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| Die zulässige Klage der Klägerin ist begründet. Die Widerklage der Beigeladenen hat keinen Erfolg. |
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| I. Die Klage ist als isolierte Anfechtungsklage gegen den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums zulässig gemäß § 42 Abs. 1 Var. 1, § 79 Abs. 1 Nr. 2 VwGO. |
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| 1. Die Klagebefugnis der Klägerin ist gegeben, § 42 Abs. 2 VwGO. Die Klagebefugnis liegt vor, wenn die Möglichkeit besteht, dass der Kläger in eigenen Rechten verletzt ist (v. Albedyll in Bader/Funke-Kaiser u.a., VwGO, 6. Aufl. 2014, § 42 Rn. 61). Die Klägerin kann sich auf die mögliche Verletzung ihrer gemeindlichen Planungshoheit als Teil des Rechts auf kommunale Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 71 LV berufen. Das Recht auf kommunale Selbstverwaltung ist ein subjektives Recht im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO (BVerwG, Urt. v. 19.03.1976 – VII C 71.2, NJW 1976, 2175; Kopp/Schenke, 19. Aufl. 2013, § 42 Rn. 138). Die gemeindliche Planungshoheit als Teil dieses Rechts umfasst, das Gemeindegebiet zu beplanen, insbesondere durch Bauleitpläne i.S.v. § 10 BauGB. Von der Gemeinde aufgestellte, wirksame Bebauungspläne sind von den Behörden im Baugenehmigungs- und Bauvorbescheidsverfahren zu beachten. Dies gilt auch für ein diesbezügliches Widerspruchsverfahren. Zur Planungshoheit der Gemeinde gehört daher auch ein Abwehranspruch gegen Baumaßnahmen, die ihren planerischen Festsetzungen widersprechen (BVerwG, Urt. v. 27.11.1981 – 4 C 36/78, juris Rn. 14 = NVwZ 1982, 310). Bebauungspläne der Gemeinde dürfen nicht durch planwidrige Genehmigungen der Widerspruchsbehörde unterlaufen werden (BVerwG, Urt. v. 27.11.1981 – 4 C 36/78, juris Rn. 14 = NVwZ 1982, 310). Setzt sich die Baugenehmigungs- oder Widerspruchsbehörde über die Festsetzungen des Bebauungsplans hinweg, so stellt dies einen unmittelbaren Eingriff in die Planungshoheit dar, weil durch die Genehmigung Zustände geschaffen werden, die der gemeindlichen Planung widersprechen (BVerwG, Urt. v. 27.11.1981 – 4 C 36/78, juris Rn. 14 = NVwZ 1982, 310). Dabei ist unerheblich, ob die Widerspruchsbehörde selbst die Genehmigung erteilt oder das Verfahren an die Gemeinde als untere Baurechtsbehörde zurückverweist, verbunden mit der Weisung, den Antrag neu unter Beachtung der Rechtsauffassung der Widerspruchsbehörde zu entscheiden (BVerwG, Urt. v. 27.11.1981 – 4 C 36/78, juris Rn. 14 = NVwZ 1982, 310). Wenn das Regierungspräsidium den Ortsbauplan „Gxxx I“ im vorliegenden Bauvorbescheidsverfahren nicht anwandte, weil es ihn zu Unrecht für unwirksam hielt, ist die Klägerin in ihrer gemeindlichen Planungshoheit verletzt. |
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| 2. Für die Klage besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis. Dieses ist nicht dadurch entfallen, dass die Klägerin für den Bereich des streitgegenständlichen Grundstücks die Aufstellung eines neuen Bebauungsplan beschlossen hat und eine Veränderungssperre erlassen hat. Damit steht noch nicht fest, dass es auch zur Verabschiedung des neuen Bebauungsplans kommen wird. Zudem hat die Klägerin ein schutzwürdiges Interesse daran, die Wirksamkeit ihres Bebauungsplans gegenüber dem Regierungspräsidium zu verteidigen. |
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| II. Die Klage ist begründet. Der angegriffene Widerspruchsbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihrer gemeindlichen Planungshoheit, da das Regierungspräsidium zu Unrecht die entgegenstehenden Festsetzungen des Ortsbauplans „Gxxx I“ außer Acht gelassen hat (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). |
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| Der Ortsbauplan „Gxxx I“ ist wirksam erlassen und seither nicht unwirksam geworden. Das Urteil der 8. Kammer im Verfahren 8 K 932/10, in dem inzident die Unwirksamkeit des Bebauungsplans festgestellt wurde, bindet die erkennende Kammer nicht. |
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| a) Der Ortsbauplan „Gxxx I“ ist wirksam erlassen worden. Rechtsgrundlage für den Erlass ist Art. 7 der Württembergischen Bauordnung vom 28.07.1910, letztmals geändert am 13.03.1937, da xxx im ehemals württembergischen Landesteil liegt. |
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| aa) Die formellen Anforderungen an den Erlass eines Ortsbauplans sind gegeben. Zwar liegt keine ordnungsgemäße Ausfertigung vor, da sich kein Ausfertigungsvermerk auf dem Ortsbauplan befindet. Der Ausfertigungsmangel ist jedoch unschädlich, da eine „gedankliche Schnur“ zwischen dem Dokument über den Satzungsbeschluss und dem Plan besteht. Eine nicht ordnungsgemäße Ausfertigung ist unschädlich, wenn auf andere Art und Weise sichergestellt ist, dass der Inhalt des Bebauungsplans mit dem vom Gemeinderat Beschlossenen übereinstimmt (VGH Mannheim, Urt. v. 19.06.1990 – 8 S 1989/05, VBlBW 2007, 303 m.w.N.). Erforderlich ist, dass der Plan durch eine „gedankliche Schnur“ mit dem ausgefertigten Textteil der Satzung derart verknüpft ist, dass seine Identifizierung ohne Weiteres möglich ist, so dass jeder Zweifel an der Zugehörigkeit des nicht gesondert ausgefertigten Teils zum ausgefertigten Satzungsteil ausgeschlossen ist (vgl. VGH München, Urt. v. 05.02.2009 – 1 N 07.2713, juris Rn. 37; VGH München, Beschl. v. 28.02.2008 – 1 NE 07.294, juris Rn. 36; OVG Münster, Urt. v. 26.06.2013 – 7 D 75/11.NE, juris Rn. 54 ff.; OVG Bautzen, Urt. v. 11.07.2013 – 1 C 11/12, BauR 2014, 809 = juris Rn. 76; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 05.02.2009 – 7 CN 1.08, NVwZ 2009, 720 = juris Rn. 25). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn in der Satzung auf einen bestimmten, genau bezeichneten Plan Bezug genommen wird und kein Zweifel bestehen kann, welcher Plan damit gemeint ist (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 08.05.1999 – 5 S 3064/88, NVwZ-RR 1991, 20 = juris Rn. 22). |
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| Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass der vorliegende Ortsbauplan „Gxxx“ derjenige ist, auf den das Protokoll vom 08.02.1960 Bezug nimmt, § 108 Abs. 1 S. 1 VwGO. In der Niederschrift über die Verhandlungen des Gemeinderats der Gemeinde xxx vom 08.02.1960 ist protokolliert, dass der Gemeinderat nach vorheriger Beratung einstimmig den Beschluss gefasst hat, den Lageplan zur Ortsbauplanerweiterung Gxxx – xxx Weg gemäß Art. 7 der Württembergischen Bauordnung festzustellen. Diese Niederschrift wurde vom Bürgermeister und den anwesenden Gemeinderäten zu Beurkundungszwecken unterschrieben. In der Niederschrift ist der Plan bezeichnet als der „vom Vermessungsamt xxx gefertigte[n] Lageplan vom 3.2.1960 zur Ortsbauplanerweiterung Gxxx und xxx Weg – xxxstrasse“. Der vorliegende Plan trägt die Beschriftung „Ortsbauplan ‚Gxxx‘“ und wurde vom Vermessungsamt xxx am 03.02.1960 gefertigt. Es ist zwar denkbar, dass es mehrere, am 03.02.1960 vom Vermessungsamt xxx gefertigte Pläne für das Gebiet Gxxx gibt. Es ist aber nicht sehr wahrscheinlich, wenn man bedenkt, dass die Pläne mühevoll per Hand gezeichnet wurden. Auch dass im Protokoll der Plan als „Lageplan“ bezeichnet wird und der vorliegende Plan die Überschrift „Ortsbauplan“ trägt, ist eine unschädliche Falschbezeichnung. Ein Beschluss nach Art. 7 der Württembergischen Bauordnung, der hier laut Protokoll getroffen wurde, ist immer ein solcher, mit dem ein Ortsbauplan festgestellt wird. Ein weiteres Indiz, das das gefundene Ergebnis noch bestärkt, ist, dass dieser Plan ausweislich des Genehmigungsvermerks des Landratsamts vom 18.08.1960 sowie des Vermerks über das Ortsnetz vom 02.08.1960 damals in der Verwaltung als der (einzige) gültige Plan angesehen wurde. |
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| bb) Der Ortsbauplan „Gxxx I“ ist im für den hiesigen Rechtsstreit relevanten Teil auch bestimmt. Eine möglicherweise für die Randbereiche seines Geltungsbereichs vorliegende Unbestimmtheit würde nur zu einer Teilnichtigkeit des Plans für jene Gebiete führen, aber nicht für den Teil, der für den hiesigen Rechtsstreit relevant ist. |
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| Ein Bebauungsplan muss seinen Geltungsbereich regeln. Da es keine textliche Umschreibung des Geltungsbereichs gibt (die Bezeichnung im Protokoll als „ Ortsbauplanerweiterung Gxxx und xxx Weg – xxxstraße“ ist diesbezüglich nicht aussagekräftig), ist allein auf den Plan abzustellen. Dabei ist davon auszugehen, dass der Geltungsbereich des Bebauungsplans so weit reicht, wie zeichnerische Festsetzungen getroffen wurden. Die grüne Kolorierung stellt eine solche zeichnerische Festsetzung dar. Aus § 5 Abs. 2 der Verfügung des Ministeriums des Inneren zum Vollzug der Bauordnung vom 10.05.1911, letztmals geändert am 05.09.1935, ergibt sich, das eine grüne Kolorierung Bauverbots- und Vorgartenflächen festsetzt. |
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| Möglicherweise ist der Plan in seiner östlichen Ausdehnung zu unbestimmt, da dort die grüne Kolorierung nicht parzellenscharf, sondern „wolkenförmig“, nach außen hin verblassend aufgetragen ist. Auch nach Süden hin ist nicht klar, ob der Geltungsbereich des Plans an der Straße „xxxbach – xxx – xxxberg“ endet, oder ob die detaillierten Darstellungen südlich dieser Straße auch Teil seines Geltungsbereichs sind. Selbst wenn man den Bebauungsplan hinsichtlich der am östlichen Rand gelegenen Flurstücke oder der südlich der Straße „xxxbach – xxx – xxxberg“ gelegenen Grundstücke für unbestimmt hielte, wäre dadurch der Plan nur hinsichtlich dieser Flächen teilnichtig, hinsichtlich der streitgegenständlichen Fläche aber wirksam. |
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| Eine Unbestimmtheit des Plans führt nicht zwingend zu seiner vollständigen Nichtigkeit. Bei Bebauungsplänen ist von bloßer Teilnichtigkeit auszugehen, wenn sich die Nichtigkeit auf einen räumlichen Teilbereich an der Peripherie des Plangebiets beschränkt, weil die Gefahr, dass durch eine partielle Zurücknahme der Grenze des Geltungsbereichs das planerische Geflecht so nachhaltig gestört wird, dass ein bloßer Planungstorso übrigbleibt, der den Anforderungen an eine ausgewogene Planung nicht mehr genügt, in Fällen dieser Art vergleichsweise gering ist (BVerwG, Beschl. v. 04.01.1994 – 4 NB 30/93, juris). |
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| Hier bleibt bei Außerachtlassung der möglicherweise unbestimmten Randbereiche kein sinnloser Planungstorso übrig. Die Straße „xxxbach – xxx – xxxberg“ führt zu einer deutlichen räumlichen Aufteilung, so dass die südlich dieser Straße gelegenen „problematischen“ Flächen ein eigenständig zu beurteilendes Plangebiet darstellen. Hinsichtlich des östlichen Rands des Plangebiets hat die Gemeinde mittlerweile ohnehin eine neue Überplanung vorgenommen durch den Bebauungsplan „Gxxx II“. Dabei wurde der übrige, vom Ortsbauplan „Gxxx“ I umfasste Bereich offenbar für eine in sich sinnvolle, eigenständige Planung gehalten. Dieser Bewertung ist zuzustimmen. Der verbliebene Geltungsbereich stellt eine in sich ausgewogene Planung dar. Im Bereich des streitgegenständlichen Grundstücks ist der Plan bestimmt. Die Fläche des Vorhabens ist grün koloriert, enthält daher Festsetzungen und ist damit in den Geltungsbereich des Bebauungsplans einbezogen. |
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| b) Der Bebauungsplan ist im streitgegenständlichen Gebiet seither nicht funktionslos geworden. |
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| Eine bauplanerische Festsetzung tritt wegen Funktionslosigkeit dann außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt, und wenn diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient (BVerwG, Urt. v. 03.12.1998 – 4 CN 3/97, BVerwGE 108, 71, 76; BVerwG, Beschl. v. 23.01.2003 – 4 B 79/02, NVwZ 2003, 749, 750; VGH Mannheim, Urt. v. 04.12.2003 – 5 S 1746/02, juris). Die Anforderungen an ein Funktionsloswerden sind streng; von einer Funktionslosigkeit wird nur in äußerst seltenen Fällen die Rede sein können. Entscheidend ist, ob die jeweilige Festsetzung noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen sinnvollen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zu Grunde liegt, wird nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann (VGH Mannheim, Urt. v. 13.06.2007 – 3 S 881/06, VBlBW 2007, 385 m.w.N.), und ein Bebauungsplan ist nicht bereits deshalb ganz oder teilweise wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten, weil auf einer Teilfläche eine singuläre planwidrige Nutzung entstanden ist (BVerwG, Beschl. v. 21.12.1999 – 4 BN 48, 99, NVwZ-RR 2000, 411). |
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| Nach diesem Maßstab ist hier keine Funktionslosigkeit anzunehmen. Zwar gibt es stellenweise Abweichungen der tatsächlichen Bebauung von der geplanten, die am gravierendsten in der unmittelbaren Nachbarschaft des streitgegenständlichen Grundstücks im Verfahren 8 K 932/10 sind. Insgesamt betrachtet entspricht die vorhandene Bebauung jedoch dem Plan. Das gilt insbesondere für das Gebiet um das im vorliegenden Verfahren streitgegenständliche Grundstück. Zwar wurden die Gebäude xxx teilweise außerhalb des Baufensters errichtet, das Gebäude xxx sogar vollständig. Durch die erteilten Befreiungen ist der Plan jedoch nicht funktionslos geworden. An jedem im Plan vorgesehenen Standort wurde ein Gebäude errichtet, wenn auch in einigen Fällen zum Teil oder ganz außerhalb der Baugrenzen. Der ursprüngliche Plan, entlang der Straße in gleichmäßigen Abständen freistehende Einfamilienhäuser zu errichten, wurde erkennbar verwirklicht. Gerade bezüglich der streitgegenständlichen Fläche kommt dem Plan noch eine Funktion zu, nämlich diese von Bebauung freizuhalten. |
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| B. Die Widerklage der Beigeladenen ist zulässig, aber unbegründet. |
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| I. Die Widerklage der Beigeladenen ist als solche gemäß § 89, § 66 VwGO zulässig. |
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| 1. Die Erhebung einer Widerklage ist nicht deshalb ausgeschlossenen, weil sie von der Beigeladenen erhoben wird (Rennert in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 89 Rn. 4; a.A. Stuhlfauth in Bader/Funke-Kaiser u.a., VwGO, 6. Aufl. 2014, § 89 Rn. 5; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 89 Rn. 1). Nach § 66 VwGO kann der Beigeladene selbständig Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen. Die Erhebung einer Widerklage zählt zu den Angriffs- und Verteidigungsmitteln. Die Zulassung einer Widerklage des Beigeladenen ist auch prozessökonomisch. Das Gericht könnte bei getrennter Klageerhebung die Verfahren schließlich auch verbinden (§ 93 S. 2 VwGO). |
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| Beide mit der Widerklage geltend gemachten Ansprüche stehen mit dem mit der Klage geltend gemachten Anspruch in Zusammenhang, da sie ebenfalls die Erteilungsvoraussetzungen der streitgegenständlichen Bauvoranfrage betreffen, § 89 Abs. 1 VwGO. |
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| Auch § 89 Abs. 2 VwGO, der Widerklagen im Fall von Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen ausschließt, steht in dieser Fallkonstellation nicht entgegen. Sinn und Zweck des § 89 Abs. 2 VwGO ist es, in zweipoligen Streitverhältnissen eine Widerklage des Hoheitsträgers zu verhindern, da diesem die Geltendmachung eines Anspruchs auch durch Bescheid möglich ist (Rennert in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 89 Rn. 15). Hier liegt aber die Konstellation eines dreipoligen Streitverhältnisses vor, bei dem der Bürger nur der Beigeladene ist. Da die Beigeladene keine Verwaltungsakte zur Durchsetzung ihrer Ansprüche erlassen kann, ist § 89 Abs. 2 VwGO seinem Sinn und Zweck nach nicht anwendbar. |
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| 2. Die Verpflichtungswiderklage der Beigeladenen ist nicht wegen anderweitiger Rechtshängigkeit des Streitgegenstands unzulässig. Der Verpflichtungsantrag der Beigeladenen geht über das hinaus, was sie erreichen würde, wenn sie und das beklagte Land mit ihrem Klageabweisungsantrag erfolgreich wären. In dem von der Klägerin angegriffenen Widerspruchsbescheid wird diese nur aufgefordert, neu über die Bauvoranfrage zu entscheiden. Ein Erfolg des Verpflichtungsantrags der Beigeladenen würde jedoch dazu führen, dass die Klägerin die Bauvoranfrage der Beigeladenen positiv bescheiden müsste. Die Verpflichtungswiderklage geht daher inhaltlich über den Klageabweisungsantrag hinaus. |
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| 3. Die Verpflichtungswiderklage ist auch nicht verfristet, weil die Beigeladene nicht innerhalb der Frist des § 74 VwGO Klage gegen den Widerspruchsbescheid eingelegt hat. Die Verpflichtungswiderklage der Beigeladenen wendet sich nicht gegen den Widerspruchsbescheid, sondern begehrt vielmehr die zeitnahe Umsetzung von dessen Bescheidungsausspruch. Die Klage ist daher als Untätigkeitsklage im Sinne von § 75 VwGO anzusehen, § 88 VwGO. |
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| Aus der Perspektive der Beigeladenen wurde das Bauvoranfrageverfahren mit dem Widerspruchsbescheid wieder in das Verfahrensstadium zurück versetzt, um die Antragskonkretisierung und den Verfahrensschritt der Nachbarbeteiligung nachzuholen. Mit der von der Beklagten am 14. bzw. 21.11.2014 vorgenommenen Antragskonkretisierung und Vorlage des Angrenzereinverständnis‘ der Angrenzerin aus der xxx, hatte sich die Sachlage verändert. Eine Verpflichtungsklage gegen den Bescheidungsausspruch des Widerspruchsbescheids, um die Erteilung eines positiven Bescheids zum alten Sachstand der Bauvoranfrage zu erreichen, wäre für die Beigeladene sinnlos. |
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| Über den konkretisierten Bauvoranfrageantrag hat die Klägerin bislang ohne zureichenden Grund nicht entschieden. Zwar hat aus der Perspektive der Klägerin die Erhebung ihrer Klage eine aufschiebende Wirkung im Hinblick auf den Widerspruchsbescheid, § 80 Abs. 1 S. 1 VwGO, so dass zunächst ein zureichender Grund für sie bestand, nicht zu entscheiden. Mit dem Inkrafttreten der Veränderungssperre am 09.01.2015 gab es jedoch einen weiteren, selbständig tragenden Grund, aus dem die Klägerin die Bauvoranfrage hätte – ablehnend – bescheiden können. Ab diesem Zeitpunkt war der zureichende Grund entfallen, nicht über den Bauvoranfrageantrag zu entscheiden. |
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| 4. Auch die hilfsweise geltend gemachte Fortsetzungsfeststellungswiderklage ist zulässig nach § 43 VwGO bzw. § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO in doppelt analoger Anwendung. Die Beigeladene hat ein Feststellungsinteresse, § 43 Abs. 1 VwGO, und ein Rechtsschutzbedürfnis. Die Beigeladene begehrt die Feststellung im Hinblick auf einen möglichen Amtshaftungsanspruch gegen die Klägerin. In der Regel ist ein Fortsetzungsfeststellungsantrag im Hinblick auf die vorbehaltene Geltendmachung eines Amtshaftungsanspruchs nur dann zulässig, wenn es bereits „Früchte“ des Prozesses gibt, um die der Kläger gebracht würde, und die eine erneute gerichtliche Befassung mit der Sache im Rahmen eines Amtshaftungsprozesses prozessökonomisch unsinnig erscheinen ließen (BVerwG, Urt. v. 20.01.1989 – 8 C 30/87, BVerwGE 81, 226). Hier gab es zwar vor Eintritt des potentiell erledigenden Ereignisses, des Inkrafttretens der Veränderungssperre am 09.01.2015, noch keine „Früchte“ des Prozesses. Allerdings hat in der vorliegenden Klage-Widerklagesituation das potentiell erledigende Ereignis nicht zum Ende des gerichtlichen Verfahrens geführt hat. Da der Streitgegenstand mit dem Widerklage-Feststellungsantrag nicht ausgeweitet wird, sondern mit dem für die Entscheidung über die Klage relevanten Streitstoff deckungsgleich ist, entspricht es der Prozessökonomie, eine Feststellung bereits in diesem Verfahren zu treffen, anstatt auf einen späteren Amtshaftungsprozess zu verweisen. |
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| II. Die Widerklage der Beigeladenen hat in der Sache keinen Erfolg. |
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| 1. Der Verpflichtungsantrag der Beigeladenen ist unbegründet, § 113 Abs. 5 VwGO. Die Beigeladene hat keinen Anspruch auf den begehrten Bauvorbescheid, da die Voraussetzungen für die Erteilung eines positiven Bauvorbescheids nach § 57, § 58 LBO nicht vorliegen. |
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| Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der der mündlichen Verhandlung. |
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| Der Erteilung eines Bauvorbescheids steht die Wirksamkeit der Veränderungssperre entgegen, § 14 Abs. 1 BauGB (a). Die Beigeladene hat auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme von der Veränderungssperre nach § 14 Abs. 2 BauGB (b). |
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| a) Die Veränderungssperre ist wirksam. Eine Veränderungssperre ist unwirksam, wenn überhaupt keine Planungskonzeption erkennbar ist (BVerwG, Beschl. v. 21.10.2010 – 4 BN 26/10, BauR 2011, 481; VGH Mannheim, Urt. v. 19.09.2007 – 8 S 1584/06, VBlBW 2008, 143; VGH Mannheim, Urt. v. 22.06.2010 – 3 S 1391/08, VBlBW 2010, 475) oder die Veränderungssperre ausschließlich dazu dient, eine bestimmte Nutzung zu verhindern und keine positiven städtebaulichen Ziele verfolgt (BVerwG, Urt. v. 19.02.2004 – 4 CN 13/03, NVwZ 2004, 984; VGH Mannheim, Beschl. v. 25.09.2002 – 8 S 1833/02, NVWZ-RR 2003, 546; VGH Mannheim, Urt. v. 19.09.2007 – 8 S 1584/06, VBlBW 2008, 143; VGH Mannheim, Urt. v. 22.06.2010 – 3 S 1391/08, VBlBW 2010, 475). |
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| Bei dem Bebauungsplan „Gxxx I, 2. Änderung“, zu dessen Sicherung die Veränderungssperre erlassen wurde, ist eine Planungskonzeption erkennbar. Es sollen bauplanungsrechtliche Festsetzungen für drei nebeneinander liegende Flächen getroffen werden, die sich alle drei vom Zuschnitt her für die Bebauung mit einem Wohngebäude eignen, bislang aber außerhalb der Baufenster des Bebauungsplans „Gxxx I“ liegen und unbebaut sind. Zudem soll deren Zufahrt einheitlich über den xxxweg sicher gestellt werden. Dies stellt eine Planungskonzeption dar. Dass die Klägerin erst aus Anlass der Bauvoranfrage der Beigeladenen den Entschluss gefasst hat, für diese Flächen einen Bebauungsplan aufzustellen, ist unerheblich. Wenn eine Gemeinde aus Anlass eines Bauvorhabens erst die Notwendigkeit einer (neuen) bauplanerischen Entscheidung für ein bestimmtes Gebiet erkennt, ist das keine Verhinderungsplanung. |
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| Der Plan ist auch nicht vollzugsunfähig, weil er - wie die Beigeladene meint - eine Enteignung vorsehe und die Erschließung über den Finkenweg an der Topografie des Geländes scheitere. Die genaue Art der Erschließung, über einen Wendehammer oder nicht, steht noch nicht fest. Im Übrigen ist eine Enteignung grundsätzlich möglich. |
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| b) Die Beigeladene hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme von der Veränderungssperre nach § 14 Abs. 2 BauGB. Bei der Entscheidung über die Erteilung einer Ausnahme handelt es sich um eine Ermessensentscheidung. Ein Anspruch ist daher nur gegeben, wenn eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt. |
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| Eine Folgenbeseitigungslast, die eine solche Ermessensreduzierung auf Null bewirken könnte, ist nicht gegeben. Nach Erlass einer Veränderungssperre hat der Bauherr unter dem Gesichtspunkt des Folgenbeseitigungsanspruchs nur dann einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Ausnahme, wenn die Baurechtsbehörde die Erteilung eines Bauvorbescheids zu Unrecht abgelehnt hat und das Bauvorhaben die Planungsabsichten der Gemeinde nicht berührt (BVerwG, Beschl. v. 17.05.1989, 4 CB 6/89, NVwZ 1990, 58; BVerwG, Beschl. v. 14.05.1968 – IV C 56.65, NJW 1968, 2350; VGH Mannheim, Urt. v. 14.05.1990 – 8 S 3344/89, juris; Dürr/Leven/Speckmaier, Baurecht Baden-Württemberg, 15. Aufl. 2016 Rn. 179). Die Klägerin hat den beantragten Bauvorbescheid allerdings zu Recht abgelehnt. |
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| Dem Bauvorhaben der Beigeladenen standen vor Erlass der Veränderungssperre die Festsetzungen des gültigen Ortsbauplans „Gxxx I“ entgegen. Das Bauvorhaben sollte außerhalb der Baugrenzen errichtet werden. Die Beigeladene hatte auch keinen Anspruch auf Befreiung von diesen Festsetzungen nach § 31 Abs. 2 BauGB. Durch das Bauvorhaben der Beigeladenen würden die Grundzüge Planung berührt werden, so dass schon die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Befreiung nicht vorliegen. Die Grundzüge der Planung sehen eine sehr aufgelockerte Bebauung vor. Die Beigeladene möchte auf die unbebaute Fläche gleich zwei freistehende Wohngebäude setzen. Die Gebäude sollen in zweiter bzw. dritter Reihe errichtet werden. Im Plangebiet gibt es nirgendwo sonst eine Erschließung von Gebäuden in zweiter und dritter Reihe. Auch entspricht die Bebauung mit zwei Wohnhäusern auf einer Fläche dieser Größe nicht der sonst im Gebiet anzutreffenden Besiedlungsdichte. Die Grundzüge der Planung wären daher durch die Erteilung einer Befreiung berührt. |
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| Auch wegen § 33 BauGB besteht kein Anspruch auf eine Erteilung einer Ausnahme von der Veränderungssperre (zum Verhältnis von § 14 BauGB zu § 33 BauGB, siehe Stock in Ernst/Zinkahn u.a., BauGB, 118. EL 2015, § 14 BauGB Rn. 23 und 102). Das Vorhaben ist nämlich unabhängig von der formellen Planreife nicht nach § 33 Abs. 1 BauGB zulässig. Das geplante Vorhaben würde den neuen Festsetzungen widersprechen i.S.v. § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB, da der neue Bebauungsplan nur die Bebaubarkeit mit einem Gebäude statt mit zweien vorsieht und außerdem die Erschließung der Fläche über den xxxweg geplant ist und nicht über die xxxstraße in 2. und 3. Reihe. |
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| 2. Die hilfsweise erhobene Widerklage auf Feststellung, dass die Klägerin bis zum Erlass der Veränderungssperre verpflichtet gewesen war, die Bauvoranfrage positiv zu verbescheiden, hat keinen Erfolg. Das geplante Vorhaben verstieß gegen die Festsetzungen des wirksamen Ortsbauplans „Gxxx I“, da es außerhalb der Baugrenzen errichtet werden sollte. Die Beigeladene hatte auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von den Festsetzungen des Bebauungsplans (s. o.). |
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| Der Streitwert wird unter Abänderung des vorläufigen Streitwertbeschlusses vom 04.12.2014 gemäß § 52 Abs. 1 GKG, § 45 Abs. 1 GKG auf 70.000,– EUR festgesetzt. Dabei wird für die Klage gemäß § 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an Nr. 34.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 18.07.2013 ein Wert von 60.000,– EUR angesetzt. Für die Widerklage auf einen Bauvorbescheid für zwei Wohnhäuser wurde gemäß § 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an Nr. 9.1.1.1 und Nr. 9.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 18.07.2013 ein Wert von 10.000,– EUR angesetzt. |
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