Urteil vom Verwaltungsgericht Halle (4. Kammer) - 4 A 142/16

Tatbestand

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Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu Beiträgen für die Herstellung der zentralen öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungsanlage des Beklagten.

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Sie war seit dem Jahr 2010 bzw. dem Jahr 2014 Eigentümerin der selbstständigen Buchgrundstücke Gemarkung {G.}, Flur, Flurstücke {H.}. Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. {I.} der mit der ortsüblichen Bekanntmachung seiner Genehmigung am 13. März 1996 in Kraft getreten ist.

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Im Januar 1996 schlossen die Stadt {G.} und der Abwasserzweckverband {G.} mit der {J.} mbH (Erschließungsunternehmerin) einen "Erschließungsvertrag gem. § 124 BauGB", der gemäß der zwischen dem Abwasserzweckverband {G.} und der Erschließungsunternehmerin geschlossenen Zusatzvereinbarung vom 23. Januar 1996 unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Vorstands des Zweckverbands stehen sollte und dem die Verbandsversammlung des Zweckverbands am 03. April 1996 zustimmte. Danach übertrugen die Stadt {G.} und der Abwasserzweckverband {G.} der GmbH die wegemäßige und die abwassertechnische Erschließung des Bebauungsplangebiets mit Ausnahme des im Bebauungsplan vorgesehenen Landschaftsschutzgebiets. Unter § 9 des Vertrags vereinbarten sie folgende Regelung:

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"1.) Die Unternehmerin beabsichtigt, mit allen Fremdanliegern Werkverträge über die Erschließungsarbeiten abzuschließen. Zu diesem Zweck wird die Unternehmerin die gesamten Erschließungskosten entsprechend einem gesonderten Umlageschlüssel auf die Anlieger des Erschließungsgebietes umlegen. Falls es mit einem Fremdanlieger dadurch nicht zum Vertragsschluss kommt, dass das Eigentum an den Erschließungsanlagen bereits gem. Abs. 3 auf die Stadt bzw. den Abwasserzweckverband übergegangen ist, wird insoweit, je nach Gewerk, die Stadt und / oder der Abwasserzweckverband eintrittspflichtig. Im Falle der Eintrittspflicht wird der Eintrittspflichtige den Fremdanlieger zu entsprechenden Erschließungs- und Anschlussbeiträgen heranziehen und diese an die Unternehmerin weiterleiten. Ansonsten werden die Stadt und der Abwasserzweckverband von keinem Anlieger in diesem Erschließungsgebiet Erschließungs- oder Anschlussbeiträge für die öffentliche Erschließung erheben.

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2.) (…) Zusätzlich zu der, nach Maßgabe des Absatz 1 vollständigen, Kostenübernahme zahlt die Unternehmerin an den Abwasserzweckverband zur Abgeltung der Anschlussgebühren aller Anlieger des Erschließungsgebietes an den Hauptsammler und die Kläranlage eine einmalige Ausgleichszahlung in Höhe von 500.000,- DM incl. gesetzlicher Mehrwertsteuer. Dieser Betrag wird fällig bei Unterzeichnung dieses Vertrages.

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3.) Der Besitz und gegebenenfalls das Eigentum an den Erschließungsanlagen wird auf die Stadt bzw. den Abwasserzweckverband übertragen, sobald die Erschließungsanlage zur Gänze fertiggestellt ist und sämtliche Anlieger im Erschließungsgebiet ihre Zahlungen nach Abs. 1 vollständig an die Unternehmerin geleistet haben. Die Stadt bzw. der Abwasserzweckverband können eine vorherige Übereignung verlangen, falls sie für noch offene Zahlungen der Anlieger in voller Höhe in Vorleistung treten."

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Im Schreiben vom 22. Januar 1996 an den Abwasserzweckverband {G.} erläuterte die Erschließungsunternehmerin den als Ausgleichszahlung vorgesehen Betrag und führte aus, von den planenden Architekten seien die tatsächlichen Bruttogeschossflächen für die im Bebauungsplangebiet geplanten Maßnahmen ermittelt und ein nach der Beitragssatzung möglicher Beitrag in Höhe von 1.676.090,- DM errechnet worden. Dachgeschossflächen seien nicht entsprechend der Satzung mit 12,5 % berücksichtigt worden, da diese Regelung fehlerhaft sei. Die abwassertechnische Erschließung sei bereits abgeschlossen; dafür seien Kosten in Höhe von 926.081,11 DM angefallen, so dass sich ein Differenzbetrag von 750.008,89 DM ergebe. Im Hinblick darauf, dass mehrere Projekte im Bebauungsplangebiet erst im Jahre 1997 fertiggestellt würden und hinsichtlich zweier Vorhaben (Fachklinik für Geriatrie und Kur- und Konferenzzentrum) die Realisierung offen sei und deshalb insofern Beiträge noch nicht fällig seien, seien ein Zinsabschlag in Höhe von 146.404 DM und ein Risikoabschlag in Höhe von 103.604,89 DM vorzunehmen, woraus sich ein Ausgleichsbetrag von 500.000 DM ergebe.

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In der Folge zahlte die Erschließungsunternehmerin den vereinbarten Ausgleichsbetrag.

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Die Straße im Bebauungsplangebiet, in der die Kanalisation verlegt ist, steht weiterhin im Eigentum der Erschließungsunternehmerin, die nunmehr unter der Firma {K.}Gastronomie- und Verwaltungsgesellschaft firmiert. Nachdem sie unter Verweis auf ihr Eigentum am Straßengrundstück dem Abwasserzweckverband {G.} mit Schreiben vom 01. März 2016 die Nutzung der Abwasserleitung ab dem 02. September 2016 untersagt hatte, einigten sich beide mit Vertrag von 22./28. Juli 2016 auf die Bestellung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zu Gunsten des Abwasserzweckverbands {G.} zur dauerhaften Nutzung der Leitung als Teil der öffentlichen Einrichtung gegen eine einmalige Zahlung von 250.000 Euro an die {L.} Gastronomie- und Verwaltungsgesellschaft. Die Dienstbarkeit wurde am 25. August 2016 im Grundbuch eingetragen.

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Am 15. Juni 2016 erklärte die Verbandsgemeinde An der Finne hinsichtlich der Gebiete, mit denen sie Mitglied im Abwasserzweckverband {G.} ist, ihren Austritt aus dem Verband, dem die Verbandsversammlung des Zweckverbands unter dem 23. November 2016 mit Wirkung zum 31. Dezember 2016 zustimmte und der vom Burgenlandkreis unter dem 21. Dezember 2016 genehmigt wurde. Zudem schlossen der Abwasserzweckverband {G.} und der Beklagte unter dem 21. Dezember 2016 einen Eingliederungsvertrag zur Eingliederung des Abwasserzweckverbands {G.} (ohne die Verbandsgemeinde {M.}) in den Beklagten zum 01. Januar 2017. Die Verbandsversammlung des Beklagten beschloss die diesbezügliche 15. Änderung der Verbandssatzung unter dem 23. November 2016, der Abwasserzweckverband {G.} stimmte dem mit Beschluss vom selben Tag zu. Die Veröffentlichung der 15. Änderungssatzung und deren Genehmigung erfolgten im Amtsblatt des Landesverwaltungsamts Sachsen-Anhalt vom 15. Dezember 2016. Im Rahmen der veröffentlichten Begründung wurde auch die Genehmigung des Austritts der Verbandsgemeinde An der Finne bekanntgegeben. Am 24. Juli 2018 erfolgte die Veröffentlichung in den Regionalausgaben der Mitteldeutschen Zeitung {N.} Tageblatt, {O.} Zeitung, {P.} Zeitung und {N.} Tageblatt/.

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Mit Beitragsbescheid vom 14. Dezember 2015 zog der Abwasserzweckverband {G.} die Klägerin – gestützt auf die Schmutzwasserbeitragssatzung vom 10. Oktober 2002 – betreffend "das Grundstück {Q.}" für die Herstellung der zentralen öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtung {G.} zu einem Beitrag in Höhe von 605.948,- Euro heran. Im Bescheid sind die einzelnen Flurstücke mit der jeweiligen Größe sowie der angewandte Vollgeschossfaktor für vier zulässige Vollgeschosse und der Beitragssatz von 2 Euro/m² angegeben. Dagegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 14. Januar 2016 Widerspruch.

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Am 22. April 2016 hat die Klägerin Untätigkeitsklage gegen den Beitragsbescheid erhoben.

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Mit Schreiben vom 23. Juni 2016 haben die Prozessbevollmächtigten des Abwasserzweckverbands {G.} dessen Vertretung unter Vorlage einer Prozessvollmacht angezeigt. In dem Schriftsatz, der von der Rechtsanwältin {R.} unterzeichnet ist, hat diese ausgeführt, dass sie auf die vorgelegte Vollmacht für den Zweckverband den angefochtenen Bescheid dahin abzuändern habe, dass nicht mehr eine endgültige Festsetzung des Herstellungsbeitrags bewirkt, sondern die Klägerin zu einer Vorausleistung herangezogen werde. Die endgültige Festsetzung des Herstellungsbeitrags gegenüber der Klägerin werde aufgehoben; der Bescheid werde nunmehr ausdrücklich auf die Möglichkeit der Geltendmachung einer Vorausleistung gestützt. Die Abänderung sei notwendig, weil die Beitragspflicht aufgrund der Lage des Schmutzwasserkanals in einer Privatstraße und der damit verbundenen fehlenden dauerhaften Sicherung der Anschlussmöglichkeit noch nicht entstanden sei.

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Mit Schreiben vom 03. August 2016 haben die Prozessbevollmächtigten des Abwasserzweckverbands {G.} ausgeführt, die Abgabe der im Schriftsatz vom 23. Juni 2016 enthaltenen Erklärungen gegenüber der Klägerin sei nicht beabsichtigt gewesen. Der Schriftsatz sei durch Rechtsanwalt A. vor seiner Ortsabwesenheit lediglich als Entwurf gefertigt und zur Stellungnahme an den Zweckverband übermittelt worden. Während der Urlaubsabwesenheit des Rechtsanwalts habe seine Kollegin aufgrund der gerichtlichen Fristsetzung zur Klageerwiderung den Entwurf jedoch ausgefertigt und an das Gericht übersandt. Die Aufhebungs- bzw. Abänderungserklärung werde nach § 119 Abs. 1 BGB angefochten.

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Mit Änderungs- und Widerspruchsbescheid vom 31. August 2017 hat der Beklagte den Beitragsbescheid vom 14. Dezember 2015 hinsichtlich eines 418.810 Euro übersteigenden Betrags aufgehoben und den Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen. Dabei hat er den Beitrag ausdrücklich für das jeweilige Flurstück unter Zugrundelegung des jeweiligen Vollgeschossfaktors und des Beitragssatzes von 2 Euro/m² festgesetzt und als rechtliche Grundlage nunmehr die Schmutzwasserbeitragssatzung vom 15. Dezember 2016 herangezogen, nachdem die Kammer (4 B 155/16 HAL und 4 B 159/16 HAL) und das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (4 M 150/16 und 4 M 151/16) die Beitragssatzung vom 10. Oktober 2002 in mehreren Eilverfahren für unwirksam erachtet hatten.

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Mit Bescheid vom 13. August 2018 hat der Beklagte den Änderungs- und Widerspruchsbescheid vom 31. August 2017 zurückgenommen und einen neuen Änderungs- und Widerspruchsbescheid erlassen, mit dem er den Beitragsbescheid vom 14. Dezember 2015 hinsichtlich eines 567.114,80 Euro übersteigenden Betrags aufgehoben und den Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen hat.

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Die Klägerin hat diesen Bescheid in der mündlichen Verhandlung in das Klageverfahren einbezogen. Soweit der Beklagte damit dem Widerspruch abgeholfen hat, d.h. in Höhe eines 567.114,80 Euro übersteigenden Beitrags, haben die Beteiligten den Rechtsstreit sodann in der Hauptsache für erledigt erklärt.

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Zur Begründung ihrer Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, die Änderung des Bescheids in einen Vorausleistungsbescheid durch die Prozessbevollmächtigten des Abwasserzweckverbands {G.} sei nicht anfechtbar, weil eine Anfechtung von Prozesserklärungen dem Verwaltungsprozessrecht fremd sei. Zudem sei der Prozessbevollmächtigte A. aufgrund einer Dauererkrankung der Verbandsgeschäftsführerin auch als organschaftlicher Vertreter des Verbands tätig geworden. Schließlich ermögliche die Prozessvollmacht ein Anerkenntnis, woraus sich auch die Befugnis zur Aufhebung eines Bescheids ergebe. Der Vorausleistungsbescheid sei fehlerhaft, weil es dafür an einem Beschluss der Verbandsversammlung fehle. Die Beitragssatzung vom 15. Dezember 2016 sei ebenso wie die aus dem Jahr 2002 unwirksam. Es werde bestritten, dass die Satzung entsprechend den Regelungen einer wirksamen Verbandssatzung bekannt gemacht worden ist. Die früheren Verbandssatzungen des Zweckverbands seien allesamt nichtig, da sie nicht im Amtsblatt des Landesverwaltungsamts bekannt gemacht worden seien und es deshalb an einer Bekanntmachung in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt gemäß § 8 Abs. 5 GKG LSA fehle. Die von der Kommunalaufsichtsbehörde in der Hauptsatzung als Veröffentlichungsorgan für eigene Satzungen vorgesehene Mitteldeutsche Zeitung könne nicht als amtliches Veröffentlichungsblatt angesehen werden. Die Beitragssatzung sei zudem aus zahlreichen näher benannten Gründen formell und materiell rechtswidrig. An die Kläranlage {S.} könnten außerdem weitere Grundstücke nicht angeschlossen werden; die bereits bebauten Grundstücke im Bebauungsplangebiet würden dezentral entsorgt. Des Weiteren fehle es an einer rechtlichen Sicherung der leitungsgebundenen Anlage. Bei den veranlagten Grundstücken handele es sich zudem um Hinterliegergrundstücke, deren Anschluss nicht mehr zumutbar sei. Auch seien 10.789 m² lediglich als Stellfläche und ca. 25.200 m² als Naturschutzgebiet ausgewiesen und deshalb beitragsrechtlich nicht bevorteilt. Die Flurstücke seien zudem im Umfang von 5.500 m² mit Straßen bebaut und auch so geplant gewesen. Die Grundstücke seien überdies als übergroß anzusehen und allenfalls anteilig heranzuziehen, weil nach den Festsetzungen des Bebauungsplans Seniorenwohnen zulässig sei. Der Bescheid sei zu unbestimmt, da der auf die einzelnen Grundstücke entfallende Betrag nicht dargestellt sei. Des Weiteren sei der Beitrag bereits durch die Erschließungsunternehmerin in den 1990er Jahren abgelöst worden. Selbst wenn die Ablösevereinbarung nichtig gewesen sein sollte, seien die geleisteten Beträge anteilig abzusetzen. Da der Betrag nach beitragsrechtlichen Kriterien ermittelt worden sei, sei der Beitragsanspruch verwirkt. Unmittelbar nach dem Erlass der neuen Beitragssatzung sei ein erheblicher Teil des Verbandsgebiets aus dem Zuständigkeitsbereich des Zweckverbands ausgeschieden, weshalb ein Beitrag für eine Einrichtung erhoben werde, die kurz nach der Veröffentlichung der Satzung nicht mehr existiere. Schließlich habe der Zweckverband willkürlich nur einzelne Beitragsschuldner herangezogen, was die Rechtswidrigkeit der Abgabenerhebung begründe.

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Die Klägerin beantragt,

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den Bescheid des Beklagten vom 14. Dezember 2015 in der Gestalt des Änderungs- und Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 13. August 2018 aufzuheben

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und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er macht im Wesentlichen geltend, der Prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt A. sei zu keinem Zeitpunkt organschaftlicher Vertreter des Abwasserzweckverbands {G.} gewesen. Vielmehr habe ihm lediglich die Verbandsversammlung des Beklagten eine Vollmacht erteilt, alle notwendigen Geschäfte bis zur Genesung der im Jahr 2015 längerfristig erkrankten Verbandsgeschäftsführerin vorzunehmen. Die Vollmacht habe weder ein Handeln als Vorgesetzter noch das Führen eines Dienstsiegels umfasst. Soweit er im Bereich des Abwasserzweckverbands {G.} tätig geworden sei, sei dies auf der Grundlage eines zwischen dem Beklagten und dem Abwasserzweckverband {G.} geschlossenen Unterstützungs- und Managementvertrags erfolgt, wonach der Beklagte den Abwasserzweckverband Bad Kösen beratend unterstützen sollte. Vertretungen des Abwasserzweckverbands {G.} in Gerichtsverfahren seien ausschließlich aufgrund einzeln erteilter Prozessvollmachten erfolgt. Die Beitragssatzung vom 15. Dezember 2016 sei formell und materiell nicht zu beanstanden. Die Beitragskalkulation beziehe sich auf den Bereich der Kläranlage {G.} und trage damit dem Umstand Rechnung, dass nach der Ausgestaltung der Abwasserbeseitigungssatzung dieser Bereich eine eigene technische Einrichtung darstelle. Der Ortsteil {T.} und die dort vorhandene Kläranlage seien von der Kläranlage {G.} ebenso zu unterscheiden wie das Einzugsgebiet der Kläranlage {U.}Es handele sich bei beiden Kläranlagen um in den 1990er Jahren hergestellte Teichkläranlagen und insoweit um eigene öffentliche Einrichtungen. Aufgrund der Eintragung der Dienstbarkeit zur Sicherung des Leitungsrechts sei nunmehr eine dauerhaft gesicherte Anschlussmöglichkeit für die Grundstücke der Klägerin gegeben. Ihr seien zwischenzeitlich auch Entwässerungsgenehmigungen erteilt worden, so dass ein Anschluss an die Kläranlage erfolgen könne. Auf eine Ablösung des Beitrags durch die Erschließungsunternehmerin könne sie sich nicht berufen, weil die Vereinbarung nichtig sei. Sie sei zudem nicht mit der Klägerin geschlossen worden. Die Regelung für übergroße Wohngrundstücke sei nicht anwendbar, da die Grundstücke nicht bebaut seien. Schließlich habe er am 06. September 2018 eine Neufassung der Beitragssatzung beschlossen, deren Veröffentlichung am 08. September 2018 erfolgt sei.

Entscheidungsgründe

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Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

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Im Übrigen hat die Klage Erfolg.

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Der angefochtene Beitragsbescheid des Abwasserzweckverbands {G.} vom 14. Dezember 2015 in der Gestalt des Änderungs- und Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 13. August 2018 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

I.

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1. Die Klage richtet sich nunmehr gegen den Beklagten, nachdem die Verbandsgemeinde An der Finne aus dem Abwasserzweckverband {V.}ausgetreten und dieser dem Beklagten beigetreten ist.

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Der Austritt der Verbandsgemeinde An der Finne aus dem Abwasserzweckverband {G.} und dessen Beitritt zum Beklagten waren allerdings nicht schon durch die Veröffentlichung der Genehmigung des Austritts der Verbandsgemeinde {M.} aus dem Abwasserzweckverband {G.} und der 15. Änderungssatzung der Verbandssatzung des Beklagten vom 23. November 2016 und ihrer Genehmigung im Amtsblatt des Landesverwaltungsamts Sachsen-Anhalt vom 15. Dezember 2016 wirksam geworden.

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Gemäß § 14 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über die kommunale Gemeinschaftsarbeit (GKG LSA), der gemäß den §§ 85 Abs. 1 Satz 4, Abs. 3 Satz 3, 83 Abs. 1 Satz 4 WG LSA für den Fall der Eingliederung eines Zweckverbands ebenfalls Anwendung findet, bedürfen u.a. Änderungen, die den Mitgliederbestand des Zweckverbands betreffen, der Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde. Die Kommunalaufsichtsbehörde hat gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 8 Abs. 5 Satz 1 GKG LSA die Verbandssatzung (des aufnehmenden Verbands) und ihre Genehmigung sowie die Genehmigung des Austritts in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt bekanntzumachen.

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Unter dem "amtlichen Veröffentlichungsblatt" der Kommunalaufsichtsbehörde im Sinne von § 8 Abs. 5 Satz 1 GKG ist das Medium zu verstehen sein, das die Kommunalaufsichtsbehörde für ihre amtlichen Veröffentlichungen nutzt. Das muss nicht notwendigerweise ein von ihr herausgegebenes Amtsblatt sein.

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Die Regelung des § 8 Abs. 5 Satz 1 GKG LSA ist durch Gesetz vom 04. Juli 1996 (GVBl. S. 218) damals als § 19 Abs. 5 Satz 1 in das GKG LSA eingefügt worden und ersetzte die zuvor geltende Bestimmung, wonach die kommunalen Gebietskörperschaften die erstmalige öffentliche Bekanntmachung der Verbandssatzung nach den für Satzungen geltenden Vorschriften vorzunehmen hatten und der Zweckverband als am Tag nach der letzten Bekanntmachung als gebildet galt, sofern nicht ein späterer Zeitpunkt bestimmt war. Ziel der gesetzlichen Neuregelung war es, eine klare Regelung der Zuständigkeit und der Art und Weise der Bekanntmachung zu schaffen, da seit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes über kommunale Zusammenarbeit Rechtsunklarheiten bestanden, wie und durch wen eine öffentliche Bekanntmachung der Verbandssatzung zu erfolgen hatte und ob und gegebenenfalls wie und von wem eine Verbandssatzungsgenehmigungsverfügung öffentlich bekanntzumachen war (Gesetzentwurf vom 01. Februar 1996, LT-Drucksache 2/1882, S. 7).

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Da in der Regel die Landkreise die Kommunalaufsichtsbehörden sind (vgl. § 17 Abs. 1 Nr. 1 GKG LSA) und keine gesetzliche Verpflichtung der Landkreise zur Herausgabe eines eigenen Amtsblatts bestand bzw. besteht, würde – forderte man die Veröffentlichung in einem eigenen Amtsblatt der Kommunalaufsichtsbehörde – das gesetzgeberische Ziel der klaren und rechtssicheren Regelung der Bekanntmachungsanforderungen im Falle des Nichtvorhandenseins eines vom Landkreis herausgegebenen Amtsblatts verfehlt werden. Dem Gesetzgeber war auch die Konstellation, dass ein Landkreis kein eigenes Amtsblatt herausgibt, nicht unbekannt, wie ein Blick auf § 76 Abs. 5 GO LSA a. F. zeigt, der durch Gesetz vom 03. Februar 1994 (GVBl. S. 164) eingefügt wurde. Darin war bestimmt, dass die Gemeinschaftsvereinbarung mit der Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde im amtlichen Verkündungsblatt des jeweiligen Regierungspräsidiums und im Amtsblatt des Landkreises, soweit dieser ein amtliches Verkündungsblatt herausgibt, zu veröffentlichen ist. Mit Gesetz vom 31. Juli 1997 (GVBl. LSA S. 721) wurde die Regelung sodann dahin gefasst, dass die Gemeinschaftsvereinbarung mit der Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde im amtlichen Verkündungsblatt des Landkreises zu veröffentlichen ist (Satz 1), und wenn der Landkreis kein eigenes Verkündungsblatt herausgibt, die Gemeinschaftsvereinbarung im Amtsblatt für den jeweiligen Regierungsbezirk (nunmehr im Amtsblatt des Landesverwaltungsamts) veröffentlicht wird (Satz 2). Anders als ab 1997 in § 76 Abs. 5 GO LSA und später in § 18 Abs. 3 GO LSA für Gebietsänderungsvereinbarungen bzw. in § 1 Abs. 2 Satz 4 Verbandsgemeindegesetz (nunmehr § 89 Abs. 5 KVG LSA 2014) für Verbandsgemeindevereinbarungen hat der Gesetzgeber jedoch in § 8 Abs. 5 GKG LSA nicht auf die Herausgabe eines eigenen Amtsblatts abgestellt und keine Regelung für den Fall des Fehlens eines solchen getroffen. Der Gesetzgeber hat auch im Zusammenhang mit der Einführung von § 15a in das GKG LSA keine Notwendigkeit zur Ergänzung der Regelung entsprechend den genannten Bestimmungen in der Gemeindeordnung gesehen. Stattdessen bestimmt nunmehr § 15a Abs. 2 Satz 2 GKG LSA für den Fall des Formwechsels eines Zweckverbands, dass der Beschluss des Formwechsels und die Anstaltssatzung der Kommunalaufsichtsbehörde anzuzeigen und von dieser – wortgleich mit § 8 Abs. 5 GKG LSA – in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt bekannt zu machen sind, ohne dass eine Regelung für den Fall getroffen wurde, dass die Kommunalaufsichtsbehörde kein eigenes Amtsblatt herausgibt.

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Vor diesem Hintergrund ist der Begriff des "amtlichen Veröffentlichungsblatts" der Kommunalaufsichtsbehörde in § 8 Abs. 5 GKG LSA funktionell auszulegen und erfasst das Verkündungsblatt, in dem die Behörde ihre amtlichen Bekanntmachungen veröffentlicht. Diese Auslegung entspricht letztlich auch der langjährigen Praxis des Burgenlandkreises. Dass § 9 Abs. 1 Satz 2 KVG LSA 2014 bestimmt, dass die Bekanntmachung von Satzungen durch Aushang, in einem amtlichen Bekanntmachungsblatt oder in einen oder mehreren Zeitungen erfolgen kann, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, gibt für die Auslegung des Begriffs des "amtlichen Veröffentlichungsblatts" in § 8 Abs. 5 GKG LSA nichts her.

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Nachdem der {W.} aber nunmehr die Genehmigung des Austritts der Verbandsgemeinde {M.} aus dem Abwasserzweckverband {G.} und die 15. Änderungssatzung zur Verbandssatzung des Beklagten vom 23. November 2016 und ihre Genehmigung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 seiner Hauptsatzung vom 07. Juli 2014 in den Regionalausgaben der Mitteldeutschen Zeitung vom 24. Juli 2018 bekannt gemacht hat, sind der Austritt der Verbandsgemeinde {M.} aus dem Abwasserzweckverband {G.} und dessen Beitritt zum Beklagten gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 8 Abs. 5 Satz 2 GKG LSA am Tag nach der Veröffentlichung, d.h. am 25. Juli 2018, wirksam geworden. Der Abwasserzweckverband {G.} gilt mit der Eingliederung in den Beklagten als aufgelöst (§ 85 Abs. 4 Satz 2 WG LSA).

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Der in der mündlichen Verhandlung erhobene Einwand der Klägerin, eine Eingliederung des Abwasserzweckverbands {G.} habe nicht erfolgen können, da dieser weder wirksam gegründet worden sei noch als wirksam gegründet gelte, greift nicht durch.

37

Allerdings ist fraglich, ob der Abwasserzweckverband {G.}, dessen Gründung schon mangels Ausfertigung (zur Notwendigkeit der Ausfertigung von Satzungsrecht BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 1998 – BVerwG 4 NB 3.97 – Juris Rn. 16 m.w.N.) der zu seiner Bildung im Jahr 1993 beschlossenen Verbandssatzung (VS 1993) nicht wirksam erfolgte, gemäß § 8a Abs. 1 Satz 1 GKG LSA rückwirkend ab dem Tag nach der Veröffentlichung der VS 1993 als gebildet gilt. Nach dieser Vorschrift gelten wegen Gründungsfehlern nicht gebildete Zweckverbände rückwirkend ab dem Tag nach der öffentlichen Bekanntmachung ihrer Verbandssatzung als gebildet, sofern nicht ein späterer Zeitpunkt bestimmt ist.

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Zwar ist die öffentliche Bekanntmachung der Verbandssatzung nicht bereits deshalb fehlerhaft, weil sie in einer anderen als der durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Bekanntmachungsform erfolgt ist (§ 8a Abs. 1 Satz 4 GKG LSA). Jedoch muss die gewählte Form der Bekanntmachung noch rechtsstaatlichen Anforderungen genügen. Das Rechtsstaatsprinzip (Art. 2 Abs. 1 VerfLSA) gebietet, förmlich gesetzte Rechtsvorschriften zu verkünden. Dabei muss die Rechtsnorm der Öffentlichkeit in einer Weise förmlich zugänglich gemacht werden, dass sich die Betroffenen in zumutbarer Weise verlässliche Kenntnis von ihrem Inhalt verschaffen können. Dazu gehört zumindest, dass die gewählte Art der Verkündung das gesamte Gebiet erfasst, in dem die zu verkündende Regelung Geltung beansprucht (OVG LSA, Urteil vom 08. April 2008 – 4 L 53/06 – Juris Rn. 32 m.w.N.).

39

Die VS 1993 wurde in den "Amtlichen Mitteilungen der Verwaltungsgemeinschaft "{X.}" (Im Blickpunkt) mit den Gemeinden {Y.}, {Z.}, {AA.}, {AB.}, {AC.} und {AD.}und im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft {G.} (Kurstadt Kurier) mit den Mitgliedsgemeinden {AE.}{AF.}{AG.} und {AH.} jeweils am 16. Juni 1993 veröffentlicht. Die Veröffentlichung erfasste damit nicht das Gebiet aller Gemeinden, die nach § 2 Abs. 1 VS 1993 Mitglied des Zweckverbands sein sollten. Denn eine Veröffentlichung im Gebiet der ebenfalls als Verbandsmitglied geführten Gemeinde {AI.}, die am 16. März 1993 den Austritt aus dem Abwasserzweckverband "{AJ.}" und den Beitritt zum Beklagten beschlossen hatte, erfolgte nicht.

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Das könnte allenfalls dann unerheblich sein, wenn die Übertragung der Aufgabe der Abwasserbeseitigung auf den Abwasserzweckverband {G.} durch die Gemeinde {AI.} von vornherein ins Leere ging, weil ihr diese Aufgabe aufgrund der Mitgliedschaft im Abwasserzweckverband "{AJ.}" nicht mehr oblag und sie diese deshalb nicht übertragen konnte. Das wiederum hing davon ab, ob der Abwasserzweckverband "{AJ.}" wirksam gegründet worden war oder als gebildet galt bzw. ob die Gemeinde {AI.} wirksam aus diesem Verband ausgeschieden war. Insoweit ist wiederum zu berücksichtigen, dass allein der Beschluss der Gemeinde zum Austritt aus dem Abwasserzweckverband "{AJ.}" ein wirksames Ausscheiden nicht bewirken konnte, da es dafür der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde und gegebenenfalls der Änderung und der Veröffentlichung der Verbandssatzung bedurfte (§ 25 GKG LSA in der Fassung vom 09. Oktober 1992 (GVBl. LSA S. 730).

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Ob der Abwasserzweckverband {G.} am Tag nach der am 16. Juni 1993 erfolgten Veröffentlichung der VS 1993 als wirksam gebildet galt, bedarf jedoch keiner Entscheidung. Das gilt ebenso hinsichtlich der Frage, ob – nachdem bereits mit der nach den vorliegenden Unterlagen (nur) im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft {G.} (Kurstadt Kurier) veröffentlichten 1. Änderungssatzung der VS 1993 vom 09. Dezember 1993 die Gemeinde {AI.} als Verbandsmitglied gestrichen wurde – die 2. Änderungssatzung der VS 1993 vom 11. Juli 1995 die Gründungsfiktion des Abwasserzweckverbands {G.} bewirken konnte, die ohne die Gemeinde {AI.} beschlossen und die in den das Gebiet der verbliebenen Mitgliedsgemeinden abdeckenden Amtsblättern der Verwaltungsgemeinschaft {AK.} (Heimatspiegel) vom 11. Oktober 1995 und der Verwaltungsgemeinschaft {G.} (Kurstadt Kurier) vom 13. September 1995 veröffentlicht wurde.

42

Denn selbst wenn der Abwasserzweckverband {G.} weder aufgrund der Veröffentlichung der VS 1993 als gebildet gelten sollte noch aufgrund der Veröffentlichung der 2. Änderungssatzung der VS 1993 vom 11. Juli 1995 (weil die Gründungsfiktion des § 8a Abs. 1 GKG LSA die Veröffentlichung des Statuts bzw. der Verbandssatzung als solcher und nicht lediglich eine einzelne Vorschriften betreffende Änderung des Statuts bzw. der Verbandssatzung voraussetzte), galt er jedenfalls ab dem Tag nach der Bekanntmachung seiner – als Verband ohne die Gemeinde {AI.} – am 15. März 1994 beschlossenen (ersten) Beitrags- und Gebührensatzung im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft {G.} vom 15. Juni 1994 und im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft {AK.} vom 29. März 1995 nach § 8a Abs. 1 Satz 2 GKG LSA als gebildet. Nach dieser Vorschrift gilt, sofern Statut oder Verbandssatzung nicht öffentlich bekannt gemacht sind, als Zeitpunkt der Bildung des Verbands der Tag nach der öffentlichen Bekanntmachung der Genehmigungsverfügung, spätestens der Tag nach der öffentlichen Bekanntmachung der ersten Abgabensatzung des Verbands.

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2. Der Bescheid des Abwasserzweckverbands {G.} vom 14. Dezember 2015 wurde auch nicht vor Erlass des Änderungs- und Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 31. August 2017 bzw. vom 13. August 2018 aufgehoben. Soweit in dem von der der seitens des Abwasserzweckverbands {G.} prozessbevollmächtigten Kanzlei angehörenden Rechtsanwältin unterzeichneten Schriftsatz vom 23. Juni 2016 eine Aufhebung des Bescheids erklärt wurde, erfüllt die Erklärung nicht die an einen Verwaltungsakt zu stellenden Anforderungen. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b KAG LSA i.V.m. § 118 AO ist Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Die handelnde Rechtsanwältin ist jedoch weder Organ noch Bedienstete des Abwasserzweckverbands {G.} gewesen, weshalb es an einer hoheitlichen Maßnahme einer Behörde fehlt. Zwar kann auch eine von einem Privaten im Namen der Behörde erlassene Maßnahme, die den Privaten nach außen als Entscheidungsträger ausweist, der Behörde zuzurechnen sein und deshalb einen (wirksamen) Verwaltungsakt darstellen. Dies erfordert jedoch eine entsprechende Veranlassung durch die Behörde (vgl. Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Kommentar, 7. Auflage 2008, § 35 Rn. 60 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind indes nicht erfüllt. Nach den Darlegungen des vom Abwasserzweckverband {G.} prozessbevollmächtigten Rechtsanwalts A. sei der von ihm lediglich als Entwurf erstellte o.g. Schriftsatz während seiner Urlaubsabwesenheit durch seine Kollegin an das Gericht übermittelt worden, obwohl eine Abstimmung mit dem Abwasserzweckverband {G.} noch ausgestanden habe. Greifbare Anhaltspunkte, diesen in der mündlichen Verhandlung durch die Verbandsgeschäftsführerin des Abwasserzweckverbands {G.} und Beklagten bestätigten Vortrag und die daraus folgende mangelnde Veranlassung der Aufhebung des Beitragsbescheids durch den Zweckverband in Zweifel zu ziehen, bestehen nicht. Auch die der bevollmächtigten Kanzlei durch den Zweckverband erteilte Prozessvollmacht deckt ein derartiges Tätigwerden nicht ab, sondern erstreckt sich auf die Prozessführung, die den Erlass eines Verwaltungsakts nicht umfasst. Entgegen der Auffassung der Klägerin folgt aus dem Umstand, dass die Prozessvollmacht auch die Anerkennung von Ansprüchen beinhaltet, keine Bevollmächtigung zum hoheitlichen Tätigwerden in Gestalt des Erlasses von Verwaltungsakten.

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II. Der angegriffene Bescheid kann auf eine wirksame rechtliche Grundlage nicht gestützt werden.

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1. Die im Bescheid angegebene "Satzung über die Erhebung von Schmutzwasserbeiträgen für die Entwässerung des Gebietes des Abwasserzweckverbandes {G.} ohne Ortsteil {T.} durch die zentrale Abwasserbeseitigungsanlage {G.} (Schmutzwasserbeitragssatzung AZV {G.})" vom 10. Oktober 2002 (SBS 2002) ist unwirksam, weil es an einer hinreichenden Regelung des Beitragsmaßstabs fehlt.

46

Im Anschlussbeitragsrecht muss der Satzungsgeber den Verteilungsmaßstab für alle im Versorgungsgebiet vorhandenen und während der Geltung der Beitragssatzung bzw. des Herstellungszeitraums der öffentlichen Einrichtung zu erwartenden Anwendungsfälle regeln (Grundsatz der konkreten Vollständigkeit, vgl. auch OVG LSA, Urteil vom 11. September 2012 – 4 L 155/09 – Juris Rn. 75 m.w.N.). Fehlt eine erforderliche Maßstabsregelung und ist der Maßstab deshalb unvollständig, mangelt es der Satzung an dem nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA erforderlichen Mindestgehalt mit der Folge ihrer Ungültigkeit insgesamt (OVG LSA, Urteil vom 11. September 2012 – 4 L 155/09 – Juris Rn. 75).

47

So verhält es sich hier.

48

Der in den §§ 5 bis 7 SBS 2002 geregelte Vollgeschossmaßstab, der dem Grunde nach in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung des Landes Sachsen-Anhalt als zulässiger Beitragsmaßstab im Rahmen der Schmutzwasserbeseitigung anerkannt ist (OVG LSA, Urteil vom 05. Mai 2011 – 4 L 175/09 – Juris Rn. 17 und Beschluss vom 09. Juli 2007 – 4 O 172/07 – Juris Rn. 6), ist unvollständig. Er enthält nämlich keine hinreichende Regelung für sog. Hinterliegergrundstücke, die teilweise im Innenbereich und teilweise im Außenbereich gelegen sind.

49

Zwar ist in § 6 Abs. 2 Buchstabe b Satz 2 SBS 2002 bestimmt, dass bei teilweise im Innenbereich und teilweise im Außenbereich gelegenen Grundstücken, die nicht an eine Verkehrsanlage angrenzen, mit dieser aber durch einen Weg oder eine Zuwegung, die durch Baulast oder dingliches Baurecht gesichert ist, verbunden sind, als maßgebliche Grundstücksfläche die Fläche der zur Verkehrsanlage hin liegenden Grundstücksseite bis zu einer Tiefe von 50 m gilt, wobei Grundstücksteile, die ausschließlich eine wegemäßige Verbindung darstellen, bei der Bestimmung der Grundstückstiefe unberücksichtigt bleiben.

50

Diese (Tiefenbegrenzungs-)Regelung ist indes wegen Verstoßes gegen § 6 Abs. 5 Satz 1 KAG LSA, wonach Beiträge nach Vorteilen zu bemessen sind, nichtig.

51

Eine Tiefenbegrenzungsregelung dient dazu, das bevorteilte Bauland vom nicht bevorteilten Außenbereich typisierend abzugrenzen und lässt sich dabei von der Vermutung leiten, dass die vom Innenbereich in den Außenbereich hineinragenden Grundstücke ab einer bestimmten Grundstückstiefe dem Außenbereich zuzurechnen und deshalb baulich nicht mehr nutzbar sind. Sie orientiert sich in einer generalisierenden Weise an der ortsüblichen Tiefe der baulichen Nutzung von der jeweiligen (Anbau)Straße aus. Damit ist es aber ausgeschlossen, den Ausgangspunkt der Tiefenbegrenzung allein deshalb zu ändern, weil die Bebaubarkeit eines Grundstücks in Rede steht, das keinen oder nur einen wegemäßigen Zugang zu der Straße hat. Es gibt keinen Erfahrungssatz, wonach bei sog. Hinterliegergrundstücken der Außenbereich typischerweise erst nach einer bestimmten Entfernung hinter der der Straße zugewandten Seite dieses Grundstücks beginnt, sondern eine Tiefenbegrenzung ist immer von der Straße(ngrenze) aus zu messen (OVG LSA, Urteil vom 21. Februar 2012 – 4 L 98/10 – Juris Rn. 20).

52

Die Unwirksamkeit der Regelung des § 6 Abs. 2 Buchstabe b Satz 2 SBS 2002 hat zur Folge, dass der vorgesehene Verteilungsmaßstab für teilweise im Außenbereich gelegene Grundstücke, die nicht an eine Verkehrsanlage grenzen, keine Berechnung der maßgeblichen Beitragsfläche ermöglicht und insoweit lückenhaft ist.

53

Insbesondere werden diese Grundstücke nicht von der Regelung des § 6 Abs. 2 Buchstabe b Satz 1 SBS 2002 erfasst. Danach gilt bei Grundstücken innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils, die bebaut oder gewerblich genutzt werden oder für die eine solche Nutzung zulässig wäre und die entweder unmittelbar an ein Außenbereichsgrundstück angrenzen, ohne selbst schon (insgesamt) als Außenbereichsgrundstück im Sinne von § 35 BauGB zu gelten, oder in den Außenbereich übergehen, als Grundstücksfläche die Fläche von der Verkehrsanlage, an der sie angrenzen, bis zu einer Tiefe von 50 m. Diese Vorschrift betrifft nach Wortlaut und Inhalt ausschließlich Grundstücke, die an eine Verkehrsanlage grenzen, nicht aber Hinterliegergrundstücke. Insoweit unterscheidet sich die Regelung von derjenigen, die der vorgenannten Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt zugrunde lag und die nicht zwischen Vorderlieger- und Hinterliegergrundstücken differenzierte.

54

Eine entsprechende Verteilungsregelung ist auch nicht wegen Nichtvorhandenseins derartiger Fallkonstellationen entbehrlich, da es nach dem Vortrag des Abwasserzweckverbands {G.} im Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt zum Aktenzeichen 4 M 150/16 zwei derart betroffene Grundstücke gibt.

55

2. Die "Satzung über die Erhebung von Schmutzwasserbeiträgen für die Entwässerung des Gebietes des Abwasserzweckverbandes {G.} ohne Ortsteil {T.} durch die zentrale Abwasserbeseitigungsanlage {G.} (Schmutzwasserbeitragssatzung AZV {AL.}" vom 15. Dezember 2016 (SBS 2016) scheidet als Rechtsgrundlage ebenfalls aus.

56

a. Sie ist mangels ordnungsgemäßer Bekanntmachung nicht wirksam geworden.

57

Die Veröffentlichung der SBS 2016 erfolgte im "Wochenspiegel, Ausgabe A-Stadt, {AM.} und Umgebung" vom 29. Dezember 2016. Das entsprach zwar der Regelung in § 21 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 der Verbandssatzung des Abwasserzweckverbands {G.} vom 27. September 2005 (VS 2005) in der Fassung der 2. Änderungssatzung vom 27. Juli 2010, wonach alle nicht genehmigungspflichtigen Änderungen der Verbandssatzung und alle sonstigen Satzungen im "Wochenspiegel, Ausgabe A-Stadt, {AM.} und Umgebung" zu veröffentlichen sind.

58

Diese durch die 2. Änderungssatzung zur VS 2005 bestimmte Bekanntmachungsregelung ist indes ihrerseits nicht wirksam geworden.

59

aa. Schon die VS 2005 erlangte nämlich mangels ordnungsgemäßer Bekanntmachung keine Wirksamkeit.

60

Geht man mit dem Beklagten davon aus, dass die VS 2005 der Genehmigung und Veröffentlichung durch die Kommunalaufsichtsbehörde in deren amtlichen Veröffentlichungsblatt bedurfte (§§ 14 Abs. 2 i.V.m. § 8 Abs. 5 Satz 1 GLG LSA), fehlt es daran. Die Hauptsatzung des Burgenlandkreises vom 04. Mai 1998 in der im Jahr 2005 geltenden Fassung der 7. Änderung vom 09. Mai 2005 sah in § 15 Abs. 1 vor, dass die amtlichen Bekanntmachungen des Burgenlandkreises in der Mitteldeutschen Zeitung/{P.} Zeitung, im {N.} Tageblatt/Mitteldeutsche Zeitung und in der Mitteldeutschen Zeitung/{N.} Tageblatt {AM.} erfolgen. Die Veröffentlichung der VS 2005 erfolgte dagegen nach den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen lediglich im {N.} Tageblatt/Mitteldeutsche Zeitung vom 19. November 2005. Belege oder sonstige Nachweise, dass die VS 2005 samt kommunalaufsichtlicher Genehmigung auch in den anderen beiden Regionalausgaben der Mitteldeutschen Zeitung bekannt gemacht wurde, liegen dagegen nicht vor. Vielmehr hat der Abwasserzweckverband {G.} in seinen Hinweisbekanntmachungen im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft {G.} vom 14. Dezember 2005 und im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft {AK.} vom 07. Dezember 2005 auch lediglich auf die Veröffentlichung der VS 2005 im {N.} Tageblatt/Mitteldeutsche Zeitung hingewiesen.

61

Die Bekanntmachung der VS 2005 ausschließlich im {N.} Tageblatt/Mitteldeutsche Zeitung entsprach im Übrigen auch keiner der Bekanntmachungsregelungen für das Satzungsrecht des Abwasserzweckverbands {G.}, die in der bis dahin geltenden VS 1993 einschließlich aller sechs Änderungssatzungen vorgesehen waren, und schließlich auch nicht der selbst in § 21 VS 2005 vorgesehenen Veröffentlichungsform, so dass die Satzung – auch wenn sie nicht durch die Kommunalaufsichtsbehörde bekanntzumachen gewesen wäre – unter keinem rechtlichen Blickwinkel ordnungsgemäß öffentlich bekannt gemacht worden ist.

62

Wegen der mit der fehlerhaften Veröffentlichung verbundenen Unwirksamkeit der VS 2005 gingen auch alle späteren Änderungen der Satzung ins Leere und sind deshalb unwirksam. Das gilt insbesondere hinsichtlich der 2. Änderungssatzung zur VS 2005 vom 27. Juli 2010, nach der die SBS 2016 bekannt gemacht worden ist.

63

bb. Selbst wenn die VS 2005 wirksam geworden wäre, ist die 2. Änderungssatzung zur VS 2005 vom 27. Juli 2010 mit der darin bestimmten Art und Weise der Bekanntmachungen des Abwasserzweckverbands {G.} nicht wirksam geworden und kann deshalb eine wirksame Bekanntmachung der SBS 2016 nicht begründen. Nach § 21 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 VS 2005 erfolgen alle nicht genehmigungspflichtigen Änderungen durch Veröffentlichungen im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft {G.} "Kurstadt Kurier", im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft {AK.} "Heimatspiegel" und im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft {AN.}. Diese Regelung ist durch die 1. Änderungssatzung vom 18. August 2009 dahingehend geändert worden, dass die Bekanntmachungen im Amtsblatt der Stadt {G.} "Kurstadt Kurier", im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft {AK.} "Heimatspiegel" und im Amtsblatt der Verbandsgemeinde {AO.}" erfolgen.

64

Die Bekanntmachungsregelung in § 21 Abs. 2 VS 2005 (in der Fassung der 1. Änderung) ist jedenfalls mit Einstellung des Amtsblatts der Stadt {G.} "Kurstadt Kurier" zum Ende des Jahres 2009 infolge der Eingemeindung der Stadt {G.} in die Stadt A-Stadt insgesamt unwirksam geworden.

65

Mit der Einstellung des Amtsblatts der Stadt {V.}ist die Veröffentlichung des Satzungsrechts des Abwasserzweckverbands {G.} in diesem Publikationsorgan dauerhaft unmöglich geworden. Die Bekanntmachungsregelung hat damit ihren Sinn und ihre Ordnungsfunktion verloren und ist funktionslos bzw. gegenstandslos geworden, ohne dass es dazu ihrer Aufhebung bedarf (ThürOVG, Urteil vom 21. Juli 2010 – 4 KO 173/08 – Juris Rn. 43; NdsOVG, Urteil vom 19. April 2012 – 1 KN 23/11 – Juris Rn. 61; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2006 – BVerwG 10 CN 2.05 – Juris Rn. 13 f.).

66

Die Unwirksamkeit der Regelung über die Veröffentlichung im Amtsblatt der Stadt {G.} hat die Unwirksamkeit der Bekanntmachungsregelung des § 21 Abs. 2 VS 2005 (in der Fassung der 1. Änderungssatzung) insgesamt zur Folge. Nach den allgemeinen Grundsätzen über die Teil- und Gesamtnichtigkeit führt die Ungültigkeit eines Teils einer kommunalen Satzungsbestimmung in entsprechender Anwendung von § 139 BGB nur dann nicht zu ihrer Gesamtunwirksamkeit, wenn die übrigen Teile auch ohne den ungültigen Teil sinnvoll bleiben (Grundsatz der Teilbarkeit) und mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wären (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers) (OVG LSA, Beschluss vom 30. November 2006 – 4 L 320/06 – Juris Rn. 10).

67

Zwar stellte die Rest-Regelung der Veröffentlichung des Satzungsrechts im "Heimatspiegel" und im "{AP.} Kurier" eine sinnvolle Bekanntmachungsvorschrift dar. Es widerspräche auch nicht dem Rechtsstaatsprinzip, im Falle des Wegfalls eines Bekanntmachungsorgans die notleidend gewordene Bekanntmachungsregelung zumindest vorübergehend als Rechtsgrundlage für eine Bekanntmachung in dem verbliebenen Publikationsorgan heranzuziehen (BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2006 – BVerwG 10 CN 2.05 – Juris Rn. 20; OVG LSA, Beschluss vom 21. Dezember 2006 – 4 L 411/06 – Juris Rn. 3). Allerdings kann ein mutmaßlicher Wille des Satzungsgebers, für den Fall der Unwirksamkeit der Bestimmung über die Veröffentlichung des Satzungsrechts im "Kurstadt Kurier" allein die Veröffentlichung im "Heimatspiegel" und im "{AP.} Kurier" vorzusehen, nicht mit Sicherheit angenommen werden. Mit der vom Abwasserzweckverband {V.}vorgesehenen Bekanntmachungsregelung sollte nämlich ersichtlich das gesamte Verbandsgebiet abgedeckt werden, was aber durch die Veröffentlichung im "Heimatspiegel" und im "{AP.} Kurier" nicht gewährleistet wird, weil diese nur den Bereich der Verbandsgemeinden {M.} und {AK.} abdecken, dagegen den Bereich der (ehemaligen) Stadt {G.} einschließlich ihrer zehn weiteren Ortsteile nicht erfassen. Dem entsprechend hatte der Abwasserzweckverband {G.} mit dem "Wochenspiegel, Ausgabe A-Stadt, {AM.} und Umgebung", im Rahmen der 2. Änderungssatzung zur VS 2005 wieder ein im gesamten Verbandsgebiet erscheinendes Bekanntmachungsmedium bestimmt und diese Änderungssatzung nicht nur im "Heimatspiegel" und im "{AP.} Kurier" veröffentlicht, sondern auch im {N.} Tageblatt/ Mitteldeutsche Zeitung.

68

Ob darüber hinaus auch die Regelung über die Veröffentlichung im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft {AK.} "Heimatspiegel" dadurch unwirksam geworden ist, dass die Verwaltungsgemeinschaft zum 31. Dezember 2009 aufgelöst worden und damit deren Amtsblatt weggefallen ist, oder ob dies unerheblich ist, weil nunmehr die Verbandsgemeinde {AK.}, deren Mitglied die meisten Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft {AK.} geworden sind, den "Heimatspiegel" als Amtsblatt fortführt, mag dahin stehen. Das gilt ebenso hinsichtlich der Fragen, ob die Regelungen in § 21 Abs. 2 VS 2005 über die Veröffentlichung in den Amtsblättern der Verwaltungsgemeinschaften {G.} "Kurstadt Kurier" und {AQ.}Kurier" durch die Auflösung der Körperschaften zum 31. Dezember 2007 bzw. zum 01. Juli 2009 mit der Folge der Gesamtnichtigkeit der Bekanntmachungsvorschrift unwirksam geworden sind und ob die 1. Änderungssatzung, die am 16. Oktober 2009 im Amtsblatt der Verbandsgemeinde An der Finne, am 07. Oktober 2009 im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft {AK.} und am 14. Oktober 2009 im Amtsblatt der Stadt {G.} bekannt gemacht wurde, eine neue wirksame Bekanntmachungsregelung schaffen konnte, obwohl sie sich keine Rückwirkung (auf den Zeitpunkt des Wegfalls der Amtsblätter der Verwaltungsgemeinschaften {G.} und {M.}) beimaß (vgl. zur Gesamtnichtigkeit einer Verbandssatzung im Falle des Fehlens eines Mindestbestandteils OVG LSA, Beschluss vom 07. Dezember 2004 – 1 L 358/04 – n.v., und Urteil vom 08. April 2008 – 4 L 53/08 – Juris Rn. 38 f.; VG Magdeburg, Urteil vom 12. Mai 2012 – 9 A 298/09 MD – Juris Rn. 26 f.).

69

Enthielt die VS 2005 (in der Fassung der 1. Änderungssatzung) nach alledem im Zeitpunkt der Veröffentlichung der 2. Änderungssatzung vom 27. Juli 2010 keine wirksame Bekanntmachungsbestimmung mehr, hätte – ungeachtet der Frage einer notwendigen Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Außerkrafttretens der bisherigen Regelung – deren Veröffentlichung in der Form erfolgen müssen, die die neue Regelung vorgibt, mithin im "Wochenspiegel, Ausgabe A-Stadt, {AM.} und Umgebung". Das ist – wie bereits dargelegt – jedoch nicht erfolgt.

70

cc. Die Wirksamkeit der Veröffentlichung der SBS 2016 im "Wochenspiegel, Ausgabe A-Stadt, {AM.} und Umgebung" kann schließlich nicht damit begründet werden, dass die Bekanntmachung von Satzungen des Abwasserzweckverbands {G.} seit dem Jahr 2010 über mehrere Jahre hinweg in dieser Zeitschrift erfolgte und deshalb ortsüblich gewesen ist. Das Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsarbeit vom 09. Oktober 1992 (GVBl. LSA S. 730) bestimmt seit seinem In-Kraft-Treten am 16. Oktober 1992 – zunächst in § 19 Abs. 2 Nr. 4 und nunmehr in § 8 Abs. 2 Nr. 4 – dass die Verbandssatzung Art und Weise der öffentlichen Bekanntmachungen des Zweckverbands bestimmen muss. Aufgrund dessen setzt die ordnungsgemäße Bekanntmachung von Satzungsrecht eines Zweckverbands eine den gesetzlichen Anforderungen genügende Bekanntmachungsregelung in der Verbandssatzung voraus und es scheidet ein Rückgriff auf die "Ortsüblichkeit" der Bekanntmachungsform aus (OVG LSA, Urteil vom 11. September 2012 – 4 L 49/12 – n.v.; offenbar übersehen von OVG LSA, Urteil vom 04. Juni 2015 – 4 L 174/14 – Juris Rn. 29).

71

b. Die SBS 2016 kann auch aus materiell-rechtlichen Gründen nicht als Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid herangezogen werden, da der in § 8 Abs. 1 SBS 2016 vorgesehene Beitragssatz von 2,- Euro/m² mit § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA nicht in Einklang steht bzw. der Beklagte den ihm insoweit obliegenden Nachweis der Vereinbarkeit der Regelung mit § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA nicht geführt hat.

72

Nach dieser Regelung erheben Landkreise und Gemeinden bzw. Zweckverbände (§ 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GKG LSA) zur Deckung ihres Aufwands u.a. für die erforderliche Herstellung ihrer öffentlichen leitungsgebundenen Einrichtungen von den Beitragspflichtigen im Sinne des Absatzes 8, denen durch die Inanspruchnahme oder die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Leistungen ein Vorteil entsteht, nur Beiträge, soweit der Aufwand nicht durch Gebühren gedeckt ist und soweit nicht ein privatrechtliches Entgelt gefordert wird. Die Vorschrift enthält zum einen ein Aufwandsüberschreitungsverbot, dessen Verletzung nur dann die Unwirksamkeit des satzungsrechtlich festgelegten Beitragssatzes nach sich zieht, wenn sich dieser im Ergebnis als nicht nur unerheblich überhöht erweist (OVG LSA, Urteil vom 29. April 2010 – 4 L 341/08 – Juris Rn. 26). Zum anderen enthält diese Regelung eine Beitragserhebungspflicht, deren Verletzung nach der neuesten Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt ebenfalls die Unwirksamkeit des satzungsrechtlich festgelegten Beitragssatzes nach sich zieht, wenn dieser den höchstzulässigen Beitragssatz erheblich unterschreitet (OVG LSA, Urteil vom 21. August 2018 – 4 K 221/15 – Juris Pressemitteilungen). Dabei obliegt es der beitragserhebenden Körperschaft, spätestens im gerichtlichen Verfahren eine Beitragskalkulation vorzulegen, aus der sich ergibt, dass der festgelegte Beitragssatz der Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA genügt (OVG LSA, Urteil vom 10. März 2011 – 4 L 385/08 – Juris Rn. 26; Beschluss vom 02. August 2007 – 4 M 44/07 – Juris Rn. 3).

73

aa. Danach ist der in § 8 Abs. 1 SBS 2016 festgelegte Beitragssatz von 2 Euro/m² wegen Verstoßes gegen die Beitragserhebungspflicht unwirksam, weil er unter Zugrundelegung der vom Beklagten im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Beitragskalkulationen vom 03. März 2017 und vom 24. August 2018 den höchstzulässigen Beitragssatz mehr als nur unerheblich unterschreitet.

74

In der Kalkulation vom 03. März 2017 wurde ein höchstzulässiger Beitragssatz von 2,52 Euro/m² ermittelt, den der festgelegte Beitragssatz bereits um 20,6 % unterschreitet. Hinzu kommt, dass vom kalkulierten Investitionsaufwand fehlerhaft ein Betrag von 1.364.429 Euro für die verrechnete Abwasserabgabe abgezogen wurde. Die Verrechnung der Investitionsaufwendungen gegen die für die Einleitungen aus dem Klärwerk geschuldete Abwasserabgabe mindert nämlich nicht den Investitionsaufwand, sondern lässt lediglich die Verpflichtung zur Zahlung einer ansonsten geschuldeten Abgabe entfallen. Die Verrechnungsvorschriften des § 10 Abs. 3 und 4 AbwAG ergänzen die Regelungen zur Abwasserabgabe, von der eine Anreizwirkung zur Durchführung von Gewässerschutzmaßnahmen ausgehen soll, und haben einzig den Zweck, Maßnahmen zur Verringerung der Abwasserschädlichkeit anzustoßen (BVerwG, Urteil vom 21. November 2013 – BVerwG 7 C 12.12 – Juris Rn. 46), nicht aber, den beitragsfähigen Investitionsaufwand zu mindern.

75

Im Hinblick darauf ist der kalkulierte Gesamtaufwand von 9.076.561 Euro um den vorgenannten Betrag zu erhöhen, so dass sich – ausgehend von der Kalkulation des Beklagten vom 03. März 2017 – verteilungsfähige Kosten in Höhe von 10.440.990 Euro ergeben. Teilt man diese durch die ermittelte beitragsfähige Fläche von 3.596.539 m², errechnet sich ein kostendeckender (höchstzulässiger) Beitragssatz von 2,90 Euro/m².

76

Diesen unterschreitet der festgelegte Beitragssatz von 2 Euro/m² um 31,3 Prozent. Auch unter Berücksichtigung eines anzuerkennenden Sicherheitsabstands zwischen dem höchstzulässigen und dem festgesetzten Beitragssatz wird bei einer derartigen Abweichung dem grundsätzlichen Gebot der Festsetzung eines aufwandsdeckenden Beitragssatzes in § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA nicht hinreichend Genüge getan, was nach der obergerichtlichen Rechtsprechung die Unwirksamkeit der den Beitragssatz festsetzenden Vorschrift insgesamt zur Folge hat (OVG LSA, Urteil vom 21. August 2018 – 4 K 221/15 – Juris Pressemitteilungen) und was – da die Festsetzung des Beitragssatzes zum Mindestinhalt einer Abgabensatzung gehört (§ 2 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA) – zugleich die Unwirksamkeit der Beitragssatzung im Ganzen nach sich zieht (OVG LSA, Urteil vom 27. März 2012 – 4 L 233/09 – Juris Rn. 61).

77

Nach der vom Beklagten zuletzt vorgelegten (aktuellen) Kalkulation vom 24. August 2018 beträgt der höchstzulässige Beitragssatz sogar 2,69 Euro/m², wobei auch in dieser Kalkulation die verrechnete Abwasserabgabe fehlerhaft als aufwandsmindernd berücksichtigt wurde. Unter Einbeziehung des darauf entfallenden Betrags in den Investitionsaufwand liegt der höchstzulässige Beitragssatz bei 3,07 Euro/m² ([9.691.567 + 1.364.429] / 3.596.539 m²), den der festgelegte Beitragssatz um 34,85 % unterschreitet.

78

bb. Im Hinblick darauf kann offen bleiben, ob die vorgelegten Kalkulationen nicht wegen eines ihnen anhaftenden methodischen Fehlers von vornherein die Feststellung unmöglich machen, dass der festgelegte Beitragssatz weder gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot noch gegen die Beitragserhebungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA verstößt und der Beklagte der ihn insoweit treffenden Obliegenheit zur Vorlage einer methodisch fehlerfreien Kalkulation nicht nachgekommen ist.

79

Insoweit ist zum einen zu berücksichtigen, dass der Abwasserzweckverband {G.} nach § 1 Abs. 1 Buchstabe a der Abwasserbeseitigungssatzung vom 24. Juni 2008 (veröffentlicht im Kurstadt Kurier vom 09. Juli 2008, im Heimatspiegel vom 16. Juli 2008 und im {AP.} Kurier vom 18. Juli 2008) eine rechtlich selbstständige öffentliche zentrale Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung mit Behandlung in der Kläranlage {G.} und in der Kläranlage {AR.} betrieb. Durch die 1. Änderungssatzung vom 17. Dezember 2015 (veröffentlicht im Wochenspiegel, Ausgabe A-Stadt, {AM.} und Umgebung vom 27. Januar 2016) wurde die Vorschrift bzw. die öffentliche Einrichtung um den Einzugsbereich der Kläranlage {T.} erweitert. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass die SBS 2016 – ebenso wie die "Neufassung der Satzung über die Erhebung von Schmutzwasserbeiträgen für die Entwässerung des Gebietes des Abwasserzweckverbandes {G.} ohne Ortsteil {T.} durch die zentrale Abwasserbeseitigungsanlage {G.}" vom 06. September 2018 (SBS 2018) – zum 01. Januar 2015 in Kraft treten sollte, diese Satzungen zudem darauf verweisen, dass der Zweckverband nach Maßgabe der genannten Abwasserbeseitigungssatzungen eine Abwasserbeseitigungseinrichtung {G.} betreibt und bestimmen, dass der Beitrag für die Herstellung der Abwasserbeseitigungseinrichtung {V.}zur Entwässerung des Gebiets des Abwasserzweckverbands {G.}, ohne Ortsteil {T.}, erhoben wird (§ 1 SBS 2016 und SBS 2018). Da die Kläranlage {AR.} – anders als die Kläranlage {T.} – nach dem vorgelegten Auszug aus dem Abwasserbeseitigungskonzept keine Übergangslösung darstellte, spricht einiges dafür, dass den daran bis zum Austritt der Verbandsgemeinde {M.} angeschlossenen Grundstücken eine endgültig betriebsfertig hergestellte öffentliche Einrichtung des Abwasserzweckverbands {G.} zur Verfügung gestellt wurde mit der Folge, dass insoweit ein einheitlicher Beitrag zu kalkulieren und festzusetzen ist. Denn der Beitragssatz wird ermittelt, indem der gesamte Aufwand, der notwendig ist, um die öffentliche Einrichtung entsprechend dem Abwasserbeseitigungskonzept zu schaffen, auf die bevorteilte Fläche verteilt wird. In die vom Beklagten vorgelegten Kalkulationen vom 03. März 2017 und vom 24. August 2018 haben indes die auf den Einzugsbereich der Kläranlage {AR.} entfallenden Kosten und Flächen keinen Eingang gefunden. Darauf ist der Beklagte bereits mit richterlichem Hinweis vom 06. März 2018 aufmerksam gemacht worden. Er hat gleichwohl von der Möglichkeit einer Nachbesserung der Kalkulation abgesehen.

80

Ob es der Berücksichtigung der auf das Einzugsgebiet der Kläranlage {AR.} entfallenden Kosten und Flächen in der Beitragskalkulation bedarf, oder ob diese außer Betracht zu lassen sind, weil die Verbandsgemeinde an der Finne, zu der das Einzugsgebiet der Kläranlage {AR.} gehört, schon längere Zeit den Austritt aus dem Verband anstrebte und deshalb den durch diese Kläranlage erschlossenen Grundstücken keine dauerhafte Entsorgungsmöglichkeit durch eine zentrale Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung des Abwasserzweckverbands {G.} geboten wurde, bedarf jedoch keiner Entscheidung. Liegt kein methodischer Kalkulationsfehler vor, erweist sich der festgelegte Beitragssatz aus den dargestellten Gründen (II.2.b.aa.) als erheblich zu niedrig und ist deshalb nichtig.

81

3. Auch die SBS 2018 (veröffentlicht in der Mitteldeutschen Zeitung, Ausgaben {P.} Zeitung, {O.} Zeitung und {N.} Tageblatt, vom 08./09. September 2018) kann als rechtliche Grundlage des angegriffenen Beitragsbescheids nicht herangezogen werden, da darin ebenfalls in § 8 Abs. 1 ein Beitragssatz von 2 Euro/m² festgelegt ist, dessen Vereinbarkeit mit § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA anhand der vom Beklagten erstellten Kalkulation(en) nicht festgestellt werden kann. Insoweit gelten die Ausführungen unter II.2. b. entsprechend.

82

4. Dass eine ältere satzungsrechtliche Grundlage für die geltend gemachten Beitragsansprüche in Betracht kommt, macht der Beklagte schon nicht geltend.

83

aa. Die "Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung des Abwasserzweckverbands {AS.} vom 15. März 1994 (BGS 1994) scheidet als Rechtsgrundlage aus. Sie enthält zum einen keine wirksame Bestimmung des Beitragspflichtigen. Unter Verstoß gegen § 6 Abs. 8 Satz 1 KAG LSA stellt die Regelung in § 6 Abs. 1 BGS 1994 nicht auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheids ab, sondern bestimmt als Beitragspflichtigen denjenigen, der im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld Eigentümer bzw. Erbbauberechtigter ist. Zudem ist der in § 4 Abs. 1 BGS 1994 vorgesehene Beitragsmaßstab nicht vorteilsgerecht im Sinne von § 6 Abs. 5 Satz 1 KAG LSA und verstößt gegen den Grundsatz der konkreten Vollständigkeit. Nach der genannten Vorschrift wird der Beitrag nach der Fläche berechnet, die sich aus der Grundfläche eines Wohnhauses oder Gewerbegebäudes ergibt einschließlich eines Steigerungsbetrags von 25 % für jedes weitere Vollgeschoss. Für ausgebaute Dachgeschosse wird ein halbes Vollgeschoss angesetzt; Scheunen, Stallungen und andere Nebengebäude werden nicht berücksichtigt. Die Regelung berücksichtigt nicht hinreichend, dass sich der Verteilungsmaßstab am Umfang der wahrscheinlichen Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung zu orientieren hat und diese in erster Linie von der baulichen Nutzbarkeit des Grundstücks abhängt. Die in der BGS 1994 vorgesehene Regelung knüpft nämlich nicht an die bauliche Nutzbarkeit, d.h. die mögliche bauliche Nutzung eines Grundstücks an (vgl. zur Maßgeblichkeit der zulässigen baulichen Nutzung OVG LSA, Beschluss vom 10. November 1999 – B 3 S 29/98 – n.v.), sondern ausschließlich an die tatsächliche bauliche Nutzung, indem auf im Zeitpunkt der betriebsfertigen Herstellung der öffentlichen Einrichtung vorhandene Hauptgebäudegrundflächen und die Zahl der vorhandenen Vollgeschoss abgestellt wird. Damit kann der durch die öffentliche Einrichtung dem jeweiligen Grundstück vermittelte Vorteil – insbesondere in beplanten Gebieten – nicht sachgerecht erfasst werden. Darüber hinaus enthält diese Vorschrift keine Regelung für unbebaute, aber aufgrund ihrer Lage im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder im unbeplanten Innenbereich bebaubare Grundstücke. Diese Fehler im Beitragsmaßstab führen zur Unwirksamkeit des Maßstabs und der Satzung insgesamt (OVG LSA, Urteil vom 11. September 2012 – 4 L 155/09 – Juris Rn. 75).

84

bb. Ebenso scheidet die Schmutzwasserbeitragssatzung des Abwasserzweckverbands {G.} vom 01. Juli 1998 (SBS 1998) (veröffentlicht im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft {G.} und im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft {AK.} jeweils vom 09. September 1998) als Rechtsgrundlage des angegriffenen Bescheids aus.

85

Das gilt schon deshalb, weil der Abwasserzweckverband {G.} die SBS 1998 mit § 18 Satz 2 SBS 2002 aufgehoben hatte und diese im Zeitpunkt des Eintritts der beitragsrechtlichen Vorteilslage, die auf den Tag der Eintragung des Leitungsrechts hinsichtlich des Schmutzwasserkanals in der Privatstraße ({AT.} als beschränkte persönliche Dienstbarkeit zu Gunsten des Abwasserzweckverbands {G.} datiert (vgl. dazu OVG LSA, Beschluss vom 02. Dezember 2008 – 4 L 348/06 – Juris Rn. 4), keine Geltung mehr beanspruchte. Die Aufhebung teilte auch nicht das rechtliche Schicksal der Unwirksamkeit der SBS 2002 im Übrigen. Denn zum einen ist diese Regelung vom Rest der SBS 2002 teilbar und bleibt rechtlich sinnvoll. Zum anderen ist mit Sicherheit davon auszugehen, dass der Satzungsgeber die SBS 1998 auch dann aufgehoben hätte, wäre ihm die Unwirksamkeit der SBS 2002 im Übrigen bekannt gewesen. Denn der Satzungsgeber wollte die Beitragserhebung nicht mehr wie zuvor in der SBS 1998 auf einen Geschossflächenmaßstab stützen, sondern unter Heranziehung des sich davon grundlegend unterscheidenden Vollgeschossmaßstabs und eines danach kalkulierten Beitragssatzes von 2 Euro/m² (statt bislang 25 DM/m²) auf gänzlich neue Füße stellen. Von daher ist nicht davon auszugehen, dass der Abwasserzweckverband {G.} im Wissen um einen der SBS 2002 anhaftenden, zur Gesamtnichtigkeit führenden Fehler an der SBS 1998 festgehalten hätte.

86

Ungeachtet dessen verstieß der in der SBS 1998 vorgesehene Verteilungsmaßstab gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Die in § 7b Abs. 3 UA 2 Satz 3 SBS 1998 und § 7c Abs. 2 Sätze 3 und 4 SBS 1998 getroffenen Reglungen führen zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung von Grundstücken im unbeplanten Innenbereich, im Außenbereich bzw. in nicht nach § 7a SBS 1998 beplanten Gebieten einerseits und Grundstücken in nach § 7a SBS 1998 beplanten Gebieten andererseits. Nach § 7c Abs. 2 Sätze 3 und 4 SBS sind bei Grundstücken im unbeplanten Innenbereich und im Außenbereich, bei denen sich die (beitragsrechtlich relevante) Geschossfläche aus der Summe aller Vollgeschossflächen ergibt (§ 7c Abs. 1 SBS), Dachgeschosse in dem Umfang, in dem sie tatsächlich ausgebaut sind, den Vollgeschossflächen zur Hälfte unabhängig davon hinzuzurechnen, ob die Dachgeschosshöhe die Raumhöhe eines Vollgeschosses im Sinne der Landesbauordnung erreicht. Bei Grundstücken im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der keine Festsetzungen nach § 7a SBS 1998 enthält, werden nach § 7b Abs. 3 UA 2 Satz 3 SBS 1998 ausgebaute Dachgeschosse als halbes Vollgeschoss gezählt. Dagegen wird für Grundstücke im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der Festsetzungen zur Geschossflächenzahl, zur Größe der Geschossfläche, zur Zahl der Vollgeschosse oder zur Baumassenzahl enthält (§ 7a SBS 1998), die Geschossfläche anhand der Festsetzungen im Bebauungsplan ermittelt (§ 7a SBS). Grundstücke in nach § 7a SBS 1998 beplanten Gebieten werden mithin in unzulässiger Weise privilegiert, weil in diesen Gebieten Dachgeschosse, die keine Vollgeschosse im Sinne der Landesbauordnung sind, bei der Beitragsbemessung außer Acht bleiben, während sie in anderen Gebieten hinzugerechnet werden, ohne dass es für eine derartige Differenzierung einen rechtfertigenden Grund gibt. Ein solcher ergibt sich nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt insbesondere nicht daraus, dass nach dem gewählten Geschossflächenmaßstab für (in bestimmter Weise) beplante Gebiete auf das zulässige Nutzungsmaß, für andere Gebiete hingegen auf das tatsächliche Nutzungsmaß abgestellt wird. Denn die Ausgestaltung des Maßstabs darf nicht dazu führen, dass Grundstücke, deren Gebäude mit einem ausgebauten Dachgeschoss versehen sind, das kein Vollgeschoss ist, aufgrund ihrer Lage außerhalb des Geltungsbereichs eines (bestimmte Festsetzungen enthaltenden) Bebauungsplans bei der Veranlagung gegenüber Grundstücken in entsprechend beplanten Gebieten benachteiligt werden, obwohl sich das Maß der baulichen Nutzung nicht von den Gebäuden unterscheidet, die im beplanten Bereich mit einem ausgebauten Dachgeschoss ausgestattet sind, das kein Vollgeschoss beinhaltet (vgl. OVG LSA, Urteil vom 04. Dezember 2003 – 1 L 226/03 – Juris Rn. 31 ff.). Die Unwirksamkeit dieser Regelung hat die Gesamtnichtigkeit der Regelungen über den Verteilungsmaßstab und daher der Satzung zur Folge, da nicht mit Sicherheit davon auszugehen ist, dass der Beklagte die Verteilungsregelung auch ohne die Regelung über die Veranlagung von Dachgeschossflächen im nicht nach § 7a SBS 1998 beplanten Bereich erlassen hätte. Insbesondere kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Beklagte eine andere – nicht gleichheitswidrige – Regelung zur Berücksichtigung der Dachgeschossflächen innerhalb des Geschossflächenmaßstabs getroffen oder aber einen anderen, die Berücksichtigung von Dachgeschossflächen erfassenden Verteilungsmaßstab gewählt hätte.

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Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass der in § 8 Abs. 1 SBS 1998 festgelegte Beitragssatz von 25 DM/m² mit § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA in Einklang steht. Eine diesen Beitragssatz rechtfertigende ordnungsgemäße Kalkulation ist nach dem Vortrag des Beklagten nie erstellt worden.

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5. Soweit es das Flurstück {AU.} betrifft, scheidet die Heranziehung zu einem Beitrag schließlich auch deshalb aus, weil es nicht in schmutzwasserrelevanter Weise baulich genutzt werden kann.

89

Gemäß § 3 Abs. 1 SBS 2016/ § 3 Abs. 1 Buchstabe a SBS 2018 unterliegen der Beitragspflicht Grundstücke, die an die in § 1 definierte zentrale öffentliche Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung angeschlossen werden können und für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen.

90

Da der Beitrag der Abgeltung der durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der zentralen öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungsanlage des Beklagten vermittelten Vorteile dient, muss die bauplanungsrechtliche Festsetzung eine schmutzwasserrelevante Nutzung des Grundstücks ermöglichen. Das ist hier nicht der Fall, weil nach der bauplanerischen Festsetzung im Bebauungsplan Nr. 6 "Kurgebiet {AV.}" auf dem Grundstück nur Stellplätze zulässig sind (vgl. auch OVG LSA, Urteil vom 16. April 2013 – 4 L 242/10 – Juris Rn. 32).

91

6. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 VwGO. Dem Beklagten sind auch die Kosten hinsichtlich des für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits aufzuerlegen, da er sich durch die teilweise Aufhebung des angefochtenen Bescheids in die Rolle des Unterlegenen begeben hat und er im Übrigen mangels rechtlicher Grundlage für den angefochtenen Bescheid auch ohne Eintritt der teilweisen Erledigung in der Sache unterlegen gewesen wäre. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

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7. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren ist nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären. Notwendig ist die Zuziehung eines Bevollmächtigten dann, wenn es dem Widerspruchsführer nach seinen persönlichen Verhältnissen nicht zuzumuten war, das Vorverfahren selbst zu führen. Diese Voraussetzung ist bei Streitigkeiten über kommunale Abgaben regelmäßig erfüllt, weil in ihnen typischerweise schwierige Sach- und Rechtsfragen auftreten, die nur eine mit dieser Materie vertraute rechtskundige Person übersehen und (zuverlässig) beantworten kann (BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1991 – BVerwG 8 C 83.88 – Juris Rn. 15). Anhaltspunkte, die die Annahme erlauben, hier müsse ausnahmsweise etwas anderes gelten, liegen nicht vor.


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