Beschluss vom Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken (Senat für Familiensachen) - 2 WF 213/20

Gründe

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1. Auf die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts -Familiengericht- Ludwigshafen am Rhein vom 24. September 2020 geändert:

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Der Verfahrenswert wird auf 99.888,12 € festgesetzt. Der Mehrwert des Vergleichs beträgt 6.000,00 €.

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Die Antragstellerin hatte im Verfahren Az.: 5b F 294/04 des Amtsgerichts -Familiengericht- Ludwigshafen am Rhein zunächst als Folgesache im Scheidungsverbund Ehegattenunterhalt geltend gemacht und am 10. Januar 2008 neben einem ergänzenden Auskunftsantrag hilfsweise Zahlungsantrag über Unterhaltsansprüche in Höhe von monatlich 3.066,76 € + 450,00 € = 3.516,76 € gestellt, auf den das Familiengericht in die Leistungsstufe überging. Nach Versterben des Antragsgegners am 17. Juni 2009 stellte die Antragstellerin am 28. August 2009 Antrag auf Aussetzung des Verfahrens nach § 246 ZPO zum Zwecke der späteren Fortführung des Unterhaltsverfahrens gegen die Erben. Auf die Beschwerde gegen den ablehnenden Beschluss des Familiengerichts vom 28. September 2009 wurde das Verfahren mit Beschluss des Senats vom 5. Juli 2011 (Az.: 2 WF 101/11) ausgesetzt. Mit Schriftsatz vom 17. September 2015 stellte die Antragstellerin Antrag auf Aufnahme des Verfahrens wegen nachehelichen Unterhalts gegen die Erbinnen. Mit Schriftsatz vom 27. November 2015 wurde der Unterhaltsanspruch für die Zeit ab 1. Juli 2009 geltend gemacht. Durch gerichtlich protokollierten Vergleich vom 24. August 2020 verpflichteten sich die Antragsgegnerinnen, auf den Unterhaltsanspruch 95.000,00 € an die Antragstellerin zu zahlen sowie den Fahrzeugbrief für ein im Besitz der Antragstellerin befindliches Mercedes Benz CLK Cabriolet herauszugeben. Hinsichtlich der Herausgabe der Fahrzeugpapiere wurde antragsgegnerseits ein Wert von 6.000,00 € vorgeschlagen, dem die Antragstellerin nicht widersprach.

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Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Familiengericht den Verfahrenswert auf 42.201,12 € (3.516,76 x12) und den Mehrwert auf 6.000,00 € festgesetzt. Ziel der Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin ist die Festsetzung eines Verfahrenswertes von mindestens 80.000,00 € unter Berücksichtigung von Unterhaltsrückständen oder eine Erhöhung des Mehrwertes um die Differenz aus Zahlbetrag und Verfahrenswert der Unterhaltsforderung.

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Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere nach den §§ 32 Abs. 2 Satz 1 RVG, 59 Abs. Abs. 1 Satz 1 FamGKG auch wegen Erreichens der Mindestbeschwer statthaft und nach § 55 Abs. 3 Satz 2, Abs. 1 Satz 5, § 57 Abs. 4 Satz 1 1. HS, § 8 FamGKG form- und fristgerecht eingelegt.

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Sie hat auch in der Sache Erfolg:

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Bei der Neufestsetzung ist der Senat an die Beschwerdeangriffe nicht gebunden, § 55 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Var. 2 FamGKG.

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Die Wertfestsetzung erfolgt nach den für Unterhaltssachen nach § 231 FamFG geltenden Vorschriften des § 51 Abs. 1 und 2 FamGKG (BeckOK Kostenrecht-Neumann, 31. Edition 01.09.2020 Vorbemerkung, im Folgenden soweit nicht anders gekennzeichnet zitiert nach beck-online). Auch Ansprüche nach Auflösung der Ehe gemäß § 1586b BGB sind Unterhaltssachen i.S.v. § 231 Abs. 1 Nr. 2 FamFG (Bömelburg in Prütting/Helms 5. Auflage 2020 § 231 FamFG Rz. 11 zitiert nach juris, MüKo-Maurer 8. Auflage 2019 § 1586b BGB Rz. 3).

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Maßgeblich für die Wertberechnung ist hier der Antrag vom 27. November 2015.

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Der Anspruch auf Nachehelichenunterhalt (für den Fall der Scheidung) und der als Erbersatzanspruch ausgestaltete Unterhaltsanspruch nach § 1933 Satz 3 BGB sind verschiedene Ansprüche (vgl. Heiß&Heiß in Heiß/Born Unterhaltsrecht Juli 2020 4. Kapitel Rz. 39, MüKo aaO Rz. 5). Wurde der Unterhaltsanspruch bis zum Tode des zum Unterhalt verpflichteten Erblassers nicht tituliert, kann der Unterhaltsberechtigte vom Erben die Titulierung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs verlangen und ggf. im Wege eines Erstantrags gerichtlich geltend machen (Siede/Kleinbauer in Beck-online Großkommentar 01.11.2020 § 1586b BGB Rz. 72). Wegen des Beteiligtenwechsels und der weggefallenen Bedingung der Ehescheidung ist eine Antragsänderung erforderlich (Weber in Keidel § 131 FamFG 20. Auflage 2020 Rz. 9c). Infolge zulässiger Klageänderung verliert der ursprüngliche Antrag seine Bedeutung und kostenrechtlich wird die Anhängigkeit des neuen Anspruchs von Anfang an fingiert (MüKo-Becker-Eberhardt, § 263 ZPO 6. Auflage 2020 Rz. 100). Der über den geänderten Verfahrensgegenstand gestellte Antrag bestimmt somit die Wertfestsetzung.

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So liegt der Fall hier. Auf den im Verbundverfahren gestellten Antrag vom 10. Januar 2008 ist nie eine Titulierung des nachehelichen Unterhalts erfolgt. Im nach Wiederaufnahme fortgeführten Unterhaltsverfahren hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 27.11.2015 Antrag auf Zahlung von Unterhalt in Form des Erbersatzanspruchs gegen die Erbinnen ab 01.07.2009, dem Monat nach Versterben des ursprünglichen Antragsgegners, gestellt. Für diesen Antrag war der Verfahrenswert

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- gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 FamGKG aus den beantragten Unterhaltsbeträgen für die 12 Monate ab November 2015 bis Oktober 2016 = 12x922,51 € = 11.070,12 €

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- zuzüglich der ab dem 01.07.2009 bis einschließlich 31. Oktober 2015 aufgelaufenen Unterhaltsrückstände nach § 51 Abs. 2 Satz 1 FamGKG von insgesamt 81.193,00 €

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- zuzüglich des Betrages für die Selbstbeteiligung an den Kosten für Krankenversicherung von 7.625,00 € nach § 35 FamGKG mit insgesamt 99.888,12 € zu errechnen.

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Bezüglich der Regelung der Eigentumsverhältnisse an dem Fahrzeug hat die Antragstellerseite keine Einwände gegen den auf die Verfügung vom 28. August 2020 von Antragsgegnerseite vorgetragenen geschätzten realen Verkaufswert von 6.000,00 € erhoben und solche mit der Beschwerde ebenfalls nicht geltend gemacht.

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2. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet, § 59 Abs. 3 FamGKG.

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