Urteil vom Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht (1. Senat) - 1 KN 20/19

Tenor

Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Antragstellerin wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen die Veränderungssperre der Antragsgegnerin für das Gebiet des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans Nr. 15.

2

Die Antragstellerin ist ein anerkannter freier Träger der Kinder- und Jugendhilfe. Sie betreibt mehr als 20 Kindertagesstätten im Kreis Schleswig-Flensburg, in der Stadt Flensburg, in anderen Landesteilen Schleswig-Holsteins und in Hamburg, in denen ca. 2.000 Kinder betreut werden. Sie ist Eigentümerin des Grundstücks … im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin. Auf diesem Grundstück wird seit langer Zeit eine Mutter-Kind-Einrichtung betrieben, in der auch Hilfeangebote für Kinder und Jugendliche bereitgestellt wurden. Es wurde auch eine Jugendhilfemaßnahme für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge angeboten. Die streitgegenständliche Veränderungssperre betrifft mit den Flurstücken … und … der Flur … der Gemarkung … der Antragsgegnerin ausschließlich im Eigentum der Antragstellerin stehende Grundstücke.

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Am 9. Oktober 2015 schlossen die Beteiligten eine Kooperationsvereinbarung zur Regelung von Rahmenbedingungen für eine geplante bauliche Erweiterung der bestehenden Heimeinrichtung der Antragstellerin im Ortsteil …, …, der Antragsgegnerin. Hintergrund der Kooperationsvereinbarung war nach der Präambel, dass die Antragstellerin auf ihrem Grundstück Erweiterungen plante, und zwar den Ausbau und die Erweiterung ihrer Betreuungseinrichtungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die Errichtung von zwei Doppelhäusern, in denen junge Menschen in Wohngruppen nach einem familiennahen Konzept betreut werden, und den Ersatz des Siedlerhauses … durch ein weiteres Doppelhaus. Durch diese Maßnahme sollte ein kleines Jugenddorf mit Aufnahmekapazität für etwa 100 junge Menschen entstehen. Die Antragsgegnerin plante ihrerseits den Neubau einer zweigruppigen Kindertagesstätte bzw. die Erweiterung einer bereits bestehenden Einrichtung um zwei Gruppenräume. Hierzu wurde zwecks Aufnahme in den Kindertagesstättenbedarfsplan des Kreises Schleswig-Flensburg nach Abstimmung mit dem Kreis im Rahmen des sogenannten zweistufigen Verfahrens ein Interessenbekundungsverfahren zur Beteiligung der anerkannten Träger der freien Jugendhilfe im Rahmen der gesetzlich normierten Subsidiarität durchgeführt, an dem auch die Antragstellerin beteiligt wurde. Da die Antragstellerin der Auffassung war, dass die Antragsgegnerin nicht berechtigt sei, ein Interessenbekundungsverfahren mit anschließender Empfehlung an den Kreis Schleswig-Flensburg durchzuführen, strengte sie ein verwaltungsgerichtliches Eilverfahren an mit dem Ziel, der Antragsgegnerin eine Entscheidung auf der Grundlage des von ihr eingeleiteten sog. Interessenbekundungsverfahrens sowie jegliche Erweiterung der derzeit bestehenden ADS-Kindertageseinrichtung zu untersagen. Da die Antragstellerin aufgrund des erheblichen Zustroms unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge und entsprechender Nachfragen der zuweisenden Behörden ein vitales Interesse daran hatte, die geplante bauliche Erweiterung zügig umzusetzen, wofür das baurechtliche Einvernehmen der Antragsgegnerin erforderlich war, und die Bereitschaft zur Aufgabe ihrer Kindertagesstättenplanung signalisiert hatte, soweit sich verlässlich abzeichnen würde, dass sich die in der Gemeindevertretung skizzierten Vorstellungen zur Betreuung von minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen umsetzen lassen würden, und andererseits die Antragsgegnerin aufgrund der vorhandenen Nachfrage nach Kindertagesstättenplätzen ein vitales Interesse daran hatte, das zu dem Zeitpunkt beim Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht anhängige Beschwerdeverfahren gegen die ablehnende Entscheidung des Verwaltungsgerichts schnellstmöglich in ihrem Sinne zu beenden, um die Planung und den Bau der Kindertagesstätte zügig voranzutreiben, wurde die Kooperationsvereinbarung geschlossen. Diese sieht vor, dass die Antragsgegnerin ihr Einvernehmen zu den geplanten baulichen Maßnahmen der Antragstellerin erteilt und einer eventuellen Nachnutzung der vorhandenen Baulichkeiten als Wohngebäude zustimmt, soweit eine Nutzung als Heimeinrichtung mangels Bedarfs nicht mehr erfolgt. Sie sieht ferner vor, dass die Antragstellerin die verwaltungsgerichtlichen Verfahren beendet und sich verpflichtet, „aktuell und für die Zukunft im Bereich der Antragsgegnerin keine Trägerschaft von Kindertagesstätten anzustreben und keine Anträge auf Aufnahme in den Kindertagesstättenbedarfsplan zu stellen oder sich am Bau und dem Betrieb von Kindertageseinrichtungen zu beteiligen.“

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Unter dem 27. Februar 2018 stellte die Antragstellerin, um, so ihr Vortrag, den eigenen Bedarf an Kindertagesplätzen in der Gemeinde zu decken, einen Antrag auf Aufnahme in den Kindertagesstättenbedarfsplan für mindestens eine Gruppe für unter dreijährige Kinder auf ihrem Grundstück, den sie unter dem 7. Juni 2018 um eine altersgemischte Gruppe für die Antragsgegnerin bzw. das Amt Langballig ergänzte. Insoweit teilte sie mit, dass die Schaffung dieser Plätze auch kurzfristig in Langballig erfolgen könne. Unter dem 16. Juli 2018 teilte der Landrat des Kreises Schleswig-Flensburg der Antragstellerin mit, dass die Antragsgegnerin ihr Einvernehmen mit der Aufnahme der von der Antragstellerin geplanten Maßnahme in den KiTa-Bedarfsplan versagt habe.

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Am 18. September 2018 beantragte die Antragstellerin eine Teilnutzungsänderung für das Erdgeschoss der großen Scheune, und zwar die Nutzungsänderung von einem Kinderferienheim zu einer Kindertagesstätte. Hintergrund war, so ihr Vortrag, dass die Planung einer Kindertageseinrichtung durch die Antragsgegnerin nur schleppend vorankomme und sie wegen des Betriebs der Mutter-Kind-Einrichtung auf eine Kindertagesbetreuung angewiesen sei. Das Kreisjugendamt stellte die Erteilung einer Betriebserlaubnis nach Vorliegen der Baugenehmigung in Aussicht.

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In ihrer Sitzung vom 20. November 2018 beschloss die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin die 12. Änderung des Flächennutzungsplans für das Gebiet östlich des Verkehrsweges „Satrupholm“, ca. 200 m nördlich des Verkehrsweges „Bondebrück“, ca. 500 m westlich der „Bondenau“, nordöstlich der Ortslage Satrup auf den Flurstücken 13 und 14 der Flur 3 der Gemarkung Satrup. Mit der 12. Änderung sollten die innerhalb des im Außenbereich liegenden Plangebiets befindlichen baulichen Anlagen inklusive ihrer Nutzung durch Darstellung von Sonderbauflächen neu gefasst und festgeschrieben werden. Abgesichert werden sollten insbesondere die bestehenden Jugendhilfeeinrichtungen sowie die Nutzung als Kinderferienheim. Die Planung sollte unter Berücksichtigung gemeindlicher Interessen und der Wahrung der städtebaulichen Ordnung erfolgen.

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Ebenfalls am 20. November 2018 beschloss die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 15 für das Gebiet östlich des Verkehrsweges „…“, ca. 200 m nördlich des Verkehrsweges „…“, ca. 500 m westlich der „…“, nordöstlich der Ortslage Sat…rup auf den Flurstücken … und … der Flur … der Gemarkung … . Mit der Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 15 sollten die innerhalb des im Außenbereich liegenden Plangebiets befindlichen baulichen Anlagen inklusive ihrer Nutzung durch Ausweisung eines sonstigen Sondergebietes gemäß § 11 BauNVO neu gefasst und festgeschrieben werden. Abgesichert werden sollten insbesondere die bestehenden Jugendhilfeeinrichtungen sowie die Nutzung als Kinderferienheim. Die Planung sollte unter Berücksichtigung gemeindlicher Interessen und der Wahrung der städtebaulichen Ordnung erfolgen. Der Aufstellungsbeschluss wurde durch Aushang in der Zeit vom 26. November 2018 bis zum 18. Dezember 2018 bekanntgemacht. Zugleich wurde im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 3 Abs. 1 BauGB zu einer öffentlichen Anhörung am 14. Januar 2019 eingeladen.

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Zur Sicherung ihrer Bauleitplanung beschloss die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin in derselben Sitzung die Satzung über eine Veränderungssperre gemäß § 14 BauGB für das Gebiet des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans Nr. 15 (östlich des Verkehrsweges „…“, ca. 200 m nördlich des Verkehrsweges „…“, ca. 500 m westlich der „…“, nordöstlich der Ortslage …) in der vorliegenden Fassung der Verwaltung (Anlage 9 zum Protokoll). Die Bekanntmachung ist am 30. November 2018 im Internet unter www.amt-mittelangeln.de bereitgestellt sowie in der Zeit vom 30. November bis zum 18. Dezember 2018 in den Bekanntmachungskästen ausgehängt worden. Sie enthielt den Hinweis, dass alle Interessierten die Satzung von diesem Tage an in der Amtsverwaltung des Amtes Mittelangeln während der Sprechstunden einsehen und über den Inhalt Auskunft erhalten können, ferner Hinweise auf den Entschädigungsanspruch gemäß § 18 BauGB und die Rügefristen für Fehler gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3, § 214 Abs. 2 BauGB und gemäß § 4 Abs. 3 GO.

9

Mit Bescheid vom 21. Dezember 2018 lehnte der Kreis Schleswig-Flensburg die Erteilung der beantragten Nutzungsänderungsgenehmigung unter Hinweis auf die Veränderungssperre ab.

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In der Sitzung der Gemeindevertretung der Antragsgegnerin vom 19. November 2020 wurde beschlossen, die Geltungsdauer der Satzung über die Veränderungssperre, rechtswirksam am 8. Dezember 2018, um ein Jahr zu verlängern. Die Bekanntmachung wurde in der Zeit vom 20. bis zum 28. November 2020 in den Bekanntmachungskästen ausgehängt. Sie enthielt den Hinweis, dass alle Interessierten die Satzung von diesem Tage an in der Amtsverwaltung des Amtes Mittelangeln während der Öffnungszeiten für den Publikumsverkehr einsehen und über den Inhalt Auskunft erhalten können und insoweit unter Bezugnahme auf den Erlass des Ministeriums für Inneres, ländliche Räume und Integration zu „Fragen der Öffentlichkeitsbeteiligung in der Bauleitplanung in der Zeit von Maßnahmen zur Eindämmung des SARS-CoV-2“ und unter Angabe einer Telefonnummer einen Hinweis auf die erforderliche vorherige telefonische Terminabsprache. Sie enthielt ferner Hinweise auf den Entschädigungsanspruch gemäß § 18 BauGB und die Rügefristen für Fehler gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3, § 214 Abs. 2 BauGB und gemäß § 4 Abs. 3 GO.

11

Die Antragstellerin hat am 25. November 2019 den vorliegenden Antrag auf Normenkontrolle gestellt. Sie macht geltend, dass die Veränderungssperre unwirksam sei, weil sie unverhältnismäßig in ihre Rechte eingreife. Es sei ein unzulässiges Einzelfallgesetz, da es offenkundig nur das Ziel habe, eine Nutzungsänderung eines Teils des Gebäudes auf ihrem Grundstück in eine Kindertagesstätte oder zu anderen Zwecken, zum Beispiel zu späteren Wohnzwecken gemäß § 2 der Kooperationsvereinbarung zu verhindern. Die jugendhilferechtliche Frage der grundsätzlichen Zulässigkeit einer Kindertagesstätte sei aber im Verfahren nach SGB VIII und im Baugenehmigungsverfahren und nicht durch ein Einzelfallgesetz zu klären. Irgendeinen nachvollziehbaren Grund für eine Änderung des Flächennutzungsplans und damit auch für die Veränderungssperre gebe es nicht. Die Änderung sei schlicht willkürlich und greife in ihr Eigentumsrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG ein. Dies gelte erst recht vor dem Hintergrund der Kooperationsvereinbarung, in der sich die Antragsgegnerin noch verpflichtet habe, zukünftig jedenfalls ihr Einvernehmen mit einer Wohnnutzung zu erteilen. Bezeichnend sei, dass seit Veröffentlichung der Aufstellungspläne im Hinblick auf den Flächennutzungsplan und den Bebauungsplan nichts weiter passiert sei. Hintergrund dürfte sein, dass die Planung der Kindertagesstätte der Gemeinde ungestört abgeschlossen und diese gebaut und dann auch in Betrieb genommen werden solle, ohne einem Wettbewerb ausgesetzt zu sein.

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Die Antragstellerin beantragt,

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die Veränderungssperre der Antragsgegnerin vom 20. November 2018 in der Fassung der 1. Verlängerung vom 19. November 2020 für das Gebiet des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans Nr. 15 (östlich des Verkehrsweges „…“, ca. 200 m nördlich des Verkehrsweges „…“, ca. 500 m westlich der „…“, nordöstlich der Ortslage …) für unwirksam zu erklären.

14

Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

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Sie macht geltend, dass der Antrag unbegründet sei. Der Veränderungssperre liege ein rechtmäßiger Aufstellungsbeschluss zugrunde, der keinen offensichtlichen und nicht behebbaren Mangel habe.

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Der Bebauungsplan Nr. 15 sei im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB städtebaulich erforderlich. Dafür komme es nicht darauf an, ob das mit der Planung verfolgte Ziel, die bestehenden Betriebsstrukturen der Antragstellerin (bestehende Jugendhilfeeinrichtungen sowie die Nutzung als Kinderheim) in ihrem Bestand weitestgehend zu sichern sowie adäquate und bedarfsgerechte Entwicklungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen festzusetzen, der eigenen Planung der Antragstellerin entspreche. Die Historie des Grundstücks zeige, dass für den Bereich des geplanten Bebauungsplans Nr. 15 Jugendhilfeeinrichtungen sowie die Nutzung als Kinderferienheim infrage kämen. Zahlreiche bauliche Änderungen und Erweiterungen in den letzten rund 20 Jahren, offene erschließungstechnische Fragen, etwa hinsichtlich der Entwässerung, sowie die Lage des nicht privilegierten Vorhabens im Außenbereich, für das § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB als Genehmigungsgrundlage entfallen sei, nachdem der prägende Dreiseitenhof als Ensemble durch den Neubau baulicher Anlagen im Jahr 2016 zerstört worden sei, sprächen dafür, das Plangebiet über eine Bauleitplanung zu ordnen. Die Mittel für die Bauleitplanung seien in ihrem Haushalt eingestellt und das mit dem Aufstellungsbeschluss beauftragte Planungsbüro befasse sich mit der Planung, die allerdings recht komplex sei und deshalb leider entsprechende Zeit in Anspruch nehme.

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Mit Schriftsatz vom 13. August 2020 hat die Antragsgegnerin mitgeteilt, dass vorgesehen sei, den Entwurfs- und Aufstellungsbeschluss noch 2020 zu fassen. In einem Schreiben vom 30. Oktober 2020 an den Kreis Schleswig-Flensburg hat die Antragsgegnerin ausgeführt, warum sie eine Bauleitplanung für das Gebiet der Antragstellerin für erforderlich halte und dass die Gemeindevertretung die Errichtung einer KiTa in der Nachbarschaft eines Neubaugebiets und nicht auf dem Gelände der Antragstellerin wünsche. Diese könne den durch ihre Mutter-Kind-Einrichtung entstehenden Bedarf an KiTa-Plätzen über die örtlichen Kindertagesstätten oder ihre eigene Kindertagesstätte im Amtsbereich Langballig decken. Mit Schriftsatz vom 30. März 2021 hat sie mitgeteilt, dass eine erforderliche Ortsbegehung mit dem Kreis in seiner Zuständigkeit als Bauaufsichtsbehörde und eine Klärung der Einordnung des Ensembles mit der Denkmalschutzbehörde noch nicht erfolgt seien. Angesichts der schwierigen Lage aufgrund der Corona-Pandemie sei noch kein Entwurfs- und Auslegungsbeschluss gefasst worden.

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Dass die Planungskonzeption der Antragsgegnerin an dem Standort realisiert werden könne, zeige sich daran, dass auf dem Grundstück bereits Jugendhilfeeinrichtungen und ein Kinderferienheim betrieben würden.

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Es liege auch keine gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 7 BauGB unzulässige Verhinderungsplanung vor, da es Ziel der Planung sei, die bestehenden Betriebsstrukturen der Antragstellerin (bestehende Jugendhilfeeinrichtungen sowie die Nutzung als Kinderferienheim) in ihrem Bestand weitestgehend zu sichern sowie adäquate und bedarfsgerechte Entwicklungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen festzusetzen.

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Das von § 14 Abs. 1 BauGB vorausgesetzte Sicherungsbedürfnis ergebe sich aus der konkreten Gefahr, dass die Antragstellerin im Wege einer geplanten Nutzungsänderung die Planungsabsichten der Antragsgegnerin konterkariere.

22

Nach einem Hinweis des Gerichts auf eine etwaige Unwirksamkeit der Veränderungssperre wegen einer fehlerhaften Ausfertigung hat die Antragsgegnerin geltend gemacht, dass die beiden Blätter der ersten Verlängerung durch eine hinreichende „gedankliche Schnur“ verbunden seien, indem auf dem ersten Blatt auf die anliegende „Übersichtskarte 1. Verlängerung Veränderungssperre“ verwiesen und auf dem zweiten Blatt durch entsprechende Formulierungen ein Zusammenhang der Anlage mit der 1. Verlängerung der Veränderungssperre hergestellt werde. Zudem seien im System Allris die Protokolle der Gemeindevertretersitzungen – nach Genehmigung – nicht mehr änderbar, ohne dass dies in der Datenbank protokolliert werde, was ein nachträgliches Austauschen der Karte erschwere, weil dieses in der Datenbank erkennbar wäre. Für die Ausgangssatzung würden Sitzungsprotokolle in Papierform vorgehalten, die vom Protokollführer und dem Vorsitzenden unterzeichnet worden seien.

23

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Antragsgegnerin ein Schreiben des Ministeriums für Inneres, ländliche Räume, Integration und Gleichstellung vom 18. November 2021 vorgelegt, in dem unter Bezugnahme auf eine mit Schreiben vom 28. Juli 2021 erfolgte Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange gemäß § 4 Abs. 1 BauGB sowie auf eine Stellungnahme des Kreises Schleswig-Flensburg vom 7. September 2021 zur Aufstellung der 12. Änderung des Flächennutzungsplans und des Bebauungsplans Nr. 15 Stellung genommen wird. Sie hat ferner eine Verfahrensübersicht zur Aufstellung der 12. Änderung des Flächennutzungsplans vorgelegt, deren Anlagen die Abstimmung eines Ortstermins im Oktober 2020 bzw. im September 2021 mit dem Kreis Schleswig-Flensburg betreffen sowie die an die Antragstellerin gerichtete Bitte vom 14. Juli und erneut vom 23. September 2021 enthalten, einem Vermessungsingenieur das Betreten des Grundstücks zu gestatten, um die Grundstücksbestände über die Aktenlage hinaus erfassen zu können.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin verwiesen.

Entscheidungsgründe

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1. Der Normenkontrollantrag ist zulässig. Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Gemäß § 47 Abs. 2 VwGO kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift einen Normenkontrollantrag beim Oberverwaltungsgericht stellen. Die Antragstellerin ist als alleinige Eigentümerin des von der Veränderungssperre erfassten Gebiets antragsbefugt. Der am 25. November 2019 gestellte Normenkontrollantrag wahrt die Frist von einem Jahr nach Bekanntmachung der Veränderungssperre schon deshalb, weil die in § 16 Abs. 2 BauGB vorgesehene ortsübliche Bekanntgabe der Veränderungssperre bzw. Ersatzbekanntmachung des Beschlusses der Veränderungssperre durch die Gemeinde nach § 10 Abs. 1 bzw. Abs. 3 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin vom 6. März 2018 durch Aushang an den Bekanntmachungstafeln zu erfolgen hatte und die Bekanntmachung erst am 30. November 2018 ausgehängt worden ist.

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Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis liegt vor. Eine obsiegende Entscheidung kann die Rechtsstellung der Antragstellerin verbessern, da sie eine Nutzungsänderung beabsichtigt und ein Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung unter Hinweis auf die Veränderungssperre abgelehnt worden ist.

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Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt auch nicht deshalb, weil § 3 der Satzung über die Veränderungssperre bestimmt, dass diese am Tage ihrer Bekanntmachung in Kraft und spätestens nach Ablauf von zwei Jahren außer Kraft tritt. Das Normenkontrollverfahren hat sich dadurch nicht durch Zeitablauf erledigt, da die Antragsgegnerin die Geltungsdauer der Veränderungssperre verlängert hat. Es handelt sich bei dieser Verlängerung nicht um eine selbstständige Veränderungssperre, sondern nur um die Verlängerung der Geltungsdauer der ursprünglichen Veränderungssperre. Diese bleibt als Gegenstand des Normenkontrollverfahrens erhalten. Materiell und prozessual sind die ursprüngliche Veränderungssperre und ihre Verlängerung als Einheit anzusehen (Schl.-Holst. OVG, Urteil vom 02.12.2015 – 1 KN 21/14 –, Rn. 24, juris; BVerwG, Urteil vom 19.02.2004 – 4 CN 16.03 –, Rn. 16, juris). Die Satzung über die 1. Verlängerung der Geltungsdauer der Veränderungssperre ist auch rechtzeitig vor Ablauf der Zweijahresfrist in Kraft getreten. Die Veränderungssperre vom 20. November 2018 ist nach den Regelungen der Bekanntmachungsverordnung am 8. Dezember 2018 wirksam geworden und am 7. Dezember 2020 außer Kraft getreten. Die örtliche Bekanntmachung ist nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 BekanntVO im Falle des Aushangs nach § 5 mit Ablauf der Aushangfrist bewirkt. Die Aushangfrist beträgt nach § 5 Abs. 3 BekanntVO eine Woche, wobei Tag des Anschlags und Tag der Abnahme nicht mitgerechnet werden. Bei Aushang der Veränderungssperre am 30. November 2018 war die Bekanntmachung mit Ablauf der einwöchigen Aushangfrist am 7. Dezember 2018 bewirkt; die Veränderungssperre war also vom 8. Dezember 2018 bis zum 7. Dezember 2020 wirksam. Die Satzung über die 1. Verlängerung der Geltungsdauer der Veränderungssperre vom 19. November 2020 ist in der Zeit vom 20. bis zum 28. November 2020 ausgehängt worden und deshalb mit Ablauf des 27. November 2020 rechtzeitig vor Ablauf der Zweijahresfrist in Kraft getreten. Da § 1 der Satzung vom 19. November 2020 unter der Überschrift „Verlängerung der Geltungsdauer“ ausdrücklich bestimmt, dass die Veränderungssperre um ein Jahr verlängert wird, tritt sie trotz der missverständlichen Formulierung in § 3 der Satzung vom 19. November 2020, wonach die Veränderungssperre „nach Ablauf eines Jahres ab Bekanntmachung außer Kraft“ tritt, nicht am 27. November 2021, sondern erst am 7. Dezember 2021 außer Kraft.

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3. Der Antrag ist nicht begründet. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 VwGO begründet, wenn die Satzung ungültig ist, d. h. wenn sie an einem formellen oder materiellen Fehler leidet, der nach den §§ 214, 215 BauGB vom Gericht beachtet werden muss. Das ist hier nicht der Fall.

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Gemäß § 14 BauGB kann die Gemeinde, wenn ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass 1. Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen; 2. erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen. Die Veränderungssperre wird von der Gemeinde als Satzung beschlossen (§ 16 Abs. 1 BauGB).

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a) Die Veränderungssperre und ihre Verlängerung sind formell rechtmäßig.

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aa) Bekanntmachungsfehler sind hinsichtlich der Veränderungssperre vom 20. November 2018 nicht innerhalb der maßgeblichen Fristen (vgl. § 215 Abs. 1 BauGB, § 4 Abs. 3 GO) und hinsichtlich der ersten Verlängerung der Veränderungssperre vom 19. November 2020 nicht bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung geltend gemacht worden. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Die Gemeinde hat die Veränderungssperre ortsüblich bekannt zu machen; sie kann auch ortsüblich bekannt machen, dass eine Veränderungssperre beschlossen worden ist; § 10 Abs. 3 Satz 2 bis 5 BauGB ist entsprechend anzuwenden (§ 16 Abs. 2 BauGB). Gemäß § 10 Abs. 1 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin werden Satzungen der Gemeinde durch Aushang an den Bekanntmachungstafeln bekannt gemacht; gemäß § 10 Abs. 3 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin erfolgen „andere gesetzlich vorgeschriebene öffentliche Bekanntmachungen“, soweit nichts anderes bestimmt ist, ebenfalls in der Form des Absatzes 1, d. h. durch Aushang an den dort genannten sechs Bekanntmachungstafeln. Die entsprechenden Aushänge liegen für die Veränderungssperre und ihre erste Verlängerung vor. Aus ihnen folgt, dass die Antragsgegnerin für die öffentliche Bekanntmachung nicht gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 BauGB den Weg der Ersatzbekanntmachung nach § 10 Abs. 3 BauGB gewählt hat, bei der nur auf die Möglichkeit der Einsichtnahme hingewiesen wird, sondern den Weg der vollständigen Bekanntmachung der Satzung gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 BauGB.

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bb) Beide Satzungen erfüllen die verpflichtenden Voraussetzungen zur Form gemäß § 66 Abs. 1 LVwG. Sie sind in der Überschrift als Satzung gekennzeichnet (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 LVwG), geben mit § 14 Abs. 1, § 16 Abs. 1 BauGB und § 4 GO bzw. § 14 Abs. 1, 16 Abs. 1, 17 Abs. 1 BauGB und § 4 Abs. 1 Satz 1 GO die Rechtsvorschriften an, welche zu ihrem Erlass berechtigen (§ 66 Abs. 1 Nr. 2 LVwG), weisen auf die am 20. November 2018 bzw. 19. November 2020 erfolgte Beschlussfassung der Gemeindevertretung hin (§ 66 Abs. 1 Nr. 3 LVwG), geben das Datum an, unter dem sie ausgefertigt sind (§ 66 Abs. 1 Nr. 4 LVwG, dazu im Einzelnen nachfolgend) und bezeichnen die Gemeinde Mittelangeln als Träger der öffentlichen Verwaltung, der die Satzung erlassen hat (§ 66 Abs. 1 Nr. 5 LVwG).

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Die Veränderungssperre und ihre Verlängerung sind jeweils ordnungsgemäß vor der Bekanntgabe ausgefertigt worden.

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Das hier einschlägige Bundesrecht enthält in den §§ 14 ff. BauGB, insbesondere in § 16 BauGB, keine konkreten Vorgaben, die die Ausfertigung einer Veränderungssperre zu erfüllen hat. Bei Fehlen einfachgesetzlicher Vorschriften des Bundesrechts für den jeweiligen Rechtsbereich ergeben sich die Anforderungen an die Ausfertigung von Landesrecht in erster Linie aus landesrechtlichen Vorschriften (BVerwG, Beschluss vom 04.09.2014 – 4 B 29.14 –, Rn. 5, juris; Beschluss vom 21.06.2018 – 4 BN 34.17 –, Rn. 7, juris).

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Die insoweit im schleswig-holsteinischen Landesrecht aufgestellten Voraussetzungen sind erfüllt. Gemäß § 4 Abs. 2 GO werden Satzungen von der Bürgermeisterin oder dem Bürgermeister ausgefertigt. Gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 4 LVwG müssen Satzungen das Datum angeben, unter dem sie ausgefertigt sind. Weitere Vorgaben zur Ausfertigung enthält das schleswig-holsteinische Landesrecht nicht. Die Bürgermeisterin der Antragsgegnerin hat unter Angabe des Datums 29. November 2018 bzw. 19. November 2020 die Satzung über die Veränderungssperre und die Satzung über die Verlängerung der Geltungsdauer unterschrieben (vgl. die Originale, Beiakte B, Bl. 26 f., Bl. 57 ff.). Damit hat sie bestätigt, dass der von ihr unterschriebene Satzungstext mit dem von der Gemeindevertretung der Antragsgegnerin beschlossenen Satzungstext übereinstimmt. Eines besonderen Ausfertigungsvermerks, das heißt einer Formulierung, die, zum Beispiel durch die Verwendung der Begriffe „ausgefertigt“ oder „Ausfertigung“, zum Ausdruck bringt, dass hiermit die Übereinstimmung der Texte festgestellt werde, bedurfte es für die Annahme einer solchen Bedeutung ihrer Unterschrift nicht (BVerwG, Beschluss vom 04.09.2014 – 4 B 29.14 –, Rn. 5, juris; Schl.-Holst. OVG, Beschluss vom 03.09.2019 – 1 MR 6/17 –, Rn. 50, juris; Schl.-Holst. OVG, Urteil vom 15.03.2007 – 1 LB 20/06 –, Rn. 29, juris; Schl.-Holst. OVG, Urteil vom 07.05.1998 – 1 L 66/96 –, Rn. 62 f., juris). Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Satzung, wie bei einer Veränderungssperre, nur im Rahmen der Ausfertigung unterschrieben wird, und es nicht, wie zum Beispiel bei Bebauungsplänen, eine Verfahrensleiste gibt, innerhalb derer verschiedene Verfahrensschritte durch Unterschrift bestätigt werden (Schl.-Holst. OVG, Urteil vom 23.10.1997 – 1 L 69/97 –, Rn. 27 ff., juris). Es kommt deshalb nicht darauf an, dass ein entsprechender ausdrücklicher Vermerk zur Ausfertigung sich bei der Satzung vom 20. November 2018 nicht im Zusammenhang mit der Unterschrift der Bürgermeisterin, sondern erst nach dem im Anschluss an die Unterschrift abgedruckten Lageplan findet. Dass sich mit der Formulierung „Die vorstehende Satzung wird hiermit ausgefertigt und ist bekannt zu machen“ ein Ausfertigungsvermerk bezüglich der 1. Verlängerung als Satz 4 im fortlaufenden Text des § 3 der Satzung findet und dadurch von dem Beschluss der für die Ausfertigung nicht zuständigen Gemeindevertretung umfasst wird, steht einer wirksamen Ausfertigung deshalb ebenfalls nicht entgegen.

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Dies bedeutet jedoch nicht, dass an die Ausfertigungen von Satzungen keine weiteren Anforderungen zu stellen sind. Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG muss die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern den Grundsätzen des Rechtsstaates im Sinne des Grundgesetzes entsprechen. Das danach in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG für die Länder geltende Rechtsstaatsprinzip verlangt die Identität der anzuwendenden Norm und ihres Inhalts mit dem vom Normgeber Beschlossenen (sog. „Identitätsfunktion", „Beurkundungs- und Gewährleistungsfunktion"; vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.09.2014 – 4 B 29.14 –, Rn. 5, juris; Beschluss vom 04.09.2014 – 4 B 30.14 –, Rn. 5, juris; Beschluss vom 16.05.1991 – 4 NB 26.90 –, Rn. 19, juris; Urteil vom 01.07.2010 – 4 C 4.08 –, Rn. 13, juris; Urteil vom 05.02.2009 – 7 CN 1.08 –, Rn. 23, juris; vgl. auch Schl.-Holst. OVG, Beschluss vom 24.09.2020 – 1 MR 5/20 –, Rn. 37, juris; Schl.-Holst. OVG, Urteil vom 14.05.2020 – 1 KN 5/19 –, Rn. 58, juris; Hess. VGH, Urteil vom 28.04.2021 – A 1208/18 –, Rn. 23 f., juris; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 24.02.2021 – 8 C 10349/20 –, Rn. 48, juris). Aus dieser Beurkundungs- und Gewährleistungsfunktion folgt, dass geprüft werden muss, ob die zu verkündende Fassung der Rechtsnorm mit der vom Normgeber beschlossenen Fassung der Norm übereinstimmt; es muss erkennbar sein, dass der Normgeber die ihm obliegende Prüfung vorgenommen hat (BVerwG, Beschluss vom 04.09.2014 – 4 B 29.14 –, Rn. 5, juris; Urteil vom 01.07.2010 – 4 C 4.08 –, Rn. 15, juris), und zwar vor der Bekanntgabe (st. Rspr. BVerwG, Beschluss vom 27.01.1999 – 4 B 129.98 –, Rn. 5 ff., juris). Die Identität des Normtextes mit dem vom Normgeber Beschlossenen wird dabei durch seine Ausfertigung bestätigt (BVerwG, Beschluss vom 04.09.2014 – 4 B 29.14 –, Rn. 5, juris; Beschluss vom 21.12.2011 – 8 B 72.11 –, Rn. 6, juris; Beschluss vom 16.05.1991 – 4 NB 26.90 –, Rn. 19, juris; Schl.-Holst. OVG, Beschluss vom 03.09.2019 – 1 MR 6/17 –, Rn. 50, juris). Das bloße Herstellen einer gedruckten Fassung einer Rechtsnorm genügt als Ausfertigung nicht (BVerwG, Beschluss vom 04.09.2014 – 4 B 29.14 –, Rn. 5, juris; Urteil vom 01.07.2010 – 4 C 4.08 –, Rn. 15, juris).

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Weitere Vorgaben hinsichtlich der Art und Weise der Prüfung und ihrer Beurkundung bzw. der Geeignetheit eines Nachweises, dass diese Identitätsprüfung stattgefunden hat, gibt das Bundesrecht indessen nicht vor (BVerwG, Beschluss vom 04.09.2014 – 4 B 29.14 –, Rn. 5, juris; Beschluss vom 21.06.2018 – 4 BN 34.17 –, Rn. 7, juris). Die Anforderungen an die Ausfertigung ergeben sich daher ausschließlich aus der beschriebenen Funktion der Ausfertigung im Lichte des Rechtsstaatsprinzips. Es müssen fundamentale Elemente des Rechtsstaats und der Rechtsstaatlichkeit im Ganzen gewahrt bleiben, mithin ein rechtsstaatlich gebotener Mindeststandard, um sicherzustellen, dass Rechtsnormen nicht mit einem anderen als dem vom Normgeber gewollten Inhalt erlassen werden (BVerwG, Urteil vom 05.02.2009 – 7 CN 1.08 –, Rn. 22 f., juris). Bundesrecht lässt deshalb – auch hinsichtlich des jeweiligen Normtypus – Unterschiede zu; es „wacht“ lediglich darüber, ob das Landesrecht überhaupt eine angemessene Kontrolle der Authentizität ermöglicht (BVerwG, Beschluss vom 04.09.2014 – 4 B 29.14 –, Rn. 5, juris).

38

Es ist deshalb keine unverzichtbare Mindestanforderung an eine Ausfertigung, dass eine vom Ausfertigungsorgan unterzeichnete Urkunde als Originalurkunde hergestellt wird (BVerwG, Beschluss vom 04.09.2014 – 4 B 29.14 –, Rn. 5, juris; so aber noch Schl.-Holst. OVG, Urteil vom 14.05.2020 – 1 KN 5/19 –, Rn. 58, juris; Schl.-Holst. OVG, Urteil vom 08.05.1996 – 1 L 158/95 –, Rn. 25, juris; einschränkend „nicht zwingend“ schon Schl.-Holst. OVG, Beschluss vom 24.09.2020 – 1 MR 5/20 –, Rn. 37, juris; vgl. zu dieser Frage auch Schl.-Holst. OVG, Urteil vom 10.06.2021 – 2 KN 2/19 –, Rn. 67 f., juris; Schl.-Holst. OVG, Urteil vom 18.01.2018 – 3 KN 4/14 –, Rn. 37, juris; OVG NRW, Urteil vom 19.11.2015 – 2 D 57.14.NE –, Rn. 53, juris) oder dass sie neben der Authentizität auch die Legalität des Normsetzungsverfahrens bestätigt (BVerwG, Beschluss vom 04.09.2014 – 4 B 29.14 –, Rn. 5, juris; Beschluss vom 27.01.1998 – 4 NB 3.97 –, Rn. 16 ff., juris; Beschluss vom 16.05.1991 – 4 NB 26.90 –, Rn. 19, juris; so aber wohl BVerwG, Beschluss vom 08.05.1995 – 4 NB 16.95 –, Rn. 6, juris; darauf Bezug nehmend Schl.-Holst. OVG, Urteil vom 08.05.1996 – 1 L 158/95 –, Rn. 25, juris; offen gelassen in Schl.-Holst. OVG, Urteil vom 23.10.1997 – 1 L 69/97 –, Rn. 31, juris; zur Bestätigung der Legalität auch Schl.-Holst. OVG, Urteil vom 14.05.2020 – 1 KN 5/19 –, Rn. 58, juris; Schl.-Holst. OVG, Urteil vom 10.06.2021 – 2 KN 2/19 –, Rn. 67, juris; Schl.-Holst. OVG, Urteil vom 03.02.2011 – 4 KN 1/10 –, Rn. 47, juris; ohne Hinweis auf diesen Zweck schon Schl.-Holst. OVG, Beschluss vom 24.09.2020 – 1 MR 5/20 –, Rn. 37, juris). Es muss nicht jeder Bestandteil, der für das Inkrafttreten der Satzung erforderlich ist, gesondert ausgefertigt werden, solange der Inhalt zweifelsfrei feststellbar ist (BVerwG, Beschluss vom 16.05.1991 – 4 NB 26.90 –, Rn. 19, juris). Mit Bundesrecht ist ferner vereinbar, wenn nicht jeder Bestandteil einer Satzung, zum Beispiel ein Text und eine zeichnerische Darstellung, gesondert ausgefertigt werden, sondern durch eindeutige Angaben, tatsächliche Feststellungen oder auch auf andere Weise jeder Zweifel an der Zugehörigkeit des Plans zur Satzung ausgeschlossen wird und damit eine Art „gedankliche Schnur“ hergestellt wird (BVerwG, Beschluss vom 16.05.1991 – 4 NB 26.90 –, Rn. 12, juris; Urteil vom 02.08.2012 – 7 CN 1.11 –, Rn. 31, juris; Urteil vom 31.01.2001 – 6 CN 2.00 –, Rn. 10, juris; Schl.-Holst. OVG, Urteil vom 03.02.2011 – 4 KN 1/10 –, Rn. 47 ff., juris; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 24.02.2021 – 8 C 10349/20 –, Rn. 53, juris, zum Abgrenzungsplan einer Landschaftsschutzgebietsverordnung; Bay. VGH, Beschluss vom 25.01.2021 – 1 ZB 20.409 –, Rn. 8, juris, zum nicht gesondert ausgefertigten Planteil eines Bebauungsplans; OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 13.11.2008 – 11 A 5/07 –, Rn. 25 f., juris). Eine gesonderte Ausfertigung von in der Norm erwähnten Lageplänen kann entbehrlich sein, wenn sie lediglich der Veranschaulichung der bereits im Normtext genau festgelegten Grenzen eines Gebiets dienen (BVerwG, Beschluss vom 26.08.1993 – 7 NB 1.93 –, Rn. 2, juris, zu den Grenzen der Wasserschutzzonen in Lageplänen zu einer Rechtsverordnung). Das Bundesverwaltungsgericht hat die Frage, ob statt auf eine Urschrift auch auf eine Gesamtbetrachtung der übrigen Unterlagen (dort: lose in einer unbeschrifteten Klarsichthülle abgelegter und nicht namentlich oder sonst wie gekennzeichneter mehrblättriger und unverklammerter Papierstapel) abgestellt werden könne, als eine Frage des Einzelfalls und der richterlichen Überzeugungsbildung angesehen und insoweit auch darauf hingewiesen, dass die Vorinstanz auf einen Abgleich des Satzungstextes nach den Unterlagen der beklagten Behörde mit demjenigen, der bei der Aufsichtsbehörde vorgelegt worden sei, abgestellt habe (BVerwG, Beschluss vom 21.12.2011 – 8 B 72.11 –, Rn. 8, juris; kritisch zu bei anderen Behörden archivierten Duplikaten Bay. VGH, Urteil vom 28.04.2017 – 15 N 15.967 –, Rn. 41, juris).

39

Aus Vorstehendem, insbesondere dem nicht bestehenden Erfordernis der Herstellung einer Originalurkunde, folgt, dass die teilweise in der Rechtsprechung, auch der des Senats, aufgestellten Anforderungen an die Ausfertigung gemeindlicher Satzungen, insbesondere die Anforderung, dass bei einer mehrere Seiten umfassenden Satzung entweder alle Einzelteile bzw. Einzelblätter fest miteinander verbunden oder jeweils einzeln ausgefertigt sein müssen und andernfalls eine ordnungsgemäße Ausfertigung nur bei einer hohen Anforderungen genügenden „gedanklichen Schnur“, die die Entnahme oder das Auswechseln von Blättern ohne Substanzverlust unmöglich macht, angenommen werden kann (Schl.-Holst. OVG, Beschluss vom 24.09.2020 – 1 MR 5/20 –, Rn. 37, juris; Bay. VGH, Urteil vom 28.04.2017 – 15 N 15.967 –, Rn. 40, juris; ebenso zur Ausfertigung einer Verordnung Schl.-Holst. OVG, Urteil vom 14.05.2020 – 1 KN 5/19 –, Rn. 60, juris), über den bundesrechtlich gebotenen Mindeststandard hinausgehen. Anders als zum Beispiel die Ausfertigung einer notariellen Urkunde, die im Rechtsverkehr das beim Notar verbleibende Original, die Urschrift, ersetzt, und deshalb besonderen Anforderungen unterliegt (vgl. §§ 47 ff. BeurkG), hat die Ausfertigung der Satzung eine eher vorübergehende Funktion, nämlich die Prüfung, ob die zu verkündende Fassung der Rechtsnorm mit der vom Normgeber beschlossenen Fassung der Norm übereinstimmt. Sollten nach der Verkündung Zweifel auftreten, ob tatsächlich die vom Normgeber beschlossene Fassung der Norm verkündet worden ist, kann im Einzelfall das tatsächlich Beschlossene auch mithilfe anderer Unterlagen als der Ausfertigung festgestellt werden, auch wenn eine strengen Anforderungen genügende Ausfertigung im Interesse der Rechtssicherheit wünschenswert wäre. Insoweit kommen neben oben genannten, bei anderen Behörden vorgelegten Unterlagen auch, wie von der Antragsgegnerin angeführt, vom Vorsitzenden der Gemeindevertretung und vom Protokollführer gemäß § 41 GO zu unterschreibende Niederschriften der maßgeblichen Sitzungen sowie Datenerfassungssysteme, bei denen jede spätere Änderung in der Datenbank protokolliert wird, in Betracht.

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Zwar steht umgekehrt Bundesrecht über diesen Mindeststandard hinausgehenden landesrechtlichen Regelungen bzw. einer entsprechenden Auslegung des Landesrechts nicht entgegen (so BVerwG, Beschluss vom 21.06.2018 – 4 BN 34.17 –, Rn. 7, juris, zur Rechtslage in Bayern; vorgehend Bay. VGH, Urteil vom 28.04.2017 – 15 N 15.967 –, juris); das schleswig-holsteinische Landesrecht bietet aber keinen Anlass, an die Ausfertigung von Satzungen Anforderungen zu stellen, die über die ausdrücklichen Regelungen in § 4 Abs. 2 GO und § 66 Abs. 1 Nr. 4 LVwG sowie den bundesrechtlich gebotenen Mindeststandard hinausgehen, zumal es bereits eines der Ziele des Baugesetzbuchs war, die bundesrechtlichen Verfahrensvorschriften unter Wahrung rechtsstaatlicher Mindestanforderungen auf das unbedingt Notwendige zu beschränken (BVerwG, Beschluss vom 15.04.1988 – 4 N 4.87 –, Rn. 23, juris). Das schleswig-holsteinische Landesrecht ermöglicht im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine angemessene Kontrolle der Authentizität. Die Angabe des Datums gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 4 LVwG stellt sicher, dass die Prüfung, ob die zu verkündende Fassung der Rechtsnorm mit der vom Normgeber beschlossenen Fassung der Norm übereinstimmt, vor der Bekanntgabe der Satzung erfolgt. Mit der Zuständigkeit der Bürgermeisterin bzw. des Bürgermeisters gemäß § 4 Abs. 2 GO ist sichergestellt, dass die erforderliche Prüfung von jemandem durchgeführt wird, bei dem davon ausgegangen werden kann, dass er bei dieser Prüfung ordnungsgemäß vorgehen wird. Der Bürgermeister genießt kraft seines Amtes das Vertrauen, dass er eine ihm vorgelegte Satzung nur dann ausfertigt, d. h. nur dann die Übereinstimmung der ihm vorgelegten Unterlagen mit der von der Gemeindevertretung beschlossenen Satzung bescheinigt, wenn er diese zuvor mit dem Beschluss verglichen hat. Denn der Bürgermeister ist der gesetzliche Vertreter der Gemeinde (§ 51 Abs. 1 GO), bereitet die Beschlüsse der Gemeindevertretung vor, ist für die sachliche Erledigung der Aufgaben verantwortlich (§ 50 Abs. 1 GO) und führt die Beschlüsse aus (§ 55 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2, § 65 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 GO). Ebenso unwahrscheinlich ist es, dass in der in der Regel kurzen Zeit zwischen Ausfertigung und Bekanntmachung andere Mitarbeiter der Verwaltung Bestandteile der Satzung austauschen. Es geht bei den Ausfertigungsanforderungen nicht darum, den Gemeinden zu unterstellen, diese würden ansonsten im Nachhinein durch vorsätzliches strafbares Handeln Seiten beschlossener Satzungen manipulativ austauschen (Bay. VGH, Beschluss vom 25.01.2021 – 1 ZB 20.409 –, Rn. 9, juris). Gegen eine über den vom Bundesverwaltungsgericht formulierten Mindeststandard hinausgehende Ableitung von Anforderungen aus dem Rechtsstaatsprinzip spricht insbesondere, dass damit eine Fallgruppe von Fehlern geschaffen werden würde, die nicht unbeachtlich werden kann. Entsprechende Regelungen gibt es nur für das Landesrecht in § 4 Abs. 3 GO und für Bestimmungen des Baugesetzbuchs in den §§ 214, 215 BauGB mit der Folge, dass Verstöße gegen Verfassungsrecht nicht unbeachtlich werden könnten (vgl. zu dieser Frage Schl.-Holst. OVG, Urteil vom 08.05.1996 – 1 L 158/95 –, Rn. 25, juris)

41

Die Ausfertigungen der streitgegenständlichen Veränderungssperre und ihrer ersten Verlängerung erfüllen, wie oben dargelegt, die landesrechtlichen Voraussetzungen. Sie erfüllen in diesem Einzelfall auch den bundesrechtlichen Mindeststandard.

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Die zum Nachweis der Ausfertigung vorgelegten Blätter des Verwaltungsvorgangs sind auf den ersten Blick nicht geeignet, die Identität von beschlossener und zur Bekanntmachung anstehender Veränderungssperre vom 20. November 2018 zu bestätigen. Es fehlt hier zunächst an einer festen Verbindung der beiden Blätter. Sie sind im Verwaltungsvorgang lose als einzelne Blätter in einer separaten Klarsichtfolie enthalten und im Fortgang des von der Antragsgegnerin für das Normenkontrollverfahren erstellten Verwaltungsvorgangs mit Blatt „000026“ und Blatt „000027“ foliiert. Das erste Blatt enthält den Vorspann zum Satzungsbeschluss, die Angaben zur Rechtsgrundlage für die Satzung und die §§ 1 und 2 der Satzung. Das zweite Blatt enthält den § 3 der Satzung. Es folgt die Unterschrift der Bürgermeisterin begleitet von den Angaben zum Ort und zum Datum der Unterschrift und einem Stempel. Es schließt sich ein mit „Geltungsbereich der Veränderungssperre Nr. 1“ überschriebener Lageplan an. Das Blatt endet mit der Angabe „Die Satzung über die Veränderungssperre, bestehend aus obigem Satzungstext und der anliegenden Planzeichnung wird hiermit ausgefertigt.“ Die zwei Blätter sind nicht verbunden. Die Entnahme oder das Auswechseln von Einzelblättern ohne Substanzzerstörung wäre bei dieser Sachlage problemlos möglich (hierauf haben abgestellt Schl.-Holst. OVG, Beschluss vom 24.09.2020 – 1 MR 5/20 –, Rn. 37, juris; Schl.-Holst. OVG, Urteil vom 14.05.2020 – 1 KN 5/19 –, Rn. 60, juris; Bay. VGH, Urteil vom 28.10.2014 – 15 N 12.1633 –, Rn. 42, juris). Auch sind die einzelnen Blätter nicht jeweils gesondert ausgefertigt. Lediglich das zweite Blatt ist gestempelt und nach § 3 der Satzung unterschrieben. Die Unterschrift umfasst aber nicht den anschließend abgedruckten Lageplan und den im Anschluss an den Lageplan angebrachten Ausfertigungsvermerk.

43

Auch fehlt es bei strenger Betrachtung an einer Verbindung der zwei Blätter des Ausfertigungsoriginals der Veränderungssperre durch eine „gedankliche Schnur“ im genannten Sinne, die die nicht verbundenen Blätter mit hinreichender Bestimmtheit zu einer gedanklichen Einheit verbinden könnte. Die Blätter haben keine Seitenzahlen, sind nicht über eine durchlaufende Kopfleiste verbunden und enthalten keine Hinweise darauf, dass weitere Seiten folgen. Die beiden Seiten der Satzung sind auch nicht mit einem Datum und/oder dem Normtitel versehen. Außerdem endet die erste Seite mit dem Abschluss eines Satzes, der die Fortführung der Satzung auf der folgenden Seite nicht zwingend erforderlich erscheinen lässt bzw. die Möglichkeit offenlässt, dass § 2 der Satzung noch weitere Regelungen enthält.

44

Dennoch finden sich hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die verkündete Norm mit der beschlossenen übereinstimmt und dies geprüft worden ist. Letzteres ergibt sich schon daraus, dass die Bürgermeisterin auf dem zweiten Blatt unterschrieben hat. Es kann – ohne entsprechende Anhaltspunkte – nicht unterstellt werden, dass sie auf einem nur § 3 einer Satzung enthaltenen Blatt unterschreibt, ohne die vorhergehende(n) Seite(n) gelesen zu haben. Der auf der Seite mit der Unterschrift, wenn auch im Anschluss an die Unterschrift, abgedruckte Lageplan stimmt mit der Beschreibung des Geltungsbereichs der Veränderungssperre in dem auf dem ersten Blatt abgedruckten § 1 der Satzung überein. Dieser Geltungsbereich und der Umstand, dass eine Satzung über eine Veränderungssperre beschlossen worden ist, ergeben sich ferner aus dem beglaubigten Auszug aus der Niederschrift über die Sitzung der Gemeindevertretung vom 20. November 2018. Hinzu kommt, dass die Bekanntmachung nicht im Wege der Ersatzbekanntmachung erfolgt ist, bei der nur die Möglichkeit der Einsichtnahme bekanntgemacht wird, sondern die Veränderungssperre vollständig bekanntgemacht worden ist (vgl. zu diesem Gesichtspunkt Bay. VGH, Urteil vom 28.04.2017 – 15 N 15.967 –, Rn. 39, juris). Insoweit kommt Bedeutung auch dem Umstand zu, dass die beiden Blätter der Ausfertigung mit dem Inhalt der unmittelbar danach ausgehängten Bekanntmachung übereinstimmen (vgl. zu diesem Gesichtspunkt auch Schl.-Holst. OVG, Urteil vom 10.06.2021 – 2 KN 2/19 –, Rn. 70, juris). Ein Austausch der ersten Seite in dem kurzen Zeitraum zwischen Ausfertigung und Bekanntmachung erscheint unwahrscheinlich. Hinzu kommt, dass Satzungen über Veränderungssperren typischerweise (nur) aus Regelungen zum Geltungsbereich, zu den Folgen der Veränderungssperre gemäß § 14 Abs. 1 BauGB und zum Inkrafttreten bestehen; Angaben zum Sicherungsbedürfnis finden sich nicht zwingend. Da das zweite Blatt den § 3 der Satzung zum Inkrafttreten enthält, können die auf dem ersten Blatt vorhergehenden beiden Paragraphen bei lebensnahen Überlegungen nur die Regelungen zum Geltungsbereich und zu § 14 Abs. 1 BauGB enthalten. Dadurch ist es zugleich unwahrscheinlich, dass auf die mit einem Punkt abschließende Wiedergabe des Inhalts von § 14 Abs. 1 BauGB in § 2 der Satzung auf der ersten Seite eine weitere Seite mit Regelungen unter § 2 folgt, an die sich dann erst auf einer weiteren Seite § 3 der Satzung anschließt. Dies alles rechtfertigt es, geringere Anforderungen an die gedankliche Schnur als bei einer textlich umfangreichen Satzung zu stellen (vgl. zum Einheften von zwölf losen Blättern mit textlichen Festsetzungen eines Änderungsbebauungsplans in einen Schnellhefter Bay. VGH, Urteil vom 04.08.2017 – 15 N 15.1713 –, Rn. 21, juris). Hinzu kommt, dass es gerade bei Veränderungssperren in der Regel – anders als bei Bebauungsplänen – keine Verwechslungs- und Austauschgefahr im Hinblick auf typischerweise in den Planungsakten vorhandene divergierende Entwurfsfassungen gibt (vgl. zu diesem Gesichtspunkt bei Bebauungsplänen Bay. VGH, Urteil vom 04.08.2017 – 15 N 15.1713 –, Rn. 21, juris). Es können auch keine Zweifel am Geltungsbereich der Satzung entstehen. Denn der in § 1 der Satzung beschriebene Geltungsbereich der Satzung stimmt mit dem schwarz gestrichelten Bereich des Lageplans auf der zweiten Seite überein. Das lässt sich mithilfe der allgemein zugänglichen Karten des in Kooperation zwischen dem Land Schleswig-Holstein und den Kommunen von Schleswig-Holstein erstellten DigitalenAtlasNord (DANord) sowohl anhand der allgemeinen Beschreibung aufgrund der örtlichen Gegebenheiten als auch anhand der Flurstücksbezeichnungen nachvollziehen. Der Geltungsbereich umfasst die Flurstücke 13 und 14 der Flur 3 der Gemarkung Satrup im Gebiet der Antragsgegnerin. Aus letzterem folgt zugleich, dass es einer Ausfertigung des Lageplans nicht bedurfte. Der Geltungsbereich ergibt sich zweifelsfrei aus § 1 der Satzung.

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Auch die Ausfertigung der ersten Verlängerung der Geltungsdauer der Veränderungssperre vom 19. November 2020 erfüllt die bundesrechtlichen Mindeststandards. Sie ist für sich allein geeignet, die Identität von beschlossener und zur Bekanntmachung anstehender Veränderungssperre vom 19. November 2020 zu bestätigen. Es gibt drei Ausfertigungen der Satzung. Sie bestehen jeweils aus zwei Blättern und sind im Verwaltungsvorgang in einer separaten Klarsichthülle enthalten und im Fortgang des von der Antragsgegnerin für das Normenkontrollverfahren erstellten Verwaltungsvorgangs mit Blatt „000057“ und Blatt „000058“, Blatt „000059“ und Blatt „000060“ sowie Blatt „000061“ und Blatt „000062“ foliiert. Das erste Blatt enthält jeweils den Vorspann zum Satzungsbeschluss, die Angaben zur Rechtsgrundlage für die Satzung und die §§ 1 bis 3 der Satzung. Das zweite Blatt enthält nur den Lageplan. Die Unterschrift der Bürgermeisterin folgt, wieder begleitet von den Angaben zum Ort und zum Datum der Unterschrift und einem Stempel, ohne einen Ausfertigungsvermerk auf § 3 der Satzung auf dem ersten Blatt. Es schließt sich die Angabe „Anlage/n: Übersichtskarte 1. Verlängerung Veränderungssperre“ an. Das Blatt mit dem Lageplan enthält innerhalb des Lageplans die Angabe „Anlage zur Satzung der Gemeinde Mittelangeln über die 1. Verlängerung der Veränderungssperre für den Geltungsbereich…“. Es ist nicht ausgefertigt. Die zwei Blätter sind nicht verbunden. Die Entnahme oder das Auswechseln von Einzelblättern ohne Substanzzerstörung wäre bei dieser Sachlage problemlos möglich. Den bundesrechtlichen Voraussetzungen ist hier aber schon dadurch genügt, dass der Textteil der Satzung sich vollständig auf dem von der Bürgermeisterin unterschriebenen Blatt befindet und eine mit § 1 der Veränderungssperre vom 20. November 2018 übereinstimmende eindeutige Beschreibung des Geltungsbereichs der Satzung enthält. Einer Ausfertigung der Anlage mit dem Lageplan bedurfte es deshalb nicht. Das Herstellen mehrerer Ausfertigungen ist unschädlich.

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b) Die Veränderungssperre ist materiell rechtmäßig.

47

Die allgemeinen Voraussetzungen einer Veränderungssperre (§ 14 Abs. 1 BauGB) sind erfüllt. Die Veränderungssperre hat ausweislich § 2 den in § 14 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BauGB vorgesehenen Inhalt. In derselben Sitzung der Gemeindevertretung ist zuvor ein Planaufstellungsbeschluss gefasst worden (§ 14 Abs. 1 Halbsatz 1 BauGB). Fehler hinsichtlich des Beschlussverfahrens sind nicht geltend gemacht worden und sind auch sonst nicht ersichtlich. Der Aufstellungsbeschluss ist wirksam ortsüblich bekannt gemacht worden (§ 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB). Gemäß § 10 Abs. 3 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin erfolgen „andere gesetzlich vorgeschriebene öffentliche Bekanntmachungen“, soweit nichts anderes bestimmt ist, ebenfalls in der Form des Absatzes 1, d. h. durch Aushang an den dort genannten sechs Bekanntmachungstafeln. Die entsprechenden Aushänge liegen vor (Beiakte B, Bl. 11 ff.).

48

Der Planaufstellungsbeschluss erfüllt auch das Erfordernis einer zu sichernden Planung. Die Anforderungen, die im Zeitpunkt des Erlasses einer Veränderungssperre an die Konkretisierung der planerischen Vorstellungen der Gemeinde zu stellen sind, sind mit Rücksicht auf die gemeindliche Planungshoheit gering. Der von der Veränderungssperre flankierte Aufstellungsbeschluss muss lediglich ein Mindestmaß dessen erkennen lassen, was Gegenstand und Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans bzw. der zu erwartenden Bebauungsplanänderung ist und muss erkennen lassen, welchen Inhalt die neue Planung haben soll. Die Gemeinde muss bereits positive planerische Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans so weit entwickelt haben, dass diese geeignet sind, die Entscheidung der Genehmigungsbehörde über die Vereinbarkeit eines Vorhabens mit der beabsichtigten Planung zu steuern (Bay.VGH, Urteil vom 19.12.2019 – 1 N 17.1236 –, Rn. 20, juris, m. w. N.). Insofern muss sie zumindest Vorstellungen über die Art der baulichen Nutzung besitzen, sei es, dass sie einen bestimmten Baugebietstyp nach der Baunutzungsverordnung, sei es, dass sie bestimmte nach den Vorschriften des § 9 Abs. 1 bis 2a BauGB festsetzbare Nutzungen im Blick hat (BVerwG, Urteil vom 19.02.2004 – 4 CN 16.03 –, Rn. 28, juris; Urteil vom 30.08.2012 – 4 C 1.11 –, Rn. 12, juris). Denn sofern positive Vorstellungen über die angestrebte Art der baulichen Nutzung der betroffenen Grundflächen fehlen, ist der Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans noch offen. Die nachteiligen Wirkungen der Veränderungssperre wären – auch vor dem Hintergrund des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG – nicht erträglich, wenn sie zur Sicherung einer Planung dienen sollte, die sich in ihrem Inhalt noch in keiner Weise absehen lässt (BVerwG, Beschluss vom 05.02.1990 – 4 B 191.89 –, Rn. 2, juris). Solche Vorstellungen müssen sich allerdings nicht allein aus der Niederschrift der Ratssitzung ergeben. Zulässig ist darüber hinaus der Rückgriff auf alle erkennbaren Unterlagen und Umstände. Hierzu kann beispielsweise auch die anderen Akten zu entnehmende oder bekannte Vorgeschichte gehören (BVerwG, Beschluss vom 01.10.2009 – 4 BN 34.09 –, Rn. 9, juris). Die gerichtliche Überprüfung einer Veränderungssperre darf indes nicht die Prüfung der Rechtmäßigkeit der zu sichernden Bauleitplanung noch vor deren Zustandekommen vorwegnehmen. Insofern verlangt sie nicht die Prüfung, ob der – noch nicht beschlossene Bebauungsplan – in seinen einzelnen Festsetzungen von einer ordnungsgemäßen und gerechten Abwägung aller betroffenen Belange (vgl. § 1 Abs. 6 und Abs. 7 BauGB) getragen sein wird (BVerwG, Beschluss vom 21.12.1993 – 4 NB 40.93 –, Rn. 2, juris). Als Sicherungsmittel ist die Veränderungssperre allerdings ungeeignet, wenn sich das aus dem Aufstellungsbeschluss ersichtliche Planungsziel im Wege planerischer Festsetzung nicht erreichen lässt, wenn der beabsichtigte Bauleitplan einer positiven Planungskonzeption entbehrt und der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind, oder wenn rechtliche Mängel schlechterdings nicht behoben werden können (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.12.2005 – 4 BN 61.05 –, Rn. 3, juris; Beschluss vom 21.12.1993 – 4 NB 40.93 –, Rn. 3, juris). Insofern ist insbesondere anerkannt, dass eine reine „Negativplanung“ als Grundlage für den Erlass einer Veränderungssperre nicht ausreicht. Eine solche liegt aber nicht schon dann vor, wenn ihr Hauptzweck in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Bauplanerische Festsetzungen sind vielmehr insbesondere dann unzulässig, wenn sich die Planung darin erschöpft bzw. das Konzept einer künftigen Planung sich darauf beschränkt, einzelne Vorhaben auszuschließen. Die Gemeinde darf mit den Mitteln, die ihr insbesondere das Baugesetzbuch und die Baunutzungsverordnung zur Verfügung stellen – und unter Beachtung ihrer Grenzen – grundsätzlich auch städtebauliche Ziele verfolgen, die mehr auf Bewahrung als auf Veränderung der vorhandenen Situation zielen (vgl. Schl.-Holst. OVG, Urteil vom 05.10.2016 – 1 KN 20/15 –, Rn. 44, juris). Ferner ist eine unzulässige „Verhinderungsplanung“ auch dann gegeben, wenn die planerischen Festsetzungen nicht dem wirklichen Willen der Gemeinde entsprechen, sondern nur vorgeschoben sind, um eine andere Nutzung zu verhindern bzw. einen Bauwunsch zu durchkreuzen (BVerwG, Beschluss vom 27.01.1999 – 4 B 129.98 –, Rn. 9, juris; Urteil vom 16.12.1988 – 4 C 48.86 –, Rn. 47, juris; vgl. OVG Rh.-Pf., Urteil vom 20.01.2011 – 1 C 10801/10 –, Rn. 27, juris). Für eine derartige Planung besteht kein Sicherungsbedürfnis im Sinne einer Veränderungssperre.

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Ausgehend von diesen – in der Rechtsprechung des Senats gleichlautend angewandten (vgl. Urteil vom 21.10.2020 – 1 KN 2/19 –, Rn. 33, juris; Urteil vom 05.10.2016 – 1 KN 20/15 –, Rn. 40, juris; Urteil vom 02.12.2015 – 1 KN 21/14 –, Rn. 28, juris; Urteil vom 17.02.2011 – 1 KN 12/10 –, Rn. 19, juris) – Maßstäben ist der Inhalt der zu sichernden Planung zum Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre und auch noch zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die erste Verlängerung hinreichend konkret erkennbar. Nach dem Aufstellungsbeschluss sollen die innerhalb des im Außenbereich liegenden Plangebiets befindlichen baulichen Anlagen inklusive ihrer Nutzungen durch Ausweisung eines sonstigen Sondergebiets gemäß § 11 BauNVO neu gefasst und festgeschrieben werden. Abgesichert werden sollen insbesondere die bestehenden Jugendhilfeeinrichtungen sowie die Nutzung als Kinderferienheim.

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Die Festsetzung eines Sondergebiets im Sinne von § 11 BauNVO ist ein positives Planungsziel. Gemäß § 11 Abs. 1 BauNVO sind als sonstige Sondergebiete solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 BauNVO wesentlich unterscheiden. Maßgeblich ist deren Zweckbestimmung und die Art der Nutzung (§ 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO). Gebiete für Jugendhilfeeinrichtungen und Kinderferienheime gehören nicht zu den in § 11 Abs. 2 Satz 2 BauNVO beispielhaft aufgezählten sonstigen Sondergebieten. Es handelt sich bei ihnen um sonstige Anlagen für soziale Zwecke. Anlagen für soziale Zwecke dienen in einem weiteren Sinn der sozialen Fürsorge und der öffentlichen Wohlfahrt. Es handelt sich um Nutzungen, die auf Hilfe, Unterstützung, Betreuung und ähnliche fürsorgerische Maßnahmen ausgerichtet sind. Typische Beispiele sind Einrichtungen für Kinder und Jugendliche, alte Menschen sowie andere Personengruppen, die (bzw. deren Eltern) ein besonderes soziales Angebot wahrnehmen wollen (BVerwG, Beschluss vom 26.07.2005 – 4 B 33/05 –, Rn. 5, juris; vgl. auch Fickert/Fieseler, BauNVO, 13. Aufl. 2019, Vorbem. §§ 2-9, 12-14 Rn. 14). Anlagen für soziale Zwecke sind nach ihrer Art in den in § 2 bis § 9 BauNVO geregelten Wohngebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässig und in Sondergebieten, die der Erholung dienen im Sinne von § 10 BauNVO nicht zulässig. Da sich ein Gebiet, in dem nur Anlagen für soziale Zwecke festgesetzt sind, von den Baugebieten nach §§ 2 bis 10 BauNVO wesentlich unterscheidet und deshalb über die Festsetzung eines der vertypten Baugebiete nicht realisiert werden könnte, kommt eine Festsetzung als Sondergebiet in Betracht. Das gilt auch unter Berücksichtigung der in § 11 Abs. 2 Satz 2 BauNVO beispielhaft aufgezählten Sondergebiete. Eine auf Jugendhilfeeinrichtungen und Kinderferienheime beschränkte Festsetzung ist im weitesten Sinn mit einem Klinikgebiet vergleichbar. Entsprechend sind Sondergebiete mit Waldbestand für Sport-Freizeit-Schulung, für Menschen mit Behinderungen mit den erforderlichen Nebenanlagen, Institute für Gesundheitswesen oder Behindertendorfgemeinschaften als zulässig angesehen worden (vgl. die Beispiele bei Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Mai 2021, § 11 BauNVO, Rn. 37).

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Im Hinblick darauf, dass entsprechende Einrichtungen nicht im Außenbereich privilegiert sind (vgl. § 35 BauGB), stellt auch die Festschreibung und Absicherung der vorhandenen Nutzung ein positives Planungsziel dar.

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Aus der aktenkundigen Vorgeschichte ergibt sich auch nicht, dass es sich um eine bloße Negativ- oder Verhinderungsplanung handelt. Negative Zielvorstellungen sind allerdings nicht von vorneherein illegitim. Sie können sogar den Hauptzweck einer konkreten Planung bilden. Die Gemeinde darf mit Mitteln, die ihr insbesondere das Baugesetzbuch und die Baunutzungsverordnung zur Verfügung stellen, grundsätzlich auch städtebauliche Ziele verfolgen, die selbst auf eine vollständige Veränderung der vorhandenen Situation abzielen und damit den (künftigen) Ausschluss bislang zulässiger Nutzungen nach sich ziehen. Letztlich ist der Gegensatz von positiven oder negativen Planungszielen wenig hilfreich zur Beantwortung der Frage, wann eine unzulässige Verhinderungsplanung vorliegt (vgl. dazu auch BVerwG, Beschluss vom 18.12.1990 – 4 NB 8.90 –, Rn. 15, juris). Vielmehr ist eine solche erst dann anzunehmen, wenn die konkrete Planung nicht dem planerischen Willen der Gemeinde entspricht, sondern nur vorgeschoben ist, um eine andere Nutzung zu verhindern bzw. einen Bauwunsch zu durchkreuzen (BVerwG, Urteil vom 16.12.1988 – 4 C 48.86 –, Rn. 47, juris; Beschluss vom 27.01.1999 – 4 B 129/98 –, Rn. 9, juris; Schl.-Holst. OVG, Urteil vom 05.10.2016 – 1 KN 20/15 –, Rn. 44, juris; Schl.-Holst. OVG, Urteil vom 21.10.2020 – 1 KN 2/19 –, Rn. 35, juris).

53

Aus der Akte, namentlich aus ihrem Nutzungsänderungsantrag vom 18. September 2018, ergibt sich deutlich, dass die Antragstellerin beabsichtigt, im Plangebiet eine Kindertagesstätte zu errichten und dass ihr das als Ergänzung ihrer bisherigen Einrichtung wichtig ist. Auch ist ersichtlich, dass die Antragsgegnerin zwar ebenfalls die Errichtung einer Kindertagesstätte anstrebt, hierfür aber eine näher an der allgemeinen Wohnbebauung, hier einem Neubaugebiet, liegende Örtlichkeit bevorzugt. Eine dem Aufstellungsbeschluss entsprechende Planung würde also dem Vorhaben der Antragstellerin entgegenstehen und entsprechend ist ein Bauantrag unter Verweis auf die Veränderungssperre abgelehnt worden.

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Allein der zeitliche Kontext von Bauantragstellung und eingeleiteter Bauleitplanung nebst Erlass der Veränderungssperren führt hier aber nicht zur Annahme einer Verhinderungsplanung. Es ist in der Rechtsprechung auch des Senats (vgl. Schl.-Holst. OVG, Urteil vom 21.10.2020 – 1 KN 2/19 –, Rn. 36, juris; Schl.-Holst. OVG, Urteil vom 05.10.2016 – 1 KN 20/15 –, Rn. 45, juris) anerkannt, dass eine Bauleitplanung ihren Ausgang in einem Bauantrag betroffener Grundstückseigentümer nehmen kann und die Antragsgegnerin als planende Gemeinde einen solchen zum Anlass nehmen darf, um ihre städtebaulichen und planerischen Vorstellungen in Bebauungsplänen festzuschreiben. Eine zunächst nur auf die Verhinderung einer – aus der Sicht der Gemeinde – Fehlentwicklung gerichtete Planung kann einen Inhalt haben, der rechtlich nicht zu beanstanden ist (BVerwG, Beschluss vom 18.12.1990 – 4 NB 8/90 –, Rn. 16, juris). Die Überlegung, den Standort der Jugendhilfeeinrichtung der Antragstellerin planerisch abzusichern und eine Kindertagesstätte nicht im Außenbereich, sondern wohngebietsnah, insbesondere in der Nähe eines Neubaugebiets, in dem typischerweise Familien mit Kindern wohnen, zu errichten, ist nicht willkürlich, sondern plausibel.

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Ein Indiz für eine unzulässige Verhinderungsplanung folgt auch nicht daraus, dass das Planaufstellungsverfahren nach Aktenlage seit Erlass der Veränderungssperre im November 2018 abgesehen von der öffentlichen Anhörung im Januar 2019 bis Juni 2021 keinen nach außen sichtbaren Fortgang mehr genommen hat und erst im Juli 2021 mit der Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, der Einbeziehung der Antragstellerin im Hinblick auf eine Vermessung der Grundstücke und erneuten Versuchen, einen Ortstermin mit dem Kreis abzustimmen, „Fahrt aufgenommen“ hat. Dies folgt im Umkehrschluss aus der Regelung der ersten Verlängerung in § 17 Abs. 1 Satz 3 BauGB. Danach kann die Frist von zwei Jahren, nach der die Veränderungssperre außer Kraft tritt, um ein Jahr verlängert werden. Über die Anforderungen an den erstmaligen Erlass einer Veränderungssperre hinausgehende materiell-rechtliche Anforderungen an die erste Verlängerung einer Veränderungssperre sieht das Gesetz nicht vor. Erst für die weitere Verlängerung ist gemäß § 17 Abs. 2 BauGB Voraussetzung, dass besondere Umstände die Verlängerung erfordern. Für die erste Verlängerung ist unerheblich, ob es im Bebauungsplanverfahren zu Verzögerungen gekommen ist und ob die Gemeinde solche Verzögerungen zu verantworten hat. Eine erste Verlängerung ist auch dann grundsätzlich zulässig, wenn innerhalb der Laufzeit der verlängerten Veränderungssperre das Bauleitplanungsverfahren voraussichtlich nicht abgeschlossen werden kann. Es ist die offensichtliche Absicht des Gesetzgebers, die Gemeinde innerhalb von drei Jahren, für welche eine Veränderungssperre und eine erste Verlängerung beschlossen werden kann, nicht unter den Zwang zu stellen, ihre Arbeitsweise nach Zeit und Intensität näher rechtfertigen zu müssen; der Gesetzgeber hat den mittelbaren Zwang als ausreichend angesehen, dass bei einer erneuten Verlängerung besondere Umstände im Sinne von § 17 Abs. 2 BauGB wegen einer sachwidrigen Verzögerung im Planaufstellungsverfahren fehlen können (BVerwG, Beschluss vom 08.01.1993 – 4 B 258.92 –, Rn. 8 f., juris). Das Bundesverwaltungsgericht hat in der vorgenannten Entscheidung offengelassen, ob der Gemeinde im Einzelfall eine missbräuchliche Ausnutzung der ihr eingeräumten Möglichkeiten vorgehalten werden kann und welche Rechtsfolgen dies haben kann. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin liegt eine solche missbräuchliche Ausnutzung nicht vor. In den Haushaltsplan der Gemeinde Mittelangeln sind seit dem Jahr 2019 Gelder für im Zusammenhang mit der Planung entstehende Aufwendungen, insbesondere Honorare eingestellt. Ausweislich der Niederschrift über die öffentliche Anhörung, die am 14. Januar 2019 in der Amtsverwaltung Mittelangeln stattgefunden hat, war ein Mitarbeiter einer Ingenieurgesellschaft anwesend, der den Anwesenden die aktuelle Planung und den Verfahrensstand erläutert hat. Die Antragsgegnerin hat nachvollziehbar dargelegt, dass noch Abklärungen mit der Bauaufsichts- und der Denkmalschutzbehörde erforderlich seien und die Covid-19-Pandemie zu Verzögerungen geführt habe. Zudem ergibt sich aus den im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen, insbesondere der Beteiligung nach § 4 Abs. 1 BauGB, ein Fortgang des Planaufstellungsverfahrens. Die gegenteiligen Vermutungen der Antragstellerin zu einem missbräuchlichen Vorgehen der Antragsgegnerin greifen schon deshalb nicht durch, weil es bereits Gegenstand der Kooperationsvereinbarung war, dass eine Kindertagesstätte nach den Vorstellungen der Gemeinde und nicht nach den Vorstellungen der Antragstellerin errichtet werden sollte.

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Dem angedachten Bebauungsplan fehlt es auch nicht an der nach § 1 Abs. 3 BauGB erforderlichen Planrechtfertigung. Danach haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Das kann zu verneinen sein, wenn von vornherein feststeht, dass die Planung nicht umsetzbar, d. h. der Bebauungsplan vollzugsunfähig ist (Schl.-Holst. OVG, Urteil vom 15.03.2018 – 1 KN 4/15 –, Rn. 45, juris; Bay. VGH, Urteil vom 18.01.2017 – 15 M 14.2033 –, Rn. 31, juris; OVG Saarl., Urteil vom 28.01.1997 – 2 M 2/96 –, Rn. 25 f., juris). Daran fehlt es hier schon deshalb, weil die Planung gerade der Absicherung des Bestandes dient.

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Nicht maßgeblich ist zum derzeitigen Zeitpunkt, ob die zu sichernde Planung abwägungsfehlerfrei möglich sein wird. Dem Erlass der Veränderungssperre liegt noch keine Abwägungsentscheidung im eigentlichen Sinne des § 1 Abs. 7 BauGB zugrunde. Die von der Antragstellerin geltend gemachten abwägungsrelevanten Belange, insbesondere ihr Interesse an einer Entwicklung ihres Standorts einschließlich der Bedeutung der mit der Antragsgegnerin 2015 geschlossenen Kooperationsvereinbarung, werden Gegenstand des Planaufstellungsverfahrens sein. Die Antizipation des Abwägungsergebnisses eines erst noch zu beschließenden Bebauungsplans und seine Einordnung bereits jetzt als ersichtlich abwägungsdefizitär ist nicht möglich und damit auch nicht Gegenstand des vorliegenden Prüfprogramms (BVerwG, Beschluss vom 21.12.1993 – 4 NB 40.93 –, Rn. 2, juris).

58

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.

59

Die Revision ist mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht zuzulassen.


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