Beschluss vom Verwaltungsgericht Ansbach - AN 17 E 20.00981

Tenor

1. Die Anträge werden abgelehnt.

2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

3. Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung der Antragsgegnerin, die Bauarbeiten auf dem Grundstück des Beigeladenen durch eine sofort vollziehbare bauaufsichtliche Verfügung vorläufig einzustellen und dem Beigeladenen die Nutzung seines Grundstückes zu Wohnzwecken mit einer sofort vollziehbaren Anordnung vorläufig zu untersagen.

Streitgegenständlich ist ein zwei- bis dreigeschossiges Fabrikgebäude der Gebäudeklasse 3 mit einer Gesamtlänge von etwa 30 Metern auf dem Grundstück Flurnummer … der Gemarkung … mit der Adresse …, … Gebäude und Grundstück befinden sich im unbeplanten Innenbereich. Das Gebäude ist insofern dreigeteilt, als dass der mittlere Gebäudeteil sich über drei Stockwerke (Erdgeschoss, Obergeschoss, Dachgeschoss) erstreckt und mit einem Walmdach mit jeweils drei Dachgauben pro Seite abschließt und die sich nordwestlich bzw. südöstlich anschließenden Gebäudeteile je nur über ein Erdgeschoss und ein Obergeschoss verfügen, welches mit einem Flachdach abschließt. Das Flachdach liegt jeweils etwa auf der Höhe des Bodens des Dachgeschosses des Mitteltraktes. Der Mitteltrakt misst ausweislich der Schnittzeichnung mit Datum 28. April 2014 und 8. Juni 2015 als Teil der mittlerweile aufgehobenen Baugenehmigung für das streitgegenständliche Gebäude vom 15. Dezember 2016 vom Erdgeschoss bis zum Boden des Dachgeschosses etwa 6,47 Meter, vom Erdgeschoss bis zum Schnittpunkt der Außenwand mit der Dachhaut etwa 7,67 Meter, vom Schnittpunkt der Außenwand mit der Dachhaut bis zum Dachfirst etwa 4,40 Meter, wobei die Dachneigung 47 Grad beträgt; hinsichtlich der Dachgauben sind keine Maßangaben enthalten. Das Gebäude wurde in seiner Geschichte unterschiedlich genutzt, früher als Druckerei, Mitte 1970 bis 1982 durch das Arbeitsamt … und das Fernmeldeamt … sowie als Fitnessstudio und zuletzt befristet bis Ende August 2002 als Asylbewerberunterkunft. Der Beigeladene ist Eigentümer des genannten Grundstücks. Die Antragsteller sind (Mit) Eigentümer bzw. Nießbraucher der unmittelbar angrenzenden Grundstücke mit den Flurnummern … (östlich) und … (nordwestlich) der Gemarkung … Das Gebäude des Beigeladenen auf der Flurnummer … und das antragstellerische Gebäude auf der Flurnummer … stoßen im ersten Obergeschoss in einem Winkel von etwa 90 Grad unmittelbar auf der gemeinsamen Grundstücksgrenze aufeinander, wobei die grenzständige Außenwand des Gebäudes der Antragsteller (Flurnummer …*) die des Beigeladenengebäudes auf Höhe des ersten Obergeschosses (Flurnummer …*) nach Nordosten hin überragt. Im Erdgeschoss kragt das Gebäude des Beigeladenen auf der Nordostseite im Norden auf die gemeinsame Grundstücksgrenze mit dem Antragstellergrundstück, Flurnummer … (nordöstlich des Beigeladenengrundstücks Flurnummer … gelegen), aus auf einer Länge von etwa 10 Metern (Vorbau). Im Übrigen besteht zwischen dem Gebäude des Beigeladenen (Flurnummer …*) und der Grundstücksgrenze zum nordöstlich angrenzenden Antragstellergrundstück (Flurnummer …*) ein Abstand von wenigstens 2,50 Metern (max. 2,72 Meter), der sich in südlicher Richtung mit Abknicken der Grundstücksgrenze zur Bahnstrecke hin auf Höhe der beiden südlichsten Fenster der Nordostseite auf unter 2,50 Meter verengt.

Im Grundbuch des Amtsgerichts … (Band 420, Blatt 13554) ist zu Lasten des Grundstücks der Antragsteller mit der Flurnummer … in der Abteilung 2 ein Geh- und Fahrtrecht eingetragen:

„Am ganzen Grundstück:

Geh- und Fahrtrecht für die jeweiligen Eigentümer des Grundstücks FlNr. … Gemäß Bewilligung vom 24. März und 8. April 1909 eingetragen am 14. April 1909 und hierher übertragen am 23.02.1989.“

In den Akten (Blatt 88) zum bereits entschiedenen Verfahren betreffend dasselbe Grundstück wie hier (AN 17 K 17.00172) ist eine Übersetzung der diesbezüglichen Bewilligung aus dem Jahre 1909 enthalten. Unter V. heißt es:

„Der Verkäufer räumt für sich und seine Besitznachfolger dem Käufer und dessen Nachfolgern hiermit das Recht ein, zu dem Kaufsobjekt durch die Durchfahrt, welche sich unter dem auf Pl.Nr. … stehenden Ziegeleigebäude (findet lies,) befindet, dauernd und unentgeltlich zu gehen und zu fahren. Eintrag dieser Dienstbarkeit im Hypothekenbuch auf dem Blatt des herrschenden und dienenden Grundstücks wird schon jetzt beantragt.“

Ebenso ist zu Lasten des Grundstücks mit der Flurnummer …, welches im Eigentum der Stadt … steht, östlich an das Grundstück der Antragsteller mit der Flurnummer … anschließt und die Verbindung zur öffentlichen … herstellt, in Abteilung 2 ein Geh- und Fahrtrecht zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers der Flurnummer … eingetragen (Grundbuch des Amtsgerichts …, Band 420, Blatt 18448).

Der Beigeladene beabsichtigte in das Gebäude fünf Wohnungen einzubauen und Teile des Erdgeschosses als Lagerraum zu nutzen und beantragte hierfür eine Baugenehmigung, die ihm durch die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 15. Dezember 2016 erteilt wurde. Gegen diese Baugenehmigung haben die Antragsteller mit am 26. Januar 2017 eingegangenem Schriftsatz Klage vor dem Verwaltungsgericht Ansbach erhoben (AN 17 K 17.00172) und später mit Schriftsatz vom 17. Dezember 2018 einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt. Der Eilantrag wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 31. Januar 2019 (AN 17 S 18.02454) abgelehnt. Auf die Beschwerde der Antragsteller hin ordnete der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) mit Beschluss vom 16. Juli 2019 (9 CS 19.374) unter entsprechender Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 31. Januar 2019 die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage vom 26. Januar 2017 an. Mit mittlerweile rechtskräftigem Urteil vom 5. März 2020, den Beteiligten jeweils zugestellt am 2. Juni 2020, hob das Verwaltungsgericht Ansbach die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 15. Dezember 2016 auf. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass zum einen die Baugenehmigung hinsichtlich einer beantragten Abweichung nach Art. 63 BayBO zu unbestimmt gewesen sei und gegen Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG verstoßen habe. Der Beigeladene habe in seinem Bauantrag (Nr. 26.1. des Brandschutznachweises) eine Abweichung von der Vorgabe des Art. 28 Abs. 6 BayBO hinsichtlich der - laut eingereichtem Bauplan - beiden am nördlichsten liegenden Fenster im ersten Obergeschoss auf der Nordostseite seines Gebäudes, in Richtung des Grundstücks der Antragsteller mit der Flurnummer …, beantragt, da im Bereich des etwa rechtwinkligen Aufeinandertreffens des Gebäudes des Beigeladenen (auf Flurnummer …*) mit dem nordwestlich angrenzenden Gebäude der Antragsteller (auf Flurnummer …*) die östliche Außenwand des Beigeladenengebäudes (Flurnummer …*) nicht auf einer Länge von fünf Metern als öffnungslose hochfeuerhemmende Wand ausgebildet gewesen sei. Jedoch habe die Antragsgegnerin die so beantragte Abweichung im Tenor des Baugenehmigungsbescheids vom 15. Dezember 2016 nicht behandelt und sich in der Bescheidsbegründung nur mit dem an nördlichsten liegenden Fenster beschäftigt, jedoch nicht mit der südlich daran angrenzenden und teilweise noch im Fünf-Meter-Bereich liegenden Fensteröffnung. Daher sei für die Antragsteller nicht erkennbar gewesen, inwieweit sie in dem nachbarschützenden Belang einer über fünf Meter öffnungslos auszubildenden Brandwand des Art. 28 Abs. 6 BayBO betroffen gewesen seien. Eine inhaltliche Prüfung des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 63 BayBO für die Erteilung einer Abweichung von den Vorgaben des Art. 28 Abs. 6 BayBO erfolgte diesbezüglich nicht. Des Weiteren stützte das Verwaltungsgericht seine Aufhebungsentscheidung auf die durch die Baugenehmigung vom 15. Dezember 2016 erteilten Abweichungen nach Art. 63 BayBO vom Grundsatz der öffnungslosen Brandwand nach Art. 28 Abs. 8 Satz 1 BayBO: Zum einen hinsichtlich des Windfangs im südlichen Abschnitt auf der Nordostseite des Beigeladenengebäudes, welcher laut Bauantragsunterlagen eine Öffnung Richtung Süden und eine Tür Richtung Nordosten aufwies und der sich als Teil der Gebäudeabschlusswand innerhalb eines Abstandes von weniger als 2,50 Metern zur Grundstücksgrenze zur Flurnummer … befand. Zum anderen hinsichtlich der beiden südlichsten Fensteröffnungen auf der Nordostseite im ersten Obergeschoss und zwar jeweils auf Grund einer fehlerhaften Ermessensausübung im Rahmen der Prüfung des Art. 63 BayBO. Es seien jeweils keine für eine Abweichung von Art. 28 Abs. 8 BayBO erforderlichen herausgehobenen öffentlichen oder privaten Belange angeführt worden, die eine Zurückstellung des drittschützenden Ziels der öffnungslosen Brandwand rechtfertigen könnten und zudem sei nicht erwogen worden, dass aufgrund der regellosen Umgebungsbebauung Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO zugunsten einer Bebauung auf dem Nachbargrundstück (Flurnummer …*) einschlägig sein könnte. Zur grundsätzlichen (Un-)Zulässigkeit einer Wohnnutzung traf das Verwaltungsgericht keine Feststellungen.

Derzeit wird das Anwesen zu Wohnzwecken genutzt, sowohl durch den Beigeladenen selbst, als auch durch weitere Personen. Nach unwidersprochenem Vortrag der Antragsteller sollen vier Familien mit Kindern dort wohnen.

Mit E-Mail vom 22. Juli 2019, nach der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage durch den BayVGH vom 16. Juli 2019, forderte der Bevollmächtigte der Antragsteller die Antragsgegnerin auf, zu überprüfen, inwieweit die Bauarbeiten auf dem Grundstück des Beigeladenen eingestellt worden seien und ob eine ausreichende Absicherung der Baustelle auch unter dem Gesichtspunkt des Brandschutzes erfolgt sei. Die Antragsgegnerin übersandte mit E-Mail vom 30. September 2019 u.a. an den Antragstellerbevollmächtigten eine Nachricht von ihr an den Beigeladenen, in der diesem mitgeteilt wurde, dass die Bauarbeiten grundsätzlich nicht mehr weitergeführt werden dürften, lediglich notwendige Erhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen am Dach seien erlaubt.

Mit weiterer E-Mail des Antragstellerbevollmächtigten vom 8. Oktober 2019 an die Antragsgegnerin teilte dieser mit, dass das Gebäude auf dem Grundstück des Beigeladenen weiter bewohnt sei und auch Umbauarbeiten vorgenommen würden.

Mit E-Mail vom 18. Oktober 2019 teilte die Antragsgegnerin mit, dass sie nach einer Ortseinsicht von einem deutlich höheren Instandsetzungsaufwand für das Dach ausgehe und den Bauherr unter Fristsetzung aufgefordert habe, die Dachkonstruktion statisch untersuchen zu lassen.

Am 28. April 2020 wies der Antragstellerbevollmächtigte die Antragsgegnerin in einer E-Mail darauf hin, dass das Verwaltungsgericht die Baugenehmigung des Beigeladenen aufgehoben habe und damit feststehe, dass eine rechtswidrige Nutzung ausgeübt werde, was auch zu einer nicht hinnehmbaren Brandgefahr führe. Er forderte die Antragsgegnerin auf, die Bauarbeiten unverzüglich einzustellen und die Nutzung zu untersagen binnen 14 Tagen, andernfalls man sich eine Klage vorbehalte. Die Antragsgegnerin erwiderte hierauf mit E-Mail vom 28. April 2020, dass erst die Urteilsbegründung abgewartet werde. Der Antragsteller zu 2) schrieb der Antragsgegnerin mit E-Mail vom 15. Mai 2020, dass momentan im Anwesen des Beigeladenen Innenausbauarbeiten vorgenommen würden. Mit E-Mail ebenfalls vom 15. Mai 2020 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller zu 2) und dessen Bevollmächtigtem mit, dass eine Nutzungsuntersagung erst nach Begründung der gerichtlichen Entscheidung („Entscheidung des BayVGH“) geprüft werde. Seit einer Mitteilung des Antragstellers zu 2) aus dem vergangenen Jahr sei das Anwesen des Beigeladenen immer wieder stichprobenartig kontrolliert worden, ohne dass laufende Bauarbeiten hätten festgestellt werden können.

Mit am 25. Mai 2020 beim Verwaltungsgericht Ansbach eingegangenem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten haben die Antragsteller Klage gegen die Antragsgegnerin auf deren Verpflichtung zur Einstellung der Bauarbeiten auf dem Grundstück des Beigeladenen sowie zum Ausspruch einer Nutzungsuntersagung zu Wohnzwecken erhoben (AN 17 K 20.00982). Zusammen mit der Klage haben sie einen Antrag nach § 123 VwGO gestellt, gerichtet auf die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur vorläufigen und sofort vollziehbaren Einstellung der Bauarbeiten sowie zur vorläufigen und sofort vollziehbaren Nutzungsuntersagung zu Wohnzwecken bezüglich des Anwesens des Beigeladenen. Zur Begründung führen sie aus, dass laut eidesstattlicher Versicherung der Antragsteller vom 20. Mai 2020 im Gebäude des Beigeladenen immer wieder Bauarbeiten stattgefunden hätten, zuletzt am 15. Mai 2020 Innenbauarbeiten. Weiter erinnerten sich die Antragsteller an die Bohrung von Lüftungslöchern im unteren Bereich der Außenmauern am 15. und 16. November 2019, zudem sei Bauschuttmaterial abtransportiert worden. Hinsichtlich der behaupteten Bauarbeiten legen die Antragsteller zusätzlich eine Reihe von Schwarzweißfotos vor. Es bestehe ein Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten nach Art. 75 und Art. 76 BayBO, das geplante Bauvorhaben des Beigeladenen sei in der genehmigten Fassung materiell baurechtswidrig. Da auch keine Genehmigung vorliege, sei das Ermessen der Antragsgegnerin, durch bauaufsichtliche Verfügung einzuschreiten, auf Null reduziert. Ohne Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO bestehe die konkrete Gefahr, dass der Beigeladene durch die weitere Ausführung des Vorhabens baurechtswidrige Zustände schaffe, die hiergegen gerichtete Abwehransprüche der Antragsteller vereiteln oder wesentlich erschweren könnten. Weiter bestehe eine konkrete Gefährdungslage mit Blick auf den Brandschutz. Hinsichtlich der Wohnnutzung habe sich diese fortlaufend intensiviert. Zunächst sei nur der Beigeladene selbst eingezogen, nach und nach und auch nach dem Beschluss des BayVGH vom 16. Juli 2019 aber weitere Personen, aktuell seien es vier Familien mit Kindern neben dem Beigeladenen.

Die Antragsteller beantragen,

der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, die Bauarbeiten - zur Ausführung des Bauvorhabens gemäß Baugenehmigungsbescheid der Antragsgegnerin vom 15. Dezember 2016 (Az. 311-Eg/Su.) auf dem Grundstück …, …, Fl.Nr. …, Gemarkung … - durch eine für sofort vollziehbar zu erklärende bauaufsichtliche Verfügung vorläufig einzustellen und dem Beigeladenen die Nutzung des Grundstückes …, … (Fl.Nr. …, Gemarkung …*) zu Wohnzwecken mit einer sofort vollziehbaren Anordnung vorläufig zu untersagen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung führt sie aus, dass mangels Bautätigkeit auf dem streitgegenständlichen Grundstück keinerlei Dringlichkeit für ein Verfahren nach § 123 VwGO bestehe. Die Antragsgegnerin habe vom 27. Juli 2017 bis zum 19. Mai 2020 insgesamt 14 Baukontrollen durchgeführt, bei denen keine Bautätigkeiten erkennbar gewesen seien. Insbesondere seien am 10. Oktober 2019, am 17. Dezember 2019 und am 19. Mai 2020 Baukontrollen mit Fotodokumentation vorgenommen worden. Bei der Baukontrolle vom 19. Mai 2020 mit Fotodokumentation seien keine Veränderungen gegenüber dem 17. Dezember 2019 feststellbar gewesen. Bei Baukontrollen am 21. November 2019, am 9. Januar 2020, am 6. Februar 2020, am 26. März 2020, am 28. April 2020 und am 15. Mai 2020 seien jeweils keine Bauarbeiten feststellbar gewesen. Die Baukontrolle am 15. Mai 2020 sei 16 Minuten, nachdem eine E-Mail der Antragsteller, dass aktuell ein Innenausbau stattfinde, die Antragsgegnerin erreicht habe, vorgenommen worden. Es spreche mehr dafür, dass die ständige Ein- und Auslagerung von Baumaterialien im Gebäude sowie das Abstellen von Baustellenfahrzeugen im Hof im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Beigeladenen als Trockenbauunternehmer stehe. Hinsichtlich der Untersagung einer Wohnnutzung ließen die Ausführungen des BayVGH nicht den Schluss zu, dass eine Wohnnutzung grundsätzlich ausgeschlossen sei, weswegen keine Ermessensreduzierung auf Null anzunehmen sei. Die Untersagung der Wohnnutzung wäre eine weitreichende behördliche Entscheidung, welche massiv in die aktuelle Lebenssituation der Bewohner eingreifen würde. Die dort gemeldeten Personen hätten zudem ihren alleinigen Wohnsitz im streitgegenständlichen Gebäude.

Die Antragsteller erwiderten hierauf, dass laufend Bauarbeiten vorgenommen würden. Sie hätten entsprechende Baugeräusche im Inneren des Gebäudes des Beigeladenen wahrgenommen. Im Einzelnen seien dies die folgenden Arbeiten (die Antragsteller legen zur Glaubhaftmachung weitere Schwarzweißbilder vor):

- Austausch/Einbau diverser Fenster.

- Am 16. Mai 2020 sei eine Ausgangstüre zugemauert worden und der Vorbau abgerissen worden.

- Das Fenster auf der Gartenseite sei zugemauert worden.

- Das Dach sei abgesenkt worden und damit einhergehend als Balkon/Terrasse genutzt worden (Lichtbild vom März 2020).

- Einbau einer Innenwand mit Wohnungseingangstür zur Wohnung des Beigeladenen (Lichtbild vom 30. Mai 2020).

- Das Fenster auf der Südseite wurde zugemauert (Lichtbild vom 20. März 2020).

- Am 5. Juli 2019 sei der Windfang abgerissen worden.

Soweit die Antragsgegnerin im Übrigen darüber nachdenke, eine neue Baugenehmigung für das Vorhaben des Beigeladenen zu erteilen, wäre diese wiederum rechtswidrig, da selbst bei einer Beseitigung der brandschutzrechtlichen Mängel keine wegemäßige Erschließung gesichert sei.

Die Antragsgegnerin trug hinsichtlich des Stattfindens von Bauarbeiten ergänzend vor, dass sie auf Anregung des Gerichts weitere Baukontrollen durchgeführt habe und zwar am 24. Juni 2020 zwischen 7:45 Uhr und 08:00 Uhr und nochmals gegen 18:20 Uhr und am 22. und 23. Juni 2020 zwischen 17:00-18:00 Uhr. Es seien jeweils keine Bauarbeiten feststellbar gewesen.

Der Beigeladene rührte sich im Verfahren nicht.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Antragsgegnerin (Heftung Bauaufsichtliche Überprüfung 14000465; Bau-Planmappen 14000613, 16001115; 16 Heftungen …, Heftung Fotodokumentation Baukontrolle) und diverse Gerichtsakten zum streitgegenständlichen Gebäude (AN 17 E 20.00981/AN 17 K 20.00982, AN 17 S 18.02454, AN 17 K 17.00172, AN 9 K 15.01371, AN 9 S 15.01649) Bezug genommen.

II.

Das Antragsbegehren wird so ausgelegt (§ 88 VwGO), dass die Antragsteller den Erlass zweier einstweiliger Anordnungen nach § 123 Abs. 1 VwGO begehren - zum einen die Verpflichtung der Antragsgegnerin zum Erlass einer vorläufigen, sofort vollziehbaren Baueinstellungsverfügung, zum anderen die Verpflichtung der Antragsgegnerin zum Erlass einer vorläufigen, sofort vollziehbaren Nutzungsuntersagung jeweils bezüglich des Grundstücks des Beigeladenen - obschon beide im Antragsschriftsatz vom 25. Mai 2020 in einer Ziffer (III.) zusammengefasst sind.

Die Anträge auf Erlass zweier einstweiliger Anordnungen nach § 123 Abs. 1 VwGO sind zwar zulässig (1.), aber unbegründet (2. und 3.).

1. a) Die Anträge nach § 123 Abs. 1 VwGO sind statthaft, insbesondere sind die gemäß § 123 Abs. 5 VwGO vorrangigen §§ 80, 80a VwGO nicht einschlägig. Die zugunsten des Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 15. Dezember 2016 wurde durch Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 5. März 2020 (AN 17 K 17.00172 - juris), rechtskräftig seit dem 3. Juli 2020, aufgehoben. Insofern kommt mangels vorliegenden Verwaltungsakts mit Drittwirkung kein Rechtsschutz nach §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 VwGO in Betracht. Die durch Beschluss des BayVGH vom 16. Juli 2019 (9 CS 19.374) angeordnete aufschiebende Wirkung der Klage gegen besagte Baugenehmigung dauerte nur bis Eintritt der Rechtskraft fort (Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 37. EL Juli 2019, § 80 VwGO Rn. 121), womit auch ein Antrag nach §§ 80a Abs. 3 Satz 1, 80a Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 VwGO ausscheidet.

Da für das Begehren der Antragsteller in der Hauptsache Verpflichtungsklagen (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) auf Erlass einer Baueinstellungsverfügung (Verwaltungsakt gemäß Art. 35 Satz 1 BayVwVfG) und einer Nutzungsuntersagung (Verwaltungsakt gemäß Art. 35 Satz 1 BayVwVfG) statthaft sind, sind es im Eilverfahren Anträge nach § 123 VwGO.

b) Die Antragsteller sind entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt. Es erscheint zumindest als möglich, dass sie nach Aufhebung der Baugenehmigung für den Beigeladenen durch die Unterlassung einer Baueinstellung und einer Nutzungsuntersagung durch die Antragsgegnerin in drittschützenden Rechten, insbesondere den brandschutzrechtlichen Vorschriften der Art. 28 Abs. 6 und Abs. 8 BayBO (Brandwände) betroffen sind (vgl. das aufhebende Urteil des VG Ansbach vom 5. März 2020, AN 17 K 17.00172) und ein Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten im Wege einer Ermessensreduzierung auf Null besteht.

2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO auf Verpflichtung der Antragsgegnerin zum Erlass einer sofort vollziehbaren, vorläufigen Baueinstellungsverfügung bezüglich des Grundstücks des Beigeladenen, soweit Bauarbeiten zur Ausführung des aufgehobenen Baugenehmigungsbescheids vom 15. Dezember 2016 betroffen sind, ist unbegründet.

Es mangelt bereits an der gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO erforderlichen Glaubhaftmachung aktuell stattfindender oder konkret-unmittelbar drohender rechtswidriger Bauarbeiten (letzteres wäre für Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO ausreichend, vgl. BayVGH, B.v. 12.12.2018 - 1 ZB 17.936 - juris Rn. 3; Manssen in Spannowsky/Manssen, BeckOK Bauordnungsrecht Bayern, 15. Edition 1.6.2020, Art. 75 BayBO Rn. 5) am Gebäude des Beigeladenen. Daher sind weder ein Anordnungsgrund, noch ein Anordnungsanspruch gegeben. Ein Anordnungsgrund besteht nämlich, wenn glaubhaft gemacht wird, dass dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Interessen, aber auch der öffentlichen Interessen und derjenigen anderer Personen nicht zumutbar ist, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten (W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 123 Rn. 26), weil die Gefahr vorliegt, dass im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden kann. Der Anordnungsanspruch auf eine Baueinstellung gemäß Art. 75 Abs. 1 BayBO setzt zunächst stattfindende oder konkret-unmittelbar drohende Arbeiten voraus (s.o.).

Gemäß dem glaubhaften Vortrag der Antragsgegnerin hat diese nach Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragsteller gegen die Baugenehmigung für den Beigeladenen vom 15. Dezember 2016 durch den BayVGH mit Beschluss vom 16. Juli 2019 (9 CS 374) unter anderem am 21. November 2019 um 09:20 Uhr, am 9. Januar 2019, am 6. Februar 2020, am 26. März 2020 und am 28. April 2020 Baukontrollen am Grundstück des Beigeladenen mit der Flurnummer …, Gemarkung … (Anschrift …, ), vorgenommen, jeweils mit dem Befund, dass keine Bauarbeiten feststellbar gewesen seien. Am 15. Mai 2020 wurde die Antragsgegnerin durch die Antragsteller mit E-Mail um 11:14 Uhr auf vermeintlich stattfindende Bauarbeiten (Innenausbau) auf dem Grundstück des Beigeladenen hingewiesen und nahm dort um 11:30 Uhr eine Nachschau vor, bei der von außen, bei teilweise geöffneten Fenstern optisch und akustisch keine Bauarbeiten feststellbar gewesen seien. Darüber hinaus führte die Antragsgegnerin am 17. Dezember 2019 und am 19. Mai 2020 jeweils einen Ortstermin mit dem Beigeladenen auf dessen Grundstück und in dessen Gebäude inklusive einer zu den Gerichtsakten gereichten Fotodokumentation durch. Im Vergleich beider Fotosätze ergeben sich keine Veränderungen, die auf stattgefundene oder stattfindende Bauarbeiten schließen lassen. Die vergleichbaren Fotos beziehen sich auf die Wohnung 4 im Obergeschoss (im südlich, zur Bahnstrecke gelegenen Grundstücks- und Gebäudeteil) und auf die Wohnung 5 im Dachgeschoss (mittlerer Gebäudeteil). Zusätzlich wurden, auf Anregung des Gerichts, am 22. und 23. Juni 2020 zwischen 17:00 Uhr und 18:00 Uhr sowie am 24. Juni 2020 zwischen 7:45 Uhr und 08:00 Uhr und um 18:20 Uhr weitere Baukontrollen seitens der Antragsgegnerin durchgeführt, bei denen, bei geöffneter Haustüre und einigen geöffneten Fenstern in der Nordostwand, keine baustellenspezifischen Geräusche vernommen oder Beobachtungen gemacht worden seien, die auf eine augenblickliche Bautätigkeit schließen ließen.

Diesen, durch zahlreiche, teils fotogestützte Kontrollen der Antragsgegnerin in einem engmaschigen zeitlichen Netz unterlegten Befund des Nichtstattfindens von Bauarbeiten, vermag der Vortrag der Antragsteller nicht in dem für eine Glaubhaftmachung im Sinne der § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO erforderlichen Maße zu erschüttern. Er ist schon insofern defizitär, als er mittels der eingereichten Fotoaufnahmen in Kopie (schwarzweiß) keinen „Vorher-Nachher“-Vergleich ermöglicht, mit dem sich ein Fortschreiten von Bauarbeiten erkennen ließe.

Im Einzelnen und zunächst die mit dem Schriftsatz der Antragstellerseite vom 25. Mai 2020 eingereichten Schwarzweiß-Kopien von Fotos des Grundstücks bzw. Gebäudes des Beigeladenen betreffend: Bild 1 (Blatt 29 der Gerichtsakten der Verfahren AN 17 E 20.00981, AN 17 K 20.00982) soll laut Bildunterschrift den Abtransport von Trennwänden und „enplatten“ zeigen. Das Bild weist keine Datumsangabe auf und ist insofern von vorneherein zur Glaubhaftmachung aktuell stattfindender oder unmittelbar drohender Bauarbeiten ungeeignet. Im Übrigen lässt sich damit nicht nachweisen, dass es sich um Bauschutt in Folge unerlaubter Arbeiten handelt. Die Bilder 2 und 3 (Blatt 30 und 31 der Gerichtsakten) mit Datumsangabe 16. Mai 2020 sollen das Abladen einer Palette (Holz) Pellets aus einem Transporter in das Gebäude des Beigeladenen zeigen, was allerdings keine Relevanz für etwa stattfindende Bauarbeiten hat, sondern höchstens die zwischen den Beteiligten unstreitige Wohnnutzung des Gebäudes durch den Beigeladenen und Dritte belegt, da Holzpellets üblicherweise dem Heizen dienen. Bild 5 (Blatt 32 der Gerichtsakten), ohne Datumsangabe, soll laut Bildunterschrift „Trennwand-Versträbungen“ zeigen. Auf dem Bild sind am Boden liegend an einer Holzwand wohl metallene Leisten zu sehen, allerdings ist weder erkennbar, um welchen Ort genau auf dem Beigeladenengrundstück es sich handelt, noch lässt sich aus dem Bild ablesen, wann und welchen unzulässigen Bauarbeiten die Metallleisten entstammen. Auf Bild 6 (Blatt 33 der Gerichtsakten), wiederum ohne Datumsangabe, ist in der Bildunterschrift zu lesen: „Offene Türen“ mit einem eingezeichneten Pfeil in Richtung des südlich gelegenen Windfangs auf der Nordostseite. Dort steht die Türe tatsächlich offen, was aber für sich genommen nichts über stattfindende Bauarbeiten aussagt. Weiter ist der obere Teil des nördlichsten Fensters auf der Nordostseite handschriftlich eingekreist mit der Bildunterschrift „neuer Rollokasten“. Hält man das Bild 6 diesbezüglich gegen Bild 9 aus der Fotodokumentation der Antragsgegnerin vom 17. Dezember 2019, sind dort noch keine angebrachten Rollladenkästen zu sehen. Allerdings lässt sich wegen der fehlenden Datumsangabe des Bildes 6, vorgelegt durch die Antragsteller, nicht sagen, wann genau im Zeitraum zwischen dem 17. Dezember 2019 und dem 25. Mai 2020 (Einreichung Antragsschriftsatz), die Rollladenkästen angebracht worden sein sollen. Insofern lässt sich daraus keine konkrete Gefahr weiterer aktuell drohender Änderungen am Gebäude im Umfang des mit der aufgehobenen Baugenehmigung vom 15. Dezember 2016 Beantragten ableiten. Soweit nur auf die abgeschlossenen Arbeiten an den Rollladenkästen abgestellt würde, könnten diese nicht mehr eingestellt werden, da Sinn und Zweck des Art. 75 Abs. 1 BayBO voraussetzt, dass das Bauvorhaben noch nicht vollendet ist (vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, 136. EL Januar 2020, Art. 75 BayBO Rn. 43). Auf Seite 34 der Gerichtsakten folgt Bild 4, erneut ohne Datumsangabe, welches mit „Aussenarbeiten, Bautüre, Mülltonnen“ unterschrieben ist und einen handschriftlichen Vermerk mit Pfeil auf ein offenbar zugemauertes Fenster wohl im Südteil des Beigeladenengebäudes auf der Nordostseite zeigen soll. Bild 4 lässt zwar Mülltonnen und eine an die Wand gelehnte Türe erkennen, allerdings wird kein Bezug zu laufenden Bauarbeiten erkennbar. Hinsichtlich des zugemauerten Fensters macht die fehlende Datumsangabe erneut eine zeitliche Zuordnung etwa stattgefundener Bauarbeiten unmöglich. Ein Vergleich mit Bild 8 aus der Fotodokumentation der Antragsgegnerin vom 17. Dezember 2019 zeigt zudem keine Veränderung hinsichtlich des zugemauerten Fensters; dieses war bereits dort vorhanden. Das nicht nummerierte Bild auf Blatt 35 der Gerichtsakte, ebenso wenig mit einer Datumsangabe versehen, ist mit „Baugerüst Teile“ unterschrieben. Es ist bereits nicht zu erkennen, ob die an die Wand, wohl im südlichen Grundstücksteil auf der Nordostseite, gelehnte Ansammlung von metallenen Rohren und Holzbrettern Teile eines Baugerüsts sind. Noch dazu zeigt ein Vergleich mit Bild 8 der Fotodokumentation der Antragsgegnerin vom 17. Dezember 2019 hinsichtlich der an der Wand abgestellten Gegenstände keine signifikante Änderung. Das Bild auf Seite 36 der Gerichtsakten ohne laufende Nummerierung und ohne Datumsangabe entbehrt jeder Aussagekraft bezüglich stattfindender oder unmittelbar drohender Bauarbeiten. Es zeigt einen Pkw der Marke VW mit Ladefläche, ohne dass erkennbar wäre, was darauf transportiert wurde. Bild 6 auf Seite 37 der Gerichtsakten, ohne Datumsangabe, ist mit „Spielsachen, Trennwand-Versträbungen“ unterschrieben. Auch hier ist zwar auf der rechten Bildseite am Boden ein Haufen Schutt erkennbar, allerdings lässt sich daraus nicht ableiten, ob oder wann im oder am Gebäude des Beigeladenen unzulässige Bauarbeiten stattgefunden haben sollen.

Auch die weiteren, mit Schriftsatz der Antragstellerseite vom 16. Juni 2020 eingereichten Schwarzweiß-Kopien vermögen den Vortrag stattfindender oder unmittelbar bevorstehender Bauarbeiten nicht zu substantiieren: Die Bilder auf Seite 92 und 93 der Gerichtsakten zeigen mit Namen versehen Briefkästen am Beigeladenengebäude, die allerdings nur die unstreitige Wohnnutzung dokumentieren. Das Bild auf Seite 94 der Gerichtsakten ist mit „Eingelagerte Fenster“ unterschrieben und enthält keine Datumsangabe. Es sind durch die Fenster im ersten Stockwerk, wohl im südlichen Grundstücksteil auf der Nordostseite, an die Innenwand gelehnte Fenster und Türen vermutlich zum Einbau, zu sehen. Die bloße Lagerung allerdings ist kein Indiz für unzulässige Bauarbeiten, noch dazu die Fenster bereits mindestens seit dem 17. Dezember 2019 dort stehen, wie ein Vergleich mit Bild 8 der Fotodokumentation der Antragsgegnerin vom 17. Dezember 2019 erkennen lässt. Die Bilder auf Seite 95 (Stand 30. Mai 2020), 97 (keine Datumsangabe) und 113 (Stand 16. Mai 2020) der Gerichtsakten zeigen eine zugemauerte Tür, die sich an der Nordseite des vormaligen südlichen Windfangs auf der Nordostseite des Gebäudes des Beigeladenen befinden dürfte. Den Bildern lässt sich mangels fotografischen Vergleichsmaterials von früheren Zeitpunkten nicht entnehmen, wann die Tür zugemauert wurde. Dies könnte auch noch vor Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung vom 15. Dezember 2016 durch den BayVGH vom 16. Juli 2019 (9 CS 19.374) geschehen sein. Insofern ist das Bildmaterial ungeeignet zur Glaubhaftmachung aktuell stattfindender oder unmittelbar drohender Bauarbeiten. Weiter sollen Bild 96 (keine Datumsangabe) und Bild 111 (Stand 16. Mai 2020, 06:12 Uhr) den abgerissenen Vorbau/Windfang wohl auf der Südseite des Beigeladenengrundstücks in nordöstlicher Richtung zeigen. Dieser ist bereits, wenn man Bild 8 der Fotodokumentation der Antragsgegnerin vom 17. Dezember 2019 zum Abgleich heranzieht, seit mindestens dem 17. Dezember 2019 abgerissen. Demzufolge lassen sich auch mit diesen Bildern keine aktuell stattfindenden oder unmittelbar drohenden Bauarbeiten glaubhaft machen. Daran ändert auch nichts, dass auf Bild 109 der Gerichtsakten mit Stand 23. Mai 2018 der Windfang noch zu sehen ist. Denn dieser Zeitpunkt liegt nach der Erteilung der Baugenehmigung vom 15. Dezember 2016 und vor Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hiergegen durch den BayVGH am 16. Juli 2019. Dafür, dass der Abriss des Windfangs bzw. Vorbaus nach der Anordnung der aufschiebenden Wirkung oder noch später erfolgt ist, wird nichts glaubhaft gemacht. Davon abgesehen ist hinsichtlich des Abrisses des Windfangs bzw. Vorbaus fraglich, inwieweit die Antragsteller in subjektiven Rechten verletzt sein und zu ihren Gunsten eine Ermessensreduzierung auf Null hinsichtlich einer Baueinstellungsverfügung gegeben sein sollte(n). Der Abriss des südlichen Windfangs nämlich führt nur zu einer Vergrößerung der vorhandenen Abstandsfläche zum Antragstellergrundstück mit der Flurnummer … sowie zum Wegfall von Öffnungen in der bei Bestehen des Windfangs gemäß Art. 28 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 8 BayBO erforderlichen öffnungslosen Brandwand auf dessen Ostseite, also zu einer Verbesserung genau der Belange, die die Antragsteller durch das Vorhaben des Beigeladenen als gefährdet ansehen. Das Bild auf Seite 98 der Gerichtsakten, Stand April 2020, soll laut Bildunterschrift ein zugemauertes Fenster auf der Gartenseite zeigen sowie ein Baugerüst. Zwar lehnt unter anderem eine Leiter an der Außenwand, wohl südlicher Gebäudeteil auf der Nordostseite zum Grundstück Flurnummer … hin, sowie offenbar Metallstangen und -rohre, allerdings kann allein daraus nicht auf Bauarbeiten geschlossen werden, schon deshalb nicht, weil bereits Bild 8 der Fotodokumentation der Antragsgegnerin vom 17. Dezember 2019 zeigt, dass verschiedene metallene Gegenstände und Holzplanken gegen besagte Wand gelehnt sind; im Übrigen ist die Bildqualität schlecht. Seite 99 der Gerichtsakten zeigt, wiederum ohne Datumsangabe, ein Bild offenbar des Innenbereichs des Lagerraums im Erdgeschoss im südlichen Gebäudeteil in schlechter Qualität und zu großen Teilen verdunkelt, das keine Aussagekraft hinsichtlich stattfindender Bauarbeiten hat. Die Bilder auf den Seiten 100-104 der Gerichtsakten sollen ein zugemauertes Fenster auf der Südseite des Gebäudes des Beigeladenen zur Bahnstrecke hin gerichtet zeigen, Stand Mai 2020. Mangels fotografischen „Vorher-Nachher“-Materials wird nicht ersichtlich, wann das besagte Fenster zugemauert worden sein soll und damit fehlt es an einer Glaubhaftmachung derzeit stattfindender oder unmittelbar bevorstehender Bauarbeiten. Auch hier wäre überdies, mit Blick auf eine Ermessensreduzierung auf Null hinsichtlich einer Baueinstellungsverfügung, höchst fraglich, worin ein verletzter drittschützender Belang der Antragsteller liegen könnte, handelt es sich doch um die ihrem Grundstück Flurnummer … abgewandte Südseite des Beigeladenengebäudes und fördert das Zumauern eines Fensters das ansonsten schwerpunktmäßig als verletzt gerügte Prinzip der öffnungslosen Brandwand nach Art. 28 Abs. 6 und Abs. 8 BayBO. Seite 106 der Gerichtsakten zeigt ein Bild des abgeflachten Vordachs auf Höhe des ersten Obergeschosses nördlich auf der Nordostseite des Beigeladenengebäudes, an das Gebäude der Antragsteller auf der Flurnummer … angrenzend, mit Stand März 2020. Dass das Vordach abgesenkt ist, entspricht allerdings bereits dem Stand der Fotodokumentationen der Antragsgegnerin vom 17. Dezember 2019 (Bild 9), vom 10. Oktober 2019 (Bild 19) und vom 28. Juni 2019, letzteres also bereits vor Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung vom 15. Dezember 2016. Auch diesbezüglich können also keine stattfindenden oder drohenden Bauarbeiten glaubhaft gemacht werden. Das Bild auf Seite 107 der Gerichtsakten soll laut Bildunterschrift die „Wand mit Eingangstür zur Wohnung … [Beigeladener] neu“, Stand Mai 2020, zeigen. Das Bild lässt nicht erkennen, um welchen Gebäudeteil es sich handelt, zudem lässt sich, da keine zeitlich früher liegenden Aufnahme vorliegen, nicht ablesen, wann und welche Bauarbeiten vorgenommen worden sein sollen. Die auf Seite 108 der Gerichtsakten befindliche Aufnahme zeigt den „Stand des Gebäudes bei Kauf von Hr. …“, ohne allerdings von den bisherigen Ausführungen abweichende Erkenntnisse hinsichtlich stattfindender Bauarbeiten zu liefern. Seite 110 der Gerichtsakten, Stand 5. Juli 2019 um 04:52 Uhr, soll den „Abriss des Windfangs“ wohl im südlichen Gebäudeteil auf der Nordostseite zeigen, welcher wegen der schlechten Bildqualität zum einen nicht erkennbar ist, zum anderen liegt der angegebene Zeitpunkt noch vor Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung durch den BayVGH vom 16. Juli 2019. Schließlich wird auf die bereits erfolgten Ausführungen zum Abriss des Windfangs zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Zum Abschluss wird auf Seite 112 der Gerichtsakten eine Ansichtsaufnahme der Nordostseite vorgelegt, Stand 15. Mai 2020 um 12:41 Uhr, mit „Umbau“ unterschrieben. Auf dem Bild sind allerdings keine Umbaumaßnahmen zu erkennen.

Nach alldem sind weder tatsächlich begonnene noch objektiv unmittelbar bevorstehende Bauarbeiten gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht. Damit liegen weder ein Anordnungsanspruch aus Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO noch ein Anordnungsgrund im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO für eine Baueinstellungsverfügung vor.

3. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO auf Verpflichtung der Antragsgegnerin zum Erlass einer sofort vollziehbaren, vorläufigen Nutzungsuntersagung bezüglich des Grundstücks des Beigeladenen zu Wohnzwecken ist unbegründet.

Bei der begehrten einstweiligen Anordnung auf Verpflichtung zum Erlass einer sofort vollziehbaren, vorläufigen Untersagung einer aktuell stattfindenden Wohnnutzung handelt es sich um eine Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO, da sie eine Veränderung des status quo bewirkt und ihn nicht bloß bewahrt (vgl. Kuhla in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, 53. Edition 1.7.2019, § 123 Rn. 54 f.). Deren tatbestandliche Voraussetzungen liegen allerdings nicht vor, es mangelt bereits an einem Anordnungsanspruch.

a) Die Anordnung einer Nutzungsuntersagung setzt gemäß Art. 76 Satz 2 BayBO voraus, dass eine Anlage im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt wird. Für einen Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften in diesem Sinne genügt zwar im Ausgangspunkt bereits die formelle Rechtswidrigkeit, also eine Nutzung ohne die hierfür erforderliche Baugenehmigung, da die Nutzungsuntersagung ähnlich der Baueinstellung nach Art. 75 BayBO die Funktion hat, den Bauherren auf das Baugenehmigungsverfahren zu verweisen (Decker in Simon/Busse, BayBO, 136. EL Januar 2020, Art. 76 Rn. 282 m.w.N.).

Soll hingegen die Nutzung zu Wohnzwecken untersagt werden, ist, sofern der Wohnraum für die Bewohner den alleinigen Mittelpunkt der privaten Existenz bildet, zusätzlich die materielle Rechtswidrigkeit der Wohnnutzung erforderlich. Bei Untersagung einer Wohnnutzung ist wegen der, auch durch das Bundesverfassungsgericht anerkannten Bedeutung der Wohnung (vgl. BVerfG, B.v. 26.5.1993 - 1 BvR 208/93 - NJW 1993, 2035) in besonderer Weise der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten (vgl. Art. 8 Abs. 2 LStVG), also ob die durch die Nutzungsuntersagung verursachten Nachteile noch in einem angemessenen Verhältnis zu dem Erfolg der Maßnahme stehen. Die Wohnung ist eine wichtige Grundlage für die Sicherung der persönlichen Freiheit und der Entfaltung der Persönlichkeit der Bewohner. Eine behördlich erzwungene Wohnungsaufgabe bringt auch nur bei vorübergehendem Verlassen weitreichende Folgen für die persönliche Lebensführung mit sich. Aufgrund der dargestellten einschneidenden Wirkung ist in der Regel nur dann noch die Verhältnismäßigkeit einer Wohnnutzungsuntersagung anzunehmen, wenn sie materiell rechtswidrig ist (BayVGH, U.v. 5.12.2005 - 1 B 03.2608 - NVwZ-RR 2006, 754, 755; s.a. Manssen in Spannowsky/Manssen, BeckOK Bauordnungsrecht Bayern, 15. Edition 1.6.2020, Art. 76 BayBO Rn. 75). Diese Grundsätze finden auch dann Anwendung, wenn die Nutzungsuntersagung nicht gegenüber den Mietern direkt, sondern nur gegenüber dem Gebäudeeigentümer (und Vermieter) ausgesprochen bzw. diese durch die Antragsteller begehrt wird. Der Beigeladene wäre nämlich in Konsequenz der Nutzungsuntersagung dazu verpflichtet, seinen Mietern zur Befolgung der öffentlich-rechtlichen Anordnung den zivilrechtlichen Mietvertrag zu kündigen (einen diesbezüglichen Kündigungsgrund erkennt an etwa das AG Hamburg-Blankenese, U.v. 20.4.2007 - 509 C 325/06 - BeckRS 2008, 17521; s.a. Fleindl in Bub/Treier, Hdb. d. Geschäfts- und Wohnraummiete, 5. Aufl. 2019, Kapitel IV. 1.4.3. e) aa) Rn. 182). Wohnt er wie hier zusätzlich selbst im Gebäude, dessen Nutzung zu Wohnzwecken untersagt werden soll, finden für ihn ebenfalls die oben genannten Grundsätze Anwendung. Auch haben alle unter der Adresse des Beigeladenengrundstücks und -gebäudes in der …, …, gemeldeten Personen nach unwidersprochenem Vortrag der Antragsgegnerin dort ihren alleinigen Wohnsitz.

Darüber hinaus ist Voraussetzung für einen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten in Form einer Nutzungsuntersagung nach Art. 76 Satz 2 BayBO zugunsten des Nachbarn, dass durch die gerügte Nutzung nachbarschützende Vorschriften verletzt werden (BayVGH, U.v. 4.12.2014 - 15 B 12.1450 - juris Rn. 21 f.) sowie das durch Art. 76 Satz 2 BayBO grundsätzlich eingeräumte Ermessen („kann“) auf Null reduziert ist. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist auch bei einer Verletzung nachbarschützender Vorschriften die Frage einer Ermessensreduzierung auf Null zugunsten eines bauaufsichtlichen Einschreitens anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu beantworten. Die Verletzung nachbarschützender Vorschriften ist in dieser Hinsicht eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung. Eine Ermessensreduzierung auf ein bauaufsichtliches Einschreiten hin ist regelmäßig nur dann anzunehmen, wenn die von der rechtswidrigen baulichen Anlage ausgehende Beeinträchtigung des Nachbarn einen erheblichen Grad erreicht und die Abwägung mit dem Schaden des Bauherrn ein deutliches Übergewicht der nachbarlichen Interessen ergibt (BayVGH, B.v. 25.9.2013 - 14 ZB 12.2033 - juris Rn. 16 f. m.w.N. aus der Rspr.; s.a. Manssen in Spannowsky/Manssen, BeckOK Bauordnungsrecht Bayern, 15. Edition 1.6.2020, Art. 76 BayBO Rn. 92 f.). In Betracht kommt ein solche Ermessenreduzierung vor allem bei (drohender) Beeinträchtigung hochrangiger Rechtsgüter wie Leben und körperliche Unversehrtheit oder bei sonst unzumutbaren Beeinträchtigungen (BayVGH, B.v. 18.6.2008 - 9 ZB 07.497 - juris Rn. 4).

b) Angesichts des unter 3. a) dargelegten verschärften Prüfungsmaßstabes der materiellen Rechtswidrigkeit im Falle einer Untersagung einer Wohnnutzung und des gleichzeitig das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO bestimmenden Grundsatzes der summarischen Prüfung sowie der gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO erforderlichen Glaubhaftmachung der Tatsachen, auf welche sich Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stützen sollen (W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 123 Rn. 24), ist keine Komplettprüfung der materiellen Zulässigkeit der Wohnnutzung durch den Beigeladenen vorzunehmen. Umgekehrt gilt auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes der Untersuchungsgrundsatz und können sich die Anforderungen an die Glaubhaftmachung reduzieren, wenn sich nach den dem Gericht vorliegenden Akten ein Anordnungsanspruch aufdrängt (vgl. BayVGH, B.v. 29.3.1995 - 7 CE 94.10127 - BeckRS 1995, 14480).

Dennoch kommt gerade im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes den Mitwirkungspflichten der Antragsteller eine besondere Bedeutung zu (BayVGH, B.v. 15.3.2001 - 10 ZE 01.320 - NVwZ-RR 2001, 477; Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 37. EL Juli 2019, § 123 Rn. 96c spricht treffend von einem „Kooperationsverhältnis“ mit dem Antragsteller als Darlegungsbelastetem).

Dies als Prüfungsmaßstab zugrunde gelegt, wird im Folgenden sowohl der Vortrag der Antragsteller hinsichtlich der materiellen Rechtswidrigkeit der Wohnnutzung durch den Beigeladenen an den tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO gemessen, als auch die dem Gericht insbesondere aus dem Klageverfahren gegen die Baugenehmigung vom 15. Dezember 2016 (U.v. 5.3.2020 - AN 17 K 17.00172 - juris) diesbezüglich bekannten Umstände.

c) Bauplanungsrechtlich ist eine Wohnnutzung auf dem Grundstück und im Gebäude des Beigeladenen, soweit überhaupt drittschützende Belange betroffen sind, nicht rechtswidrig.

aa) Das Grundstück des Beigeladenen mit der Flurnummer … (Anschrift: …, ) befindet sich im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB. In der durch Urteil vom 5. März 2020 (AN 17 K 17.00172) angefochtenen Baugenehmigung hinsichtlich des Umbaus und einer Nutzungsänderung für das besagte Gebäude vom 15. Dezember 2016 wurde die Umgebungsbebauung in Ziffer IV.3. - durch die damaligen Kläger und heutigen Antragsteller jeweils unwidersprochen und nicht angegriffen - als Mischgebiet bezeichnet, was zumindest auch einer „Google-Maps“ Kartenansicht des dreieckig geformten Areals zwischen Bahnstrecke im Süden, … im Westen und … im Osten, in dem das Grundstück des Beigeladenen Flurnummer … liegt, nicht widerspricht. Dort finden sich entlang der … Richtung Norden neben Wohnbebauung (jedenfalls nicht anderweitig gekennzeichnet), ein Pizza-Lieferdienst „…“, ein Hermes-Paketshop, das … Kinocenter, ein Restaurant „…“, ein „Kebap Haus“, und am Eck zu … ein Tabakladen. Entlang der … Richtung Norden befindet sich neben Wohnnutzung (jedenfalls nicht anders gekennzeichnet) ein Küchenmöbelgeschäft (* … das Küchenhaus), eine Bowling-Anlage (* …*), eine Niederlassung der … und ein Büro des Bayerischen Bauernverbandes.

In einem faktischen Mischgebiet sind nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO Wohngebäude als Art der baulichen Nutzung planungsrechtlich zulässig. Die Zulässigkeit der Wohnnutzung ihrer Art nach wurde auch durch die Antragsteller nicht angegriffen.

bb) Vorgetragen wurde durch die Antragsteller allerdings die mangelnde Erschließung des Grundstücks des Beigeladenen im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB, da diese von der öffentlichen K.-straße aus nur über das Antragstellergrundstück mit der Flurnummer … erfolgen könne und hierfür kein Geh- und Fahrtrecht bestünde. Im Fall der Erteilung einer Baugenehmigung hätten die Antragsteller bei Unanfechtbarkeit ein Notwegerecht [§ 917 BGB] zu befürchten.

Allerdings führt der Aspekt der Erschließung nach § 34 Abs. 1 BauGB nicht zur Rechtswidrigkeit der Wohnnutzung durch den Beigeladenen. Zwar ist die Frage der Erschließung ausnahmsweise ein drittschützender Belang, wenn und soweit mangels ausreichender Erschließung des Baugrundstücks dem Nachbarn im Falle der Erteilung einer Baugenehmigung mit Eintritt deren Rechtskraft ein Notwegerecht nach § 917 BGB aufgenötigt würde (hierzu näher Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, 136. EL Januar 2020, Art. 66 Rn. 255, 406; s.a. BayVGH, B.v. 27.7.2018 - 1 CS 18.1265 - juris Rn. 11).

Das aber ist gerade nicht der Fall, da zugunsten des Beigeladenengrundstücks mit der Flurnummer … als herrschendes Grundstück im Grundbuch des Amtsgerichts … (Band 420, Blatt 13554) zu Lasten des Grundstücks der Antragsteller mit der Flurnummer … als dienendes Grundstück in der Abteilung 2 ein Geh- und Fahrtrecht eingetragen ist mit folgendem Eintragungswortlaut: „Am ganzen Grundstück: Geh- und Fahrtrecht für die jeweiligen Eigentümer des Grundstücks FlNr. … Gemäß Bewilligung vom 24. März und 8. April 1909 eingetragen am 14. April 1909 und hierher übertragen am 23.02.1989“. Die Bewilligung aus dem Jahre 1909 hat in der Übertragung aus der Fassung in Deutscher Schrift folgenden Wortlaut: „Der Verkäufer räumt für sich und seine Besitznachfolger dem Käufer und dessen Nachfolgern hiermit das Recht ein, zu dem Kaufsobjekt durch die Durchfahrt, welche sich unter dem auf Pl.Nr. … stehenden Ziegeleigebäude (findet lies,) befindet, dauernd und unentgeltlich zu gehen und zu fahren. Eintrag dieser Dienstbarkeit im Hypothekenbuch auf dem Blatt des herrschenden und dienenden Grundstücks wird schon jetzt beantragt.“ Ebenso ist zu Lasten des Grundstücks mit der Flurnummer …, welches im Eigentum der Stadt … steht, östlich an das Grundstück der Antragsteller mit der Flurnummer … anschließt und die Verbindung zur öffentlichen … herstellt, in Abteilung 2 ein Geh- und Fahrtrecht zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers der Flurnummer … eingetragen (Grundbuch des Amtsgerichts …, Band 420, Blatt 18448).

Trotz des Umstandes, dass es sich um eine vor mehr als 100 Jahren bewilligte Grunddienstbarkeit (§ 1018 BGB) handelt und im Bestellungsjahr 1909 von den Parteien nicht an Automobile im heutigen Sinne gedacht wurde und gedacht werden konnte, ist kein Grund dafür ersichtlich, die offene Formulierung „Geh- und Fahrtrecht“ nicht gemessen an heutigen Verhältnissen der Fortbewegung auszulegen, insbesondere da sich im Eintragungswortlaut keine Beschränkung etwa auf Pferdekutschen oder -fuhrwerke findet. Auch das heute nicht mehr auf dem Grundstück mit der Flurnummer … existierende Ziegeleigebäude mit seiner Durchfahrt sperrt eine solche zeitangepasste Auslegung nicht, da bereits im Bestellungsjahr 1909 den Parteien - im Rahmen der damals gegebenen Bebauung - klar war, dass über die Flurnummer … zur Flurnummer … hin gegangen und gefahren werden durfte.

Eine Grunddienstbarkeit (§ 1018 BGB) ist nämlich nicht als statisch seit ihrem Eintragungszeitpunkt fortgeschriebenes beschränkt-dingliches Recht zu betrachten, sondern passt sich den Gegebenheiten zeitgemäß an (Grziwotz, NJW 2008, 1851; Mohr in MüKo BGB, 8. Aufl. 2020, § 1018 Rn. 60 ff.; Reischl in BeckOK BGB, 54. Edition 1.5.2020., § 1018, Rn. 54; zurückhaltender Otto in Ring/Grziwotz/Keukenschrijver, BGB-Sachenrecht, 4. Aufl. 2016, § 1018 Rn. 74 ff.). Orientiert am Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ist daher die Grunddienstbarkeit auszulegen, wobei vornehmlich auf den Wortlaut der Grundbucheintragung abzustellen ist und erst sekundär - soweit das der Schutz des Rechtsverkehrs unter Berücksichtigung des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs zulässt - auf die Umstände der vertragsmäßigen Vereinbarung der Grunddienstbarkeit. Von großer Bedeutung ist mithin die objektive Verkehrsauffassung; Grenzen der Anpassung sind allerdings eindeutige Regelungen (dazu Mohr in MüKo BGB, 8. Aufl. 2020, § 1018 Rn. 62; Otto in Ring/Grziwotz/Keukenschrijver, BGB-Sachenrecht, 4. Aufl. 2016, § 1018 Rn. 71, 76; Reischl in BeckOK BGB, 54. Edition 1.5.2020, § 1018 Rn. 54; s.a. Grziwotz, NJW 2008, 1851, 1852).

Eindeutige Festlegungen liegen hier gerade nicht vor. Es wurde im Kern, wie aus den obigen Zitaten ersichtlich, nur ein „Geh - und Fahrtrecht“ zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Grundstücks mit der Flurnummer … (heute der Beigeladene) bestellt. Dies aber stellt einen bloßen „Pauschalbegriff“ (Grziwotz, NJW 2008, 1851, 1852) dar, der einer zeitgemäßen Auslegung zugänglich ist. Der Wortlaut sowohl des Grundbucheintrages als auch der Urkunde spricht für ein zeitgemäßes Befahren mit Kraftfahrzeugen. Selbst bei ausdrücklicher Nennung von (Pferde-)Fuhrwerken würde nichts Anderes gelten (vgl. BGH, U.v. 18.7.2014 - V ZR 151/13 - NJW 2014, 3780 Rn. 7). Angesichts wechselnder Nutzungen in der Vergangenheit ist durch die Wohnnutzung auch keine Ausweitung zu erwarten. Dass ein „Geh- und Fahrtrecht“ kein Abstellrecht umfasst, ist insofern unschädlich, als dass weder das Erschließungsgebot nach § 34 Abs. 1 BauGB noch nach Art. 4 BayBO die Notwendigkeit eines Abstellrechts enthalten.

Im Übrigen liegen keine drittschützenden Belange der Erschließung vor, auf die sich die Antragsteller berufen könnten. Das bauordnungsrechtliche Erfordernis der Erschließung nach Art. 4 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 BayBO begünstigt den Nachbarn nur reflexartig, gewährt aber kein subjektiv-öffentliches Recht (Wolf in Simon/Busse, BayBO, 136. EL Januar 2020, Art. 4 Rn. 26 f.). Soweit Art. 4 Abs. 2 Nr. 2 BayBO neben der Sicherung der Zufahrtsmöglichkeit durch eine Grunddienstbarkeit zugunsten des Eigentümers des Baugrundstücks noch eine Verpflichtungserklärung zugunsten der Baubehörde voraussetzt (Wolf in Simon/Busse, BayBO, 136. EL Januar 2020, Art. 4 Rn. 163 ff.), ist letzteres Erfordernis offensichtlich nicht drittschützend. Selbst wenn es an ihm fehlt, führt dies bei bestehender Grunddienstbarkeit (Geh- und Fahrtrecht) zugunsten des zu erschließenden und zu Lasten des Nachbargrundstücks nicht zu einem Notwegerecht nach § 917 BGB, weil eben durch die Grunddienstbarkeit eine Verbindung mit einem öffentlichen Wege im Sinne des § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB als Ausschlusstatbestand für ein Notwegerecht vorliegt. Für das, ebenfalls nicht drittschützende, bauplanungsrechtliche Erfordernis der Erschließung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB genügt als dingliche Sicherung bei fehlendem direkten Zugang zur öffentlichen Straße sowieso eine Grunddienstbarkeit, so wie sie hier besteht (BVerwG, U.v. 3.5.1988 - 4 C 54/85 - NVwZ 1989, 353, 354; Mitschang in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 30 Rn. 26).

Schließlich wäre höchst fraglich, ob bei Bejahung eines Anordnungsanspruchs ein Anordnungsgrund vorläge. Denn nicht alles, was unter dem Gesichtspunkt des baurechtlichen Nachbarschutzes als rücksichtlos oder unzumutbar zu bewerten sein könnte, ist bereits ein für die Dauer des Hauptverfahrens nicht hinzunehmender wesentlicher Nachteil (Kuhla in BeckOK VwGO, § 123 Rn. 135.8). Es ist ein spezifisches Interesse an einer vorläufigen Regelung erforderlich und glaubhaft zu machen (Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 123 Rn. 81). Dass die Nutzung des Grundstücks der Antragsteller mit der Flurnummer … durch die Bewohner des Gebäudes des Beigeladenen auf der benachbarten Flurnummer … vermittelt durch das Geh- und Fahrtrecht so intensiv und unzumutbar ist, dass ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens unzumutbar sein soll, ist nicht ansatzweise vorgetragen.

d) Auch in bauordnungsrechtlicher Hinsicht ist die Wohnnutzung auf dem Grundstück und im Gebäude des Beigeladenen nicht rechtswidrig beziehungsweise führen Verstöße gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften nicht zu einer Ermessensreduzierung auf Null hinsichtlich eines bauaufsichtlichen Einschreitens im Einzelfall.

aa) Die Antragsteller führen allgemein die Verletzung nachbarschützender brandschutzrechtlicher Vorgaben an, die sich aus der Wohnnutzung des Beigeladenengebäudes ergebe. Für sich genommen würde dies nicht die Anforderungen an eine Glaubhaftmachung im Sinne der § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO erfüllen, allerdings führt die Bezugnahme auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 5. März 2020 (AN 17 K 17.00172), mit der die zugunsten des Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für einen Umbau und eine zukünftige Wohnnutzung vom 15. Dezember 2016 im Wesentlichen unter anderem wegen der Verletzung brandschutzrechtlicher aufgehoben wurde, zu einer hinreichenden Substantiierung.

bb) Das rechtskräftige Urteil vom 5. März 2020 (AN 17 K 17.00172), auf das zur Vermeidung von Wiederholungen im Einzelnen verwiesen wird, stützt sich unter 2. a) zum einen darauf, dass die Baugenehmigung vom 15. Dezember 2016 zu unbestimmt war und gegen Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG verstieß, weil sie für die Antragsteller nicht eindeutig erkennen ließ, inwieweit der drittschützenden Vorschrift des Art. 28 Abs. 6 Halbs. 2 BayBO hinsichtlich der beiden am nördlichsten liegenden Fensteröffnungen auf der Nordostseite des Beigeladenengebäudes im ersten Obergeschoss Genüge getan wurde. Die diesbezüglich durch den Bauherrn, den hier Beigeladenen, beantragte Abweichung nach Art. 63 BayBO wurde durch die Antragsgegnerin im Tenor der Baugenehmigung nicht behandelt und im Begründungsteil nur auf das nördlichste Fenster eingegangen, nicht aber auf das sich südlich anschließende, welches zum Teil noch innerhalb der Fünf-Meter-Linie des Art. 28 Abs. 6 Halbs. 2 BayBO liegt. Damit war die Baugenehmigung zwar hinsichtlich eines nachbarrechtlich relevanten Merkmals entgegen Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG zu unbestimmt und aufzuheben.

Daraus folgt allerdings nicht automatisch die materielle Rechtswidrigkeit der Wohnnutzung des Beigeladenengebäudes. Jedoch hat materiell-brandschutzrechtlich, wenn Gebäude, wie hier das des Beigeladenen (Flurnummer …*) und das der Antragsteller (Flurnummer …, nordwestlich an das Beigeladenengebäudes angrenzend), über Eck zusammenstoßen und wegen des direkten Anschlusses durch eine Brandwand getrennt werden müssen, der Abstand der Brandwand von der inneren Ecke, d.h. dort, wo sich die Linien der Außenwände kreuzen, gemäß Art. 28 Abs. 6 Halbs. 1 BayBO grundsätzlich mindestens fünf Meter zu betragen. Dies gilt allerdings nach Art. 28 Abs. 6 Halbs. 2 BayBO nicht, wenn bei Gebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 4 mindestens eine Außenwand auf fünf Metern Länge als öffnungslose hochfeuerhemmende Wand ausgebildet ist.

Diese Voraussetzung des Drittschutz gewährenden Art. 28 Abs. 6 BayBO ist momentan für das Beigeladenengebäude im ersten Obergeschoss nicht erfüllt, da dessen Gebäudeabschlusswand zum nordwestlich angrenzenden klägerischen Gebäude auf der Flurnummer … sich nicht fünf Meter entfernt von der inneren Ecke, die beide Gebäude bilden, befindet (Art. 28 Abs. 6 Halbs. 1 BayBO) und die alternative öffnungslose, hochfeuerhemmende Außenwand von fünf Metern (Art. 28 Abs. 6 Halbs. 2 BayBO) durch die zwei am nördlichsten liegenden Fensteröffnungen im ersten Obergeschoss auf der Nordostseite durchbrochen ist, wie sich sowohl aus den Bauvorlagen zur Baugenehmigung vom 15. Dezember 2016 als auch aus Lichtbildern, welche die Antragsgegnerin im Rahmen einer Baukontrolle mit Fotodokumentation am 10. Oktober 2019 (dort Bild 19, Ansicht von Osten) angefertigt hat, ergibt.

Allerdings ist in tatsächlicher Hinsicht zu bemerken, dass wie aus Bild 19 vom 19. Oktober 2019 ersichtlich, die nördlichste Öffnung auf der Nordostseite des Beigeladenengebäudes im ersten Obergeschoss, gerichtet zum Grundstück der Antragsteller mit der Flurnummer … hin, nicht (mehr) wie auf den Grundrisszeichnungen vom 28. April 2014 und 8. Juni 2015 (mit Genehmigungsstempel der Stadt … vom 15. Dezember 2016 versehen und Teil der Baugenehmigung vom 15. Dezember 2016) ein Fenster mehr mit einer Breite von etwa 1,20 Meter ist, sondern ein schmaler zweireihiger Streifen mit quadratischen gemauerten, nicht öffenbaren und intransparenten Glasbausteinen ist, der nicht bis zur Dachhaut heranreicht. Dem entspricht, dass bereits im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens in den Jahren 1988/1989, als das streitgegenständliche Gebäude temporär als Asylbewerberunterkunft genutzt werden sollte, hinsichtlich der besagten Öffnung mit Ergänzungsbescheid vom 2. Mai 1989 zum bauaufsichtlichen Zustimmungsbescheid der Regierung … vom 8. November 1988 zur Auflage gemacht wurde, diese in Brandwandqualität zu schließen („Im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss ist jeweils das erste Fenster in der Nordostecke (…) in Brandwandqualität zu schließen“). Damit liegt diesbezüglich zwar keine öffnungslose Brandwand im Sinne des Art. 28 Abs. 6 Halbs. 2 BayBO vor, gleichwohl ist die Gefahr des Überschlags eines Brandes auf das Gebäude der Antragsteller (Flurnummer …*) durch die fixen und gemauerten Glasbausteine, die sich nicht wie ein Fenster öffnen lassen, im Vergleich zum davor bestehenden und in der Baugenehmigung vom 15. Dezember 2016 noch zugrunde gelegten Zustand eines herkömmlichen Fensters, deutlich gemindert, noch dazu von einer Brandwandqualität der vermauerten Glasbausteine auszugehen ist.

Hinsichtlich des noch verbleibenden, sich südlich an die nördlichste Öffnung auf der Nordostseite im ersten Obergeschoss des Beigeladenengebäudes anschließende Fenster, ist die Vorgabe einer öffnungslosen, hochfeuerhemmenden Wand über fünf Meter im Sinne des Art. 28 Abs. 6 Halbs. 2 BayBO nur teilweise, die oben genannten Grundrisszeichnungen zugrunde gelegt, auf einer Länge von etwa einem halben Meter, unterschritten.

Die Verletzung des drittschützenden Art. 28 Abs. 6 Halbs. 2 BayBO führt hingegen entsprechend der unter 3. a) dargelegten Grundsätze nicht automatisch zu einem Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten zugunsten der Antragsteller. Es fehlt an einer Ermessensreduzierung auf Null hinsichtlich des Erlasses einer Nutzungsuntersagung gemäß Art. 76 Satz 2 BayBO. Dies zum einen, weil angesichts der baulichen Verbesserungen hinsichtlich der nördlichen Öffnung und der Unterschreitung der Fünf-Meter-Grenze des Art. 28 Abs. 6 Halbs. 2 BayBO hinsichtlich des sich südlich anschließenden Fenster um lediglich etwa einen halben Meter und des nur pauschalen Vortrags zur Brandgefährdung durch die Antragsteller noch kein erheblicher Grad an Gefährdung letzterer glaubhaft gemacht ist. Zudem könnte zur Erreichung der Vorgabe des Art. 28 Abs. 6 Halbs. 2 BayBO ebenso gut die Gebäudeaußenwand des Antragstellergebäudes auf der unmittelbar nordwestlich angrenzenden Flurnummer … mit beitragen.

Zum anderen gehen die Antragsteller selbst nicht von einer akuten und erheblichen Gefährdung durch die stattfindende Wohnnutzung aus, was sich bereits daran zeigt, dass sie nicht unmittelbar nach Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung vom 15. Dezember 2016 durch Beschluss des BayVGH vom 16. Juli 2019 (9 CS 19.374) im Wege des Eilrechtsschutzes nach §§ 80a Abs. 3 Satz 1, 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO eine einstweilige Nutzungsuntersagung zu erlangen suchten. Laut eigener eidesstattlicher Versicherung vom 20. Mai 2020 (Blatt 28 der Gerichtsakten) der Antragsteller sei das Beigeladenengebäude seit Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch den BayVGH „durchgehend von mehreren Personen bewohnt“ gewesen. Eine erste Aufforderung an die Antragsgegnerin dem Beigeladenen gegenüber eine Nutzungsuntersagung auszusprechen erfolgte aber erst mit E-Mail des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller an die Antragsgegnerin vom 28. April 2020. Die davor stattfindende Korrespondenz bezog sich im Wesentlichen auf eine Baueinstellung.

Schließlich besteht für die Antragsgegnerin auch die Möglichkeit, über Art. 54 Abs. 2 Satz 1 und 2 BayBO gegenüber dem Beigeladenen, dessen Gebäude hinsichtlich einer Wohnnutzung keinen Bestandsschutz genießt, anzuordnen, die entsprechende Fensteröffnung insoweit öffnungslos und hochfeuerhemmend auszugestalten, als dass sie erst nach der Fünf-Meter-Grenze des Art. 28 Abs. 6 Halbs. 2 BayBO beginnt (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, 136. EL Januar 2020, Art. 54 Rn. 53, 55). Darin läge im Vergleich zur durch die Antragsteller begehrten Nutzungsuntersagung für das Gesamtgebäude zu Wohnzwecken zunächst ein milderes Mittel, welches auch die Sicherheitsinteressen der Antragsteller bedienen würde.

Nach alldem ist das Ermessen der Antragsgegnerin noch nicht auf den Erlass einer Nutzungsuntersagung nach Art. 76 Satz 2 BayBO verengt.

cc) Das rechtskräftige Urteil vom 5. März 2020 (AN 17 K 17.00172), auf das zur Vermeidung von Wiederholungen im Einzelnen verwiesen wird, stützt sich unter 2. b) aa) weiter darauf, dass die gemäß Art. 63 BayBO beantragte und erteilte Abweichung von Art. 28 Abs. 8 Satz 1 BayBO (öffnungslose Brandwand) hinsichtlich des Windfangs im südlichen Abschnitt auf der Nordostseite des Beigeladenengebäudes, welcher nach Maßgabe der Bauvorlagen zur Baugenehmigung vom 15. Dezember 2016 eine Öffnung Richtung Süden und eine Tür Richtung Nordosten aufwies und der sich als Teil der Gebäudeabschlusswand innerhalb eines Abstandes von weniger als 2,50 Metern zur Grundstücksgrenze zur Flurnummer … befinden sollte, rechtswidrig war. Dies, weil eine Abweichung von Art. 28 Abs. 8 Satz 1 BayBO als drittschützender Vorschrift entgegenstehende herausgehobene öffentliche oder private Belange verlangt, die eine Zurückstellung des drittschützenden Ziels der öffnungslosen Brandwand rechtfertigen könnten (vgl. BayVGH, B.v. 19.7.2016 - 9 CS 15.336 - NVwZ-RR 2017, 87 Rn. 21). Solche wurde in der Begründung der Baugenehmigung vom 15. Dezember 2016 nicht aufgeführt.

Daraus resultiert allerdings nach dem heutigen Erkenntnisstand des Gerichts kein Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten zu Gunsten der Antragsteller. Sie selbst tragen nämlich vor, dass der betreffende Windfang durch den Beigeladenen unzulässiger Weise abgerissen worden sei (siehe hier unter 2. und Schriftsatz der Antragsteller auf Seite 88 der Gerichtsakten unten letzte Zeile), was sich mit Bild 8 der Fotodokumentation der Antragsgegnerin vom 17. Dezember 2019 deckt. Mit dem Abriss des Windfangs fällt auch die durch ihn ausgelöste Verletzung des Art. 28 Abs. 8 Satz 1 BayBO und somit ein diesbezüglicher Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten weg.

dd) Überdies wurde im Urteil vom 5. März 2020 (AN 17 K 17.00172) die gemäß Art. 63 BayBO beantragte und erteilte Abweichung von Art. 28 Abs. 8 Satz 1 BayBO (öffnungslose Brandwand) hinsichtlich der beiden südlichsten Fensteröffnungen auf der Nordostseite im ersten Obergeschoss als rechtswidrig eingeordnet. Zum einen, weil wie unter cc) keine herausgehobenen öffentlichen oder privaten Belange zur Rechtfertigung einer Abweichung in der Baugenehmigung vom 15. Dezember 2016 aufgeführt waren. Zum anderen, weil seitens der Antragsgegnerin unter Nichtbeachtung der Vorschrift des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO fälschlicherweise angenommen wurde, dass den Fensteröffnungen des Beigeladenengebäudes gegenüberliegend auf dem Nachbargrundstück der Antragsteller, Flurnummer …, nur ein im Mittel drei Meter hohes Gebäude errichtet werden könnte und daher eine Befreiung nach Art. 63 BayBO für möglich gehalten wurde. Jedoch sind im Rahmen der Prüfung zur Zulassung einer Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO der Zweck der Anforderung, von der abgewichen werden soll, und die öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange zu berücksichtigen, ist also die zutreffende Erfassung von Sinn und Zweck und Reichweite des nachbarschützenden Art. 28 Abs. 2, Abs. 3, Abs. 8, Abs. 11 BayBO für eine rechtmäßige Abweichungserteilung erforderlich; daran fehlte es in der Baugenehmigung vom 15. Dezember 2016.

Auch hieraus lässt sich, trotz dass die drittschützende Norm des Art. 28 Abs. 8 Satz 1 BayBO betroffen ist, kein Anspruch der Antragsteller auf eine Nutzungsuntersagung nach Art. 76 Satz 2 BayBO herleiten. Ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften führt entsprechend der unter 3. a) dargelegten Grundsätze nicht automatisch zu einer diesbezüglichen Ermessensreduzierung auf Null.

Der Verstoß gegen Art. 28 Abs. 8 Satz 1 BayBO hinsichtlich der beiden südlichsten Fensteröffnungen auf der Nordostseite im ersten Obergeschoss erreicht nämlich nicht die erforderliche Schwelle einer erheblichen Beeinträchtigung der Antragsteller, die in Abwägung mit dem Schaden des Beigeladenen durch eine Nutzungsuntersagung ein deutliches Übergewicht der nachbarlichen Interessen zur Folge hätte. In diesem Grundstücksteil nämlich liegt gegenüber den beiden Fensteröffnungen des Beigeladenengebäudes auf dem Grundstück der Antragsteller mit der Flurnummer … eine unbebaute Freifläche. Selbst wenn man entsprechend der Ausführungen im Urteil vom 5. März 2020 (AN 17 K 17.00172) mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO von einer auch grenzständigen Bebaubarkeit ausgeht, besteht derzeit unter brandschutzrechtlichen Gesichtspunkten keine gesteigerte Gefahr eines Übergreifens auf Gebäude der Antragsteller. Damit liegt gleichzeitig auch kein Anordnungsgrund vor, weil nicht ersichtlich ist, wieso nicht die Hauptsacheentscheidung abgewartet werden kann. Ein für die einstweilige Anordnung erforderliches spezifisches Interesse an einer vorläufigen Regelung (Schoch in Schoch/ Schneider/Bier, VwGO, § 123 Rn. 81) besteht nicht.

ee) Nicht Teil des Urteils vom 5. März 2020 (AN 17 K 17.00172) und durch die Antragsteller auch nicht vorgetragen, aber aus den Ansichten des Beigeladenengebäudes und -grundstücks im BayernAtlas sowie den Bauvorlagen zur Baugenehmigung vom 15. Dezember 2016 und der Fotodokumentation der Antragsgegnerin vom 28. Juni 2019 offensichtlich hervorgehend, ist der Verstoß gegen Art. 28 Abs. 8 Satz 1 BayBO durch die Erdgeschoss-Außenwand (Vorbau) im Norden mit jedenfalls zwei Fensteröffnungen zur Nordostseite in Richtung des Grundstücks der Antragsteller mit der Flurnummer … hin. Hier wäre, da die Außenwand direkt auf der Grundstücksgrenze mit der Flurnummer … steht, gemäß Art. 28 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 oder 3 BayBO eine Brandwand als hochfeuerhemmende Wand oder als Gebäudeabschlusswand, die von innen nach außen die Feuerwiderstandsfähigkeit der tragenden und aussteifenden Teile des Gebäudes, mindestens jedoch feuerhemmende Bauteile hat, erforderlich. Diese müsste gemäß Art. 28 Abs. 8 Satz 1 BayBO öffnungslos ausgestaltet sein.

Hier wie oben lässt sich aus dem Verstoß gegen Art. 28 Abs. 8 Satz 1 BayBO kein Anspruch auf eine Nutzungsuntersagung ableiten. Das Ermessen der Antragsgegnerin ist nicht auf Null reduziert, weil die erforderliche Schwelle einer erheblichen Beeinträchtigung der Antragsteller, die in Abwägung mit dem Schaden des Beigeladenen durch eine Nutzungsuntersagung ein deutliches Übergewicht der nachbarlichen Interessen zur Folge hätte, nicht erreicht ist. Derzeit ist der dem Erdgeschoss-Vorbau des Beigeladenen gegenüberliegende Teil des Grundstücks der Antragsteller (Flurnummer …) unbebaut, was, selbst wenn man entsprechend dem bereits Ausgeführten von einer Bebaubarkeit ausgeht, derzeit keine gesteigerte Gefahr eines Übergreifens eines etwaigen Brandes auf Gebäude der Antragsteller begründet. Nicht zuletzt wird der hinter dem Vorbau liegende Teil - laut der Bauvorlagen zur Baugenehmigung vom 15. Dezember 2016 und des Bildes Nummer 11 der Fotodokumentation der Antragsgegnerin vom 19. Mai 2020, deren Aussagekraft die Antragsteller durch ihren Vortrag nicht erschüttert haben - jedenfalls nicht als Wohnraum genutzt, weswegen eine Nutzungsuntersagung von Wohnzwecken diesbezüglich keinen brandschutzrechtlichen Vorteil brächte. Damit besteht auch kein spezifisches Interesse an einer vorläufigen Regelung.

ff) Nicht gerügt und durch die Antragsteller glaubhaft gemacht und auch nicht Teil der Gründe des durch sie in Bezug genommenen Urteils vom 5. März 2020 (AN 17 K 17.00172) ist die Unterschreitung von erforderlichen Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO im Rahmen der nicht genehmigten und nicht bestandsgeschützten Wohnnutzung. Das Gebäude des Beigeladenen unterschreitet allerdings nach Aktenlage unzweifelhaft die prinzipiell erforderliche Abstandsfläche zum nordwestlich angrenzenden ebenfalls grenzständig bebauten Grundstück der Antragsteller mit der Flurnummer …, wie auch umgekehrt das Gebäude der Antragsteller dies tut. Auch für die Nordostseite des Beigeladenengebäudes zum Grundstück der Antragsteller mit der Flurnummer … ausgerichtet, liegt, wenn man den Maßstab des Art. 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 4, Abs. 5 Satz 1 BayBO zugrunde legt, eine Unterschreitung der Abstandsflächen vor. Hinsichtlich des nördlich auf der Nordostseite im Erdgeschoss gelegenen Vorbaus ergibt sich dies aus dessen grenzständiger Bebauung, im Übrigen aus der Wandhöhe des Gebäudes des Beigeladenen mit im Mitteltrakt etwa 9,14 Metern (7,67 Metern + 1/3 x 4,40 Metern) und den beiden Seitentrakten nördlich und südlich davon von etwa 6,47 Metern und dem Abstand zur Grenze zum Antragstellergrundstück (Flurnummer …*) vom nördlichen Teil bis zum Abknicken der Grundstücksgrenze Richtung Süden von maximal 2,72 Metern und ab dann wegen des abgerissenen südlichen Windfangs an der breitesten Stelle von etwa 4,50 Metern und sodann nach Süden spitz zulaufend und sich verkleinernd bis sich die Grundstücksgrenze mit der Gebäudeaußenwand trifft.

Allerdings ist nach einer summarischen Prüfung nicht ausgeschlossen, dass hinsichtlich der erforderlichen Abstandsflächen eine Befreiung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO in Betracht käme und damit umgekehrt das Ermessen auf bauaufsichtliches Einschreiten in Form einer Nutzungsuntersagung nicht auf Null reduziert ist, insbesondere auch weil die Antragsteller zu den Abstandsflächen nichts spezifisch vortragen respektive glaubhaft machen. Die nähere Umgebung des Grundstücks des Beigeladenen zeichnet sich nämlich durch eine atypische Lage dergestalt aus, dass auf nahezu allen bebauten Nachbargrundstücken (s. etwa Flurnummern …, …, …, …*) entweder eine grenzständige Bebauung oder eine solche mit zu geringen Abstandsflächen besteht. Dies ist wohl Ausdruck einer historisch gewachsenen Lage im Innenstadtbereich. In solchen Lagen kann auch das Interesse des Grundstückseigentümers, vorhandene Bausubstanz zu erhalten und sinnvoll zu nutzen, eine Verkürzung der Abstandsflächen rechtfertigen (näher zur Atypik Dhom/Simon in Simon/Busse, BayBO, 136. EL Januar 2020, Art. 63 Rn. 46). Davon abgesehen ist nach Einführung des Art. 6 Abs. 1 Satz 4 BayBO wenigstens umstritten, ob überhaupt noch eine Atypik für eine Abweichung von den Abstandsflächen erforderlich ist (hierzu Kraus in Simon/Busse, BayBO, 136. EL Januar 2020, Art. 6 Rn. 63 f.). Jedenfalls aber erscheint eine Abweichung hier unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange im Sinne des Art. 63 Abs. 1 BayBO als möglich, auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die nun in Streit stehende Wohnnutzung mit Blick auf den Schutzzweck von Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO - Belichtung, Belüftung, Besonnung, Wahrung des nachbarlichen Wohnfriedens - sich nicht störender als die bereits erfolgten Nutzungen in der Vergangenheit, unter anderem zwei Mal befristet als Asylbewerberunterkunft, ausnehmen.

e) Schließlich könnten die Antragsteller, selbst wenn man die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO für eine Wohnraumnutzungsuntersagung entgegen dem oben Ausgeführten als erfüllt ansähe, nicht auch die Anordnung des Sofortvollzugs gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO verlangen. Denn dem sofortigen Vollzug einer an den Beigeladenen gerichteten Nutzungsuntersagung stünde, soweit nicht nur er selbst als Bewohner seines Hauses betroffen sein soll, die mietvertragliche Bindung an die übrigen Hausbewohner als rechtliches Hindernis entgegen. Selbst wenn man die hohen Hürden für eine außerordentliche fristlose Kündigung durch den Beigeladenen als Vermieter gemäß §§ 543, 569 BGB aufgrund seiner öffentlich-rechtlichen Verpflichtung als gegeben ansähe, müsste er bei Verweigerung der Räumung durch seine Mieter zunächst einen zivilrechtlichen Titel erwirken und könnte seiner Verpflichtung zur Unterlassung der Wohnnutzung, von seiner eigenen Person abgesehen, nicht sofort gerecht werden. Insofern hätten die Antragsteller parallel den Erlass einer weiteren Nutzungsuntersagung oder wenigstens einer Duldungsanordnung gegen die Mieter des Beigeladenen beantragen müssen, um dieses rechtliche Hindernis auszuräumen (s. BayVGH, B.v. 6.12.2011 - 15 CS 11.2402 - BeckRS 2013, 48072 Rn. 11; Manssen in Spannowsky/Manssen, BeckOK Bauordnungsrecht Bayern, 15. Edition 1.6.2020, Art. 76 Rn. 81). Daher fehlt ihnen auch ein Anordnungsgrund hinsichtlich der begehrten einstweiligen Nutzungsuntersagung, weil ohne deren sofortige Vollziehbarkeit das spezifische Interesse an einer vorläufigen Regelung (Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 123 Rn. 81) fehlt und die Hauptsache abgewartet werden könnte.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO.

Nachdem sich der Beigeladene nicht durch einen eigenen Antrag am Verfahren beteiligt hat und sich damit auch nicht dem Kostenrisiko nach § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst tragen muss, vgl. § 162 Abs. 3 VwGO.

5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1, 1.1.1 und 1.5 des aktuellen Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Nr. 9.7.1. sieht für eine Nachbarklage grundsätzlich einen Rahmen von 7.500,00 EUR bis 15.000,00 EUR vor, soweit nicht ein höherer wirtschaftlicher Schaden feststellbar ist.

Da im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO sowohl eine Baueinstellung, als auch eine Nutzungsuntersagung beantragt sind und im Rahmen der Nutzungsuntersagung wegen des nach der Rechtsprechung des BayVGH anzulegenden strengen Maßstabes der materiellen Rechtswidrigkeit bei Untersagung einer Wohnnutzung eine umfassende hauptsachegleiche Prüfung vorzunehmen ist, reduziert sich diesbezüglich der Streitwert entsprechend Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs nicht wie gewöhnlich auf ein Halb des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts.

Im Übrigen sind die beiden Anträge auf Baueinstellung und Nutzungsuntersagung zu addieren (Nr. 1.1.1. des Streitwertkatalogs), da sie einen selbstständigen materiellen Gehalt haben (vgl. § 39 GKG). Nicht nur handelt es sich um zwei unterschiedliche Rechtsgrundlagen, Art. 75 BayBO und Art. 76 Satz 2 BayBO. Baueinstellung und Nutzungsuntersagung sind auch insofern voneinander unabhängig, als dass der (Miss) Erfolg hinsichtlich eines Antrages nicht automatisch zum (Miss) Erfolg des anderen führt. Zudem sind im Falle der begehrten Untersagung einer Wohnnutzung die inhaltlichen Prüfungsmaßstäbe mit der materiellen Rechtswidrigkeit strengere (s.o.) als bei der grundsätzlich nur formelle Rechtswidrigkeit fordernden Baueinstellung (Decker in Simon/Busse, BayBO, 136. EL Januar 2020, Art. 75 Rn. 34 m.w.N.), woraus sich im konkreten Fall der materielle Eigenständigkeit ablesen lässt.

Da im Rahmen des Eilverfahrens keine substantiierten Angaben zu eventuell höheren wirtschaftlichen Schäden oder Aufwendungen im Sinne der Nr. 9.7.1. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit gemacht wurden, ist für den Antrag auf Erlass einer vorläufigen Baueinstellungsverfügung angesichts des geringen Umfanges der durch die Antragsteller vorgebrachten vermeintlich stattfindenden Bauarbeiten vom unteren Wert der Nr. 9.7.1. von 7.500,00 EUR nach unten abzuweichen und für das Hauptsacheverfahren ein Streitwert von 5.000,00 EUR anzunehmen, der sich nach Nr. 1.5. des Streitwertkatalogs im Eilverfahren auf 2.500,00 EUR verringert.

Hinsichtlich des Antrags auf Erlass einer Nutzungsuntersagung ist bei dem Gebäude des Beigeladenen, der momentanen tatsächlichen Nutzung nach, von einem Mehrfamilienhaus, welches im Erdgeschoss noch über Lagerräume verfügt, auszugehen. Insofern ist von einem Streitwert von 7.500,00 EUR auszugehen, da eine Nutzungsuntersagung zwar ein Weniger gegenüber einer Beseitigungsanordnung darstellt, umgekehrt aber ein faktisches Mehrfamilienhaus seiner Nutzungsintensität nach vom Auffangstreitwert von 5.000,00 EUR nicht mehr angemessen abgebildet ist. Der Wert von 7.500,00 EUR für das Hauptsacheverfahren ist vorliegend nicht zu halbieren, da das Eilverfahren einen fast hauptsachegleichen Prüfungsumfang ausweist.

Insgesamt ist damit ein Streitwert von 10.000,00 EUR (7.500,00 EUR + 2.500,00 EUR) festzusetzen.

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