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| In der in der mündlichen Verhandlung erfolgten Antragsbeschränkung liegt eine teilweise Klagerücknahme und nicht nur - wie der Kläger meint - eine Klarstellung des ursprünglichen Antrags. Insoweit war das Verfahren nach § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. |
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| Der anwaltlich vertretene Kläger hat ausweislich der Klageschrift ursprünglich die vollständige Aufhebung des Kostenbescheids vom 25.10.2019 und des Widerspruchsbescheids vom 06.05.2020 beantragt. Ein anwaltlich vertretener Kläger muss sich grundsätzlich an seinen Anträgen festhalten lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.06.2010 - 5 B 48.09 -, juris Rn. 9; Stuhlfauth in Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 8. Aufl. 2021, § 88 Rn. 4). Zwar ist auch bei einem anwaltlich vertretenen Kläger nicht ausgeschlossen, dass die Auslegung des Klageantrags zu einem vom Wortlaut des Antrags abweichenden Ergebnis führt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.01.2012 - 9 B 56.11 -, juris Rn. 8; W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 88 Rn. 3). Hierfür genügt aber - jedenfalls bei einem eindeutig formulierten Antrag - ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht, dass sich die Begründung nicht zu allen Aspekten des angegriffenen Bescheids verhält. Ungeachtet dessen trifft es zwar zu, dass sich die Klagebegründung nicht direkt zu den festgesetzten Gebühren verhält. Da der Kläger jedoch die Einschaltung des Treuhandvereins dem Grunde nach beanstandet hat, hat er mittelbar auch die festgesetzte Gebühr angegriffen. Denn die Erhebung von Kosten (Gebühren und Auslagen) setzt voraus, dass die zugrundeliegende Amtshandlung ihrerseits rechtmäßig ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.05.2018 - 3 C 25.16 - juris Rn. 11 [für Polizeikosten]; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 15.02.2022 - 13 S 2110/21 -, juris Rn. 29 [für Kosten nach dem BKrFQG], und vom 03.05.2021 - 1 S 512/19 - juris Rn. 31 [für Gebühren betreffend die Anwendung unmittelbaren Zwangs]; OVG Niedersachsen, Urteil vom 20.12.2017 - 13 LC 161/15 -, juris Rn. 128 [für Kontrollen nach dem LFGB]). |
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| Sie hat jedoch nur im tenorierten Umfang Erfolg. Soweit im Kostenbescheid ein 488,02 EUR übersteigender Betrag festgesetzt wurde, ist dieser rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). |
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| 1. Bei der Anfechtung von Bescheiden über die Heranziehung zu Kosten ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Entstehens der Kostenschuld abzustellen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 15.02.2022 - 13 S 2110/21 -, juris Rn. 23, vom 03.05.2021 - 1 S 512/19 -, juris Rn. 22 und vom 29.09.2020 - 1 S 2999/19 -, juris Rn. 38; Niedersächsisches OVG, Urteile vom 19.03.2019 - 11 LC 557/18 - juris Rn. 20 und vom 04.12.2019 - 10 LC 261/17 -, juris Rn. 32; Sächsisches OVG, Urteil vom 20.01.2014 - 3 A 623/12 -, juris Rn. 44; jeweils m. w. N.; zum niedersächsischen Verwaltungskostenrecht vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.05.2018 - 7 C 34.15 -, juris Rn. 16 ff.). |
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| Ausgehend hiervon ist im Streitfall die zum 25.10.2019 geltende Rechtslage zu Grunde zu legen. Denn zu diesem Zeitpunkt ist die streitgegenständliche Kostenschuld entstanden. Die Verpflichtung zur Erstattung der Auslagen entstand mit der Aufwendung des zu erstattenden Betrags (§ 6 Abs. 1 GebOSt [unverändert gültig seit dem 26.09.2015] i. V. m. dem insoweit fortgeltenden § 11 Abs. 2 VwKostG). |
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| 2. Rechtsgrundlage für die Festsetzung der Auslagen für den Treuhandverein ist § 55 Abs. 1 FahrlG (unverändert gültig seit dem 01.01.2018) i. V. m. § 2 Nr. 5 GebOSt (unverändert gültig seit dem 01.08.2013) i. V. m. §§ 5, 6, 8, 9 JVEG (in der bis zum 31.12.2020 geltenden Fassung; im Folgenden: a. F). Nach § 55 Abs. 1 FahrlG werden für Amtshandlungen nach dem FahrlG Kosten erhoben. Von der dort in Abs. 2 enthaltenen Ermächtigung, durch Rechtsverordnung gebührenpflichtige Tatbestände zu bestimmen, hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur durch Erlass der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr Gebrauch gemacht. Nach § 2 Nr. 5 GebOSt hat der Gebührenschuldner als Auslagen die in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes zu zahlenden Beträge zu tragen. |
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| Ausgehend hiervon ist der Kostenbescheid nur teilweise rechtmäßig. |
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| a) Der angegriffene Kostenbescheid ist formell rechtmäßig. Das Landratsamt ist nach § 51 Abs. 1 Satz 1 FahrlG i. V. m. § 8 Nr. 4 FeFahrlZuVO i. V. m. § 15 Abs. 1 Nr. 1 LVG sachlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit des Landratsamts X folgt aus § 50 Abs. 1, As. 2 Nr. 2 FahrlG, da sich die Fahrschule des Klägers in X befindet. Durchgreifende formelle Fehler sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. |
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| b) Der angegriffene Gebührenbescheid steht aber nur teilweise mit dem materiellen Recht in Einklang. |
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| aa) Entgegen der Auffassung des Klägers begegnet jedoch die Beauftragung des Treuhandvereins keinen grundsätzlichen Bedenken. |
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| Normativer Anknüpfungspunkt für eine Einbeziehung Privater in die Überwachung der Fahrschulen ist § 51 Abs. 1 Satz 3 FahrlG. Nach der genannten Norm kann sich die für die Überwachung zuständige Behörde zur Überwachung der Fahrschulen geeigneter Personen und Stellen nach Landesrecht bedienen. Ob diese Norm eine Beleihung ermöglicht oder lediglich auf die Möglichkeiten der Verwaltungshilfe verweist, kann dahinstehen, da eine Beleihung des Treuhandvereins nicht vorliegt. |
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| (1) Die Grenzen einer zulässigen Verwaltungshilfe sind im Streitfall nicht überschritten. |
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| Ein Verwaltungshelfer unterstützt die öffentliche Verwaltung bei der Durchführung bestimmter Verwaltungsaufgaben, wird aber - im Unterschied zum Beliehenen - nicht selbständig tätig, sondern nimmt Hilfstätigkeiten im Auftrag und nach Weisung der öffentlichen Verwaltung wahr. Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass der Verwaltungshelfer in bestimmtem Umfang eigenverantwortlich vorbereitende Aufgaben wahrnimmt. Unzulässig ist es jedoch, den Verwaltungshelfer mit selbständigen Entscheidungen zu betrauen oder ihm öffentlich-rechtliche Befugnisse zur eigenverantwortlichen Ausübung zu übertragen. Die Behörde darf sich weder ihrer Verantwortung noch ihrer öffentlich-rechtlichen Bindungen entledigen. Eine zulässige Verwaltungshilfe setzt somit voraus, dass dem Verwaltungshelfer ein Auftrag erteilt wird, der Umfang und Grenzen seiner Inanspruchnahme erkennen lässt. Nur so ist sichergestellt, dass dem Verwaltungshelfer keine unzulässigen Spielräume verbleiben und er „verlängerter Arm“ der Verwaltung und nicht „faktisch Beliehener“ ist (vgl. zu alledem: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.02.2022 - 13 S 2110/21 -, juris Rn. 57 ff. m. w. N.). |
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| Ausgehend hiervon überschreitet die im Streitfall vorgenommene Beauftragung des Treuhandvereins nicht die Grenzen einer zulässigen Verwaltungshilfe. Denn durch die Bestätigung der vom Treuhandverein vorgelegten Liste durch das Landratsamt hat dieses die Letztverantwortung für die Auswahl der zu überwachenden Fahrschulen übernommen; auch über den Umfang der durchzuführenden (Regel-)Überwachung bestand kein Zweifel (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.07.1985 - 10 S 2118/84 -, GewArch 1986, 101). |
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| (2) Entgegen der Auffassung des Klägers liegt auch keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Fahrschulen mit anderen Betrieben vor, die (regel-)überwacht werden. |
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| Art. 3 Abs. 1 GG verbietet, wesentlich Gleiches ungleich, und gebietet, wesentlich Ungleiches entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln. Dabei liegt es grundsätzlich in der Zuständigkeit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinne als gleich ansehen will. Der Gesetzgeber muss seine Auswahl allerdings sachgerecht treffen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.05.2004 - 2 BvR 2374/99 -, BVerfGE 110, 370 = juris Rn. 129 und Beschluss vom 20.04.2004 - 1 BvR 610/00 -, juris Rn. 6; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.03.2022 - 2 S 1779/20 -, juris Rn. 52). Eine verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung liegt nur dann vor, wenn sie von ein und demselben Hoheitsträger in seinem eigenen Kompetenzbereich ausgeht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.10.2014 - 2 BvR 920/14 -, juris Rn. 22 m. w. N.). |
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| Gemessen hieran ist nichts dafür ersichtlich, dass eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung zwischen Fahrschulen und anderen Betrieben vorliegen könnte. Der Kläger zeigt dies auch nicht nachvollziehbar auf. Er behauptet vielmehr lediglich pauschal, in anderen Branchen würden Überwachungen stets (und kostengünstiger) durch die Behörde selbst erfolgen. Dies ist jedoch bereits so nicht zutreffend. Wie § 26 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LVwVfG zeigt, kann die Behörde stets erforderlichenfalls Sachverständige einschalten. Dies geschieht nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Beklagten in der mündlichen Verhandlung auch vielfach. Ungeachtet dessen sieht der Gesetzgeber in § 51 Abs. 1 Satz 2 FahrlG ausdrücklich vor, dass die Behörde sich zur Durchführung der Überwachung der Fahrschulen Dritter bedienen kann. Eine vergleichbare Regelung findet sich in § 11 Abs. 2 Satz 1 BKrFQG für die Überwachung von Ausbildungsstätten nach dem Berufskraftfahrer-Qualifikationsgesetz. Weshalb dem Gesetzgeber die Eröffnung dieser Möglichkeit im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG verwehrt sein könnte, hat der Kläger weder nachvollziehbar erläutert, noch ist hierfür auch nur ansatzweise etwas ersichtlich. Es liegt auf der Hand, dass es jenseits des Funktionsvorbehalts des Art. 33 Abs. 4 GG grundsätzlich im Organisationsermessen des Staats liegt, ob er Aufgaben durch eigenes Personal wahrnimmt oder insoweit erforderliche Leistungen am Markt einkauft. |
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| bb) Allerdings ist die Höhe der geltend gemachten Auslagen rechtlich zu beanstanden. |
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| Bei den Kosten für den Treuhandverein handelt es sich um in entsprechender Anwendung des JVEG zu zahlende Beträge (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 GebOSt). Wird in einem Verwaltungsverfahren ein Sachverständiger eingeschaltet, so gelten nach § 26 Abs. 3 Satz 2 LVwVfG die Vorschriften des JVEG entsprechend. Dies ist vorliegend der Fall, denn der Treuhandverein wird für die Behörde als Sachverständiger tätig. |
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| (1) Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 JVEG a. F. ist dann, wenn die Leistung - wie hier - auf einem Sachgebiet zu erbringen ist, das in keiner Honorargruppe genannt wird, diese unter Berücksichtigung der allgemein für Leistungen dieser Art außergerichtlich und außerbehördlich vereinbarten Stundensätze einer Honorargruppe nach billigem Ermessen zuzuordnen. Dabei ist mit der Berücksichtigung der außergerichtlich oder außerbehördlich erzielten Stundensätze ein Ermessensfaktor gesetzlich vorgegeben, der neben anderen Ermessensfaktoren zu berücksichtigten ist (vgl. Binz in Binz/Dorndörfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 4. Aufl. 2019, JVEG § 9 Rn. 14; Schneider in Schneider, JVEG, 3. Aufl. 2018, § 9 Rn. 5 m. w. N.). |
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| Hat - wie im Streitfall - die Behörde ein Gutachten in Auftrag gegeben, so ist sie nach § 26 Abs. 3 Satz 2 LVwVfG für die Entschädigung des Gutachters zuständig. Es obliegt folglich ihr, die erbrachte Leistung, die in keiner Honorargruppe genannt ist, nach billigem Ermessen einer bestimmten Honorargruppe zuzuordnen. Zwar kann die Behörde insoweit Stellungnahmen des Sachverständigen (hier des Treuhandvereins) einholen. Dies wird sich häufig anbieten, da dieser oftmals über außerbehördlich erzielte Stundensätze Auskunft geben können wird. Die Behörde darf aber nicht die Ermessensentscheidung selbst auf den Gutachter delegieren. Die Ausübung billigen Ermessens ist genuin hoheitliche Aufgabe, die nur im Rahmen einer - hier nicht vorliegenden - Beleihung von Privaten erfüllt werden dürfte. |
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| Ausgehend hiervon fehlt es an einer ordnungsgemäßen Ausübung billigen Ermessens durch die Behörde. Folglich kann lediglich der Mindestsatz (Honorargruppe 1, 65,-- EUR) gegenüber dem Kläger geltend gemacht werden. |
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| Das Landratsamt hat zunächst überhaupt keine Ermessenserwägungen angestellt. Ausweislich der Behördenakte hat der Treuhandverein mit Schreiben vom 16.10.2018 das Regierungspräsidium X darüber informiert, dass der Verwaltungsrat des Treuhandvereins die Stundensätze angehoben habe. Das Landratsamt hat dann den vom Treuhandverein mit Rechnung vom 23.10.2019 berechneten Stundensatz i. H. v. 75,-- EUR (= Honorargruppe 3) akzeptiert, ohne das erkennbar wäre, dass sich das Landratsamt bewusst gewesen wäre, insoweit selbst billiges Ermessen ausüben zu müssen. Im weiteren Verlauf hat das Landratsamt zwar eine Stellungnahme des Treuhandvereins zu den Einwänden des Klägers - und damit auch zur Höhe der Stundensätze - eingeholt, auf die es in der Abgabenachricht auch Bezug genommen hat. Eine Ermessensbetätigung ist jedoch abermals nicht erkennbar, vielmehr lässt die Formulierung, das Landratsamt vermöge „keine offensichtlichen Fehler bei der Rechnungslegung durch den Treuhandverein“ zu erkennen, darauf schließen, dass ihm abermals nicht bewusst gewesen ist, billiges Ermessen ausüben zu müssen. Dagegen lassen die Ausführungen des Regierungspräsidiums im Schreiben vom 17.02.2020, auf das der Widerspruchsbescheid vom 06.05.2020 Bezug nimmt, (gerade noch) erkennen, dass Ermessenserwägungen angestellt worden sind. Denn das Regierungspräsidium hat sich die Ausführungen des Treuhandvereins ausdrücklich zu eigen gemacht und ausgeführt, aus diesen Gründen sei ein Stundensatz von 75,-- EUR nicht zu beanstanden. Diese Erwägungen sind jedoch defizitär, weil sie den rechtlichen Maßstab des § 9 Abs. 1 Satz 3 JVEG a. F. verfehlen. Denn sie beschränken sich inhaltlich auf den Finanzierungsbedarf des Treuhandvereins, der zudem nur behauptet wird. So hat der Treuhandverein in seiner Stellungnahme vom 28.11.2019 lediglich ausgeführt, seitdem die pädagogische Überwachung des Theorieunterrichts in die Fahrschulüberwachung mitaufgenommen worden sei, sei ein finanzieller Mehraufwand etwa für die Ausbildung des Überwachungspersonals und die Anpassung der EDV entstanden, der über einen höheren Stundensatz refinanziert werden müsse. Er verfolge keine Gewinnerzielungsabsicht und arbeite ausschließlich kostendeckend. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass der vom Gesetzgeber vorgegebene Ermessensfaktor der außerbehördlich erzielbaren Stundensätze vorliegend ausfällt, da es keinen außerbehördlichen Markt für die Fahrschulüberwachung gibt. Gerade deshalb wären jedoch von der Behörde die aus ihrer Sicht maßgeblichen Parameter zu bezeichnen und zu gewichten gewesen. Dies ist aber nicht erfolgt, vielmehr hat das Regierungspräsidium sich einseitig die wirtschaftlichen Argumente des Treuhandvereins zu eigen gemacht. |
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| Im gerichtlichen Verfahren sind die Ermessenserwägungen zwar zulässigerweise ergänzt worden (vgl. § 114 Satz 2 VwGO). Auch die Ergänzungen sind jedoch defizitär. Insoweit hat das Landratsamt sich eine (weitere) Stellungnahme des Treuhandvereins vom 14.06.2022 zu eigen gemacht, in der der Treuhandverein unter anderem ausgeführt hat, dass nach § 15 der Durchführungsverordnung zum Fahrlehrergesetz in erster Linie Inhaber einer Fahrererlaubnis eingesetzt werden, denen ein Stundensatz entsprechend einer Fahrstunde angeboten werden müsse. Ein Vergleich mit (niedrigeren) Stundensätzen etwa in Berlin oder Brandenburg sei nicht zielführend, da die Fahrschulüberwachung „Ländersache“ sei und insoweit Unterschiede bestünden. Zwar mag das Argument der besonderen Qualifikation nach § 15 der Durchführungsverordnung zum Fahrlehrergesetz i. d. bis zum 31.12.2019 geltenden Fassung ein Gesichtspunkt bei der Ausübung des billigen Ermessens sein. Es fehlt jedoch abermals an einer Benennung und Gewichtung der maßgeblichen Aspekte durch den Beklagten, vielmehr macht dieser sich wiederum schlicht die Erwägungen des Treuhandvereins zu eigen. Diese erschöpfen sich indes im Wesentlichen in unbelegten und pauschalen Behauptungen. So wird die Behauptung, Fahrstunden seien in Baden-Württemberg teurer als in Berlin oder Brandenburg, weder erläutert noch belegt. Auch dass es nicht möglich sei, Personal zu finden, wenn nicht der Stundensatz „entsprechend dem Preis einer Fahrstunde“ angeboten werde, ist eine bloße, nicht weiter belegte, Behauptung. Ungeachtet dessen erklärt dies nicht, weshalb ein Stundensatz von 75,-- EUR notwendig sein sollte, nachdem nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung dieser 2019 für eine Fahrstunde zwischen 50,-- und 52,-- EUR berechnet hat. Berücksichtigt man, dass eine Fahrstunde lediglich 45 Minuten dauert, ergäbe sich hieraus lediglich ein Stundensatz von 66,67 EUR bis 69,34 EUR, wobei weiter einzustellen ist, dass die Kosten für die Fahrstunde nicht nur die reine Zeit vergüten, sondern die gesamten wirtschaftlichen Investitionen der Fahrschule refinanzieren müssen. |
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| Zur Vermeidung von Missverständnissen weist die Kammer darauf hin, dass die Behörde bei der Ausübung billigen Ermessens für die Einstufung in eine Honorargruppe nicht sämtliche denkbaren Gesichtspunkte in allen Einzelheiten darstellen und „abarbeiten“ muss. Sie muss jedoch zu erkennen geben, welche Punkte sie für im Wesentlichen maßgeblich hält und diese dann gegeneinander abwägen. Nur so ist sichergestellt, dass Auslagen nur nach Maßgabe des JVEG festgesetzt werden und der Treuhandverein nicht faktisch wie ein öffentlicher Hoheitsträger Gebühren für seine Tätigkeit durch eine Satzung festsetzt. |
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| (2) Auch die Zahl der abgerechneten Stunden ist zu hoch angesetzt. |
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| Entgegen der Auffassung des Klägers ist jedoch weder zu beanstanden, dass Zeiten im Stau und Wartezeiten abgerechnet wurden, noch, dass kein Prüfer aus X eingesetzt wurde. |
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| Ausweislich § 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG wird ein nach Stundensätzen bemessenes Honorar auch für notwendige Reise- und Wartezeiten gewährt. Es liegt auf der Hand, dass dann, wenn die Anreise zu einem bestimmten Termin - wie hier der Fahrstunde - erforderlich ist, der Prüfer so losfahren muss, dass er zu Beginn des Termins auch da ist. Der Einbau eines „Puffers“ ist nicht nur nicht zu beanstanden, sondern vielmehr notwendig. Dass hier ein unverhältnismäßig langer „Puffer“ eingebaut worden wäre, hat der Kläger selbst nicht nachvollziehbar vorgetragen, derartiges ist auch nicht ersichtlich. Auch der durch einen Stau verursachte Zeitaufwand gehört zu den notwendigen Reisezeiten. Hat ein Zug Verspätung oder wird ein Umweg durch eine Straßensperrung erforderlich, so gehört dies zu den erforderlichen Reisezeiten (vgl. Bleutge in BeckOK Kostenrecht, 37. Edition 01.04.2022, JVEG § 8 Rn. 35). Für einen Stau gilt nichts anderes. |
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| Auch ist nicht zu beanstanden, dass im Streitfall eine Prüferin aus X eingesetzt wurde. Die zu prüfende Fahrschule hat keinen Anspruch darauf, dass ein bestimmter Prüfer ausgewählt wird. Auch wenn aus ökologischen und ökonomischen Gründen der Einsatz eines Prüfers aus der Nähe der Fahrschule wünschenswert sein mag, kann - jenseits unverhältnismäßiger Entfernungen - nicht verlangt werden, dass gerade ein Prüfer aus der näheren Umgebung tätig wird. Von einer unverhältnismäßigen Entfernung kann im Streitfall jedoch ersichtlich nicht ausgegangen werden. Die einfache Entfernung zwischen X und X beträgt rund 35 Kilometer. |
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| Zu beanstanden ist aber, dass die Prüfung insgesamt 255 Minuten in Anspruch genommen hat. Nach den - freilich für das Gericht nicht verbindlichen - Anwendungshinweisen des Verkehrsministeriums vom 16.04.2018 ist eine regelmäßige Überwachungszeit von 240 Minuten vorgesehen. Diese wurde hier um 15 Minuten überschritten. Eine nachvollziehbare Erklärung für diese Überschreitung vermochte der Beklagte nicht zu geben. Die Einlassung des Treuhandvereins, es hätten Daten „aus Zeitknappheit zunächst auf Papier notiert und später in den PC eingegeben werden“ müssen, vermag die Kammer nicht nachzuvollziehen, zumal der Kläger in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen vorgetragen hat, vorab die Seminarlisten vorgelegt zu haben. Ausgehend hiervon waren 15 Minuten der abgerechneten Zeit nicht notwendig. Dagegen sieht die Kammer keinen Anlass für eine weitergehende Kürzung der abgerechneten Stunden. Zwar ist der Kläger der Auffassung, insgesamt seien 20 Minuten für die Überprüfung der Seminarlisten aufgewandt worden, dies sei gänzlich unnötig gewesen. Im Rahmen der vom Verkehrsministerium für regelmäßig erforderlich erachten Zeitspanne von vier Stunden ist es jedoch nicht Aufgabe der Behörde oder des Gerichts, jeden Handgriff des Prüfers im Einzelnen auf seine Effizienz hin zu untersuchen. |
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| (3) Die vom Treuhandverein gegenüber dem Landratsamt geltend gemachten Auslagen sind nicht zu beanstanden und durften daher gegenüber dem Kläger festgesetzt werden. Die Höhe des Kilometergelds ergibt sich aus § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 JVEG und beträgt 0,30 EUR pro Kilometer. Dass der Treuhandverein von einer unzutreffenden Kilometerzahl ausgegangen wäre, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Daher kann das Kilometergeld i. H. v. insgesamt 11,10 EUR wie abgerechnet zu Grunde gelegt werden. Die Schreibauslagen sind ebenfalls nicht zu beanstanden. Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 können für die ersten 50 Seiten 0,50 EUR pro Seite abgerechnet werden. Einwände gegen die Zahl der gemachten Kopien bzw. Ausdrucke hat der Kläger nicht erhoben. Soweit der Treuhandverein „sonstige Auslagen“ geltend macht, sind Einwendungen nicht vorgebracht. Sie sind auch nicht erkennbar. Parkgebühren sind nach § 5 Abs. 1 JVEG zu ersetzen, sonstige Barauslagen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 JVEG. |
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| (4) Nach alledem sind folgende Auslagen berechtigt: |
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| | | | | | | | | | | | | | | | | | | | Ersatz sonstiger Aufwendungen |
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| Dabei ist eine Fahrtzeit von 117 Minuten und eine Zeit für die Überwachung selbst von 240 Minuten zu Grunde zu legen, dies sind 357 Minuten, die nach § 8 Abs. 2 Satz 2 JVEG a. F. auf 360 Minuten = 6 Stunden aufzurunden sind. |
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| Soweit das Verfahren nach Zurücknahme der Klage eingestellt wurde, ist dieses Urteil unanfechtbar (§ 92 Abs. 3 Satz 2 VwGO analog). |
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