Urteil vom Verwaltungsgericht Hamburg (5. Kammer) - 5 K 921/13
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 02.02.2012 und des Widerspruchsbescheids vom 11.02.2013 verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Erteilung der Fahrlehrerlaubnis der Klasse BE unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu ¼ und die Beklagte zu ¾.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, für den Kläger nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil gegen ihn vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt im Wesentlichen die Anerkennung einer in Österreich erworbenen Fahrlehrerlaubnis für die Fahrzeugklasse B.
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Der in Deutschland geborene und aufgewachsene Kläger ist Inhaber der Fahrerlaubnis der Klassen A, B, BE, C und CE. Er absolvierte in der Zeit von August 2009 bis März 2010 in A-Stadt/Österreich eine Fahrlehrerausbildung. In dieser Zeit war der Kläger sowohl in B-Stadt/Deutschland als auch (mit kurzen Unterbrechungen) in C-Stadt/Österreich gemeldet. Laut Prüfungsbescheinigung vom 12.03.2010 hat er die Lehrbefähigungsprüfung für die Berechtigung als Fahrlehrer gemäß dem österreichischen Kraftfahrgesetz (öKraftfG) für die Klasse B am 11.03.2010 erfolgreich bestanden. Aus dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft D. vom 30.03.2010 (Bl. 56-57 der Gerichtsakten) ergibt sich, dass der Kläger berechtigt ist, als Fahrlehrer für die Klasse B an einer Fahrschule praktischen Unterricht zu erteilen.
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Am 04.05.2011 beantragte der Kläger gegenüber der Beklagten, diese vertreten durch den Landesbetrieb Verkehr, die Erteilung einer Fahrlehrererlaubnis der Klasse BE nach § 2a Fahrlehrergesetz (FahrlG). Mit weiterem Schreiben vom 29.06.2011 teilte er der Beklagten mit, dass er einen Anpassungslehrgang wähle, sofern Ausgleichsmaßnahmen überhaupt erforderlich seien. Die Beklagte forderte daraufhin verschiedene Unterlagen an, unter anderem auch Belege dafür, dass sich der Lebensmittelpunkt des Klägers zum Zeitpunkt des Erwerbes des Fahrlehrerausweises in Österreich befunden habe.
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Nachdem der Kläger diverse österreichische Quittungen für den Zeitraum August, September und Oktober 2009 eingereicht hatte, ordnete die Beklagte mit Schreiben vom 27.12.2011 die Durchführung einer Eignungsprüfung an. Sie begründete dies damit, dass sich die Ausbildung und Prüfung in Österreich wesentlich von der in Deutschland unterscheide. Aus diesem Grunde habe der Kläger seine Kenntnisse durch Ablegung einer Eignungsprüfung nachzuweisen.
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Mit anwaltlichem Schreiben vom 19.01.2012 erhob der Kläger Widerspruch gegen die Anordnung. Zur Begründung führte er u.a. aus, dass er nach Artikel 14 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36/EG die Wahl zwischen Anpassungslehrgang und Eignungsprüfung habe. Er habe sich mit Schreiben vom 29.07.2011 für einen Anpassungslehrgang entschieden.
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Mit Bescheid vom 02.02.2012 lehnte die Beklagte den Antrag auf Erteilung einer Fahrlehrerlaubnis der Klasse BE ab. Zur Begründung führte sie erneut aus, dass sich die österreichische Ausbildung und Prüfung von der deutschen wesentlich unterscheide. Deshalb sei die Ablegung einer Eignungsprüfung erforderlich. Die Anordnung der Eignungsprüfung vom 27.12.2011 sei zudem nach § 44a VwGO als behördliche Verfahrenshandlung nicht selbstständig anfechtbar.
- 7
Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.02.2012 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 02.02.2012 ein. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass er ein Wahlrecht zwischen Anpassungslehrgang und Eignungsprüfung aufgrund der Richtlinie 2005/36/EG habe. Da das nationale Recht der Umsetzung dieser Richtlinie diene, greife der Anwendungsvorrang des Rechts der europäischen Gemeinschaft.
- 8
Mit Schreiben vom 29.02.2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass dem Widerspruch nicht abgeholfen werde. Die Änderung der §§ 2a und 3a Fahrlehrergesetz (FahrlG) und § 1 Durchführungsverordnung zum Fahrlehrergesetz (DV-FahrlG) zum 1. April 2012 bestätige die Entscheidung.
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Mit Schreiben vom 06.05.2012 richtete die Beklagte zur weiteren Klärung des Sachverhalts verschiedene Fragen an den Kläger. Unter anderem habe der Kläger anzugeben, bis zu welchem Tag er in Österreich gemeldet sei und wann der Kläger die unterschiedlichen Unterrichtsstunden/Prüfung absolviert habe.
- 10
Mit Schreiben vom 18.06.2012 wurden die Fragen seitens des Klägers beantwortet.
- 11
Am 30.08.2012 unterbreitete die Beklagte dem Kläger einen Vergleichsvorschlag. Im Wesentlichen sah dieser vor, dass der Kläger einen Anpassungslehrgang mit folgenden Lehrinhalten entsprechend der Anlage zu § 2 Abs. 1 Fahrlehrerausbildungsverordnung zu absolvieren habe.
- 12
Punkt 1.1.2 Fahrverhalten
40 Unterrichtsstunden
Punkt 1.1.3 Straßenverkehr
160 Unterrichtsstunden
Punkt 1.4 Umweltschutz
10 Unterrichtsstunden
Punkt 1.6 Verkehrspädagogik (ohne .1.6.6)
235 Unterrichtsstunden
- 13
Der Kläger habe innerhalb von 24 Monaten den Lehrgang abzuschließen. Nach Abschluss der Lehrveranstaltung werde der Kläger zur Fahrlehrerprüfung zugelassen. Der Prüfauftrag werde daraufhin vom LBV an den Prüfausschuss der Fahrlehrer übermittelt. Vor dem Prüfausschuss erfolge eine schriftliche und mündliche Fachkundeprüfung. Nach Bestehen sei der Kläger zum Absolvieren von Lehrproben berechtigt. Sofern der Kläger auch die Lehrproben des theoretischen und praktischen Unterrichts bestehe, erhalte er eine unbefristete Fahrlehrerlaubnis der Klasse BE.
- 14
Mit Schreiben vom 24.09.2012 lehnte der Kläger das Vergleichsangebot ab. Dieses Angebot stelle eine Verschlechterung zur Anordnung vom 27.12.2011 dar, da er neben einer Prüfung auch noch einen Anpassungslehrgang absolvieren müsse. Zudem liege bei ihm kein Missbrauchsfall vor. Wann ein solcher überhaupt gegeben sei, sei ihm noch nicht mitgeteilt worden.
- 15
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.02.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie u.a. aus, dass die Erteilung der Fahrlehrerlaubnis nach § 2a Abs. 2 FahrlG von der Teilnahme an einen Anpassungslehrgang oder einer Eignungsprüfung abhängig gemacht werde, wenn sich die erworbene Qualifikation wesentlich von der im Inland erworbenen Qualifikation unterscheide. Dies sei bei der in Österreich erworbenen Fahrlehrerberechtigung gegeben. Das Wahlrecht hinsichtlich eines Anpassungslehrgangs oder einer Eignungsprüfung komme im Regelfall dem Antragsteller zu. Aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls könne dem Antragsteller das Wahlrecht jedoch verwehrt werden und der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde die Ausübung des Wahlrechts eröffnet sein. Nach Erwägungsgrund Nr. 11 der Richtlinie 2005/36/EG gelte es zu verhindern, dass einige Staatsangehörige der EU-Mitgliedstaaten sich in missbräuchlicher Weise der Anwendung des nationalen Rechts im Bereich der Berufe entziehe. Ein Missbrauchsfall sei insbesondere anzunehmen, wenn der betroffene Staatsangehörige eines EU-Mitgliedstaats sich ausschließlich zum Zwecke des Qualifikationserwerbs in einen anderen Mitgliedsstaat begebe und in diesem Mitgliedstaat geringere Anforderungen an den betreffenden Qualifikationserwerb bestünden. Dies sei vorliegend der Fall. In der Zeit vom 24.02.2010 bis 21.05.2010 und 21.09.2010 bis 20.12.2010 sei der Kläger in dem von der Fahrschule beworbenen Seminarhotel gemeldet gewesen. Der Kläger habe somit keine berufliche Integration in Österreich angestrebt. Durch die Anordnung vom 27.12.2011 habe sie von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht und die Eignungsprüfung angeordnet. Da der Kläger sowohl die Teilnahme an einer Eignungsprüfung als auch die im Vergleichswege angebotene Teilnahme an einem Anpassungslehrgang mit Prüfung abgelehnt habe, sei die begehrte Fahrlehrerlaubnis zu Recht versagt worden.
- 16
Am 08.03.2013 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung führt er u.a. aus, dass er die Voraussetzung der Richtlinie 2005/36/EG erfülle und die Richtlinie auch anwendbar sei. Er habe ein Wahlrecht, ob er einen Anpassungslehrgang oder eine Eignungsprüfung machen wolle. Der Wortlaut des § 2a FahrlG enthalte keine Bestimmung darüber, wer entscheide, ob ein Anpassungslehrgang oder eine Eignungsprüfung zu verlangen sei. Da die Vorschrift zur Umsetzung der Richtlinie diene, könne die Antwort unproblematisch dem europäischen Recht entnommen werden. Demnach stehe dem Kläger das Wahlrecht zu. Nach dem zweiten Satz des Erwägungsgrundes Nr. 15 der Richtlinie gehe der europäische Gesetzgeber davon aus, dass eine Abweichung von der Wahlmöglichkeit in jedem Einzelfall durch einen zwingenden Grund des Allgemeinwohls gerechtfertigt werden müsse. Das deutsche Recht sehe keine einschlägige Möglichkeit der Einschränkung des Wahlrechts vor. Zudem liege die nach der Richtlinie bestehende Möglichkeit, das Wahlrecht einzuschränken, nicht vor. Nach Artikel 14 Abs. 2 unter Abs. 2 können die im Rahmen eines Konsulationsverfahrens mit der Kommission geschehen oder nach Art. 14 Abs. 3 unter Abs. 3 allgemein für solche Berufe, deren Ausbildung eine genaue Kenntnis des einzelstaatlichen Rechts erfordere oder bei denen Beratung und/oder Beistand in Bezug auf das einzelstaatliche Recht ein wesentlicher und beständiger Teil der Berufsausübung sei. Da diese beiden Möglichkeiten an einem bestimmten reglementierten Beruf anknüpfen würden, bedeute dies, dass der Aufnahmemitgliedstaat in den genannten beiden Fällen in seinen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften eine Einschränkung des Wahlrechts vorsehen müsse. Davon habe Deutschland keinen Gebrauch gemacht. Weiterhin ergebe sich weder aus der Richtlinie 2005/36/EG noch aus der Durchführungsverordnung zum Fahrlehrergesetz (DVO-FahrlG), dass eine Prüfung durch die zuständige Behörde nach Abschluss eines Anpassungslehrgangs erfolgen dürfe; der nach Erlass des Widerspruchsbescheids in Kraft getretene § 1 Abs. 3 S. 7 DVO-FahrlG, wonach der Anpassungslehrgang Gegenstand einer Bewertung sei, sei dahin zu verstehen, dass diese Bewertung durch die Ausbildungsstätte durchzuführen sei; keinesfalls sei die Bewertung durch die zuständige Verwaltungsbehörde bzw. den Fahrlehrerprüfungsausschuss durchzuführen. Eine solche Prüfung hebe den Unterschied zwischen Eignungsprüfung und Anpassungslehrgang auf. Zudem habe er das Freizügigkeitsrecht nicht missbraucht. Die Beklagte stütze ihre Auffassung im Übrigen nur auf den 11. Erwägungsgrund der Richtlinie 2005/36/EG. Dieser habe aber im gesamten Text der Richtlinie keinen Niederschlag gefunden.
- 17
Der Kläger beantragt,
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1. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 02.02.2012 und des Widerspruchsbescheids vom 11.02.2013 zu verpflichten, dem Kläger nach Durchführung eines Anpassungslehrgangs die Fahrlehrererlaubnis der Klasse BE zu erteilen,
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2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren für erforderlich zu erklären.
- 20
Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
- 22
Zur Begründung bezieht sie sich auf den Bescheid vom 02.02.2012 und den Widerspruchsbescheid vom 11.02.2013. Sie führt ergänzend aus, dass zwar grundsätzlich dem Antragsteller das Wahlrecht zwischen Anpassungslehrgang und Eignungsprüfung zustehe; abweichend vom Regelfall gehe das Wahlrecht jedoch auf die zuständige Behörde über, wenn zwingende Gründe des Allgemeininteresses gegeben seien. Dies sei vorliegend der Fall, weil der Kläger sich in missbräuchlicher Weise dem nationalen Recht entzogen habe. Weiterhin habe sich nach Erlass des Widerspruchsbescheids der Text des § 1 Abs. 3 FahrlG Durchführungsverordnung geändert. Danach stehe dort in § 1 Abs. 3 S. 7: „… der Erfolg eines Anpassungslehrgangs nach § 1 Abs. 3 der Durchführungsverordnung zum Fahrlehrergesetz (…) Gegenstand einer Bewertung ist.“ Demnach habe die zuständige Behörde die Möglichkeit, eine Abschlussprüfung vorzuschreiben, und zwar auch durch den Fahrlehrerprüfungsausschuss. Dies stehe auch im Einklang mit der Richtlinie.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
- 24
Die als Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 02.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.02.2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Wegen fehlender Spruchreife konnte das Gericht die Beklagte jedoch nur dazu verpflichten, den Antrag des Klägers vom 04.05.2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO).
1.
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Dem Kläger steht gemäß § 2a Abs. 1 FahrlG dem Grunde nach ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Fahrlehrererlaubnis zu, sofern in seiner Person auch die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 und 8 FahrlG erfüllt sind (hierzu a). Die Beklagte darf die Erteilung jedoch von der Teilnahme an einem Anpassungslehrgang oder einer Eignungsprüfung abhängig machen (hierzu b). Die Wahl zwischen Anpassungslehrgang und Eignungsprüfung steht dem Kläger zu (hierzu c). Auch im Rahmen eines Anpassungslehrgangs ist die Beklagte jedoch befugt, eine Abschlussprüfung durch den Fahrlehrerprüfungsausschuss anzuordnen (hierzu d).
a)
- 26
Nach § 2 Abs. 1 S. 1 FahrlG wird die Fahrlehrererlaubnis bei Erfüllung der dort in den Nummern 1 bis 8 genannten Voraussetzungen erteilt. Gemäß § 2a Abs. 1 S. 1 FahrlG ist dem Bewerber um eine Fahrlehrererlaubnis, der Inhaber einer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erteilten Fahrlehrererlaubnis oder eines in einem dieser Staaten ausgestellten Nachweises über die Befähigung zur Fahrschülerausbildung (Befähigungsnachweis) ist, jedoch abweichend von § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 bis 7 FahrlG die Fahrerlaubnis der entsprechenden Klasse zu erteilen, wenn die Voraussetzungen der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 07.09.2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikation (ABl. 2005, L 255/22, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2013/55 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.11.2013, ABl. 2013 L 354/132; im Folgenden „Richtlinie 2005/36/EG“) erfüllt sind.
- 27
Die Voraussetzungen des § 2a Abs. 1 S. 1 FahrlG sind hier erfüllt (hierzu aa). Nach derzeitigem Sachstand kann jedoch nicht beurteilt werden, ob auch alle Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 und 8 FahrlG erfüllt sind (hierzu bb).
aa)
(1)
- 28
Der Kläger ist Inhaber einer in Österreich, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, erteilten Fahrlehrerberechtigung der Klasse B. Nach Auffassung der Kammer handelt es sich bei dieser Fahrlehrerberechtigung auch um eine „Fahrlehrerlaubnis“ aus einem anderen EU-Mitgliedstaat i.S.v. § 2a Abs. 1 S. 1 Halbsatz 1 FahrlG.
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Zwar unterscheidet sich die vom Kläger in Österreich erlangte Fahrlehrerberechtigung wesentlich von der begehrten deutschen Fahrlehrerlaubnis. Nach § 117 öKraftfG darf ein Fahrlehrer nur praktischen Fahrunterricht erteilen. Lediglich der Fahrschullehrer darf gemäß § 116 öKraftfG sowohl theoretischen wie praktischen Unterricht erteilen. Vom Tätigkeitsumfang entspricht daher nur die österreichische Fahrschullehrerberechtigung der deutschen Fahrlehrererlaubnis. Denn die deutsche Fahrlehrerlaubnis berechtigt nach § 1 Abs. 3 FahrlG ab dem Zeitpunkt ihrer Vergabe zur Erteilung praktischen und theoretischen Unterrichts. Der eingeschränkten Tätigkeitsberechtigung des österreichischen Fahrlehrers entspricht auch die kürzere Ausbildungsdauer. Der österreichische Fahrlehreranwärter für die Fahrerlaubnisklasse B nimmt nach dem Lehrplan gemäß § 64d der Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung (öKFG-DVO) in Verbindung mit § 64c öKFG-DVO und der Anlage 10d zu § 64c Abs. 11 öKFG-DVO (abrufbar unter http://www.ris.bka.gv.at) an einem 285 Unterrichtseinheiten (à 50 Minuten) umfassenden theoretischen Unterricht teil und einer 60 Unterrichtseinheiten (à 50 Minuten) umfassenden praktischen Ausbildung. In Deutschland bestehen Ausbildung und Prüfung hingegen aus einem Lehrgang in einer Fahrlehrerausbildungsstätte mit einer Dauer von 770 Stunden à 45 Minuten und einer praktischen Ausbildung in einer Ausbildungsfahrschule (vgl. im Einzelnen die Fahrlehrerausbildungsverordnung vom 19.06.2012 (BGBl. I. S. 1307), insbesondere die dortige Anlage zu § 2 Abs. 1, Abschnitt 1).
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Die soeben dargestellten Unterschiede in Tätigkeits- und Ausbildungsumfang rechtfertigen es jedoch nicht, die österreichische Fahrlehrerberechtigung schon nicht als eine „Fahrlehrerlaubnis“ aus einem anderen EU-Mitgliedstaat i.S.v. § 2a Abs. 1 S. 1 Halbsatz 1 FahrlG anzusehen. § 2a FahrlG dient der Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG. Diese Richtlinie legt die Vorschriften fest, nach denen ein Mitgliedstaat („Aufnahmemitgliedstaat“), der den Zugang zu einem reglementierten Beruf oder dessen Ausübung in seinem Hoheitsgebiet an den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen knüpft, für den Zugang zu diesem Beruf und dessen Ausübung die in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten („Herkunftsmitgliedstaat“) erworbenen Berufsqualifikationen anerkennt, die ihren Inhaber berechtigen, dort denselben Beruf auszuüben (Art. 1 der Richtlinie 2005/35/EG). Nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2005/36/EG ermöglicht die Anerkennung der Berufsqualifikation durch den Aufnahmemitgliedstaat der begünstigten Person, in diesem Mitgliedstaat denselben Beruf wie den, für den sie in ihrem Heimatmitgliedstaat qualifiziert ist, aufzunehmen und unter denselben Voraussetzungen wie Inländer auszuüben. Gemäß Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36/EG ist für die Zwecke der Richtlinie der Beruf, den der Antragsteller im Aufnahmemitgliedstaat ausüben möchte, derselbe wie derjenige, für den er in seinem Herkunftsmitgliedstaat qualifiziert ist, wenn die Tätigkeiten, die er umfasst, vergleichbar sind. Art. 14 der Richtlinie 2005/36/EG sieht vor, dass der Aufnahmemitgliedstaat in bestimmten Fällen vom Antragsteller verlangen kann, dass er einen Anpassungslehrgang absolviert oder eine Eignungsprüfung ablegt, insbesondere wenn (a) die bisherige Ausbildung des Antragstellers sich hinsichtlich der beruflichen Tätigkeit auf Fächer bezieht, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die durch den Ausbildungsnachweis im Aufnahmemitgliedstaat abgedeckt werden oder (b) wenn der reglementierte Beruf im Aufnahmemitgliedstaat eine oder mehrere reglementierte berufliche Tätigkeiten umfasst, die im Herkunftsmitgliedstaat des Antragstellers nicht Bestandteil des entsprechenden reglementierten Berufs sind, und wenn sich die im Aufnahmemitgliedstaat geforderte Ausbildung auf Fächer bezieht, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die von dem Befähigungs- oder Ausbildungsnachweis des Antragstellers abgedeckt werden.
- 31
Nach Maßgabe der vorgenannten Vorschriften sind ein deutscher Fahrlehrer und ein österreichischer Fahrlehrer bzw. die von diesen jeweils ausgeübten Tätigkeiten noch als vergleichbar i.S.v. Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36/EG anzusehen (a.A. offenbar VG Gießen, Beschl. v. 25.08.2011, Az.: 6 L 1954/11.GI, n.v., i.E. bestätigt durch VGH Kassel, Beschl. 29.07.2013, Az.: 2 A 1944/12.Z, zitiert nach juris; missverständlich, aber wohl wie hier VG Düsseldorf, Beschl. v. 12.06.2014, Az.: 6 L 853/14, zitiert nach juris, Rn. 36; VG Düsseldorf, Beschl. v. 23.08.2013, Az.: 6 K 5931/12, zitiert nach juris, Rn. 4). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs („EuGH“) ist der Beruf im Herkunftsmitgliedstaat nicht mehr „derselbe Beruf“ i.S.v. Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36/EG wie der im Aufnahmemitgliedstaat, wenn die Unterschiede zwischen den Tätigkeitsbereichen so erheblich sind, dass der Antragsteller in Wirklichkeit eine vollständige Ausbildung absolvieren müsste, um den Beruf im Aufnahmemitgliedstaat ausüben zu können (EuGH, Urt. v. 19.01.2006 in der Rs. C-330/03, Colegio de Ingenieros de Caminos, Canales y Puertos, Slg. 2006, I-826, Rn. 35; EuGH, Urt. v. 27.06.2013 in der Rs. C-575/11, Eleftherios –Themistoklis Nasiopoulos, noch nicht in der amtl. Slg. veröffentlicht, Rn. 32). Ist demgegenüber der Beruf im Herkunftsmitgliedstaat mit dem Beruf im Aufnahmemitgliedstaat „so ähnlich“, dass die Lücken, die die Ausbildung des Antragstellers gegenüber derjenigen aufweist, die im Aufnahmemitgliedstaat gefordert wird, durch Anwendung der in Art. 14 der Richtlinie 2005/36/EG vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen wirksam geschlossen werden können, ist von „demselben Beruf“ auszugehen (EuGH, Urt. v. 19.01.2006 in der Rs. C-330/03, Colegio de Ingenieros de Caminos, Canales y Puertos, Slg. 2006, I-826, Rn. 36; EuGH, Urt. v. 27.06.2013 in der Rs. C-575/11, Eleftherios –Themistoklis Nasiopoulos, noch nicht in der amtl. Slg. veröffentlicht, Rn. 31). Letzteres ist hier der Fall. Auch wenn ein österreichischer Fahrlehrer lediglich praktischen Unterricht erteilen darf und dessen Ausbildung kürzer ist als diejenige eines deutschen Fahrlehrers, kann dies nach Auffassung der Kammer nicht den Schluss rechtfertigen, dass es sich hier um zwei völlig unterschiedliche Berufe handelt. Es bedarf keiner näheren Erläuterungen, dass auch ein Fahrlehrer, der nur praktischen Unterricht erteilen darf, selbstverständlich auch theoretische Kenntnisse besitzen muss. Dies wird eindrücklich auch durch den Lehrplan in Anlage 10d zu § 64c Abs. 11 öKFG-DVO bestätigt, der einen immerhin 285 Unterrichtseinheiten (à 50 Minuten) umfassenden theoretischen Unterricht in verschiedensten Bereichen (u.a. gesetzliche Grundlagen, Fahrzeugtechnik, fahrdynamische Grundlagen, Pädagogik I, Gefahrenlehre, Berufsrecht, etc.) vorsieht. Gegenüber dem Lehrplan für Fahrschullehrer, die sowohl theoretischen als auch praktischen Unterricht erteilen dürfen, bleibt der Lehrplan nur insoweit zurück, als er auf 15 Unterrichtseinheiten „Pädagogik II“ und 30 Unterrichtseinheiten „Unterrichtsübungen“ (Planung, Vorbereitung und Durchführung des Unterrichts an selbstgewählten Beispielen, Vorbereitung und Bewertung vor Vorprüfungen, Lernkontrolle) verzichtet. Bei dieser Sachlage kann aber keinesfalls davon gesprochen werden, dass die Lücken in der Ausbildung eines österreichischen Fahrlehrers nicht durch Ausgleichsmaßnahmen nach Art. 14 der Richtlinie 2005/36/EG wirksam geschlossen werden können. Davon geht letztlich auch die Beklagte aus. Denn diese lehnt die Anerkennung der österreichischen Fahrlehrererlaubnis des Klägers nicht kategorisch ab, sondern verlangt lediglich die Durchführung einer Eignungsprüfung.
(2)
- 32
Auch die Voraussetzungen der Richtlinie 2005/36/EG sind erfüllt. Deren Anwendungsbereich ist eröffnet, da der Kläger als Deutscher in Österreich eine Ausbildung absolviert hat (vgl. Art. 2 der Richtlinie 2005/36/EG). Der Beruf des Fahrlehrers ist ein „reglementierter Beruf“ nach Art. 3 Abs. 1 Buchstabe a) der Richtlinie 2005/36/EG. Nach Art. 3 Abs. 1 a) ist ein „reglementierter Beruf“ eine berufliche Tätigkeit oder eine Gruppe beruflicher Tätigkeiten, bei der die Aufnahme oder Ausübung oder eine der Arten der Ausübung direkt oder indirekt durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften an den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen gebunden ist; eine Art der Ausübung ist insbesondere die Führung einer Berufsbezeichnung, die durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften auf Personen beschränkt ist, die über eine bestimmte Berufsqualifikation verfügen. Diese Voraussetzungen sind beim Fahrlehrerberuf erfüllt, da die Tätigkeit und Ausübung dieses Berufs in Deutschland durch Rechtsvorschriften, insbesondere durch das FahrlG gebunden ist. Da der Fahrlehrerberuf nicht unter Kapitel II und III der Richtlinie 2005/36/EG fällt, richtet sich die Anerkennung nach Art. 13 der Richtlinie. Dessen Voraussetzungen sind erfüllt. Dem Kläger ist in Österreich von der zuständigen Behörde, nämlich der Bezirkshauptmannschaft D., ein Befähigungsnachweis nach Art. 11 der Richtlinie 2005/36/EG ausgestellt worden, wobei sich dieser Befähigungsnachweis auf denselben reglementierten Beruf bezieht wie die deutsche Fahrlehrerlaubnis, nämlich den Beruf des Fahrlehrers (s.o.).
bb)
- 33
In der Person des Klägers müssen die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 und 8 FahrlG erfüllt sein. Denn diese werden in § 2a Abs. 1 S. 1 FahrlG nicht ausgenommen („abweichend von § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 7“); auch § 2a Abs. 4 FahrlG verweist auf die Geltung von § 2 FahrlG „im Übrigen“ (vgl. insoweit auch Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zum Gesetzesentwurf, BT-Drucks. 16/7819, S. 3).
- 34
Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 8 FahrlG sind in der Person des Klägers erfüllt. Der Kläger ist über 22 Jahre alt und verfügt als deutscher Muttersprachler über die für die Ausübung der Berufstätigkeit erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache.
- 35
Nicht geklärt ist bisher jedoch, ob in der Person des Klägers die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FahrlG erfüllt sind, wonach der Bewerber geistig, körperlich und fachlich geeignet sein muss und keine Tatsachen vorliegen dürfen, die ihn für den Fahrlehrerberuf als unzuverlässig erscheinen lassen. Denn der Kläger hat bisher trotz zweifacher Aufforderung durch die Beklagte (vgl. Bl. 58 und Bl. 138-139 der Sachakten der Beklagten) weder ein Augengutachten nach Anlage 6 zur FeV noch ein ärztliches Gutachten nach Anlage 5.1 zur FeV vorgelegt, deren Vorlage die Beklagte zum Nachweis der geistigen und körperlichen Eignung i.S.v. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FahrlG verlangen kann (vgl. Dauer, Fahrlehrerrecht, 1. Aufl. 2010, § 2 FahrlG, S. 19 f.).
b)
- 36
Die Beklagte hat die Erteilung der Fahrlehrererlaubnis zu Recht von der Teilnahme an einem Anpassungslehrgang oder einer Eignungsprüfung abhängig gemacht. Nach § 2a Abs. 2 FahrlG kann bzw. muss (vgl. insoweit Dauer, Fahrlehrerrecht, 1. Aufl. 2010, § 2a FahrlG, S. 34) die Erteilung der Fahrlehrerlaubnis nach § 2a Abs. 1 FahrlG, die zur Niederlassung im Inland berechtigt, von der Teilnahme an einem Anpassungslehrgang oder einer Eignungsprüfung abhängig gemacht werden, wenn sich die bisherige durch Ausbildung und Prüfung des Bewerbers erworbene Qualifikation wesentlich von den durch die Bestimmungen der Fahrlehrer-Ausbildungsordnung und der Prüfungsordnung für Fahrlehrer für die Aufnahme der Fahrlehrertätigkeit im Inland vorgeschriebenen Anforderungen unterscheidet und dieser Unterschied auch durch die von dem Bewerber im Rahmen seiner Berufserfahrung – auch in einem Drittland – erworbenen Kenntnisse nicht ausgeglichen wird. Diese Vorschrift dient der Umsetzung von Art. 14 Abs. 1 und 4 der Richtlinie 2005/36/EG. Nach Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2005/36/EG hindert der in Art. 13 der Richtlinie 2005/36/EG verankerte Anerkennungsgrundsatz den Aufnahmemitgliedstaat nicht, vom Antragsteller zu verlangen, dass er einen höchstens dreijährigen Anpassungslehrgang absolviert oder eine Eignungsprüfung ablegt, wenn (u.a.)
- 37
• die bisherige Ausbildung des Antragstellers sich hinsichtlich der beruflichen Tätigkeit auf Fächer bezieht, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die durch den Ausbildungsnachweis im Aufnahmemitgliedstaat abgedeckt werden, und
- 38
• der reglementierte Beruf im Aufnahmemitgliedstaat eine oder mehrere reglementierte berufliche Tätigkeiten umfasst, die im Herkunftsmitgliedstaat des Antragstellers nicht Bestandteil des entsprechenden reglementierten Berufs sind, und wenn sich die im Aufnahmemitgliedstaat geforderte Ausbildung auf Fächer bezieht, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die von dem Befähigungs- oder Ausbildungsnachweis des Antragstellers abgedeckt werden.
- 39
Unter „Fächer, die sich wesentlich unterscheiden“ sind jene Fächer zu verstehen, bei denen Kenntnis, Fähigkeiten und Kompetenzen eine wesentliche Voraussetzung für die Ausübung des Berufs sind und bei denen die bisherige Ausbildung des Migranten wesentliche Abweichungen hinsichtlich des Inhalts gegenüber der im Aufnahmemitgliedstaat geforderten Ausbildung aufweist (Art. 14 Abs. 4 der Richtlinie 2005/36/EG).
- 40
Nach Maßgabe von § 2a Abs. 2 FahrlG und Art. 14 Abs. 1 und 4 der Richtlinie 2005/36/EG hat die Beklagte zu Recht angenommen, dass sich die vom Kläger erworbene österreichische Qualifikation wesentlich von der durch die Bestimmungen der Fahrlehrer-Ausbildungsverordnung und der Prüfungsordnung für Fahrlehrer unterscheidet. Die Kammer verweist insoweit auf die bereits weiter oben dargestellten Unterschiede zwischen der deutschen und der österreichischen Fahrlehrererlaubnis und den zugrunde liegenden Ausbildungen. Soweit ersichtlich, ist es in der Rechtsprechung auch allgemein anerkannt, dass Ausbildung und Tätigkeitsumfang wesentlich voneinander abweichen und die Behörde daher einen Anpassungslehrgang oder eine Eignungsprüfung verlangen kann (vgl. VGH Hessen, Beschl. v. 29.07.2013, Az.: 2 A 1944/12.Z, zitiert nach juris, Rn. 7 ff.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 14.02.2013, 14 A 1260/12 = NZV 2014, 335, 336; VG Düsseldorf, Beschl. v. 12.06.2014, Az.: 6 L 853/14, zitiert nach juris, Rn. 36; VG Düsseldorf, Beschl. v. 23.08.2013, Az.: 6 K 5931/12, zitiert nach juris, Rn. 4; VG Köln, Urt. v. 11.5.2009, Az.: 11 K 7981/08, zitiert nach juris, Rn. 22 ff.). Der Kläger hat auch keine Berufserfahrung, die ein Absehen von Anpassungslehrgang oder Eignungsprüfung i.S.v. § 2a Abs. 2 FahrlG, der der Umsetzung von Art. 14 Abs. 5 der Richtlinie 2005/36/EG dient, rechtfertigen könnte.
c)
- 41
Die Wahl zwischen Anpassungslehrgang und Eignungsprüfung steht dem Kläger zu (so auch Dauer, Fahrlehrerrecht, 1. Aufl. 2010, § 2a, S. 35; a.A. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 14.02.2013, Az.: 14 A 1260/12 = NZV 2014, 335, 336, allerdings ohne Berücksichtigung der Vorgaben der Richtlinie 2005/36/EG und der Fahrlehrer-Durchführungsverordnung). Gemäß § 2a Abs. 2 FahrlG kann die Erteilung der Fahrlehrerlaubnis von der Teilnahme an einem Anpassungslehrgang oder einer Eignungsprüfung abhängig gemacht werden. Der Wortlaut von § 2a Abs. 2 FahrlG lässt damit sowohl ein Wahlrecht der Behörde als auch ein Wahlrecht des Klägers als möglich erscheinen. Das Gebot der richtlinienkonformen Auslegung gebietet es vorliegend jedoch, Art. 2a Abs. 2 FahrlG dahingehend auszulegen, dass das Wahlrecht zwischen Anpassungslehrgang und Eignungstest dem Kläger zusteht.
- 42
Die mitgliedstaatlichen Gerichte sind nach ständiger Rechtsprechung des EuGH auf Grund des in Art. 288 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verankerten Umsetzungsgebots und des aus Art. 4 Abs. 3 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) folgenden Grundsatzes der Unionstreue verpflichtet, zur Durchführung einer EU-Richtlinie erlassene Gesetze unter voller Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums, den ihnen das nationale Recht einräumt, im Lichte des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen (EuGH, Urt. v. 05.10.2004 in der Rs. C-397/01, Pfeiffer, Slg. 2004, I-8835, Rn. 113; vgl. hierzu auch BGH, Urt. v. 07.05.2014, Az.: IV ZR 76/11, zitiert nach juris, Rn. 20 m.w.N.; BGH, NJW 2002, 1881, 1882).
- 43
§ 2a FahrlG dient der Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG (vgl. RegE, BT-Drucks. 16/7080; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, BT-Drucks. 16/7819). Nach dessen Art. 14 Abs. 2 muss der Aufnahmemitgliedstaat dem Antragsteller die Wahl zwischen Anpassungslehrgang und Eignungsprüfung lassen.
- 44
Der richtlinienkonformen Auslegung stehen auch keine nationalen Auslegungsgrundsätze entgegen. Der mögliche Wortsinn des § 2a Abs. 2 FahrlG lässt ein Wahlrecht des Klägers zu. Auch aus den Gesetzesmaterialen ergibt sich nicht, dass das Wahlrecht der Behörde zustehen sollte. In diesem Fall greift die Vermutung, dass der Gesetzgeber beabsichtigt hat, die Richtlinie korrekt umzusetzen. Denn dem Gesetzgeber kann ohne gegenläufige Anhaltspunkte nicht unterstellt werden, dass er sehenden Auges einen Richtlinienverstoß in Kauf nehmen wollte (BGH, Urt. v. 07.05.2014, Az. IV ZR 76/11, zitiert nach juris, Rn. 23).
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Für ein Wahlrecht des Klägers spricht schließlich auch die Fahrlehrer-Durchführungsverordnung (DV-FahrlG). Nach dessen § 1 Abs. 3 S. 1 muss der Inhaber einer EU-ausländischen Fahrlehrererlaubnis grundsätzlich an einem Anpassungslehrgang teilnehmen, wenn seine bisherige Ausbildung oder Prüfung wesentlich hinter den Anforderungen zurückbleibt, die durch die Fahrlehrer-Ausbildungsverordnung oder die Prüfungsordnung für Fahrlehrer bestimmt werden. Nach § 1 Abs. 4 DV-FahrlG „kann“ die Teilnahme an dem Anpassungslehrgang nach § 1 Abs. 3 FV-FahrlG durch die erfolgreiche Teilnahme an einer Eignungsprüfung ersetzt werden.
- 46
Das Wahlrecht ist auch nicht ausnahmsweise auf die Beklagte übergegangen. Von den in Art. 14 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 sowie Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 2005/36/EG vorgesehenen Ausnahmen von der Wahlmöglichkeit des Antragstellers hat der deutsche Gesetzgeber im FahrlG und den hierzu ergangenen Durchführungsvorschriften, insbesondere der Fahrlehrer-Ausbildungsverordnung und der Prüfungsordnung für Fahrlehrer, keinen Gebrauch gemacht.
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Entgegen der Ansicht der Beklagten ergibt sich ein Übergang des Wahlrechts auf die Beklagte auch nicht aus dem Umstand, dass sich der Kläger nach Ansicht der Beklagten lediglich zum Zwecke des Erwerbs der österreichischen Fahrlehrererlaubnis nach Österreich begeben habe und dies eine Umgehung der strengeren deutschen Vorschriften darstelle. Zwar ist das Rechtsmissbrauchsverbot ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist die betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf die Normen des Unionsrechts nicht gestattet und die Anwendung der Unionsvorschriften kann nicht so weit reichen, dass missbräuchliche Praktiken, d.h. Vorgänge geschützt werden, die nicht im Rahmen des normalen Geschäftsverkehrs, sondern nur zu dem Zweck durchgeführt werden, missbräuchlich in den Genuss von im Unionsrecht vorgesehenen Vorteilen zu gelangen (EuGH, Rs. C-321/05, Koefoed, Slg. 2007, I-5795, Rn. 38 m.w.N). Es kann hier letztlich dahinstehen, ob der Kläger sich das unionsrechtliche Rechtsmissbrauchsverbot schon deswegen nicht entgegenhalten lassen muss, weil es vorliegend berufszugangsregelnd wirkt und daher eine ausdrückliche Verankerung im Gesetz notwendig gewesen wäre. In jedem Fall kann dem Kläger nach Auffassung der Kammer kein Rechtsmissbrauch vorgeworfen werden. Es kann noch keine missbräuchliche Ausnutzung des Anerkennungsgrundsatzes darstellen, wenn ein Inhaber einer Fahrlehrererlaubnis mit dem Erwerb seiner Fahrlehrererlaubnis lediglich unterschiedlich strenge Regelungen der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Voraussetzungen für deren Erlangung nutzt (in diese Richtung tendierend, im Ergebnis aber offenlassend, auch VG Köln, Urt. v. 11.05.2009, Az.: 11 K 7981/08, zitiert nach juris, Rn. 29 ff.; VG Gießen, Beschl. v. 25.08.2011, Az.: 6 L 1954/11.GI, n.v.; vgl. auch in Bezug auf Fahrerlaubnisinhaber bzw. den „Führerscheintourismus“ OVG Greifswald, NJW 2007, 1154, 1159; OVG Weimar, Beschl. v. 29.6.2006, Az.: 2 EO 240/05; OVG Koblenz, NJW 2005, 3228). Dies ist letztlich eine Konsequenz der europarechtlichen gegenseitigen Anerkennungspflicht, wie sie sich aus der Richtlinie 2005/36/EG ergibt, und der fehlenden Harmonisierung der Rechtslage in den einzelnen Mitgliedstaaten. Zudem sind an einen Rechtsmissbrauch gerade in Fällen, in denen es um Berufszulassungsschranken geht, strenge Anforderungen zu stellen. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass das deutsche Recht es der zuständigen Behörde erlaubt, vom Fahrerlaubnisinhaber die Durchführung eines Anpassungslehrgangs oder einer Eignungsprüfung zu verlangen, wenn sich die bisherige durch Ausbildung und Prüfung des Bewerbers erworbene Qualifikation wesentlich von den durch die Bestimmungen der Fahrlehrer-Ausbildungsordnung und der Prüfungsordnung für Fahrlehrer für die Aufnahme der Fahrlehrertätigkeit im Inland vorgeschriebenen Anforderungen unterscheidet (§ 2a Abs. 2 FahrlG). Etwaigen Missbräuchen ist durch diese Vorschrift, die auf Art. 14 der Richtlinie 2005/36/EG beruht und mit dieser im Einklang steht, von vornherein ein Riegel vorgeschoben. Soweit sich die Beklagte auf den letzten Satz des Erwägungsgrunds Nr. 11 der Richtlinie 2005/36/EG bezieht, wonach die Richtlinie nicht auf einen Eingriff in das berechtigte Interesse der Mitgliedstaaten abzielt, zu verhindern, dass einige ihrer Staatsangehörigen sich in missbräuchlicher Weise der Anwendung des nationalen Rechts im Bereich der Berufe entziehen, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Art. 14 der Richtlinie 2005/36/EG, wonach der Aufnahmemitgliedstaat unter den dort genannten Voraussetzungen die Durchführung eines Anpassungslehrgangs oder einer Eignungsprüfung verlangen kann, trägt diesem Erwägungsgrund hinreichend Rechnung. Denn, wie bereits ausgeführt, beugt die Möglichkeit der Durchführung dieser Anpassungsmaßnahmen dem Rechtsmissbrauch hinreichend vor.
d)
- 48
Entgegen der vom Kläger im Gerichtsverfahren geäußerten Ansicht ist die Beklagte berechtigt, den Anpassungslehrgang mit einer Abschlussprüfung zu kombinieren, die vor dem Fahrlehrerprüfungsausschuss abzulegen ist.
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Gemäß § 1 Abs. 3 S. 7 DV-FahrlG ist der Erfolg des Anpassungslehrgangs Gegenstand einer Bewertung. Dieser Satz ist durch Art. 59 des Gesetzes zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen vom 06.12.2011 (BGBl. I S. 2515) mit Wirkung zum 01.04.2012 eingefügt worden. In dem ursprünglichen Gesetzesentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/6260, S. 38) war dieser Satz noch nicht enthalten. Der Bundesrat schlug in seiner Stellungnahme zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/6260, S. 107) folgenden Satz vor: „Der Erfolg eines Anpassungslehrgangs nach § 1 Absatz 3 DV-FahrlG kann mit einer Wissenskontrolle überprüft werden“. Dies begründete der Bundesrat wie folgt: „Den Umfang des Anpassungslehrgangs legt die Erlaubnisbehörde fest. Der Erfolg eines Anpassungslehrgangs nach § 1 Absatz 3 DV-FahrlG in Verbindung mit Artikel 14 der Richtlinie 2005/36/EG kann nach übereinstimmender Auffassung von BMVBS und BMWi ‚mit einer Wissenskontrolle überprüft werden‘. Dies ergibt sich aus der Legaldefinition des Anpassungslehrgangs in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe g Satz 2 der Richtlinie, wonach der Lehrgang Gegenstand einer Bewertung ist. Eine Anwendung dieser Grundsätze sei innerhalb des geltenden Rechts möglich. Zur Schaffung einer eindeutigen rechtlichen Regelung wird in § 1 DV-FahrlG eine entsprechend Klarstellung aufgenommen. Wer die Prüfung durchführt, wird analog der Regelung für die Eignungsprüfung von der Erlaubnisbehörde bestimmt. Es liegt nahe, damit den Fahrlehrerprüfungsausschuss zu beauftragen.“ Nachdem die Bundesregierung dieser Änderung zunächst nicht zustimmte, da sie u.a. in keinem Zusammenhang mit dem Gesetzesvorhaben stehe (vgl. BT-Drucks. 17/6260, S. 119), hat der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung in seiner Beschlussempfehlung (BT-Drucks. 17/7218) die derzeit geltende Fassung empfohlen, nämlich: „Der Erfolg eines Anpassungslehrgangs nach § 1 Absatz 3 der Durchführungsverordnung zum Fahrlehrergesetz ist Gegenstand einer Bewertung.“ Zur Begründung führt der Ausschuss aus (BT-Drucks. 17/7218, S. 48 f.): „Den Umfang des Anpassungslehrgangs legt die Erlaubnisbehörde fest. Der Erfolg eines Anpassungslehrgangs nach § 1 Abs. 3 DV-FahrlG in Verbindung mit Art. 14 der Richtlinie 2005/36/EG kann ‚mit einer Wissenskontrolle überprüft werden‘. Dies ergibt sich aus der Legaldefinition des Anpassungslehrgangs in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe g Satz 2 der Richtlinie, wonach der Lehrgang Gegenstand einer Bewertung ist. Zur Schaffung einer eindeutigen rechtlichen Regelung wird in § 1 DV-FahrlG eine entsprechende Klarstellung aufgenommen. Wer die Prüfung durchführt, wird analog der Regelung für die Eignungsprüfung von der Erlaubnisbehörde bestimmt. Es liegt nahe, damit den Fahrlehrerprüfungsausschuss zu beauftragen.“
- 50
Aus den Gesetzesmaterialien folgt demnach, dass der Verordnungsgeber unter „Bewertung“ eine Wissenskontrolle verstanden hat, die jedenfalls auch durch den Fahrlehrerprüfungsausschuss durchgeführt werden können sollte. Soweit der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung den vom Bundesrat vorgeschlagenen Begriff „Wissenskontrolle“ durch „Bewertung“ ersetzt hat, ist dies ausweislich der vom Ausschuss angegebenen Begründung lediglich eine Anpassung an den Wortlaut der Richtlinie 2005/36/EG, ohne dass damit eine inhaltliche Änderung bezweckt gewesen wäre (so auch VG Düsseldorf, Beschl. v. 12.06.2014, Az.: 6 L 853/14, zitiert nach juris, Rn. 53).
- 51
Die Durchführung einer den Anpassungslehrgang abschließenden Wissenskontrolle widerspricht auch nicht den Vorgaben der Richtlinie 2005/36/EG. Nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. g) S. 1 der Richtlinie 2005/36/EG wird der Begriff „Anpassungslehrgang“ definiert als die Ausübung eines reglementierten Berufs, die in dem Aufnahmemitgliedstaat unter der Verantwortung eines qualifizierten Berufsangehörigen erfolgt und gegebenenfalls mit einer Zusatzausbildung einhergeht. Nach S. 2 dieser Vorschrift ist der Lehrgang Gegenstand einer Bewertung. Gemäß S. 3 dieser Vorschrift werden die Einzelheiten des Anpassungslehrgangs und seiner Bewertung sowie die Rechtsstellung des beaufsichtigten zugewanderten Lehrgangsteilnehmers von der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaats festgelegt.
- 52
Nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. g) der Richtlinie 2005/36/EG obliegt es folglich dem deutschen Gesetzgeber und, auf der Grundlage der von ihm erlassenen Gesetze bzw. Verordnungen, den zuständigen deutschen Behörden, den Begriff der „Bewertung“ näher zu konkretisieren und ihn mit Inhalten zu füllen. Es ist nicht ersichtlich, dass der deutsche Verordnungsgeber bzw. die Beklagte, damit, dass sie im Rahmen des Anpassungslehrgangs eine abschließende Wissenskontrolle verlangen, den ihr durch Art. 3 Abs. 1 Buchst. g) S. 3 der Richtlinie 2005/36/EG eingeräumten Spielraum überschritten haben. Wenn der Verordnungsgeber und die Beklagte unter „Bewertung“ auch eine Wissenskontrolle verstehen, ist das nicht zu beanstanden. Dies ist vom möglichen Wortsinn des Begriffs „Bewertung“ gedeckt. Es widerspricht auch nicht den Zielen der Richtlinie 2005/36/EG, wenn nach Durchführung eines Anpassungslehrgangs eine Abschlussprüfung bzw. eine Wissenskontrolle verlangt wird. Nach Erwägungsgrund Nr. 11 der Richtlinie 2005/36/EG sollen die Mitgliedstaaten die Möglichkeit behalten, das Mindestniveau der notwendigen Qualifikation festzulegen, um die Qualität der in ihrem Hoheitsgebiet erbrachten Leistungen zu sichern. Dies ist aber nur sichergestellt, wenn überprüft werden kann, ob der Lehrgangsteilnehmer den Anpassungslehrgang auch tatsächlich „erfolgreich“ durchgeführt hat, also die Lehrgangsinhalte aufgenommen und verinnerlicht hat. Nach Auffassung der Kammer kann auch nicht angenommen werden, dass ein Anpassungslehrgang keine „Prüfungselemente“ enthalten darf. Dem widerspricht schon, dass der Anpassungslehrgang nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. g) S. 3 der Richtlinie 2005/36/EG Gegenstand einer Bewertung ist. Im Hinblick auf den in Art. 14 Abs. 5 der Richtlinie 2005/36/EG ausdrücklich verankerten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz muss die Prüfung jedoch den Umstand berücksichtigen, dass der Fahrerlaubnisinhaber bereits eine Fahrlehrerlaubnis aus einem EU-Mitgliedstaat besitzt und auch während des Anpassungslehrgangs schriftliche Übungsarbeiten angefertigt sowie theoretischen und praktischen Unterricht erteilt hat (vgl. § 1 Abs. 3 S. 2 DV-FahrlG). Die Prüfung bzw. Wissenskontrolle darf nicht über das hinausgehen, was in Anbetracht der bereits erbrachten Ausbildungs- und Prüfungsnachweise zwingend geboten ist. Insbesondere muss sich die Prüfung auf die im Anpassungslehrgang nachgeholten, bisher fehlenden Ausbildungsteile beschränken und darf nicht in eine Überprüfung der im Ausland – hier: Österreich – bereits erbrachten Ausbildungsteile übergehen (vgl. VG Düsseldorf, Beschl. v. 12.06.2014, Az.: 6 L 853/14, zitiert nach juris, Rn. 56).
- 53
Auch die Übertragung der Prüfung auf den Fahrlehrerprüfungsausschuss steht nicht im Widerspruch zur Richtlinie 2005/36/EG. Diese legt nicht fest, wer die Bewertung durchzuführen hat; insbesondere ergeben sich aus der Richtlinie keine Anhaltspunkte, dass die Prüfung zwingend durch die Ausbildungsstätte, an der der Fahrerlaubnisinhaber den Anpassungslehrgang durchführt, zu erfolgen hätte. Nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. g) S. 3 der Richtlinie 2005/36/EG, wonach die Einzelheiten des Anpassungslehrgangs und seiner Bewertung von der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaats festgelegt werden, darf die Beklagte zulässigerweise den Fahrlehrerprüfungsausschuss mit der Prüfung gemäß § 1 Abs. 3 S. 7 DV-FahrlG beauftragen.
- 54
§ 1 Abs. 3 S. 7 DV-FahrlG ist nach Auffassung der Kammer auch hinreichend bestimmt. Berufszulassungsschranken müssen hinreichend bestimmt sein (vgl. BVerfG, Beschl. v. 04.11.1992, Az.: 1 BvR 79/85 u.a., zitiert nach juris, Rn. 103 m.w.N.). Der Normadressat muss erkennen können, von welchen Voraussetzungen seine Berufsaufnahme abhängig gemacht wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 04.11.1992, Az.: 1 BvR 79/85 u.a., zitiert nach juris, Rn. 103). Auslegungs- und Anwendungsprobleme müssen aber nicht vollständig ausgeschlossen sein (BVerfG, aaO, Rn. 103).
- 55
Nach Maßgabe dieser Grundsatz ist § 1 Abs. 3 S. 7 DV-FahrlG noch hinreichend bestimmt. Der Begriff „Bewertung“ ist zwar ungenau. Er kann jedoch unter Zuhilfenahme der Gesetzesbegründung ausgelegt werden, und zwar dahin, dass darunter eine Wissenskontrolle zu verstehen ist. Auch der Gegenstand der Bewertung ist hinreichend bestimmt. Denn der Inhalt des Anpassungslehrgangs, welcher den Gegenstand der Bewertung bildet, wird in § 1 Abs. 3 S. 3 DV-FahrlG näher bestimmt. Danach sind Gegenstand des Anpassungslehrgangs die Besonderheiten des deutschen Straßenverkehrsrechts und der deutschen Straßenverkehrsverhältnisse sowie das deutsche Fahrlehrerrecht. Im Übrigen ergibt sich aus den unionsrechtlichen Vorgaben, insbesondere aus Art. 14 Abs. 5 S. 1 der Richtlinie 2005/36/EG, wonach der Aufnahmemitgliedstaat, wenn er die Durchführung eines Anpassungslehrgangs oder einer Eignungsprüfung verlangt, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten hat, dass sich der Anpassungslehrgang mitsamt der Abschlussprüfung (ebenso wie die Eignungsprüfung nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. h) der Richtlinie) nur auf die noch fehlenden Ausbildungsteile, d.h. die Ausbildungsteile, die der Fahrerlaubnisinhaber im Herkunftsmitgliedstaat nicht abgeschlossen hat, beziehen darf (s.o., unter Hinweis auf VG Düsseldorf, Beschl. v. 12.06.2014, Az.: 8 L 853/14, zitiert nach juris, Rn. 56). Es kann dem Gesetz- bzw. Verordnungsgeber auch nicht vorgeworfen werden, die noch fehlenden Ausbildungsteile für jeden Mitgliedstaat der EU und jeden Mitgliedstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sowie die Schweiz nicht bereits im Voraus gesetzlich niedergelegt zu haben. Denn dies würde eine genaue Kenntnis und Überwachung des Fahrlehrerrechts von immerhin 31 ausländischen Staaten (27 weitere Mitgliedstaaten der EU sowie Island, Liechtenstein, Norwegen und Schweiz) voraussetzen. Angesichts der Tatsache, dass § 1 Abs. 3 S. 7 DV-FahrlG es dem Fahrerlaubnisinhaber unter Beachtung der oben gewonnenen Auslegungsgrundsätze erlaubt, festzustellen, dass der Anpassungslehrgang Gegenstand einer Wissenskontrolle ist, die sich auf das deutsche Straßenverkehrsrecht, die deutschen Straßenverkehrsverhältnisse und das deutsche Fahrlehrerrecht unter Berücksichtigung der bereits im Ausland abgelegten Ausbildungsteile bezieht, ist die verbleibende Restunklarheit hinsichtlich des konkreten Inhalts des Anpassungslehrgangs zumutbar.
2.
- 56
Dem Verpflichtungsbegehren des Klägers konnte mangels Spruchreife (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO) nicht entsprochen werden. Spruchreife bedeutet, dass die von der Behörde zu treffende Sachentscheidung mit Abschluss des Gerichtsverfahrens feststeht (Gerhardt, in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 26. EL 2014, § 113 Rn. 66). Daran fehlt es vorliegend. Zum einen hat der Kläger die fehlenden Unterlagen zu seiner körperlichen und geistigen Eignung i.S.v. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FahrlG nicht vorgelegt. Zum anderen hängt die vom Kläger begehrte Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der Fahrlehrererlaubnis der Klasse BE „nach (erfolgreicher) Durchführung eines Anpassungslehrgangs“ von einem ungewissen zukünftigen Ereignis ab, nämlich der erfolgreichen Durchführung eines Anpassungslehrgangs.
II.
- 57
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 VwGO.
- 58
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war gemäß § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO für notwendig zu erklären, da es aufgrund der Komplexität der Rechtsfragen für den Kläger nicht zumutbar war, das Vorverfahren ohne anwaltlichen Beistand zu führen.
- 59
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO, §§ 708, 709, 711 ZPO.
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