Urteil vom Oberlandesgericht Stuttgart - 3 U 192/14

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 01.12.2014 (6 O 243/14) wird

zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

3. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 01.12.2014 (6 O 243/14) sind vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung von 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit von 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Berufungsstreitwert: 29.000,00 EUR

Gründe

 
I.
Mit der Klage begehrt der Kläger die Rückabwicklung eines Gebrauchtwagenkaufvertrages über einen Rolls Royce Corniche Cabrio. Er macht Rückerstattung des Kaufpreises von 29.000,00 EUR Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeuges nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten geltend. Ein schriftlicher Kaufvertrag wurde nicht geschlossen. Zwischen den Parteien fanden mündliche Verhandlungen statt. Am 11.10.2012 wurde durch den Kläger an den Beklagten eine Anzahlung von 1.000,00 EUR überwiesen. Mitte Oktober wurde dem Kläger das Fahrzeug gegen Barzahlung des Restkaufpreises einschließlich der Papiere übergeben. Der Kläger stellte später fest, dass der Rolls Royce im Schengen-Information-System (SIS) von französischen Behörden zur Fahndung ausgeschrieben war. Mit Schreiben vom 02.05.2014 wurde der Rücktritt vom Kaufvertrag durch den Kläger erklärt. Hinsichtlich des Vorbringens der Parteien in I. Instanz wird auf das angefochtene landgerichtliche Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage zum größten Teil stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung in Höhe von 28.913,00 EUR nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeuges Rolls Royce Cabrio verurteilt. Das Landgericht hat die Auffassung vertreten, dass der Kaufvertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits zu Stande gekommen sei und dem Kläger ein Anspruch gemäß §§ 346 Abs. 1, 437 Ziff. 2, 434 Abs. 1 Ziff. 2 BGB auf Rückzahlung des Kaufpreises zustehe, nachdem er wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten sei. Der Umstand des nicht ausgeräumten Diebstahlverdachts stelle einen Sachmangel des Fahrzeuges im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 2 Ziff. 2 BGB dar, denn der Kläger sei aufgrund des Umstandes, dass das Fahrzeug nach wie vor international als gestohlen ausgeschrieben und der Sachverhalt nicht aufgeklärt sei, eingeschränkt und könne keine gesicherten Investitionen und Verbesserungen für das Fahrzeug vornehmen. Einer Fristsetzung zur Nacherfüllung gemäß § 323 BGB habe es nicht bedurft. Wegen der weiteren Einzelheiten zu den Entscheidungsgründen wird auf das landgerichtliche Urteil verwiesen.
Mit seiner Berufung rügt der Beklagte, dass durch das angegriffene Urteil der Sachverhalt nicht vollständig gewürdigt sei. Der Beklagte ist der Auffassung, dass das Landgericht rechtsfehlerhaft davon ausgegangen sei, dass der Beklagte passivlegitimiert sei. Der Beklagte sei nicht Verkäufer sondern lediglich Vermittler gewesen. Über die Vermittlerrolle des Beklagten habe der Kläger auch Kenntnis gehabt. Der Kläger habe das Eigentum am Fahrzeug durch Einigung und Übergabe erworben, es liege kein „Abhandenkommen“ des Fahrzeuges vor. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ergebe sich alleine aufgrund eines aufgestellten Diebstahlverdachtes kein zum Rücktritt berechtigender Sachmangel. Auch ein Rechtsmangel liege nicht vor, da der Kläger das Fahrzeug freigegeben erhalten habe und habe zulassen können. Die Auffassung des Landgerichts, eine Fristsetzung zur Nacherfüllung sei entbehrlich gewesen sei grob unrichtig. Einer der gesetzlichen Fälle, in welchem eine Fristsetzung entbehrlich wäre, liege gerade nicht vor.
Der Beklagte beantragt:
Das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 03.11.2014 (AZ: 6 O 243/14) wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Der Kläger beantragt:
Zurückweisung der Berufung.
Der Kläger ist der Auffassung,
das Landgericht sei zutreffend von einem wirksamen Rücktritt des Klägers ausgegangen. Insbesondere sei der Beklagte passivlegitimiert, da dem Kläger gegenüber nicht geäußert worden sei, dass der Beklagte nur als Vermittler habe tätig werden wollen. Das Fahrzeug sei auch mangelhaft. Ein gutgläubiger Erwerb an dem Fahrzeug sei nicht möglich gewesen, weil es gestohlen gewesen sei. Das Fahrzeug weise auch nach wie vor einen Rechtsmangel auf und sei weiterhin zur Fahndung ausgeschrieben. Ihm sei das Fahrzeug nur herausgegeben worden mit einem auch derzeit und weiterhin anhaltenden Veräußerungsverbot. Er sei daran gehindert, das Fahrzeug unbeschränkt zu nutzen.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften vom 10.06.2015 (Bl. 125-127 d.A.) und vom 23.09.2015 (Bl. 145-156 d.A.) Bezug genommen. Durch den Senat wurde Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen L... und V... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 23.09.2015 Bezug genommen.
II.
10 
Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet.
11 
Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass der Beklagte gemäß §§ 346 Abs. 1, 437 Ziff. 2, 434 Abs. 1 Ziff. 2 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung von Kaufpreis in Höhe von 28.913,00 EUR nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeuges Rolls Royce Cabrio hat.
1.
12 
Durch das Landgericht wurde zutreffend festgestellt, dass der Kaufvertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug Rolls Royce Cabrio zwischen den Parteien zu Stande gekommen ist. Dass der Abschluss des Kaufvertrages mündlich am Telefon erfolgte, bevor das Fahrzeug beim Kläger abgeliefert wurde, steht zwischen den Parteien nicht im Streit. Hierfür spricht auch, dass durch den Kläger bereits vorab eine Anzahlung auf den Kaufpreis überwiesen wurde. Der Beklagte hat aber nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen, dass er hierbei für den Kläger erkennbar lediglich als Vermittler des „wahren“ Verkäufers S... H... aufgetreten ist. Darauf, ob der Beklagte tatsächlich eine Vermittlung vorgenommen und hierfür lediglich eine Vermittlungsprovision erhalten hat, kommt es letztendlich nicht an, da daraus noch nicht ohne weiteres die Kenntnis des Klägers von der Vermittlertätigkeit folgt. Im Übrigen reicht Handeln in (wirtschaftlichem oder sonstigem) fremden Interesse allein in der Regel nicht aus, um Handeln in fremdem Namen anzunehmen (vgl. G. Meier-Reimer in Ermann BGB, Kommentar, 14. Aufl. 2014, § 164 Rn. 9).
a)
13 
Gemäß § 164 Abs. 2 BGB kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht, wenn der Wille, im fremden Namen zu handeln, nicht erkennbar hervortritt. Will der Vertreter in fremdem Namen handeln, ist dieser Wille aber nicht erkennbar, so gilt seine Willenserklärung mangels Offenlegung der Vertretung als Handeln im eigenen Namen wobei maßgeblich der durch Auslegung zu ermittelnde erklärte Wille ist und ein ihm entgegenstehender bloß innerer Wille, in fremdem oder im eigenen Namen zu handeln unerheblich ist (vgl. G. Maier-Reimer in: Erman BGB Kommentar, 14. Aufl. 2014, § 164 Rn. 25, 6). Wenn streitig ist, ob ein Rechtsgeschäft im eigenen oder im fremden Namen vorgenommen worden ist, so ist derjenige beweispflichtig, der ein Vertretergeschäft behauptet. Wenn der Verhandelnde als Vertragspartner in Anspruch genommen wird, muss er daher beweisen, dass er entweder ausdrücklich im Namen des Vertretenen aufgetreten ist oder dass sein Vertreterwille erkennbar aus den Umständen zu entnehmen war (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, Kommentar, 74. Aufl. 2015, § 164 Rn. 18).
b)
14 
Die Parteien machen widersprüchliche Angaben dazu, ob der Beklagte vor oder bei Abschluss des Kaufvertrages dem Kläger gegenüber ausdrücklich geäußert hat, er sei nicht der Verkäufer des streitgegenständlichen Fahrzeuges, sondern würde nur den Kauf vermitteln. Der Senat konnte sich nicht von der Richtigkeit der einen oder anderen Darstellung überzeugen.
aa)
15 
Ein schriftlicher Kaufvertrag, aus welchem sich die Verkäuferstellung eindeutig ergeben würde, existiert unstreitig nicht.
bb)
16 
Aufgrund der sonstigen Umständen musste der Kläger nicht ohne weiteres auf eine Vermittlungstätigkeit des Beklagten schließen. Die Anzahlung in Höhe von 1.000,00 EUR wurde auf das Konto des Beklagten geleistet. Die TÜV-Begutachtung des streitgegenständlichen Fahrzeuges vom 13.08.2012 erfolgte im Auftrag des Beklagten. Aus der vorgelegten, bei m...de eingestellten Anzeige ist ebenfalls nicht ersichtlich, dass der Beklagte nicht als Verkäufer sondern als Vermittler tätig wird. Lediglich aus dem Vermerk in der Internetanzeige „KEINE INZAHLUNGNAHME“ folgt nicht, dass es sich um die Vermittlung eines Gebrauchtwagenkaufs handelt. Dass die Inzahlungnahme eines Porsche ... vom Beklagten gegenüber dem Kläger mit der Begründung, er vermittle den Kauf nur, abgelehnt wurde, steht nicht hinreichend sicher fest. Zwar gab auch der Zeuge V...an, der Beklagte habe ihm erzählt, dass der Kläger mit einem Porsche ... habe tauschen wollen und dass dies nicht gehe. Dass der Beklagte dem Kläger gegenüber bei einem Telefonat geäußert hat, er vermittle den Rolls Royce nur, steht damit aber nicht zweifelsfrei fest. Demgegenüber stehen die Angaben des Klägers, wonach der Beklagte den Porsche nicht gewollt habe, weil er ein Automatik sei.
cc)
17 
Auch nach Durchführung der Beweisaufnahme und Würdigung der Zeugenangaben der Zeugen L... und V... steht für den Senat nicht zweifelsfrei fest, dass der Kläger bei Kaufvertragsabschluss über das streitgegenständliche Rolls Royce Cabrio Kenntnis von der behaupteten Vermittlerrolle des Beklagten hatte. Insbesondere hat sich durch die Beweisaufnahme die Behauptung des Beklagten, der Kläger habe bei Geldübergabe und Übergabe des Fahrzeuges erklärt, dass er ergänzend noch eine Bestätigung des „Kunden des Beklagten“ über den Verkauf wünsche und der Kläger habe den Betrag von 28.000,00 EUR „zur Weiterleitung an den Verkäufer“ übergeben - , was auf eine Kenntnis des Klägers hätte schließen lassen können - nicht bestätigt. Der Zeuge L... gab hierzu an, dass der Zeuge V... das Geld in Empfang genommen habe. Auf die Frage, ob zu dem Geld etwas gesprochen wurde, gab der Zeuge an, es sei zweimal gezählt worden und das sei es gewesen. Dass der Kläger eine Bestätigung des Kunden des Beklagten bzw. eine Quittung des Kunden des Beklagten verlangt hat, war dem Zeugen L... nicht in Erinnerung. Auch die Angaben des Zeugen V... bestätigen die Behauptung des Beklagten, der Kläger habe eine Bestätigung des Kunden des Beklagten gewünscht, nicht. Der Zeuge V... gab hierzu an, dass der Kläger nach einem Kaufvertrag gefragt habe. Wenn jedoch der Kläger vom Zeugen V... einen Kaufvertrag ausgestellt haben wollte, spricht dies nicht dafür, dass der Kläger davon ausging, dass ihm das Fahrzeug nicht durch den Beklagten, sondern durch einen Dritten verkauft werde. Dass der Kläger eine Quittung des Kunden des Beklagten verlangt habe, hat der Zeuge V... gerade nicht bestätigt. Vielmehr hat der Kläger nach den Angaben des Zeugen V... gesagt, er brauche jetzt nichts.
dd)
18 
Soweit im Übrigen bei dem Ablieferungstermin nach den Zeugenaussagen darüber gesprochen worden sein soll, dass das Fahrzeug nicht dem Beklagten gehöre, würde eine Kenntniserlangung des Klägers zu diesem Zeitpunkt nichts mehr daran ändern, dass der Kaufvertrag zuvor mit dem Beklagten zustande gekommen ist.
2.
19 
Das Landgericht kam im Ergebnis zu Recht zu der Auffassung, dass der Kläger wirksam von dem mit dem Beklagten geschlossenen Kaufvertrag über das Kraftfahrzeug Rolls Royce Corniche Cabrio zurückgetreten ist.
a)
20 
Entgegen der Auffassung des Klägers steht diesem zwar nicht ein Recht zum Rücktritt vom Kaufvertrag infolge Nichtverschaffens des Eigentums zu. Die Pflicht zur Verschaffung des Eigentums ergibt sich schon aus § 433 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Nichterfüllung einer Hauptleistungspflicht stellt nicht zugleich einen Mangel dar, sondern es handelt sich um einen Fall der Nichterfüllung (vgl. BGH, Urteil vom 19.10.2007, NJW 2007, 3777 ff. Rn. 27; OLG Hamm, Urteil vom 29.03.2012, NJW-RR 2012, 1441 f.). Bei Nichtverschaffung des Eigentums kann der Käufer, anstelle Schadensersatz statt der Leistung zu verlangen, auch vom Vertrag zurücktreten (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 12. Aufl. 2014 Rn. 4773). Es steht jedoch nicht fest, dass das Fahrzeug tatsächlich gestohlen wurde und der Kläger deshalb kein Eigentum an dem Fahrzeug erwerben konnte. Für die Nichtverschaffung des Eigentums ist der Kläger beweispflichtig. Der Gläubiger, der Rechtsfolgen aus dem von ihm erklärten Rücktritt durchsetzen will, trägt nach allgemeinen Grundsätzen die Beweislast für die Nichterbringung (oder nicht vertragsgerechte Erbringung) einer fälligen Leistung des Schuldners (vgl. H.P. Westermann in: Erman, § 323 Rn. 33). Den Beweis, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Rolls Royce um eine abhandengekommene Sache handelt, hat der Kläger nicht erbracht. Jedenfalls ist dieser Beweis nicht allein aufgrund des vorliegenden Protokolls des Polizeipräsidiums St. ... über die Zeugenvernehmung P... vom 4. Februar 2015 geführt. Unabhängig davon, ob und wie ein Beweisergebnis aus einem anderen Verfahren im vorliegenden Prozess eingeführt und verwertet werden kann (vgl. Zöller/Greger, ZPO, Kommentar, 30. Aufl. 2014, § 373 Rn. 9) steht alleine aufgrund der protokollierten Aussage des Zeugen P... ein Diebstahl des streitgegenständlichen Fahrzeuges Rolls Royce am 6.6.2012 nicht fest, nachdem dieses nach den Angaben des Beklagten bereits am 31.05.2012 durch einen Herrn H... angekauft worden sein soll und auch der Verdacht eines Versicherungsbetruges im Raum steht.
b)
21 
Letztendlich kann es für die Wirksamkeit des erklärten Rücktritts auch dahingestellt bleiben, ob das Fahrzeug Rolls Royce tatsächlich gestohlen wurde, da der Kläger berechtigt war, von dem Kaufvertrag zurücktreten, weil das Fahrzeug bei Gefahrübergang einen Rechtsmangel im Sinne von § 435 BGB aufwies. Ein solcher Rechtsmangel liegt nach Auffassung des Senats in der fortbestehenden Ausschreibung des Fahrzeugs zur Fahndung im SIS durch die französischen Behörden.
aa)
22 
Nach § 435 BGB ist die Sache frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf die Sache keine oder nur die im Kaufvertrag übernommenen Rechte gegen den Käufer geltend machen können. Ein Rechtsmangel liegt vor, wenn von Dritten aufgrund eines privaten oder öffentlichen Rechts das Eigentum, der Besitz oder der unbeschränkte Gebrauch des Kaufgegenstands beeinträchtigt werden kann. Frei von Rechtsmängeln ist die verkaufte Sache nur dann, wenn in Bezug darauf überhaupt keine Rechte Dritter oder nur die im Kaufvertrag übernommenen Rechte bestehen (vgl. Palandt/Weidenkaff, § 435 Rn. 5, 6). Maßgebender Zeitpunkt dafür, dass der Kaufgegenstand frei von Rechtsmängeln ist, ist der Zeitpunkt, an dem der Erwerb durch den Käufer vollzogen werden soll.
bb)
23 
Die Entscheidung, ob aufgrund der Beschlagnahme oder der zunächst verweigerten Zulassung des streitgegenständlichen Fahrzeuges vom Vorliegen eines Rechtsmangels auszugehen ist, kann nach Auffassung des Senats dahingestellt bleiben, da dem Kläger das Fahrzeug am 30.09.2013 (somit vor der am 02.05.2014 erfolgten Rücktrittserklärung) wieder zu seinen Gunsten freigegeben worden war und er dieses auch zulassen konnte. Sofern man von einem Mangel infolge der Beschlagnahme oder der verweigerten Zulassung des Fahrzeuges ausgeht, bestand dieser im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung dann nicht mehr. Auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung ist aber für die Frage abzustellen, ob ein erheblicher Mangel vorliegt oder nicht.
cc)
24 
Die von den französischen Behörden veranlasste Eintragung des vom Kläger erworbenen Fahrzeugs in die SIS-Fahndungsliste stellt jedoch einen den Gebrauch der Kaufsache dauerhaft und nachhaltig beeinträchtigenden Umstand und damit einen Rechtsmangel im Sinne des § 435 BGB dar. Das Fahrzeug war auch bereits zum maßgebenden Zeitpunkt der Übergabe als gestohlen gemeldet und hatte Fahndungsbestand und dies auch noch zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung.
25 
Der Senat folgt nicht der teilweise vertretenen Meinung, dass nur ein vorübergehendes Zulassungshindernis vorliegt, wenn ein Fahrzeug infolge einer internationalen Sachfahndung nicht zugelassen werden kann (vgl. LG Karlsruhe, Urteil vom 28.11.2006, Az. 2 O 237/06, Rn. 29, recherchiert unter juris). Es liegt eine erhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung darin, dass der Kläger mit dem Fahrzeug nicht ohne weiteres ins Ausland fahren kann, weil er damit rechnen muss, dass es jedenfalls dort beschlagnahmt werden wird (vgl. OLG Köln, Urteil vom 25.03.2014, Az. 3 U 185/13, NJW-RR 2014, 1080 ff.). Im vorliegenden Fall ist das Bestehen der abstrakten Gefahr, dass eine Beschlagnahme tatsächlich ausgeübt wird, zu Recht erfolgt und den Verfall oder die Einziehung der Sache zur Folge haben kann, ausreichend um eine erhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung bejahen zu können. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach es für die Annahme eines Rechtsmangels erforderlich ist, dass die Beschlagnahme tatsächlich ausgeübt wird, zu Recht erfolgt und den Verfall oder die Einziehung der Sache zur Folge haben kann (vgl. BGH, Urteil vom 18.02.2004, NJW 2004, 1802 f.), ist nicht ohne weiteres auf eine im Ausland drohende Beschlagnahme anzuwenden. Bei einer drohenden Beschlagnahme im Ausland (auch im europäischen Ausland) ist der Käufer aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten (z.B. Sprache, ggf. Vertretung durch einen in Frankreich ansässigen oder in französischem Recht ausgebildeten Rechtsanwalt) und des anderen Rechtssystems im Fall einer Beschlagnahme durch z.B. französische Behörden faktisch für längere Zeit von der Nutzung des erworbenen Fahrzeuges ausgeschlossen. Er ist aufgrund dieser erheblichen Gefährdung seines Besitzes in seinem Nutzungsrecht faktisch eingeschränkt und somit in seinem Gebrauch erheblich beschränkt. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die französische Ausschreibung nicht gelöscht wurde, obwohl in Deutschland das Ermittlungsverfahren gegen die Parteien am 13.11.2013 eingestellt und das Fahrzeug dem Kläger am 30.09.2013 herausgegeben wurde. Die französischen Strafverfolgungsbehörden haben die Ausschreibung trotz des deutschen Hinweises auf den Verdacht eines Vortäuschungsdelikts durch den französischen Vorbesitzer nicht gelöscht. Mithin muss der Kläger fürchten, dass der Pkw bei einer Reise in das europäische Ausland und insbesondere nach Frankreich wegen Diebstahlverdachts beschlagnahmt wird. Er ist damit im Gebrauch seines Fahrzeugs erheblich beeinträchtigt. Für die Bejahung eines Rechtsmangels spricht auch der Umstand, dass der Kläger bei einem Verkauf des Fahrzeuges verpflichtet wäre, die fortbestehende internationale Ausschreibung des Fahrzeugs zu offenbaren.
dd)
26 
Dem Kläger ist es nicht zumutbar, zu versuchen, eine Löschung des SIS-Eintrags zu erreichen. Vor dem Hintergrund der Gleichstellung von Sach- und Rechtsmängeln im Gewährleistungsrecht kann es nicht Aufgabe des Käufers sein, mit hohem Aufwand und ungewissem Erfolg selbst für die Beseitigung der Gebrauchsbeeinträchtigung einzustehen (vgl. OLG Köln, NJW-RR 2014, 1080 ff.).
c)
27 
Die weiteren Voraussetzungen für einen wirksamen Rücktritt vom Kaufvertrag sind ebenfalls erfüllt. Entgegen der Auffassung des Beklagten konnte durch den Kläger der Rücktritt wirksam erklärt werden, obwohl es - unstreitig - an einer für den Rücktritt erforderlichen Fristsetzung zur Nacherfüllung fehlt. Der Berufung ist darin zuzustimmen, dass weitere Voraussetzung für einen wirksamen Rücktritt grundsätzlich die erfolglose Fristsetzung zur Nacherfüllung ist. Vorliegend war jedoch die Fristsetzung entbehrlich.
aa)
28 
Nach § 440 S. 1 BGB bedarf es der Fristsetzung unter anderem dann nicht, wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung ihm unzumutbar ist. Die Nacherfüllung kann wegen der Art des Mangels oder anderer Umstände unzumutbar sein. Ein Fall der Unzumutbarkeit kann auch vorliegen, wenn die Nacherfüllung zu lange dauert (vgl. Palandt/Weidenkaff, § 440 Rn. 8).
29 
In Anbetracht der vorliegenden Umstände, wonach sowohl der Verdacht eines durch den ursprünglichen Eigentümer begangenen Versicherungsbetruges im Raum steht als auch, dass das streitgegenständliche Fahrzeug Rolls Royce dem ursprünglichen Eigentümer gestohlen wurde und sich der Sachverhalt auch durch polizeiliche Ermittlungen nicht aufklären ließ, war dem Kläger eine Nacherfüllung unzumutbar. Dem Kläger kann nicht zugemutet werden, dass er sich darauf einlässt, abzuwarten, bis geklärt ist, ob das Fahrzeug tatsächlich vom „wahren“ Eigentümer verkauft wurde und ob der Beklagte erreichen kann, dass die SIS-Ausschreibung gelöscht wird.
bb)
30 
Zudem war die Fristsetzung auch gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB entbehrlich. Danach ist die Fristsetzung entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert. Dies ist zu bejahen, wenn der Schuldner eindeutig zum Ausdruck bringt, er werde seinen Vertragspflichten nicht nachkommen, und wenn es damit ausgeschlossen erscheint, dass er sich von einer Fristsetzung hätte oder werde umstimmen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 21.12.2005, Az. VIII ZR 49/05, Rn. 25, recherchiert unter juris). § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist analog anzuwenden, wenn feststeht, dass der Schuldner auch innerhalb einer angemessenen Nachfrist nicht leisten wird (vgl. Palandt/Grüneberg, § 323 Rn. 18). Bei der Frage der endgültigen und ernsthaften Erfüllungsverweigerung kann es auch auf das Verhalten des Verkäufers im Prozess ankommen (vgl. Reinking/Eggert Rn. 956). Der Beklagte hat erstinstanzlich bereits mit der Klagerwiderung seine Passivlegitimation bestritten und dieses Leugnen der Verkäufereigenschaft auch nicht im Verlauf des Prozesses aufgegeben, sondern aufrechterhalten. Darüber hinaus wurde durch ihn bereits erstinstanzlich ein Mangel aufgrund der Ausschreibung des PKW bestritten. Zwar sind an die Annahme einer Erfüllungsverweigerung strenge Anforderungen zu stellen und das bloße Bestreiten des Mangels alleine ist nicht ausreichend. Vorliegend kommen aber weitere Umstände hinzu, die die Annahme rechtfertigen, dass der Beklagte unter keinen Umständen seiner Nacherfüllungspflicht nachkommen wollte. Durch das Bestreiten der Passivlegitimation und des Mangels hat der Beklagte klar zum Ausdruck gebracht, dass er nicht bereit ist, den Mangel zu beseitigen. Ausschlaggebend ist, ob noch Raum für die Annahme blieb, der Beklagte könne im Verlauf des Rechtsstreits durch die Setzung einer Nachfrist zu besserer Einsicht gelangen und freiwillig den Anspruch des Klägers erfüllen. Vorliegend sind nach Auffassung des Senats keine Anhaltspunkte vorhanden, dass der Kläger durch die Nachfristsetzung irgendeinen Einfluss auf Bereitschaft des Beklagten ausgeübt hätte, den vorliegenden Rechtsmangel zu beseitigen. Der Beklagte hat zwar vorgetragen, es wäre ihm möglich gewesen, auf eine Löschung des SIS-Vermerks hinzuwirken und er hätte diese wohl auch erreicht. Er hat aber diesbezüglich weder nach Zugang der Rücktrittserklärung noch nach Zugang der Klageschrift etwas unternommen.
31 
Aufgrund dieser gesamten Umstände war eine Fristsetzung entbehrlich.
3.
32 
Als Folge des wirksamen Rücktritts kann der Kläger nach Maßgabe der §§ 346 ff. BGB Rückabwicklung des Kaufvertrages verlangen und Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs beanspruchen. Die vom Landgericht angerechnete Nutzungsentschädigung ist mit der Berufung nicht angegriffen.
4.
33 
Der Kläger hat Anspruch auf Ersatz außergerichtlicher Anwaltskosten gemäß § 280 Abs. 1 BGB. Zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen des Käufers zählen grundsätzlich auch die durch die Mangelhaftigkeit erforderlich gewordenen Rechtsverfolgungskosten, soweit sie aus der Sicht des Gläubigers zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren
34 
Der Anspruch auf die Zinsen ist aus dem Gesichtspunkt des Verzugs begründet, §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB.
III.
35 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1 ZPO.
36 
Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.
37 
Die Revision war zur Fortbildung des Rechts gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen. Die Frage, ob die internationale Ausschreibung eines Fahrzeuges im Schengen-Information- System (SIS) einen Rechtsmangel in Bezug auf Gebrauchsbeeinträchtigungen einer Kaufsache begründet, ist höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt.

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