Urteil vom Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (6. Kammer) - 6 A 56/13

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor der jeweilige Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Asphaltmischanlage.

2

Mit Bescheid vom 15. November 2012 erteilte der Beklagte gegenüber der Beigeladenen die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Asphaltmischanlage in einer (mittlerweile ausgebeuteten) Kiesgrube in … für eine maximale tägliche Mischleistung von 780 t. Die Anlage soll eine bereits seit 1963 nahe dem geplanten Neubaustandort in der gleichen Kiesgrube betriebene Asphaltmischanlage ersetzen. Die Altanlage soll nach Inbetriebnahme der Neuanlage demontiert werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Genehmigung Bezug genommen.

3

Der geplante Anlagenstandort ist Bestandteil eines Betriebsgeländes mit weiteren Anlagen im Zusammenhang mit Beton- und Kiesaufbereitung (Kieswaschanlage und Transportbetonwerk). Außerdem erfolgt ein Kiesabbau westlich des ...-Weges.

4

Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wurde zuvor eine FFH-Verträglichkeitsstudie für das Gebiet der oberen Schwentine erstellt (Erstellung: 18.05.2012/Stand: 15.08.2012). Dort heißt es unter Ziffer 7 (Fazit), dass sowohl für die Erneuerung der Asphaltmischanlage wie auch für die Intensivierung des Betriebes erhebliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des in mindestens 350 m Entfernung liegenden Natura-2000-Schutzgebietes „Gebiet der oberen Schwentine“ ausgeschlossen werden können. Auf das Gutachten wird im Einzelnen Bezug genommen (vgl. Bl. 140 bis 178 der Beiakte „B“).

5

Der Kläger bzw. dessen Rechtsvorgänger hatte bereits im Genehmigungsverfahren Einwendungen erhoben. Mit Schreiben vom 1. März 2012 machten sie u.a. geltend, dass bereits der Genehmigungstatbestand des § 16 BImschG nicht einschlägig sei. Außerdem sei die erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung zu Unrecht unterblieben. Im Übrigen würden die Voraussetzungen des § 6 BImschG nicht vorliegen, denn es sei nicht sichergestellt, dass die Schutz- und Vorsorgepflichten des Immissionsschutzrechts erfüllt werden würden. Die geplante Anlage würde auch gegen Bauplanungsrecht verstoßen. Außerdem sei die geplante Anlage unzulässig wegen Missachtung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung sowie wegen Verstoßes gegen zwingendes Habitat- und Artenschutzrecht.

6

Desweiteren machten sie mit Schreiben vom 02. August 2012 geltend, dass in der FFH-Verträglichkeitsstudie ein gelegentlicher Nachtbetrieb nicht berücksichtigt worden sei. Außerdem seien die Stickstoffdepositionen völlig unklar. Auch der Lärm durch den Baustellenbetrieb sei nicht hinreichend in den Blick genommen worden. Der bloße Hinweis auf störungstolerante Vogelarten reiche nicht aus. Dies müsse näher untersucht werden.

7

Gegen den Genehmigungsbescheid legten die Kläger dann mit Schreiben vom 6. Dezember 2012 Widerspruch ein. Sie machten geltend, dass die Anlage gegen Bauplanungsrecht verstoße. Sie könnten einen solchen Verstoß auch rügen. Dies folge aus § 9 Abs. 2 bzw. Abs. 3 der Aarhus-Konvention. Die Genehmigung würde u.a. gegen § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB verstoßen, weil sie schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen würde. Außerdem seien die Belange des Naturschutzes und des Landschaftsbildes berührt. Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 1. Alt. BauGB. Desweiteren würden die Voraussetzungen nach § 35 Abs. 3 Nr. 5, 3. Alt. (Bodenschutz) nicht vorliegen. Es handele sich entgegen § 35 Abs. 4 Nr. 6 BauGB auch um eine völlig unangemessene Erweiterung einer Anlage.

8

Die Anlage würde auch gegen das Bundesimmissionsschutzgesetz verstoßen. Zu Unrecht sei das vereinfachte Genehmigungsverfahren gewählt worden. Dies sei unzulässig, weil eine Umweltverträglichkeitsprüfung hätte gemacht werden müssen. Dies ergebe sich aus § 3 e des UVPG. Es sei nicht nur die Asphaltmischanlage, sondern das gesamte Betriebsgelände mit den gesamten betrieblichen Aktivitäten in den Blick zu nehmen, also auch der Kiesabbau, die Bauschuttaufbereitung, die Kieswaschanlage und die Anlage zur Herstellung von Transportbeton. Dies könne im Hinblick auf § 4 Abs. 3 Umweltrechtsbehelfegesetz auch gerügt werden. Außerdem verstoße die Genehmigung gegen Habitatschutzrecht. Das FFH-Gebiet „obere Schwentine“ würde erheblich beeinträchtigt werden. Die Studie vom 15.08.2012 sei völlig unzureichend. Bereits ein Vergleich mit der Altanlage sei unzulässig. Die Wirkprozesse seien unzureichend untersucht worden. Es gebe keine eigenständige Betrachtung der von der Anlage ausgehenden Immissionen. Auch der aktuelle Erhaltungszustand sei nicht hinreichend berücksichtigt worden. Laubwälder seien besonders stickstoffempfindlich. Der Verkehrslärm würde Brutvögel vergrämen.

9

Diesen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2013 zurück. Darin heißt es, dass die Klägerin keine Verletzung subjektiver Rechte geltend mache. Sie hätten insbesondere keine subjektiven Rechte hinsichtlich der geltend gemachten bauplanungsrechtlichen, naturschutzrechtlichen und artenschutzrechtlichen Einwendungen. Es verbleibe auch nach der Aarhus-Konvention bei dem Grundsatz der Klagebefugnis aus § 42 Abs. 2 VwGO. Im Übrigen seien aber auch Rechtsverletzungen nicht gegeben. Eine Genehmigung im vereinfachten Verfahren habe erteilt werden können. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich gewesen. Als Vorhaben sei hier lediglich die Asphaltmischanlage zu betrachten. Die anderen betrieblichen Aktivitäten könnten hier nicht mit einbezogen werden. Die Anlage sei auch nach § 35 Abs. 4 Nr. 6 BauGB privilegiert. Es würden von ihr keine schädlichen Umwelteinwirkungen ausgehen und die FFH-Studie sei in Ordnung.

10

Wegen der weiteren Einzelheiten der Widerspruchsbegründung und des Widerspruchsbescheides wird auf Blatt 63 bis 91 sowie Blatt 92 bis 105 der Beiakte „A“ Bezug genommen.

11

Am 28. März 2013 haben die Kläger Klage erhoben und bereits am 12. Februar 2013 einen Eilantrag im Hinblick auf die erteilte Anordnung des Sofortvollzuges gestellt (6 B 8/13).

12

Mit Beschluss vom 7. März 2013 hat die erkennende Kammer den Eilantrag der Kläger abgelehnt. Dort heißt es, dass die Kläger durch die Anlage nicht in ihren subjektiven Rechten verletzt werden. Eine konkrete Beeinträchtigung durch Lärm oder andere Immissionen sei nicht geltend gemacht worden. Dies gelte auch für das angesprochene baurechtliche Rücksichtnahmegebot. Auch insoweit würden die Kläger keine Umstände vortragen, aus denen sich eine Rücksichtslosigkeit ergeben könnte. Soweit die Kläger sich auf die Verletzung von Naturschutzrecht, der FFH-Richtlinie, des Artenschutzes bzw. des Bauplanungsrechtes berufen würden, komme eine Verletzung von subjektiven Rechten von vornherein nicht in Betracht. Es sei auch zu Recht keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden. Die UVP-Pflicht folge insbesondere nicht aus dem benachbarten Kiesabbau. Es handele sich nämlich nicht um ein qualitativ vergleichbares Vorhaben.

13

Die Beschwerde der Kläger hat das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 28. Oktober 2014 (1 MB 5/13) zurückgewiesen. Dort wurde ausgeführt, dass auch im Beschwerdeverfahren Belästigungen nicht geltend gemacht worden seien. Die Kläger könnten sich auch nicht auf eine fehlende Umweltverträglichkeitsprüfung berufen. Es sei schon fraglich, ob die Kläger insoweit überhaupt antragsbefugt seien. Allein der Umstand, dass sich die Klägerin als „unmittelbare Nachbarin“ der genehmigten Anlage auf die drittschützende Vorschrift in § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImschG berufe, sei nicht ausreichend. Allein die Nachbarschaft zur genehmigten Anlage begründe noch nicht die Annahme, dass man erheblichen Nachteilen oder Belästigungen ausgesetzt sein könne. Im Übrigen sei aber auch das Erfordernis einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu Recht verneint worden. Die Kläger machten zu Unrecht geltend, dass der Begriff des Vorhabens auch die Kieswaschanlage, die Bauschuttaufbereitung, oder die Anlage zur Herstellung von Transportbeton bzw. der Kiesabbau mit hätten einbezogen werden müssen. Die Voraussetzungen nach § 3 b Abs. 2 UVPG lägen nicht vor.

14

Im Übrigen könne eine Überprüfung der angefochtenen Bescheide auf ihre objektive Rechtmäßigkeit nicht beansprucht werden. Diese Vorschriften seien nicht nachbarschützend. Dies gelte sowohl für die Vorgaben des Habitatschutzrechtes als auch für andere naturschutzrechtliche Anforderungen. Auch aus der Aarhus-Konvention würde sich insoweit nichts anderes ergeben.

15

Im Hauptsacheverfahren machen die Kläger geltend, dass bislang die angrenzenden Eigentumsflächen der Kläger nicht hinreichend betrachtet worden seien. Im Hinblick auf die angrenzenden Eigentumsflächen seien die Kläger „betroffene Einzelne“. Die Auffassung des OVG zu dem EuGH-Urteil vom 08.03.2011 (Slowakischer Braunbär) sei nicht haltbar. Die Habitatrichtlinie begründe in ihrer abwehrrechtlichen Dimension für die Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit Klagebefugnisse, wenn sie einen im Übrigen zulässigen Antrag beim Gericht stellen. Die Kläger seien Eigentümer von Natura-2000-Flächen. Sie seien als Eigentümer klagebefugt, wenn ein Projekt erhebliche Beeinträchtigungen für ihre Flächen nach sich ziehen würde. Dies sei vom OVG gar nicht in den Blick genommen worden. Sie seien auf ihren Flächen Nutzungsrestriktionen ausgesetzt. Die drohenden Beeinträchtigungen durch die Anlage würden ihre eigenen naturschutzrechtlichen Anstrengungen konterkarieren. Dies könne verglichen werden mit dem Umgebungsschutz zum Denkmalrecht.

16

Außerdem setze der Genehmigungsbescheid einen zu hohen Lärmgrenzwert fest. Der Bebauungsplan weise für das gesamte Plangebiet ein allgemeines Wohngebiet aus. Zwar sei zum Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen Genehmigung der Bebauungsplan noch nicht in Kraft gewesen. Die Ortschaft ... habe aber bereits damals den Charakter eines allgemeinen Wohngebiets gehabt. Die Nutzungen der Gebäude hätten sich nicht verändert, sondern schon immer eine Wohnnutzung dargestellt. Darauf werde auch in der Begründung des Bebauungsplans Nr. 7 abgestellt. Insofern hätte im Genehmigungsbescheid nicht der Richtwert eines Dorfgebietes, sondern der eines allgemeinen Wohngebietes zugrunde gelegt werden müssen. Es handele sich auch nicht um eine Gemengelage. Die gewerblich, industriell oder hinsichtlich ihrer Geräuschauswirkungen vergleichbar genutzten und zum Wohnen dienende Gebiete würden nicht aneinander grenzen. Sie seien getrennt durch ein FFH-Gebiet und Freiflächen.

17

Die Werte eines allgemeinen Wohngebietes würden auch tatsächlich überschritten werden. Die dem Genehmigungsbescheid zugrunde liegende Immissionsprognose weise für die Nacht eine Lärmbelastung von 43 dB(A) aus. Dieser Wert liege deutlich über einen zu bildenden Zwischenwert.

18

Außerdem sei der in dem Lärmgutachten gewählte Immissionsort am Gebäude „... Nr. …“ unzutreffend gewählt worden. Zwar sei es zutreffend, dass dieser sich am dichtesten an der genehmigten Anlage befinde. Allerdings ergebe sich durch die Topografie und das vorhandene Waldstück eine Abschirmung gerade dieses Immissionsortes. Die Lärmbelastung sei deutlich stärker wahrnehmbar etwa an dem Grundstück Haus Nr. …, welches zwar weiter entfernt liege, aber in direkter Sicht und Höhebeziehung zur streitgegenständlichen Anlage stehe.

19

Die Anlage werde auch häufig zu Nachtzeiten betrieben. Dies habe die Beigeladene bei dem Ortstermin eingeräumt. Der Betrieb sei deshalb von seiner Struktur auf den Nachtbetrieb ausgelegt und als solches besonders rücksichtslos gegenüber der benachbarten Wohnbebauung. Dies sei auch in der FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht beachtet worden.

20

Der Kläger beantragt,

21

die der Beigeladenen erteilte Genehmigung vom 15. November 2012 für die Errichtung und den Betrieb einer Asphaltmischanlage auf dem Grundstück ...-Weg in ... in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 2013 aufzuheben.

22

Der Beklagte beantragt,

23

die Klage abzuweisen.

24

Er nimmt zur Erwiderung auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide sowie den Vortrag im Eilverfahren Bezug.

25

Die Beigeladene beantragt,

26

die Klage abzuweisen.

27

Sie macht geltend, dass der Kläger im Wesentlichen objektiv-rechtliche Belange geltend mache und nicht die Verletzung von Nachbarrechten. Auch die Zugehörigkeit zur „betroffenen Öffentlichkeit“ im Sinne der Aarhus-Konvention führe nicht zur Annahme eines subjektiven Rechtes. In subjektiven Rechten sei der Kläger aber nicht betroffen. Die Lärmrichtwerte würden eingehalten werden. Zur Belastung des Grundeigentums sei nichts vorgetragen worden.

28

Der Berichterstatter hat am 15. September 2016 einen Ortstermin durchgeführt. Auf das entsprechende Protokoll wird Bezug genommen.

29

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

30

Die von dem Kläger beantragte „Rubrumsänderung“ stellt der Sache nach eine Klageänderung dar. Der Kläger ist durch den Erwerb der Liegenschaften Rechtsnachfolger der ursprünglichen Klägerin geworden. Ein solcher Klägerwechsel stellt eine (subjektive) Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO dar. Diese Klageänderung ist auch zulässig. Dies ergibt sich schon aus § 266 Abs. 1 ZPO. Außerdem hält das Gericht die Klageänderung für sachdienlich.

31

Die Klage ist auch im übrigen zulässig. Insbesondere ist der Kläger klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO. Danach reicht es aus, wenn nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass er in eigenen subjektiven Rechten verletzt wird. Dies ist hier der Fall. Es erscheint zumindest nicht ausgeschlossen, dass der Kläger durch die in dem Genehmigungsbescheid festgesetzten Lärmrichtwerte in eigenen Rechten betroffen ist. Das Lärmgutachten vom Januar 2012 in der Ergänzungsfassung vom 01. November 2012 kommt für den Immissionsort 1 zu einem Beurteilungspegel in der Nacht von 44 dB(A). Die Liegenschaften des Klägers liegen deshalb deutlich im Einwirkungsbereich der genehmigten Anlage. Dies reicht für die Klagebefugnis iSd § 42 Abs. 2 VwGO aus.

32

Allerdings ist die Klage nicht begründet. Der Genehmigungsbescheid vom 15. November 2012 und der Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2013 verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

33

Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist nicht in vollem Umfang auf ihre objektive Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Vielmehr hat die Klage eines Dritten nur dann Erfolg, wenn die Genehmigung Vorschriften verletzt, die gerade den Kläger als Dritten schützen sollen.

34

Die Vorschriften der §§ 6 Abs. 1 Nr. 1 iVm 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind zwar drittschützend. Nach diesen Vorschriften ist Voraussetzung für die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.

35

Diese Voraussetzungen sind hier aber erfüllt. Die Genehmigung lässt keine unzumutbaren Einwirkungen auf das klägerische Grundstück durch Lärm zu. Die Erheblichkeit von Schallimmissionen richtet sich nach der TA-Lärm. Nach der im Genehmigungsverfahren eingereichten Immissionsprognose ist davon auszugehen, dass die Lärmimmissionen durch die streitgegenständliche Asphaltmischanlage die einschlägigen Richtwerte nach Nr. 3.2.1 TA-Lärm iVm Nr. 6 TA-Lärm nicht überschreiten werden. Nach Nr. 3.2.1 Abs. 1 TA-Lärm ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 TA-Lärm nicht überschreitet. Die Werte nach Nr. 6 TA-Lärm bestimmen sich danach, in welchem Gebietstyp sich das klägerische Grundstück befindet. In dem Bescheid ist zu Recht der Immissionsrichtwert für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete von tags 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) zugrunde gelegt worden. Zum Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung war der Bebauungsplan Nr. 7, der das Gebiet als allgemeines Wohngebiet ausweist, noch nicht in Kraft. Insofern konnte dieser Bebauungsplan bei der Erteilung der Genehmigung nicht berücksichtigt werden.

36

Entgegen der Auffassung des Klägers ist es auch nicht zutreffend, dass es sich bereits damals um einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil nach § 34 Baugesetzbuch mit dem Charakter eines allgemeinen Wohngebiets handelte. Die gesamten Liegenschaften des Gutes ... werden durch den landwirtschaftlichen Betrieb dieses Gutes geprägt und dienen gerade nicht vorwiegend dem Wohnen (vgl. § 4 Baunutzungsverordnung). Dies hat die eigene Inaugenscheinnahme durch den Berichterstatter beim Ortstermin am 15. September 2016 ergeben. Auf dem Gut selbst und auf dem Betriebshof des Gutes sowie den umliegenden Flächen wird Landwirtschaft betrieben. Diese Landwirtschaft prägt auch das Gebiet, auf dem sich die Wohnhäuser befinden.

37

Der Beweisantrag des Klägers, dass die tatsächliche Bebauung den Eindruck eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils vermittelt bzw. ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt wird, war abzulehnen. Es ist Aufgabe der erkennenden Kammer, den Charakter dieses Gebietes zu beurteilen und im Rahmen der Vorschriften der Baunutzungsverordnung zu würdigen. Dies konnte auch durch den Ortstermin des Berichterstatters und die vorhandenen Pläne ohne weiteres erfolgen. Die mit dem Beweisantrag beantragte (weitere) Inaugenscheinnahme bzw. Beiziehung der Baugenehmigungsakten des Kreises Ostholstein war insofern abzulehnen.

38

Der Beweisantrag war auch deshalb abzulehnen, weil selbst unter der Voraussetzung, dass es sich dem Charakter nach schon immer um ein allgemeines Wohngebiet gehandelt habe, der Lärmrichtwert in dem Genehmigungsbescheid im Ergebnis zutreffend ist. In dem Genehmigungsbescheid wurde geregelt, dass die Asphaltmischanlage am nächstgelegenen Wohnhaus die Immissionsrichtwerte für den Beurteilungspegel von tags 54 dB(A) und nachts 45 dB(A) nicht überschreiten dürfen. Diese festgesetzten Lärmrichtwerte wären auch dann nicht zu beanstanden, wenn es sich um ein allgemeines Wohngebiet handeln würde. Der Immissionsrichtwert in allgemeinen Wohngebieten tags beträgt 55 dB(A). Insofern ist nur der Immissionsrichtwert für den Beurteilungspegel nachts in den Blick zu nehmen. Dieser beträgt ausweislich Ziffer 6.1. c) der TA-Lärm 40 dB(A). Allerdings ist vorliegend Ziffer 6.7 TA-Lärm zu beachten. Danach können die für die zum Wohnen dienenden Gebiete geltenden Immissionsrichtwerte auf einen geeigneten Zwischenwert der für aneinander grenzenden Gebietskategorien geltenden Werte erhöht werden, wenn gewerblich und zum Wohnen dienende Gebiete aneinander grenzen und dies nach der gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme erforderlich ist. Die Immissionsrichtwerte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete sollen dabei nicht überschritten werden.

39

Diese Vorschrift ist hier anwendbar. Der Umstand, dass zwischen Wohnhäusern und Anlage das FFH- Gebiet und eine Freifläche liegt, ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich, weil es auf die unmittelbare Nachbarschaft ankommt und nicht auf eine formale Grenze.

40

Nach dieser Vorschrift ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte einen Immissionsrichtwert von 45 dB(A) nachts festgesetzt hat. Dies ergibt sich aus der in Ziffer 6.7 TA-Lärm geregelten Pflicht zur Rücksichtnahme. Die Frage, wie groß die Abweichung von den Immissionsrichtwerten sein darf, ist nicht ausdrücklich geregelt. Bei der Bildung eines Zwischenwertes sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, etwa die Prägung des Einwirkungsgebietes, die Ortsüblichkeit der Geräusche und welche Nutzung zuerst verwirklicht wurde (vgl. Beckert/Fabrizius, TA-Lärm, Erläuterungen, 2. Auflage, Seite 73).

41

Unter Berücksichtigung aller Umstände dieses Falles ist ein Zwischenwert von 45 dB(A) nicht zu beanstanden. Zunächst wiegt schwer, dass die jetzt genehmigte Anlage eine bereits seit 1963 betriebene Asphaltmischanlage ersetzt. Ebenso wie der landwirtschaftliche Betrieb des Gutes ... prägt deshalb die Asphaltmischanlage der Beigeladenen seit Jahrzehnten die Umgebung. Diese Vorbelastungen prägen die Grundstücke kraft ihrer Situationsgebundenheit und sind vom Eigentümer hinzunehmen.

42

Zwar darf auch der Eigentümer eines Grundstücks am Rande zum Außenbereich darauf vertrauen, dass in seiner Nachbarschaft keine wohnunverträgliche Nutzung stattfindet. Allerdings sieht die TA-Lärm die Verträglichkeit noch als gewahrt an, wenn die Lärmbelastung nicht über das in einem Kern-, Misch- oder Dorfgebiet zulässige Maß an Lärm hinaus geht, da auch diese Gebiete dem Wohnen dienen. Dies ist mit dem festgelegten Grenzwert von 45 dB(A) der Fall.

43

Außerdem muss gerade in der Randlage zum Außenbereich damit gerechnet werden, dass im Außenbereich privilegierte Vorhaben errichtet und betrieben werden. Mit den im Außenbereich privilegierten Vorhaben hat der Gesetzgeber eine planende Entscheidung zugunsten dieser Vorhaben getroffen. Nach dem Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme hat der am Rand zum Außenbereich Wohnende dies zu respektieren und in gewissem Umfang eine höhere Lärmbelastung durch diese Anlagen hinzunehmen (vgl. Feldhaus/Tegegeder, Bundesimmissionsschutzrecht, Kommentar, Band 4, B 3.6, Randnummer 65).

44

Dies gilt auch deshalb, weil - unstreitig - die von der genehmigten Asphaltmischanlage im Vergleich zur alten Anlage unstreitig weniger Lärmimmissionen ausgehen. Auch dieser Umstand mindert die Schutzwürdigkeit der Wohnbebauung (vgl. Bundesverwaltungs-gericht, Beschluss vom 07. April 2016, Agrar- und Umweltrecht 9/2016, Seite 351).

45

Die durch den Beklagten in der Genehmigung festgesetzten Lärmrichtwerte werden ausweislich des Gutachtens zur Prognose über die zu erwartenden Geräuschemissionen und -immission der Asphaltmischanlage vom Januar 2012 bzw. 01. November 2012 nicht überschritten. Am Immissionsort 1 beträgt der Beurteilungspegel tags 43 dB(A) und nachts 44 dB(A). Insofern werden sowohl tags als auch nachts die festgesetzten Lärmrichtwerte eingehalten.

46

Die Wahl des Immissionsortes ist in dem Gutachten nicht zu beanstanden. Es handelt sich um das zur Asphaltmischanlage nächstgelegene Wohnhaus. Es ist zwar richtig, dass sich zwischen diesem Immissionsort und der Anlage ein Baumbestand mit einer Tiefe von ca. 100 m befindet. Dieser Baumbestand ist wegen einer Brachfläche nicht vorhanden zwischen der Asphaltmischanlage und dem Haus Nr. … (Wohnhaus des Klägers). Allerdings führt dies nicht dazu, dass die gutachterliche Lärmprognose fehlerhaft ist. Ausweislich des Gutachtens ist nämlich der Baumbestand zwischen Anlagenstandort und Immissionsort bei den Berechnungen nicht berücksichtigt worden (vgl. Seite 24 des Gutachtens). Insofern hat die für den Immissionsort 1 errechnete Prognose von 44 dB(A) auch Aussagekraft bezüglich des Wohnhauses des Klägers (Haus Nr. …), da es von der Asphaltmischanlage weiter entfernt liegt und insofern ausgeschlossen werden kann, dass dort ein höherer Beurteilungspegel zu erwarten ist.

47

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die dem Gutachten zugrunde gelegten Eingangsdaten grundsätzlich zum ungünstigsten Fall abgeschätzt worden sind (vgl. Seite 24 des Gutachtens). Insofern gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die in der Genehmigung festgesetzten Lärmrichtwerte zu Lasten des Klägers überschritten werden.

48

Es ist auch nicht zu beanstanden, dass im Genehmigungsverfahren keine Umwelt-verträglichkeitsprüfung durchgeführt wurde. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Umweltrechts-behelfegesetz (UmwRG) kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes erforderliche Umweltverträg-lichkeitsprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist. Diese Vorschrift gilt nach § 4 Abs. 3 UmwRG für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Abs. 1 VwGO entsprechend. § 4 Abs. 3 UmwRG begründet nicht die Klagebefugnis. Innerhalb eines - wie hier - bereits zulässigen Rechtsbehelfs erweitert die Norm jedoch den Prüfungs-umfang im Rahmen der Begründetheitsprüfung. Es kommt nicht darauf an, ob die verletzte Verfahrensvorschrift der Gewährleistung eines subjektiven Rechts dient und ob dieser Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben könnte. Ein Verfahrensfehler führt unabhängig von den sonst nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO geltenden einschränkenden Maßgaben zur Begründetheit der Klage (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, 17.12.2013, Az. 4 A 1/13, Juris).

49

Allerdings ist es vorliegend auch - objektiv-rechtlich - nicht fehlerhaft, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterblieben ist. Dazu wird auf den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 28. Oktober 2014 (1 MB 5/13) Bezug genommen. Dort heißt es:

50

Wenn unterstellt wird, dass die Antragstellerin (im Hinblick auf § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) antragsbefugt ist, führt dies nicht zum Erfolg der Beschwerde, weil der Antragsgegner das Erfordernis einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu Recht verneint hat (Begründung des Bescheides vom 15.11.2012, Ziff. 2 [S. 13]; Begründung der Anordnung des Sofortvollzuges vom 11.01.2013, S. 5; Widerspruchsbescheid vom 26.02.2013, S. 6-7).

51

Die Antragstellerin tritt dem – im Kern – entgegen, indem sie den Begriff des „Vorhabens“ weiter zu fassen versucht, als es dem Gegenstand der angefochtenen Genehmigung entspricht, und (u. a.) auch die Kieswaschanlage, die Bauschuttaufbereitung oder die Anlage zur Herstellung von Transportbeton sowie die Flächengröße des Kiesabbaus von mehr als 25 ha einbeziehen möchte. Sie meint, eine UVP-Pflicht ergebe sich aus § 3e Abs. 1 Nr. 1 UVPG i. V. m. Nr. 2.1.1 der Anlage 1 zum UVPG bzw. aus § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG i. V. m. Nr. 2.1.2 der Anlage 1 zum UVPG (Schriftsatz vom 28.03.2013, S. 27). Dem ist nicht zu folgen.

52

Im Ausgangspunkt gehen die in § 3e UVPG geregelten Fälle von einem Vorhaben aus, für „das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht“, und das geändert oder erweitert wird. Das trifft auf den vorliegenden Fall nicht zu, denn die angefochtene Genehmigung ist keine Erweiterungs- oder Änderungsgenehmigung, sondern eine Neugenehmigung nach § 4 BImSchG (s. Genehmigungsbescheid vom 15.11.2012, S. 1 sowie Begründung der Sofortvollzugsanordnung vom 11.01.2013, S. 5). Die Genehmigung der Asphaltmischanlage ändert oder erweitert somit nicht ein (anderes) Vorhaben, sondern beschränkt sich auf die im Genehmigungsbescheid (zu A.I.1) und in den Entscheidungsgrundlagen/Antragsunterlagen (insbes. zu 5. und 14) definierte Anlage. Soweit die Antragstellerin diese als „Kiesabbau mit Asphaltmischwerk“ umreißt (Schriftsatz vom 28.03.2013, S. 27), deckt sich dies nicht mit dem in den genannten Bescheiden – klar – definierten Genehmigungsgegenstand.

53

Die Annahme der Antragstellerin, der Vorhabenbegriff im UVPG sei „unter Berücksichtigung unionsrechtlicher Vorgaben“ weit zu fassen, trifft nicht zu. Der Begriff des „Vorhabens“ ist in § 2 Abs. 2 UVPG in Anlehnung an denjenigen des „Projekts“ in Art. 1 Abs. 2 der UVP-Richtlinie 85/337/EWG i.d.F. der Richtlinie 2009/31/EG vom 23.04.2009 definiert worden. Soweit der Begriff des „Vorhabens“ gem. § 2 Abs. 2 UVPG technische oder sonstige „Anlagen“ umfasst, kann auf das fachgesetzliche Begriffsverständnis zurückgegriffen werden (vgl. Appold, in: Hoppe u. a., UVPG, 2012, § 2 Rn. 76), vorliegend also dasjenige des Immissionsschutzrechts (vgl. § 3 Abs. 5 BImSchG). Der Umstand, dass ein Asphaltmischwerk – neu – im Bereich eines mehr als 25 ha großen Geländes errichtet wird, führt nicht dazu, dieses Werk als Teilelement eines größeren „Vorhabens“ anzusehen. Die Antragstellerin kann sich insoweit nicht auf das Urteil des OVG Münster vom 15.03.2011 (20 A 2147/09, Juris, Rn. 118) stützen; diese Entscheidung verhält sich nur zu dem – hier nicht relevanten – Fall, dass ein nach der Anlage 1 zu § 3 Abs. 1 Satz 1 UVPG UVP-pflichtiges Vorhaben Vorhabens auch auf der Grundlage mehrerer Verwaltungsverfahren genehmigt werden kann.

54

Die Asphaltmischanlage unterliegt, wie in den angefochtenen Bescheiden korrekt ausgeführt, weder einer Vorprüfung noch einer UVP; auf die Anlage trifft (insbesondere) keiner der Tatbestände der Nr. 2.1 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 1 Satz 1 UVPG zu. Das Verwaltungsgericht hat – darüber hinaus – zutreffend entschieden, dass die Anlage auch nicht – unter Einbeziehung des Kiesabbaus, der Kieswaschanlage, der Bauschuttaufbereitung oder die Anlage zur Herstellung von Transportbeton - als ein „kumulierendes Vorhaben“ gem. § 3b Abs. 2 UVPG angesehen werden kann (S. 4 des erstinstanzlichen Beschl.-Abdr.; vgl. – im gleichen Sinne – VGH München, Urt. v. 02.10.2002, 22 CS 02.1774, AbfallR 2003, 43 Ls. [bei Juris Rn. 16]). Dagegen werden mit der Beschwerde keine (neuen) Angriffe vorgetragen, so dass es insoweit keiner weiteren Ausführungen bedarf.

55

Die erkennende Kammer schließt sich dieser Argumentation vollumfänglich an.

56

Im Übrigen ist die Klage unbegründet, weil sich der Kläger nicht auf die Verletzung seiner subjektiven Rechte berufen kann. Dies gilt zunächst für die von ihm gerügte FFH-Verträglichkeitsstudie. Die FFH-Richtlinie verleiht dem Einzelnen nicht das Recht, die Einhaltung dieser Vorschriften zu verlangen. Die Vorschriften schützen ebenso wie die zu ihrer Umsetzung ergangenen Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes die natürlichen Lebensräume und die Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse einschließlich der europäischen Vogelarten. Einen Bezug zu den Interessen des Einzelnen lassen sich nicht erkennen (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. April 2007, Az. 4 C 12/05, Juris, Randnummer 34 ff.).

57

Auch dazu wird weiter auf den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungs-gerichts vom 28. Oktober 2014 Bezug genommen. Dort heißt es dazu:

58

„Die europäischen Naturschutzrichtlinien vermitteln ebenfalls keine eigenständige Überprüfungsbefugnis der Antragstellerin. Insbesondere aus der (in der Beschwerdebegründung angesprochenen) FFH-Richtlinie 92/43/ EWG vom 05.06.1992 sind keine Rechte Einzelner abzuleiten; die Richtlinie zielt auf den Naturschutz „um seiner selbst willen“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.4.2007, 4 C 12.05, BVerwGE 128, 358 ff., Juris Rn. 33). Soweit der Europäische Gerichtshof einklagbare Rechte des Einzelnen aus umweltrechtlichen Richtlinien bejaht hat, hat er sich dabei auf das Ziel, die Gesundheit von Menschen zu schützen, bezogen (EuGH, Urt. v. 12.12.1996, Rs. C-298/95, Slg. 1996, I-6747, Rn. 15 f ). Auf Umwelt- und Naturschutzbelange, deren Wahrung im Interesse der Allgemeinheit liegt, ist das nicht übertragbar. Insoweit vermittelt - auch - das (materielle) europäische Recht keine subjektiv-öffentlichen Gemeinschaftsrechte, so dass auch unter dem Effektivitätsgrundsatz („effet utile“) keine Überprüfungsansprüche für Private bestehen (vgl. EuGH, Urt. v. 07.09.2004, Rs. C-127/02, Slg. 2004, I-07405, Juris, Rn. 66). Die von der Antragstellerin geltend gemachten Einwände in Bezug auf einzelne Lebensraumtypen innerhalb eines FFH-Gebiets oder zusätzliche Belastungen von FFH-Schutzzielen, die aus evtl. unzureichend erfassten „Wirkfaktoren“ des Vorhabens (Stickstoffe, andere Luftschadstoffe oder [Verkehrs-]Lärm) resultieren sollen, führen nur im Rahmen einer Verbandsklage gem. § 2 Abs. 1 UmwRG zu einer gerichtlichen Überprüfung; für Private - wie die Antragstellerin - bleibt es bei dem Erfordernis, eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen.“

59

Die erkennende Kammer macht sich auch diese Ausführungen zu Eigen. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass der Kläger Eigentümer von Teilen des FFH-Gebietes ist. Die Auffassung, dass der Kläger in Anlehnung an die Rechtsprechung des BVerwG zum Drittschutz im Denkmalschutzrecht befugt sein könnte, etwaige Verstöße gegen FFH-Recht zu rügen, folgt die erkennende Kammer nicht. Die beiden Rechtsgebiete sind nicht miteinander vergleichbar. Für das Natur- und Artenschutzrecht hat das Bundesverwaltungsgericht subjektive Rechte des einzelnen ausdrücklich ausgeschlossen. Die erkennende Kammer sieht keinen Anlass, von der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (siehe oben) abzuweichen.

60

Da dem Kläger insofern ein Rügerecht in Bezug auf die FFH-Verträglichkeitsstudie fehlt, waren die beiden diesbezüglichen Beweisanträge abzulehnen.

61

Darüber hinaus kann der Kläger sich auch nicht auf § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Baugesetzbuch berufen. Auch dort werden keine die privaten Belange betreffenden Auswirkungen benannt, sondern nur allgemein Lärmwirkungen durch verstärkten Zu- und Abgangsverkehr. Auch die in Bezug auf § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 1. Alternative Baugesetzbuch genannten Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege vermitteln keinen Drittschutz. Dies gilt auch für die angeführten Belangen des Bodenschutzes. Auch die Frage, ob das Vorhaben eine bauliche Erweiterung eines zulässiger Weise errichteten Gewerbebetriebes in „angemessenem“ Umfang (§ 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 Baugesetzbuch) darstellt, betrifft ebenfalls allgemeines Planungsrecht und keine drittschützenden Belange (vgl. Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 28. Oktober 2014, Seite 8).

62

Die Klage ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 162 III VwGO erstattungsfähig, weil die Beigeladenen - erfolgreich - einen eigenen Antrag gestellt hat und sich deshalb am Kostenrisiko beteiligt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

63

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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