Urteil vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 3d A 486/19.O
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der 1968 in T. geborene Kläger ist geschieden und Vater einer minderjährigen Tochter. Mittlerweile lebt er wieder in einer festen Beziehung. Nach Ablegen des Abiturs im Jahre 1988 leistete er von Oktober 1988 bis Ende Dezember 1989 Wehrdienst.
3Daran schloss sich im Wintersemester 1989/90 das Lehramtsstudium an der Universität GHS T1. an. Am 6. Juli 1995 bestand er die Erste Staatsprüfung für die Lehrämter für die Sekundarstufe I und II mit der Gesamtnote „gut“. Nach dem Vorbereitungsdienst bestand er am 15. Dezember 1997 die Zweite Staatsprüfung für die Lehrämter für die Sekundarstufen I und II mit der Gesamtnote „ausreichend“. Damit erwarb er die Befähigung zum Lehramt für die Sekundarstufen I und II.
4Nach einer zwischenzeitlichen Tätigkeit als angestellter Lehrer bzw. Studienrat im Ersatzschuldienst beim Verein der Deutschen T. –wirtschaft ernannte die Bezirksregierung E. den Beklagten mit Wirkung vom 25. August 2010 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Studienrat. Zugleich wies sie ihn dem Berufskolleg am I. in X. zur Dienstleistung zu. Mit dienstlicher Beurteilung vom 12. November 2010 wurde ihm die Bewährung in der Probezeit bescheinigt. Seit dem 21. März 2011 ist der Beklagte Beamter auf Lebenszeit.
5Der Beklagte trat – mit Ausnahme des hier in Rede stehenden Sachverhalts – straf- und disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung.
6Gegen ihn wurde am 26. Juli 2013 Strafanzeige wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern erstattet. Nach Durchführung polizeilicher Ermittlungen wurde die Bezirksregierung E. am 24. Juli 2014 hierüber in Kenntnis gesetzt. Sie leitete am 25. August 2014 gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren ein und warf dem Beklagten Folgendes vor:
7"1. Am 25. Juli 2013 soll die damals 6-jährige Nachbarstochter K. S. mit zwei Jungen unter anderem auf der Terrasse des Beklagten gespielt haben. Die drei Kinder hätten den Beklagten gefragt, ob sie ein Eis bekämen. Dem soll der Beklagte zugestimmt und K. aufgefordert haben, mit in die Wohnung zu kommen. Die beiden Jungen hätten derweil draußen warten sollen. Der Beklagte sei mit K. in den Keller gegangen und habe sich ihr dort als „Glücksfee“ vorgestellt. Er soll eine Foto- und Filmkamera geholt haben. K. habe sich vor die Kamera stellen sollen. Der Beklagte soll ihr mehrere Sätze vorgesprochen haben, die K. habe nachsprechen sollen. Unter anderem seien dies „Der Stutenkitzler juckt“ bzw. „Der Stutenkitzler kitzelt“ gewesen. Weitere Worte, die sie habe nachsprechen sollen, habe K. inzwischen vergessen. Danach seien K. und der Beklagte wieder nach oben gegangen. Der Beklagte selbst sei zunächst in sein Büro gegangen. K. habe hören können, dass er sich die zuvor aufgenommenen Szenen vorgespielt habe. Kurz danach habe er den Kindern das versprochene Eis gebracht. K. habe das Haus nun verlassen können. Dies soll bereits der zweite Vorfall mit K. gewesen sein.
82. Im Rahmen einer vom PP X. am 22. Oktober 2013 durchgeführten Durchsuchung der Wohnung des Beklagten sei ein PC mit Daten sichergestellt worden. Es seien zwei Videodateien mit Mädchennamen festgestellt worden. In beiden Videodateien würden die Kinder aufgefordert, Sätze mit sexuellem Inhalt aufzusagen. Ohne die Bedeutung zu kennen, sagten die Kinder die Sätze vor laufender Kamera und würden anschließend mit Sü223;igkeiten belohnt. Bei den Kindern habe es sich um Mädchen aus der Nachbarschaft des Beklagten gehandelt. Die Anhörung der Kinder durch den PP X. habe ergeben, dass mindestens drei Kinder im Alter von 6-10 Jahren von dem Beklagten fotografiert und / oder gefilmt worden seien. Dabei hätten die Kinder Sätze mit sexuellem Hintergrund gesagt, die der Beklagte ihnen vorgesagt habe. Als Belohnung hätten die Kinder nachher von dem Beklagten ein Eis bekommen."
9Die Bezirksregierung E. setzte mit Verfügung vom 15. Oktober 2014 das Disziplinarverfahren bis zum Abschluss des gegen den Beklagten bei der Staatsanwaltschaft X. anhängigen strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens aus.
10Die Staatsanwaltschaft X. erhob unter dem 25. Dezember 2014 beim Amtsgericht – Jugendschöffengericht – T. 60; Anklage wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß §§ 176 Abs. 4 Nr. 2, 53 StGB gegen den Beklagten (323 Js 1211/13). Das Amtsgericht T. beschloss am 9. Februar 2015, ein nervenfach8;rztliches Fachgutachten zu der Frage einzuholen, ob der Beklagte sich bei den angeklagten Taten „im Zustand der §§ 20, 21 StGB220; befunden haben könnte und bestimmte Herrn Prof. Dr. G. aus W. zum Sachverständigen.
11Dieser Gutachter stellte in seinem nervenärztlichen und forensisch-psychiatrischen Gutachten vom 25. Oktober 2015 unter anderem fest:
12Aus forensisch-psychiatrischer Sicht lassen sich die Voraussetzungen zur Feststellung tatzeitlicher Steuerungsunfähigkeit oder erheblicher Einschränkung der Steuerungsunfähigkeit oder erheblicher Einschränkung der Steuerungsfähigkeit pan style="text-decoration:underline">nicht dokumentieren.
="absatzLinks">Zusammenfassend ist festzuhalten, dass für das hier vorgeworfene tatzeitliche Geschehen aus forensisch-psychiatrischer Sicht die Voraussetzungen für eine Annahme des § 20 StGB oder § 21 StGB nicht vorliegen.
14Das Amtsgericht T. verurteilte den Beklagten mit Urteil vom 16. Dezember 2015 wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in 3 Fällen gemäß §§ 176 Abs. 4 Nr. 4, 53 StGB zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde (22 Ls-323 Js 1211/13-2/15). Wegen der näheren Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.
15Das Landgericht X. verwarf die hiergegen eingelegte Berufung mit Urteil vom 22. September 2016 (23 Ns-323 Js 1211/13-10/16 - 22 Ls 2/15). Wegen der näheren Einzelheiten wird auf dieses Urteil Bezug genommen. Die Revision des Beklagten gegen dieses Urteil verwarf das Oberlandesgericht E. mit Beschluss vom 20. April 2017 (III-3 RVs 12/17).
16Schon zuvor, mit Verfügung vom 7. Januar 2016, teilte die Bezirksregierung E. dem Beklagten ihre Absicht mit, ihn gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW vorläufig des Dienstes zu entheben und die Einbehaltung eines Teils seiner Dienstbezüge gemäß § 38 Abs. 2 LDG NRW anzuordnen. Der Beklagte führte unter dem 19. Januar 2016 zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen aus. Die Bezirksregierung E. enthob den Beklagten mit Verfügung vom 27. Januar 2016 vorläufig des Dienstes. Eine Einbehaltung eines Teils seiner Dienstbezüge unterblieb aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten gemäß Verfügung vom 27. Mai 2016.
17Durch Verfügung vom 13. Januar 2016, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, konkretisierte die Bezirksregierung E. die mit Einleitungsverfügung vom 25. August 2014 gegen den Beklagten erhobenen Vorwürfe. Am 1. Juni 2017 erstellte sie das Ermittlungsergebnis. Mit Verfügung vom 13. Juli 2017 teilte sie dem Beklagten mit, dass nach dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens das Disziplinarverfahren fortgesetzt werde. Gleichzeitig wurde das Ermittlungsergebnis zur abschließenden Äußerung übersandt.
18Der Beklagte führte daraufhin aus, dem wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen lägen die Erkenntnisse des Strafverfahrens zugrunde. Eigene behördliche Ermittlungen im engeren Sinne seien ausgeblieben. Weder die Staatsanwaltschaft noch das Amtsgericht oder der vom Gericht beauftragte Gutachter hätten die disziplinarisch zu bewertenden Taten in den Blick genommen. Dies sei aber bei einer nunmehr vorzunehmenden rechtlichen Bewertung dringend geboten. Darüber hinaus seien diverse Ansatzpunkte zu seinen Gunsten zu bewerten. Er habe eine Therapie aufgenommen und erfolgreich absolviert sowie eine negative Lebensphase abgeschlossen. Es sei ihm mit Hilfe seiner Therapeutin bereits von 2014 an gelungen, Ursachen für seine Tat zu ergründen und aufzuarbeiten. Auch von Seiten des gerichtlichen Gutachters sei ihm bescheinigt worden, dass er keine pädophile Neigung habe. Lediglich die zur Verurteilung führenden Distanzunterschreitungen hätten (zufällig?) gegenüber Kindern stattgefunden. Bis dahin habe sich das dahinter liegende Krankheitsbild ausschließlich auf erwachsene (fremde, unbekannte) Frauen gerichtet. Die begangenen Taten wichen als persönlichkeitsfremdes Verhalten von seinem bisher dienstlich gezeigten Persönlichkeitsbild ab. Bis zu den Taten sei er straf- und disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten und habe seinen Dienst als Lehrer stets tadellos verrichtet.
19Er habe aufgrund seiner psychischen Erkrankung und der Besessenheit, mit der er bundesweit Apotheken abtelefoniert habe, dauerhaft unter maximaler psychischer und sozialer Belastung gestanden. Auch nach Ansicht des gerichtlichen Gutachters lägen die Taten in traumatisierenden Erlebnissen in seiner Kindheit und Jugend begründet. Bis zur Therapie habe er keine Möglichkeit gehabt, sich diesen Konflikten zu stellen und habe sich in eine Parallelwelt geflüchtet, in der er versucht habe, seine Wortfixierung und seine hierauf gerichtete Sexualität zu befriedigen. Die fehlende Möglichkeit, die Wortfixierung zu durchbrechen, sei unbedingter Bestandteil der Fixierungserkrankung.
20Dass sein Verhalten gegenüber den Freundinnen seiner Tochter seinem sonstigen Persönlichkeits- und Krankheitsbild eigentlich völlig fremd sei, zeige nicht zuletzt die Tatsache, dass sich die angeschuldigte Tatbegehung auf drei Tage innerhalb eines Kalenderjahres beschränkt habe. Dies lege den Schluss nahe, dass der auf ihm lastende psychische Druck an diesen drei Tagen extrem hoch gewesen sei und er sich ein Ventil gesucht habe.
21Seine negative Lebensphase habe er inzwischen überwunden. Die Dimension des von ihm begangenen Unrechts habe er zudem voll erfasst und verinnerlicht. Er habe ein positives Nachtatverhalten gezeigt. Er habe sich nach den Taten regelkonform verhalten. Es sei daher nicht nachvollziehbar, dass das Ermittlungsergebnis bislang sein sogenanntes „Nachtatverhalten“ nicht positiv gewürdigt und strafmildernd berücksichtigt habe. Auch die medizinisch-therapeutische Prognose spreche für ihn. Weder das Strafgericht noch der gerichtlich bestellte Gutachter oder die behandelnde Therapeutin gingen davon aus, dass er rückfällig werde, was zu seinen Gunsten in die Maßnahmebemessung einzustellen sei. Sein bisheriges Verteidigungsverhalten dürfe ihm nicht angelastet werden. Er beantrage einen Laufbahnwechsel in die allgemeine Verwaltung.
22Die Bezirksregierung E. teilte dem Beklagten am 10. Oktober 2017 mit, dass ein von ihm angestrebter Laufbahnwechsel nicht in Frage komme. Nachdem der Beklagte an seinem Begehren festhielt, legte die Bezirksregierung den Antrag dem Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen vor. Dieses teilte dem Beklagten zwischenzeitlich mit, derzeit komme ein Laufbahnwechsel wegen des Disziplinarverfahrens nicht in Betracht.
23Die Gleichstellungsbeauftragten für Lehrkräfte an Berufskollegs bei der Bezirksregierung E. wurden mit Verfügung vom 10. November 2017 beteiligt. Der auf Antrag des Beklagten beteiligte Personalrat für Lehrerinnen und Lehrer an Berufskollegs bei der Bezirksregierung E. erklärte mit Schreiben vom 4. Dezember 2017, dass keine Bedenken gegen die vorgesehene Maßnahme bestünden.
24Der Kläger hat am 17. Januar 2018 Disziplinarklage erhoben.
25Er hat geltend gemacht: Der Vorwurf aus der Einleitungsverfügung vom 25. August 2014 in der Gestalt der Konkretisierungsverfügung vom 13. Januar 2016 sei erwiesen. Das Landgericht X. habe den Beklagten mit rechtskräftigem Urteil vom 22. September 2016 wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Die tatsächlichen Feststellungen seien im Disziplinarverfahren mit demselben Sachverhalt bindend.
26Das strafrechtlich geahndete Fehlverhalten des Beklagten liege außerhalb des Dienstes, weil es weder formell in das Amt des Beklagten noch materiell in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden gewesen sei. Außerdienstliches Verhalten könne den Pflichtenkreis von Beamten nur berühren, wenn es die Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit betreffe und dadurch mittelbar dienstrechtliche Erheblichkeit erlange. Das Vertrauen der Bürger, dass Beamte dem Auftrag gerecht werden, als Repräsentanten des demokratischen Rechtsstaates eine unabhängige, unparteiliche und gesetzestreue Verwaltung zu sichern, dürften Beamte auch durch ihr außerdienstliches Verhalten nicht beeinträchtigen. Das außerdienstliche Fehlverhalten einer Straftat der in Rede stehenden Art weise einen Bezug zum Amt des Beklagten auf und beeinträchtige das für sein Amt erforderliche Vertrauen. Lehrer müssten nach dem umfassenden Bildungs- und Erziehungsauftrag Vorbilder sein. Der sexuelle Missbrauch eines Kindes sei in hohem Maße persönlichkeits- und sozialschädlich. Der Beklagte sei auch als Berufsschullehrer verpflichtet gewesen, sich gegenüber Kindern im Grundschulalter in jeder Hinsicht sexuell einwandfrei zu verhalten. Der sexuelle Missbrauch von minderjährigen Kindern durch einen Lehrer habe disziplinarrechtlich ein ganz erhebliches Gewicht. Wer als Lehrer in dieser Weise versage, beweise erhebliche Persönlichkeitsdefizite, die ihn für den Schul- bzw. öffentlichen Dienst untragbar machen. Auch wenn Berufsschullehrer hauptsächlich Heranwachsende und Erwachsene unterrichteten, sei es weder gegenüber den Schülern noch gegenüber der Allgemeinheit darstellbar, wenn ein wegen sexuellen Missbrauchs an Kindern im Grundschulalter vorbestrafter Lehrer an einer öffentlichen Schule unterrichte. Daher sei durch das Dienstvergehen ein so großer Ansehensverlust entstanden, dass eine Weiterverwendung des Beklagten die Integrität des Beamtentums unzumutbar belasten würde.
27Zugunsten des Beklagten sei seine umfassende geständige Einlassung im Strafverfahren zu werten, durch die er den geschädigten Mädchen möglicherweise belastende Aussagen vor Gericht ersparte. Auch werde zu seinen Gunsten berücksichtigt, dass er seine Tat so gestaltet habe, dass die Kinder den tatsächlichen Sinngehalt seines pornografischen Redens im Tatzeitpunkt noch nicht verstehen konnten und zu hoffen sei, dass der Beklagte den Mädchen keinen bleibenden Schaden zugefügt habe. Zudem sei zu berücksichtigen, dass er sein Verhalten bereue und vor Begehung dieser Straftat weder straf- noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten sei. Weiterhin werde zu seinen Gunsten sein Bemühen berücksichtigt, durch psychotherapeutische Behandlung seiner Sexualstörung Herr zu werden. Allerdings liege der Milderungsgrund der erheblich verminderten Schuldfähigkeit § 21 StGB nicht vor. Konkrete dahingehende Störungen, seien weder im Strafverfahren festgestellt noch vom Beklagten im Disziplinarverfahren geltend gemacht worden.
28Zu Lasten des Beklagten sei zu berücksichtigen, dass er als Lehrer sich sehr junge Kinder für seine Tat ausgesucht und mit seinem planvollen und listigen Vorgehen eine schon nennenswerte kriminelle Energie an den Tag gelegt habe.
29Eine mildere als die Höchstmaßnahme scheide ungeachtet fehlender persönlichkeitsbezogener Milderungsgründe auch deshalb aus, um generalpräventiv dem Beklagten nachhaltig die Schwere seines Dienstvergehens vor Augen zu führen. Dies gelte auch vor dem Hintergrund der angetretenen psychotherapeutischen Behandlung. Selbst eine erfolgreiche Therapie könne den Autoritäts- und Ansehensverlust bei Lehrern nicht rückgängig machen.
30Der Kläger hat beantragt,
31den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.
32Der Beklagte hat beantragt,
="absatzRechts">33die Klage abzuweisen.
34Er hat geltend gemacht, das Disziplinarverfahren leide unter wesentlichen Mängeln: Das Ermittlungsverfahren sei unvollständig durchgeführt worden. Der Personalrat und die Gleichstellungsbeauftragten seien nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Die Klageschrift sei zudem unvollständig. Die in das Disziplinarverfahren übernommene Sachverhaltsdarstellung im Strafurteil des Landgerichts X. sei teilweise unzutreffend. Ein Kontaktverbot zu seiner Tochter sei nicht ergangen. Vielmehr finde ein regelmäßiger Umgang statt. Das Sorgerecht stehe weiterhin beiden Elternteilen gemeinsam zu.
35Aus den Bescheinigungen der Diplom-Psychologin L. (T. ) vom 13. Januar 2016 und vom 23. Februar 2018 ergebe sich, dass er bereits am 30. Januar 2014 ein Erstgespräch mit ihr geführt und ab dem 11. Juli 2014 eine Therapie aufgenommen habe. Er habe bereits zu Beginn den L. seiner Sexualstörung offenbart. Er bereue die Taten, habe indes therapeutische Maßnahmen ergriffen, um einer Wiederholungsgefahr entgegen zu wirken. Daher scheide die Höchstmaßnahme aus.
36Schließlich werde das Persönlichkeitsbild nicht umfassend gewürdigt, insbesondere sei weder eine dienstliche Beurteilung erstellt noch der beantragte Laufbahnwechsel berücksichtigt worden. Er habe eine negative Lebensphase abgeschlossen und strebe eine Verwendung in der allgemeinen Verwaltung an, in der er keinen Kontakt zu Kindern habe. Seine Sexualtherapie bei der Beratungsstelle „Punktum“ in X. solle im Januar 2019 abgeschlossen werden. Die näheren Einzelheiten ergäben sich aus der Bescheinigung des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten X1. aus X. vom 6. Dezember 2018.
37Das Verwaltungsgericht hat durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Hiergegen richtet sich der Beklagte mit seiner Berufung.
38Er macht geltend, das schwere außerdienstliche Dienstvergehen ziehe nicht notwendiger Weise die Höchstmaßnahme nach sich. Trotz der Strafandrohung von drei Monaten bis zu fünf Jahren sei nach dem Schweregehalt der Straftat zu unterscheiden. Er habe sexuell motiviert auf die drei Kinder eingewirkt. Im Vergleich zu den weiteren Tatbeständen in § 176 Abs. 4 StGB wiege das von ihm verwirklichte Delikt nicht ganz so schwer, da sexuelle Handlungen nicht vorgenommen worden seien. Auch innerhalb der Nummer 4 des § 176 Abs. 4 StGB sei noch einmal zu unterscheiden: Trotz Erniedrigens des entsprechenden Kindes zum bloßen Objekt bei allen Tathandlungen dieser Strafbestimmung wiege das Einwirken durch Worte weniger schwer. Dies gelte umso mehr, wenn man – wie beim Beklagten ausweislich der Ausführungen des Sachverständigen Prof. G. – das Fehlen pädophiler Neigungen festzustellen habe. Vor diesem Hintergrund sei schon fraglich, ob die Höchstmaßnahme als Regeleinstufung bei § 176 Abs. 4 StGB angezeigt sei. Der bei ihm seinerzeit bestehende innere Druck sei größer gewesen als sein Pflichtgefühl. Insoweit sei auch seine Kindheitsgeschichte zu berücksichtigen. Das Erzeugen sexueller Stimulanz sei für ihn zwischenzeitlich zur Qual geworden. Es sei ihm nicht um das Zeigen der in Rede stehenden weiblichen Sexualorgane gegangen. Gehe es um das Reden pornographischen Inhalts, setze die Höchstmaßnahme im Streitfall voraus, dass das Tatverhalten auf Grund Anzahl, Art und Inhalt als besonders verwerflich einzustufen sei. Sein Verlangen nach Vorsprechen des weiblichen Geschlechtsorgans sei so stark ausgeprägt gewesen, dass es sein tägliches Verhalten überwiegend geprägt habe. Während des neunmonatigen Tatzeitraums habe er sich bemüht, die Worte auch in anderen Lebensbereichen vorgesprochen zu erhalten, am liebsten von Frauen mit Anklang an seine Mutter.
39Darüber hinaus lägen persönlichkeitsbezogene Milderungsgründe vor. Er habe sich zwischen dem 30. Januar 2014 und dem 24. Oktober 2016 in insgesamt 160 Stunden umfassender analytisch-psychotherapeutischer Behandlung der Diplom-Psychologin L. befunden. Diese habe im März 2019 ein Gutachten zu seiner (zwischenzeitlich überwundenen) negativen Lebensphase erstellt. Hierauf nehme er Bezug. Von 2004 bis zum Ende des Tatzeitraums hätten mehrere in etwa gleichgewichtige Umstände eine solche negative Lebensphase ausgemacht. Besonders geschmerzt habe ihn der damalige Auszug seiner sechsjährigen Tochter. Ab 2008 (bis 2015) habe er schleichend mehr Alkohol zu sich genommen. Der Alkoholgenuss (in Hochzeiten 5-6 Flaschen Bier nachmittags und Wein abends) habe ihm geholfen, weiter zu funktionieren. Sein Hausarzt habe schon 2009 und 2010 bei ihm Depressionen diagnostiziert. In der Folgezeit hätten sich seine dienstlichen Leistungen verschlechtert. Ausgehend von der bipolaren Erkrankung des Vaters habe er sich in einer besonders stark belastenden Situation befunden. Vor diesem Hintergrund habe er sich zwanghaft mit den in Rede stehenden Wörtern weiblicher Geschlechtsorgane beschäftigt. Er habe sich beim Herbeiführen sexueller Stimulanz durch Vorsprechen dieser Worte in einem Wahn befunden. Masochistische Verhaltensweisen seien hinzugetreten. Sie belegten sein sehr geringes Selbstwertgefühl. Im Ergebnis sei er demgemäß aus der Bahn geworfen gewesen. Nach erfolgreicher Therapie bei Frau L. sehe er sich als in der damaligen Zeit ferngesteuert. Der vorgeworfene Pflichtverstoß sei Folge dieser negativen Phase. Diese habe er mittlerweile überwunden. Eine Wiederholungsgefahr bestehe unter anderem deshalb nicht, weil er die Zwangshandlungen nicht mehr zum Stabilisieren benötige. Seine am 14. September 2017 begonnene deliktsorientierte Therapie mit 25 Sitzungen (nach 160 Stunden psychoanalytischer Therapie) habe er erfolgreich abgeschlossen. Dies ergebe sich aus der Bescheinigung vom 6. Dezember 2018.
hts">40Bei einer milderen Disziplinarmaßnahme werde er nicht wieder als Lehrer tätig werden. Er strebe einen Laufbahnwechsel an. Er habe alles ihm nur Mögliche unternommen, um künftig wieder ein solides Leben führen zu können. Alkohol konsumiere er nicht mehr. Vor dem geschilderten Hintergrund sei eine mildere Disziplinarmaßnahme angezeigt. Dies gelte jedenfalls unter Berücksichtigung des Milderungsgrundes "nachtr228;gliche Therapiemaßnahme".
41Der Beklagte beantragt,
42das angefochtene Urteil zu ändern und auf eine geringere Disziplinarmaßnahme zu erkennen.
43Der Kläger beantragt,
44die Berufung zurückzuweisen.
45Er vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend trägt er vor: Das vom Beklagten geltend gemachte geringere Gewicht des Missbrauchs sei bereits in der Disziplinarklage berücksichtigt worden. Das Vorbringen zu den persönlichkeitsbedingten Milderungsgründen überzeuge nicht. Das gelte auch bei Berücksichtigen der Ausführungen von Frau L. . Ein Abbau möglichen Drucks habe durch andere Wege als sexuellen Missbrauch an Kindern im Grundschulalter erfolgen können. Bei der erforderlichen Gesamtabwägung sei die Höchstmaßnahme geboten. Der Beklagte sei als Lehrer untragbar geworden.
46Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der im Protokoll der mündlichen Verhandlung im Einzelnen bezeichneten Beiakten, die dem Senat vorgelegen haben, Bezug genommen.
47Entscheidungsgründe:
48Die Berufung ist unbegründet.
49Wesentliche Mängel, die einer Sachentscheidung über die Disziplinarklage entgegenstehen, liegen nicht vor. Zwecks Vermeidung von Wiederholungen nimmt das Gericht insoweit Bezug auf das angefochtene Urteil (Urteilsabdruck – UA – S. 25 Mitte bis S. 27, Ende des ersten Absatzes), dessen diesbezügliche Einschätzung es nach eigener Prüfung teilt.
50Die Disziplinarklage ist begründet. Der Beklagte hat ein einheitliches außerdienstliches Dienstvergehen begangen, mit dem er das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit unwiderruflich zerstört hat.
51I.In tatsächlicher Hinsicht legt auch der Senat die tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts X.160; vom 22. September 2016 (23 Ns-323 Js 1211/13-10/16 - 22 Ls 2/15) zu Grunde, mit dem die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts T. vom 16. Dezember 2015 verworfen worden ist. Der Beklagte wurde wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in drei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung verurteilt. Diese Feststellungen sind gemäß §§ 65 Abs. 1 Satz 1, 56 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW bindend. Auch der Senat sieht keinen Anlass, sich von den bindenden Feststellungen zu lösen. Zur näheren Begründung nimmt er Bezug auf die von ihm geteilten Ausführungen im angefochtenen Urteil (UA S. 27, vierter Absatz, bis S. 28, Ende des ersten Absatzes).
52Der Beklagte hat durch das festgestellte Verhalten ein außerdienstliches Dienstvergehen im Sinne von § 47 Abs. 1 BeamtStG begangen. Nach dieser Vorschrift begeht ein Beamter ein Dienstvergehen, wenn er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt. Durch den sexuellen Missbrauch eines Kindes in drei Fällen hat der Beklagte gegen die Pflicht verstoßen, durch sein Verhalten der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert (§ 34 Satz 3BeamtStG).
53Es handelt sich um ein außerdienstliches Fehlverhalten. Denn es war weder formal in das Amt des Beklagten noch materiell in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden.
54Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015– 2 C 50.13 –, juris, Rn. 29.
55Allerdings sind die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG erfüllt. Danach ist ein Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalles in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Ob und in welchem Umfang durch das außerdienstliche Verhalten eines Beamten das für sein Amt erforderliche Vertrauen beeinträchtigt wird, hängt maßgeblich von Art und Intensität der jeweiligen Verfehlung ab. Vorsätzlich begangenen Straftaten kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu. Entscheidend ist zudem, ob der Pflichtenverstoß des Beamten einen Bezug zu seinem Amt aufweist. Dabei ist maßgeblich auf das dem Beamten verliehene Amt im statusrechtlichen Sinne und nicht auf das Amt im konkret-funktionellen Sinne (den Dienstposten) abzustellen.
56Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.06.2015 – 2 C 9.14 –, juris, Rn. 15 ff.
57Der außerdienstliche sexuelle Missbrauch von Kindern weist einen solchen hinreichenden Bezug zum Amt eines Lehrers auf. Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Entwicklung und Entfaltung ihrer Persönlichkeit; Staat und Gesellschaft schützen sie vor Gefahren für ihr körperliches, geistiges und seelisches Wohl (Art. 6 Abs. 2 Sätze 1 und 2 Verf NRW). Als Erziehungsziel legt Art. 7 Abs. 1 Verf NRW unter anderem die Achtung vor der Würde des Menschen und die Bereitschaft zu sozialem Handeln fest. Gemäß Art. 8 Abs. 1 Satz 2 Verf NRW hat die staatliche Gemeinschaft Sorge zu tragen, dass das Schulwesen den kulturellen und sozialen Bedürfnissen des Landes entspricht. Dem entsprechend legt § 2 (Abs. 1) SchulG NRW den Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule fest. Nach § 2 Abs. 4 Satz 2 SchulG NRW fördert die Schule die Entfaltung der Person, die Selbstständigkeit ihrer Entscheidungen und Handlungen sowie das Verantwortungsbewusstsein u.a. für das Gemeinwohl. Satz 3 der Bestimmung sieht vor, dass Schülerinnen und Schüler befähigt werden, verantwortlich am sozialen, gesellschaftlichen und sonstigen Leben teilzunehmen sowie ihr eigenes Leben zu gestalten. Schule und Eltern wirken beim Verwirklichen der Bildungs- und Erziehungsziele partnerschaftlich zusammen (§ 2 Abs. 3 Satz 2 SchulG NRW).
58Lehrer sind dazu berufen, bei der Erfüllung des umfassenden Bildungsauftrags der Schule mitzuwirken. Sie erteilen Unterricht und erziehen die ihnen anvertrauten Schülerinnen und Schüler unter Beachtung der Elternrechte. Lehrer sollen die zu Unterrichtenden mit dem geltenden Wertesystem und den gesellschaftlichen Moralvorstellungen bekannt machen sowie sie zu deren Einhaltung anhalten. Damit der so beschriebene Erziehungsauftrag glaubwürdig und überzeugend erfüllt werden kann, müssen Lehrer namentlich auf sittlichem Gebiet besonders zuverlässig und vertrauenswürdig sein.
59Vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.03.2012– 2 B 140.11 –, juris Rn. 9; OVG NRW, Urteil vom 30.03.2017 – 3d A 1512/13.O –, juris.
60Der sexuelle Missbrauch von Kindern durch den Beklagten beinhaltet neben einer Straftat ein erhebliches Hinwegsetzen über die verfassungsrechtliche Werteordnung. Der sexuelle Missbrauch von Kindern stellt einen besonders schwerwiegenden Verstoß gegen die Menschenwürde dar. Hierdurch hat der Beklagte seinem Lehr- und Erziehungsauftrag fundamental zuwider gehandelt. Vor diesem Hintergrund ist das außerdienstliche Fehlverhalten in besonderem Maße geeignet, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des öffentlichen Dienstes bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.
61II.Das vom Beklagten begangene Dienstvergehen führt nach einer Gesamtwürdigung sämtlicher zu berücksichtigender Gesichtspunkte zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.
62Die Auswahl der erforderlichen Disziplinarmaßnahme richtet sich gemäß § 13 Abs. 2 Sätze 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 LDG NRW nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Dazu sind die genannten Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht zu ermitteln und in die Entscheidung einzustellen, um dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot) zu genügen. Die Disziplinarmaß;nahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen.
63Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2013– 2 C 63.11 –, juris Rn. 13.
641.Hiervon ausgehend erfordert das Dienstvergehen des Beklagten seine Entfernung aus dem Dienst. Für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens richtungsweisend. Die Schwere beurteilt sich nach objektiven Handlungsmerkmalen wie Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzungen, den besonderen Umständen der Tatbegehung sowie Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens, nach subjektiven Handlungsmerkmalen wie Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, den Beweggründen für sein Verhalten sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte. Das Dienstvergehen ist nach der festgestellten Schwere einer der im Katalog des § 5 LDG NRW aufgeführten Disziplinarmaßnahme zuzuordnen. Davon ausgehend kommt es darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme geboten ist.
65Vgl. BVerwG, Urteil vom 28.07.2011– 2 C 16.10 –, juris Rn. 29.
66Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NRW ist ein Beamter aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn er durch ein Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit ist demnach aufzulösen, wenn die Maßnahmebemessung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW zu dem Ergebnis führt, dass der Beamte untragbar geworden ist. Dies ist anzunehmen, wenn der Beamte ein schweres Dienstvergehen begangen hat und die prognostische Gesamtwürdigung ergibt, er werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die von ihm zu verantwortende Ansehensschädigung sei bei einem Verbleib im Beamtenverhältnis nicht wieder gutzumachen.
67Vgl. BVerwG, Urteil vom 28.07.2011– 2 C 16.10 –, juris Rn. 31.
68Letzteres ist der Fall.
69Zur konkreten Bestimmung der disziplinaren Maßnahmebemessung bei einem außerdienstlichen Dienstvergehen ist in einer ersten Stufe auf den Strafrahmen zurückzugreifen, weil der Gesetzgeber mit der Strafandrohung seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht hat. Die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von außerdienstlich begangenen Straftaten. Mit der Anknüpfung an die (im Tatzeitpunkt geltende) Strafandrohung wird zugleich verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen. Nicht die Vorstellung des jeweiligen Disziplinargerichts, sondern die Einschätzung des Parlaments bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind.
70Vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2015– 2 C 50.13 –, juris Rn. 15, m.w.N.
">71<p class="absatzLinks">Die (bereits zum Tatzeitpunkt geltende) Strafandrohung einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, die der Gesetzgeber in § 176 Abs. 4 StGB ausgesprochen hat, führt auf eine mögliche Ahndung der außerdienstlich verübten Straftat bis hin zur disziplinaren Höchstmaßnahme schon auf der ersten Prüfungsstufe. 72Vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2015– 2 C 50.13 –, juris Rn. 22 (zu § 266 StGB).
73Das gilt umso mehr, wenn man sich den (bereits dargelegten) mittelbaren Dienstbezug der Straftat vergegenwärtigt, der bei wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern strafbaren Lehrern angesichts ihrer besonderen Dienstpflichten gegeben ist.
74Die Ausschöpfung des maßgeblich in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens kommt indes nur in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehalt des vom Beamten konkret begangenen Dienstvergehens entspricht. Zur Bestimmung der Schwere des im Einzelfall begangenen Dienstvergehens ist im Falle einer außerdienstlich begangenen Straftat auf einer zweiten Stufe die von den Strafgerichten ausgesprochene Sanktion als Indiz zu berücksichtigen. Dies folgt zunächst aus § 24 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG, der direkt und ausschließlich an den Strafausspruch der Strafgerichte anknüpft. Unterhalb der in dieser Vorschrift genannten Schwelle kommt der strafgerichtlichen Aburteilung zwar keine unmittelbare Verbindlichkeit für die disziplinarrechtliche Beurteilung zu. Auch bei weniger gravierenden Verurteilungen kann der Ausspruch der Strafverfolgungsorgane aber als Indiz für die Schwere einer außerdienstlich begangenen Straftat und für Abstufungen innerhalb des Orientierungsrahmens herangezogen werden. Unbeschadet der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht kommt in dem Strafausspruch die Schwere und Vorwerfbarkeit der begangenen Handlung zum Ausdruck, die auch für die disziplinarrechtliche Beurteilung von maßgeblicher Bedeutung ist.
75Das Strafgericht hat die individuelle Schuld des Beklagten als schwer angesehen. Es hat gegen den bislang unbescholtenen Beklagten eine Freiheitsstrafe von immerhin neun Monaten verhängt, die es zur Bewährung ausgesetzt hat.
76Die Höchstmaßnahme erweist sich nach der Schwere des Dienstvergehens auch vor folgendem Hintergrund als angebracht: Der strafbare sexuelle Missbrauch eines Kindes ist regelmäßig in hohem Maße persönlichkeitsschädigend. Er kann in den Reifeprozess eines jungen Menschen eingreifen und nachhaltig die Entwicklung seiner Gesamtpersönlichkeit gefährden. Ein Kind oder Jugendlicher kann wegen seiner zumindest noch nicht hinreichenden Reife das Erlebte verstandes- und gefühlsmäßig in der Regel gar nicht oder nur sehr schwer verarbeiten. Zugleich benutzt der Täter sein kindliches Opfer als Mittel zur Befriedigung seines Geschlechtstriebs. In dieser Herabwürdigung zum bloßen Objekt eigenen Sexualverhaltens liegt eine grobe Missachtung der Menschenwürde und der Persönlichkeitsrechte des betroffenen Kindes. Sexualdelikte gegen Kinder unterliegen mittlerweile durchgängig einer starken gesellschaftlichen Ächtung. Der Gesetzgeber hat in Reaktion hierauf Kinder unter 14 Jahren unter einen uneingeschränkten strafrechtlichen Schutz gestellt. Die Tatbestände des sexuellen Missbrauchs von Kindern (§§ 176, 176a, 176b, ebenso § 184b, vgl. auch § 5 Nr. 8b StGB) bezwecken, die Entwicklung des Kindes vor vorzeitigen sexuellen Erlebnissen zu schützen. Deshalb führt auch der außerhalb des Dienstes begangene sexuelle Missbrauch eines Kindes durch einen Beamten in der Vorstellungswelt eines vorurteilsfrei wertenden Betrachters zu einem völligen Ansehensverlust, also zu einem Verlust des Vertrauens der Allgemeinheit in die Integrität des Beamtentums. Ein Lehrer, der einer Straftat nach § 176 Abs. 4 StGB wegen sexuellen Missbrauchs schuldig ist, bietet keine Gewähr, dass er die ihm obliegenden Erziehungsaufgaben noch mit der erforderlichen Autorität erfüllen kann.
77Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.05.2012– 2 B 133.11 –, juris Rn. 11; OVG NRW, Urteil vom 26.09.2018 – 3d A 1455/16.O –, jurisRn. 88.
78atzLinks">Vor dem Hintergrund vorstehender Ausführungen liegt auf der Hand, dass für die vom Beklagten im Berufungsverfahren angestrebte Binnendifferenzierung je nachdem, welcher Tatbestand des § 176 StGB erfüllt ist, insoweit kein Raum ist. Das gilt erst recht für die Forderung, das Tatverhalten müsse auf Grund Anzahl, Art und Inhalt als besonders verwerflich einzustufen sein. Im Gegenteil stellt sich die vom Beklagten verwirklichte Variante des § 176 Abs. 4 Nr. 4 StGB mittels Redens als eine für die Vorstellungswelt des Zuhörenden besonders gefahrbringende Tatvariante dar. Zu berücksichtigen ist insoweit auch, dass Lehrer von Berufs wegen mittels Sprache auf Schülerinnen und Schüler einwirken, und zwar unabhängig von deren konkreter Altersgruppe.
79Mit Blick auf das Amt im statusrechtlichen Sinn als Bezugspunkt für einen etwaigen Dienstbezug rechtfertigt die Tätigkeit an einem Berufskolleg (einschließlich damit einhergehenden Unterrichts von Jugendlichen im Sinne von § 184 c StGB) ohnehin keine abweichende Beurteilung.
802.Ist aufgrund der Schwere des in Rede stehenden Dienstvergehens die disziplinare Höchstmaßnahme Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung, so kommt es für die Bestimmung der im konkreten Einzelfall zu verhängenden Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild des Beklagten und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung nach § 13 Abs. 2 Sätze 2 und 3 LDG NRW derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere indizierte Maßnahme geboten ist.
81Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2013– 2 C 63.11 –, juris Rn. 17, m.w.N.
82Derartige Erkenntnisse sind nicht gegeben. Weder so genannte anerkannte Milderungsgründe (a) noch sonstige mildernde Gesichtspunkte (b) führen auf eine andere Beurteilung.
83a) Einer der in der Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts „anerkannten“ Milderungsgründe, der das Verhalten des Beklagten in milderem Licht erscheinen ließe, ist nicht zu erkennen.
84aa) Entgegen seiner Darstellung im erstinstanzlichen Verfahren kann das Dienstvergehen nicht als einmaliges und persönlichkeitsfremdes Handeln in einer besonderen Versuchungssituation,
85vgl. BVerwG, Urteil vom 04.07.2000– 1 D 33.99 –, juris Rn. 16, Beschluss vom 20.12.2013 – 2 B 35.13 –, juris Rn. 6,
86angesehen werden. Dem steht neben der Anzahl dreier Tathandlungen und des immerhin etwa ein Dreivierteljahr betragenden Tatzeitraums entgegen, dass keine besondere Versuchungssituation erkennbar ist. Hinzu tritt das "planvolle und listige Vorgehen" (nicht: spontanes Handeln), das das Landgericht im strafrechtlichen Berufungsurteil beschrieben hat. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten dessen Tatverhalten als "eher weniger persönlichkeitsferne Entgleisung" eingestuft.
87bb) Eine verminderte Schuldfähigkeit des Beklagten im Sinne des § 21 StGB ist nicht gegeben. Das Gericht verweist zum Vermeiden von Wiederholungen auf die auch aus seiner Sicht überzeugenden Ausführungen des im Strafverfahren bestellten Gutachters Prof. Dr. G. und die darauf beruhenden Erwägungen der Strafkammer in ihrem Urteil. Der Beklagte hält dem in tatsächlicher Hinsicht nichts Überzeugendes entgegen. Insbesondere benennt er nicht irgendwelche Anknüpfungstatsachen, die doch auf das Vorliegen eines Eingangsmerkmals im Sinne von § 20 StGB deuten könnten. Er beschränkt sich darauf, auch mittels Bescheinigungen seiner ihn behandelnden Diplom-Psychologin dem Sachverständigengutachten seine abweichende Bewertung entgegen zu halten. Diese trifft indes keine positiven Feststellungen zum Vorliegen eines Eingangsmerkmals im Sinne von §§ 20, 21 StGB. Derartiges führt demgemäß nicht zum Erfolg. Bei dieser Sachlage kam das Einholen eines weiteren Sachverständigengutachtens nicht in Betracht.
88Vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 17.10.2019– 2 B 33.19 –, Rn. 7 m.w.N.
89Ungeachtet vorstehender Darlegungen steht im Streitfall das Fehlen eines Eingangsmerkmals auch wegen der diesbezüglichen, bindenden tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil des Landgerichts X. fest (vgl. die §§ 65 Abs. 1 Satz 1, 56 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW).
90cc) Der Beklagte kann sich auch nicht erfolgreich auf eine so genannte negative Lebensphase während des Tatzeitraums berufen, die je nach den Umständen des Einzelfalls mildernd berücksichtigt werden kann. Danach können außergewöhnliche Verhältnisse, die den Beamten während des Tatzeitraums oder im Tatzeitpunkt aus der Bahn geworfen haben, mildernd berücksichtigt werden. Dies liegt vor allem dann nahe, wenn sich der Pflichtenverstoß als Folge dieser Verhältnisse darstellt.
91Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 15.06.2016– 2 B 49.15 –, juris Rn. 10 f., und vom 09.10.2014 – 2 B 60.14 –, juris Rn. 31 ff.
92Die vom Beklagten geltend gemachten Verhältnisse erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Insofern gilt dasselbe wie hinsichtlich des anerkannten Milderungsgrundes einer „psychischen Ausnahmesituation“. Auch unter Berücksichtigung der Angaben insbesondere seiner ihn behandelnden Diplom-Psychologin (zuletzt in ihrem "Gutachten" vom 17. März 2019) ist eine persönlich besonders belastende Situation, die so gravierend ist, dass ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten vom Beamten nicht mehr erwartet und damit nicht mehr vorausgesetzt werden kann, sodass die Pflichtverletzung des Beamten in einem milderen Licht erscheint,
93vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.06.2016– 2 B 49.15 –, juris Rn. 11,
94nicht anzunehmen.
95Das gilt zunächst für die angeführte Ehescheidung durch Urteil vom August 2012. Derartiges ist kein außergewöhnliches Ereignis. Auch die weitere familiäre Situation führt nicht auf außergewöhnliche Verhältnisse im zuvor beschriebenen Sinn: Das gilt sowohl für die Zugehörigkeit der Eltern zur so genannten 68er-Generation als auch für das (weit zurückliegende) Ausleben ihrer Sexualität während seiner Kindheit häufig bei geöffneten Türen und zudem deutlich hörbar. Gleiches gilt für etwaige innereheliche Gewalt der Eltern – unter Alkohol –. Mit dem Leben seiner Eltern in unmittelbarer Nachbarschaft einhergehendes "Stressniveau" rechtfertigt eine abweichende Beurteilung ebenfalls selbst dann nicht, wenn man zu Gunsten des Beklagten die im Berufungsverfahren (unsubstantiiert) behauptete bipolare Erkrankung des Vaters hinzunimmt. Das Gericht legt zu Grunde, dass der Beklagte auch den Auszug seiner seinerzeit sechsjährigen Tochter als belastend empfunden haben mag. Gleiches gilt für den im Berufungsverfahren für die Zeit von 2008 bis 2015 geltend gemachten, schleichend angestiegenen Alkoholkonsum (vgl. auch die Bescheinigung von Frau L. vom 17. März 2019). Auch diese Gesichtspunkte begründen nach der Wertung des Gerichts weder allein noch bei Gesamtbetrachtung eine derart schwerwiegende Situation, dass ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten vom Beamten nicht mehr erwartet werden konnte. Unabhängig davon, dass er insoweit Belege vermissen lässt, stellt auch eine für 2009 und 2010 behauptete Diagnose "Depression" durch seinen Hausarzt eine derartige außergewöhnliche Situation nicht dar. Selbst bei einer Gesamtwürdigung unter weiterer Berücksichtigung des behaupteten geringen Selbstwertgefühls vermag das Gericht eine persönlich besonders belastende Situation für den Beklagten nicht zu erkennen.
96Abgesehen davon steht der Annahme, der Beklagte sei im Tatzeitraum „aus der Bahn geworfen“ gewesen, entgegen, dass konkrete negative Auswirkungen auf das Alltagsleben generell oder die Dienstausübung weder vorgetragen noch sonst, etwa aus der späteren Leistungsbeurteilung des Beklagten (vgl. das Dienstzeugnis der Bezirksregierung E. vom 29. Januar 2018), erkennbar sind. Wenn aber das (hier namentlich: dienstliche) Verhalten des Beamten zum Tatzeitpunkt in keiner Hinsicht auffällig gewesen ist, bestehen auch keine Anhaltspunkte für die Annahme, der Beamte sei aufgrund von außergewöhnlichen Umständen „zeitweilig aus der Bahn geworfen“ gewesen.
97Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 12.07.2018– 2 B 1.18 –, juris Rn. 15, vom 08.06.2017– 2 B 5.17 –, juris Rn. 25, und vom 15.06.2016– 2 B 49.15 –, juris Rn. 11.
98Die Ausführungen der Diplom-Psychologin L. als der ihn behandelnden Psychologischen Psychotherapeutin und Psychoanalytikerin – so etwa in ihrem "Gutachten" vom 17. März 2019 – rechtfertigt eine abweichende Beurteilung nicht. Sie hat zu Beginn ihrer Ausführungen im "Gutachten" den Begriff "negative Lebensphase", den sie zugrunde legt, wie folgt definiert:
99"Unter einer negativen Lebensphase ist ein Zeitraum zu verstehen, in dem sich die Anforderungen, die das Leben an einen Menschen stellt, nicht mit den zur Verfügung stehenden Bewältigungsstrategien erfüllen lassen. Dadurch entsteht ein hohes Stresspotential und ein entsprechend großer seelischer Druck, der seinerseits nach Ausgleich bzw. Kompensation sucht. Menschen mit einer geschwächten seelischen Disposition haben weniger Kapazität, schwierige Situationen auszuhalten oder mit ihnen konstruktiv umzugehen."
100Hierbei handelt es sich um eine psychologische Sichtweise. Sie geht schon im Ansatz abweichend von der eingangs beschriebenen Definition an den Sachverhalt heran, legt mit dem Blickwinkel auf (beim Betroffenen fehlende) Bewältigungsstrategien eine andere Ausfüllung zu Grunde und gelangt vor diesem Hintergrund zwanglos wesentlich früher zum Bejahen einer individuell geprägten "negativen Lebensphase". Zwecks Vermeidung von Missverständnissen ist festzuhalten, dass die im "Gutachten" beschriebenen tatsächlichen Anknüpfungspunkte bei der vorstehenden Bewertung, ob eine so genannte negative Lebensphase im juristischen Sinn vorliegt, Berücksichtigung gefunden haben.
101Dass sich der Beklagte nach erfolgreicher Therapie bei Frau L. als in der damaligen Zeit "fremdgesteuert" ansehen mag, betrifft den Bereich rückschauender Betrachtung. Über die damalige konkrete Situation ist damit Ergiebiges nicht ausgesagt.
102b) Das Fehlen anerkannter Milderungsgründe besagt allerdings nicht zwangsläufig, dass gegen den Beklagten wegen des ihm zur Last fallenden Dienstvergehens die Höchstmaßnahme verhängt werden müsste. Unter Geltung der Bemessungsvorgaben gemäß § 13 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 LDG NRW kann mildernden Umständen im Einzelfall auch dann ein beachtliches Gewicht zukommen, wenn sie zum Erfüllen eines so genannten anerkannten Milderungsgrundes nicht ausreichen. Sie dürfen deshalb nicht außer Betracht bleiben.
103Die anerkannten Milderungsgründe bieten jedoch Vergleichsmaßstäbe für die Bewertung, welches Gewicht entlastenden Gesichtspunkten in der Summe zukommen muss, um eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses in Betracht ziehen zu können. Generell gilt, dass deren Gewicht umso größer sein muss, je schwerer das Dienstvergehen aufgrund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Tathandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt.
lass="absatzRechts">104Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2013– 2 C 63.11 –, BVerwGE 147, 229 =juris Rn. 25.
105Hiervon ausgehend liegen durchgreifende mildernde Gesichtspunkte jenseits der anerkannten Milderungsgründe nicht vor.
106aa) Allerdings spricht für den Beklagten, dass er vor seinen Dienstpflichtverletzungen (in allerdings nicht allzu lang dauerndem Beamtenverhältnis) unbeanstandet Dienst geleistet hatte, hierbei gute Leistungen erbrachte und disziplinar- sowie strafrechtlich unbelastet war. Indes ist selbst ein beanstandungsfreies Verhalten regelmäßig nicht geeignet, gravierende Dienstpflichtverletzungen in einem milderen Licht erscheinen zu lassen, da jeder Beamte generell verpflichtet ist, bestmögliche Leistungen bei vollem Einsatz der Arbeitskraft zu erbringen und sich achtungs- sowie vertrauenswürdig zu verhalten.
107Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.01.2013
108– 2 B 63.12 –, juris Rn. 13 m.w.N.
109bb) Dem Beklagten ist ferner zugute zu halten, dass er sein Dienstvergehen bereut und im Rahmen einer – im Jahre 2014 – freiwillig begonnenen Therapie unter anderem mit einer Diplom-Psychologin (nach ihren Angaben: erfolgreich) aufgearbeitet hat. Auch die Teilnahme an einer deliktsorientierten Therapie seit dem 14. September 2017 (vgl. die Bescheinigung des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten X1. aus X. vom 6. Dezember 2018) sowie das Ersparen einer belastenden Aussage für die betroffenen Mädchen im zugehörigen Strafverfahren in Folge Geständnisses zeigt seine Bereitschaft, Verantwortung für sein Fehlverhalten zu übernehmen. Allerdings ist auch zu berücksichtigen, dass sich in Folge der Hausdurchsuchung und der Auswertung seines Computers eine erdrückende Beweislage ergeben hatte.
110cc) Der Senat hat ebenfalls im Blick, dass § 176 StGB noch schwerer wiegende Tatbestände als den vom Beklagten verwirklichten kennt.
111Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 25.03.2010– 2 C 83.08 –, juris Rn. 24.
112Auch die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat thematisierte zwischenzeitlich stabilisierte Beziehung hat der Senat – wie das angegebene Fehlen pädophiler Neigungen – berücksichtigt.
113Das Vorbringen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, ihm habe seinerzeit die Strafbewehrung seines Tuns nicht vor Augen gestanden, rechtfertigt keine mildere Beurteilung. Angesichts der Ausbildung des Beklagten (Staatsexamen mit Lehrbefähigung für die Sekundarstufen I und II) schenkt das Gericht der Behauptung keinen Glauben, er habe sich über das Verbotensein der Tathandlungen geirrt. Abgesehen davon wäre ein etwaiger Verbotsirrtum jedenfalls vermeidbar gewesen; angesichts der Tatschwere führt dies demgemäß nicht zu einer durchgreifenden Entlastung.
114dd) Eine unterhalb der Schwelle eines Eingangsmerkmals im Sinne von § 20 StGB liegende negative Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit beim Beklagten im Tatzeitraum,
115vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.02.2017– 2 B 85.16 –, juris Rn. 10,
116von einem Ausmaß, das zu nennenswert milderer Bewertung Anlass gibt, vermag das Gericht schließlich auf der Grundlage vorstehender Ausführungen nicht zu erkennen.
117ee) Sämtliche mildernden Gesichtspunkte (insbesondere einschließlich der Betrachtung des Tatverhaltens zu Lasten von Kindern als „Druckventil“, der geschilderten Kindheitserlebnisse im Elternhaus etc.) besitzen auch in ihrer Gesamtheit nicht ein solches Gewicht, dass ihretwegen von der durch die Schwere des Dienstvergehens indizierten Höchstmaßnahme abgesehen werden könnte. Wie oben ausgeführt besitzt das Vergehen des Beklagten ein herausgehobenes Gewicht. Demgemäß bedürfte es ganz erheblicher mildernder Aspekte, wenn ihretwegen eine mildere als die Höchstmaßnahme in Betracht kommen sollte. Hieran fehlt es selbst dann, wenn man in Übereinstimmung mit der strafgerichtlichen Betrachtung nachteilige Auswirkungen für die betroffenen Kinder verneint. Die beim Beklagten festzustellenden mildernden Gesichtspunkte erreichen auch zusammen bei weitem nicht das Gewicht eines der anerkannten Milderungsgründe, die nach der Rechtsprechung zwingend zu einer Maßnahmereduzierung führen und die als Vergleichsmaßstab für die Bedeutung anderer Milderungsgründe heranzuziehen sind.
1183.Das Ausmaß der vom Beklagten zu verantwortenden Vertrauensbeeinträchtigung gibt ebenfalls keinen Anlass, sein Dienstvergehen in milderem Licht zu sehen. Wie dargelegt berührt sexueller Missbrauch im Sinne von § 176 StGB in ganz besonderem Maße die Pflichtenstellung eines Lehrers. Der Vertrauensverlust ist besonders groß. Daher kommt es nicht darauf an, dass keine Wiederholungsgefahr bestehen mag. Vielmehr ist ungeachtet fehlender Wiederholungsgefahr von einem dauerhaften, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Schuldienstes beeinträchtigenden Ansehensverlust auszugehen.
119Hieraus ergibt sich auch, dass den Therapien des Beklagten für die Maßnahmebemessung insofern keine Bedeutung beikommt. Hat ein Lehrer – wie hier – bei prognostischer Bewertung aller be- und entlastenden Umstände das Vertrauen in seine pflichtgemäße Amtsführung auf Grund einer Straftat nach § 176 Abs. 4 StGB endgültig verloren, lässt sich dieser Vertrauensverlust und der damit eingehende Verlust des Ansehens und der Autorität, die für die erfolgreiche pädagogische Arbeit eines Lehrers unverzichtbar sind, nicht durch eine Therapie, die (gegebenenfalls) eine Wiederholungsgefahr ausschließt, rückgängig machen.
120Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.05.2012– 2 B 133.11 –, juris Rn. 17; OVG NRW, Urteil vom 26.09.2018 – 3d A 1455/16.O –, juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.06.2012 – DL 13 S 155.12 –, juris, Rn. 43 f. m. w. N.
121Ungeachtet dessen setzt die mildernde Berücksichtigung nachträglicher Therapiemaßnahmen voraus, dass die Tat selbst – anders als hier – bereits zumindest im Zustand verminderter Schuldfähigkeit begangen worden ist.
122Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.02.2018– 2 B 44.17 –, juris Rn. 18.
1234.Bei einer abschließenden Gesamtabwägung des Gewichts des dem Beklagten zur Last fallenden Dienstvergehens, der erörterten den Beklagten be- und entlastenden Gesichtspunkte seines Persönlichkeitsbildes sowie des Ausmaßes der von ihm zu verantwortenden Vertrauensbeeinträchtigung gelangt das Gericht zu der Bewertung, dass als disziplinarische Reaktion auf sein Fehlverhalten allein die Höchstmaßnahme angezeigt ist. Der Beklagte hat das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit unwiderruflich zerstört. Er ist als Beamter untragbar geworden.
1245.Die Verhängung der Höchstmaßnahme verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Beklagte hat ein besonders schweres Fehlverhalten gezeigt. Er hat die Vertrauensgrundlage für die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses endgültig zerstört. Seine Entfernung aus dem Dienst ist die einzige Möglichkeit, das durch den Dienstherrn sonst nicht lösbare Beamtenverhältnis einseitig zu beenden. Die darin liegende Härte für den Beamten ist nicht unverhältnismäßig oder unvereinbar mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise. Sie beruht auf dem vorangegangenen Fehlverhalten des für sein Handeln verantwortlichen Beklagten, der sich bewusst sein musste, dass er hiermit seine berufliche Existenz aufs Spiel setzt.
1256.Die zwischenzeitlich erreichte Dauer des Disziplinarverfahrens ist ungeeignet, das vom Beamten zerstörte Vertrauensverhältnis wiederherzustellen.
126Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.05.2010– 2 B 5.10 –, juris Rn. 4 m.w.N.
1277.Der vom Beklagten angestrebte Laufbahnwechsel rechtfertigt schließlich ebenfalls keine abweichende Beurteilung. Er setzt (ungeachtet der Frage nach einem etwaigen Anspruch) voraus, dass das Vertrauensverhältnis – anders als im Streitfall – nicht endgültig zerstört ist.
128Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.12.2017– 2 B 26.17 ‑, juris Rn. 8
129Zu einer Modifikation des Unterhaltsbeitrags (§ 10 Abs. 3 Sätze 2 und 3 LDG NRW) besteht kein Anlass.
130Die Kostenentscheidung beruht auf § 74 Abs. 1 LDG NRW, § 154 Abs. 2 VwGO.
131Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 3 Abs. 1 LDG NRW, § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.
132Ein Grund, die Revision zuzulassen, ist nicht gegeben.
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