Mecklenburg-Vorpommern abdeckt.

§ 2

11

Die Vereinbarung wird zunächst für den Zeitraum 01.01.2019 bis zum 31.12.2023 geschlossen. Die Vereinbarung verlängert sich automatisch um ein weiteres Jahr, wenn sie nicht bis [...] gekündigt wird.

§ 3

12

Der durch das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur zu zahlende Betrag beträgt pauschal pro Kalenderjahr ... [...]

§ 4

13

Der …-Landesverband stellt jeder öffentlichen allgemein bildenden und beruflichen Schule sowie jeder Schule in privater Trägerschaft jeweils vier Gruppenleiterkarten (Mitgliedsausweise) aus, welche als Nachweis der …-Mitgliedschaft bei Aufenthalten in den Jugendherbergen dienen. [...]

§ 8

14

Die bereits bestehenden Schulmitgliedschaften bleiben weiterhin bestehen und werden ab dem 01.01.2019 bis zum 31.12.2023 beitragsfrei gestellt. Neu abgeschlossene Schulmitgliedschaften mit dem …-Verband Mecklenburg-Vorpommern sind im Vereinbarungszeitraum beitragsfrei.“

15

Die Pressemitteilung Nr. … des Bildungsministeriums des antragsgegnerischen Landes vom …, mit der auf den Abschluss der vorbezeichneten Vereinbarung mit dem Beigeladenen hingewiesen wurde und aufgrund derer die Antragstellerin von der Vereinbarung Kenntnis erlangt hat, lautet auszugsweise wie folgt:

16

„Das Land übernimmt von 2019 bis 2023 den Mitgliedsbeitrag im … für alle 562 allgemein bildenden und 48 beruflichen Schulen in freier und öffentlicher Trägerschaft in Mecklenburg-Vorpommern. Das sind jährlich … Euro. Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur und das … haben eine entsprechende Vereinbarung geschlossen.

17

Die …-Mitgliedschaft ist Voraussetzung für Übernachtungen in …-Jugendherbergen. Mit dieser erhalten die Schulen nicht nur Zugang zu den 22 Jugendherbergen in Mecklenburg-Vorpommern, sondern zu rund 500 Jugendherbergen in Deutschland und rund 4.000 weltweit. Mit dem Versand der Mitgliedskarten an alle Schulen ist die Kooperation final in Kraft getreten.“

18

Zur Durchführung von Klassenfahrten verhält sich unter anderem die hier im Folgenden auch als Schulfahrtenerlass bezeichnete Verwaltungsvorschrift des Bildungsministeriums des Antragsgegners über die „Durchführung von Schulwanderungen und Schulfahrten an öffentlichen allgemein bildenden und beruflichen Schulen“ vom 22.09.2017 (MittBl. BM M-V 2017, Seite 132), zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 05.09.2018 (MittBl. BM M-V 2018, Seite 86), die auszugsweise folgende Bestimmungen enthält:

19

 „2.2 Bei der Wahl der Reiseziele ist Folgendes zu beachten:

  In der Primärstufe finden die Schulfahrten ausschließlich in Mecklenburg-Vorpommern statt.

  In der Orientierungsstufe konzentrieren sich die Schulfahrten auf die norddeutschen Bundesländer.

  In der Jahrgangsstufe 7 finden die Schulfahrten ausschließlich in der Bundesrepublik Deutschland statt.

  Ab der Jahrgangsstufe 8 sind Schulfahrten ins Ausland möglich. [...]

 .3.1 Die zur Durchführung von Schulfahrten erforderlichen Verträge, insbesondere Beförderungs- und Beherbergungsverträge, werden unter Beachtung der Bestimmungen in Punkt 2.5 von der Schule im Namen des Landes Mecklenburg-Vorpommern abgeschlossen. Sie bedürfen der Schriftform und zwingend der Unterschrift der Schulleiterin oder des Schulleiters.“

20

Die Antragstellerin hat die Auffassung vertreten, es handele sich bei dem Abschluss der Rahmenvereinbarung um eine unzulässige de-facto-Vergabe. Mit Schreiben vom 04.02.2019 hat sie den aus ihrer Sicht bestehenden Vergaberechtsverstoß gegenüber dem Antragsgegner gerügt. Wörtlich hat sie darin unter anderem ausgeführt:

21

„Die …-Kooperationsvereinbarung hätte [...] mithin unter keinen Umständen außerhalb des Wettbewerbs direkt an das … vergeben werden dürfen. Als Rahmenvereinbarung i. S. des § 103 Abs. 5 S. 1 GWB über den Abruf von Leistungen der Jugendbeherbergung für Schul- und Klassenfahrten sämtlicher Schulen in Mecklenburg-Vorpommern mit einem in ihr verkörperten Auftragswert oberhalb der Schwellenwerte hätte sie vielmehr nach den für Aufträge über [...] soziale und andere besondere Dienstleistungen geltenden Bestimmungen [...] europaweit [...] ausgeschrieben werden müssen."

22

Mit Schreiben vom 28.02.2019 hat der Antragsgegner erklärt, der Rüge nicht abhelfen zu wollen, weil kein Vergaberechtsverstoß vorliege. Daraufhin hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 15.03.2019 - bei der Vergabekammer eingegangen am selben Tag - Antrag auf Vergabenachprüfung gestellt.

23

Im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer hat die Antragstellerin ihre Auffassung wiederholt und vertieft, es handele sich bei der streitbegriffenen Kooperationsvereinbarung um einen öffentlichen Auftrag i.S.d. § 103 Abs. 5 Satz 1 GWB. Der Antragsgegner habe mit der Vereinbarung einen vertraglichen Rahmen geschaffen, der es den Schulen ermögliche, im individuellen Bedarfsfall Einzelabrufe von Beherbergungsdienstleistungen zu tätigen.

24

Die Antragstellerin hat die Auffassung vertreten, die aus der Mitgliedschaft der Schulen bei dem Beigeladenen folgende Zugangsberechtigung zu den Jugendherbergen habe eine Entgeltkomponente, da die Mitgliedschaft und damit auch der durch die Kooperationsvereinbarung pauschal abgegoltene Mitgliedsbeitrag erforderlich sei, um Beherbergungsleistungen zu buchen. Die Pauschalierung beinhalte zugleich eine Rabattgewährung.

25

Dass aus der Vereinbarung die Schulen begünstigt würden, sei rechtlich nicht ausschlaggebend. Einerseits könne maßgeblicher Nutznießer einer Rahmenvereinbarung durchaus ein Dritter sein. Und andererseits würden die Beherbergungsverträge mit Rücksicht auf die oben wiedergegebene Bestimmung des Schulfahrtenerlasses nicht im Namen des jeweiligen Schulträgers abgeschlossen, sondern mit Wirkung für und gegen den Antragsgegner.

26

Dass mit der beanstandeten Rahmenvereinbarung kein vertragliches Exklusivitätsverhältnis zum Beigeladenen begründet werde und die Inanspruchnahme von Beherbergungsleistungen anderer Anbieter nicht ausgeschlossen werde, sei ebenfalls nicht von Belang. In vergaberechtlicher Hinsicht sei es ausreichend, wenn eine Vereinbarung eine absatz- und umsatzfördernde Lenkungswirkung entfalte. Das sei hier der Fall, weil die Rahmenvereinbarung eine erhöhte Wahrscheinlichkeit begründe, dass entgeltliche Einzelabrufe tatsächlich realisiert werden. Das ergebe sich insbesondere auch aus der oben wiedergegebenen Pressemitteilung des Antragsgegners, wo ausdrücklich die Erwartung geäußert werde, dass die Schulen verstärkt auf die Angebote des Beigeladenen zurückgreifen.

27

Der hier unstreitig maßgebliche bzw. allein in Betracht kommende Schwellenwert für „Dienstleistungen von Jugendherbergen“ (CPV-Code 55210000-5) als "soziale und andere besondere Dienstleistungen" (§ 130 Abs. 1 GWB i.V.m. Anhang XIV der Richtlinie 2014/24/EU) betrage, was unstreitig zutrifft, 750.000,00 € und sei - dies streitig - vorliegend überschritten. Von den in den Anwendungsbereich der Rahmenvereinbarung fallenden etwa … Schülern in Mecklenburg-Vorpommern gingen jährlich wenigstens 5 % - ggf. sogar bis zu 20 % - auf Klassenfahrt. Die durchschnittliche Übernachtungszahl betrage …, der durchschnittliche Übernachtungspreis … €. Hieraus errechne sich ein jährlicher Gesamtbetrag von … €, was - hochgerechnet auf die fünfjährige Laufzeit der Rahmenvereinbarung - einem Auftragsvolumen in Höhe von … € entspreche.

28

Vor der Vergabekammer hat die Antragstellerin beantragt,

29

1. das Nachprüfungsverfahren gemäß § 160 GWB einzuleiten;

30

2. die Unwirksamkeit gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB hinsichtlich der Kooperationsvereinbarung festzustellen, die der Antragsgegner gemäß Pressemitteilung Nr. … seines Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom … mit dem Beizuladenden über die …-Mitgliedschaft sämtlicher allgemeinbildender und beruflicher Schulen in Mecklenburg-Vorpommern für die Jahre von 2019 bis 2023 abgeschlossen hat;

31

3. dem Antragsgegner aufzugeben, bei fortbestehender Beschaffungsabsicht ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer durchzuführen;

32

4. auszusprechen, dass die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten für die Antragstellerin notwendig gewesen ist;

33

5. dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung der Antragstellerin aufzuerlegen.

34

Der Antragsgegner hat beantragt,

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1. den Nachprüfungsantrag mit allen Einzelanträgen zu verwerfen, hilfsweise abzuweisen;

36

2. der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen;

37

3. die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten durch den Antragsgegner für notwendig zu erklären.

38

Er hat im Wesentlichen eingewandt, dass der Nachprüfungsantrag mangels Antragsbefugnis bereits unzulässig sei. Mit Rücksicht darauf, dass der Konzernverbund der Antragstellerin in Mecklenburg-Vorpommern keine einzige Jugendherberge betreibe, fehle es bereits an einem Wettbewerbsverhältnis zum Beigeladenen.

39

Die beanstandete Kooperationsvereinbarung unterliege zudem nicht dem Anwendungsbereich des Vergaberechts. Gegenstand der Vereinbarung sei nicht der Abschluss von Beherbergungsverträgen bzw. die Schaffung eines diesbezüglichen Rahmens i.S.v. § 103 Abs. 5 Satz 1 GWB; vielmehr betreffe die Vereinbarung - lediglich - die Mitgliedschaft bei dem Beigeladenen als höchstpersönliche Rechtsposition nach Maßgabe des § 38 BGB. Soweit die Vereinbarung eine Abgeltung regele, beziehe sich dies allein auf den - nicht synallagmatischen - vereinsrechtlichen Mitgliedsbeitrag, nicht auf Entgeltverpflichtungen aus Beherbergungsverträgen. Die Mitgliedschaft in einem bürgerlichrechtlichen Verein sei jedenfalls kein tauglicher Gegenstand einer vergaberechtlich zu bewertenden „Beschaffung“. Schon begrifflich handele es sich weder um eine Lieferung noch um eine Bau- oder Dienstleistung. In der Vereinsmitgliedschaft sei auch kein vergaberechtlich relevanter Leistungsbezug verdeckt beinhaltet bzw. "eingekapselt"; von daher scheide auch eine Anwendung vergaberechtlicher Bestimmungen unter Umgehungsgesichtspunkten aus.

40

Die mit dem Nachprüfungsantrag angegriffene Vereinbarung sei aber auch deshalb keine Rahmenvereinbarung im vergaberechtlichen Sinne, weil sie keine verbindlichen Bedingungen für öffentliche Aufträge festlege. Insbesondere treffe sie keine Aussage zu Preisen oder Mengen in Bezug auf die ggf. in Anspruch zu nehmenden Beherbergungsleistungen als solche. In Bezug auf etwa abzuschließende Beherbergungsverträge fehle der Vereinbarung eine rechtliche Verbindlichkeit. Insbesondere begründe die Vereinbarung keine einseitig ausübbare Option auf den Abschluss von Beherbergungsverträgen durch so genannten Einzelabruf. Zudem erfolge der Abschluss einzelner Beherbergungsverträge durch die jeweiligen Schulen, also nicht zwischen den Parteien der beanstandeten Vereinbarung; auch diese Personenverschiedenheit schließe die Annahme einer Rahmenvereinbarung im vergaberechtlichen Sinne aus.

41

Unabhängig von Vorstehendem sei auch der relevante Schwellenwert - 750.000,00 € - nicht erreicht. Die diesbezügliche Berechnung der Antragstellerin sei nicht plausibel. Allenfalls könne abgestellt werden auf den Wert der bei dem Beigeladenen begründeten bzw. vereinbarungsgegenständlichen und pauschal abgegoltenen Vereinsmitgliedschaften der Schulen bzw. ihrer Träger. Ausgehend von einem jährlichen Pauschalmitgliedsbeitrag in Höhe von … € und einer 5-jährigen Laufzeit der in Rede stehenden Vereinbarung werde lediglich ein Betrag in Höhe von … € erreicht.

42

Der Beigeladene hat beantragt,

43

1. den Vergabenachprüfungsantrag zurückzuweisen;

44

2. die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten des Beigeladenen für notwendig zu erklären;

45

3. der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens und die verfahrensnotwendigen  Aufwendungen des Beigeladenen aufzuerlegen.

46

Er hat sich im Wesentlichen der Argumentationslinie des Antragsgegners angeschlossen. Ergänzend hat er hervorgehoben, dass bereits vor Abschluss der streitbefangenen Vereinbarung für die Mehrzahl der allgemeinbildenden und beruflichen Schulen in Mecklenburg-Vorpommern - … von insgesamt … - eine Mitgliedschaft bei ihm begründet worden sei. Eine etwaige vergaberechtliche Relevanz der beanstandeten Vereinbarung könne sich von vornherein nur auf die neu hinzugekommenen Mitglieder beziehen.

47

Die Antragstellerin weise kein rechtlich schützenswertes Interesse am Auftrag auf. Sie könne nicht glaubhaft darlegen, dass sie sich im Falle einer Ausschreibung mit einem Angebot beteiligt haben würde.

48

Die Annahme einer Rahmenvereinbarung i.S.v. § 103 Abs. 5 Satz 1 GWB müsse - neben dem Fehlen einer Festlegung zur Menge der in Aussicht genommenen Einzelaufträge und neben der fehlenden Begründung einer rechtlichen Verpflichtung des Auftragnehmers zur Erfüllung von Einzelaufträgen im Fall ihres Abrufs - auch deshalb ausscheiden, weil Voraussetzung einer Rahmenvereinbarung sei, dass der öffentliche Auftraggeber eine in seinem „unmittelbaren wirtschaftlichen Interesse“ liegende Leistung erhalte. Ein nur mittelbares Interesse des Auftraggebers reiche für die Anwendbarkeit der vergaberechtlichen Bestimmungen nicht aus. Einen unmittelbaren Vorteil erlange der Antragsgegner durch die streitgegenständliche Vereinbarung schon deshalb nicht, weil er durch die Vereinssatzung geborenes - beitragsbefreites - Mitglied des Beigeladenen sei.

49

Im Übrigen wird für die Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Verfahren vor der Vergabekammer auf die Sachverhaltsdarstellung in dem Beschluss vom 06.06.2019 - Az.: 3 VK 04/19 - Bezug genommen.

50

Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag mit dem vorbezeichneten Beschluss „zurückgewiesen“. Der Antrag sei bereits unzulässig.

51

Die streitbegriffene Kooperationsvereinbarung stelle keinen öffentlichen Auftrag im Sinne des Vergaberechts dar. Der Begriff des öffentlichen Auftrags setze - ausdrücklich auch im Fall einer Rahmenvereinbarung - eine klagbare Erfüllungsverpflichtung des Auftragnehmers voraus. Diese Voraussetzung sei hier nicht erfüllt. Der Beigeladene sei in Bezug auf Beherbergungsleistungen keine rechtsverbindliche Verpflichtung eingegangen. Aus der Vereinbarung folge für den Beigeladenen im Hinblick auf Beherbergungsleistungen kein Kontrahierungszwang. Die Unterbringung einer Schülergruppe in einer Beherbergungsstätte des Beigeladenen könne jederzeit - z.B. aus Kapazitätsgründen - abgelehnt werden. Zwar liege es in der Natur einer Rahmenvereinbarung, dass bestimmte Bedingungen für künftige Vertragsabschlüsse, beispielsweise das exakte Auftragsvolumen, noch offen sind. Von daher stehe den Beteiligten bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Rahmenvereinbarung ein relativ weiter Spielraum zu. Noch nicht alle Modalitäten müssten festgelegt sein. Auch müsse sich aus dem Umstand, dass die Rahmenvereinbarung direkt nur auf eine Vereinsmitgliedschaft und einen hierfür zu entrichtenden Beitrag abziele, nicht zwangsläufig eine Unanwendbarkeit des Vergaberechts ergeben. Maßgeblich sei ein funktional-wirtschaftlicher Auftragsbegriff, der allein den Bedürfnissen eines effektiven Wettbewerbsschutzes gerecht werde und Umgehungsstrategien wirksam begegne. Von einer am Vergaberecht zu messenden (Rahmen-) Vereinbarung könne aber jedenfalls dann keine Rede mehr sein, wenn die Leistungserbringung letztlich in das Belieben des Auftragnehmers gestellt werde. So aber liege der Fall hier.

52

Zudem sei der maßgebliche Schwellenwert nicht erreicht. Valides Zahlenmaterial im Hinblick auf zu erwartende Umsätze für Beherbergungsleistungen sei von der Antragstellerin nicht beigebracht worden und auch sonst nicht ersichtlich. Insoweit sei das Antragsvorbringen auch nicht konsistent; die Berechnung im antragstellerischen Schriftsatz vom … stütze sich auf andere Annahmen als die Kalkulation in der Antragsschrift. Von daher stelle es letztlich eine bloße Behauptung dar, dass der Wert des aus Sicht der Antragstellerin de facto vergebenen Auftrages ein Volumen von … € umfasse. Im Zweifel könne nur auf das Volumen der über die Vertragslaufzeit insgesamt abzugeltenden Mitgliedsbeiträge und damit auf einen Betrag weit unterhalb des maßgeblichen Schwellenwertes abgestellt werden. Das materielle Risiko der Nichterweislichkeit der für die Schwellenwertüberschreitung notwendigen Tatsachen gehe nach Beweislastgrundsätzen zum Nachteil der Antragstellerin.

53

Für die weiteren Einzelheiten der rechtlichen Erwägungen der Vergabekammer - insbesondere auch zur Kostenentscheidung sowie zur Notwendigkeit der Hinzuziehung anwaltlichen Beistandes auf Seiten des Antragsgegners und des Beigeladenen - wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

54

Gegen den am 17.06.2019 zugestellten Beschluss der Vergabekammer wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 01.07.2019 beim hiesigen Oberlandesgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde.

55

Sie meint, die Kooperationsvereinbarung stelle eine Rahmenvereinbarung i.S.v. § 103 Abs. 5 S. 1 GWB dar. Der darin verkörperte Auftragswert überschreite den maßgeblichen Schwellenwert.

56

Soweit die Vergabekammer das Vorliegen einer Rahmenvereinbarung mit der Begründung verneint habe, begriffsnotwendige Voraussetzung einer solchen Vereinbarung sei eine zumindest einseitig den Auftragnehmer treffende klagbare Rechtspflicht zur Leistungserbringung im Fall eines Einzelabrufs, stehe dieser Ansatz in Widerspruch zur ganz überwiegenden Auffassung, die ausdrücklich auch eine für beide Seiten unverbindliche Rahmenvereinbarung als möglich anerkenne.

57

Auch die Verneinung der Schwellenwertüberschreitung durch die Kammer sei rechtsfehlerhaft.

58

Bereits im Ansatz verfehlt sei die Annahme, es müsse bzw. dürfe eine Beweislastentscheidung getroffen werden. Einerseits habe die Kammer hierbei den Untersuchungsgrundsatz außer Acht gelassen, der insbesondere auch die Feststellung des Auftragsvolumens im Hinblick auf die Schwellenwerte beinhalte. Und andererseits habe selbst bei Zugrundelegung der Maßstäbe des zivilprozessualen Beibringungsgrundsatzes ein non liquet nicht vorgelegen. Die Antragstellerin nämlich habe wiederholt detailliert zu ihrer Schätzung des Auftragswertes vorgetragen, ohne dass dieses Vorbringen bestritten worden wäre. Der Antragsgegner habe sich im Verfahren vor der Vergabekammer darauf beschränkt, auf das Nichtvorhandensein zusammenfassender Informationen über das Reisevolumen und die jährlich anfallenden Entgelte hinzuweisen. Er habe eine eigene Berechnung oder Schätzung des wertmäßigen Volumens ebenso unterlassen wir eine Auseinandersetzung mit den Berechnungen und Schätzungen der Antragstellerin.

59

Mit Rücksicht auf den detaillierten Vortrag der Antragstellerin sei der Antragsgegner ohnehin gehindert gewesen, sich in Bezug auf die Schwellenwertüberschreitung auf ein einfaches Bestreiten zu beschränken. Ihn habe bei dieser Sachlage vielmehr wenigstens eine sekundäre Darlegungslast getroffen. Ein etwa doch anzunehmendes non liquet könne daher allenfalls eine Beweislastentscheidung zum Nachteil des Antragsgegners rechtfertigen.

60

Dass sich das Volumen der über die Inanspruchnahme von Beherbergungsdienstleistungen in …-Jugendherbergen zu generierenden Umsätze des Beigeladenen bezogen auf die gesamte Laufzeit der Rahmenvereinbarung im Millionenbereich bewege, sei unverändert richtig. Die Antragstellerin trägt hierzu in ihrer Beschwerdeschrift erneut im Detail vor. Insofern wird hier ergänzend verwiesen auf die Ausführungen unter Rd. 44 ff. (Bd. I Bl. 18 ff. d.A.). Dass für die Berechnung nicht allein auf die Mitgliedsbeiträge bzw. deren Pauschalabgeltung abgestellt werden könne, folge bereits aus § 3 Abs. 4 VgV.

61

Vorsorglich weist die Antragstellerin weiter darauf hin, dass selbst bei einem Misserfolg ihrer Beschwerde in der Sache der Ausspruch der Vergabekammer zur Notwendigkeit der Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten durch den Antragsgegner keinen Bestand haben könne. Aus den bereits vor der Vergabekammer ausgeführten Gründen habe eine solche Notwendigkeit nicht bestanden (Rn. 61 der Beschwerdeschrift = Bd. I Bl. 22 d.A.).

62

Die Antragstellerin beantragt nunmehr vor dem Senat,

63

1. den angefochtenen Beschluss aufzuheben;

64

2. festzustellen, dass die Kooperationsvereinbarung zwischen dem Antragsgegner und dem Beigeladenen vom 24.09.2018 über die Mitgliedschaft sämtlicher allgemeinbildender und beruflicher Schulen aus Mecklenburg-Vorpommern im … gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB unwirksam ist;

65

3. dem Antragsgegner aufzugeben, bei fortbestehender Beschaffungsabsicht ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren gemäß den Vorschriften des Teils 4 des GWB und der VgV durchzuführen;

66

4. die Hinzuziehung eines anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin für notwendig zu erklären.

67

Der Antragsgegner beantragt,

68

1. die Beschwerde zurückzuweisen;

69

2. die Kosten des Beschwerdeverfahrens - einschließlich der notwendigen Auslagen des Antragsgegners - der Antragstellerin aufzuerlegen.

70

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung der Vergabekammer, wobei er im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Verfahren vor der Vergabekammer wiederholt und vertieft. Er hält den Nachprüfungsantrag aus mehreren Gründen für unzulässig. Einerseits stelle die streitgegenständliche Kooperationsvereinbarung keinen öffentlichen Auftrag und auch keine Rahmenvereinbarung dar. Andererseits sei der maßgebliche Schwellenwert nicht erreicht und es fehle die notwendige Antragsbefugnis.

71

Erneut macht der Antragsgegner insbesondere geltend, dass zwischen den Beteiligten kein Wettbewerbsverhältnis bestehe. Einerseits sei die Antragstellerin selbst lediglich Konzernmuttergesellschaft. Sie betreibe also - was für sich genommen außer Streit steht - nicht selbst Jugendherbergen, weder in Mecklenburg-Vorpommern noch anderenorts. Und andererseits würden auch die zum Konzernverbund gehörenden Tochtergesellschaften der Antragstellerin ausschließlich außerhalb Mecklenburg-Vorpommerns Jugendherbergen betreiben. Die zum Konzernverbund zu rechnenden nächstgelegenen Herbergsstandorte befänden sich - unbestritten - in ... Irrelevant sei im Kontext der Konkurrenzverhältnisse, dass die Mitgliedschaft bei dem Beigeladenen auch den Zugang zu Herbergen in anderen Bundesländern bzw. im Ausland eröffne. Die durch die Inanspruchnahme von Beherbergungsleistungen außerhalb Mecklenburg-Vorpommerns erzielten Einkünfte würden ggf. anderen Landesverbänden bzw. ausländischen Einrichtungsträgern zufließen, nicht aber dem Beigeladenen.

72

Unrichtig sei der Ansatz der Antragstellerin, die Mitgliedschaft bei dem Beigeladenen beschränke sich faktisch auf das Recht zum entgeltlichen Zugang zu Beherbergungsdienstleistungen des Beigeladenen. Es verhalte sich vielmehr so, dass die Mitgliedschaft als körperschaftliches Statusrecht eine Mehrzahl höchstpersönlicher Einzelrechte beinhalte und verknüpfe. Das Recht auf entgeltlichen Zugang zu den Jugendherbergen des Beigeladenen sei möglicherweise von zentraler Bedeutung, stelle aber nicht den einzigen Inhalt der Mitgliedschaft dar. So eröffne die Mitgliedschaft beispielsweise auch die Stimmrechtsausübung bei vereinsinternen Entscheidungen, die Teilnahme an nationalen oder internationalen Jugendbegegnungen und den Zugang zu Jugendherbergen in der Trägerschaft anderer Landesverbände oder ausländischer Herbergsträger. Selbst bei Anlegung eines funktional-wirtschaftlichen Betrachtungswinkels sei es daher nicht so, dass der Erwerb der Mitgliedschaft nur den vorweggenommenen Teil eines schuldrechtlichen Beherbergungsvertrages zwischen dem jeweiligen Mitglied und dem Beigeladenen darstelle.

73

Der Antragsgegner macht zudem geltend, dass die Frist des § 135 Abs. 2 Satz 1 GWB hinsichtlich derjenigen körperschaftlichen Schul- bzw. Schulträgermitgliedschaften beim Beigeladenen, die bereits vor Abschluss der streitbegriffenen Vereinbarung bestanden hätten, im Zeitpunkt der Anbringung des Nachprüfungsantrages bereits verstrichen gewesen sei. Überhaupt sei aber die Begründung von Mitgliedschaften als solche nicht Gegenstand des vorliegenden Nachprüfungsantrages gewesen.

74

Von einer Rahmenvereinbarung im hier maßgeblichen Sinne könne selbst bei einer Anknüpfung an die Mitgliedschaft bei dem Beigeladenen als abzurufender (Einzel-) Leistung schon deshalb keine Rede sein, weil die Mitgliedschaft bei dem Beigeladenen weder durch die angegriffene Kooperationsvereinbarung als solche noch sonst durch eine Rechtshandlung des Antragsgegners begründet werde. Die Mitgliedschaft werde durch eine Rechtshandlung der Schule bzw. des Schulträgers begründet. So oder so liege also kein (Einzel-) Abruf durch den Antragsgegner vor. Ein (Einzel-) Abruf gerade durch den Rahmenvereinbarungsbeteiligten sei aber notwendige Voraussetzung für die Heranziehung der Vorschriften über die Rahmenvereinbarung. Das ergebe sich aus § 21 Abs. 2 Satz 2 VgV und Art. 33 Abs. 2 UAbs. 2 der Richtlinie 2014/24/EU.

75

Auch scheide eine Betrachtung des Inhalts aus, die Vereinbarung über die Begründung der Mitgliedschaft bei dem Beigeladenen für die einzelne Schule bzw. den einzelnen Schulträger sei als solche eine dem Vergaberecht unterliegende Rahmenvereinbarung (und die Inanspruchnahme von Beherbergungsleistungen ein hierauf basierender Einzelabruf). Einer solchen Sichtweise stehe entgegen, dass der Vertrag über die Begründung einer Vereinsmitgliedschaft als körperschaftsrechtlicher Akt ohne synallagmatisches Gegenseitigkeitsverhältnis etwas wesensmäßig anderes sei als eine vergaberechtliche Rahmenvereinbarung. Für den Erwerb von Gesellschaftsanteilen sei anerkannt, dass er dem Vergaberecht nicht unterliege. Für die Begründung einer Vereinsmitgliedschaft könne nichts anderes gelten. Zudem könne der Beigeladene durch seine Organe – insbesondere die Mitgliederversammlung – die nähere rechtliche Ausgestaltung der Mitgliedschaft jederzeit einseitig ändern, so dass auch aus diesem Blickwinkel nicht von einer (Rahmen-) „Vereinbarung“ gesprochen werden könne. Abgesehen davon sei die Begründung der Mitgliedschaft als solche erstens nicht durch den Antragsgegner erfolgt und zweitens mit dem Nachprüfungsantrag nicht angegriffen worden.

76

Eine Rahmenvereinbarung könne auch deshalb nicht angenommen werden, weil die streitbegriffene Kooperationsvereinbarung keine Bedingungen für etwaige Einzelaufträge festlege. Gehe man von der antragstellerischen Sichtweise aus, der Abschluss von Beherbergungsverträgen im Einzelfall verhalte sich zur Kooperationsvereinbarung wie der Einzelabruf zu einer Rahmenvereinbarung, so werde eben dies deutlich. Die Kooperationsvereinbarung treffe keine Aussage insbesondere zur Höhe etwaiger Beherbergungsentgelte oder zu sonstigen Beherbergungskonditionen. Auch Mengenfestlegungen – die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes notwendiger Inhalt einer Rahmenvereinbarung seien – enthalte die Kooperationsvereinbarung nicht; es sei völlig offen, in welchem Umfang durch die Schulen bzw. deren Träger Beherbergungsdienstleistungen in Anspruch genommen würden. Damit liege schon begrifflich keine Rahmenvereinbarung vor. Es lasse sich jedenfalls nicht argumentieren, die fehlende Mengenfestlegung ändere nichts am wesensmäßigen Charakter der Kooperationsvereinbarung als Rahmenvereinbarung im vergaberechtlichen Sinne und mache diese – lediglich – rechtswidrig.

77

Eine am Vergaberecht zu messende Rahmenvereinbarung müsse weiter auch deshalb ausscheiden, weil die Mitgliedschaft beim Beigeladenen keine Bedingung des etwaigen Einzelauftrages sei. Eine Verknüpfung bzw. wechselseitige Abhängigkeit von Mitgliedschaft und Inanspruchnahme von Beherbergungsleistungen bestehe jedenfalls insofern nicht, als der Mitgliedsbeitrag unabhängig davon aufzubringen sei, ob überhaupt Beherbergungsleistungen in Anspruch genommen werden. Nicht der vermeintliche Einzelabruf sei Gegenstand der vereinbarten pauschalen Abgeltung; vielmehr sei die Kooperationsvereinbarung selbst entgeltlich.

78

Zudem müssten Rahmenvereinbarungen definitionsgemäß auf eine befristete Zeitspanne angelegt sein. Das folge nicht nur aus dem Wortlaut des § 103 Abs. 5 Satz 1 GWB („während eines bestimmten Zeitraumes“), sondern auch – u.a. – aus § 21 Abs. 6 VgV. Die Mitgliedschaft in einem Verein sei als solche aber nicht befristet erwerbbar. Allenfalls könne das Mitglied zu gegebener Zeit wieder austreten.

79

Die Vorschriften über Rahmenvereinbarungen würden für die rechtliche Erfassung von Vereinsmitgliedschaften auch deshalb nicht „passen“, weil Rahmenvereinbarungen nach einhelliger Auffassung mit Rücksicht auf § 21 Abs. 1 Satz 3 VgV grundsätzlich nicht in sich überschneidender Weise mit mehreren Anbietern geschlossen werden könnten. Damit wäre eine gleichzeitige – (teil-) identische Ziel- und Zwecksetzungen betreffende – Mitgliedschaft öffentlicher Auftraggeber in mehreren Vereinen ausgeschlossen. Dieses Ergebnis sei evident sachwidrig.

80

Nicht zu beanstanden sei die Auffassung der Vergabekammer, eine Rahmenvereinbarung müsse vorliegend auch deshalb ausscheiden, weil in Bezug auf den Abschluss von Beherbergungsverträgen durch die Kooperationsvereinbarung kein rechtlicher Zwang begründet werde. Soweit die Antragstellerin im Beschwerderechtszug auf die vermeintlich einhellig anerkannte Möglichkeit auch einer beiderseits unverbindlichen Rahmenvereinbarung abhebe, sei eine entsprechend einhellige oder auch nur herrschende Auffassung schon nicht zu erkennen. Allenfalls erscheine eine solche Konstruktion denkbar bei einer Rahmenvereinbarung mit mehreren Beteiligten auf derselben Seite, nicht aber im – hier gegebenen – Fall einer Ein-Partner-Rahmenvereinbarung, an der auf beiden Seiten jeweils nur ein Kontrahent beteiligt sei, nämlich Antragsgegner und Beigeladener. Der Antragsgegner verweist in diesem Zusammenhang auf § 21 Abs. 4 Nr. 3 VgV und die Gefahr einer Umgehung der Maßgaben des § 132 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GWB.

81

Dem Ansatz der Antragstellerin, dass die vergaberechtliche Rechtsprechung es ausreichen lasse, dass der Abschluss einer Rahmenvereinbarung faktisch die Wahrscheinlichkeit erhöhe, dass entgeltliche Einzelabrufe tatsächlich realisiert werden, müsse entgegengetreten werden. Die hier offenbar in Bezug genommene Rechtsprechung betreffe eine sozialrechtliche Besonderheit im Rahmen des § 130a Abs. 8 SGB V. Diese Fälle seien dadurch gekennzeichnet, dass der Apotheker verpflichtet sei, für den Versicherten ein Medikament auszuwählen, hinsichtlich dessen ein Rabattvertrag existierte. Nur wegen dieser verpflichtenden Wirkung – die im vorliegenden Fall fehle – sei eine vergaberechtliche Relevanz bejaht worden. Die Schulen bzw. deren Träger seien rechtlich durch die angegriffene Kooperationsvereinbarung nicht gehindert, von einer Inanspruchnahme von Jugendherbergen des Beigeladenen abzusehen und z.B. Jugendherbergen in der Trägerschaft der Tochtergesellschaften der Antragstellerin in Anspruch zu nehmen, obwohl eine Kooperationsvereinbarung mit der Antragstellerin bzw. deren Tochtergesellschaften nicht bestehe.

82

Schließlich sei jedenfalls der maßgebliche Schwellenwert nicht erreicht. Soweit die Vergabekammer in diesem Punkt eine Beweislastbetrachtung angestellt habe, sei dies nicht zu beanstanden. Namentlich habe den Antragsgegner keine sekundäre Darlegungslast im Hinblick auf die jährlichen Umsätze für Beherbergungsleistungen getroffen. Die Mitwirkungsobliegenheit aus § 167 Abs. 2 Satz 1 GWB setze voraus, dass es um dem Antragsgegner bekannte Tatsachen gehe. Der Antragsgegner sei aber jedenfalls nicht verpflichtet, Tatsachen überhaupt erst zu ermitteln. Daher habe der Antragsgegner hier keine Erhebungen zu den jährlichen Beherbergungsvolumina anstellen müssen, zumal es bei zutreffender rechtlicher Betrachtung auf diese Volumina nicht ankommen könne, sondern allenfalls auf das – dem Antragsteller bekannte – Pauschalentgelt für die Vereinsmitgliedschaft.

83

Abgesehen davon sei aber auch die Berechnung bzw. Schätzung der Antragstellerin zu den jährlichen Beherbergungsumsätzen – auch im Beschwerderechtszug – nicht plausibel. Sie basiere auf angeblich bundesweit erhobenen Daten, deren Validität zweifelhaft erscheine und die jedenfalls keine Aussagekraft konkret für Mecklenburg-Vorpommern hätten. Zudem berücksichtige das „Zahlenwerk“ der Antragstellerin nicht, dass nicht alle Klassenfahrten innerhalb Mecklenburg-Vorpommerns stattfinden. Ferner basiere die Berechnung der Antragstellerin auf der nicht belegten Annahme, diejenigen Schulen bzw. Schulträger, die bis zum Abschluss der streitbegriffenen Kooperationsvereinbarung keine Mitgliedschaft bei dem Beigeladenen erworben gehabt hätten, würden in gleichem – linear hochrechenbaren – Umfang Leistungen des Beigeladenen in Anspruch nehmen wie die „Altmitglieder“. Gegen die Plausibilität dieser Annahme spreche schon, dass die „neuen“ Mitglieder bisher offenbar kein Bedürfnis gezeigt hätten, ihre Schüler in …-Herbergen einzuquartieren.

84

Unabhängig von Vorstehendem sei die Antragstellerin aber jedenfalls nicht antragsbefugt, weil sie gar nicht in der Lage sei, ein entsprechendes Angebot abzugeben. Gegenstand der Kooperationsvereinbarung mit dem Beigeladenen sei eine Vereinsmitgliedschaft bzw. deren Abgeltung. Eine Vereinsmitgliedschaft könne die Antragstellerin schon von ihrer Rechtsform her nicht anbieten. Unabhängig davon sei die Antragstellerin zudem nicht in der Lage, Beherbergungsleistungen – wenn und soweit man daran überhaupt anknüpfen könne – anzubieten, denn sie betreibe selbst jedenfalls keine Herbergen. Der behauptete Konzernverbund mit herbergsbetreibenden Gesellschaften begründe jedenfalls kein eigenes Interesse der Antragstellerin am Auftrag. Im Übrigen würden selbst die Tochtergesellschaften unstreitig keine Herbergen in Mecklenburg-Vorpommern betreiben. Der Antragsgegner habe jedenfalls keine Vergabe nach Gebietslosen in der Form geschuldet, dass er eine losweise Ausschreibung für Mecklenburg-Vorpommern einerseits und „den Rest der Welt“ andererseits hätte vornehmen müssen.

85

Hilfsweise sei der Nachprüfungsantrag aber jedenfalls unbegründet.

86

Der Beigeladene beantragt,

87

1. die Beschwerde zurückzuweisen;

88

2. die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Beigeladenen der Antragstellerin aufzuerlegen.

89

Auch der Beigeladene verteidigt in Anknüpfung an sein erstinstanzliches Vorbringen und die Argumentationslinie des Antragsgegners die angefochtene Entscheidung der Vergabekammer.

90

Insbesondere liege kein Konkurrenzverhältnis zwischen der Antragstellerin und dem Beigeladenen vor. Soweit in der jüngeren europäischen Rechtsprechung ein Konkurrenzverhältnis zwischen der hiesigen Antragstellerin und Gliederungen des … angenommen worden sei, habe sich dies lediglich auf eine in anderer Rechtsform – GmbH – organisierte regionale …-Gliederung in einem anderen Bundesland bezogen. Dabei sei auf die konkreten regionalen Marktumstände abgestellt worden. Für die Situation in Mecklenburg-Vorpommern und dort konkret für das Verhältnis zum Beigeladenen sei damit keine Aussage getroffen.

91

Die angefochtene Kooperationsvereinbarung sei schon deshalb keine Rahmenvereinbarung im vergaberechtlichen Sinne, weil sie die Modalitäten der etwaigen Beherbergungen nicht ansatzweise festlege. Zudem komme eine für beide Seiten rechtlich unverbindliche Rahmenvereinbarung jedenfalls in der hier in Rede stehenden Variante der Ein-Partner-Vereinbarung nicht in Betracht.

92

Im Übrigen wird für die Darstellung des Sach- und Streitstandes ergänzend verwiesen auf den Beschluss des Senats vom 22.07.2019 (Bd. II Bl. 1 ff. d.A.).

II.

93

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet, weil der Nachprüfungsantrag mangels Eröffnung des Vergaberechtsweges bereits unzulässig (statt aller Dittmann, in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 03. Aufl. 2018, GWB § 155 Rn. 18) ist.

94

Damit ist der Antrag - wie nunmehr im Tenor des vorliegenden Beschlusses klarstellend ausgewiesen - zu "verwerfen" (statt aller Summa, in: Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-Vergaberecht, 05. Aufl. 2016 [Stand: 02.08.2018], GWB § 168 Rn. 8).

1.

95

Die Eröffnung des Vergaberechtswegs (§ 155 GWB) setzt voraus, dass es sich bei der in Rede stehenden Kooperationsvereinbarung überhaupt um einen dem Vergaberecht unterliegenden Beschaffungsvorgang (§§ 103 ff. GWB) handelt und dass der maßgebliche Schwellenwert (§ 106 GWB) erreicht ist. Beides ist zu verneinen.

96

a) Im Ergebnis handelt es sich bei der angegriffenen Kooperationsvereinbarung mit dem Beigeladenen nicht um einen vergaberechtlich zu beurteilenden Beschaffungsvorgang i.S.d. § 103 GWB. Einerseits fehlt es an einem seiner Art nach tauglichen Beschaffungsgegenstand auf der Ebene der späteren Einzelabrufe. Andererseits ist die Vereinbarung - unabhängig davon - zu unkonkret, um als Rahmenvereinbarung im hier maßgeblichen Sinne anerkannt zu werden.

97

aa) Unstreitig liegt ein Fall des § 103 Abs. 1 GWB nicht vor. Mit der streitbegriffenen Vereinbarung wird jedenfalls keine - konkrete - Dienstleistung beauftragt. Erstrecht geht es nicht um eine Warenbeschaffung oder die Inanspruchnahme von Bauleistungen. Einzig denkbar wäre daher ein dem Vergaberecht unterliegender Beschaffungsvorgang in der Variante der Rahmenvereinbarung gemäß § 103 Abs. 5 Satz 1 GWB. Voraussetzung hierfür ist, dass zu gegebener Zeit Einzelaufträge erteilt werden sollen, die ihrerseits in den Anwendungsbereich des § 103 Abs. 1 GWB fallen, also auf die Beschaffung von Waren oder die Inanspruchnahme von Bau- oder Dienstleistungen gerichtet sind.

98

(1) Dabei ist im Ausgangspunkt davon auszugehen, dass die Begründung einer Vereinsmitgliedschaft prinzipiell keinen vergaberechtlich relevanten Beschaffungsvorgang - namentlich keine Dienstleistung - darstellt. Insoweit kann verwiesen werden auf die im Grundsatz einhellige Sichtweise zu Verträgen, die auf den Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft gerichtet sind. Auch dort wird eine Anwendbarkeit des Vergaberechts verneint, wenn nicht in der Beteiligung an der Gesellschaft eine vergaberechtlich relevante Beschaffung von Waren, Bau- oder Dienstleistungen "eingekapselt" ist (EuGH, Urteil vom 06.05.2010 – C-145/08, ZfBR 2010, 488 = VergabeR 2010, 908 [Juris; Tz. 59]; Ziekow, in: Ziekow/Völlink,Vergaberecht, 03. Aufl. 2018, GWB § 103 Rn. 71; Bell/Rehak, LKV 2001, 185 [189]; Kleine/Flöther/Bräuer, NVwZ 2002, 1046 [1046 f.]; v. Hoff, VergabeR 2013, 395 [396 f.]). Soweit in diesem Kontext stehende Entscheidungen den umgekehrten Fall betreffen, dass die öffentliche Hand Gesellschaftsanteile nicht erwirbt, sondern veräußert, wird ein Beschaffungsvorgang zwar auch deshalb verneint, weil es schon wegen der Richtung des Transfers - von der öffentlichen Hand weg - nicht um Beschaffung gehen könne (etwa LG Stuttgart, Urteil vom 24.03.2011 - 17 O 115/11 [Juris; Tz. 40], m.w.N.); das ist aber nur ein zusätzliches Argument; im Ausgangspunkt besteht unabhängig hiervon Konsens, dass der Gesellschaftsanteil für sich genommen auch kein tauglicher Beschaffungsgegenstand ist. Was für den Anteil an einer Kapitalgesellschaft gilt, muss auch - und erstrecht - für die Mitgliedschaft in einem bürgerlichrechtlichen Verein gelten. Einerseits stellt das bürgerliche Vereinsrecht gewissermaßen den "Urtyp" oder "AT" des Kapitalgesellschaftsrechts dar (vgl. Ellenberger, in: Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, Einf. v. § 21 Rn. 16, m.w.N.); andererseits weist der Anteil an einer Kapitalgesellschaft typischerweise weit eher als die Mitgliedschaft in einem (Ideal-) Verein einen messbaren und verkehrsfähigen Vermögenswert auf, steht den in § 103 Abs. 1 GWB genannten vergaberechtsrelevanten Beschaffungsgegenständen also tendenziell näher.

99

Von einer "Einkapselung" im vorbezeichneten Sinn wird dann ausgegangen, wenn der Erwerb von Gesellschaftsanteilen sich als Umgehungsgeschäft darstellt und bei funktional-wirtschaftlicher Betrachtung vergaberechtsrelevante Verkehrsgüter - Waren, Bau- oder Dienstleistungen - beschafft werden sollen. Als Beispiel wird der Fall genannt, dass eine Kommune, die ein abfallwirtschaftliches Unternehmen in der Rechtsform eines gemeindlichen Eigenbetriebes führt, die Anteile an einer Gesellschaft erwirbt, um auf die im Eigentum dieser Gesellschaft stehenden Müllfahrzeuge zugreifen zu können; hier gehe es der Sache nach um die Beschaffung geeigneter Fahrzeuge für den Eigenbetrieb, also um Warenbezug, der als solcher auszuschreiben sei (von Hoff, VergabeR 2013, 395 [396 f.]).

100

(2) Ausgehend von diesen Maßstäben liegt hier kein tauglicher Beschaffungsgegenstand vor.

101

Gegenstand eines "Einzelabrufes" ist hier nicht die einzelne Beherbergungsleistung. Abgerufen wird im Einzelfall vielmehr die Vereinsmitgliedschaft bei dem Beigeladenen. Mit der streitbegriffenen Kooperationsvereinbarung als solcher werden nämlich Schulmitgliedschaften nicht begründet, und zwar auch nicht für diejenigen Schulen, hinsichtlich derer bei Abschluss der Kooperationsvereinbarung noch keine Mitgliedschaft bestand. Das ergibt sich aus Wortlaut und Zweckrichtung der Vereinbarung. Bezweckt wird mit ihr nämlich allein eine Übernahme und Pauschalierung von Mitgliedsbeiträgen, also lediglich die Regelung von Mitgliedschaftskonditionen, nicht aber die Schaffung von Mitgliedschaften an sich. Zu einer weitergehenden Regelung wäre der Antragsgegner im Rahmen des geltenden Rechts rechtlich auch nicht in der Lage, da er - von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen - nicht Schulträger ist. Mitgliedschaften mit Wirkung für und gegen den jeweiligen Schulträger kann der Antragsgegner nicht wirksam begründen, weil insoweit ein unzulässiger Vertrag (auch) zulasten Dritter vorläge (vgl. BGH, Urteil vom 10.02.1977 - II ZR 120/75, NJW 1977, 1339 = GmbHR 1977, 178 [Juris; Tz. 20] - für die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft; BGH, Urteil vom 16.06.2016 - III ZR 282/14, NJW-RR 2016, 1391 = WM 2017, 1569 [Juris; Tz. 27]; Grüneberg, in: Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, Einf. v. § 328 Rn. 10 m.w.N.). Keine Rolle spielt an dieser Stelle jedenfalls, dass nach dem Schulfahrtenerlass die Schule in Bezug auf Schulfahrten nicht mit Wirkung für und gegen ihren Träger kontrahiert, sondern mit Wirkung für und gegen den Antragsgegner. Denn dies betrifft allein den Abschluss schuldrechtlicher Beherbergungsverträge. Der Erwerb der körperschaftlichen Mitgliedschaft beim Beigeladenen kann jedenfalls nur durch den Schulträger und dessen Organe - im eigenen Namen - erfolgen.

102

Es besteht auch kein Raum für die von der Antragstellerin sinngemäß eingenommene Sichtweise, die vereinsrechtliche Mitgliedschaft bei dem Beigeladenen und der zeitlich nachfolgende Abschluss eines schuldrechtlichen Beherbergungsvertrages mit dem Beigeladenen würden bei funktional-wirtschaftlicher Betrachtung einen einheitlichen (Gesamt-) Vorgang darstellen mit der Folge, dass der zum Gegenstand der streitbegriffenen Kooperationsvereinbarung gemachte Vereinsbeitrag letztlich nur eine Teil-/Anzahlung auf das Beherbergungsentgelt darstelle, im Grunde also integraler Bestandteil eines fiktiv zu bildenden Gesamtbeherbergungsentgelts sei. Selbst wenn die Kalkulation der Mitgliedsbeiträge auch im Kontext mit den Beherbergungsentgelten stehen sollte, vermag der Senat eine hinreichend eindeutige Verknüpfung nicht zu erkennen. Die unbestritten vergleichsweise niedrigen Beiträge fallen schon auf Grund ihrer geringen absoluten Höhe für die im Einzelfall in Anspruch zu nehmende Beherbergungsleistungen kaum ins Gewicht. Die dahingehenden Zahlen - in einer unterstellten Gesamtkalkulation würde der Vereinsbeitrag nur einen Anteil von etwa 2 % abbilden - hat der Antragsgegner unwidersprochen dargelegt (…). Auch ist nicht erkennbar, warum der Beigeladene auf eine künstliche "Aufteilung" eines fiktiv zu bildenden Gesamtbeherbergungsentgelts auf das eigentliche Vertragsentgelt und den vereinsrechtlichen Mitgliedsbeitrag - und anknüpfend hieran der Antragsgegner auf eine gezielte Umgehung des Vergaberechts - abzielen sollte, selbst wenn der Mitgliedsbeitrag deutlich höher ausfiele und von substantiellem Gewicht wäre. Insbesondere erschließt sich ein steuerrechtlicher Nutzen einer solchen Aufsplittung nicht; auch das (eigentliche) vertragliche Beherbergungsentgelt für den Aufenthalt in …-Herbergen ist umsatzsteuerfrei (§ … UStG), so dass jedenfalls aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht kein Anreiz besteht, Entgelte partiell als Vereinsbeitrag zu deklarieren. Auch geht es erkennbar nicht darum, Mitglieder in Bezug auf konkrete Konditionen zu bevorzugen. Indem der Beigeladene die Mitgliedschaft zur unabdingbaren Voraussetzung für den Abschluss von Beherbergungsverträgen überhaupt macht, schafft er gerade kein Konditionengefälle zwischen Mitgliedern und Nichtmitgliedern. Ob man für den Fall, dass Nichtmitglieder überhaupt Beherbergungsleistungen des Beigeladenen in Anspruch nehmen könnten und dass in diesem Fall für Nichtmitglieder höhere Tarifentgelte anfielen, in den Mitgliedsbeiträgen eine verkappte Entgeltkomponente im Hinblick auf die Beherbergungsleistungen sehen könnte, bedarf keiner Entscheidung, weil ein solcher Fall nicht vorliegt.

103

Bei dieser Sachlage muss es bei der Einschätzung sein Bewenden haben, dass hier letztlich nur die Vereinsmitgliedschaft als solche (bzw. eine Regelung ihrer Konditionen) im Raum steht und damit kein vergaberechtlich zu erfassender Beschaffungsgegenstand, zumal unabhängig davon der Vereinsbeitritt keinen gegenseitigen Vertrag i.S.d. §§ 320 ff. BGB und folglich der Mitgliedsbeitrag keine synallagmatische Gegenleistung des Mitglieds für die Mitgliedschaft bzw. für Leistungen des Vereins gegenüber dem Mitglied darstellt (ganz h.M.; RG, Urteil vom 29.04.1920 - IV 518/19, RGZ 100, 1 [3]; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 78. Aufl. 2019, § 38 Rn. 4; Schöpflin, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, 51. Edition - Stand: 01.08.2019, § 38 Rn. 14; Leuschner, in: MüKoBGB, 08. Aufl. 2018, § 38 Rn. 41; Schwennicke, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 38 Rn. 9 m.w.N.), also auch deshalb letztlich nicht mit der vergaberechtlichen Kategorie eines wirtschaftlichen Austauschvorganges in Übereinstimmung zu bringen ist.

104

Auch ein konkreter Vergleich mit dem oben erwähnten Beispiel des kommunalen Abfallentsorgungsbetriebes zeigt, dass signifikante Unterschiede vorliegen, die eine Gleichbehandlung ausschließen. Im Beispielsfall verschafft der Erwerb der Gesellschafterstellung unmittelbar Zugriff auf vergaberechtlich zu erfassende Wirtschaftsgüter. Im vorliegenden Fall verschafft die Mitgliedschaft hingegen lediglich die abstrakte Möglichkeit, durch einen nachgehenden gesonderten Akt - den Abschluss eines Beherbergungsvertrages - vergaberechtsrelevante (Dienst-) Leistungen in Anspruch zu nehmen. Ob (und zu welchen Konditionen) das geschieht, ist im Prinzip - beiderseits - völlig offen. Ein Kontrahierungszwang besteht auch für den Beigeladenen unstreitig nicht. Für die im Einzelfall ggf. abzuschließenden Beherbergungsverträge beinhaltet die streitbegriffene Kooperationsvereinbarung unstreitig keine Konditionsbestimmungen.

105

Der Senat trifft damit keine Entscheidung darüber, ob der Erwerb einer Vereinsmitgliedschaft generell dem Anwendungsbereich des Vergaberechts nicht unterliegt. Jedenfalls im vorliegenden Fall ist hiervon aber auszugehen.

106

bb) Das Vorliegen einer Rahmenvereinbarung im vergaberechtlichen Sinne ist auch deshalb zu verneinen, weil die Kooperationsvereinbarung die Konditionen für im Einzelfall mit dem Beigeladenen abzuschließende Beherbergungsverträge - also die Bedingungen für dasjenige, was jedenfalls die Antragstellerin als vergaberechtlich relevante „Einzelabrufe“ sieht - vollständig offen lässt. Es ergibt sich daher im Ergebnis auch dann kein Unterschied, wenn man - mit der Antragstellerin - in der jeweiligen Beherbergungsleistung den Gegenstand der späteren Einzelabrufe sieht.

107

(1) Zuzugeben ist der Antragstellerin zwar, dass die überwiegende Auffassung eine beidseitig unverbindliche Rahmenvereinbarung grundsätzlich als möglich anerkennt (OLG Jena, Beschluss vom 22.08.2011 - 9 Verg 2/11, NZBau 2011, 771 [Juris; Tz. 72]; Poschmann, in: Müller-Wrede, VgV/UVgO, 01. Aufl. 2017, VgV § 21 Rn. 60; Osseforth, in: Gabriel/Krohn/Neun, Vergaberechtshandbuch, 02. Aufl. 2017, Kap. 2 Rn. 47 f.; Ziekow, in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 03. Aufl. 2018, GWB § 103 Rn. 113; kritisch hingegen Schrotz, in: Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 02. Aufl. 2015, VOL/A EG § 4 Rn. 91).

108

(2) Es fehlt aber unabhängig von der Frage eines zumindest einseitig begründeten Kontrahierungszwanges das notwendige Mindestmaß an Konkretisierung, dass man einer Rahmenvereinbarung - um sie vertragstypologisch als solche anzuerkennen - abverlangen muss. Dass ein Mindestgrad an Konkretisierung begriffsnotwendige Voraussetzung einer Rahmenvereinbarung ist, steht prinzipiell außer Streit (etwa Wichmann, VergabeR 2017, 1 [5 f.]). Auch wenn ungeachtet dessen den beschaffenden öffentlichen Auftraggebern gemeinhin ein im Grundsatz ausgesprochen weiter Gestaltungsspielraum zugebilligt wird und sich vor diesem Hintergrund im Schrifttum kaum Festlegungen zu bestimmten Mindestinhalten finden und sogar ein gänzliches Offenlassen der Preise für statthaft gehalten wird (so z.B. Zeise, in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, 04. Aufl. 2016, § 103 Rn. 488), besteht doch Konsens, dass zumindest die wesentlichen Bedingungen der im Wege des Einzelabrufs in Anspruch zu nehmenden Dienstleistungen - also die Konditionen der künftigen Dienstleistungsverträge - nicht gänzlich offenbleiben dürfen (Zeise, in: Kulartz/Kus/Marx/Portz/Prieß, VgV, 01. Aufl. 2017, § 21 Rn. 12; Zeise, in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, 04. Aufl. 2016, § 103 Rn. 487). Vor dem Hintergrund der gebotenen Abgrenzung zwischen dem Anwendungsbereich des Vergaberechts und der einem Vergabeverfahren - ausdrücklich auch in Gestalt der Rahmenvereinbarung - gerade nicht zugänglichen vorgelagerten Phase der bloßen Markterkundung (Osseforth, in: Gabriel/Krohn/Neun, Vergaberechtshandbuch, 02. Aufl. 2017, Kap. 2 Rn. 51 f. m.w.N.) erscheint diese Sichtweise auch ohne Weiteres konsequent und sachgerecht.

109

Ein die Anwendung des Vergaberechts ausschließendes gänzliches Offenbleiben liegt hier vor. Insofern teilt der Senat die Einschätzung der Vergabekammer. Die streitbegriffene Kooperationsvereinbarung äußert sich nicht im Ansatz zu den näheren Modalitäten künftiger Beherbergungen. Leistung und Gegenleistung erfahren keine auch nur oberflächliche Regelung. Streng genommen wird der Topos "Beherbergung" überhaupt nur insoweit - und auch insoweit nur schlagwortartig - in der Kooperationsvereinbarung benannt, als in der Präambel das mit dem Abschluss der Vereinbarung indirekt intendierte Ziel, den Schulen den Abschluss von Beherbergungsverträgen dem Grunde nach zu ermöglichen, Erwähnung findet. Regelungsgegenstand des Vertrages im eigentlichen Sinne ist die Beherbergung nicht. Außerhalb der Präambel taucht sie folgerichtig - abgesehen lediglich von der Erwähnung von (Herbergs-) „Aufenthalten“ in § 4 Satz 1 im Kontext der Mitgliedsausweise und ihrer Legitimationswirkung - nicht auf.

110

b) Unabhängig von Vorstehendem ist der Vergaberechtsweg auch deshalb nicht eröffnet, weil der maßgebliche Schwellenwert von 750.000,00 € nicht erreicht wird.

111

aa) Dass sich bei einer Anknüpfung nur an die Zahlungen des Antragsgegners zur pauschalierten Beitragsabgeltung eine Erreichung des Schwellenwertes nicht ergibt, liegt auf der Hand und ist auch zwischen den Beteiligten unstreitig. Ausgehend von der ausbedungenen Vertragslaufzeit von vier Jahren und einem jährlichen Gesamtzahlbetrag von … € ergibt sich ein Auftragswert von nur … € (vgl. § 3 Abs. 11 Nr. 1 VgV). Selbst wenn man von einem längeren Zeitraum auszugehen hätte, etwa mit Rücksicht auf die Regelung in § 2 Satz 2 der streitbegriffenen Kooperationsvereinbarung über die automatische Verlängerung der Vertragslaufzeit bei ausbleibender Kündigung, wäre von einem größeren Betrag nicht auszugehen (§ 3 Abs. 11 Nr. 2 VgV).

112

bb) Eine Erreichung des maßgeblichen Schwellenwertes von 750.000,00 € stünde aber auch dann nicht fest, wenn man mit der Antragstellerin den Abschluss von Beherbergungsverträgen als Einzelaufträge im hier maßgeblichen Sinne begreift.

113

(1) Das insoweit - auch im Verfahren vor dem Senat - gelieferte Zahlenmaterial der Antragstellerin (Seiten 16 ff. / Tz. 45 ff. der Beschwerdeschrift = Bd. I Bl. 18 ff. d.A.) entstammt ganz wesentlich den statistischen Angaben aus der Anlage AST 8 (“Marktanalyse-Detailbericht“ mit Berichtsstand …), die im Verfahren vor der Vergabekammer mit Schriftsatz der Antragstellerin vom 16.05.2019 vorgelegt worden ist (vgl. Fußnoten 21, 22, 24 und 27 der Beschwerdeschrift). Dabei handelt es sich, worauf der Antragsgegner mit der Beschwerdeerwiderung vom 22.07.2019 unwidersprochen hingewiesen hat (Seite 26 / Tz. 95 = Bd. I Bl. 151 d.A.), um bundesweite Durchschnittswerte ohne konkrete Aussagekraft für die ausschließlich in Mecklenburg-Vorpommern gelegenen Herbergen des Antragsgegners. Dass die konkreten Zahlen in den einzelnen Bundesländern zum Teil erheblich divergieren, ergibt sich unter anderem aus den Übersichten zu Reiseintensität, -häufigkeit und -volumen in der Anlage AST 8 selbst (dort Seite 50). Eine schlüssige rechnerische Darstellung konkret für die zu erwartenden Beherbergungsumsätze des Beigeladenen im Rahmen der streitbegriffenen Kooperationsvereinbarung mit dem Antragsgegner - also allein in Herbergen in Mecklenburg-Vorpommern und durch Schulfahrten aus Mecklenburg-Vorpommern - liefert die Antragstellerin unverändert nicht. Auf die durch andere Landesverbände des … und / oder ausländische Herbergsträger zu erzielenden Einnahmen aus dem Abschluss von Beherbergungsverträgen mit dem Antragsgegner für Schulfahrten von Schülergruppen aus Mecklenburg-Vorpommern kann von Rechts wegen nicht abgestellt werden, weil es sich vorliegend jedenfalls auf der Unternehmerseite unzweideutig um eine Ein-Partner-Rahmenvereinbarung handelt (die Erfüllung der begriffsnotwendigen Voraussetzungen einer Rahmenvereinbarung an sich hier unterstellt); andere Landesverbände als der Beigeladene und / oder ausländische Herbergsträger haben am Abschluss der Vereinbarung mit dem Antragsgegner nicht mitgewirkt, insbesondere auch nicht in Gestalt einer Vertretung durch den Beigeladenen (§§ 164 ff. BGB). Für Gegenteiliges - das im Übrigen auch die Antragstellerin nicht behauptet - bieten weder das Vertragsrubrum noch der Vertragsinhalt oder sonstige Umstände einen Anhaltspunkt.

114

Ausgehend von dem vorliegenden Zahlenmaterial lässt sich daher eine valide Aussage konkret für den Anwendungsbereich der vorliegenden Rahmenvereinbarung - zweifache Fixierung auf Mecklenburg-Vorpommern (in und aus) - nicht treffen. Insofern spielt es keine Rolle, ob der Antragsgegner bzw. der Beigeladene dem Vortrag der Antragstellerin zur Schwellenwertproblematik mit der verfahrensrechtlich gebotenen Substanz entgegengetreten sind, wenn und soweit man hier auf die tradierten Muster des in erster Linie zivilprozessualen Beibringungsgrundsatzes und dort konkret auf die Grundsätze zur wechselseitigen Abhängigkeit der Darlegungslast mit Rücksicht auf den Charakter des Vergabenachprüfungsverfahrens und den dort geltenden Amtsermittlungsgrundsatz überhaupt abstellen kann. Gegenstand einer etwaigen Zugeständnisfiktion (§ 138 Abs. 3 ZPO) könnten nämlich so oder so nur die tatsächlichen Angaben der Antragstellerin sein, nicht die daraus gezogenen - rechtlichen - Schlüsse. Dass hier schon die - ggf. als zugestanden oder erwiesen unterstellten - tatsächlichen Angaben der Antragstellerin keine brauchbaren und aussagekräftigen Schlüsse zulassen, ist vorstehend ausgeführt worden. Damit stellt sich die Frage der Beweislast letztlich nicht.

115

(2) Ob die Validität der antragstellerseits zu Grunde gelegten Zahlen unabhängig von Vorstehendem auch deshalb zu verneinen ist, weil die Antragstellerin nicht zwischen denjenigen voraussichtlichen Beherbergungen unterschieden hat, die auf Bestandsmitglieder einerseits und auf neue Mitglieder - Beitritt zum Beigeladenen erst nach dem 24.09.2018 - andererseits zurückgehen (Beschwerdeerwiderung vom 22.07.2019, Seiten 25 f. / Tz. 93 f. = Bd. I Bl. 150 f. d.A.), kann offen bleiben.

116

c) Auf dieser Grundlage kann offen bleiben, ob die Antragstellerin überhaupt antragsbefugt ist, obwohl sie selbst keine Beherbergungsleistungen anbietet, konzernangehörige Tochtergesellschaften nur außerhalb von Mecklenburg-Vorpommern auftreten und Kooperationsverträge mit hier ansässigen Beherbergungsunternehmen jedenfalls bislang nicht bestehen.

2.

117

Auch im Nebenpunkt bleibt die Beschwerde erfolglos.

118

Soweit die Vergabekammer die notwendigen Aufwendungen des Beigeladenen im Nachprüfungsverfahren gemäß § 182 Abs. 4 Satz 2 GWB der Antragstellerin auferlegt hat, zieht die Antragstellerin diese Entscheidung bereits dem Grunde nach in Zweifel, also im Ausgangspunkt unabhängig von der Frage, ob zu den zu erstattenden „notwendigen“ Aufwendungen auch die Kosten der anwaltlichen Vertretung zählen, was die Vergabekammer in Anwendung von § 182 Abs. 4 Satz 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG M-V bejaht hat und was die Antragstellerin ebenfalls angreift. Soweit die Vergabekammer der Antragstellerin die notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners auferlegt hat, folgt dieser Ausspruch allein aufgrund des antragstellerischen Unterliegens zwingend aus § 182 Abs. 4 Satz 1 GWB; das zieht die Antragstellerin auch nicht in Zweifel. Diesbezüglich moniert sie – lediglich – die Feststellung der Vergabekammer, die Inanspruchnahme anwaltlichen Beistandes durch den Antragsgegner sei notwendig gewesen (vgl. Beschwerdeschrift vom 01.07.2019, Seite 20 / Tz. 61 = Bd. I Bl. 22 d.A., i.V.m. Schriftsatz vom 16.05.2019, Seiten 30 ff. / Tz. 100-108).

119

a) Dass die Vergabekammer der Antragstellerin auch die Kosten des Beigeladenen auferlegt hat, was eine Frage der Billigkeit ist (§ 182 Abs. 4 Satz 2 GWB), hält der Senat für überzeugend. In Anlehnung an die zu § 162 Abs. 3 VwGO entwickelten Grundsätze (dazu Bader, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 07. Aufl. 2018, § 162 Rn. 24 m.w.N.) entspricht es in aller Regel der Billigkeit, der unterlegenen Hauptpartei auch die Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, wenn der Beigeladene – wie hier – einen eigenen Sachantrag gestellt und sich damit seinerseits einem potentiellen Kostenrisiko (vgl. § 182 Abs. 4 Satz 1 GWB) ausgesetzt hat (statt aller Losch, in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 03. Aufl. 2018, GWB § 182 Rn. 37, m.w.N.).

120

Ob auch eine sonstige „aktive Beteiligung“ des Beigeladenen am Verfahren ohne förmliche Antragstellung einen Kostenausspruch nach § 182 Abs. 4 Satz 2 GWB rechtfertigen kann (dies bejahend die mittlerweile h.M.; etwa OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.05.2012 - Verg 5/12 [Juris; Tz. 7 f.], und OLG Rostock, Beschluss vom 21.07.2017 - 17 Verg 2/17, NZBau 2018, 318 [Juris; Tz. 30]), bedarf vorliegend keiner Entscheidung.

121

Sofern man - was hier nicht entschieden werden muss - mit der Antragstellerin zusätzlich zu einer eigenen Antragstellung des Beigeladenen verlangen wollte, dass der Beigeladene das Verfahren durch tatsächlichen oder rechtlichen Vortrag „aktiv gefördert“ hat, wäre diese Voraussetzung hier erfüllt, weshalb es auf diese Frage letztlich nicht ankommt. Insbesondere hat der Beigeladene nicht lediglich Argumente des Antragsgegners aufgegriffen und „abgeschrieben“. In einer Reihe von Punkten - etwa bei der Frage der „geborenen“ Mitgliedschaft des Antragsgegners bei dem Beigeladenen oder bei der Frage des Konkurrenzverhältnisses - hat der Beigeladene genuin eigene Argumentationslinien entwickelt.

122

b) Im Ergebnis erweist sich auch die Feststellung der Notwendigkeit der Hinzuziehung anwaltlichen Beistandes durch die Beigeladene als zutreffend. Mit Rücksicht auf die weitgehend gerichtsähnliche Ausgestaltung der Vergabekammer und des vor ihr stattfindenden Vergabenachprüfungsverfahrens kann die in § 182 Abs. 4 Satz 4 GWB für entsprechend anwendbar erklärte Vorschrift des § 80 Abs. 2 VwVfG M-V jedenfalls nicht mitsamt der dazu vorhandenen Spruchpraxis „eins zu eins“ herangezogen werden. Die eher restriktive verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zur Notwendigkeit der Beteiligung eines Rechtsanwaltes ist vor dem Hintergrund des allgemeinen Verwaltungsverfahrens zu sehen. Im Unterschied zum Vergabenachprüfungsverfahren ist das Widerspruchsverfahren (§§ 68 ff. VwGO) nicht justizförmig ausgestaltet. Von den so genannten Kreis- und Stadtrechtsausschüssen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland abgesehen ist auch die Widerspruchsbehörde nicht als sachlich unabhängiges – gerichtsähnliches – Gremium ausgestaltet, sondern in ein weisungsgebundenes administratives Hierarchiesystem eingebunden. Vor diesem Hintergrund besteht – bezogen auf Beigeladene – eine nachvollziehbare Tendenz, sich der per-se-Erstattungsfähigkeit im gerichtlichen Verfahren (§ 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO) zumindest anzunähern und das Notwendigkeitskriterium regelmäßig zu bejahen, solange nicht umgekehrt greifbare Anhaltspunkte für eine fehlende Notwendigkeit vorhanden sind (vgl. Thiele, in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, 04. Aufl. 2016, § 182 Rn. 31, m.w.N.). Solche Anhaltspunkte bestehen hier nicht. Von daher ergeben sich gegen die Anerkennung der Anwaltskosten des Beigeladenen als „notwendig“ keine durchgreifenden Bedenken.

123

c) Ob auch für den Antragsgegner eine Notwendigkeit zur Hinzuziehung eines Rechtsanwalts bestand, wird gemeinhin differenzierter und mit größerem Einzelfallbezug beurteilt. Dabei wird überwiegend danach unterschieden, ob es inhaltlich nur um auftragsbezogene Sach- und Rechtsfragen ging, hinsichtlich derer eine Vergabestelle typischerweise über hinreichende eigene Rechtskenntnis verfügt bzw. ihr abverlangt werden kann, sich diese zu verschaffen, oder ob weitere Rechtsfragen nicht lediglich einfacher Natur – insbesondere solche des Nachprüfungsverfahrens- oder des materiellen Vergaberechts – hinzugetreten sind (vgl. Thiele, in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, 04. Aufl. 2016, § 182 Rn. 32, m.w.N.).

124

Ausgehend von diesen Maßstäben erscheint die Einschätzung der Vergabekammer überzeugend. Nicht tragfähig erscheint jedenfalls das von der Antragstellerin herangezogene pauschale Argument, für den Antragsgegner habe vorliegend das Bildungsministerium und damit eine oberste Landesbehörde gehandelt. Diese allein an abstrakte verwaltungsorganisationsrechtliche Kategorien anknüpfende Sichtweise wird gerade nicht dem Gebot der Einzelfallbetrachtung gerecht. Entscheidend muss vielmehr – unabhängig von der Hierarchieebene – sein, ob die für den Antragsgegner handelnde Dienststelle typischerweise mit vergaberechtlichen Fragen betraut ist. Das kann je nach Lage der Dinge für eine hierarchieniedrigere Behörde sogar eher in Betracht kommen (z.B. das LAiF M-V als – bloß – obere Landesbehörde, aber z.B. auch für kommunale Beschaffungsstellen). Dass das Bildungsministerium des Antragsgegners typischerweise als Vergabestelle mit entsprechendem Know-how agieren würde, vermag der Senat nicht zu erkennen. Hier kommt hinzu, dass der in Rede stehende Vorgang auf Antragsgegnerseite gar nicht als vergaberechtsrelevant erkannt und behandelt worden ist. Außerdem haben neben auftragsbezogenen Fragen verschiedene weitere nicht lediglich einfache Rechtsfragen im Raum gestanden, die nicht mehr zum klassischen – im Wesentlichen schulrechtlichen – Standardrepertoire eines Bildungsministeriums gezählt werden können, namentlich die Frage der Abgrenzung von Vereinsmitgliedschaft und wirtschaftlichem Austauschvertrag, die daran anknüpfende Frage einer möglichen „Einkapselung“, die spezifischen Besonderheiten des Rechtsinstituts der Rahmenvereinbarung, die Problemlagen der Schwellenwerterreichung usw. Bei dieser Sachlage erschien es notwendig, anwaltlichen Beistand einzuschalten.

3.

125

Die durch den Senat für das Beschwerdeverfahren zu treffende Kostenentscheidung richtet sich nach §§ 78, 175 Abs. 2 GWB (Möllenkamp, in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, 04. Aufl. 2016, § 178 Rn. 55). Bleibt die Beschwerde erfolglos, trägt der Beschwerdeführer – hier also die Antragstellerin – die Kosten gemäß §§ 78 Satz 2, 175 Abs. 2 GWB.

126

Hinsichtlich der Auferlegung der Kosten auch des Beigeladenen gilt das bereits Ausgeführte auch für den vorliegenden Beschwerderechtszug.

127

Soweit für das Beschwerdeverfahren sinngemäß Anträge zur Feststellung der Notwendigkeit der Hinzuziehung anwaltlichen Beistandes gestellt sind, also zur Auferlegung auch der notwendigen außergerichtlichen (Anwalts-) Kosten der jeweiligen Gegenseite bzw. des Beigeladenen, bedarf es in Bezug auf die Beigeladene keiner Entscheidung. Die Erstattungsfähigkeit ergibt sich hier unmittelbar aus § 175 Abs. 1 Satz 1 GWB (OLG Rostock, Beschluss vom 02.10.2019 - 17 Verg 3/19, Seite 15). Für den Antragsgegner - der sich nach § 175 Abs. 1 S. 2 GWB im Beschwerdeverfahren auch durch Mitarbeiter mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen könnte - folgt die Notwendigkeit der Hinzuziehung anwaltlicher Bevollmächtigter auch im Beschwerdeverfahren aus den oben unter 2.c) stehenden Ausführungen.

4.

128

Die Wertfestsetzung erfolgt gemäß §§ 50 Abs. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG.

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