Beschluss vom Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken - 9 WF 1/11

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Saarlouis vom 10. November 2010 – 22 F 276/10 SO/VKH 1 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Aus der Ehe der Kindeseltern, die geschieden ist, ist das am 10. April 2002 geborene Kind J. M. hervorgegangen. Dieses lebt im Haushalt der Antragstellerin und wird von dieser betreut und versorgt.

Mit ihrem am 30. September 2010 eingegangenen und mit einem Verfahrenskostenhilfegesuch verbundenen Antrag hat die Antragstellerin unter Beifügung einer Vereinbarung der Kindeseltern vom 15. September 2010, in der der Kindesvater seine Zustimmung zur Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge auf die Antragstellerin erklärt hat, um Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge für J. auf sich allein nachgesucht. Mit am 25. Oktober 2010 eingegangenem Schreiben hat der Kindesvater dem Antrag auf Übertragung der alleinigen Sorge zugestimmt. Das Familiengericht hat mit Beschluss vom 10. November 2010, auf den Bezug genommen wird (Bl. 11/12, 15/16 d.A.), die elterliche Sorge auf die Antragstellerin allein übertragen, von einer Erhebung von Kosten abgesehen und angeordnet, dass außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden. Ferner hat es mit Beschluss vom selben Tag den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe sowie die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt (Bl. 13, 14 d.A.).

Gegen den ihr am 18. November 2010 zugestellten Verfahrenskostenhilfe verweigernden Beschluss hat die Antragstellerin mit am 15. Dezember 2010 eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt, der das Familiengericht gemäß Beschluss vom 20. Dezember 2010 nicht abgeholfen und die Sache dem Saarländischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt hat.

II.

Die gemäß § 76 Abs. 2 FamFG, § 127 Abs. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin, das zu bescheiden dem Einzelrichter gemäß § 76 Abs. 2 FamFG in Verbindung mit § 568 Abs. 1 S. 1 ZPO vorbehalten ist, hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Familiengericht bei der gegebenen Sachlage die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt.

Die Beiordnung eines Rechtsanwaltes war zu versagen, weil sie weder durch eine Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage noch aus sonstigen Gründen gerechtfertigt ist. In Familiensachen des § 111 Nr. 2 FamFG (Kindschaftssachen), zu denen auch Verfahren gehören, die das Sorgerecht betreffen (§ 151 Nr. 1 FamFG), ist die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben (§ 114 Abs. 1 FamFG). Nach der seit September 2009 - also auch für das vorliegende Verfahren - maßgeblichen Regelung in § 78 Abs. 2 FamFG erfolgt für Verfahren, in denen - wie vorliegend - die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben ist, im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe die Beiordnung eines Anwaltes nur noch dann, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage erforderlich erscheint. Die Erforderlichkeit einer anwaltlichen Vertretung beurteilt sich hierbei nach den Umständen des Einzelfalles. Entscheidend ist, ob ein bemittelter Rechtssuchender in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte. Maßgebend sind dabei Umfang und Schwierigkeit der konkreten Sache, ferner die Fähigkeit des Beteiligten, sich mündlich oder schriftlich auszudrücken. Auch die existentielle Bedeutung der Sache oder eine besondere, vom allgemeinen Prozessrecht stark abweichende Verfahrensart kann die Beiordnung eines Rechtsanwalts nahelegen (BGH, Beschl. v. 23. Juni 2010 - XII ZB 232/09 - FamRZ 2010, 1427 ff; m.w.N.; siehe auch BVerfG NJW-RR 2007, 1713, und BVerfGE 63, 380, 394). In Ansehung dieser Grundsätze kommt die begehrte Beiordnung eines Rechtanwaltes für die Antragstellerin nicht in Betracht. Im Streitfall hat die Antragstellerin eine Entscheidung nach § 1671 BGB erstrebt. Dabei liegen bereits nach ihrem Vortrag in der Antragsschrift, dem die Zustimmungserklärung („Vereinbarung“) des Kindesvaters beigefügt war, die dieser mit Schreiben vom 25. Oktober 2010 erneut abgegeben hat, die Voraussetzungen des § 1671 Abs. 2 Nr. 1 BGB vor, so dass nach der gesetzlichen Vorschrift ihrem Antrag – wie mit Beschluss vom 10. November 2010 geschehen - stattzugeben ist, ohne dass dem Gericht grundsätzlich eine Richtigkeitskontrolle oder ein Auswahlermessen zustünde oder es die Motive der Eltern zu beurteilen hätte (vgl. Palandt -Diederichsen, BGB, 69. Aufl., § 1671 Rz. 11 m.w.N.). Gründe, die gemäß § 1671 Abs. 2 BGB gegen die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge entgegen der ausdrücklichen Zustimmung des anderen Elternteils sprechen, namentlich solche nach §§ 1666, 1666a BGB, sind nach den vom Familiengericht getroffenen Feststellungen und auch nach Aktenlage nicht im Ansatz zu erkennen. Damit jedoch stellt sich die Sach- und Rechtslage, insbesondere mit Blick auf die bereits vorprozessual abgegebene Zustimmungserklärung des Kindesvaters, als sowohl objektiv wie subjektiv denkbar einfach dar, so dass sich auch ein vernünftiger bemittelter Beteiligter, der für die Mehrkosten selbst aufzukommen hätte, in einer derartigen Ausgangslage nicht anwaltlich hätte vertreten lassen. Auf die behauptete vorprozessuale Tätigkeit des Anwalts kommt es im Übrigen nicht entscheidend an, zumal nicht zu erkennen ist, dass für die Zustimmungserklärung des Kindesvaters besondere tatsächliche oder rechtliche Hürden zu nehmen gewesen wären, und es im Übrigen der Antragstellerin unbenommen war bzw. ist, außergerichtlich juristischen Rat - so beispielsweise auch bei der Öffentlichen Rechtsauskunft - in Anspruch zu nehmen, wenn sie dies für ratsam hält (vgl. Kammergericht, FamRZ 2010, 1460; Hanseatisches Oberlandesgericht, Beschl.v. 27. Dezember 2010, 10 WF 148/10; OLG Brandenburg, FamRZ 2010, 2009).

Da das Familiengericht nach gebotener Gewährung rechtlichen Gehörs zu den abgegebenen Erklärungen in dem Beschluss vom 10. November 2010, mit dem es der Antragstellerin antragsgemäß die alleinige elterliche Sorge übertragen hat, von der Erhebung von Gerichtskosten abgesehen und angeordnet hat, dass die Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht stattfindet, kam zum Zeitpunkt der Beschlussfassung vom selben Tag mangels Anfalls von Kosten auch die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe im Übrigen - ungeachtet der Frage der Bedürftigkeit - nicht in Betracht (vgl. Zöller-Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 119, Rz. 44, m.w.N.).

Der Kostenausspruch beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung nicht gegeben sind (§ 574 ZPO).

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