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Die Kammer entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
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Der Kläger hat zunächst nur die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung von Trennungsgeld für November 2005 begehrt, seinen Antrag im Laufe des Verfahrens aber auf den nachfolgenden Zeitraum bis zum Ende der Verwaltungs(pflicht)station am 15.02.2006 erweitert. Diese Klageänderung ist gem. § 91 Abs. 1 VwGO zulässig. Die Einwilligung des Beklagten ist anzunehmen, weil er sich im Schriftsatz vom 11.04.2006 rügelos auf die geänderte Klage eingelassen hat (§ 91 Abs. 2 VwGO). Ungeachtet dessen ist die Klageänderung auch sachdienlich, weil sie es ermöglicht, den Streit zwischen den Beteiligten abschließend zu klären (dazu noch näher unten).
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Die geänderte Klage ist als Verpflichtungsklage gem. § 42 Abs. 1, 2. Alt. VwGO zulässig, und zwar auch insoweit, als der Kläger ohne vorherigen Antrag bei seiner Stammdienststelle die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung von Trennungsgeld für den Zeitraum vom 01.12.2005 bis zum 15.02.2006 begehrt. Die Durchführung des Verwaltungsverfahrens vor Klageerhebung ist nicht erforderlich. Da der Beklagte für November 2005 bereits eine ablehnende Entscheidung getroffen hat und der Sachverhalt im nachfolgenden Zeitraum gleich gelagert ist, ist als sicher davon auszugehen, dass er im Falle eines erneuten Antrags sein Ermessen bei der Entscheidung über die Gewährung von Trennungsgeld wiederum zum Nachteil des Klägers ausüben würde. Unter diesen Umständen wäre es ein bloßer Formalismus, die Zulässigkeit der Klage von einem vorherigen erneuten Verwaltungsverfahren abhängig zu machen (vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 14. Aufl., Rdnr. 5a vor § 68).
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Die Klage ist indessen nicht begründet. Der ablehnende Bescheid des Landgerichts Offenburg vom 19.01.2006 und der Widerspruchsbescheid des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 01.02.2006 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat für seine Fahrten von Freiburg an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg im Rahmen der Verwaltungs(pflicht)station keinen Anspruch auf Trennungsgeld in Form der (hälftigen) Fahrtkostenerstattung. Auch eine Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung kommt nicht in Betracht, denn der Beklagte hat die ablehnende Entscheidung ermessensfehlerfrei getroffen (§ 115 Abs. 5 VwGO).
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Die Anspruchsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Trennungsgeld in Form der (hälftigen) Fahrtkostenerstattung ergibt sich aus §§ 7 Abs. 4 JAG, 22 Abs. 2 S. 1 LRKG. Danach kann Rechtsreferendaren, die in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis stehen (§ 5 Abs. 1 S. 1 JAG), bei Abordnungen im Rahmen der Ausbildung unter anderem Trennungsgeld nach den für Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst des Landes geltenden Bestimmungen bewilligt werden. Diesen wiederum steht bei solchen Abordnungen die Hälfte des Trennungsgeldes nach § 22 Abs. 1 LRKG i.V.m. der LTGVO zu, die in §§ 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 6, 6 Abs. 1 im Falle einer Abordnung mit täglicher Rückkehr zum Wohnort Fahrtkostenersatz bis zur Höhe der beim Benutzen regelmäßig verkehrender Beförderungsmittel entstehenden notwendige Fahrkosten vorsieht.
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Die nähere Ausübung des dem Beklagten bei der Entscheidung über die Gewährung von Trennungsgeld in § 7 Abs. 4 JAG eingeräumten Ermessens (vgl. den Wortlaut „kann“) ist in der Verwaltungsvorschrift des Justizministeriums zur Durchführung des Landesreisekostengesetzes und der allgemeinen Verwaltungsvorschriften des Finanzministeriums zum Landesreisekostengesetz vom 05.10.2004 (Die Justiz, S. 457 ff.) - VwV-JuM -, einer ermessenslenkenden Verwaltungsvorschrift, näher geregelt. Nr. 6.2 der VwV-JuM zu § 22 bestimmt, dass bei Zuweisungen im Rahmen der Pflichtstation Trennungsgeld nur gewährt wird, wenn aus dienstlichen Gründen eine Zuweisung an eine andere als die beantragte Ausbildungsstelle erfolgt. Ausnahmen von diesem Grundsatz sieht die VwV-JuM nur für die Wahlstation vor. Nr. 6.3 VwV-JuM zu § 22 sieht zwar bei Zuweisungen im Rahmen der Wahlstation kein Trennungsgeld vor; Ausnahmen gelten hier jedoch unter anderem für Zuweisungen an die DHV (Nr. 6.3.2 der VwV-JuM zu § 22).
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Entgegen der Auffassung des Klägers führen die genannten Regelungen der VwV-JuM nicht dazu, dass im Falle einer antragsgemäßen Abordnung an den VGH Mannheim das Ermessen des Beklagten unter Berücksichtigung des Gleichheitsgrundsatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG auf Null reduziert wäre und ihm ein Anspruch auf Trennungsgeld zustünde.
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Nach dem Wortlaut der genannten Verwaltungsvorschrift ergibt sich dies zwanglos daraus, dass auch Rechtsreferendaren, die im Rahmen der Verwaltungs(pflicht)station antragsgemäß an die DHV abgeordnet werden, kein Trennungsgeldanspruch zusteht; denn Nr. 6.3.2 VwV-JuM zu § 22 bestimmt eine Ausnahme nur für Zuweisungen im Rahmen der Wahlstation. Anders als Rechtsnormen unterliegen Verwaltungsvorschriften indessen keiner eigenständigen richterlichen Auslegung. Entscheidend ist vielmehr, wie die zuständigen Behörden die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt haben und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebunden sind (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 17.01.1996 - 11 C 5.95 -, DVBl. 1996, 814 u. v. 23.04.2003 - 3 C 25.02 -, NVwZ 2003, 1384). Maßgeblich ist daher, dass der Beklagte in ständiger Praxis auch solchen Rechtsreferendaren Trennungsgeld gewährt, die im Rahmen der Verwaltungs
(pflicht)
station an die DHV abgeordnet werden. Das verhilft der Klage jedoch nicht zum Erfolg.
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Art. 3 Abs. 1 GG verlangt allerdings, dass mehrere Gruppen von Normadressaten gleich behandelt werden, wenn zwischen ihnen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass eine ungleiche Behandlung gerechtfertigt wäre. Art. 3 Abs. 1 GG zieht für eine Unterscheidung dabei umso engere Grenzen, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf verfassungsrechtlich gewährleistete Freiheiten auswirkt und je weniger der einzelne nachteilige Folgen durch eigenes Verhalten vermeiden kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 02.12.1992 - 1 BvR 296/88 -, BVerfGE 88, 5/12).
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Danach ist es nicht geboten, Rechtsreferendare, die im Rahmen der Verwaltungspflichtstation antragsgemäß an den VGH Mannheim abgeordnet werden, zwingend ebenso zu behandeln, wie die an die DHV abgeordneten. Zwischen beiden Gruppen bestehen wesentliche Unterschiede, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigen, gerade weil der Kläger die Möglichkeit gehabt hätte, die hohen Kosten für die Fahrten nach Mannheim durch einen abweichenden Zuweisungsantrag zu vermeiden, ohne im Rahmen seiner Ausbildung vor dem Hintergrund des Art. 12 Abs. 1 GG relevante Nachteile hinnehmen zu müssen.
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Am VGH Mannheim werden Rechtsreferendare im Entscheiden von Verwaltungsprozessen ausgebildet. Die typischen Tätigkeiten eines Referendars während der dortigen Ausbildung bestehen im Bearbeiten von Akten mit anschließender Anfertigung von Gutachten, Voten und Entscheidungsentwürfen. Regelmäßig gehört zur Ausbildung auch die Teilnahme an mündlichen Verhandlungen sowie an Beratungen des Senats, eventuell auch die Übernahme der Tätigkeit des Protokollführers. Zwar weist der VGH als Obergericht die Besonderheit auf, dass dort im Wesentlichen über Rechtsmittel und nicht über erstinstanzliche Streitigkeiten zu entscheiden ist (vgl. aber auch den Katalog erstinstanzlicher Zuständigkeiten in § 48 VwGO). Das mag die Ausbildung für Rechtsreferendare besonders attraktiv machen, ändert aber im Grundsatz nichts daran, dass die Ausbildung im Rahmen der Tätigkeit eines Verwaltungsrichters erfolgt, wie sie grundsätzlich auch an erstinstanzlichen Verwaltungsgerichten durchgeführt wird. Teilweise kann ein Rechtsreferendar sogar bei der Zuweisung an eine Verwaltungsbehörde Einblick, wenn nicht in das Entscheiden, so doch in das damit vergleichbare Führen von Verwaltungsprozessen gewinnen. Der Kläger hätte also ohne Weiteres die Möglichkeit gehabt, mit einem Antrag auf eine ortsnahe Zuweisung die Entstehung hoher Reisekosten zu vermeiden. Ein Verlust an Ausbildungsqualität wäre damit nicht verbunden gewesen. Zwar ist die Tätigkeit eines Richters am VGH gegenüber derjenigen eines Richters in der ersten Instanz hervorgehoben. Bei einem Rechtsreferendar, der überhaupt erst noch die Befähigung zum Richteramt erwerben muss, kann dies jedoch kein maßgeblicher Gesichtspunkt sein.
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Demgegenüber unterscheidet sich die Ausbildung an der DHV deutlich von derjenigen bei einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde. Sie besteht nicht in der Bearbeitung konkreter Fälle, sondern in einem verwaltungswissenschaftlichen Studium. Die Ausbildung in dieser Form ist tatsächlich nur ortsgebunden in Speyer möglich. Will ein Rechtsreferendar ein solches Studium absolvieren, kann er dies dementsprechend je nach Wohnort nur unter Inkaufnahme zum Teil beträchtlicher Kosten an der DHV in Speyer. Zwar steht allen Rechtsreferendaren die Möglichkeit offen, diese Kosten durch einen anderen Zuweisungsantrag zu vermeiden. Sie müssen dann allerdings auf die spezifische
Form
der Ausbildung an der DHV und nicht lediglich auf die Ausbildung an einem bestimmten Ort bzw. Gericht verzichten.
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Ohne Erfolg rügt der Kläger auch, der Bescheid des Landgerichts Offenburg vom 19.01.2006 und der Widerspruchsbescheid des OLG Karlsruhe vom 01.02.2006 seien ermessensfehlerhaft, weshalb ihm jedenfalls ein Anspruch auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zustehe. Weder kann dem Beklagten Ermessensnichtgebrauch vorgeworfen werden, noch ging er bei der Ermessensentscheidung von einem falschen Sachverhalt aus.
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Ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften wie die VwV-JuM, die dem Ziel dienen, innerhalb der Behördenhierarchie eine gleichmäßige Ermessensausübung zu erreichen, sind grundsätzlich zulässig und mit der Ermächtigung der Verwaltung nach Ermessen zu entscheiden, vereinbar (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., Rdnr. 51 zu § 40 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung).
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Die Überprüfung der Anwendung solcher Richtlinien durch die Verwaltungsgerichte hat sich im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG an den Maßstäben zu orientieren, die in § 114 VwGO gesetzt sind. Insbesondere müssen die Richtlinien selbst dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung gerecht werden und deren Grenzen einhalten. Außerdem entbindet die Ermessenssteuerung durch Richtlinien die Verwaltung nicht von der Pflicht, im Rahmen der Ermessensausübung die Besonderheiten des Einzelfalles zu berücksichtigen. Die starre Anwendung der Richtlinien ohne Berücksichtigung derartiger Umstände ist Ermessensnichtgebrauch. Maßgeblich ist letztlich, dass das Ergebnis des Einzelfalles dem Zweck der das Ermessen einräumenden Norm entspricht und deren Grenzen eingehalten werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.04.1979 - 3 C 111.79 -, BVerwGE 58, 45/51 ff.; Kopp/Schenke, a.a.O., Rdnr. 41 ff. zu § 114).
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Die Einführung des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses für Rechtsreferendare an Stelle des vorher bestehenden Beamtenverhältnisses auf Widerruf dient unter anderem dazu, die Kosten der Ausbildung der Rechtsreferendare zu verringern, ohne das Ausbildungsziel, nämlich den Erwerb der Befähigung zum Richteramt, zu gefährden. Dieser Gedanke bestimmt den Zweck der Ermessenseinräumung in § 7 Abs. 4 JAG. Die oben genannten Regelungen der VwV-JuM werden ihm in ihrer Handhabung durch die Justizverwaltung des Beklagten gerecht. Rechtsreferendare haben die Möglichkeit, durch den Antrag auf Zuweisung an eine für sie günstig gelegene Ausbildungsstelle die Entstehung von Reisekosten möglichst zu vermeiden. Muss die Zuweisung aus dienstlichen Gründen - etwa weil nur so der Ausbildungserfolg erreicht werden kann - an eine andere Stelle erfolgen, ist dem Rechtsreferendar Trennungsgeld zu gewähren. Der Beklagte wird so von vermeidbaren Kosten weitgehend entlastet, während umgekehrt die Qualität der Ausbildung gesichert bleibt.
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Besonderheiten des Einzelfalles, die ausnahmsweise zu einer von den Vorgaben der VwV-JuM abweichenden Entscheidung führen müssten, hat der Kläger weder vorgetragen noch sind sie sonst ersichtlich. Sowohl in seinem Antrag vom 19.12.2005 als auch in seinem Widerspruchsschreiben vom 14.01.2006 beruft er sich lediglich darauf, dass er aus Art. 3 Abs. 1 GG einen Anspruch habe, ebenso wie die antragsgemäß an die DHV abgeordneten Rechtsreferendare behandelt zu werden. Wie bereits oben ausgeführt, ist dies jedoch nicht der Fall. Auch das Argument, die Ausbildung am VGH sei ebenso wie die an der DHV besonders qualifiziert, was der Beklagte bei der Ermessensentscheidung verkannt habe, verhilft dem Kläger nicht zum Erfolg. Maßgeblich ist hier, worauf der Beklagte im Widerspruchsbescheid auch hingewiesen hat, dass die Rechtsreferendare mit gleicher Qualität ortsnah auch an erstinstanzlichen Verwaltungsgerichten ausgebildet werden können, während die Ausbildung an der DHV ortsgebunden nur in Speyer möglich ist (siehe dazu bereits oben).
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Zutreffend weist der Kläger zwar darauf hin, dass die hälftige Kürzung des Trennungsgeldanspruchs bei Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst dem besonderen Interesse des Beamten an der Ausbildung Rechnung trägt. Der Schlussfolgerung, bei Rechtsreferendaren sei eine weitere Kürzung deshalb ermessensfehlerhaft, ist allerdings nicht zu folgen. Die Ermessenseinräumung in § 7 Abs. 4 JAG dient gerade dazu, auch den hälftigen Trennungsgeldanspruch versagen zu können.
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Da der Beklagte die Ermessensentscheidung jedenfalls im Widerspruchsbescheid entsprechend den Anforderungen aus § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG begründet hat (vgl. dazu § 45 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 VwVfG), greift auch die Rüge des Klägers nicht durch, der Beklagte habe seine Ermessensentscheidung über die durch § 114 Satz 2 VwGO gezogenen Grenzen hinaus im gerichtlichen Verfahren nicht nur ergänzt, sondern durch eine neue ersetzt.
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