Beschluss vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 7 L 1224/14.A
Tenor
Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22. Juli 2014 wird zurückgewiesen.
Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
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Gründe:
2Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Beschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 22. Juli 2014, mit dem in der Sache begehrt wird, die dem Antragsteller zu erstattenden Kosten auf „Null“ festzusetzen, ist zulässig (§§ 165, 151 VwGO), aber unbegründet. Zu Recht wurde der Erstattungsanspruch des Antragstellers antragsgemäß festgesetzt.
3Nach der Kostengrundentscheidung im stattgebenden Beschluss im Verfahren 7 L 1224/14.A trägt die Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens (§ 154 Abs. 1 VwGO). Nach § 162 Abs. 1 VwGO umfassen die Kosten die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten. Gemäß Absatz 2 der Vorschrift sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts stets erstattungsfähig.Dementsprechend hat der Antragsteller einen Erstattungsanspruch auf die von seinem Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwalt L. , mit Antrag vom 27. Mai 2014 geltend gemachten Gebühren und Auslagen. Nach § 2 Abs. 1, 2 Satz 1 RVG i.V.m. Nr. 3100 der Anlage 1 zum RVG (Vergütungsverzeichnis, im Folgenden: VV) ist die Verfahrensgebühr zu 1,3 entstanden, die in der Höhe gem. § 13 RVG i.V.m. Anlage 2 mit 201,- Euro bei einem Gegenstandswert von 2.500,- Euro (§ 30 Abs. 1 RVG) einen Betrag von 261,30 Euro ergibt. Nicht zu beanstanden ist ferner der Ansatz der Pauschgebühr nach Nr. 7002 VV in Höhe von 20,- Euro und nach Nr. 7008 VV die Umsatzsteuer auf diese Summe. Gegen den Rechnungsbetrag von insgesamt 334,75 Euro hat die Antragsgegnerin auch keine Bedenken erhoben.
4Diesem Erstattungsanspruch steht auch nicht entgegen, dass es sich bei dem vorliegenden Verfahren (7 L 1224/14.A) um ein Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO handelt, das zu einer Abänderung des Hauptsachetenors des Beschlusses 7 L 2353/13.A vom 5. Dezember 2013 (im Ursprungsverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO) führte. Insoweit macht die Antragsgegnerin geltend, die Kostenfestsetzung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 22. Juli 2014 beachte nicht, dass nach § 15 Abs. 2 RVG der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern könne. Bei den Verfahren 7 L 2353/13.A und 7 L 1224/14.A handele es sich um dieselbe Angelegenheit.
5Zwar ist der Antragsgegnerin zu zugestehen, dass gem. § 16 Nr. 5 RVG das Verfahren über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung und jedes Verfahren über deren Abänderung oder Aufhebung als „dieselbe Angelegenheit“ im Sinne des § 15 Abs. 2 RVG anzusehen sind. Hieraus ergibt sich, dass die Verfahren 7 L 2353/13.A und 7 L 1224/14.A für den Vergütungsanspruch eines Rechtsanwaltes als „dieselbe Angelegenheit“ zu betrachten wären. Damit könnte der Rechtsanwalt in einem Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO, das notwendig einem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO folgen muss, hinsichtlich beider Verfahren nur einmal einen Gebührentatbestand, wie etwa die Verfahrensgebühr, geltend machen.Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin lässt sich aus diesen Vorschriften aber nicht entnehmen, dass ein Kostenerstattungsanspruch gegen den unterlegenen Teil im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO nicht bestehe, wenn im vorausgegangenen Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO, in dem der Antragsteller von einem anderen Rechtsanwalt – wie hier durch L1. - vertreten wurde, ein Gebührenanspruch dieses – anderen - Rechtsanwaltes entstanden sein kann.Der Antragsgegnerin scheint hier der Gedanke vorzuschweben, dass bereits ein (fiktiver) Gebührenanspruch des im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO vertretenden Rechtsanwalts einen Gebührenanspruch eines anderen im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO vertretenden Rechtsanwaltes grundsätzlich ausschließt.Dies findet im Gesetz keine Stütze. Denn die Vorschriften der §§ 15 Abs. 2, 16 Nr. 5 RVG setzen inzident voraus, dass der Rechtsanwalt in beiden Verfahren tätig gewesen ist, weil sonst ein gebührenrechtlicher Ansatz in beiden Verfahren gedanklich schon von vorneherein ausscheidet. Vertreten also unterschiedliche Rechtsanwälte einen Antragsteller in beiden Verfahren, führt dies nicht zum Wegfall des Kostenerstattungsanspruchs.
6So auch VGH Ba-Wü, Beschluss vom 8. November 2011, - 8 S 1247/11 -, juris Rz. 16; VG Berlin, Beschluss vom 31. Oktober 2012, - 35 KE 32.12 -, juris Rz. 5, (jeweils noch unter Bezugnahme auf § 15 Abs. 2 Satz 2 RVG a.F.) und OVG Nds., Beschluss vom 31. März 2014, - 2 MC 310/13 -, n.v..
7Diese Auslegung überzeugt auch in systematischer Hinsicht. Denn zum Einen regelt das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz zunächst nur den Vergütungsanspruch eines Rechtsanwalts gegenüber seinem Auftraggeber (§ 1 Abs. 1 Satz 1 RVG) und nicht die Kostenerstattungspflicht nach einem Prozess. Die Vorschriften über „dieselbe Angelegenheit“ dienen damit der Begrenzung des Vergütungsanspruchs des Rechtsanwaltes gegenüber seinem Auftraggeber. Ein weitergehender Schutz des Prozessgegners an dieser Stelle ist jedoch nicht erforderlich. Denn der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren schlussendlich unterlegene Prozessgegner wird hinreichend durch andere – die Kostenerstattungspflicht regelnde – Normen vor übermäßiger Inanspruchnahme geschützt. So hat die kostenpflichtige Partei die Kosten mehrerer Rechtsanwälte nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwaltes nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwaltes ein Wechsel erfolgen musste (vgl. § 173 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO.).
8Die weitergehende Argumentation der Antragsgegnerin, aus § 92 Abs. 2 Satz 2 ZPO folge, dass der festgesetzte Erstattungsanspruch nicht bestehe, weil es sich vergütungsrechtlich um „dieselbe Angelegenheit“ handele in der zwei Rechtsanwälte tätig waren,
9in diesem Sinne wohl auch: OVG Nds., Beschluss vom 31. März 2014, - 2 MC 310/13 -, n.v.,
10verkennt die eigenständige Bedeutung der jeweiligen Kostengrundentscheidung. Nach dieser Logik müsste die Kostenentscheidung im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO auch die Kostenentscheidung des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO umfassen. Hierfür findet sich im Prozessrecht keine Stütze. Daneben wäre die durch § 92 Abs. 2 Satz 2 ZPO vorgeschriebene Beschränkung des Erstattungsanspruchs auf die Höhe der Vergütung nur eines Rechtsanwalts schon tatbestandlich nicht durch den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss verletzt, mit dem nur der Vergütungsanspruch eines Rechtsanwaltes gegen die Antragsgegnerin festsetzt wird.
11Hinzu kommt, dass eine beide Regelungskreise (Vergütungsanspruch und Kostenerstattungsanspruch) vermengende Betrachtungsweise, wie sie die Antragsgegnerin vorträgt, die Inanspruchnahme von gerichtlichem Rechtsschutz (nicht nur mittelloser Personen) erheblich erschwerte. Denn welcher Rechtsanwalt fände sich zur Vertretung eines Rechtsschutzsuchenden im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO schon bereit, wenn er nicht (wenigstens) schon das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO bearbeitet hätte. Schlösse der Vergütungsanspruch des Rechtsanwaltes im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO den des Rechtsanwaltes im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO grundsätzlich aus, so könnte auch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe fehlende Mittel des Rechtsschutzsuchenden nicht kompensieren, da auch die Staatskasse dann nicht leisten müsste. Vielmehr wäre dem Rechtsanwalt damit auch der Rückgriff auf den Auftraggeber endgültig verbaut (§ 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO).
12Der Antrag auf vorläufige Aussetzung der Vollziehung gem. §§ 165 Satz 2, 151 Satz 3, 149 Abs. 1 Satz 2 VwGO bis zur Entscheidung über das von der Antragsgegnerin erhobene Rechtsmittel ist mit der vorstehenden Entscheidung gegenstandslos geworden.
13Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 66 Abs. 8 GKG.
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Referenzen
- RVG § 1 Geltungsbereich 1x
- 2 MC 310/13 2x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 149 1x
- VwGO § 165 2x
- VwGO § 154 1x
- VwGO § 80 13x
- ZPO § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen 2x
- 7 L 2353/13 1x (nicht zugeordnet)
- RVG § 30 Gegenstandswert in gerichtlichen Verfahren nach dem Asylgesetz 1x
- ZPO § 122 Wirkung der Prozesskostenhilfe 1x
- RVG § 16 Dieselbe Angelegenheit 2x
- RVG § 13 Wertgebühren 1x
- RVG § 15 Abgeltungsbereich der Gebühren 4x
- 7 L 1224/14 3x (nicht zugeordnet)
- 7 L 1224/14 1x (nicht zugeordnet)
- Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 8 S 1247/11 1x
- VwGO § 162 1x
- ZPO § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht 1x
- VwGO § 173 1x
- VwGO § 151 2x
- 7 L 2353/13 2x (nicht zugeordnet)