Urteil vom Verwaltungsgericht Mainz (1. Kammer) - 1 K 1430/16.MZ

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Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 21. April 2016 sowie teilweise der Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 2016, soweit er sich auf den vorgenannten Bescheid bezieht, werden aufgehoben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen Maßnahmen des beklagten Landkreises auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes (IfSG).

2

Bei der Klägerin handelt es sich um ein Unternehmen, das sich auf die Durchführung internationaler Überführungen von Leichnamen einschließlich der damit zusammenhängenden Transport- und Serviceleistungen sowie die hygienische und thanatopraktische Versorgung der Verstorbenen spezialisiert hat.

3

Am 26. Februar 2016 verstarb der US-amerikanische Staatsangehörige T. in C. Das XXX Bestattungsinstitut P. beauftragte die Klägerin, den Verstorbenen von der Totenhalle des Friedhofs in C. nach S. zu überführen.

4

Die Klägerin verbrachte den Leichnam am 3. März 2017 zunächst zu einem im Eigentum der Klägerin stehenden Container nach B., in dem der Leichnam bis zum 11. März 2016 aufbewahrt wurde. Im dortigen Bestattungsinstitut F. sollte die notwendige thanatopraktische Versorgung durchgeführt werden. Unmittelbar bevor damit begonnen werden sollte, erreichte die dort vor Ort tätigen Mitarbeiter am 9. März 2017 die Information des Gesundheitsamtes D., dass der Verstorbene an Lassa-Fieber erkrankt sei. Es kam zeitgleich zur Ansteckung einer Kontaktperson mit dem Virus. Daraufhin barg eine Spezialeinheit des Arbeiter-Samariter-Bundes e. V. (ASB) den Leichnam im Container und verbrachte ihn mit einem Fahrzeug des ASB zum Krematorium.

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Der Beklagte erließ gegenüber der Klägerin – nach telefonischer Anhörung des Geschäftsführers – mit Bescheid vom 16. März 2016 die folgende Verfügung:

6

1. Die Firma X. wird als Eigentümerin des Containers aufgefordert bis 21.03.2016, den sich derzeit auf dem Gelände des Bestattungsinstituts F. befindlichen kontaminierten Container unter S4-Bedingungen desinfizieren zu lassen. Eine Liste entsprechender Fachbetriebe ist dem Schreiben beigefügt.

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2. Sofern Sie dieser Anordnung nicht oder nicht vollständig nachkommen, wird nach § 63 Abs. 1 des Landesverwaltungsvollstreckungsgesetzes (LVwVG) die Desinfektion auf Kosten des Vollstreckungsschuldners durch die Vollstreckungsbehörde beauftragt.

8

Die Leiche des Herrn T., der nachweislich am Lassa-Virus erkrankt gewesen sei, habe sich mehrere Tage in dem im Eigentum der Klägerin stehenden Container befunden. Nachdem eine Kontaktperson ebenfalls positiv getestet worden sei, habe nicht weiter zugewartet werden können. Die Klägerin sei Eigentümerin des Containers und daher als Zustandsstörerin bezüglich der vorgefundenen Verhältnisse verantwortlich. Vom betreffenden Container gehe eine Gefahr der Weiterverbreitung von Krankheitserregern und daher von Krankheiten aus, was nicht hinnehmbar sei. Ein Einschreiten der Behörde sei daher zur Verhinderung der Gefahr nach § 17 Abs. 2 und 3 IfSG geboten. Der Geschäftsführer der Klägerin habe in einem Telefonat am 16. März 2016 geäußert, dass man nicht bereit sei, die notwendigen Maßnahmen selbst einzuleiten.

9

Dagegen erhob die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 17. März 2016, Zugang am 18. März 2016, Widerspruch.

10

Die Klägerin teilte dem Beklagten am 29. März 2016 schriftlich und telefonisch mit, dass sie, trotz Bemühungen keinen geeigneten Desinfektor habe finden können. Daraufhin erließ der Beklagte mit Bescheid vom 29. März 2016 folgende Verfügung:

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1. Zur Verhütung der Übertragung vom Lassafieber wird ihr Container, der sich derzeit auf dem Gelände des Bestattungsinstituts F., XXX Straße, B. befindet, am 31.03.2016 ab 9.00 Uhr im Rahmen der Ersatzvornahme durch einen sachkundigen Desinfektor der Fachfirma Y. unter S4-Bedingungen desinfiziert.

12

2. Die Desinfektionsmaßnahmen sind zu dulden.

13

3. Sie haben dafür Sorge zu tragen, dass der Container zugänglich gemacht wird.

14

4. Bei der Desinfektion kann angeordnet werden, dass Gegenstände im Container vernichtet werden. Dies haben sie ebenfalls zu dulden.

15

5. Die sofortige Vollziehung der Maßnahme wird angeordnet.

16

Zur Begründung wiederholte der Beklagte im Wesentlichen diejenige des Bescheids vom 16. März 2016 und führte ergänzend aus, dass die Klägerin geäußert habe, keinen geeigneten Desinfektor gefunden zu haben, der die Desinfektion in ihrem Auftrag durchführen wolle. Ein Einschreiten sei nach § 17 Abs. 1 IfSG geboten. Die Klägerin habe darüber hinaus zugesagt, dem Beklagten Zugang zum Container durch einen ihrer Mitarbeiter zu verschaffen.

17

Am 31. März 2016 führte die Firma Y. die Dekontaminierung bzw. Desinfektion durch. Die Kosten dafür betrugen, ausweislich der Rechnung vom 13. April 2016, insgesamt 5.311,67 €.

18

Gegen den Bescheid vom 29. März 2016 erhob die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 8. April 2016, Zugang am 11. April 2016, Widerspruch. Die Klägerin legte die Todesbescheinigung vom 26. Februar 2016 und die Bescheinigung eines fehlenden Infektionsrisikos der Universitätsklinik C. vom 29. Februar 2016 vor.

19

Mit Bescheid vom 21. April 2016 machte der Beklagte, die im Rahmen der Desinfektion durch die Beauftragung der Fachfirma Y. entstandenen Kosten – entsprechend der Rechnung vom 13. April 2016 – gegenüber der Klägerin geltend.

20

Dagegen hat die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 29. April 2016, Zugang am selben Tage, Widerspruch erhoben.

21

Die Klägerin trug zur Begründung ihrer Widersprüche im Wesentlichen wie folgt vor: Es sei bei der Inanspruchnahme der Klägerin nicht berücksichtigt worden, dass die Universitätsklinik C. die Situation maßgeblich zu verantworten habe. Diese sei ihrer Pflicht nicht nachgekommen, das Lassa-Virus zu melden und habe eine falsche Bescheinigung ausgestellt, in der das Infektionsrisiko verneint worden sei. Bei Kenntnis der tatsächlichen Umstände hätte die Klägerin den Transport erst gar nicht durchgeführt. Die Universitätsklinik C. habe die Gefahr durch die Verletzung ihrer Meldepflicht verursacht. Außerdem wäre sie viel besser in der Lage gewesen, mit der Krankheit und den daraus resultierenden Gefahren umzugehen. Als Klinik sei sie damit vertraut. Der Beklagte habe sein Auswahlermessen dahingehend nicht ausgeübt.

22

Die Verhandlung über den Widerspruch fand am 15. September 2016 vor dem Kreisrechtsausschuss statt. Der Prozessbevollmächtigte trug vor, dass der Beklagte den Amtsermittlungsgrundsatz nicht beachtet habe. Man hätte die Papiere des Verstorbenen bei dem Bestattungsunternehmen einsehen können, aus denen sich ergeben hätte, dass der Verstorbene aus C. gekommen sei. Dann hätte bei der Beklagten eine erforderliche Ermessensausübung durchgeführt werden können. Der Beklagte war der Auffassung, dass eine Abwägung, wer die Desinfektion durchzuführen habe, nicht in Betracht gekommen sei.

23

Die drei Widersprüche der Klägerin wurden mit Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses vom 28. Oktober 2016, zugestellt mittels Postzustellungsurkunde am Donnerstag, den 10. November 2016, zurückgewiesen.

24

Die Widersprüche gegen die Bescheide vom 16. und 29. März seien schon unzulässig, da sie mit Durchführung der von der Klägerin geforderten Desinfektion des Containers durch die Firma Y. gegenstandslos geworden seien. Der Vollzug der Desinfektion sei auch nicht mehr rückgängig zu machen. Die betreffenden Verwaltungsakte hätten sich damit erledigt, sodass ein Widerspruch unzulässig sei.

25

Der Widerspruch gegen den Kostenbescheid sei zwar zulässig, aber unbegründet. Ermächtigungsgrundlage sei § 63 Abs. 1 des Landesverwaltungsvollstreckungsgesetzes (LVwVG). Der Grundverwaltungsakt sei rechtmäßig. Die Anordnung der Desinfektion des Containers gegenüber der Klägerin habe aufgrund des § 17 Abs. 2 und 3 IfSG ergehen können. Da der im Container gelagerte Verstorbene am Lassa-Virus erkrankt gewesen sei, hätte eine große Ansteckungsgefahr bestanden. Solche Krankheitserreger müssten durch fachkundige Personen beseitigt werden. Es sei daher erforderlich gewesen, dass die Behörde die notwendigen Maßnahmen anordnet. Nur durch die Desinfektion des Containers habe die Weiterverbreitung des Virus endgültig verhindert werden können. Die Maßnahme war auch angemessen, da es sich um eine hochansteckende Krankheit handele, die unter Umständen auch zum Tod führen könne.

26

Die Klägerin sei auch die richtige Adressatin des Grundverwaltungsakts, da sie als Eigentümerin des Containers Zustandsstörerin sei und die tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit darauf hatte. Der Einwand, dass die Universitätsklinik C. ebenfalls als Störer im Rahmen des Auswahlermessens in Betracht zu ziehen gewesen sei, greife nicht durch. Im Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung habe der Beklagte nichts von einem zweiten Störer gewusst. Die falsche Ausstellung der Bescheinigung habe sich ihr auch nicht aufdrängen müssen. Im Bereich der Gefahrenabwehr habe die Behörde unter Umständen, wie hier, unverzüglich zu reagieren, um die Gefahr effektiv abwehren zu können. Ein Ermessensfehler liege daher nicht vor. Zudem greife der Grundsatz der Amtsermittlung hier nicht, da die Behörde keine Nachforschungen anstellen müsse, die aus dem Sachverhalt heraus nicht ersichtlich seien und aus Dringlichkeitsgründen nicht in Frage kämen. Ferner habe der Amtsermittlungsgrundsatz seine Grenze in der Mitwirkungspflicht des Betroffenen. Der Klägerin wäre vorzuwerfen gewesen, dass die betreffenden Unterlagen nicht vorgelegt worden seien, obwohl sie gewusst habe, dass diese vor Ort vorhanden waren. Dann hätte eine andere Ausgangslage vorgelegen.

27

Die Androhung der Ersatzvornahme sei ebenfalls rechtmäßig. Der Grundverwaltungsakt sei auch vollstreckbar im Sinne des § 2 Abs. 2 LVwVG in Verbindung mit § 16 Abs. 8 IfSG. Da die Klägerin nicht imstande gewesen sei, selbst eine Fachfirma zu beauftragen, sei die Ersatzvornahme vor dem Hintergrund der mit der gefährlichen Krankheit verbundenen Eilbedürftigkeit auch verhältnismäßig gewesen. Das Vorhandensein eines zweiten Störers sei der Beklagten zum Zeitpunkt der Ersatzvornahme ebenfalls noch nicht bekannt gewesen.

28

Darüber hinaus setzte der Beklagte mit Bescheid vom 9. November 2016 die Kosten des Widerspruchsverfahrens auf 452,10 € fest.

29

Die Klägerin hat am Montag, den 12. Dezember 2016, Klage erhoben. Sie trägt im Wesentlichen vor, dem Leichentransport seien die notwendigen Papiere beigefügt gewesen. Darunter sei insbesondere die Todesbescheinigung vom 26. Februar 2016, die von der Universitätsklinik C., Klinik für Innere Medizin, Prof. E., internistische Intensivstation, XXX Str. C., ausgefüllt worden sei. Zusätzlich habe eine Bescheinigung der Universitätsklinik C., Institut für Pathologie, vorgelegen.

30

In dem zwingend nach dem Bestattungsgesetz Nordrhein-Westfalen (BestG NRW) mitzuführenden Todesbescheinigung auf dem für Nordrhein-Westfalen gültigen Formular werde unter der Rubrik Ziffer 16 ausdrücklich bestätigt, dass keine besonderen Verhaltensmaßnahmen bei der Aufbewahrung, Einsalbung, Beförderung und Bestattung zu beachten seien. In dem zusätzlich beigefügten Begleitdokument des Instituts für Pathologie der Universitätsklinik C. werde ausdrücklich bescheinigt, dass bei dem Verstorbenen nach erfolgter innerer Leichenschau (Obduktion) kein Infektionsrisiko bestehe. Dieses Dokument sei unterzeichnet von Herrn „Prof. Dr. med. A.“ und dem Leiter des Sektionsbereichs, Herrn „Prof. Dr. med. D.“.

31

Der Beklagte übersehe, dass die Ermessensausübung falsch sei, weil er zu Unrecht von nur einem möglichen Störer ausgegangen sei. Er übersehe, dass die Universitätsklinik C. Verhaltensstörer sei. Nach § 8 Abs. 1 Ziff. 1 IfSG obliege im Falle des § 6 IfSG dem feststellenden Arzt in Krankenhäusern oder anderen Einrichtungen der stationären Pflege die gesetzliche Meldepflicht. Dieser sei die Universitätsklinik C. nicht nachgekommen, sondern habe falsche Bescheinigungen ausgestellt. Der Grund dafür sei nicht bekannt. Fest stehe jedoch, dass der Transport bei Kenntnis der wahren Todesursache von der Klägerin nicht durchgeführt worden wäre. Für virale hämorrhagische Fieber, auch ohne sicheren Erregernachweis, bestehe eine Meldepflicht nach § 6 IfSG. Außerdem bestehe eine Labormeldepflicht nach § 7 IfSG für den Nachweis u.a. auch von Lassa-Viren und allgemein für alle Viren, die hämorrhagische Fieber auslösen können. Die Verletzung dieser Meldepflicht löse eine Verhaltensstörerschaft der Universitätsklinik C. aus (Verweis auf: BVerwG, Beschluss vom 9. September 1999 – 3 B 106/99). Die Leiche sei mit ordnungsgemäßen Papieren transportiert worden. Die Feststellung der Verhaltensstörerschaft sei dem Beklagten auch leicht möglich gewesen. Da sie dies nicht getan habe, sei der Amtsermittlungsgrundsatz verletzt.

32

Der Amtsermittlungsgrundsatz beinhalte, dass die Behörde diejenigen Tatsachen zu ermitteln habe, die für die Entscheidung über den konkreten Lebenssachverhalt erheblich und maßgeblich seien. Dieser Verpflichtung sei der Beklagte offensichtlich nicht nachgekommen, denn er habe noch nicht einmal diejenigen Papiere, die bei Transport des Leichnams von Gesetzes wegen mitzuführen seien, kontrolliert oder gar zum Verwaltungsvorgang genommen.

33

Hier sei § 17 IfSG die maßgebliche Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung der Desinfektion. Dabei lege die Norm selbst nicht den Adressaten fest, sondern dies richte sich nach den allgemeinen polizei- und ordnungsrechtlichen Vorschriften. Daher sei es auch bei solchen Maßnahmen prinzipiell möglich, Maßnahmen gegenüber einem Verhaltensstörer anzuordnen.

34

Die Klägerin beantragt,

35
1. die in den Verfügungen des Beklagten vom 16. März 2016, 29. März 2016 und 21. April 2016 enthaltenen Verwaltungsakte in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Kreisrechtsausschusses des Beklagten vom 28. Oktober 2016 sowie den Kostenbescheid vom 09. November 2016 aufzuheben;
36
2. die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

37

Der Beklagte beantragt,

38

die Klage abzuweisen.

39

Sie verweist auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren sowie den Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 2016 und trägt vertiefend vor, dass der Container im Eigentum der Klägerin stehe und auf einem dauerhaft von der Firma F. angemieteten Stellplatz in B. abgestellt gewesen sei.

40

Es komme für die durchgeführten Maßnahmen nicht darauf an, wie die infizierte Leiche in den Container nach B. gelangt sei. Bei der Beurteilung der Sachlage komme es nicht auf die Umstände an, die zu der Verseuchung geführt haben. Dieser Vortrag des Klägers sei insoweit unerheblich. Das Fehlverhalten Dritter als Ursache für die Verseuchung sei zudem erst im Nachhinein von der Klägerin behauptet und vorgetragen worden. Nach den §§ 16 und 17 IfSG hätten sich Maßnahmen gegen den Inhaber der tatsächlichen Gewalt zu richten. Ein mögliches Fehlverhalten Dritter habe daher im Rahmen der Abwägung keinen Raum. Zudem wäre es nicht zielführend und völlig sachfremd gewesen, bei unklarer Rechts- und Verschuldensfrage eine Verfügung gegen die Universitätsklinik C. zu richten.

41

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie die Verwaltungs- und Widerspruchsakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

42

Die Klage hat teilweise Erfolg. Die Klage ist überwiegend zulässig und aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

43

I. Die Klage ist insoweit zulässig, als die Klägerin die Aufhebung der Bescheide vom 16. März, 29. März und vom 21. April 2016 sowie des Widerspruchsbescheids vom 28. Oktober 2016 begehrt. Im Übrigen, also in Bezug auf den Kostenfestsetzungsbescheid vom 9. November 2016, ist sie unzulässig.

44

Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet. Statthaft ist hier die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Voraussetzung ist, dass ein belastender Verwaltungsakt angegriffen wird, der sich noch nicht erledigt hat. Dies ist hinsichtlich der angefochtenen Bescheide vom 16. und 29. März 2016 sowie vom 21. April und des Widerspruchsbescheids vom 28. Oktober 2016 der Fall. Gleiches gilt für die Kostenfestsetzung im Widerspruchsverfahren vom 9. November 2016, die der Kostenlastentscheidung nachfolgt. Sie ist einer isolierten Anfechtung grundsätzlich zugänglich (vgl. Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 18. Auflage 2017, § 80, Rn. 64; Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 80, Rn. 92 m.w.N.).

45

Die mit Bescheiden vom 16. und 29. März 2016 bekanntgegebenen Verwaltungsakte haben sich auch – entgegen der Auffassung des Kreisrechtsausschusses – noch nicht erledigt. Erledigung setzt voraus, dass von dem Verwaltungsakt keine Rechtswirkungen mehr ausgehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 – 7 C 5/08 –, NVwZ 2009, 122, Rn. 13). Die Bescheide vom 16. und 29. März 2016 sind durch die Behörde bereits vollzogen worden. Dies ist auch nicht mehr rückgängig zu machen. Jedoch stellen die Vollziehung und die ihr zugrundeliegenden Verwaltungsakte weiterhin eine Grundlage für den ebenfalls angefochtenen Kostenbescheid vom 21. April 2016 dar (vgl. dazu BVerwG, a.a.O.). Insoweit entfalten daher die Verwaltungsakte vom 16. und 29. März 2016 noch Rechtswirkungen, sodass sie nicht als erledigt anzusehen sind.

46

Als Adressatin belastender Verwaltungsakte ist die Klägerin auch klagebefugt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO. Einer zusätzlichen isolierten Anfechtung des Kostenfestsetzungsbescheids vom 9. November 2016 steht hier allerdings entgegen, dass der Kläger gegen diesen kein erforderliches Vorverfahren durchgeführt hat (vgl. dazu Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 18. Auflage 2017, § 80, Rn. 64; Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 80, Rn. 92). Die Anfechtungsklage ist im Hinblick auf eine im Antrag der Klägerin zum Ausdruck kommende isolierte bzw. zusätzliche Anfechtung dieses Kostenfestsetzungsbescheids daher insoweit unzulässig. Gleichwohl wird mit Aufhebung des streitgegenständlichen Widerspruchsbescheids gleichzeitig einer verwaltungsverfahrensrechtlichen Kostenfestsetzung „die Grundlage entzogen“ (BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2006 – 7 C 14/05 –, NVwZ 2006, 1294, Rn. 13). Soweit der Widerspruchsbescheid (und damit auch die dort enthaltene Kostenlastentscheidung) aufgehoben wird, hindert es die Vollstreckung des Kostenfestsetzungsbescheids (Kunze, in: BeckOK VwVfG, 37. Edition, Stand: 1. Oktober 2017, § 80, Rn. 123). Die gerichtliche Kostenentscheidung ersetzt die verwaltungsbehördliche Kostenentscheidung in vollem Umfang (BVerwG, a.a.O., Rn. 14).

47

Hinsichtlich der übrigen angegriffenen Bescheide vom 16. und 29. März sowie vom 21. April 2016 ist ein Widerspruchsverfahren durchgeführt worden, das mit Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 2016 erfolglos beendet wurde. Die Klage wurde insoweit am 12. Dezember 2016 auch fristgerecht erhoben. Die Klagefrist gemäß § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO begann mit der Zustellung des Widerspruchsbescheids am Donnerstag, den 10. November 2016. Die Monatsfrist des § 74 Abs. 1 VwGO endete demnach gemäß § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1, 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) am 12. Dezember 2016, also den auf Samstag, den 10. Dezember 2016, folgenden Werktag.

48

Die Voraussetzungen einer objektiven Klagehäufung gemäß § 44 VwGO liegen vor.

49

II. Die Klage ist aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Die vom Kläger angegriffenen Bescheide vom 16. und 29. März 2016 sind rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kostenbescheid vom 21. April 2016 und teilweise der Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 2016 – soweit er sich auf den vorgenannten Kostenbescheid bezieht – sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten.

50

1. Die Anordnung der Desinfektion des Containers gegenüber der Klägerin mit Bescheid vom 16. März 2016 ist rechtmäßig. Richtige Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung der Desinfektion ist § 17 Abs. 1 Satz 1 IfSG, da es sich um einen mit meldepflichtigen Krankheitserregern (vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 1 lit. g) IfSG) behafteten Gegenstand handelt. Der § 17 Abs. 2 IfSG, auf den im Ausgangs- und im Widerspruchsbescheid verwiesen wird, findet keine Anwendung, da hier keine „Gesundheitsschädlinge“, also Tiere, durch die Krankheitserreger auf Menschen übertragen werden können (vgl. § 2 Nr. 12 IfSG), gegeben sind. Ein Austausch dieser beiden Ermächtigungsnormen ist hier – auch durch das Gericht – ohne weiteres möglich, da sowohl Abs. 1 als auch Abs. 2 eine Ermessensentscheidung vorsehen und sie dieselbe Zielrichtung haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. August 1988 – 8 C 29/87 –, juris, Rn. 11 ff.). Eine Wesensänderung des Bescheids erfolgt dadurch nicht (siehe dazu etwa BVerwG, Urteil vom 21. November 1989 – 9 C 28/89 –, NVwZ 1990, 673 [674]). Zudem bezieht sich die Begründung der Bescheide durch den Beklagten von vornherein auch stets auf Gefahren, die von dem mit Krankheitserregern behafteten Container ausgehen – nicht hingegen spezifisch auf „Gesundheitsschädlinge“.

51

Gemäß § 17 Abs. 1 IfSG hat die zuständige Behörde, wenn Gegenstände mit meldepflichtigen Krankheitserregern behaftet sind oder wenn das anzunehmen ist und dadurch eine Verbreitung der Krankheit zu befürchten ist, die notwendigen Maßnahmen zur Abwendung der hierdurch drohenden Gefahren zu treffen. Sofern die Durchführung einer angeordneten Maßnahme besondere Sachkunde erfordert, kann die zuständige Behörde gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 IfSG anordnen, dass der Verpflichtete damit geeignete Fachkräfte beauftragt.

52

Nach den tatsächlichen – unstreitigen – Feststellungen ist davon auszugehen, dass die Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen. Der im Eigentum der Klägerin stehende Container war mit Krankheitserregern (Lassa-Virus) behaftet. Es war eine Verbreitung der Krankheit zu befürchten. Eine Dekontaminierung des Containers war damit unumgänglich.

53

Zwischen den Beteiligten steht letztlich im Streit, wer als „Verpflichteter“ im Sinne des § 17 Abs. 1 IfSG anzusehen ist. Dabei enthalten § 17 Abs. 1 und 3 IfSG keine unmittelbare Regelung, wer als Verantwortlicher und damit als zumindest möglicher Adressat der dort geregelten behördlichen Anordnungen anzusehen ist (vgl. zu § 17 Abs. 2 IfSG: BVerwG, Beschluss vom 16. Juni 2005 – 3 B 129/04 –, juris, Rn. 6). Es ist dementsprechend auf die allgemeinen Vorschriften der §§ 4 und 5 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (POG) zurückzugreifen (vgl. zu § 17 Abs. 2 IfSG: BVerwG, a.a.O.). Das ergibt sich bereits aus einer systematischen Interpretation des § 17 Abs. 3 IfSG, der in Satz 1 allgemein vom „Verpflichteten“ spricht, während in Satz 3 derjenige gesondert erwähnt wird, der „ein Recht an dem Gegenstand oder die tatsächliche Gewalt hat“. Dieser Satz 3 wäre überflüssig, wenn stets nur der Zustandsstörer in Anspruch genommen werden könnte, da er letztlich diejenigen erfasst, die ansonsten als Zustandsstörer im Sinne des § 5 POG eingeordnet werden.

54

Die Anordnung der Desinfektion durfte grundsätzlich gegenüber der Klägerin als Eigentümerin des Containers und Inhaberin der tatsächlichen Sachherrschaft ergehen. Es ist insoweit davon auszugehen, dass ein Mitarbeiter der Klägerin vor Ort war und Zugang zu dem Container hatte. Die Klägerin war damit Zustandsstörerin im Sinne des § 5 Abs. 1, 2 POG. Daneben war sie auch Verhaltensstörerin im Sinne des § 4 Abs. 1 POG. Sie hat durch das Verbringen des Leichnams in den Container dessen Kontamination unmittelbar verursacht. Auf ein Verschulden oder sonstige subjektive Elemente kommt es insoweit im Gefahrenabwehrrecht nicht an. Die Klägerin war damit sog. „Doppelstörerin“ (vgl. OVG NRW, Urteil vom 9. Dezember 1994 – 10 A 1753/9 –, NVwZ-RR 1995, 635).

55

Hinsichtlich der Auswahl der Klägerin als Zustandsverantwortliche zur Beseitigung der Gefahrenlage, hier die Anordnung der Desinfektion des Containers, liegen keine Ermessensfehler vor, die zu einer Aufhebung des Verwaltungsaktes führen. Bei der Abwehr von Gefahren (sog. Primärebene) hat sich die Behörde bei ihrer Ermessensausübung in erster Linie am Maßstab einer möglichst effektiven, schnellen und kostengünstigen Abwehr der Gefahrenlage zu orientieren (OVG RP, Beschluss vom 13. Juli 2010 – 8 A 10623/10 –, NVwZ-RR 2010, 755 [756]; OVG NRW, Urteil vom 9. Dezember 1994 – 10 A 1753/9 –, NVwZ-RR 1995, 635). Das gilt auch für die Feststellung der Störer (OVG RP, Beschluss vom 15. Juli 2011 – 7 B 10594/11.OVG –, BeckRS 2011, 52635).

56

Sofern mehrere Verantwortliche bzw. Störer in Betracht kommen, hat die handelnde Behörde ein Auswahlermessen. Dabei besteht grundsätzlich kein Vorrang von Verhaltens- gegenüber Zustandsstörer oder umgekehrt (OVG NRW, Urteil vom 9. Dezember 1994 – 10 A 1753/9 –, NVwZ-RR 1995, 635). Es ist vielmehr primär am oben dargelegten Maßstab im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden. Es ist insoweit eine ex ante Betrachtung zugrunde zu legen (OVG RP, Beschluss vom 15. Juli 2011 – 7 B 10594/11.OVG –, BeckRS 2011, 52635). Im Rahmen des § 17 Abs. 1 und 3 IfSG ist allerdings speziell zu beachten, dass die Vorschrift von ihrem Sinn und Zweck her an Gefahren anknüpft, die von Sachen ausgehen. Das Ermessen ist hier daher aufgrund der gesetzgeberischen Wertung auf der Primärebene dahingehend intendiert, dass im Regelfall der Zustandsstörer die Gefahr am effektivsten abwehren kann (sog. „intendiertes Ermessen“, vgl. dazu allgemein Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 18. Auflage 2017, § 40, Rn. 65; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 40, Rn. 28 ff. m.w.N. aus der Rspr.).

57

Eine ermessensfehlerfreie Auswahl ist allerdings nur dann anzunehmen, wenn der der Störung zugrundeliegende Sachverhalt hinreichend ermittelt und darüber hinaus eine Auswahlentscheidung getroffen wird, die sich an dem maßgeblichen Kriterium einer effektiven Gefahrenabwehr orientiert (HessVGH, Beschluss vom 14. März 2003 – 9 TG 2894/02 –, NVwZ-RR 2004, 32 [32 f.]; VGH BW, Urteil vom 1. Oktober 1991 – 5 S 1823/90 –, NVwZ-RR 1992, 350 [351]). Im Ergebnis ist eine bewusste Entscheidung der Behörde erforderlich, welchen Personen aus welchen Gründen zur Gefahrenabwehr herangezogen werden (OVG LSA, Beschluss vom 11. Februar 2008 – 2 M 4/08 –, NVwZ-RR 2008, 615).

58

Der Umfang der Aufklärungspflichten im Sinne des § 1 Abs. 1 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes (LVwVfG) i.V.m. § 24 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) ergibt sich aus den Umständen des Einzelfalls. Hier stand der Beklagte unter besonderem Zeit- und Handlungsdruck, da der Container mit Viren, die eine hochansteckende Krankheit übertragen können, kontaminiert war. Daher war aus der ex-ante Sicht keine weitere intensive Sachverhaltsaufklärung hinsichtlich der Verursachung geboten. Es musste sich dem Beklagten auch nicht aufdrängen, dass es neben der Klägerin noch weitere Verantwortliche gab. Die Behörde hat erst dann in eine vertiefte Einzelfallprüfung einzutreten, wenn konkrete Anhaltspunkte bestehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juli 2009 – 8 C 8/08 –, LKV 2009, 564, Rn. 23; HessVGH, Urteil vom 13. November 1990 – 11 UE 4950/88 –, NVwZ-RR 1991, 357 [358]; Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 24, Rn. 26). Umständen, die sich objektiv nicht aufdrängen oder nicht an die Behörde herangetragen werden, muss nicht nachgegangen werden (BayVGH, Beschluss vom 13. Januar 2014 – 14 CS 13.1790 –, juris, Rn. 17 m.w.N.). Der Klägerin hätte es insoweit möglicherweise oblegen, dem Beklagten die ihr bereits bekannten Tatsachen und Beweismittel, hier die Todesbescheinigung und die Bescheinigung eines (angeblich) fehlenden Infektionsrisikos, vorzulegen und so gerade Anhaltspunkte für eine Prüfung zu schaffen. Eine solche Mitwirkungspflicht kann sich aus § 26 Abs. 2 Satz 1 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 LVwVfG ergeben. Sie schränkt die Sachverhaltsermittlungspflicht der Behörde ein (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Mai 2013 – 6 C 10/11 –, NVwZ 2013, 1418, Rn. 22; Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 18. Auflage 2017, § 24, Rn. 12a m.w.N.; Kallerhoff, a.a.O., Rn. 28).

59

Aus einer ex-post Betrachtung heraus kann das Universitätsklinikum C. allerdings als polizeirechtlich mitverantwortliche Verhaltensstörerin eingeordnet werden. Mit der – wie sich im Nachhinein herausgestellt hat – offensichtlich fehlerhaften oder zumindest unzureichenden Ausstellung der Bescheinigungen durch die bei ihr tätigen Mitarbeiter hat die Universitätsklinik – nach der üblichen polizei- und ordnungsrechtlichen Kausalitätsdogmatik – wohl noch nicht selbst die Gefahrenschwelle im konkreten Fall unmittelbar überschritten, sog. Theorie der unmittelbaren Verursachung (vgl. dazu OVG RP, Urteil vom 26. Januar 2012 – 8 A 11081/11.OVG –, BeckRS 2012, 06251). Dies kann jedenfalls aber für die Klägerin angenommen werden, die den infizierten Leichnam schließlich in den streitgegenständlichen Container verbrachte. Die Universitätsklinik hatte hiernach nur eine abstrakte Gefahrenlage verursacht, die sich allerdings sodann zu der hier streitgegenständlichen konkreten Gefahrenlage – der Kontaminierung des Containers – durch das eigenverantwortliche Dazwischentreten der Klägerin verdichtete. Erst mit Durchführung des Transports und der anschließenden Verbringung in den Container wurde die konkrete Gefahrenschwelle unmittelbar überschritten. Die Universitätsklinik ist allerdings dennoch als Verhaltensstörerin einzuordnen. Im Rahmen der im Gefahrenabwehrrecht gebotenen wertenden Betrachtungsweise kann auch ein lediglich mittelbarer Verursacher als Störer eingeordnet werden, wenn dessen Handlung zwar nicht unmittelbar die polizeirechtliche Gefahrenschwelle überschritten hat, aber mit der durch den Verursacher unmittelbar herbeigeführten Gefahr oder Störung eine natürliche Einheit bildet, die die Einbeziehung des Hintermanns in die Polizeipflicht rechtfertigt (OVG NRW, Beschluss vom 11. April 2007 – 7 A 678/07 –, NVwZ-RR 2008, 12; OVG RP, a.a.O.). Dieser enge Zusammenhang soll in der überwiegenden Rechtsprechung der Obergerichte zumindest dann bestehen, wenn der Betreffende die unmittelbare Störung „gezielt ausgelöst“, sie jedenfalls billigend in Kauf genommen hat (vgl. zum sog. „Zweckveranlasser“: OVG NRW, Beschluss vom 11. April 2007 – 7 A 678/07 –, NVwZ-RR 2008, 12; VGH BW, Urteil vom 28. August 1986 – 1 S 3241/85 –, NVwZ 1987, 237). Es kann aber auch eine lediglich „objektive Verknüpfung“ ausreichend sein (vgl. NdsOVG, Urteil vom 24. September 1987 – 12 A 269/86 –, NVwZ 1988, 638 [639]; VGH BW, Urteil vom 28. August 1986 – 1 S 3241/85 –, NVwZ 1987, 237 [238]: „objektiv oder subjektiv“). Auf ein subjektives Element kommt es in diesem Rahmen auf der Primärebene – wie auch im übrigen Gefahrenabwehrrecht – nicht zwingend an. Insgesamt ist eine allgemein wertende Betrachtung unter Berücksichtigung von Kriterien der Rechts- und Pflichtwidrigkeit geboten, um eine Polizeipflicht bei lediglich mittelbaren Verursachungsbeiträgen festzustellen (OVG RP, a.a.O.).

60

Der Universitätsklinik C. bzw. den dort tätigen Mitarbeitern kommt über §§ 6, 8 IfSG eine Art Garantenstellung zur Verhütung der hier gegenständlichen Gefahrenlagen zu (vgl. dazu HessVGH, Urteil vom 25. März 2009 – 6 A 2131/08 –, juris, Rn. 56 f.). Der frühzeitige Hinweis auf gefährliche Krankheitserreger soll gerade den unbedachten oder sorglosen Umgang mit infizierten (hier: verstorbenen) Personen verhindern und damit eine Ausbreitung der Erreger und Ansteckungen Dritter verhindern. Durch das – zumindest ex-post betrachtet – objektiv unrichtige Ausstellen der vorgenannten Bescheinigungen hat die Universitätsklinik veranlasst, dass es überhaupt zu einem – ungesicherten – Transport durch die Klägerin kommen konnte. Inwieweit dies auf ein schuldhaftes Verhalten der jeweiligen Mitarbeiter der Klinik zurückzuführen ist, bedarf insoweit keiner näheren Betrachtung. Es kann an dieser Stelle – zumindest aus polizei- und ordnungsrechtlicher Sicht – eine objektive Pflichtverletzung in Bezug auf §§ 6, 8 IfSG angenommen werden. Damit war die jedenfalls konkret in B. entstandene Gefahrenlage der Universitätsklinik zumindest objektiv zurechenbar, da die Kontaminierung von Gegenständen die typische Folge eines ungeschützten Transports infektiöser Leichen ist. Es ist insoweit auch von der Klägerin glaubhaft dargelegt worden, dass ansonsten ein Transport unterblieben wäre oder jedenfalls weitere Schutzmaßnahmen vorgenommen worden wären. Vor dem Hintergrund der Meldepflichten des IfSG ist die Universitätsklinik jedenfalls als mittelbare Verursacherin für die konkrete Gefahrenlage – neben der Klägerin – im polizeirechtlichen Sinne (mit-)verantwortlich.

61

Es kann hier allerdings im Ergebnis dahinstehen, ob dem Beklagten zum Zeitpunkt der Anordnung bekannt war oder hätte bekannt sein müssen, dass die Universitätsklinik C. (zumindest möglicherweise) als weiterer Verantwortlicher in Betracht kommt. Selbst wenn der Beklagte eine Verhaltensverantwortlichkeit der Universitätsklinik C. angenommen hätte, bestehen nach Überzeugung der Kammer keine ernstlichen Zweifel daran, dass die Klägerin auch dann – zumindest auf der Primärebene – als Adressatin der Maßnahme ausgewählt worden wäre. Denn nur die Klägerin war als Eigentümerin und Inhaberin der tatsächlichen Sachherrschaft in der Lage die betreffende Gefahr möglichst effektiv und zeitnah abzuwehren.

62

Zudem hätte auch bei näheren Ermittlungen in der Kürze der vorhandenen Zeit nicht mit Sicherheit festgestellt werden können, ob die Universitätsklinik tatsächlich gegen eine Meldepflicht verstoßen hatte. Dementsprechend wären ein etwaiger Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz und ein möglicherweise daraus folgender Ermessensfehler auf Grundlage des Rechtsgedankens von § 46 VwVfG im Ergebnis unbeachtlich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Februar 1990 – 1 WB 36/88 –, NVwZ-RR 1990, 489 [490]; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 46, Rn. 19, 76). Im Übrigen sprechen auch wesentliche Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin eine Mitwirkungspflicht dahingehend getroffen hat, die betreffenden Unterlagen rechtzeitig vorzulegen.

63

2. Der Bescheid vom 29. März 2016 ist rechtmäßig. Mit Bescheid vom 29. März 2016 setzte die Behörde das anzuwendende Zwangsmittel, die Ersatzvornahme, und deren Zeitpunkt fest. Bei der Festsetzung, die auch außerhalb von § 64 Abs. 2 LVwVG möglich ist, handelt es sich um einen feststellenden Verwaltungsakt mit im Vergleich zur Androhung eigenständigem Regelungsgehalt (vgl. OVG RP, Beschluss vom 22. Januar 1986 – 8 B 44/85 –, NVwZ 1986, 762; Urteil vom 18. März 1993 – 1 A 10570/92 –, NVwZ 1994, 715 [715 f.]). Voraussetzung für dessen Rechtmäßigkeit ist, dass die festgesetzte Zwangsmittelanwendung rechtmäßig ist. Das ist hier der Fall.

64

Die zuständige Behörde kann gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 und 3 IfSG selbst geeignete Fachkräfte mit der Durchführung beauftragen, wenn das zur wirksamen Bekämpfung der übertragbaren Krankheiten oder Krankheitserreger oder der Gesundheitsschädlinge notwendig ist und der Verpflichtete diese Maßnahme nicht durchführen kann oder einer Anordnung nach § 17 Abs. 3 Satz 1 IfSG nicht nachkommt oder nach seinem bisherigen Verhalten anzunehmen ist, dass er einer Anordnung nach Satz 1 nicht rechtzeitig nachkommen wird. Wer ein Recht an dem Gegenstand oder die tatsächliche Gewalt darüber hat, muss die Durchführung der Maßnahme dulden. Damit regelt das IfSG die Ersatzvornahme teilweise selbst. Allerdings ist ergänzend auf die §§ 61 ff. LVwVG zurückzugreifen, sofern das IfSG keine abschließende Regelung trifft.

65

Die Vollstreckung im Wege der Ersatzvornahme war rechtmäßig. Der Grundverwaltungsakt, hier die Anordnung der Desinfektion vom 16. März 2016 war wirksam und rechtmäßig (s.o. unter Ziff. II. 1.). Dieser war auch vollstreckbar im Sinne von § 2 Nr. 2 LVwVG i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Alt. 1 VwGO i.V.m. § 17 Abs. 6 IfSG i.V.m. § 16 Abs. 8 IfSG. Der besonderen Anordnung der sofortigen Vollziehung durch den Beklagten bedurfte es dafür nicht. Die Ersatzvornahme wurde bereits im Bescheid vom 16. März 2016 gemäß § 66 LVwVG angedroht und mit Bescheid vom 29. März 2016 deren konkrete Durchführung festgesetzt. Im Hinblick auf die erhebliche Gefährdungslage durch die – unstreitige – Kontaminierung des Containers mit einem meldepflichtigen Krankheitserreger war die Durchführung der Ersatzvornahme auch verhältnismäßig. Anhaltspunkte für eine rechtswidrige Durchführung im konkreten Einzelfall bestehen nach Überzeugung der Kammer nicht.

66

3. Der Kostenbescheid vom 21. April 2016 ist rechtswidrig. Gemäß der allgemeinen Vorschrift des § 63 Abs. 2 Satz 1 LVwVG kann die Vollstreckungsbehörde grundsätzlich die durch die Ersatzvornahme entstandenen Kosten per Verwaltungsakt geltend machen, sofern keine besonderen Regelungen entgegenstehen. Voraussetzung ist in der Regel, dass die Vollstreckung rechtmäßig war, der Adressat der richtige Kostenschuldner ist und die Kosten der Höhe nach erstattungsfähig sind.

67

Die Vollstreckung im Wege der Ersatzvornahme war rechtmäßig (s.o. unter Ziffer 2.). Sie wurde rechtzeitig angedroht und ordnungsgemäß durchgeführt. Insbesondere an der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme bestehen in Anbetracht der erheblichen Gefährdungssituation nach Überzeugung der Kammer keine erheblichen Zweifel.

68

Die Klägerin war als Vollstreckungsschuldnerin – nach allgemeinen verwaltungsvollstreckungsrechtlichen Maßstäben – grundsätzlich eine mögliche Kostenschuldnerin. Die Inanspruchnahme der Klägerin war demnach auf der sog. Primärebene, das heißt auf der Ebene der Gefahrenabwehr, auch zunächst nicht zu beanstanden (s.o. Ziff. II. 1.). Dort ist aufgrund des behördlichen Handlungsdrucks und der vor allem in diesem Fall bestehenden Eilbedürftigkeit maßgeblich, dass die Gefahr aus einer ex-ante Betrachtung heraus möglichst schnell und effektiv beseitigt wird. Anders ist die Sache gelagert, wenn es um die Frage der gerechten Kostentragung geht, die sog. Sekundärebene (vgl. VGH BW, Urteil vom 24.  Januar 2012 − 10 S 1476/11 –, NVwZ-RR 2012, 387 [388 f.]). Dabei besteht keine Eilbedürftigkeit mehr, sondern es kann eine ex-post Betrachtung angestellt werden (vgl. VGH BW, Urteil vom 24.  Januar 2012 − 10 S 1476/11 –, NVwZ-RR 2012, 387 [388 f.]). Es geht letztlich um das Gebot der gerechten Lastenverteilung. Die dabei angewendeten Kriterien zur Störerauswahl müssen daher auch nicht mit denen auf der Primärebene identisch sein (vgl. VGH BW, Urteil vom 24.  Januar 2012 − 10 S 1476/11 –, NVwZ-RR 2012, 387 [388 f.]).

69

Unabhängig hiervon steht der Heranziehung der Klägerin zur Kostentragung bereits § 69 Abs. 1 Nr. 5 IfSG als spezielle Regelung der Kostentragung bei behördlicher Ersatzvornahme auf Grundlage des IfSG entgegen. Dieser sieht vor, dass Kosten aus öffentlichen Mitteln zu bestreiten sind, soweit nicht die von der Maßnahme betroffene Person oder Dritte zur Kostentragung verpflichtet sind. Das gilt unter anderem für Maßnahmen nach § 17 Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 3, soweit sie von der zuständigen Behörde angeordnet worden sind und die Notwendigkeit der Maßnahmen nicht vorsätzlich herbeigeführt wurde.

70

Basierend auf § 69 Abs. 2 IfSG ist in § 8 Abs. 2 Nr. 1 der Landesverordnung zur Durchführung des Infektionsschutzgesetzes vom 10. März 2010 (GVBl. 2010, 55) geregelt, dass der jeweilige Landkreis die öffentlichen Mittel für die Durchführung einer solchen Maßnahme aufzubringen hat. Da in § 69 Abs. 1 Nr. 5 IfSG explizit ein Verweis auf die in § 17 Abs. 3 IfSG spezialgesetzlich normierte Ersatzvornahme erfolgt, kann in § 63 Abs. 2 LVwVG keine allgemeine davon abweichende gesetzliche Vorschrift gesehen werden. Ansonsten wäre die in § 69 Abs. 1 Nr. 5 IfSG getroffene Kostenregelung hinsichtlich des dort enthaltenen Vorsatzerfordernisses obsolet.

71

Dabei bezieht sich der Vorsatz auf die Herbeiführung der Gefahrensituation, also die Kontaminierung des Gegenstandes. Gerade in diesen Fällen ist es gerechtfertigt, von der aufgestellten Grundregel des § 69 IfSG abzuweichen. Derjenige, der vorsätzlich die Kontaminierung von Gegenständen mit Krankheitserregern herbeiführt, also eine solche zumindest billigend in Kauf nimmt, ist nicht schutzwürdig. Insoweit kann jedenfalls vorsätzliches Handeln der Klägerin und ihrer Mitarbeiter nach Überzeugung der Kammer ausgeschlossen werden.

72

Der in der Literatur anzutreffende Einwand, dass durch eine derartige Norminterpretation derjenige schlechter gestellt würde, der Abwehrmaßnahmen zeitnah und freiwillig – zunächst auf eigene Kosten – einleitet (vgl. Erdle, IfSG, 4. Auflage 2013, § 69, Ziff. 3), verfängt nicht. Insoweit ist auch für § 69 Abs. 1 Nr. 5 IfSG anzuerkennen, dass für Desinfektionsmaßnahmen – zumindest nach behördlicher Anordnung – bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen, ein Erstattungsanspruch als subjektiv-rechtliche Ausformung des § 69 IfSG besteht (vgl. zu § 69 Abs. 1 Nr. 7 IfSG: VG Trier, Urteil vom 7. April 2014 – 6 K 1342/13 –, BeckRS 2014, 54760). Insoweit wäre im Ergebnis derjenige, der zwar die Gefahrensituation nicht vorsätzlich verursacht hat, aber sich im Nachgang in Kenntnis der Gefahr weigert, den behördlichen Anordnungen Folge zu leisten, nicht zwingend besser gestellt als der freiwillig der behördlichen Anordnung Folgende. Auch wenn der Bezugspunkt des Vorsatzes in der Nichterfüllung der behördlichen Anordnung zu sehen wäre, also in der Notwendigkeit einer Ersatzvornahme, sprechen hier wesentliche Anhaltspunkte dafür, dass diese Nichterfüllung der behördlichen Anordnung der Klägerin jedenfalls nicht vorwerfbar wäre.

73

Selbst wenn § 69 Abs. 1 Nr. 5 IfSG einer Heranziehung der Klägerin nicht prinzipiell entgegenstünde, läge zumindest ein beachtlicher Ermessensfehler bei der Auswahl des richtigen Kostenschuldners vor. Spätestens zum Zeitpunkt des Erlasses des Kostenbescheids hätte der Beklagte nämlich ermitteln müssen, wer ggf. neben der Klägerin (mit-)verantwortlich war, oder es hätte zumindest die Möglichkeit der Existenz weiterer Verantwortlicher in die Ermessenserwägungen mit einbezogen werden müssen. Jedenfalls im Widerspruchsverfahren lagen dem Beklagten die betreffenden Bescheinigungen vor, die auf eine zumindest objektiv pflichtwidrige (Mit-) Verursachung durch die Universitätsklinik C. hindeuteten. Dennoch beschränkte sich der Widerspruchsbescheid dahingehend auf die Feststellung, dass die Kosten der Ersatzvornahme der Klägerin als Vollstreckungsschuldnerin aufzuerlegen seien. Im Kostenbescheid selbst ist keine Begründung enthalten. Auch im gerichtlichen Verfahren lässt der Beklagte keine Ermessensausübung zu einer Störerauswahl hinsichtlich der Kostentragung erkennen. Es wird unter anderem im Schriftsatz vom 24. Februar 2017 ausgeführt, dass bei der „Beseitigung der bestehenden Seuchengefahr“ keine Abwägung möglich gewesen sei. Die „zweifellos rechtmäßig getroffene Anordnung“ habe sich nur gegen die Klägerin als Eigentümerin und alleinige Verfügungsberechtigte richten können. Der Kostenbescheid vom 21. April 2016 selbst enthält dazu keine Ausführungen.

74

Wie oben bereits ausgeführt, hat die Universitätsklinik C. mit der objektiv falschen oder zumindest unzureichenden Ausstellung der Todesbescheinigung vom 26. Februar 2016 und der Bescheinigung eines fehlenden Infektionsrisikos eine Gefahrenlage (mit-)verursacht, zu deren Verhinderung sie durch ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Meldepflichten nach §§ 6, 8 IfSG beitragen soll. Der Beklagte hat sich bei allen Bescheiden ohne Unterscheidung zwischen Primär- und Sekundärebene von vornherein auf die Klägerin als verantwortliche Adressatin festgelegt. Während diese Vorgehensweise im Bereich der Gefahrenabwehr noch unbeachtlich war, führt sie im Rahmen der Ermessensentscheidung hinsichtlich der Kostentragung zu einem beachtlichen Ermessensfehler. An dieser Stelle greift nicht mehr die Argumentation des Beklagten, dass eine besondere Eilsituation vorgelegen habe, die eine weitere Abwägung und Nachforschung obsolet machte. Gerade auf der Ebene der Kostentragung bestand für den Beklagten hinreichende Zeit für weitere Ermittlungen und Abwägung von Verursachungsbeiträgen, zu denen er sich spätestens nach dem Vortrag der Klägerin im Widerspruchsverfahren veranlasst gesehen haben müsste. Zumindest die im Widerspruchsverfahren aufgeworfenen Aspekte hätte der Beklagte zum Anlass nehmen müssen, die Fokussierung auf die Klägerin als Kostenschuldnerin einer kritischen Würdigung zu unterziehen. Der Beklagte hat es jedenfalls versäumt, auf der Ebene der Kostentragung (sog. Sekundärebene) die Ermessensausübung vorrangig am Gebot der gerechten Lastenverteilung auszurichten und eine dahingehend gebotene Sachverhaltsaufklärung zu betreiben.

75

Der Kostenbescheid vom 21. April 2016 war daher aufzuheben.

76

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO. Zur Bestimmung des Ausmaßes des Unterliegens ist ein Vergleich zwischen Obsiegen und Gesamtstreitgegenstand anzustellen (Bader, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth u.a., Verwaltungsgerichtsordnung, 6. Auflage 2014, § 155, Rn. 1). Die Kostenquote errechnet sich dann nach dem Verhältnis der Verlustquote zum Gebührenstreitwert, hier insgesamt 10.763,77 € (Olbertz, in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 32. EL Oktober 2016, § 155, Rn. 6). Die Klägerin unterliegt hinsichtlich der Anfechtung der Bescheide vom 16. und 29. März 2016 sowie vom 9. November 2016. Alleine im Hinblick auf die Anfechtung des Kostenbescheids vom 21. April 2016 obsiegt die Klägerin. Wirtschaftlich gesehen unterliegt die Klägerin damit allerdings insgesamt etwa zur Hälfte, da der Festsetzungsbescheid vom 29. März 2016 und der Kostenbescheid vom 21. April 2016 kostenrechtlich einen einheitlichen Streitgegenstand im Wert von 5.311,67 € bilden. In Bezug auf Letzteren kann die Klägerin ihr wirtschaftliches Interesse voll durchsetzen, da sie nicht zur Kostentragung hinsichtlich der Ersatzvornahme in der vorgenannten Höhe verpflichtet ist.

77

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt. Der Bürger ist grundsätzlich berechtigt, zur Wahrung seiner Rechte auch im Vorverfahren einen rechtskundigen Bevollmächtigten zu beauftragen (BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1963 – VII C 14/63 –, NJW 1964, 686; OVG RP, Beschluss vom 26. August 1987 – 1 E 14/87 –, NVwZ 1988, 842). Die Erstattungsfähigkeit von Anwaltskosten im Vorverfahren ist dabei nicht nur bei schwierigen und umfangreichen Verfahren, sondern immer dann zu bejahen, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten aus der Sicht einer verständigen Partei nicht überflüssig und willkürlich, sondern zweckdienlich erscheint (OVG RP, a.a.O.). Die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten schon im Vorverfahren ist daher anzuerkennen, wenn sie vom Standpunkt einer verständigen, nicht rechtskundigen Partei im Zeitpunkt der Bestellung für erforderlich gehalten werden durfte und es dem Beteiligten nach seiner Vorbildung, Erfahrung und seinen sonstigen persönlichen Umständen nicht zumutbar war, das Vorverfahren selbst zu führen (OVG RP, Beschluss vom 6. März 2015 – 7 E 10186/15 –, NVwZ-RR 2015, 557, Rn. 7; Schenke, in: Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 22. Auflage 2016, Rn. 18 m.w.N.).

78

Es war der Klägerin auf dieser Grundlage hier nicht zumutbar, das Vorverfahren ohne anwaltliche Vertretung durchzuführen. Vor allem vor dem Hintergrund der komplexen Rechtsfragen hinsichtlich der Ermessensausübung und des Infektionsschutzgesetzes insgesamt als Spezialmaterie des Polizei- und Ordnungsrechts durfte die Klägerin als juristische Person des Privatrechts die Beauftragung eines Rechtsanwalts bereits im Vorverfahren für erforderlich halten.

79

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

80

Der Streitwert wird auf 10.763,77 € festgesetzt (§ 52 Abs. 2, 3 GKG).

81

Die Anordnung der Dekontamination vom 16. März 2016 stellt einen selbstständigen Streitgegenstand dar, für den gemäß § 52 Abs. 2 GKG der Auffangstreitwert von 5.000 € festzusetzen ist. Die Festsetzung des Zwangsmittels vom 29. März 2016 und der Kostenbescheid vom 21. April 2016 bilden einen einheitlichen Streitgegenstand, da die Festsetzung ohnehin inzident im Rahmen der Rechtmäßigkeit des Leistungsbescheids zu prüfen gewesen wäre. Dafür ist gemäß § 52 Abs. 3 GKG ein einheitlicher Wert von 5.311,67 € anzusetzen. Der von der Klägerin zusätzlich angefochtene Bescheid vom 9. November 2016, mit dem die Kosten des Widerspruchsverfahrens der Höhe nach festgesetzt worden sind, stellt einen eigenständigen Streitgegenstand dar, dessen Wert gemäß § 52 Abs. 3 GKG mit 452,10 € zu bemessen ist. Diese drei eigenständigen Streitgegenstände mit jeweils eigenem materiellen Gehalt sind zu addieren, sodass sich ein Gesamtstreitwert von 10.763,77 € ergibt.

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