Urteil vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 3d A 1789/19.BDG
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
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Tatbestand:
2Der am 21. Mai 1969 geborene Beklagte absolvierte nach der mittleren Reife vom 1. August 1986 bis zum 31. Januar 1990 zunächst eine Ausbildung zum Maschinenschlosser und war anschließend mit Ausnahme der Zeit seines vom 1. Oktober 1990 bis zum 30. September 1991 absolvierten Wehrdienstes bis zum 30. August 1992 in diesem Beruf tätig. Vom 1. September 1992 bis zum 12. Dezember 1992 besuchte er die Fachoberschule E. . Am 1. Oktober 1993 trat er in den Dienst der Klägerin ein und wurde am 5. Oktober 1993 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Polizeimeisteranwärter im Bundesgrenzschutz ernannt.
3Nach Bestehen der Laufbahnprüfung für den mittleren Polizeivollzugsdienst im Bundesgrenzschutz am 26. März 1996 mit der Abschlussnote „befriedigend“ wurde er mit Wirkung vom 1. April 1996 unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Probe zum Polizeimeister im Bundesgrenzschutz zur Anstellung ernannt. Nach Beendigung einer um neun Monate verlängerten Probezeit wurde er am 6. Mai 1998 unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit zum Polizeimeister im Bundesgrenzschutz ernannt und mit Wirkung vom gleichen Tag in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A7 BBesO eingewiesen. Am 6. Dezember 2000 wurde er zum Polizeiobermeister im Bundesgrenzschutz (Besoldungsgruppe A8 BBesO) befördert. Der Zusatz zu seiner Amtsbezeichnung „im Bundesgrenzschutz“ ist mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Umbenennung des Bundesgrenzschutzes in Bundespolizei vom 21. Juni 2005 entfallen.
4Der Beklagte verrichtete seinen Dienst zuletzt bis zum August 2012 bei der Bundespolizeiinspektion Flughafen L. /Bonn und wurde sodann mit Wirkung vom 1. September 2012 vorübergehend, zuletzt verlängert mit Bescheid der Bundespolizeidirektion T. B. vom 22. Juni 2015, bis zum Abschluss des vorliegenden Disziplinarverfahrens, zur Bundespolizeiinspektion Flughafen E1. umgesetzt. Er wird dort gegenwärtig als Kontroll–/Streifenbeamter verwendet.
5Der Beklagte wurde in seinen dienstlichen Beurteilungen seit seiner Beförderung mit Ausnahme des Beurteilungszeitraums vom 1. Oktober 2004 bis zum 30. September 2006, für den er mit der Gesamtnote „4“ („Entspricht im Allgemeinen den Anforderungen“) beurteilt wurde, zunächst durchgängig mit der Gesamtnote „6“ („Entspricht den Anforderungen in jeder Hinsicht, wobei gelegentlich herausragende Leistungen erbracht werden“) beurteilt. In seinen letzten dienstlichen Beurteilungen vom 14. Dezember 2016 für den Beurteilungszeitraum vom 1. Oktober 2014 bis zum 30. September 2016 und vom 20. Dezember 2019 für den Beurteilungszeitraum 1. Oktober 2016 bis zum 30. September 2019 lauteten die Beurteilungen nach einer neu eingeführten Notenskala auf „B2“ („Genügt den Anforderungen des Arbeitsplatzes voll und ganz, erbringt stets anforderungsgerechte Leistungen und verhält sich in jeder Hinsicht einwandfrei und übertrifft die Anforderungen gelegentlich“) und "B1" („Genügt den Anforderungen des Arbeitsplatzes voll und ganz, erbringt stets anforderungsgerechte Leistungen und verhält sich in jeder Hinsicht einwandfrei und übertrifft die Anforderungen häufig“).
6Der Beklagte übt seit einigen Jahren eine genehmigte Nebentätigkeit als Filmkomparse und Kleindarsteller, anfangs auch Hilfsarbeiter bzw. Absperrposten im Rahmen von Filmdienstleistungen aus. Im Tatzeitraum betätigte er sich sportlich in klassischem olympischen Boxen.
7Der Beklagte ist geschieden und hat drei volljährige Kinder. Er ist bis zu diesem Verfahren weder straf- noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten.
8Am 22. August 2012 wurde die Bundespolizeiinspektion Flughafen L. /C. durch die Kreispolizeibehörde P. L1. (nachfolgend: KPB) informiert, dass dort am selben Tag ein Vorfall häuslicher Gewalt in dem seinerzeit von dem Beklagten und seiner damaligen Lebensgefährtin gemeinsam bewohnten Wohnhaus angezeigt worden sei. Der Beklagte habe seiner damaligen Lebensgefährtin, der Zeugin Polizeihauptmeisterin B1. F. A. (nachfolgend: Zeugin), mit der Faust ins Gesicht geschlagen und ihr dadurch zwei Platzwunden zugefügt. Der Meldung beigefügt war die schriftliche Bestätigung eines bereits fernmündlich ausgesprochenen Rückkehrverbotes bis zum 1. September 2012 gegen den Beklagten gemäß § 34a PolG NRW zum Schutz vor häuslicher Gewalt mit der Bitte, diese an den Beklagten auszuhändigen und „maßregelnd“ auf ihn einzuwirken. Hierzu wurde angegeben, es sei wiederholt zu körperlichen Auseinandersetzungen zwischen dem Beklagten und der Geschädigten gekommen; der Beklagte sei aktiver Kampfsportler. Die Zeugin war zu diesem Zeitpunkt wie der Beklagte bei der Bundespolizeiinspektion Flughafen L. /C. in der Dienstgruppe D beschäftigt.
9Auf Antrag der Zeugin erließ das Amtsgericht – Familiengericht – H. unter dem 31. August 2012 eine einstweilige Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz gegen den Beklagten – Az. 22 F 245/12 –. Im Rahmen ihrer Zeugenvernehmung bei der Polizei am 4. September 2012 stellte die Zeugin Strafantrag wegen des Vorfalls vom 22. August 2012 und früherer von ihr geschilderter Tätlichkeiten des Beklagten. Ermittlungen der KPB ergaben, dass die Zeugin den Beklagten nach den Geschehnissen vom 22. August 2012 für ihre Anschrift abgemeldet hatte und er seitdem nicht mehr amtlich gemeldet war. Einer ihm über seine Dienststelle übermittelten Ladung zur polizeilichen Beschuldigtenvernehmung kam der Beklagte nicht nach. Auf eine Anfrage der Staatsanwaltschaft, ob noch eine Stellungnahme erfolgen werde, reagierte er nicht.
10Mit Verfügung vom 12. November 2012 leitete der Leiter der Bundespolizeiinspektion Flughafen L. /C. ein Disziplinarverfahren gegen den Beklagten ein. Zur Begründung gab er an, gegen den Beklagten sei wegen eines Vorfalls am 22. August 2012 bei der Staatsanwaltschaft L. ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts einer Straftat gemäß §§ 223, 224 StGB anhängig. Er sei hiernach hinreichend verdächtig, gegen seine beamtenrechtlichen Pflichten aus § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG verstoßen und dadurch ein Dienstvergehen im Sinne des § 77 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 BBG begangen zu haben. Gleichzeitig setzte er das Disziplinarverfahren bis zur Beendigung des Ermittlungsverfahrens aus.
11Mit Anklageschrift vom 20. März 2013 – Az. 422 Js 4771/12 – klagte die Staatsanwaltschaft L. den Beklagten vor dem Amtsgericht H. an, in der Zeit zwischen dem 12. Mai 2012 und dem 22. August 2012 in Engelskirchen durch drei selbstständige Handlungen eine andere Person körperlich misshandelt und an der Gesundheit geschädigt zu haben.
12Die drei angeklagten Tatvorwürfe lauteten wie folgt:
13„Am 12.05.2012 schlug der Angeschuldigte in der Wohnung I.----straße 4 in xxxx F1. der Geschädigten A1. mit der Faust gegen die rechte Kopfseite. Die Geschädigte verspürte starke Schmerzen am rechten Ohr. Sie erlitt eine Verletzung am Trommelfell.
14Am 19.07.2012 schubste der Angeschuldigte die Geschädigte in der Wohnung I.----straße 4 in 51766 F1. derart, dass diese rückwärts eine Holztreppe herunterfiel. Die Geschädigte trug Hämatome davon.
15Am 22.08.2012 schlug der Angeschuldigte in der Wohnung I.----straße 4 in xxx F1. der Geschädigten A1. mit der Faust ins Gesicht. Sie trug Platzwunden über dem rechten Auge und über der Nasenwurzel davon."
16Ferner heißt es in der Anklageschrift, das besondere öffentliche Interesse werde bejaht.
17Der Beklagte äußerte sich mit Schreiben vom 28. März 2013 zu den Tatvorwürfen. In der Beziehung zu der Zeugin sei es mehrfach zu Streitigkeiten gekommen. Die Zeugin sei grundlos eifersüchtig gewesen. Sie habe wohl das Scheitern ihrer Ehe und den Verlust eines ungeborenen Kindes nie verwunden. Die Zeugin habe ihren Unmut oftmals durch Schläge und Tritte gegen ihn untermauert. Er habe nie eine Streitigkeit mit körperlicher Gewalt begonnen. Zum Ende der Beziehung habe er sich gegen die Gewaltattacken der Zeugin lediglich körperlich gewehrt. Auch am 12. Mai 2012 habe sie mit ihm zu streiten begonnen, ihn auf den Oberkörper geschlagen und in den Unterleib getreten. Daraufhin habe er sich gewehrt und ihr “wohl im Affekt“ mit der flachen Hand gegen den Kopf geschlagen. Diese Handlung sei eine „reflexartige Reaktion auf ihre erneuten Schläge und Tritte“ gewesen. Am 22. August 2012 habe die Zeugin ihm schon morgens während seiner Nebentätigkeit bei Dreharbeiten wie häufig zuvor SMS mit beleidigenden Inhalten geschrieben. Als er nach Hause gekommen sei, habe er sich auf eine Bank vor dem Haus gesetzt. Sie sei „wutentbrannt“ auf ihn zugestürmt. Er habe ihr dann gesagt, dass er jetzt seine Bekleidung und seine Uniform holen werde und nicht die Absicht habe zu streiten. Sie habe daraufhin versucht, ihn zu schlagen. Er sei dann in die 1. Etage, um die Kleidungsstücke zu holen. Die Zeugin habe ihm diese aus der Hand gerissen, den gesamten Inhalt des Kleidungsständers auf den Boden geworfen und sei anschließend auf dem Wäscheberg auf- und abgesprungen. Sie habe Bilder von der Wand heruntergerissen und sich dann auf den Wäscheberg fallen lassen. Sie habe sich aus eigener Kraft fast nicht mehr aufrichten können. Als ihr dies gelungen sei, habe sie erneut versucht, ihn zu attackieren und zu schlagen. Er sei zur Seite gegangen. Sie sei auf einen Beistelltisch gestolpert und habe sich so ihre Verletzungen zugezogen. Er habe sie nicht berührt. Als er das Haus habe verlassen wollen, habe ihn die Zeugin von hinten erneut auf der Treppe angegriffen. Sie habe versucht, ihn von hinten zu würgen und zu treten. Auch bei dem Vorfall am 19. Juli 2012 sei er von der Zeugin von hinten angegriffen worden, als er im Begriff gewesen sei, mit einigen Kleidungsstücken das Haus zu verlassen. Sie seien dann gemeinsam einige Treppenstufen heruntergefallen. Er hätte nie seine Hand im Streit gegen die Zeugin erhoben. Er habe sich lediglich gegen ihre Attacken gewehrt. Niemals habe er mit der Faust nach ihr geschlagen. Nach diesen Geschehnissen habe die Zeugin per SMS ihren Freitod angekündigt.
18Das Amtsgericht H. ließ die Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung durch Beschluss vom 3. Mai 2013 zur Hauptverhandlung zu. In der Hauptverhandlung vom 15. Juli 2013, in der sowohl der Beklagte als auch die Zeugin vernommen wurden, stellte es das Verfahren betreffend den Tatvorwurf vom 19. Juli 2012 auf Antrag der Staatsanwaltschaft L. gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig ein und verurteilte den Beklagten hinsichtlich der beiden weiteren Vorwürfe wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen (§§ 223 Abs. 1, 53 StGB) zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 30 Euro (Az. 81 Ds - 422 Js 4771/12 - 114/13).
19Hiergegen legte der Beklagte Berufung ein. Das Landgericht L. nahm in der Hauptverhandlung vom 3. April 2014 nach erneuter Vernehmung der Zeugin und des Beklagten den vom Amtsgericht vorläufig eingestellten Tatvorwurf wieder auf und stellte das Strafverfahren mit Zustimmung aller Verfahrensbeteiligten sodann gemäß § 153a StPO vorläufig mit der Auflage ein, dass der Beklagte binnen sechs Monaten einen Betrag i.H.v. 3.000,00 Euro an die Zeugin und Geschädigte zahle. Nach erfolgter Zahlung stellte es das Strafverfahren mit Beschluss vom 13. Oktober 2014 – 155 Ns 162/13 –endgültig ein.
20Mit Verfügung vom 14. November 2014 setzte der Leiter der Bundespolizeiinspektion Flughafen L. /C. das Disziplinarverfahren nach Abschluss des Strafverfahrens gemäß § 22 Abs. 2 BDG fort. Die Verfügung konnte dem Beklagten am 13. Januar 2015 auf seiner Dienststelle zugestellt werden, nachdem frühere Zustellversuche, u.a. an der von ihm angegebenen Privatanschrift, gescheitert waren. Die Ermittlungsführerin teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 29. Januar 2015 mit, ihm würden folgende Verfehlungen zur Last gelegt:
21„Am 15.07.2013 wurden Sie vom Amtsgericht H. (81 Ds – 422 Js 4771/12 – 114/13) wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 30 Euro verurteilt. Am 19.07.2013 legten Sie gegen das Urteil Berufung ein. Am 03.04.2014 fand die Hauptverhandlung des Berufungsverfahrens vor dem Landgericht L. (155 Ns 162/13) statt. Es wurde beschlossen, dass das Verfahren gem. § 153a StPO unter folgenden Voraussetzungen eingestellt wird … Am 13.10.2014 wurde das Verfahren vom Landgericht L. (155 Ns 162/13, 81 Ds-422 Js 4771/12 – 114/13) endgültig eingestellt … Der Ihnen im Strafverfahren vorgeworfene Straftatbestand der Körperverletzung könnte einen Verstoß gegen die Pflicht zum achtungs– und vertrauenswürdigen Verhalten gem. § 61 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG darstellen. Hierbei handelt es sich um ein außerdienstliches Fehlverhalten.“
22Von der Gelegenheit zur Äußerung machte der Beklagte keinen Gebrauch.
23Die Ermittlungsführerin holte am 20. März 2015 bei dem aktuellen Dienstgruppenleiter des Beklagten fernmündlich eine Einschätzung zu dem Beklagten ein. Dieser teilte nach dem hierüber gefertigten Vermerk mit:
24„… I1. H1. war in seiner gesamten Zeit in E1. absolut verhaltensunauffällig, immer höflich und zuvorkommend. Gerade im Kollegenkreis wird er durch seine freundliche Art und durch sein frohes Gemüt sehr geschätzt. Es gab in der Zeit bei uns keine Konfliktsituationen, weder mit Kollegen, noch mit Passagieren etc. In Situationen, in denen polizeiliches Handeln geboten war, scheute er hingegen nicht, sich mit dem polizeilichen Gegenüber auseinanderzusetzen und wirkte durch sein präsentes Auftreten und durch seine kommunikative Art positiv auf die Situation ein. Wir können von daher diesbezüglich absolut nicht[s] [N]egatives über ihn [b]erichten.“
25Am 30. März 2015 holte die Ermittlungsführerin fernmündlich eine Einschätzung des früheren Dienstgruppenleiters zu dem Beklagten ein. Dieser gab laut gefertigtem Vermerk an, er halte den Beklagten für durchaus befähigter, als sich dieser im Dienst anbiete. Er habe seinen Schwerpunkt offenkundig in seine Nebentätigkeit verlagert, als Komparse für TV-Serien zu arbeiten. Der Beklagte sei ein zurückhaltender, ruhiger, zugleich aber auch zuverlässiger Beamter. Soweit er sich erinnern könne, sei es in seiner Zeit als Dienstgruppenleiter zu keinen Auffälligkeiten um den Beklagten gekommen. Im Gegenteil sei dieser eher als moderater und vermittelnder Kollege aufgefallen. Der Beklagte habe auf ihn ausgeglichen gewirkt. Dies habe er auf den Kampfsport zurückgeführt, den der Beklagte in seiner Freizeit absolviert habe. Allerdings weise er auch auf die unangenehme Situation des Partnerschaftsverhältnisses zwischen der Zeugin und dem Beklagten hin. Beide seien Angehörige der Dienstgruppe gewesen. Die Zeugin habe viele Partnerschaftsprobleme in die Dienstgruppe hineingetragen, was er durchaus als Problem erkannt habe. Dem Beklagten sei diese Vermischung von Privatleben und Dienst spürbar unangenehm gewesen. Da er beide aber nicht gut genug gekannt habe und kenne, sehe er sich nicht in der Lage, eine genaue Einschätzung zu den seinerzeitigen Handlungen abzugeben. Auch er sei hin- und hergerissen gewesen und habe zwei völlig unterschiedliche Lebenssachverhalte gehört. Er habe beiden seine Unterstützung angeboten und sich zugleich für die Entfernung beider aus der Dienstgruppe eingesetzt, um wieder den „alten Frieden“ herstellen zu können.
26Die Ermittlungsführerin fertigte unter dem 20. Mai 2015 das Ergebnis der Ermittlungen. Dabei ging sie von einer Bindungswirkung der tatsächlichen Feststellungen des Urteils des Amtsgerichts H. vom 15. Juli 2013 für das Disziplinarverfahren aus. Das Ermittlungsergebnis wurde dem Beklagten am 10. Juni 2015 ausgehändigt. Die Gelegenheit zur abschließenden Äußerung nahm der Beklagte nicht wahr.
27Der Leiter der Bundespolizeiinspektion Flughafen L. /C. legte den Disziplinarvorgang mit Schreiben vom 10. September 2015 nach § 31 BDG der Bundespolizeidirektion T. B. vor, weil er die Erhebung der Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst für angemessen erachtete und seine Disziplinarbefugnis daher nicht für ausreichend hielt.
28Die beteiligte Gleichstellungsbeauftragte bei der Bundespolizeidirektion T. B. teilte unter dem 25. September 2015 mit, keine Bedenken zu haben.
29Dem Beklagten wurde mit Schreiben der Bundespolizeidirektion T. B. vom 8. Juli 2016 Gelegenheit gegeben, zur beabsichtigten Disziplinarklageerhebung Stellung zu nehmen. Gleichzeitig wurde er auf die Möglichkeit hingewiesen, die Mitwirkung des zuständigen Gesamtpersonalrats nach § 78 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG zu beantragen. Eine Reaktion erfolgte nicht.
30Die Klägerin hat am 11. Januar 2017 Disziplinarklage gegen den Beklagten erhoben mit dem Vorwurf, am 12. Mai 2012 und 22. August 2012 Frau B1. A. vorsätzlich und rechtswidrig durch Faustschläge gegen den Kopf erheblich verletzt zu haben. Durch den Faustschlag am 12. Mai 2012 habe er Frau A1. eine traumatische Trommelfellperforation zugefügt, die operativ im Kreiskrankenhaus H. habe versorgt werden müssen. Durch die Schläge am 22. August 2012 habe er ihr eine Platzwunde über dem rechten Auge und eine weitere über der Nasenwurzel zugefügt. Frau A1. sei aufgrund der körperlichen und psychischen Folgen der ihr zugefügten Verletzungshandlungen für den Zeitraum vom 13. Mai 2012 bis zum 10. September 2012 dienstunfähig gewesen. Es seien Heilverfahrens- und Dienstausfallkosten i.H.v. 15.543,48 Euro entstanden. Wegen der auf die Dienstherrin übergegangenen Schadenersatzansprüche sei in einem gesonderten zivilrechtlichen Verfahren gegen den Beklagten unstrittig ein rechtskräftig gewordener Vollstreckungsbescheid erwirkt worden. Der Beklagte habe sich hierdurch außerdienstlich mehrerer vorsätzlicher Körperverletzungen schuldig gemacht und dadurch ein außerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG i.V.m. § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG begangen. Er habe in schwerwiegender Weise die ihm obliegende Pflicht verletzt, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordere. Das gelte umso mehr, als der Beamte eine mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebende und ihm körperlich deutlich unterlegene Frau zusammengeschlagen habe, die zu ihm in einem besonderen Vertrauensverhältnis gestanden habe. Eine solche Pflichtverletzung sei nach den Umständen des Einzelfalles nicht nur in besonderem Maße geeignet, das Vertrauen in einer für das Amt des Beamten oder das Ansehen des Beamtentums insgesamt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen, sondern – unter Berücksichtigung der vorgenannten besonderen Umstände – sogar geeignet, dieses Vertrauen endgültig zu zerstören. Es sei mit der Aufgabe eines Polizeibeamten, Straftaten zu verhindern, aufzuklären und zu verfolgen, unvereinbar, dass er selbst strafbare Handlungen begehe. Das gelte insbesondere bei Straftaten, die sich gegen die körperliche Unversehrtheit eines anderen – hier sogar der Lebensgefährtin und Kollegin – richteten.
31Die Klägerin hat beantragt,
32gegen den Beklagten auf eine angemessene Disziplinarmaßnahme, mindestens eine Zurückstufung, zu erkennen.
33Der Beklagte hat beantragt,
34die Klage abzuweisen.
35Er hat eingeräumt, durch die begangene Pflichtverletzung ein außerdienstliches Dienstvergehen begangen zu haben. Zur Ahndung seines Dienstvergehens kämen eine Entfernung aus dem Dienst wie auch eine Zurückstufung nicht in Betracht. Eine Gehaltskürzung dürfe gemäß § 14 Abs. 1 Ziffer 2 BDG nicht mehr ausgesprochen werden, nachdem das Tatgeschehen wegen desselben Sachverhalts, der der Disziplinarklage zugrunde liege, bereits strafrechtlich sanktioniert worden sei. Die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme sei nicht zusätzlich erforderlich, um ihn zur Pflichterfüllung anzuhalten. Das Geschehen liege bereits fünf Jahre zurück. Es sei in der damaligen privaten Situation – namentlich in der seinerzeitigen Beziehung zu der Zeugin A. – begründet. Er habe die Zeugin A1. nur einmal, am 12. Mai 2012, geschlagen. Hierbei habe er sich im Rahmen einer von der Zeugin A. ausgehenden Auseinandersetzung, bei der sie ihm mit dem Schienbein in den Schritt getreten und auf den Oberkörper geschlagen habe, im Affekt reflexhaft gewehrt. Er sei sich im Rückblick seines Fehlverhaltens bewusst und schließe ein solches Verhalten für sich seitdem aus. Eine persönlichkeitsbedingte Wiederholungsgefahr bestehe nicht. Die Beziehung bestehe nicht mehr. Er habe seit Jahren keinen Kontakt mehr zu seiner ehemaligen Lebensgefährtin. Seine aktuelle Lebenssituation verlaufe in völlig anderen, geordneten Bahnen. Seit dem damaligen Tatgeschehen habe es keine Vorkommnisse oder Verdachtsmomente gegeben, die eine Wiederholungsgefahr begründen könnten. Er sehe sein damaliges Verhalten selbst äußerst kritisch und voller Scham.
36Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht den Beklagten nach Vernehmung der Zeugin A1. in der mündlichen Verhandlung in das Amt eines Polizeimeisters versetzt und die Sperrfrist für eine Beförderung auf drei Jahre festgelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt:
37Dem Beklagten werde mit der Disziplinarklageschrift allein sein Verhalten zu Lasten der Zeugin am 12. Mai und 22. August 2012, nicht hingegen eine Tat am 19. Juli 2012 vorgeworfen. Insoweit sei in tatsächlicher Hinsicht für den 12. Mai 2012 folgender Sachverhalt zu Grunde zu legen:
38"Der Beklagte war der Lebensgefährte der Zeugin, mit der er in der Wohnung der Zeugin in xxx F1. , I.----straße 4, zusammenlebte. Im Laufe der Beziehung kam es wiederholt zu Streitigkeiten zwischen dem Beklagten und der Zeugin. Im Verlauf einer Auseinandersetzung am 12. Mai 2012 versetzte die Zeugin dem Beklagten einen Tritt in den Genitalbereich und schlug ihm auf den Oberkörper. Darauf schlug dieser ihr heftig mit seiner linken flachen Hand gegen die rechte Kopfseite. Der Beklagte ist Rechtshänder, war zu diesem Zeitpunkt aber trainiert im klassischen olympischen Boxen und konnte daher auch mit seiner linken Hand kräftig zuschlagen. Die Zeugin blutete aus dem rechten Ohr und schrie aus Angst, weil sie auf dem Ohr nichts mehr hörte. Der Beklagte verließ daraufhin die Wohnung, nachdem er sich angekleidet hatte, und fuhr mit dem Auto der Zeugin davon. Die Zeugin rief die Polizeinotrufnummer 110. Es erschienen Polizeibeamte der Landespolizei und auch ein Rettungswagen. Sie wurde dann mit dem Rettungswagen nach H. ins Krankenhaus gebracht. Dort wurde ein Trommelfellriss rechts diagnostiziert, der operativ behandelt werden musste. Die Operation fand am 16. Mai 2012 statt. Die Zeugin war hiernach dienstunfähig krankgeschrieben. Die Zeugin konnte ihren Dienst erst nach dem 10. September 2012 wieder aufnehmen."
39Diese Feststellungen beruhten auf dem Teilgeständnis des Beklagten, den vorliegenden ärztlichen Unterlagen und dem Ergebnis der in der mündlichen Verhandlung durchgeführten Beweisaufnahme. Die tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils des Amtsgerichts H. vom 15. Juli 2013 seien demgegenüber nicht bindend, da dieses nicht rechtskräftig geworden sei.
40Der Beklagte habe eingeräumt, die Zeugin am 12. Mai 2012 mit seiner linken Hand auf ihre rechte Kopfseite geschlagen zu haben, nachdem sie ihn attackiert habe. Zu seinen Gunsten werde angenommen, dass er mit der flachen Hand und nicht mit der Faust zugeschlagen habe. Das Gericht habe nicht die Überzeugung von einem Faustschlag gewonnen. Ebenso werde zu Gunsten des Beklagten angenommen, dass ihn die Zeugin vorher körperlich attackiert habe, was der Beklagte jedoch nach eigenen Angaben nicht als bedrohlich empfunden habe. Die Zeugin habe überzeugend glaubhaft geschildert, dass sie aus dem rechten Ohr geblutet und aus Angst geschrien habe, weil sie auf dem Ohr nichts mehr gehört habe, dass der Beklagte aber nach dem Schlag die Wohnung verlassen habe, ohne sich um sie und die Folgen der Verletzung zu kümmern. Sie sei darauf angewiesen gewesen, mit dem Rettungswagen in das Krankenhaus nach H. gebracht zu werden.
41Hinsichtlich des Vorwurfs, der Beklagte habe der Zeugin bei einer weiteren Auseinandersetzung am 22. August 2012 einmal oder mehrmals mit der Faust in das Gesicht geschlagen und ihr dadurch Platzwunden über dem rechten Auge und über der Nasenwurzel sowie ein Hämatom am Auge zugefügt, habe sich das Gericht nicht zweifelsfrei davon überzeugen können, dass die erlittenen Verletzungen der Zeugin durch Faustschläge bzw. Schläge des Beklagten entstanden seien. Zwar habe es erhebliche Zweifel an dem vom Beklagten behaupteten Geschehensablauf und seiner Darstellung, nur beschwichtigend agiert zu haben. Es habe aber auch nicht die Überzeugung gewinnen können, dass die Angaben der Zeugin zu dem Geschehensablauf zutreffend seien. Daher sehe es diesen Vorwurf nach dem Zweifelsgrundsatz nicht als erwiesen an.
42Der Beklagte habe durch das festgestellte Verhalten am 12. Mai 2012 eine vorsätzliche Körperverletzung gemäß § 223 StGB begangen. Sein Verhalten sei nicht durch Notwehr gemäß § 32 StGB gerechtfertigt gewesen. Der Schlag sei nicht erforderlich gewesen, um einen Angriff der geschädigten Zeugin, der der Beklagte aufgrund seiner Statur seines Kampfsporttrainings deutlich überlegen gewesen sei, abzuwehren. Sein Verhalten sei ferner nicht gemäß § 33 StGB entschuldigt. Es fehle an einer Notwehrlage, jedenfalls habe der Beklagte die Grenzen der Notwehr nicht aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken überschritten.
43Das Gericht gehe davon aus, dass der Beklagte nicht im Affekt oder reflexartig, sondern bewusst und gewollt zugeschlagen habe, um das Verhalten der Zeugin zu vergelten oder auch den Streit zu beenden. Dies zeige sich daran, dass er sich nach der Tat nicht um die Zeugin gekümmert, sondern die Wohnung verlassen habe. Die Attacke der Zeugin habe ihn auch nicht unvermittelt und überraschend getroffen, nachdem es seinen Angaben zufolge schon zuvor wiederholt zu körperlichen Attacken der Zeugin oder körperlichen Auseinandersetzungen gekommen sei.
44Durch das festgestellte Verhalten habe der Beklagte die ihm obliegende Dienstpflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 61 Abs. 1 Satz 3 BBG) außerhalb des Dienstes verletzt und ein Dienstvergehen gemäß § 77 Abs. 1 BBG begangen. Die begangene vorsätzliche Körperverletzung nach § 223 StGB sei im Sinne von § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG in besonderem Maße geeignet, das Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Sie weise einen Bezug zum Amt eines Polizeibeamten auf, der Straftaten zu verhüten, aufzuklären und zu verfolgen habe und in der Öffentlichkeit eine besondere Vertrauens- und Garantenstellung genieße. Das gelte insbesondere auch für Fälle häuslicher Gewalt. Dieses berufserforderliche Vertrauen werde in besonderem Maße beeinträchtigt, wenn Polizeibeamte außerdienstlich in ihrem eigenen häuslichen Umfeld erhebliche Vorsatzstraftaten begingen.
45Dieses Dienstvergehen sei gemäß § 13 Abs. 1 Sätze 1 bis 4, Abs. 2 Satz 1 BDG nach seiner Schwere unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung mit einer Versetzung in das Amt eines Polizeimeisters disziplinarisch zu ahnden.
46Das Dienstvergehen des Beklagten erfordere bei einer Gesamtwürdigung sämtlicher zu berücksichtigenden Gesichtspunkte noch nicht dessen Entfernung aus dem Dienst. Er habe wegen der schuldhaften Verletzung ihm obliegender Pflichten das für die Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen noch nicht endgültig verloren. Angesichts des Strafrahmens für eine Körperverletzung nach § 223 StGB von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe sei ein Orientierungsrahmen für die Maßnahmebemessung bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis eröffnet. Gegen die Verhängung dieser disziplinaren Höchstmaßnahme spreche zunächst die Einstellung des Strafverfahrens durch das Landgericht L. gemäß § 153a StPO nach Erfüllung der dem Beklagten auferlegten Zahlung in Höhe von 3.000,00 Euro. Zwar weise das Dienstvergehen einige erschwerende Umstände auf, die ungeachtet dessen für die Dienstentfernung sprächen. So habe sich die Körperverletzung gerade gegen die Lebensgefährtin gerichtet, mit der der Beklagte zusammengelebt habe, und sei damit innerhalb eines besonderen Vertrauens- und Schutzverhältnisses und zudem in dem besonders schutzwürdigen privaten häuslichen Bereich verübt worden. Hinzu komme, dass die Zeugin wegen der zugefügten nicht unerheblichen Verletzung operativ habe behandelt werden müssen und mehrere Monate dienstunfähig erkrankt gewesen sei.
47Andererseits sei nach dem Zweifelsgrundsatz zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass er die Tat im Laufe einer Auseinandersetzung verübt habe, zu deren Eskalation auch die Zeugin beigetragen habe, die den Beklagten zuvor von sich aus attackiert habe. Dies lasse ungeachtet des Fehlens einer Notwehrlage nach § 32 StGB das schwerwiegende Fehlverhalten des Beklagten in einem milderen Licht erscheinen. Auch ihm als Polizeibeamtem gegenüber bestehe daher noch einen Rest an Vertrauen mit der Folge, dass von der Höchstmaßnahme abgesehen werden könne.
48Es fehlten jedoch Gesichtspunkte, die eine Disziplinarmaßnahme unterhalb einer Zurückstufung als angemessen erscheinen ließen. Das Dienstvergehen sei nicht als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder einer psychischen Ausnahmesituation anzusehen. Der Beklagte habe selbst angegeben, dass es in der Beziehung wiederholt zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen sei, in deren Verlauf er sich jedenfalls zum Ende der Beziehung gewehrt habe. Nach seinen eigenen Angaben habe er die Zeugin u.a. so fest an den Oberarmen gehalten, dass sie „Druckstellen“ davongetragen habe. Im Übrigen habe er erklärt, dass es in der Beziehung zu der Zeugin wiederholt zu heftigen verbalen Auseinandersetzungen und zu körperlichen Attacken durch die Zeugin gekommen sei.
49Der Milderungsgrund einer "Entgleisung während einer inzwischen überwundenen negativen Lebensphase" im Tatzeitraum könne dem Beklagten ebenfalls nicht zu Gute gehalten werden. Hierfür erforderliche außergewöhnliche Verhältnisse, die den Beklagten zeitweilig aus der Bahn geworfen hätten, seien nicht ersichtlich. Der Beklagte sei während der zuletzt durch häufige Streitigkeiten geprägten Beziehung zu der Zeugin seinen dienstlichen Pflichten und auch seinen privaten Interessen in vollem Umfang nachgegangen und habe überdies den Eindruck vermittelt, emotional jederzeit in der Lage gewesen zu sein, diese Beziehung zu beenden.
50Für den Beklagten spreche in gewissem Umfang, wenngleich nicht durchgreifend, dass er die ihm vorgeworfene Tathandlung sowohl im Straf- als auch gerichtlichen Disziplinarverfahren eingeräumt habe. Dies zeige seine Bereitschaft, zumindest die Verantwortung für sein Fehlverhalten zu übernehmen. Die mehrfachen Entschuldigungen bei der Zeugin – in der Tatnacht und anlässlich der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung – hätten ebenfalls nur geringes Gewicht.
51Das seither beanstandungsfreie dienstliche und außerdienstliche Verhalten führe weder für sich genommen noch in der Gesamtschau mit den bereits angesprochenen Gesichtspunkten zu einem anderen Abwägungsergebnis. Eine beanstandungsfreie langjährige Dienstleistung und selbst überdurchschnittliche Beurteilungen – an denen es hier fehle – fielen bei gravierenden Dienstpflichtverletzungen in aller Regel nicht mildernd ins Gewicht. Auch das Fehlen einer straf- und disziplinarrechtlichen Vorbelastung rechtfertige keine Maßnahmemilderung.
52Im Hinblick auf die Dauer des Disziplinarverfahrens sei die Dauer des Beförderungsverbots gemäß § 9 Abs. 3 Satz 2 BDG von fünf auf drei Jahre zu verkürzen. Es sei nicht ersichtlich, dass das Disziplinarverfahren zu maßgeblichen beruflichen oder wirtschaftlichen Nachteilen für den Beklagten geführt habe. Insbesondere seien ihm keine Beförderungschancen entgangen.
53Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung macht der Beklagte geltend: Der Tatvorwurf beschränke sich auf eine einzige vorsätzliche einfache Körperverletzung durch einen einzigen Schlag mit der flachen linken Hand an die rechte Kopfseite der Zeugin am 12. Mai 2012. Folge sei eine blutende Trommelfellperforation gewesen, die operativ im Krankenhaus habe behandelt werden müssen. Hierbei handele es sich zwar um ein außerdienstliches Dienstvergehen. Dessen Ahndung mit einer Zurückstufung sei aber bei einer Gesamtschau der Geschehnisse nicht angemessen. Der Tat sei eine verbale Auseinandersetzung vorangegangen, die seitens der Zeugin A1. auch mit – wenngleich eher symbolischen – körperlichen Attacken geführt worden sei. In dieser aufgebrachten Situation habe er einmal mit der flachen Hand an ihre rechte Kopfseite geschlagen. Dies bewege sich im Rahmen möglicher anderer Tathandlungen ganz am unteren Rand des § 223 StGB. Das Strafgericht habe das Strafverfahren wegen dieses Geschehens und eines weiteren Tatvorwurfs nach Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 3.000 EUR an die Zeugin auch mit deren Zustimmung gemäß § 153a StPO eingestellt. Es sei zu unterstellen, dass die Auflage für das hier allein in Rede stehende Tatgeschehen wohl noch geringer ausgefallen wäre. Insgesamt sei das Strafgericht am unteren Rand der möglichen Sanktion für eine Körperverletzung geblieben. Er habe zu keinem Zeitpunkt die Absicht gehabt, die Zeugin zu verletzen. Dass sein Schlag bei ihr zum Riss des Trommelfells geführt habe, habe ihn völlig überrascht. Es habe ihm sehr leid getan und tue dies noch jetzt. Er sei unmittelbar nach dem Schlag "abgehauen", um der aufgebrachten Situation zu entkommen, nicht hingegen, um die Zeugin allein zu lassen. Die Schwere der Verletzung habe er in diesem Moment nicht erkannt. Das Kfz der Zeugin habe er auch im Vorfeld regelmäßig benutzt. Noch am Abend sei er nach Hause gekommen und habe sich entschuldigt. Zudem habe er sie aus dem Krankenhaus abgeholt.
54Fraglos sei der Schlag eines körperlich überlegenen Mannes gegen eine Frau verwerflich und unentschuldbar. Gleichwohl sei das Geschehen wegen der Tatsituation, des Fehlens einer Verletzungsabsicht, seiner Entschuldigung und der geringen Sanktion im Strafverfahren im Vergleich zu anderen disziplinarisch zu ahndenden außerdienstlichen Körperverletzungen nicht von solchem Gewicht, dass eine Zurückstufung gerechtfertigt sei. Anderenfalls müsse in einer Vielzahl anderer Fallkonstellationen auf Entfernung aus dem Dienst erkannt werden.
55Der Beklagte beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
56das angefochtene Urteil zu ändern und die Disziplinarklage abzuweisen.
57Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
58die Berufung zurückzuweisen.
59Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Der Orientierungsrahmen für die Ahndung einer Körperverletzung reiche bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Das Verwaltungsgericht habe von dieser Maßnahme nachvollziehbar abgesehen und auf eine Zurückstufung erkannt. Die der Zeugin zugefügte Verletzung sei erheblich gewesen. Sie habe operiert werden müssen und sei von Mai bis September 2012 dienstunfähig gewesen. Der Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten habe sich auf mehr als 15.000 EUR belaufen. Der Beklagte versuche, das Geschehen zu bagatellisieren. Er sei geübter Boxer. Er müsse mitbekommen haben, dass er der Zeugin eine blutende Verletzung zugefügt habe. Die Zeugin habe bekundet, aus Angst geschrien zu haben, weil sie auf dem Ohr nichts mehr gehört habe. Nach der Tat sei er nicht etwa "abgehauen", sondern habe sich in Ruhe angezogen, ihren Autoschlüssel genommen, ohne sie zu fragen und sei mit ihrem Auto zu einem Schützenfest gefahren. Das zeige eine ausgeprägte Gleichgültigkeit.
60Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Beiakten Bezug genommen.
61Entscheidungsgründe:
62Das Gericht entscheidet auf Grund des von den Beteiligten erklärten Einverständnisses ohne mündliche Verhandlung (§ 3 BDG i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO).
63Die Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht in das Amt eines Polizeimeisters versetzt.
641. In tatsächlicher Hinsicht legt der Senat dieselben Feststellungen zugrunde wie das Verwaltungsgericht und verweist hierauf. Das Verwaltungsgericht hat seinem Urteil zu Recht nicht die Feststellungen zugrunde gelegt, die sich aus dem gegen den Beklagten ergangenen Strafurteil des Amtsgerichts ergeben, da dieses nicht rechtskräftig geworden ist. Den Feststellungen, die es auf Grundlage der Straf- und Verwaltungsvorgänge, der Einlassungen der Beteiligten im gerichtlichen Verfahren sowie dem Ergebnis der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung getroffen hat, sind weder Beklagter noch Klägerin entgegen getreten. Auch das erkennende Gericht sieht aufgrund eigener Überzeugungsbildung keinen Anlass zu abweichenden tatsächlichen Feststellungen.
652. Der Senat folgt auch der rechtlichen Bewertung des Verwaltungsgerichts, dass der Beklagte sich durch sein Verhalten gegenüber der Zeugin A1. am 12. Mai 2012 einer Körperverletzung gemäß § 223 StGB schuldig gemacht und hierdurch ein Dienstvergehen in Form einer Verletzung der Pflicht, durch sein Verhalten außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert, §§ 77 Abs. 1, 61 Abs. 1 Satz 3 BBG, begangen hat. Auch insoweit nimmt das Gericht zum Vermeiden unnötiger Wiederholungen auf die von ihm geteilten Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug. Diese Bewertung zieht ebenfalls keiner der Verfahrensbeteiligten in Zweifel.
663. Der Senat pflichtet dem Verwaltungsgericht ferner darin bei, dass es im Streitfall nach der Schwere des vom Beklagten begangenen außerdienstlichen Dienstvergehens bei Berücksichtigung seines Persönlichkeitsbildes und des Umfangs der Vertrauensbeeinträchtigung bei einer Gesamtwürdigung aller für und gegen ihn sprechenden Umstände noch nicht erforderlich ist, ihn aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, weil ihm noch ein Restvertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit zuzubilligen ist und auch die von ihm bewirkte Ansehensschädigung nicht seine Entfernung erforderlich macht. Die Versetzung in das Amt eines Polizeimeisters stellt, wie vom Verwaltungsgericht zutreffend angenommen, die erforderliche Maßnahme dar, um dem Beklagten das Pflichtwidrige seines Handelns deutlich vor Augen zu führen, seine zukünftig beanstandungsfreie Dienstausübung sicherzustellen und dem von ihm bewirkten Ansehensverlust entgegenzuwirken. Eine – noch – mildere Disziplinarmaßnahme, deren Verhängung im Streitfall allerdings § 14 BDG entgegen stünde, kommt auch unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Dauer des Disziplinarverfahrens nicht in Betracht.
67Wegen der Grundsätze der Maßnahmebemessung verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil, die er sich zu eigen macht. Hiervon ausgehend stimmt er dem Verwaltungsgericht darin zu, dass der Beklagte das Vertrauen von Dienstherrn und Allgemeinheit durch sein Dienstvergehen – noch – nicht endgültig verloren hat. Auf der anderen Seite ist der Senat – ebenfalls in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht – der Überzeugung, dass die be- und entlastenden Gesichtspunkte des Dienstvergehens, die Persönlichkeit des Beklagten und der Umfang des Vertrauensverlustes es im Streitfall nicht zulassen, eine unterhalb einer Zurückstufung um ein Amt liegende Disziplinarmaßnahme gegen den Beklagten zu verhängen. Dessen hiergegen gerichtete Einwendungen greifen nicht durch.
68Eine – auch außerdienstliche – Körperverletzung gemäß § 223 StGB durch einen Polizeibeamten stellt eine Dienstpflichtverletzung dar, für die grundsätzlich als Disziplinarmaßnahme eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis in den Blick zu nehmen ist. Die körperliche Unversehrtheit gehört mit zu den höchsten Rechtsgütern und ist auch verfassungsrechtlich geschützt. Dem hat der Gesetzgeber durch die Strafbewehrung vorsätzlicher Körperverletzung in § 223 StGB mit einem Strafmaß von Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe Rechnung getragen. Bei einer solchen Strafandrohung reicht der Orientierungsrahmen für die Maßnahmebemessung bereits ungeachtet der konkreten Stellung des Beamten bis zur Höchstmaßnahme.
69Hinzu treten die Besonderheiten, die die Dienststellung eines Polizeibeamten kennzeichnen. Aufgabe eines Polizeibeamten ist es unter anderem, Straftaten zu verhindern und aufzuklären. Begeht ein Polizeibeamter – auch außerdienstlich – eine vorsätzliche Straftat, läuft das seinen dienstlichen Aufgaben diametral zuwider und beeinträchtigt das diensterforderliche Vertrauen in dessen zuverlässige Amtsausübung. In besonderem Maße gilt dies für vorsätzliche Körperverletzungsdelikte. Begeht ein mit polizeilichen Aufgaben und Befugnissen betrauter und in entsprechenden Kampftechniken ausgebildeter Beamter selbst eine vorsätzliche Körperverletzung, so handelt er in grober Weise seinem gesetzlichen Auftrag zuwider. Polizeibeamte sind in einem durch das Gewaltmonopol des Staates geprägten Kernbereich der öffentlichen Verwaltung tätig. Zu ihren Dienstaufgaben gehört einerseits der Gebrauch von Waffen. Andererseits müssen sie in deeskalierenden Verhaltens- und Verteidigungstechniken besonders geübt sein und über die hierzu benötigte Grundeinstellung verfügen oder sich diese aneignen. Von daher beeinträchtigt es das Ansehen der Polizei in besonderer Weise, wenn ein Polizeivollzugsbeamter, von dem aufgrund seiner Ausbildung und des charakterlichen Anforderungsprofils gerade das gegenteilige Verhalten erwartet werden muss, ein von Unbeherrschtheit und Aggressivität gekennzeichnetes Verhalten an den Tag legt. Die auf einer persönlichen Unbeherrschtheit beruhende Anwendung körperlicher Gewalt durch einen Polizeibeamten kann in einem Rechtsstaat nicht geduldet werden. Ein an den Prinzipien der Freiheit und Mündigkeit seiner Bürger orientierter Rechtsstaat ist mehr als jede anders geordnete menschliche Gesellschaft zur Sicherung seiner Existenz auf das durch seine Hoheitsträger vermittelte Ansehen und Vertrauen in die Rechtmäßigkeit seiner Handlungen seitens der Bürger angewiesen, wenn er zur Durchsetzung seiner Ziele auf Gewaltmaßnahmen weitgehend verzichtet. Beamte, die im Einzelfall Gewalt aus persönlichen Motiven ohne das Vorliegen einer Notwehrlage anwenden, gefährden das Ansehen und das Vertrauen der Bevölkerung in die Rechtmäßigkeit staatlichen Handelns deshalb erheblich. Dies gilt in besonderem Maße bei rechtswidrigen, schuldhaften und schwerwiegenden Körperverletzungen im Amt an Personen, denen gegenüber der Beamte Amtshandlungen vorzunehmen hat. Aber auch im nicht dienstlichen, privaten Bereich schädigt ein Polizeibeamter, der vorsätzlich einen anderen körperlich verletzt, in schwer wiegender Weise das Vertrauen der Bevölkerung in ein gesetzeskonformes Verhalten der Polizeibeamten und einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Gewaltmonopol. Die Unfähigkeit, im privaten Bereich die Grenzen rechtmäßiger Anwendung von körperlicher Gewalt einzuhalten, hat auch Auswirkungen auf das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die dienstliche Zuverlässigkeit des Polizeibeamten.
70Vgl. OVG NRW, Urteile vom 22.11.2016 – 3d A 1317/14.O -, Urteilsabdruck S. 24, und vom 02.10.2002 – 6d A 859/01.O –, juris Rn. 47.
71Dieses Vertrauen hat der Beklagte erschüttert, als er im Rahmen einer privaten Auseinandersetzung in dem gemeinsam bewohnten Haus seiner Lebensgefährtin mit der flachen linken Hand vorsätzlich gezielt ins Gesicht schlug. Insofern weist der Beklagte zwar zutreffend darauf hin, dass er es bei diesem einen Schlag bewenden ließ und bei dieser Gelegenheit keine weiteren Tätlichkeiten entfaltete. Auch ist zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass seinem Schlag verbale und körperliche Aggressionen seines Opfers vorangegangen waren. Seinen eigenen Angaben zufolge handelte es sich hierbei jedoch nicht um ein überraschendes Geschehen. Vielmehr hatten in der Beziehung schon zuvor vergleichbare Auseinandersetzungen stattgefunden, bei denen er sich allenfalls verbal gewehrt oder die Zeugin fest- oder auf Distanz gehalten hatte. Der Beklagte hat in der Berufungsschrift erklärt, dass die körperlichen Aggressionen der Zeugin für ihn nicht bedrohlich, sondern eher "symbolisch" gewesen seien. Nach Überzeugung des Senats handelte es sich bei seinem Schlag in der Tatsituation nicht um eine reflexartige Abwehrhandlung. Vielmehr trug dieser insbesondere im Hinblick darauf, dass der Beklagte keine Abwehrbewegung durchführte, sondern seine Lebensgefährtin ohrfeigte, deutliche Züge einer körperlichen Zurechtweisung.
72Für den Beklagten spricht allerdings des Weiteren, dass er offenbar ausschließlich im Rahmen seiner Beziehung mit der Zeugin tätlich geworden ist. Insbesondere sind Beanstandungen seines Umgangs mit dienstlichen Konfliktsituationen nicht bekannt geworden. Zu seinen Gunsten wirkt sich zudem aus, dass das Strafverfahren mit einer Einstellung nach § 153a StPO geendet hat. Dies lässt darauf schließen, dass das Landgericht von einer geringen Strafwürdigkeit des Verhaltens des Beklagten ausgegangen ist, wenngleich die auferlegte Geldauflage von 3.000 EUR noch oberhalb des vom Amtsgericht verhängten Strafmaßes von 90 Tagessätzen i.H.v. 30 EUR lag.
73All dies rechtfertigt es, von einem Rest von Vertrauen in den Beklagten auszugehen und den Orientierungsrahmen für die Maßnahmebemessung ungeachtet seiner dienstlichen Stellung als Polizeivollzugsbeamter nicht auszuschöpfen.
74Auf der anderen Seite gebietet es diese dienstliche Stellung, die bei der Strafzumessung im Strafverfahren und der dortigen Verfahrenseinstellung keine ausschlaggebende Bedeutung hatte, einem Fehlverhalten wie dem vorliegenden disziplinarisch deutlich entgegenzuwirken. Dieses Maßregelungsbedürfnis wird im Streitfall durch erhebliche, den Beklagten belastende Umstände gesteigert. Hierbei handelt es sich zum einen um die erheblichen Folgen seines Schlages. Offenbar als Folge seines Trainings als Kampfsportler im olympischen Boxen reichte dieser eine Schlag mit seiner flachen linken Hand an den Kopf der Zeugin aus, um diese krankenhausreif zu schlagen. In der Folge war sie mehr als drei Monate dienstunfähig. Die Möglichkeit einer so verheerenden Wirkung des Einsatzes seiner physischen Möglichkeiten in einer körperlichen Auseinandersetzung, hier zumal mit einem unterlegenen weiblichen Gegenüber, musste dem Beklagten als trainiertem Kampfsportler auch bewusst sein. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat er eingeräumt, als Kampfsportler auch mit der linken Hand, die nicht seine "Schlaghand im Boxen" sei, kräftiger zuschlagen zu können als ein Untrainierter. Dies hätte ihn zu äußerster Zurückhaltung veranlassen müssen. Gegen ihn spricht zudem sein Verhalten nach der Tat. Anstatt seiner Lebensgefährtin angesichts der erheblichen, nach seinen Angaben weder gewollten noch vorhergesehen Folgen seiner Tat beizustehen, kleidete er sich an, fuhr zu einem Schützenfest zur Ausübung einer Nebentätigkeit und ließ sein Opfer in dem gemeinsam bewohnten Haus in seiner misslichen Situation, aus dem Ohr blutend, allein zurück. Dabei ist der Senat davon überzeugt, dass der Beklagte erkannt hatte, die Zeugin verletzt zu haben. Diese hat vom Beklagten unwidersprochen berichtet, aus Angst laut geschrien zu haben, weil sie auf dem rechten Ohr nicht mehr hören konnte. Dies kann dem Beklagten während seines Ankleidens nicht entgangen sein. Dabei entlastet ihn nicht durchgreifend, dass er die Schwere der konkreten Verletzung nicht genau erkannt haben mag und sich nach seiner Rückkehr von dem Schützenfest und später erneut im Rahmen des Strafverfahrens entschuldigt hat.
75Insgesamt ist das wenngleich außerdienstliche, aber in engem Bezug zu seinem Amt stehende Dienstvergehen des Beklagen bei einer Abwägung der be- und entlastenden Gesichtspunkte von solchem Gewicht, dass auch dem Senat eine Zurückstufung als die erforderliche und angemessene Disziplinarmaßnahme erscheint. Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild des Beklagten und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung, wegen derer auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen wäre, fehlen. Auch insoweit wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.
76Der Senat stimmt mit dem Verwaltungsgericht schließlich darin überein, dass die Dauer des Disziplinarverfahrens keinen Anlass gibt, von einer Zurückstufung um ein Amt abzusehen. Diesem Aspekt hat das Verwaltungsgericht durch eine Abkürzung der Beförderungssperre Rechnung getragen. Diese hält der Senat auch unter Berücksichtigung der zusätzlichen Dauer des Berufungsverfahrens für angemessen.
774. Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs. 1 BDG, § 154 Abs. 2 VwGO.
78Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 3 Abs. 1 BDG, § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.
79Ein Grund, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
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