Urteil vom Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (3. Kammer) - 3 A 310/16

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

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Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis.

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Der Kläger besuchte am 01.05.2015 die Diskothek „Orange and Blue“ in I-Stadt. Gegen 04.38 wurden zwei Polizeibeamte in die Diskothek entsandt, da der Sicherheitsdienst gemeldet hatte, dass zwei Personen – der Kläger und sein Bekannter Herr I. – auf der Toilette im Besitz von Kokain angetroffen wurden. Nach Eintreffen der Polizei wurden der Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes, der Zeuge Herr F., und der Kläger sowie Herr I. zum Sachverhalt befragt.

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Laut Polizeibericht gab der Zeuge F. an, dass er beobachtet habe, wie die beiden zusammen in eine Kabine gegangen seien. Daraufhin habe er über die Trennwand geblickt und gesehen, dass der Kläger ein weißes Pulver auf einer Bankkarte verteilt habe. Bei dem weißen Pulver handelt es sich unstreitig um Kokain. Auf Nachfrage, ob die beiden noch weitere Rauschmittel bei sich führten, habe Herr I. aus seiner Hosentasche eine kleine Plastiktüte mit Kokain geholt. Herr I. machte keinerlei Angaben zum Sachverhalt. Der Kläger gab laut Polizeibericht an, dass er und Herr I. von einem unbekannten Dritten kurz zuvor angesprochen worden seien, ob sie Drogen kaufen wollten. Nachdem sie dies abgelehnt hätten, habe er ihnen die kleine Tüte zum Probieren übergeben. Anschließend hätten sie das Kokain auf der Toilette konsumieren wollen.

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Dieser Ablauf der Ereignisse, wie im Polizeibericht festgehalten ist, ist zwischen den Beteiligten streitig.

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Mit Schreiben vom 10.07.2015, dem Kläger am 18.07.2015 zugestellt, ordnete die Beklagte gemäß § 46 Abs. 3 i. V.m. § 14 Abs. 1 FeV die Vorlage eines Gutachtens durch einen Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung innerhalb von 2 Monaten an (Bl. 2 Beiakte A). Zur Begründung führte sie aus, der Kläger sei am 01.05.2015 im Besitz des Betäubungsmittels Kokain gewesen. Er sei angetroffen worden während sich eine „Linie“ Kokain zubereitet habe und habe angegeben, dass er das Betäubungsmittel von einer unbekannten Person geschenkt bekommen habe und dieses nun ausprobieren wollte. Aufgrund des geschilderten Sachverhaltes sei jetzt zu klären, ob er Drogenkonsument sei. Die Vorlage des Gutachtens sei diesbezüglich eine Aufklärungsmaßnahme. Zudem wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass sie bei nicht fristgerechter Vorlage des Gutachtens die Nichteignung des Klägers unterstellen würde.

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Mit Schreiben vom 29.07.2015 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie beabsichtige ihm die Fahrerlaubnis wegen der fehlenden Mitwirkung zu entziehen und gab ihm die Möglichkeit sich hierzu schriftlich zu äußern.

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Mit Bescheid vom 27.08.2015 (Bl. 9 Beiakte A), dem Kläger zugestellt am 29.08.2015, entzog die Beklagte dem Kläger die Fahrerlaubnis und ordnete die sofortige Vollziehbarkeit an. Zur Begründung trug sie im Wesentlichen vor, dem Kläger sei infolge seiner fehlenden Mitwirkung gemäß § 11 Abs. 8 FeV die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu unterstellen.

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Mit Schreiben vom 24.09.2015 erhob der Kläger gegen diesen Bescheid Widerspruch und suchte am 23.10.2015 beim Gericht um Eilrechtsschutz nach (3 B 224/15). Seinen Eilantrag begründete er damit, dass es bereits fraglich sei, ob die angeblich getätigte Äußerung in diesem Verfahren überhaupt zu Grunde gelegt werden dürfe, da in der Mitteilung an die Beklagte nicht erwähnt worden sei, ob der Kläger belehrt worden sei. Zudem hätten keine Tatsachen vorgelegen, die die Anordnung der Beibringung eines ärztlichen Gutachtens rechtfertigten, hier hätten bloße Vermutungen vorgelegen, die einen derart schwerwiegenden Eingriff nicht rechtfertigten. Hierzu legte der Kläger eine eidesstattliche Versicherung vor, wonach er an dem Abend in der Diskothek zum Zeitpunkt des Ereignisses bereits „gut betrunken“ gewesen sei. Er habe dann Herrn I. getroffen. Dieser habe ihm mitgeteilt, dass er Kokain konsumieren gehen würde. Er habe diesen nur begleitet, da er betrunken und neugierig gewesen sei und noch nie gesehen habe, wie jemand Kokain konsumiert. In der Toilettenkabine habe Herr I. sich eine Linie des Kokains auf sein Mobiltelefon gefertigt und habe dafür eine Bankkarte benutzt. Dann sei der Sicherheitsmitarbeiter gekommen. Nicht richtig sei, dass zwei Linien gefertigt worden seien. Zwar habe Herr I. ihm das Kokain angeboten, er habe es sich aber noch überlegen wollen. Er habe weder der Polizei noch den Sicherheitskräften mitgeteilt, dass das Kokain ihm angeboten worden sei und er es habe probieren wollen. Er könne sich nur vorstellen, dass seine Mitteilung darüber, dass Herr I. ihm das Kokain angeboten habe, falsch aufgefasst und niedergelegt worden sei. Er könne sich sehr gut an das Gesagte im Büro erinnern, da er durch das Eintreffen der Polizei quasi ernüchtert worden sei. Der Kläger legte zudem eine eidesstattliche Versicherung von Herrn I. vor, wonach der Kläger nur mit auf das WC gekommen sei, um bei dem Konsum zuzugucken. Zwar habe er den Kläger gefragt, ob er auch mal probieren wolle, dieser habe sich das aber erst mal anschauen wollen und sei noch unentschlossen gewesen. Dies habe er sowohl gegenüber der Polizei, als auch gegenüber dem Sicherheitsdienst geäußert. Wegen der Einzelheiten wird auf die eidesstattlichen Versicherungen des Klägers und von Herrn I. Bezug genommen (Bl. 13-16, 3 B 224/15).

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Das Gericht hat den Eilantrag des Klägers mit Beschluss vom 10.11.2015. Auf diesen wird Bezug genommen. Das Gericht ist im Eilverfahren weder von einer offensichtlichen Rechtmäßigkeit noch von einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit ausgegangen, insbesondere im Hinblick auf den Polizeibericht und die eidesstattlichen Versicherungen, die eine von dem Polizeibericht abweichende Sachverhaltsdarstellung enthalten. Die Beschwerde des Klägers vom 01.12.2015 hat das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 07.01.2016 zurückgewiesen (vgl. 3 MB 72/15). Auf diesen Beschluss wird ebenfalls Bezug genommen.

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Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.2016, dem Kläger am 21.09.2016 zugestellt, zurück. Zur Begründung wiederholte sie die Begründung aus dem Entziehungsbescheid und ergänzte diese dahingehend, dass das geführte Ermittlungsverfahren lediglich gemäß § 31 a BtMG eingestellt worden sei, die Einstellung also nur wegen der geringen Menge am aufgefundenen Kokain erfolgt sei. Zweifel an der Beweiskraft des Polizeiberichtes habe die Staatsanwaltschaft nicht erkennen lassen. Die nicht datierten eidesstattlichen Versicherungen von Herrn I. und dem Kläger erschienen konstruiert und ließen keine andere Bewertung der Geschehnisse zu.

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Der Kläger hat am 21.10.2016 Klage erhoben.

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Er behauptet, sich zwar in der Toilettenkabine aufgehalten zu haben, allerdings habe die weitere anwesende Person, Herr I., die „Linie“ Kokain gefertigt.

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid der Beklagten vom 27.08.2015 in Form des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2016 aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie verweist auf die Begründungen der Bescheide, sowie auf sein Vorbringen im Eilverfahren. Darüber hinaus macht sie geltend, die Einstellung nach § 31 a BtMG zeige, dass auch die Staatsanwaltschaft davon ausgegangen sei, dass sich der Vorfall wie im Polizeibericht aufgenommen zugetragen habe.

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Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen F.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 23.02.2017 Bezug genommen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte sowie auf die Akte des Eilverfahrens (3 B 224/15) und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Ü;ber die Klage konnte trotz Ausbleibens des Klägers in der mündlichen Verhandlung entschieden werden. Der Kläger ist hierauf in der Ladung hingewiesen worden (§ 102 Abs. 2 VwGO).

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Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.

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Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG iVm § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV. Danach hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich jemand als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Ein solcher Fall liegt gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann vor, wenn Erkrankungen oder Mängel iSd Anlage 4 zur FeV vorliegen. Nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV schließt die Einnahme von Betäubungsmitteln iSd Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen aus.

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Vorliegend steht nicht fest, dass der Kläger Betäubungsmittel - insbesondere Kokain - konsumiert hat, aber aufgrund des Vorfalls am 01.05.2015 in der Diskothek in I-Stadt ist ein entsprechender Verdacht entstanden, an dessen Ausräumung durch ein ärztliches Gutachten der Kläger nicht hinreichend mitgewirkt hat. Nach § 14 Abs. 1 S. 2 FeV kann die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens angeordnet werden, wenn der Betroffene Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes widerrechtlich besitzt oder besessen hat. Weigert sich der Betroffene, sich auf eine solche Anordnung hin untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, so darf diese bei ihrer Entscheidung gem. § 46 Abs. 3 i. V.m. § 11 Abs. 8 FeV auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Voraussetzung ist allerdings insoweit, dass die Untersuchungsanordnung rechtmäßig ist und die Weigerung ohne ausreichenden Grund erfolgt (vgl. Hentschel/König/Dauer, StraßenverkehrsR, 43. Aufl. 2015, § 11 FeV Rn. 22 u. 24 m. w. Nachw.)

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Die Anordnung vom 10.07.2015 erfüllt in formeller Hinsicht die Anforderungen des § 11 FeV, insbesondere des § 11 Abs. 6 FeV. Die Fragestellung in dem Gutachten ist anlassbezogen im Sinne von § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV festgelegt worden, dem Kläger sind die Gründe für die Zweifel an seiner Fahreignung mitgeteilt worden und die für die Vorlage des Gutachtens gesetzte Frist ist angemessen.

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Auch die materiellen Voraussetzungen nach § 14 Abs. 1 S. 2 FeV liegen vor. Nach § 14 Abs. 1 S. 2 FeV kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Klärung von Eignungszweifeln im Hinblick auf Betäubungsmittel die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anordnen, wenn der Betroffene Betäubungsmittel iSd Betäubungsmittelgesetzes widerrechtlich besitzt oder besessen hat. Grund dafür ist, dass bereits der bloße einmalige Besitz auch einer nur geringen Menge eines solchen Betäubungsmittels ein Indiz für die Einnahme der Droge ist und damit gem. § 14 Abs. 1 S. 2 FeV eine taugliche, hinreichend aussagekräftige Anknüpfungstatsache f&#252;r eine Überprüfung der Kraftfahreignung darstellt. Erforderlich ist allerdings, dass der Besitz des Betäubungsmittels tatsächlich nachgewiesen ist. Hinreichend konkrete Verdachtsmomente für einen Besitz genügen dagegen nicht (vgl. VGH München, Beschl. v. 22. 1. 2008 − 11 CS 07.2766, BeckRS 2008, 27432; VG Oldenburg, Beschl. v. 5. 8. 2008 – 7 B 2074/08, BeckRS 2009, 36195)

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Besitz ist die vom Verkehr anerkannte tatsächliche Herrschaft einer Person über eine Sache, die von einem generellen und nicht auf eine bestimmte Sache gerichteten Sachherrschaftswillen getragen ist (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 70. Aufl., Überbl. vor § 854 Rn. 1, 4; Diep, in: jurisPK-BGB, 5. Aufl. 2010, § 854 Rn. 19).

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Nach Durchführung der Beweisaufnahme steht nach Auffassung der Kammer aufgrund der ihr nach § 108 Abs. 1 VwGO zustehenden freien Beweiswürdigung fest, dass der Kläger Besitz an einem Teil des unstreitig sichergestellten Kokains hatte. Diese Überzeugung ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

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Der Zeuge F. hat bekundet, dass Vorfälle solcher Art regelmäßig, an einem Abend bis zu vier oder fünf Mal, vorkämen. Es sei dann üblich, dass er bei diesen Kontrollen auch über die Trennwand einer Toilettenkabine gucken würde, wenn er zuvor festgestellt habe, dass sich zwei Männer in einer Kabine befinden. Zwar konnte er sich an den konkreten Vorfall nicht erinnern. Dies ist aber in Anbetracht der Häufigkeit solcher Vorfälle im Berufsalltag des Zeugen F. und im Hinblick auf den zeitlichen Abstand auch glaubhaft. Auch im Übrigen ist die Aussage glaubhaft, der Zeuge hat nachvollziehbar erklärt, wie der Ablauf bei solchen Vorfällen ist. Der Zeuge ist auch glaubwürdig, insbesondere sind keine Belastungstendenzen zu Lasten des Klägers zu erkennen.

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Diese Aussage steht auch nicht der Annahme des widerrechtlichen Besitzes von Kokain durch den Kläger entgegen. Insbesondere ist ihr nicht zu entnehmen, dass die Feststellungen in dem Polizeibericht im Grundsatz bereits nicht zutreffend sind oder etwas falsch niedergelegt wurde. Wie bereits im Eilverfahren festgestellt, war zu prüfen, ob die eidesstattliche Versicherung geeignet waren, die im Polizeibericht enthaltenen Feststellungen und die Aussage des Klägers zu entkräften. Zu der Beweiskraft dieses Berichts hat das Gericht im Eilverfahren folgendes ausgeführt:

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„Ein solcher Bericht ist eine öffentliche Urkunde im Sinne von §§ 415 Abs. 1, 418 Abs. 1 ZPO, die vollen Beweis für die Richtigkeit der darin bezeugten Tatsachen erbringt (vgl. hierzu OVG Lüneburg, Beschluss vom 11.03.2004, 11 LA 380/03; Beschluss der Kammer vom 22.10.2015 - 3 B 214/15). Ein pauschales Bestreiten genügt daher nicht, die in dem Polizeibericht enthaltenen Aussagen zu entwerten.“

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Das Vorbringen des Klägers, so wie er es im Eilverfahren eidesstattlich versichert hat, ist nicht glaubhaft. Es wirkt konstruiert und lebensfremd und ist nicht geeignet die Beweiskraft des Polizeiberichts zu erschüttern. Insbesondere bestehen unauflösbare Widersprüche, auch innerhalb der eidesstattlichen Versicherungen. Zwar ist es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass der Kläger, so wie er es vorträgt, von den Polizeibeamten während der Vernehmung falsch verstanden worden ist. Die Kammer ist jedoch davon überzeugt, dass der Kläger seine Aussage im Nachhinein geändert hat. Insbesondere ist nicht ersichtlich, warum laut Polizeibericht in der Vernehmung über einen unbekannten Dritten gesprochen wurde, von dem das Kokain angeblich stammte. Dieser wurde laut Polizeibericht auch vom Kläger zumindest vage beschrieben. In der eidesstattlichen Versicherung hingegen gaben sowohl der Kläger als auch Herr I. an, dass letzterer das Kokain bei sich gehabt habe. Es ist nicht nachvollziehbar, wie dieser Umstand im Polizeibericht, insbesondere im Zusammenhang mit der Beschreibung des Dritten, durch ein bloßes Missverständnis aufgenommen werden konnte. Vielmehr spricht diese Tatsache für eine nachträglich konstruierte Darstellung in den eidesstattlichen Versicherungen. Darüber hinaus liefert der Kläger auch keine Erklärung dazu, warum im Polizeibericht nach Aussage des Zeugen F. der Kläger das Kokain verteilt habe und das restliche Kokain bei Herrn I. aufgefunden wurde, der Zeuge also ausdrücklich auf den Besitz beider Personen hingewiesen hat. Zudem erklärt Herr I. in der eidesstattlichen Versicherung, er habe den Sachverhalt auch gegenüber der eintreffenden Polizei geschildert. Dies widerspricht der Angabe im Polizeibericht, dass Herr I. sich nicht zur Sache eingelassen habe. Dass eine so wesentliche Angabe, wie die Tatsache, dass sich ein Beschuldigter eingelassen hat oder nicht, falsch niedergelegt wurde, ist sehr unwahrscheinlich. Vor allem in der Summe ist es unwahrscheinlich, dass diese Informationen fehlerhaft aufgenommen wurden. Daher spricht bereits deswegen viel dafür, dass diese Sachverhaltsdarstellung im Nachhinein konstruiert worden ist. Zudem ist die eidesstattliche Versicherung auch in sich widersprüchlich. Zum einen gibt der Kläger unter Angabe einer erheblichen Trinkmenge an, stark alkoholisiert gewesen zu sein und erklärt damit, warum er überhaupt mit Herrn I. mitgekommen sei. Zum anderen könne er sich genau an das Gesagte erinnern, da er aufgrund des Vorfalls quasi ernüchtert gewesen sei. Diese Einlassung wirkt wenig glaubhaft in Anbetracht der angegeben Trinkmenge und des zeitlichen Abstands zwischen dem Vorfall (02.05.2015) und der eidesstattlichen Versicherung (nicht datiert, aber erst mit dem Eilantrag vorgebracht, 26.10.2015). Jedenfalls hat der Kläger auch im Hauptsacheverfahren nichts weiter vorgetragen und hat von der Möglichkeit diese Widersprüche aufzuklären keinen Gebrauch gemacht.

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Darüber hinaus ist auch zweifelhaft, wie verlässlich die Sachverhaltsdarstellungen in den eidesstattlichen Versicherungen unabhängig von einer nachträglichen bewussten Abänderung sind. Denn sowohl der Kläger als auch Herr I. beschreiben ihren Alkoholkonsum als relativ hoch (I.: „Ich hatte schon reichlich getrunken, auch Herr A. war aus meiner Sicht reichlich angetrunken, ich würde ihn sogar als betrunken bezeichnen,…; Kläger: „ Ich war schon gut betrunken“ „3-4 Bier“, „7-8 Jack Daniels-Cola“). Insofern sind die Darstellungen keineswegs glaubhafter als die im Polizeibericht. Die plötzliche Ernüchterung des Klägers durch das Eintreffen der Polizei ist im Hinblick auf eine verlässliche Erinnerung nicht nachvollziehbar, sondern vermag allenfalls auf eine subjektive Wahrnehmung des Klägers hindeuten.

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Letztlich ist auch der vom Kläger beschriebene Ablauf des Geschehens zwar nicht ausgeschlossen, jedoch unglaubhaft. Die Erklärung des Klägers, er sei nur aus Neugier mitgekommen um Herrn I. beim Konsum des Kokains zuzusehen und sich erst im Nachhinein zu überlegen, ob er auch konsumieren würde, ist nicht nachvollziehbar und ist daher in Anbetracht der bereits geschilderten Gesamtumstände als Schutzbehauptung einzuordnen.

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<p>Die Äußerung des Klägers im Polizeibericht ist auch verwertbar. Ungeachtet der Frage, ob ein strafprozessuales Beweisverwertungsverbot unter Umständen auch im Verwaltungsverfahren gilt, ist der Kläger hier ausweislich des Polizeiberichts belehrt worden, was insoweit auch nicht bestritten wird. Dass diese Belehrung in der Mitteilung vom 23.06.2015 nicht erwähnt worden ist, führt unter keinem Gesichtspunkt zu einem Beweisverwertungsverbot. Insbesondere wird hierdurch nicht das Schweigerecht des Klägers aus §§ 136, 163 a StPO berührt.

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Liegen die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 S. 2 FeV vor, entscheidet die Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen, sie kann also auf die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens auch verzichten, zum Beispiel wenn ausgeschlossen werden kann, dass der Betroffene selbst Konsument ist („nur“ Dealer) (vgl. Hentschel/König/Dauer, StraßenverkehrsR, 43. Aufl. 2015, § 14 FeV Rn. 17). Ermessensfehler sind hier jedoch nicht ersichtlich. Es lagen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Besitz in keinem Zusammenhang zu einem Eigenkonsum bestand.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

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Die Vollstreckbarkeitsentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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