Beschluss vom Verwaltungsgericht Mainz (1. Kammer) - 1 K 808/14.MZ

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Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Entscheidung des Gerichts vom 4. Mai 2018 wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I.

1

Mit ihrer Klageschrift vom 1. September 2014 beantragte die Klägerin die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren 1 K 808/14.MZ. Mit Beschluss vom 24. Juni 2015 bewilligte ihr die Kammer in der damaligen Besetzung Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung zur Durchführung des Verfahrens erster Instanz und ordnete die „Kanzlei Rechtsanwälte A. und B.“ bei. Die Kanzlei war ausweislich des während des Hauptsacheverfahrens verwendeten Briefpapiers als Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung (D. & A. Rechtsanwälte PartGmbB) organisiert. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle setzte die der Rechtsanwältin B. aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren (§ 49 RVG) und Auslagen im Oktober 2015 auf 818,13 Euro fest und ordnete die Auszahlung an.

2

Mit gerichtlichem Schreiben vom 9. November 2017 wurde die „Rechtsanwalts-kanzlei D. & A. Rechtsanwälte PartGmbB“ zwecks Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin unter Berufung auf § 166 VwGO i.V.m. § 120a ZPO aufgefordert, das beigefügte Prozesskostenhilfe-Formblatt von der Klägerin ausfüllen und entsprechende Nachweise beifügen zu lassen. Für die Übersendung des ausgefüllten Formblatts nebst Nachweisen wurde eine Frist von einem Monat gesetzt. Mit gerichtlichem Schreiben vom 12. Dezember 2017 wurde der vorbezeichneten Rechtsanwaltskanzlei mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, die Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gänzlich aufzuheben, da die Klägerin die geforderte Auskunft nicht erteilt habe. Gleichzeitig wurde zur Vorlage des ausgefüllten Formblatts nebst entsprechender Nachweise eine letzte Frist von zwei Wochen eingeräumt. Ein inhaltsgleiches Schreiben erging am 12. Januar 2018 an die Klägerin persönlich; die Zustellung erfolgte ausweislich der vorliegenden Zustellungsurkunde am 16. Januar 2018.

3

Mit Beschluss vom 6. Februar 2018 hob die Urkundsbeamtin die bewilligte Prozesskostenhilfe unter Berufung auf § 173 VwGO i.V.m. § 124 Nr. 2 ZPO auf und verfügte die Zustellung des Beschlusses an die Klägerin selbst sowie die vorbezeichnete Rechtsanwaltskanzlei. Die Zustellung an die Klägerin erfolgte ausweislich der vorliegenden Postzustellungsurkunde am 19. Februar 2018. Nachdem die Rechtsanwaltskanzlei an die Zurücksendung des Empfangsbekenntnisses erinnert worden war, ging am 28. März 2018 das auf den 20. Februar 2018 datierte Empfangsbekenntnis ein. Mit Schreiben vom 28. März 2018 teilte Rechtsanwalt A. zudem mit, die beigeordnete Rechtsanwältin B. sei bereits seit Oktober 2016 nicht für die Kanzlei tätig; nach den vorliegenden Informationen habe sie mittlerweile auch ihre anwaltliche Zulassung zurückgegeben. Darüber hinaus habe auch die Partnerschaftsgesellschaft zum 1. Januar 2017 umfirmiert und am 1. Juli 2017 ihren Sitz verlegt. Insofern sehe sich die Kanzlei nicht als den richtigen Adressaten der Korrespondenz an.

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Am 4. Mai 2018 ging eine von der Klägerin unterzeichnete und auf den 4. Februar 2018 datierte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ein. Die Urkundsbeamtin wertete die Erklärung als Beschwerde gegen den Beschluss vom 6. Februar 2018. Mit Beschluss vom 6. Februar 2018 entschied sie über die Nichtabhilfe und legte die Sache der Kammer zur Entscheidung vor.

II.

5

Die am 4. Mai 2018 eingegangene Erklärung der Klägerin über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ist nicht als Beschwerde gegen den Beschluss der Urkundsbeamtin vom 6. Februar 2018, sondern als diesbezüglichen Antrag auf Entscheidung des Gerichts (sogenannte Erinnerung, vgl. § 151 VwGO) auszulegen  (§ 88 VwGO analog). Dies folgt aus § 166 Abs. 6 VwGO, wonach u.a. gegen die Entscheidung der Urkundsbeamtin über die Aufhebung der Prozesskostenhilfe nach § 166 Abs. 3 VwGO i.V.m. den §§ 120a und 124 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 ZPO die Entscheidung des Gerichts beantragt werden kann.

6

Über den Antrag hat hier die funktionell zuständige Kammer zu entscheiden, weil auch die Bewilligung der Prozesskostenhilfe im Beschluss vom 24. Juni 2015 in entsprechender Besetzung erfolgt ist (vgl. zur Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss nach den §§ 165, 151 Satz 1 VwGO: BayVGH, Beschluss vom  3. Dezember 2003 – 1 N 01.1845 –, juris Rn. 9 ff. m.w.N.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 17. März 2014 – 17 K 6189/06 –, juris Rn. 2).

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Der Antrag auf Entscheidung des Gerichts hat keinen Erfolg, denn er ist nicht fristgerecht eingegangen und damit bereits unzulässig.

8

Gemäß § 166 Abs. 6 VwGO ist der Antrag auf Entscheidung des Gerichts innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung des Urkundsbeamten zu stellen. Da die Klägerin in dem Beschluss vom 6. Februar 2018 in zutreffender Weise auf den gegen den Beschluss statthaften Antrag auf Entscheidung des Gerichts hingewiesen worden ist (vgl. die dortige Rechtsmittelbelehrung), findet die in § 58 Abs. 2 VwGO normierte Jahresfrist keine Anwendung.

9

Die Bekanntgabe einer Entscheidung hat gemäß § 67 Abs. 6 Satz 5 VwGO an den Bevollmächtigten zu erfolgen, wenn ein solcher bestellt ist. Dabei ist grundsätzlich von einer fortdauernden Bestellung eines Prozessbevollmächtigten auszugehen, da das Prozesskostenhilfeverfahren nicht nur das Verfahren bis zur Entscheidung über den Antrag auf Prozesskostenhilfebewilligung, sondern auch das sich anschließende Verfahren zur Überprüfung der Prozesskostenhilfebewilligung gemäß  §§ 120a, 124 ZPO umfasst (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2010   – XII ZB 151/10 –, juris Rn. 10 ff.; dem folgend: SächsOVG, Beschluss vom  27. März 2017 – 4 E 10/17 –, juris Rn. 6). Wird durch die Entscheidung – wie hier – eine Frist in Lauf gesetzt, hat die Bekanntgabe gemäß § 56 Abs. 1 VwGO durch Zustellung zu erfolgen.

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Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Beschluss der Urkundsbeamtin vom 6. Februar 2018 vorliegend zu Recht der „Rechtsanwaltskanzlei D. & A. Rechtsanwälte PartGmbB“ zugestellt worden. Soweit Rechtsanwalt A. in seinem Schreiben vom 28. März 2018 darauf hinweist, die Kanzlei sei nicht die richtige Adressatin der Korrespondenz, da die „damals beigeordnete Rechtsanwältin B.“ bereits seit Oktober 2016 nicht für die Kanzlei tätig sei, verkennt er, dass (früherer) Prozessbevollmächtigter der Klägerin nicht allein Rechtsanwältin B. gewesen ist. Zwar hat diese in dem Prozesskostenhilfebewilligungs- sowie in dem Hauptsacheverfahren die Korrespondenz für die Klägerin geführt; ferner ist sie auch in der mündlichen Verhandlung vom 20. August 2015 für die Klägerin aufgetreten. Ausweislich der im Verfahren vorgelegten Vollmacht hatte die Klägerin jedoch nicht (allein) Rechtsanwältin B., sondern die „Rechtsanwaltskanzlei D. & A. Rechtsanwälte PartGmbB“ bevollmächtigt (vgl. Anlage zur Klageschrift vom 1. September 2014). Ferner wurden der Klägerin auch im Beschluss der Kammer vom 24. Juni 2015 die „Kanzlei Rechtsanwälte A. und B.“ beigeordnet. Die Beiordnung bezog sich damit nicht lediglich auf Rechtsanwältin B., sondern auf die Rechtsanwaltskanzlei, die in der Rechtsform der Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung organisiert war (vgl. zur Zulässigkeit der Beiordnung einer Rechtsanwaltssozietät: BGH, Beschluss vom 17. September 2008 – IV ZR 343/07 –, juris) und der Rechtsanwältin B. zum Zeitpunkt der Beiordnung angehörte. Unerheblich ist insoweit, dass die Gesellschaft zwischenzeitlich ihren Namen (vgl. § 2 PartGG) geändert hat, da eine Namensänderung die Identität der Gesellschaft unberührt lässt. Gleiches würde im Falle einer Verlegung des Sitzes der Gesellschaft gelten; insoweit sprechen jedoch die Angaben im Schreiben des Rechtsanwalts Kapp vom 28. März 2018 dafür, dass eine Sitzverlegung gar nicht stattgefunden hat, sondern sich lediglich die Geschäftsanschrift verändert hat.

11

Die Zustellung an die prozessbevollmächtigte Rechtanwaltskanzlei ist ausweislich des vorliegenden Empfangsbekenntnisses am 20. Februar 2018 erfolgt. Hiervon ausgehend lief die Zwei-Wochen-Frist für einen Antrag auf Entscheidung des Gerichts daher mit Ablauf des 6. März 2018 ab (vgl. § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB); der am 4. Mai 2018 eingegangene Antrag der Klägerin auf Entscheidung des Gerichts erfolgte damit nicht fristgerecht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht bei Berücksichtigung des Umstands, dass der Beschluss der Urkundsbeamtin vom 6. Februar 2018 (zusätzlich) auch der Klägerin persönlich zugestellt worden ist. Denn die Zustellung an die Klägerin ist ausweislich der vorliegenden Zustellungsurkunde bereits am 19. Februar 2018 erfolgt, so dass eine fristgerechte Einlegung des Antrags auf Entscheidung des Gerichts selbst bei Zugrundelegung dieser Zustellung nicht vorläge.

12

Da Gründe für eine Wiedereinsetzung nach § 60 Absatz 1 VwGO weder von der Klägerin genannt noch ersichtlich sind, war der Antrag auf Entscheidung des Gerichts als unzulässig zu verwerfen.

13

Das Prozesskostenhilfeverfahren einschließlich des Erinnerungsverfahrens im Rahmen der Überprüfung bewilligter Prozesskostenhilfe ist gerichtsgebührenfrei (vgl. VG Bremen, Beschluss vom 6. Januar 2016 – 2 E 2234/15 –, juris Rn. 8).

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