Beschluss vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen - 12 K 1910/22
Tenor
Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen erklärt den zu ihm beschrittenen Rechtsweg für unzulässig und verweist den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 17a Abs. 2 GVG an das Landgericht Köln.
1
G r ü n d e:
2Das Verfahren ist gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) an das Landgericht Köln zu verweisen, da der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nicht eröffnet ist.
3Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Hier ergibt sich eine ausdrückliche Zuweisung zur ordentlichen Gerichtsbarkeit aus § 104 Satz 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG). Danach ist die Zuständigkeit zur Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten, durch die ein Anspruch aus einem der im Urheberrechtsgesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird (Urheberrechtsstreitsachen), den ordentlichen Gerichten zugewiesen. Die Verwaltungsgerichte sind nach § 104 Satz 2 UrhG nur für Urheberrechtsstreitsachen aus Dienstverhältnissen zuständig, die ausschließlich Ansprüche auf Leistung einer vereinbarten Vergütung zum Gegenstand haben.
4Zweck der Konzentration von Urheberrechtsstreitsachen auf den ordentlichen Rechtsweg ist die besondere Sachkunde des auf Urheberrechtsstreitigkeiten spezialisierten Gerichts,
5vgl. BGH, Beschluss vom 22. März 2016 – I ZB 44/15 –, juris Rn. 13.
6Das Urheberrecht ist eine Spezialmaterie, mit der solche Richterinnen und Richter betraut werden sollen, die häufig über urheberrechtliche Fragen zu entscheiden haben und auf diese Weise entsprechende Erfahrungen gewinnen konnten. Außerdem sollen uneinheitliche richterliche Entscheidungen vermieden werden. Diese Vereinheitlichung strebt der Gesetzgeber dadurch an, dass er Streitigkeiten auf dem Gebiet des Urheberrechts gemäß § 104 UrhG den ordentlichen Gerichten zuweist und den Ländern mit § 105 UrhG die Möglichkeit eröffnet, spezielle Landgerichte und Amtsgerichte für Urheberrechtsstreitsachen zu bestimmen.
7Vgl. Beck/OK UrhR/Reber, 33. Ed. 15.01.2022, § 104 UrhG, Rn. 1.
8Im Hinblick auf diese Zwecksetzung ist der Begriff der Urheberrechtsstreitsache weit auszulegen.
9Unter den Begriff fallen alle Streitigkeiten, bei denen urheberrechtlichen Rechtsquellen zumindest eine mittelbare Relevanz zukommt.
10Vgl. BGH, Beschluss vom 22. März 2016 – I ZB 44/15 –, juris Rn. 13.
11Kommen mehrere Anspruchsgrundlagen oder Verletzungshandlungen in Betracht, genügt es, dass der Anspruch zusätzlich auch auf das Urheberrecht gestützt werden kann. Es bleibt eine Urheberrechtsstreitsache.
12Vgl. Dreier/Schulze/Schulze, 2. Aufl. 2022, § 104 UrhG, Rn. 6f.
13Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nach diesem Maßstab eine Urheberrechtsstreitsache, da die Klägerin einen Anspruch auf Vergütung wegen Urheberrechtsverletzung gegen das Bundesministerium für Gesundheit aus §§ 2, 11, 14, 15, 97 UrhG geltend macht. Für Ansprüche dieser Art ist gemäß § 104 Satz 1 UrhG der ordentliche Rechtsweg eröffnet.
14Den Schriftsätzen der Klägerin vom 23. Mai 2022, 6. Juni 2022, 17. Juni 2022 und 12. Juli 2022, die nach der gerichtlichen Anhörung zur beabsichtigten Verweisung eingegangen sind, kann kein Vortrag entnommen werden, der eine abweichende Würdigung begründen würde.
15Gemäß §§ 71 Abs. 1, 23 Nr. 1 GVG, §§ 12, 17, 32 Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 1 der Verordnung über die Zusammenfassung von Designstreitsachen, Kennzeichenstreitsachen und Urheberrechtsstreitsachen sowie Streitigkeiten nach dem Olympiamarkenschutzgesetz ist sachlich und örtlich das Landgericht Köln zuständig.
16Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten (§ 17b Abs. 2 GVG).
17Rechtsmittelbelehrung:
18Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, zu.
19Die Beschwerde ist schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, einzulegen. Über sie entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, falls das beschließende Gericht ihr nicht abhilft.
20Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
21Im Beschwerdeverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO.
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