Urteil vom Oberlandesgericht Stuttgart - 102 U 2/13

Tenor

1. Auf die Berufung der Beteiligten zu 1-4 wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 19. Juli 2013, Az. 50 O 10/12 Baul., abgeändert und der Umlegungsbeschluss der Beteiligten 5 vom 30.04.2012 „Ma. “ aufgehoben.

2. Die Beteiligten zu 5 und 6 tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligten zu 5 und 6 können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beteiligten zu 1 bis 4 vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten.

4. Die Revision wird zugelassen.

Berufungsstreitwert: 140.116,-- EUR

Gründe

 
I.
Die Beteiligten zu 1 bis 4 wenden sich als Antragsteller gegen den Umlegungsbeschluss vom 30.4.2012 im Rahmen der Umlegung „Ma. “ und begehren hilfsweise die Aufhebung des Umlegungsbeschlusses bezüglich ihrer Grundstücke. Die als Antragsgegnerin bezeichnete Beteiligte zu 5 ist die Gemeinde, auf deren Gebiet die Umlegung erfolgen soll, und die Beteiligte zu 6 die Umlegungsstelle.
Bezüglich des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 19.07.2013, AZ. 50 O 10/12 Baul. verwiesen.
Mit diesem Urteil hat das Landgericht die Anträge zurückgewiesen. Die Anträge seien zulässig. Ein eventueller Einwendungsverzicht des Rechtsvorgängers des Antragstellers 4 betreffe nicht die Zulässigkeit des Antrags, sondern nur dessen Begründetheit. Der Umlegungsbeschluss sei rechtmäßig. Formelle Mängel seien nicht ersichtlich. Die Umlegung sei gemäß § 46 Abs. 1 BauGB erforderlich. Ziel der Umlegung sei die Herstellung der erschließungs- und grundstücksmäßigen Bebaubarkeit der Grundstücke des Umlegungsgebietes. Die Gemeinde habe im Rahmen der Anordnung der Umlegung einen erheblichen Beurteilungsspielraum. Alle Flurstücke der Antragsteller lägen im Bereich eines gültigen Bebauungsplans aus dem Jahr 1983. Das Änderungsverfahren im beschleunigten Verfahren des § 13a BauGB tangiere den anzupassenden Bebauungsplan 1983 nicht. Das beschleunigte Verfahren sei zulässig. In diesem sei eine neue Umweltprüfung nicht erforderlich. Die freiwillige Bodenumlegung in den 1960er Jahren habe den späteren Bebauungsplan 1983 zumindest nicht vollständig umgesetzt. Daher stehe fest, dass die im Bebauungsplan 1983 vorgesehene Erschließung dieses Gebiets nicht vollständig realisiert worden sei. Mit der im Umlegungsverfahren zu erfolgenden Änderung der Grundstückszuschnitte habe die Gemeinde bei der Einbeziehung dieser Flurstücke/Grundstücke der Antragsteller den Zweck und den Anwendungsbereich der Umlegung im Sinn des § 45 BauGB erfüllt. Die Anpassung des Bebauungsplans 1983 durch das Änderungsverfahren gemäß § 13a BauGB und der Umlegungsbeschluss selbst zeigten ausreichend verlässlich festgelegte planerische Vorstellungen der Gemeinde. Die Antragsgegnerin habe in das Umlegungsgebiet alle Grundstücke der Antragsteller zu Recht einbezogen, weil die Grundstücke von der D. Straße als auch von der Da.-Straße und der B-Straße umgrenzt seien und somit die Insel-Lage des Gebietes bildeten. Die Grundstücke Flurstücke Nr. 2525 bis 2444/1 seien zu Recht aus dem Umlegungsgebiet herausgenommen worden, weil dieser Bereich der Insel-Lage des Gebiets nicht nur entsprechend dem Bebauungsplan bebaut, sondern durch die B-Straße in vollem Umfang (beidseits) erschlossen sei. Dies gelte für die Grundstücke der Antragsteller entlang der D. Straße und der Da.-Straße nicht. Die Grundstücke könnten nicht gemäß § 52 Abs. 2 BauGB aus dem Umlegungsgebiet herausgenommen werden, weil die Grundstücke in der Umlegung eine erstmalige bebauungsplanmäßige Erschließung erhalten würden.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Nach Einwendungen der Antragsteller sind vom Änderungsbebauungsplangebiet sämtliche Grundstücke der Antragsteller mit Ausnahme des Grundstücks Flurstück Nr. 2491 ausgenommen worden. Der Änderungsbebauungsplan „Ma. - 3. Änderung“ ist am 26.07.2013 im Mitteilungsblatt der Gemeinde G. bekannt gemacht worden und in Kraft getreten. Gegen diesen Änderungsbebauungsplan ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg ein Normenkontrollverfahren der Antragsteller anhängig (AZ: 8 S 1597/13).
Die Antragsgegnerin hat in der Berufungsinstanz auszugsweise das Protokoll der Sitzung des Gemeinderats vom 13.03.2012 vorgelegt, laut dem für einen Zeitraum von 5 Minuten die Nichtöffentlichkeit hergestellt worden ist. Zu den Einzelheiten des Sitzungsprotokolls wird auf Bl. 279 d.A. verwiesen.
Gegen das Urteil des Landgerichts wenden sich die Antragsteller mit ihrer Berufung. Das Landgericht habe verkannt, dass der Bebauungsplan aus dem Jahr 1983 keine Erforderlichkeit im Sinn von § 46 Abs. 1 BauGB begründen könne. Die Antragsgegnerin habe das Bebauungsplanänderungsverfahren eingeleitet, weil der Bebauungsplan aus dem Jahr 1983 nicht mehr den heutigen Anforderungen entspreche und aus heutiger Sicht andere Grundstückszuschnitte erforderlich seien. Die Antragsgegnerin wolle daher an den städtebaulichen Festsetzungen und Zielsetzungen des Bebauungsplans 1983 nicht mehr festhalten. Bezüglich der Grundstücke der Antragsteller strebe die Gemeinde keine Bebauungsplanänderung mehr an, was durch die Reduzierung des Änderungsbebauungsplangebiets dokumentiert sei.
Die Auffassung des Landgerichts, das Verfahren nach § 13a BauGB sei zulässig, sei unzutreffend. Eine Maßnahme der Innenentwicklung sei nicht bereits deshalb gegeben, weil ein Bebauungsplan aus dem Jahr 1983 existiere. Der Bebauungsplan aus dem Jahr 1983 sei nicht vollzogen worden. Maßgeblich sei allein die tatsächliche Bebauungssituation. Mit Ausnahme einer Bebauung entlang der B-Straße, der D. Straße und einer denkmalgeschützten Bebauung an der Da.-Straße sei der vollständige übrige Bereich durch Streuobstwiesen bestandgeprägt. Damit fehlten die Voraussetzungen nach § 13a BauGB.
Im Rahmen einer freiwilligen Bodenordnung in den 1960er Jahren seien die Grundstücke Flurstück Nr. 2481/1, 2481/2, 2481/3 und 2481 gebildet worden. Die Grundstücke seien teilweise bebaut und das damals gebildete Grundstück Flurstück Nr. 2481 an die Gemeinde übertragen worden. Der Bebauungsplan 1983 habe diese Grundstückszuschnitte berücksichtigt und übernommen. Das Landgericht gehe daher rechtsirrig davon aus, dass die freiwillige Bodenumlegung den späteren Bebauungsplan 1983 zumindest nicht vollständig umgesetzt habe. Für die bebauungsplangemäße Herstellung der D. Straße entlang der genannten Grundstücke bedürfe es keiner Inanspruchnahme der Grundstücke der Antragsteller. Davon gehe offenbar auch das Landgericht aus. Es vertrete aber die Auffassung, dass der Bebauungsplan aus dem Jahr 1983 in den Einmündungsbereichen noch nicht vollständig umgesetzt sei. Dies sei unzutreffend. Von dem angesprochenen Einmündungsbereich D. Straße / Da.-Straße sei allenfalls das im Eigentum der Gemeinde stehende Grundstück Flurstück Nr. 2481 betroffen. Tatsächlich liege der Einmündungsbereich bereits ausschließlich auf öffentlicher Fläche. Im Bereich des Grundstücks Flurstück Nr. 2481/1 verbleibe ein schmaler Grundstücksstreifen von wenigen Quadratmetern im Eigentum der Gemeinde. Dies rechtfertige keine Einbeziehung des Grundstücks Flurstück Nr. 2481/1. Der dortige Eigentümer wäre auch bereit, diesen Grundstücksstreifen für sein Grundstück hinzuzuerwerben. Ein Verzicht der Gemeinde auf die bebauungsplanmäßige Realisierung des Gehwegs auf der D. Straße auf der Seite der Flurstücke der Antragsteller sei zu keinem Zeitpunkt erklärt worden und begründe im Übrigen eine Erforderlichkeit einer Umlegung in diesem Bereich nicht.
10 
Im Rahmen des Umlegungsverfahrens entstünden bezüglich der Grundstücke der Antragsteller nicht zweckmäßig gestaltete Grundstücke im Sinn von § 45 BauGB, weil die Gemeinde den Bebauungsplan aus dem Jahr 1983 für nicht mehr zeitgemäß und überholt erachte. Das Änderungsbebauungsplanverfahren nach § 13a BauGB erfasse die Grundstücke der Antragsteller mit Ausnahme eines Grundstücks gerade nicht. Eine Aufsiedlung und Bebauung des gesamten Gebiets sei kaum zu erwarten, allenfalls in den nächsten 15 bis 20 Jahren. Die Antragsgegnerin habe nicht dargelegt, von welchem Zeithorizont sie in diesem Zusammenhang ausgehe. Für eine Bebauung, die in zeitlicher Hinsicht nicht absehbar sei, fehle die Erforderlichkeit für eine Umlegung. Die Antragsgegnerin strebe eine abschnittsweise Erschließung ohne zeitliche Vorstellungen oder plausible Vorgaben an.
11 
Die Abgrenzung des Umlegungsgebiets sei in nicht sachgerechter, sondern willkürlicher Weise erfolgt.
12 
Nach Auffassung des Landgerichts sei es gerechtfertigt, die Grundstücke entlang der Bahnhofsstraße nicht in das Umlegungsverfahren einzubeziehen. Warum bezüglich der Grundstücke der Antragsteller entlang der D. Straße und der Da.-Straße etwas anderes gelten solle, habe das Landgericht nicht begründet. Vielmehr gelte für diese Grundstücke entsprechendes wie für die Grundstücke entlang der B-Straße. Obwohl das Grundstück im Bereich B-Straße / D. Straße mit einer geringfügigen Fläche zur Herstellung der öffentlichen Wegeflächen entsprechend dem jetzigen Änderungsbebauungsplan benötigt werde, sei es nicht in die Umlegung einbezogen worden.
13 
Die Grundstücke entlang der D. Straße würden im Rahmen der jetzigen Umlegung eine erstmalige bauplanungsmäßige Erschließung erhalten unabhängig von der Frage, ob und welche Flächen hierfür von den betroffenen Grundstücken beansprucht werden. Für einen bebauungsplangemäßen Ausbau der D. Straße ab dem Gebäude Nr. 25 entsprechend dem Bebauungsplan 1983 würden in jedem Fall - anders als bei den Grundstücken der Antragsteller 1 und 2 - Grundstücksflächen zur Herstellung der D. Straße benötigt werden. Diese Grundstücke entlang der D. Straße seien sach- und gleichheitswidrig nicht in die Umlegung mit einbezogen worden. Damit habe sich das Landgericht überhaupt nicht auseinandergesetzt, obwohl diese Thematik intensiv unter Hinzuziehung von vorgelegten Plänen und Karten in der mündlichen Verhandlung erörtert worden sei. Das Flurstück Nr. 2447/1 sei im Bebauungsplan 1983 als öffentliche Grünanlage ausgewiesen, aber nicht in das Umlegungsgebiet einbezogen worden.
14 
Der Umlegungsbeschluss sei rechtswidrig, weil die Umlegungsanordnung vom Gemeinderat nach einer teilweise nichtöffentlichen Beratung beschlossen worden sei, wobei die Nichtöffentlichkeit entgegen dem Sitzungsprotokoll nicht nur 5 Minuten, sondern ca. 30 Minuten gedauert habe. Es habe kein ausreichender Grund vorgelegen, die Nichtöffentlichkeit herzustellen.
15 
Die Antragsteller beantragen:
16 
Das Urteil des Landgerichts Stuttgart - 50. Kammer für Baulandsachen - vom 19.07.2013 - 50 O 10/12 Baul. - wird geändert, und:
17 
1. Der Umlegungsbeschluss vom 30.04.2012 bezüglich der Umlegung „Ma. “ wird aufgehoben.
18 
2. Hilfsweise: Der Umlegungsbeschluss vom 30.04.2012 bezüglich der Umlegung „Ma. “ wird insoweit aufgehoben, als die Grundstücke Flurstück Nr. 2481/1, Flurstück Nr. 2481/2, Flurstück Nr. 2481/3, Flurstück Nr. 2487, Flurstück Nr. 2490 und Flurstück Nr. 2491 in den Umlegungsbeschluss bzw. das Umlegungsgebiet mit einbezogen sind.
19 
Die Antragsgegnerin und der Umlegungsausschluss beantragen:
20 
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart - 50 O 10/12 Baul. vom 19.07.2013 - zurückzuweisen.
21 
Der Rechtsvorgänger des Beteiligten 4 habe sich rechtsverbindlich auch für seine Rechtsnachfolger verpflichtet, gegen ein späteres Bebauungsplan- und Umlegungsverfahren keine Einwendungen zu erheben, weshalb eine Eintragung im Baulastenverzeichnis erfolgt sei.
22 
Der VGH Baden-Württemberg habe auf einen Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO mit Beschluss vom 15.11.2013 entschieden, dass die Anträge abgelehnt würden und festgestellt, dass eine Betroffenheit der dortigen Antragsteller nicht vorliege.
23 
Das Umlegungsgebiet müsse zweckmäßig gestaltet sein; dabei bestehe ein weiter Beurteilungsspielraum. Die Umlegung werde im Geltungsbereich des Bebauungsplans 1983 in der Änderungsfassung gemäß Satzungsbeschluss vom 23.07.2013 durchgeführt. Eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 148 ZPO dürfe nicht erfolgen. Ein Umlegungsbeschluss könne selbst dann erfolgen, wenn kein rechtswirksamer Bebauungsplan vorliege. Es liege ein Umlegungsbeschluss nach § 47 Abs. 2 BauGB vor, der nicht von einem wirksamen Bebauungsplan abhänge. Vorliegend bestehe aber ein in Kraft getretener und wirksamer Bebauungsplan in der Änderungsfassung vom 23.07.2013. Der angefochtene Umlegungsbeschluss betreffe allein die Einbeziehung der Grundstücke in das Umlegungsgebiet, weshalb das Normenkontrollverfahren für das vorliegende Verfahren keine Rolle spiele.
24 
Der Bebauungsplan 1983 entspreche in dem heute noch unbebauten Bereich städtebaulich nicht mehr den heutigen Anforderungen. Um dem bisherigen Zustand des rechtskräftigen Bebauungsplans durch eine organischere Art der Bebauung abzuhelfen, sei es städtebaulich sinnvoll, den Bebauungsplan 1983 in seinem unbebauten Bereich zu ändern. Die Bebauungsplanung werde durch die Änderung an die gegebenen städtebaulichen Vorstellungen der Gemeinde und dem Bedarf an Bauplätzen angepasst. Das vorliegende Baugebiet sei das letzte mögliche und mit größeren Flächen zusammenhängende Baugebiet, welches nunmehr umgesetzt werden solle. Es habe eine rege Nachfrage nach Bauplätzen eingesetzt. Vier Bauplätze seien bereits vergeben und weitere Interessenten hätten sich bei der Gemeinde gemeldet.
25 
Das Umlegungsgebiet sei ermessensfehlerfrei abgegrenzt worden, um eine zweckmäßige Umlegung durchzuführen. Die Frage der Wirksamkeit des Bebauungsplanes stelle sich hier gerade nicht. Im Rahmen des Umlegungsbeschlusses nach § 47 Abs. 2 BauGB gehe es allein um die Einbeziehung derjenigen Grundstücke, die einer Erneuerung zugeführt und/oder erstmals endgültig erschlossen würden. Nur gravierende Ermessensfehler oder die Undurchführbarkeit des Planungskonzepts könnten zur Aufhebung eines Umlegungsbeschlusses führen. Auch der VGH habe in dem Eilverfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO mit Beschluss vom 15.11.2013 (8 S 2368/13) bestätigt, dass weder eine Betroffenheit der beteiligten Antragsteller festzustellen noch der Bebauungsplan als nicht durchsetzbar anzusehen sei.
26 
Verfahrensmängel des geänderten Bebauungsplans seien im vorliegenden Verfahren unbehelflich.
27 
Das seit mehreren Jahrzehnten feststehende Planungskonzept solle nunmehr in die Tat umgesetzt werden unter Berücksichtigung der neuen städtebaulichen Erkenntnisse und im Zusammenhang mit einer abschnittsweisen Erschließung. Qualitativ und an der Art der baulichen Nutzung habe sich damit nichts geändert.
28 
Zutreffend habe das Landgericht gebilligt, dass im Bereich der B-Straße bestimmte Grundstücke aus dem Umlegungsgebiet ausgenommen worden seien, weil diese nicht nur entsprechend dem Bebauungsplan bebaut, sondern durch die B-Straße in vollem Umfang beidseits erschlossen seien. Dies gelte hinsichtlich der Grundstücke der Antragsteller entlang der D. Straße und der Da.-Straße gerade nicht. Vom vermessungstechnischen Sachverständigen sei für das Umlegungsverfahren bestätigt worden, dass von den Grundstücken Flurstück Nr. 2490 und 2487 nach den Festsetzungen des Bebauungsplans 1983 Flächen für öffentliche Zwecke sowohl im westlichen als auch im östlichen Bereich in Anspruch genommen würden. Beim Flurstück Nr. 2481/1 würde sich die Fläche vergrößern und bei den Flurstücken Nr. 2481/2 und 2481/3 erfolge eine Neuordnung der Grundstücke.
29 
Beim Flurstück Nr. 2447/1 sei keine Neuordnung erforderlich, weshalb es nicht in die Umlegung mit einbezogen worden sei. Es sei nicht nachvollziehbar, warum gerade dieses Grundstück, welches einer Bebauung entzogen und keiner Neuordnung zugänglich sei, mit einbezogen werden solle. In den mündlichen Verhandlungen vor der Baulandkammer sei ausführlichst klar gestellt und verdeutlicht worden, dass im gesamten Bereich des Umlegungsgebietes die Grundstücke neu zu ordnen seien, um die bebauungsplanmäßigen Erschließungen und Anordnungen der Baufenster sinnvoll umsetzen zu können. Es sei städtebaulich sinnvoll gewesen, den Abschnitt, den die Antragsteller teilweise bebaut haben und der durch eine flächenschonende Erschließungsanlage, nämlich der „Planstraße E“ auch im Inneren erschlossen werden könne, nicht in den Geltungsbereich des Änderungsbebauungsplans mit einzubeziehen. Die Umlegung selbst sei im Detail dem Umlegungsplan vorbehalten und könne im Umlegungsbeschluss noch nicht festgelegt werden. Der Vortrag des Antragstellervertreters zur Aufsiedlung und Bebauung allenfalls in den nächsten 15 bis 20 Jahren sei durch den Beginn der Erschließungsmaßnahmen im mittleren Bereich des Änderungsbebauungsplans überholt. Eine Bebauung sei sehr wohl absehbar.
30 
Bei der Beratung des Gemeinderats über die Anordnung der Umlegung habe die Öffentlichkeit zeitweise ausgeschlossen werden dürfen, weil zwei Gemeinderäte Fragen zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der Einbeziehung der Bestandsgrundstücke in die Umlegung auf deren Eigentümer gehabt hätten. Dazu hätten die Namen der Eigentümer und deren wirtschaftlichen Verhältnisse genannt werden müssen.
II.
31 
Die Berufung der Antragsteller ist zulässig und begründet. Weil der Anordnungsbeschluss vom 13.03.2012 nach einer Beratung, bei der zeitweise ohne ausreichenden Grund die Öffentlichkeit ausgeschlossen war, gefasst wurde, war die Umlegungsanordnung rechtswidrig und damit auch der daraufhin ergangene Umlegungsbeschluss.
1.
32 
Der angegriffene Umlegungsbeschluss ist nur dann rechtmäßig, wenn die Voraussetzungen des § 46 BauGB für eine Umlegung vorliegen, denn er ist der erste Akt der Durchführung des Umlegungsverfahrens. Nach § 46 Abs. 1 BauGB hat die Gemeinde die Umlegung vor deren Durchführung anzuordnen, wenn und sobald sie zur Verwirklichung eines Bebauungsplans erforderlich ist. Die vom Gemeinderat zu treffende Anordnung ist kein Verwaltungsakt, da sie keine Regelung von Einzelfällen enthält, sondern diese nur vorbereitet. Die Entscheidungen über die Zulässigkeit der Umlegung, die in der Anordnung der Sache nach getroffen werden, können von den Beteiligten nur (zusammen) mit dem Rechtsbehelf gegen den Umlegungsbeschluss, der das Verfahren einleitet, zur Nachprüfung gestellt werden (BGHZ 100,148 juris RN 9; Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr BauGB 12. Aufl. § 46 RN 11; Dieterich, Baulandumlegung 5. Aufl. RN 429). Im Rahmen der Überprüfung des Umlegungsbeschlusses ist inzident deshalb jedenfalls zu überprüfen, ob der Anordnungsbeschluss die wesentlichen förmlichen Voraussetzungen erfüllt. Nur ein unter Beachtung der wesentlichen Förmlichkeiten ergangener Anordnungsbeschluss kann eine tragfähige Grundlage für eine Umlegung nach den §§ 46 ff. BauGB sein.
2.
33 
Die Umlegungsanordnung wird vom Gemeinderat beschlossen.
34 
Die Sitzungen des Gemeinderats sind grundsätzlich öffentlich (§ 35 Abs. 1 Satz 1 GemO). Die Öffentlichkeit der Sitzungen des Gemeinderats gehört zu den wesentlichsten Grundsätzen der Gemeindeverwaltung. Sie hat die Funktion, dem Gemeindebürger Einblick in die Tätigkeit der Vertretungskörperschaften und ihrer einzelnen Mitglieder zu ermöglichen und dadurch eine auf eigener Kenntnis und Beurteilung beruhende Grundlage für eine sachgerechte Kritik sowie die Willensbildung zu schaffen, den Gemeinderat der allgemeinen Kontrolle der Öffentlichkeit zu unterziehen und dazu beizutragen, der unzulässigen Einwirkung persönlicher Beziehungen, Einflüsse und Interessen auf die Beschlussfassung des Gemeinderats vorzubeugen (Senat, Urteil vom 11.11.2013, Az. 102 U 1/13, juris RN 28; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.06.1980, II 503/79, zitiert nach juris Rn. 21 = Die Justiz 1981, 233). Der Grundsatz der Öffentlichkeit gilt auch für Sitzungen des Gemeinderates, in denen über die Anordnung einer Umlegung gemäß § 46 BauGB zu verhandeln und zu beschließen ist und in denen u.a. auch die Frage zu prüfen ist, ob die Umlegung durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt ist.
35 
Nichtöffentlich darf nämlich nur verhandelt werden, wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner erfordern; über Gegenstände, bei denen diese Voraussetzungen vorliegen, muss nichtöffentlich verhandelt werden (§ 35 Abs. 1 Satz 2 GemO). Berechtigte Interessen Einzelner im Sinne des § 35 Abs. 1 S. 2 GemO können rechtlich geschützte oder sonstige schutzwürdige Interessen sein. Sie erfordern den Ausschluss der Öffentlichkeit in der Gemeinderatssitzung, wenn im Verlauf der Sitzung persönliche oder wirtschaftliche Verhältnisse zur Sprache kommen können, an deren Kenntnisnahme schlechthin kein berechtigtes Interesse der Allgemeinheit bestehen kann und deren Bekanntgabe dem Einzelnen nachteilig sein könnte (Senat aaO juris RN 30; VGH Baden-Württemberg aaO Rn. 21 bis 24; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.08.1990, 3 S 132/90, zitiert nach juris Rn. 27 ff. = NVwZ 1991, 284). Da eine generelle Regelung für den Ausschluss der Öffentlichkeit bei der Verhandlung und Beschlussfassung über eine Umlegungsanordnung in Baden-Württemberg fehlt, ist nach den Umständen des Einzelfalls festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 S. 2 GemO vorliegen und eine Verhandlung teilweise in nichtöffentlicher Sitzung gerechtfertigt war (Senat aaO juris RN 31).
a)
36 
Nach § 38 GemO ist über den wesentlichen Inhalt der Verhandlungen des Gemeinderats eine Niederschrift zu fertigen. Aus der Niederschrift der Verhandlung des Gemeinderats über die Anordnung der Umlegung „Ma. “ ist zu entnehmen, dass der Bürgermeister die Nichtöffentlichkeit der Verhandlung des Gemeinderats von 20.45 Uhr bis 20.50 Uhr hergestellt hat, danach in öffentlicher Sitzung noch Stellungnahmen des Gemeinderats S. und des Bürgermeisters H. erfolgt sind und anschließend in öffentlicher Sitzung der Anordnungsbeschluss gefasst wurde. Der Anlass für das Herstellen der Nichtöffentlichkeit ist in der Niederschrift nicht festgehalten, obwohl dies angesichts des § 35 Abs. 1 GemO zumindest angezeigt gewesen wäre.
b)
37 
Die Antragsgegnerin hat den Ausschluss der Öffentlichkeit in der Gemeinderatssitzung damit begründet, dass die Namen der einzelnen Eigentümer der Bestandsgrundstücke im geplanten Umlegungsgebiet genannt werden sollten. Die Nennung der Namen der Eigentümer von Grundstücken innerhalb eines beabsichtigten Umlegungsgebiets verletzt jedoch noch keine rechtlich geschützten oder sonstigen schutzwürdigen Interessen dieser einzelnen Eigentümer. Es ist auch nicht ersichtlich, inwieweit die Bekanntgabe dieser Namen dem Einzelnen nachteilig sein könnte.
38 
Gleiches gilt, wenn über die Folgen der Umlegung für die einzelnen Bestandsgebäude bzw. -grundstücke diskutiert werden sollte. Dabei kommen noch keine persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse zur Sprache, an deren Kenntnisnahme kein berechtigtes Interesse der Allgemeinheit bestehen kann. Die Auswirkungen einer Umlegung sind grundstücksbezogen und nicht personenbezogen.
c)
39 
Zuletzt hat der Bürgermeister der Antragsgegnerin erklärt, Anlass für das Herstellen der Nichtöffentlichkeit seien die Fragen zweier Gemeinderatsmitglieder gewesen, ob die Umlegung den einen oder anderen Eigentümer von Bestandsgrundstücken „kaputt mache“. Wenn über die persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse einzelner Personen gesprochen werden soll, rechtfertigt dies die Nichtöffentlichkeit der Verhandlung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GemO, weil an den persönlichen wirtschaftlichen Verhältnissen einzelner Eigentümer kein berechtigtes Informationsinteresse der Allgemeinheit besteht.
40 
Auf das substantiierte Bestreiten eines solchen Anlasses für das Herstellen der Nichtöffentlichkeit kann jedoch nicht mit einer hinreichenden Sicherheit (§ 286 ZPO) festgestellt werden, dass der Gemeinderat über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einzelner Eigentümer des künftigen Umlegungsgebietes sprechen wollte. Der Sitzungsniederschrift ist lediglich eine Diskussion des Gemeinderats über die Folgen der Umlegung für die Bestandsgebäude bzw. Bestandsgrundstücke zu entnehmen. Der Wunsch des Gemeinderats oder einzelner Gemeinderäte, über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einzelner Eigentümer zu debattieren, ist aus der Sitzungsniederschrift nicht ersichtlich.
41 
Angesichts des beschränkten inhaltlichen Umfangs, den eine Sitzungsniederschrift nach § 38 Abs. 1 GemO haben kann, kommt dieser keine negative Beweiskraft zu, dass dort nicht aufgenommene Geschehnisse nicht stattgefunden hätten. Vielmehr kann der Anlass für das Herstellen der Nichtöffentlichkeit auch durch außerhalb der Sitzungsniederschrift liegende Umstände und andere Beweismittel festgestellt werden.
42 
Die Antragsteller, die teilweise der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats am 13.03.2012 persönlich beigewohnt haben, haben erklärt, vor der Herstellung der Nichtöffentlichkeit sei keine Frage zu den wirtschaftlichen Verhältnissen einzelner Beteiligter gestellt worden. Die Sitzungsniederschrift gebe den Ablauf der Verhandlungen zutreffend wieder. Es sei nur über die Folgen der Umlegung für die Bestandsgebäude gemäß der Nachfrage des Gemeinderats Steck diskutiert worden. Diese Schilderung der Antragsteller wird durch die Sitzungsniederschrift gestützt. Darüber hinaus ist es kaum nachvollziehbar, dass in den 5 Minuten, in denen die Nichtöffentlichkeit der Sitzung hergestellt war, über die wirtschaftlichen Verhältnisse einzelner Eigentümer mit Bestandsgrundstücken gesprochen worden wäre. Auf ein entsprechendes Gesprächsthema lassen die protokollierten Erklärungen nach der Wiederherstellung der Öffentlichkeit der Verhandlung und des Gemeinderats nicht ausreichend sicher rückschließen. Obwohl der Senat mit Beschluss vom 28.04.2014 ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass Gegenstand der Verhandlung am 16.05.2014 die Frage eines Verstoßes gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO sein sollte, konnte die Antragsgegnerin bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung die Namen derjenigen Gemeinderatsmitglieder nicht nennen, die Fragen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen einzelner Grundstückseigentümer gestellt haben sollen. Es kann danach nicht festgestellt werden, dass ein ausreichender Anlass für das Herstellen der Nichtöffentlichkeit der Verhandlung und des Gemeinderats zur Anordnung der Umlegung „Ma. “ vorgelegen hätte. Dies geht zu Lasten der Antragsgegnerin, die darzulegen und auch zu beweisen hat, dass ein Ausnahmefall vom Grundsatz der Öffentlichkeit der Beratungen nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO vorliegt.
43 
Der Senat sieht keine Veranlassung, gemäß § 221 Abs. 2 BauGB von Amts wegen eine Beweisaufnahme durchzuführen.
44 
§ 221 Abs. 2 BauGB, der früher überwiegend als "Kann"-Vorschrift verstanden wurde, die es dem Gericht nach seinem Ermessen freistelle, vom Verhandlungsgrundsatz zum Untersuchungsgrundsatz überzugehen, begründet nach dem heute vorherrschenden Verständnis eine gerichtliche "Befugnis" im Sinne gegebenenfalls einer Verpflichtung des Gerichts zur Anwendung des Untersuchungsgrundsatzes, wenn nämlich sonst eine Verletzung der Wahrheitspflicht zu befürchten wäre und wenn wichtige öffentliche Interessen im Spiel sind (BGHZ 161, 38, juris RN 24).
45 
Die Sitzungsniederschrift wurde gewürdigt und die Beteiligten des Verfahrens umfassend angehört. Danach besteht eine größere Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung der Antragsteller. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Bürgermeister der Antragsgegnerin erst auf mehrfache Nachfrage einen Anlass genannt hat, der geeignet war, berechtigt nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GemO die Öffentlichkeit auszuschließen. Die Einlassung des Bürgermeisters der Antragsgegnerin beschränkte sich weitgehend auf die Wiedergabe der im den Beteiligten übermittelten Urteil des Senats vom 11.11.2013 (AZ: 102 U 1/13) dargestellten Grundsätze für die Öffentlichkeit und Nichtöffentlichkeit einer Gemeinderatsverhandlung.
46 
Dem Senat sind die Namen der Gemeinderäte, die Fragen zu den persönlichen Verhältnissen der Bestandseigentümer gehabt haben sollen, nicht bekannt. Die anwaltlich vertretene Antragsgegnerin, der mit der Ladung zum Termin am 16.05.2014 ausdrücklich mitgeteilt worden war, dass über die Frage der (Nicht-)Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzung über die Umlegungsanordnung verhandelt werden soll und die durch ausdrückliche Bezugnahme im Beschluss vom 28.04.2014 auf das Urteil des Senats vom 11.11.2013, Az. 102 U 1/13 über ihre Beweislast informiert wurde, hat auf das Bestreiten der Antragsteller keinen Beweis für die Einlassung ihres Bürgermeisters angeboten. Den Einlassungen des Bürgermeisters der Antragsgegnerin sind keine konkreten Hinweise zu entnehmen, welcher der Gemeinderäte - besser als er selbst - zu einer weiteren Aufhellung des Sachverhalts beitragen könnte. Eine ganz bestimmte weitere Sachverhaltsaufklärung hat sich dem Senat daher nicht aufgedrängt.
47 
Wichtige öffentliche Interessen veranlassen hier eine Untersuchung von Amts wegen nicht. Die Antragsgegnerin kann bei einem entsprechenden politischen Willen des Gemeinderats ohne gravierende Nachteile durch einen damit einhergehenden Zeitablauf einen verfahrensfehlerfreien Anordnungsbeschluss neu herbeiführen. In der Folge müsste dann der Umlegungsausschuss einen neuen Umlegungsbeschluss fassen. Darüber hinaus ist bislang im bisherigen Verfahren nichts geschehen, was durch die Aufhebung des Umlegungsbeschlusses beeinträchtigt wäre. Die Bebauung des Gebiets wird von der Antragsgegnerin unabhängig vom Umlegungsverfahren betrieben.
48 
Eine vom Gemeinderat gegebenenfalls neu zu beschließende Umlegungsanordnung und ein neuer Umlegungsbeschluss des Umlegungsausschusses geben der Antragsgegnerin im Übrigen die Möglichkeit, den Bebauungsplan im Bereich der Einmündung B-Straße/D. Straße und den Gehweg auf der dem Baugebiet „Ma. “ gegenüberliegenden Seite der D. Straße an die in der mündlichen Verhandlung vom 24.2.2014 behaupteten heutigen Vorstellungen anzupassen und damit ein künftiges Umlegungsgebiet von den Bereichen anderer Bebauungspläne eindeutig abzugrenzen.
3.
49 
Der Verstoß gegen das Gebot der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen begründet regelmäßig auch dann, wenn die Öffentlichkeit - wie hier - nur zeitweise ausgeschlossen wurde, eine schwerwiegende Verfahrensrechtsverletzung (vgl. Senat aaO juris RN 33; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.2.2013, Az. 1 S 2155/12, VBlBW 2013, 269 juris Rn. 8). Die sich aus dem Verstoß gegen § 35 Abs. 1 S. 1 GemO ergebende Rechtswidrigkeit des Gemeinderatsbeschlusses über die Anordnung der Umlegung führt auch zur Rechtswidrigkeit des angegriffenen Umlegungsbeschlusses vom 30.04.2012. Dieser Beschluss stellt nämlich die Durchführung des Anordnungsbeschlusses des Gemeinderats dar.
50 
Zwar kann nach § 46 LVwVfG die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 LVwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Auch wenn § 46 VwVfG auf die Umlegungsanordnung, die kein Verwaltungsakt ist, nur entsprechend angewendet wird, sind diese Voraussetzungen hier offensichtlich nicht erfüllt, denn die Entscheidung des Gemeinderats darüber, ob eine Umlegung angeordnet werden soll, stellte eine Entscheidung mit Beurteilungsspielraum dar und hätte auch in verneinendem Sinne ergehen können. Es ist daher nicht offensichtlich, dass die Verletzung des Prinzips der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (§ 46 LVwVfG). Es verbleibt daher dabei, dass der Umlegungsbeschluss auf der Grundlage einer rechtswidrigen Umlegungsanordnung ergangen und daher selbst rechtswidrig ist.
4.
51 
Der Antragsteller 4 ist an der Geltendmachung der Rechtswidrigkeit des Anordnungsbeschlusses und ihm folgend des Umlegungsbeschlusses nicht durch die im Baulastenverzeichnis eingetragene Erklärung seine Rechtsvorgängers vom 15.03.1966 gehindert, der sich und seine Rechtsnachfolger gegenüber der Antragsgegnerin verpflichtet hatte, keine Einwendungen gegen ein eventuelles späteres Bebauungsplan- und Umlegungsverfahren zu erheben.
52 
Der Umfang dieser Verzichtserklärung ist durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist vorrangig auf den Wortlaut abzustellen. Ein Verzicht muss eindeutig und unmissverständlich erklärt werden (Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG 8. Aufl. § 53 RN 33 m.w.N.). Es ist eine anerkannte Auslegungsregel, dass an die Auslegung einer Willenserklärung, die zum Verlust einer Rechtsposition führt, als Verzicht auf diese Position strenge Anforderungen zu stellen sind und in der Regel eine insoweit eindeutige Willenserklärung erforderlich ist, weil ein Rechtsverzicht niemals zu vermuten ist (BGH, Urteil vom 30.09.2005, Az. V ZR 197/04, juris RN 18 m.w.N.).
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Nach dem Wortlaut betrifft der Einwendungsverzicht hier nur die Einleitung eines Bebauungsplan- oder Umlegungsverfahrens, nicht dessen Auswirkungen auf den Grundstückseigentümer. Es ist nicht erkennbar, dass der Verzichtende sich seiner Eigentumsrechte auch für damals nicht absehbare Eingriffe in sein Eigentum begeben wollte. Bei einer anderen Auslegung läge im Übrigen eine Nichtigkeit der Erklärung nach den §§ 134, 138 BGB nahe. Aus der Sicht eines vernünftigen Empfängers wollte der Erklärende sich nicht dagegen wehren, wenn sein Grundstück in ein Bebauungsplan- oder in ein Umlegungsverfahren einbezogen wird. Es ist weder aus dem Wortlaut der Erklärung nach aus ihrem Zusammenhang noch aus der der Antragsgegnerin als Erklärungsempfängerin erkennbaren Interessenlage des Erklärenden ein weitergehender Wille zu entnehmen, auf darüber hinausgehende Rechte und Rügen zu verzichten. Damit ist die Rüge der Rechtswidrigkeit des Umlegungsbeschlusses und des Anordnungsbeschlusses von dem Verzicht nicht umfasst, weil diese sich nicht gegen die Einbeziehung des Grundstücks des Antragstellers, sondern gegen die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes aus anderen Gründen richtet. Über den Hilfsantrag des Antragstellers 4, der sich gegen die Einbeziehung seines Grundstücks in die Umlegung wendet, musste schon deshalb nicht entschieden werden, weil der Hauptantrag erfolgreich war.
5.
54 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 228 Abs. 1 BauGB, 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 221 Abs. 1 BauGB, 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.
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Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach den §§ 221 Abs. 1 BauGB, 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO liegen vor, weil das Verhältnis des Anordnungsbeschlusses zum Umlegungsbeschluss, insbesondere die Reichweite einer inzidenten Prüfung des Anordnungsbeschlusses, bislang nach Auffassung des Senats nicht hinreichend geklärt ist und der Rechtsstreit daher grundsätzliche Bedeutung hat.

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