Urteil vom Verwaltungsgericht Schwerin (3. Kammer) - 3 A 492/07
Tenor
Der Beklagte wird unter Aufhebung seiner Prüfungsentscheidung vom 8. September 2006 (Zeugnis vom 11. September 2006) und seines Widerspruchsbescheides vom 7. März 2007 verpflichtet, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Tatbestand
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Die Klägerin wendet sich gegen das Ergebnis ihrer Ersten juristischen Staatsprüfung.
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Die Klägerin unterzog sich dieser Prüfung erstmals im Sommer 2005; sie erzielte das Ergebnis „ausreichend (5,70 Punkte)“. Im Frühjahr 2006 unterzog sie sich der Wiederholung der Prüfung zur Notenverbesserung; die schriftlichen Aufsichtsarbeiten fertigte sie in der Zeit vom 06.03.2006 bis 17.03.2006 an.
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Unter dem 25.03.2006 wandte sie sich schriftlich an den Beklagten und rügte den Prüfungsstoff in der Aufsichtsarbeit im Strafrecht S II vom 07.03.2006; sie beantragte, die Aufsichtsarbeit an alle Examenskandidaten neu zu stellen. Der Beklagte teilte daraufhin mit, zum jetzigen Zeitpunkt stelle sich die Frage einer Wiederholung der Klausur schon deswegen nicht, weil diese noch nicht bewertet worden und keine entsprechenden Bescheide erlassen worden seien, der Klägerin bleibe unbenommen, ihre Einwendung in einem sich daran gegebenenfalls anschließenden förmlichen Widerspruchsverfahren vorzubringen.
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Ausweislich der Bescheinigung vom 18.07.2006 erzielte die Klägerin in den (insgesamt acht) schriftlichen Aufsichtsarbeiten eine Gesamtpunktzahl von 6,68 Punkten. Im Ergebnis der am 08.09.2006 durchgeführten mündlichen Prüfung ergab sich eine Gesamtnote „befriedigend, (8,20 Punkte)“. Dieses Prüfungsergebnis wurde der Klägerin am Ende des Prüfungstermins bekannt gegeben; ein entsprechendes Zeugnis trägt das Datum vom 11.09.2006.
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Unter dem 03.10.2006 legte die Klägerin Widerspruch ein gegen die Bewertung der Aufsichtsarbeiten und bat um Einsicht in die Prüfungsakte. Nachdem diese erfolgt war, teilte die Klägerin – nach mehrfach gewährter Fristverlängerung – dem Beklagten unter dem 31.01.2007 mit, im Rahmen des Widerspruchs zum schriftlichen Teil bestünden insbesondere Bedenken gegen die Einhaltung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes, der richtigen Würdigungen von aufgeworfenen Rechtsfragen und der Konsistenz der Erst- und Zweitvoten. Die Bewertungen der Arbeiten seien oftmals erheblich zu niedrig ausgefallen. Insbesondere beanstande sie, dass die Bewertungen zu den jeweiligen Klausuren durch den Erstkorrektor und durch den Zweitkorrektor mehrfach erheblich voneinander abwichen, teilweise um bis zu drei Punkte.
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Im Rahmen der Feststellung der Prüfungsgesamtnote mache sie geltend, dass nicht ermessensfehlerfrei über die Hebungsmöglichkeit entschieden worden sei. Tatsächlich hätten Gründe vorgelegen, die eine Hebung hätten rechtfertigen können; sie bezweifle, dass ihre Leistungen im Studium, im Freiversuch und die schriftlichen Vornoten im Verbesserungsversuch sowie die erhöhte Belastung während der Vorbereitung zum Notenverbesserungsversuch durch einen Umzug nach A-Stadt und der Belastung auf Grund des Doppelstudiums ausreichende Berücksichtigung gefunden habe.
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Zur besseren Nachvollziehung ihrer Anwendungen sende sie dem Beklagten jeweils eine kurze Begründung zur Erforderlichkeit der Nachbewertung der 8 Klausuren und zur fehlerhaften Entscheidung zur Notenhebung zu, im Weiteren werde sie auf dem Postweg die weiteren anonymisierte detaillierten Ausarbeitungen zu den schriftlichen Aufsichtsarbeiten senden, die den Prüfern zur Nachbewertung mit den Aufsichtsarbeiten eingereicht werden könnten.
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Nachdem die von der Klägerin angekündigten Unterlagen beim Beklagten nicht eingegangen waren, wies dieser unter dem 07.03.2007 den klägerischen Widerspruch zurück und nahm zu den Rügen der Klägerin im Einzelnen Stellung. Der Widerspruchsbescheid wurde am 09.03.2007 zugestellt.
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Die Klägerin hat am 10.04.2007 (Osterdienstag) die vorliegende Klage erhoben. Sie begehrt die Neubewertung von sieben der acht Aufsichtsarbeiten, hinsichtlich der achten Klausur sei eine Ersatzklausur zu stellen, hilfsweise diese neu zu bewerten, sowie schließlich die Gesamtprüfungsnote, insbesondere unter Berücksichtigung der Hebungsmöglichkeit, neu festzusetzen.
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Während des Klageverfahrens trägt die Klägerin umfangreich vor, weshalb – und in welcher Hinsicht – die erfolgten Bewertungen (zu ihren Ungunsten) unzutreffend seien; die letzten sich hierzu verhaltenden Schriftsätze sind knapp vier Stunden vor Beginn der letzten mündlichen Verhandlung eingegangen – nachdem in den beiden vorherigen mündlichen Verhandlungen vor der Kammer Schriftsätze in der Nacht vor der mündlichen Verhandlung übermittelt worden waren.
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Die Klägerin beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung seines Prüfungsbescheides vom 8. September 2006 bzw. 11. September 2006 und seines Widerspruchsbescheides vom 7. März 2007 zu verpflichten, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen,
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und tritt dem klägerischen Vorbringen (teilweise) entgegen.
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Nachdem die Klägerin mit Teilen ihrer Klagebegründung längerfristig in Verzug geraten war, hat der Berichterstatter unter dem 06.11.2008 eine Betreibensaufforderung erlassen, mit der die Klägerin aufgefordert wurde, binnen zwei Monaten die Klage abschließend zu begründen. Unmittelbar vor Fristablauf ist ein weiterer Teil der Klagebegründung bei Gericht eingegangen; der Berichterstatter, an den zwischenzeitlich der Rechtsstreit zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen worden war, hat daraufhin mit Beschluss vom 30.08.2011 den Rechtstreit an die Kammer zurückübertragen und die Auffassung vertreten, auch eine teilweise Erfüllung der gestellten Anforderungen führe dazu, dass von einem Nichtbetreiben des Verfahrens nicht ausgegangen werden könne.
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In der mündlichen Verhandlung vom 03.07.2012 hat die Kammer die Mitglieder des Prüfungsausschusses, vor der die Klägerin am 08.09.2006 die mündliche Prüfung abgelegt hat, als Zeugen zu der Frage gehört, ob der Prüfungsausschuss eine Entscheidung nach § 5d Abs. 4 Satz 1 des Deutschen Richtergesetzes (DRiG) getroffen hat.
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Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die gefertigte Sitzungsniederschrift verwiesen; wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage hat teilweise Erfolg. Zwar ist die beantragte Verpflichtung zur Neubescheidung auszusprechen, ein erheblicher Teil der Rügen der Klägerin greift allerdings nicht durch.
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Die erforderlichen Sachurteilsvoraussetzungen sind gegeben; insbesondere teilt die Kammer die Rechtsauffassung des Berichterstatters (und damaligen Einzelrichters) im Beschluss vom 30.08.2011, wonach auch bei nur teilweiser Erfüllung der vorliegend ergangenen Betreibensaufforderung die Rücknahmefiktion des § 92 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nicht eingetreten ist. Von einem Entfall des Rechtsschutzbedürfnisses kann nicht ausgegangen werden – auch nicht in Folge dessen, dass die Klägerin zwischenzeitlich die Zweite juristische Staatsprüfung bestanden hat. Denn etwa eine Promotion erfordert nach den vorgelegten Promotionsordnungen der juristischen Fakultäten der Universitäten D-Stadt und K-Sadt grundsätzlich das Bestehen einer der beiden Staatsprüfungen mit mindestens der Prädikatsnote 'vollbefriedigend'; ein solches Prädikat hat die Klägerin nach ihren Angaben auch in ihrer Zweiten Staatsprüfung (bislang) nicht erzielt.
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B. Die Klage ist begründet; die Prüfungsentscheidung des Beklagten vom 08.09.2008 (dokumentiert im Zeugnis vom 11.09.2006) und sein Widerspruchsbescheid vom 07.03.2007 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten; der Beklagte ist zu verpflichten, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden, § 113 Abs. 1 und 5 VwGO.
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Die Prüfungsentscheidung fußt auf mehreren Bestandteilen, die sämtlich Eingang in das Endergebnis finden; von der Klägerin angegriffen sind insoweit eine unterbliebene Hebung der Gesamtnote gemäß § 5d Abs. 4 Satz 1 DRiG (hierzu im folgenden unter II.) und die Bewertungen sämtlicher von ihr gefertigten Aufsichtsarbeiten (I.)
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I. Die von der Klägerin gegen die Bewertung ihrer schriftlichen Aufsichtsarbeiten erhobenen Rügen sind teilweise berechtigt.
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1. Das Verfahren gibt Anlass zu folgenden allgemeinen bzw. mehrere schriftliche Arbeiten der Klägerin betreffenden Hinweise:
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a) Bei der gerichtlichen Nachprüfung prüfungsrechtlicher Entscheidungen entspricht es ständiger Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, den Prüfern bei prüfungsspezifischen Wertungen einen Entscheidungsspielraum zuzubilligen; die gerichtliche Kontrolle ist insoweit eingeschränkt. Der Bewertungsspielraum ist jedoch überschritten, wenn die Prüfungsbehörden bzw. für diese tätige Prüfer Verfahrensfehler begehen, anzuwendendes Recht verkennen, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgehen, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzen oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Ein in diesem Sinne allgemeingültiger Bewertungsgrundsatz ist es, dass zutreffende Antworten und brauchbare Lösungen im Prinzip nicht als falsch bewertet werden und zum Nichtbestehen führen dürfen. Soweit die Richtigkeit oder Angemessenheit von Lösungen wegen der Eigenart der Prüfungsfrage nicht eindeutig bestimmbar sind, gebührt zwar dem Prüfer ein Bewertungsspielraum, dem aber ein Antwortspielraum des Prüflings gegenübersteht. Eine vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung darf nicht als falsch gewertet werden. Überschritten wird der Beurteilungsspielraum ferner, wenn eine Bewertung auf einer wissenschaftlich-fachlichen Annahme des Prüfers beruht, die einem Fachkundigen als unhaltbar erscheinen muss.
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Gegenstände des prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraumes sind etwa die Punktevergabe und Notengebung, soweit diese nicht mathematisch determiniert sind, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades einer Aufgabenstellung, bei Stellung verschiedener Aufgaben deren Gewichtung untereinander, die Würdigung der Qualität der Darstellung, die Gewichtung der Stärken und Schwächen in der Bearbeitung sowie die Gewichtung der Bedeutung eines Mangels. In diesen Bereich des prüfungsspezifischen Bewertungsspielraumes dürfen die Gerichte grundsätzlich nicht eindringen, sondern haben nur zu überprüfen, ob die Prüfer die objektiven, auch rechtlich beachtlichen Grenzen ihres Bewertungsspielraumes überschritten haben, etwa weil sie von falschen Tatsachen ausgegangen sind oder sachfremde Erwägungen angestellt haben (so BVerwG, Beschluss vom 13.05.2004 - 6 B 25.04 -, NVwZ 2004, 213).
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Wenn etwa die Klägerin (in ihrem Schriftsatz vom 23.05.2012 die Klausur Z I betreffend) die Kritik an ihrer Ausarbeitung durch die Korrektoren als „überzogen“ bezeichnet oder meint „sowohl der Erstkorrektor als auch die Zweitkorrektorin setzen einen unzulässig überhöhten Anforderungsmaßstab an die Bearbeitung der Klägerin an“, sind diese Rügen für das Gericht ebenso wenig von Belang wie der Angriff auf eine Prüfereinschätzung als 'brauchbar' und nicht, wie die Klägerin meint‚ 'überdurchschnittlich'. Auch die Einschätzung der Klägerin hinsichtlich eines von einem Prüfer bemerkten Defizits, dies sei „kein beachtlicher Fehler“ (so zu Ö I im Schriftsatz vom 13.03.2012), berührt dessen prüfungsspezifischen Bewertungsspielraum und ist somit nicht justiziabel.
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b) Nach der Rechtsprechung bedarf es seitens des Prüflings, soll seiner Kritik in der Sache nachgegangen werden, eines sog. "substantiierten Vorbringens" im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteile vom 24.02.1993 - BVerwG 6 C 35.92 -, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 313 S. 263, und vom 04.05.1999 - BVerwG 6 C 13/98 -, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 395 = NVwZ 2000, 915-921; vgl. ferner Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl., Rn. 789).
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„... Dem Recht des Prüflings, auf vermeintliche Irrtümer und Rechtsfehler wirkungsvoll hinzuweisen (BVerfGE 84, 34 , 48), entspricht vielmehr nur dann eine Pflicht der Prüfer zum Überdenken ihrer Bewertungen, wenn ihnen "wirkungsvolle Hinweise" gegeben, d.h. die Einwände konkret und nachvollziehbar begründet werden. Dazu genügt es nicht, daß der Prüfling sich generell gegen eine bestimmte Bewertung seiner Prüfungsleistungen wendet und etwa pauschal eine zu strenge Korrektur bemängelt. Vielmehr muß er konkret darlegen, in welchen Punkten die Korrektur bestimmter Prüfungsleistungen nach seiner Auffassung Bewertungsfehler aufweist, indem er substantiierte Einwände gegen Prüferbemerkungen und -bewertungen erhebt. Macht er geltend, daß etwa eine als falsch bewertete Antwort in Wahrheit vertretbar sei und so auch vertreten werde, so hat er dies unter Hinweis auf entsprechende Fundstellen näher darzulegen. ... „
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c) Sinnvollerweise sind derartige Einwände gegen Bewertungen – schon wegen des Kontextes mit der Bewertung anderer Klausuren in der betreffenden Prüfungskampagne - im dafür vorgesehenen Überdenkungsverfahren, also im Widerspruchsverfahren, vorzubringen; eine Präklusion in dem Sinne jedoch, dass mit Abschluss des Widerspruchsverfahrens ein Rügeverlust eintritt, wie der Beklagte unter Bezug auf die Entscheidung des OVG Berlin (Beschl. vom 17.05.2002 – 4 N 48.01 -, LKV 2002, 474) anscheinend meint, sieht die Kammer nicht. Auch nach der zitierten Rechtsprechung besteht eine Präklusion von Einwänden als solchen gegen die Prüfungsbewertung nicht. Bewertungsmängel kann ein Prüfling in einem Klageverfahren bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht geltend machen (so Niehues/Fischer, a. a. O., Rdnr. 844). Auch soweit die Klägerin wiederholt Rügen erst wenige Stunden vor angesetzten Verhandlungsterminen eingereicht hat, führt dies zwar dazu, Prozessrechte des Beklagten zu beeinträchtigen und die Vorbereitung des Gerichts auf diesen Termin in Teilen hinfällig werden zu lassen, mangels einschlägiger prozessualer Regelungen aber nicht zur Unbeachtlichkeit der erhobenen Rügen.
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d) Nicht als substantiierte Hinweise im Sinne der Rechtsprechung sind solche Darlegungen der Klägerin anzusehen, mit denen in der Klagebegründung eine „Verdeutlichung“ dessen vorgenommen wird, was in der schriftlichen Arbeit sie meint ausgeführt zu haben oder habe ausführen wollen, oder was sich (nach ihrer Auslegung) aus ihren Ausführungen ergibt. Wenn etwa zur Klausur Z I (im Schriftsatz vom 23.05.2012) es heißt „Wie die Klägerin zutreffend in der Bearbeitung ausführlich darlegt, sind die Haftungsvoraussetzungen nach § 26 HGB noch nicht erfüllt“ (Unterstreichung durch die Klägerin), es in der Klausur indessen (unter B. II) heißt „Diese Voraussetzungen liegen aber nicht vor“, und das Wort „noch“ in der gesamten Ausarbeitung unter diesem Gliederungspunkt nicht vorkommt, so geht der Klägervortrag an der erbrachten (und allein zu bewertenden) Klausurleistung vorbei.
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Auch die zu mehreren Klausuren erhobenen Rügen, der Korrektor habe die Beurteilung der Klägerin nicht vollständig zur Kenntnis genommen (z. B. Z I), sonst hätte eine bessere Bewertung als die erfolgte ergehen müssen, sind nicht als substantielle Hinweise anzusehen. Es besteht prüfungsrechtlich keine Verpflichtung, auf jede Passage einer schriftlichen Ausarbeitung im bewertenden Gutachten einzugehen. Demgemäß ist aus der Nichterwähnung von (aus Sicht der Klägerin) „wertvollen Ausführungen, die über eine durchschnittliche Bearbeitung weit hinausgehen“ (wiederum im Schriftsatz vom 23.05.2012 die Klausur Z I betreffend), nicht abzuleiten, der Korrektor habe die entsprechende Passage 'übersehen' und die klägerischen Ausarbeitungen nicht vollständig zur Kenntnis genommen.
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Jedenfalls unter rechtlichen Gesichtspunkten ohne jede Relevanz sind schließlich die in nahezu zu jeder Klausur gegebenen „Selbsteinschätzungen“, mit welcher die Klägerin ihre Ausarbeitungen in den einzelnen Klausuren beschreibt, wie etwa (hinsichtlich Z II) „Die Gesamtbewertung von 6,5 Punkten entspricht nicht der von der Klägerin gezeigten Leistung, die mindestens in jeder Hinsicht durchschnittlichen Anforderungen entspricht. Die Arbeit ist gut strukturiert, umfangreich, durchdringt die aufgeworfenen Fragestellungen detailreich und zeigt in der Bearbeitung der Kernprobleme ein gutes Problembewusstsein“ oder „die Bewertung mit 9 Punkten entspricht nicht dem von der Klägerin gezeigten Leistungsbild. Die Arbeit ist sehr gut strukturiert, umfangreich, vollständig und zeigt überwiegend ein weit über dem Durchschnitt liegendes Leistungsbild“ (so im Schriftsatz vom 15.03.2012 zur Klausur Z I).
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Wenn die Klägerin (in ihrer Begründung zur Klausur Z I) ausführt, nicht der Zweitprüfer, sondern sie „sieht … gerade das Hauptproblem de(r) Fallfrage zu 2 …. Dies erkennt der Zweitkorrektor fehlerhaft nicht“, so mag dies Zeichen eines bemerkenswerten Selbstbewusstseins sein, ohne dass hieraus allerdings Rechtserhebliches abzuleiten wäre. Gleiches gilt für den Vortrag der Klägerin, dass sie aus einem „Befragen der Mitprüflinge“ nach der Klausur ihre Einschätzung meint ableiten zu können, sie habe 'Überdurchschnittliches' verfasst (so zu S II im Schriftsatz vom 23.05.2012).
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Denn es ist nun einmal die Aufgabe des konkret mit der Klausur befassten Prüfers, diese zu bewerten, nicht die des Kandidaten selbst, ihm nahe stehender Personen oder seines Verfahrensbevollmächtigten. Nicht einmal die Einschätzung eines für die zu beurteilende Ausarbeitung „unzuständigen“ Prüfers paralleler Klausuren ist geeignet, eine anderweitige Einschätzung des zuständigen Prüfers ohne Weiteres in Frage zu stellen. Die Hinweise der Klägerin auf Beurteilungen der Korrektoren der Arbeiten ihrer Schwester etwa – welche von ihr allerdings nur in den Teilen vorgelegt werden, aus denen die Klägerin für sich Positives meint ableiten zu können – sind danach ohne Relevanz. Auch kann der Grundsatz der Chancengleichheit und das Erfordernis eines einheitlichen Bewertungsmaßstabes nicht dergestalt verstanden werden, dass der Kandidat aus möglichst vielen Prüfereinschätzungen die für ihn positiven Teile herausschneidet und fordert, diese zur Grundlage der Bewertung seiner Leistung zu machen. Das Erfordernis eines einheitlichen Bewertungsmaßstabes gilt nur für jeweils denselben Prüfer, dieser ist durchaus nicht an den Bewertungsmaßstab eines anderen Prüfers gebunden. Eben weil die Maßstäbe der Prüfer nicht identisch sein müssen, kann es zu unterschiedlichen Bewertungen derselben Ausarbeitung kommen, welche (im Rahmen der regelmäßig durch die einschlägige Prüfungsordnung gezogenen Grenzen) zu akzeptieren sind. Das von der Klägerin geforderte Modell eines 'Rosinenpickens' würde geradezu die Einhaltung eines einheitlichen Bewertungsmaßstabes des jeweiligen Prüfers ausschließen.
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e) Einschlägig für die von der Klägerin im Sommer 2006 absolvierte Erste juristische Staatsprüfung ist die 'Verordnung zur Ausführung des Gesetzes über die Juristenausbildung im Lande Mecklenburg-Vorpommern' (Juristenausbildungs- und Prüfungsordnung – im Folgenden: JAPO M-V) vom 04.08.1998, GVOBl. M-V 1998, 775, berichtigt 817, geändert durch Verordnung vom 23.05.2002, GVOBl. M-V 2002, 279, wie sich aus § 57 der 'Verordnung zur Ausführung des Juristenausbildungsgesetzes' (Juristenausbildungs- und Prüfungsordnung - im Folgenden: JAPO M-V n. F. -) vom 16.06.2004, GVOBl. M-V 2004, 281, ergibt.
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(1) Jede Aufsichtsarbeit wird von zwei Mitgliedern des Landesjustizprüfungsamtes persönlich bewertet.
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(2) Weichen die Bewertungen um nicht mehr als drei Punkte voneinander ab, so gilt der Durchschnitt als Note. Bei größeren Abweichungen setzt ein vom Landesjustizprüfungsamt bestimmtes weiteres Mitglied die Note in dem durch die abweichenden Bewertungen gezogenen Rahmen fest (Stichentscheid).
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Da Bedenken gegen die Rechtswirksamkeit dieser Verordnung nicht bestehen, ist danach festgelegt, dass die Prüferbewertungen von Erst- und Zweitprüfer gleichberechtigt nebeneinander stehen; sie sind, sofern ihre Bewertungen um nicht mehr als drei Punkte voneinander abweichen, bindend. Weder besteht eine 'Richtigkeitsvermutung' – wovon die Klägerin unausgesprochen ausgeht – des besser bewerteten Gutachtens mit der Konsequenz, dass der negativ abweichende Prüfer einer besonderen Begründungspflicht unterläge, noch ergibt sich die Notwendigkeit eines Annäherungsverfahrens, wenn der Zweitprüfer für den Kandidaten 'günstiger' votiert dergestalt, dass der Erstprüfer zur Überprüfung seiner Bewertung anzuhalten wäre. Dass aus Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art 3 Abs. 1 GG im vorliegenden Fall Anderes abzuleiten wäre – also die Regelungen der JAPO M-V unwirksam sind -, sieht die Kammer nicht.
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Ob in einem Fall, in dem das Votum des Zweitprüfers eine zuvor mit 'ausreichend' bewertete Leistung in den Nichtbestehensbereich führt, eine besondere Begründungspflicht des Zweitkorrektors auslöst (vgl. Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, 3. Auflage, Rdn. 636 mit Fn. 1628), mag vorliegend offen bleiben. Denn dieser Fall trifft auf keine der klägerischen Klausuren zu. Soweit diese Autoren nunmehr (in : Kritisches zum juristischen Prüfungsrecht, DVBl. 2012, S. 265, 273 mit Fn. 128) anscheinend weitergehend meinen, bei jeder Abweichung „nach unten“ bestehe eine Verpflichtung des Prüfers, dies näher zu begründen, überzeugt dies nicht. Denn nach der einschlägigen JAPO ist es nicht so, dass der Erstgutachter 'den Maßstab setzt'. Die von den Autoren zur Stützung ihrer Auffassung aufgeführten Zitate sind im Übrigen sämtlich ungeeignet: die zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts behandelt nicht die vorliegende Problematik, sondern befasst sich mit der Abweichung der Gesamtnote von der rechnerisch ermittelte Note (§ 5d Abs. 4 Satz 1 DRIG, hierzu unter II.), die übrigen Judikate betreffen Abweichungen des Zweitprüfers, die dazu führten, dass die fragliche Leistung als nicht (mehr) bestanden zu bewerten waren. Sollte die in Fn 129 zitierte (unveröffentlichte) Entscheidung des VG Gießen tatsächlich ausführen, „es verstehe sich von selbst“, dass in dem Falle, in dem der Zweitprüfer eine vom Erstprüfer abweichende schlechtere Note vergebe, dies einer (besonderen) Begründung bedürfe, könnte dem die Kammer angesichts der vorliegend anzuwendenden Prüfungsordnung nicht folgen.
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2. Hinsichtlich der einzelnen Klausuren gilt Folgendes:
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a) Klausur Z I
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Soweit die Klägerin (hinsichtlich der Frage 1.) einen groben Bewertungsfehler der Zweitkorrektorin darin sieht, dass diese die Annahme eines Dienstvertrages für unzutreffend hält, irrt sie. Unzutreffend ist, dass – wie in der Klausurausarbeitung von der Klägerin formuliert – „…von U kein besonderer Beratungserfolg geschuldet (war), sondern die „Tätigkeit der Beratung“, vielmehr „empfahl“ nach dem vorliegenden Sachverhalt „der von F mit einer Marktanalyse beauftragte Unternehmensberater …“ bestimmte Aktivitäten. Wenn demnach der Auftrag sich auf die Erstellung einer Marktanalyse bezieht, war dieser als Werkvertrag zu verstehen. Jedenfalls ohne nähere Ausführungen, welche Umstände trotz des Marktanalyseauftrags für einen Dienstvertrag sprechen könnten, ist die Prüferkritik nachvollziehbar. Hieran ändert auch nichts die Tatsache, dass andere Prüfer (nicht nur der von der Klägerin benannte Prüfer der Klausur ihrer Schwester, sondern auch der Erstprüfer ihrer eigenen Klausur) die Annahme eines Dienstvertrages für vertretbar gehalten haben; hierauf kann die Klägerin sich nicht mit Erfolg berufen. Insbesondere das „Prinzip eines einheitlichen Prüfungsmaßstabes“ gibt hierfür nach dem oben unter 1.d) Ausgeführten nichts her.
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Angesichts dessen, dass nach dem gegebenen Sachverhalt die GmbH einen Vertrag schließt, „dass sich C als Kommanditist am Unternehmen … beteiligen soll“, die Klägerin diesen jedoch nicht als Kommanditisten begreift, sondern als „stillen Gesellschafter“, und in der Frage 3 den Abschluss eines Werkvertrages mit der GmbH – nicht mit der GmbH Co. KG – prüft, ist die Feststellung des Erstkorrektors „dem Verf. scheint die Kommanditgesellschaft unbekannt zu sein“, nicht zu beanstanden.
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Die Zweitkorrektorin hat nicht – wie die Klägerin verkürzt darstellt - gerügt, die Ausführungen der Klägerin zum Erwerb des einzelkaufmännischen Unternehmens durch die GmbH lägen „neben der Sache“; richtig heißt es „etwas neben der Sache …“. Hierin liegt ein vorliegend relevanter Wertungsunterschied. Angesichts dessen, dass die hierzu getätigten Ausführungen (wohl S. 3 – 5 der Klausurbearbeitung) wenig stringent und kaum zielführend sind, hält die Kammer diese Prüferkritik für nicht zu beanstanden.
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Hinsichtlich der Frage zu 2 meint der Erstprüfer, der Anspruch der Sparkasse sei „entgegen der Auffassung des Verf. nicht auf die Höhe des Stammkapitals oder des Vermögens der GmbH beschränkt.“ Diese Kritik erweist sich als zutreffend (und die klägerische Rüge hieran als unrichtig), wenn die Klägerin (auf S. 13 der Aufsichtsarbeit) Folgendes ausführt: „Sie (d. h. die Sparkasse) kann die volle Höhe, 100000 €, zurückverlangen. Das Gesellschaftsvermögen wurde vorher doch durch Auszahlung des Darlehens um 100000 € erhöht. Zudem besteht eine Stammkapitaleinlage von 100000 €.“ Damit erscheinen die Überlegungen zum Gesellschaftsvermögen und zum Stammkapital (zwingend und ohne anderweitige Deutungsmöglichkeit) als Begründungselemente für die Höhe des Rückzahlungsanspruches – ohne dass sie dies tatsächlich wären.
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Soweit die Klägerin eine Unzulänglichkeit der Fragestellung zu 3 sieht, es sei „überhaupt keine Aufgabe, kein Untersuchungsauftrag, kein Begutachtungsauftrag genannt“, überrascht dies – hat sie doch in ihrer schriftlichen Ausarbeitung (ab S. 14 der Klausur) einen „Anspruch des D gegen die GmbH auf Zahlung des Honorars von 1.000 €“ geprüft und damit die in der Fragestellung angelegte Aufgabe zutreffend erfasst. Die von der Klägerin gefertigten Ausführungen werden von den Korrektoren denn auch durchaus positiv bemerkt (Erstkorrektor S. 4 zur Frage 3, 2. Absatz, Zweitkorrektorin S. 1 unten). Soweit eine Examensklausur keinen ausdrücklichen Arbeitsauftrag enthält, sind im Übrigen alle durch den Klausursachverhalt aufgeworfenen Rechtsfragen zu begutachten.
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Soweit die Klägerin die Bewertung ihrer Ausführungen zu § 26 HGB hinsichtlich der Ansprüche von U gegenüber F angreift, greift auch dies nicht durch. Der Erstkorrektor vermochte die Argumentation der Klägerin nicht nachzuvollziehen, die Zweitkorrektorin meint, die Klägerin lehne den Anspruch mit unzutreffender Begründung ab; diese Bewertungskritik ist für die Kammer nachvollziehbar. § 26 Abs. 1 HGB regelt eine zeitliche Beschränkung der Haftung des früheren Geschäftsinhabers nach Übertragung des Handelsgeschäfts; die Frist beträgt fünf Jahre. Wenn es in der Klausuraufgabe heißt 'Von wem und in welcher Höhe kann U am 1.2.2005 Zahlung des vereinbarten Beratungshonorars … verlangen' (Hervorhebung durch das Gericht), und im Sachverhalt von einer Veräußerung des Handelsgeschäfts im Jahre 2004 die Rede ist, bleibt für eine breitere Erörterung des § 26 Abs. 1 HGB kein Raum.
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Denn es ist nicht so, dass der gegenüber F entstandene Anspruch des U auf Zahlung des Beratungshonorars mit Veräußerung des Erwerbsgeschäftes an den Erwerber erlöschen und unter den Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 HGB neu entstehen oder wiederaufleben würde. Die in § 26 Satz 1 HBG genannten Tatbestandsmerkmale sind nicht anspruchsbegründender, sondern rechtswahrender Art. Demgemäß ist die Auffassung der Klägerin unzutreffend, „derzeit“ (oder gemäß Schriftsatz vom 23.05.2012 „noch“) könne das Honorar nicht verlangt werden; „U könnte darauf hinwirken, die Voraussetzungen des § 26 HGB herbeizuführen“ (so unter III.).
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b) Klausur Z II
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Hinsichtlich der Klausur Z II ist Kern der klägerischen fachlichen Rügen die Kritik daran, dass die Prüfer beanstanden, der Hinweis auf § 161 BGB fehle bzw. die Prüfung dieser Vorschrift fehle. Dass dies so ist, ist zweifelsfrei; die Klägerin meint indessen, sie habe einen besseren Lösungsweg gewählt. Dies ist unzutreffend, denn vorliegend geht es nicht um zwei (alternative) Lösungsvarianten, sonders beanstandet wird schlicht ein Defizit in der Bearbeitung. Ähnlich wie bei einem Anspruch, für den mehreren Anspruchsgrundlagen bestehen können, und bei dem die unterlassene Prüfung einer Anspruchsgrundlage ein Defizit darstellt, ist die fehlende Prüfung der Norm des § 161 BGB hier zutreffend bemerkt.
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Bemerkungen wie „umständlich“, oder „fern liegend“ sind prüferspezifische Wertungen, welche das Gericht nicht zu überprüfen hat; die Klägerin verfehlt im Übrigen die Prüferkritik, wenn sie meint, ihre Klausurausführungen seien nicht „abwegig“ – dies hat keiner der Prüfer so beanstandet.
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Auch die Ausführungen des (Zweit-)Prüfers zur Frage 2, die Ausführungen zu einem Anwartschaftsrecht bei C lägen „neben der Sache“, ist fachlich nicht zu beanstanden: die Klägerin geht davon aus, „C ist nicht Eigentümerin geworden wegen des Ausschlusses nach § 935 (s. o.)“. Diese Verweisung kann (mangels Diskussion unter ihrem Gliederungspunkt B) sich nur auf ihre Ausarbeitung zur Frage 1 beziehen – mit dem entscheidungserheblichen Unterschied, dass dort der fragliche Kaufpreis bereits bezahlt war. Wenn demgemäß in der Konstellation der Frage 2 die Person C Volleigentum erworben hat, stellt sich die Frage eines Anwartschaftsrechtes gar nicht mehr.
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Die angesprochenen „Verwechslungen“ bezüglich der beteiligten Personen stellt der Zweitkorrektor (schlicht) fest; dass diese Anlass für eine Herabstufung sind, vermutet die Klägerin ohne greifbaren Anhalt.
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Soweit die Klägerin auf die Korrektur der Arbeit durch einen anderen Prüfer (Prof. E.) verweist, gilt das oben unter 1.d) Gesagte. Zudem bezieht sich die allein angesprochene und vorgelegte S. 1 gerade nicht – wie aber von der Klägerin geltend gemacht – auf die Fallfrage 2; andererseits betont diese Prüferbemerkung die Bedeutung der Notwendigkeit eines sauberen Herausarbeitens der Regelungen des § 161 BGB.
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c) Klausur Z III
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Hinsichtlich der Erstkorrektur teilt die Kammer die Auffassung der Klägerin, die Korrektorin gehe zu Unrecht von einem Verstoß gegen § 1 StVO aus (und beanstande das Fehlen einer entsprechenden Prüfung). Auch die Kammer hält es nach dem zu bearbeitenden Sachverhalt für unvertretbar, davon auszugehen, dass das Befahren des 'sumpfigen Waldweges' in Deutschland erfolgt sein könnte; nur dort aber kann die StVO Anwendung finden.
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Während das im 2. Absatz des Sachverhaltes geschilderte Geschehen unzweifelhaft noch in Finnland stattfindet („finnische Werkstatt“), ergibt sich aus dem folgenden Absatz, in dem die Fahrt auf dem 'sumpfigen Waldweg' geschildert wird, keine örtliche Zuordnungsmöglichkeit. Indessen beginnt der nun folgende Absatz des Sachverhaltes mit der Einleitung „zurück in Deutschland“. Hieraus lässt sich mit der erforderlichen Eindeutigkeit ableiten, dass das vorherige Geschehen (noch) nicht in Deutschland stattgefunden hat; eine Prüfung der StVO danach nicht nur nicht angezeigt, sondern verfehlt war.
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Demgemäß ist der Erstkorrektorin erneut mit der klägerischen Ausarbeitung zur Nachbefassung vorzulegen.
- 62
Die weiteren Ausführungen in den Schriftsätzen vom 13.03.2012 und 15.03.2012 enthalten in Teilen weiteren Vortrag, die als substantiierte Hinweise anzusehen sind. Angesichts dessen, dass die Korrektorin erneut zu befassen ist, hält es die Kammer für angezeigt, im derzeitigen Verfahrensstand nicht selbst die erhobenen Rügen auf ihr Gewicht hin zu prüfen, sondern diese originär dem Prüfer zugewiesene Aufgabe auch von diesem durchführen zu lassen. Demgemäß sind – ohne dass insoweit nähere Anweisungen des Gerichts an den Prüfer erfolgen – der Korrektorin die (vollständigen) Schriftsätze der Klägerin vom 13.03.2012 und 15.03.2012 zu übermitteln, allerdings ohne das Gutachten des anderweitigen Prüfers Prof. Dr. Weber (s. oben unter 1.d)). Die Ausführungen der Klägerin im Schriftsatz vom 02.07.2012 befassen sich in erster Linie mit der Stellungnahme des Beklagten vom 22.03.2012; da es vorliegend nicht um die Überprüfung von dessen Rechtsmeinung geht, sind die genannten Schriftsätze vom 02.07.2012 und vom 22.03.2012 der Prüferin nicht vorzulegen.
- 63
Hinsichtlich der Bewertung des Zweitkorrektors wird in erster Linie gerügt, auch er erkenne nicht, „dass die Annahme einer Gesellschaft zwischen F und S vertretbar ist.“
- 64
Damit wird die Kritik des Zweitkorrektors unzutreffend wiedergegeben; er formuliert „Die Annahme von Ansprüchen aus einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu Beginn der Arbeit ist nicht überzeugend.“ Dies stellt eine gerichtlich nicht angreifbare prüfungsspezifische Wertung da.
- 65
Soweit die Klägerin die Prüferbemerkung für fehlerhaft hält, dass „die Ausführungen der Klägerin auf der letzten Bearbeitungsseite nicht bewertbar seien“, vernachlässigt sie das im Original gegebene Begründungsmoment „nur in Stichworten behandelt“. Mehr als solche Stichworte finden sich auf S. 19 der Ausarbeitung der Klägerin indessen nicht, so dass dieser Hinweis des Prüfers zweifelsfrei zutreffend ist. Dass er mit seiner Bemerkung nicht die inhaltliche Dürftigkeit der dortigen Bearbeitung ansprechen wollte, sondern die Auffassung verträte, Stichworte seien per se nicht berücksichtigungsfähig, lässt sich dieser Bemerkung nicht entnehmen. Es liegt im Übrigen im Prüferermessen, bei der Beurteilung entscheidend auf eine 'Gedankenführung' in der Klausur Wert zu legen, die aus einem ausformulierten Text eher nachvollzogen werden kann als aus isolierten Stichworten oder gar Paragrafenauflistungen.
- 66
d) Klausur S I
- 67
Hinsichtlich der Klausur S I ist der Vorwurf des Zweitprüfers, die prozessuale Zusatzfrage sei praktisch nicht beantwortet (Kursivschreibung durch das Gericht), nicht zu beanstanden. Er rügt hiermit nicht ein völliges Ausbleiben jeglicher Äußerung hierzu, sondern deren Intensität – eine Rüge, die bei einem Umfang von vier Zeilen in der Ausarbeitung der Klägerin nachvollziehbar und nicht zu beanstanden ist.
- 68
Berechtigt ist hingegen die klägerische Kritik hinsichtlich der Prüferbemerkung „Verfasser übersieht aber die Problematik der Mittäterschaft“. Hierzu verhält sich die klägerische Klausur auf den Seiten 6 ff., insbesondere den Seiten 9 bis 12. Demgemäß ist davon auszugehen, dass der Zweitprüfer rechtsfehlerhaft nicht die Ausführungen der Klägerin in ihrer Gesamtheit wahrgenommen (und bewertet) hat; insoweit ist der Zweitprüfer erneut zu befassen – was ihm auch Gelegenheit geben sollte, ggf. den Umfang seiner Ausführungen zu seiner Kritik anhand seiner eigenen Vorgabe (im letzten Absatz unter I.) zu überprüfen.
- 69
e) Klausur S II
- 70
Zur Klausur S II rügt die Klägerin in erster Linie eine Ungeeignetheit der Aufgabenstellung; die den Bereich des Pflichtstoffkataloges unzulässig überschreite, sodann die Befassung des tätig gewordenen Zweitprüfers sowie die von beiden Gutachtern abgegebenen Bewertungen.
- 71
aa) In ihrem (den Beteiligten zur Kenntnis gebrachten) Urteil vom 30.10.2007 – 3 A 2241/06 - hat die Kammer insoweit Folgendes ausgeführt:
- 72
„Hinsichtlich der Klausur S II ist zutreffend, dass die dort zu prüfenden Aussagedelikte und die falsche Verdächtigung nicht vom Pflichtstoff umfasst sind (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 5 lit b JAPO M-V). Dass deshalb die Klausuraufgabenstellung als solche unzulässig gewesen wäre, sieht die Kammer nicht. Denn die einschlägige Prüfungsordnung untersagt eine derartige Aufgabenstellung nicht, sondern begrenzt lediglich die Anforderungen, denen bei der Bewertung Rechnung zu tragen ist.
- 73
Insoweit können hier keine Kenntnisse, auch nicht in Grundzügen, erwartet werden, und diese Rechtsgebiete können nur im Zusammenhang mit dem Pflichtfach-Prüfungsstoff zum Gegenstand der Prüfung gemacht werden, wenn lediglich Verständnis und Arbeitsmethode festgestellt werden sollen, § 9 Abs. 2 JAPO M-V.
- 74
Damit war diese Aufsichtsarbeit "gefahrgeneigt" in dem Sinne, dass der Prüfer sich in einem rechtlich beachtlichen Sachverhaltsirrtum befunden hätte, ginge er von Pflichtstoff auch insoweit aus und würde die vom Kandidaten erbrachte Leistung 'mit der üblichen Elle' messen. Derartiges lässt sich indessen nicht feststellen; im Gegenteil beginnt der Erstkorrektor seine Begutachtung mit der Feststellung
- 75
"Die vorliegende Arbeit stellt sich als anspruchsvoll dar. Zu berücksichtigen ist, dass u. a. die Aussagedelikte und die falsche Verdächtigung nicht vom Pflichtstoff umfasst sind. Es können daher nur Verständnis und Arbeitsmethodik bewertet werden. Es kam insoweit darauf an, neben dem Auffinden der einschlägigen Normen, in der Anwendung Problembewusstsein zu zeigen und mit einer abgewogenen Erörterung zu vertretbaren Ergebnissen zu kommen. Zwar hat der Unterzeichner gegebenenfalls auf das Fehlen einer Diskussion bestehender Problemstände hingewiesen, für das Finden der Gesamtnote spielte dieser Aspekt dann aber keine Rolle."
- 76
In den dann auf die klägerische Klausur bezogenen Bemerkungen (Bl. 138 des Verwaltungs-vorganges 1) finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Prüfer seiner Eingangsfeststellung nicht gerecht geworden wäre.Dabei ist zu beachten, dass die fraglichen "problematischen" Strafvorschriften regelmäßig in Bezug zu solchen stehen, die dem Pflichtstoff zuzurechnen ist. So ist etwa das "Problem der Rechtfertigung durch Einwilligung" (beim § 164 StGB) durchaus kein spezielles einer falschen Verdächtigung, sondern ein solches des prüfungsrelevanten allgemeinen Teils (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 5 lit a JAPO M-V). § 60 StPO erfasst das erste Buch der StPO und ist damit Pflichtfach (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 5 lit c JAPO M-V) ; dass der Kläger nicht diskutiert, ob aus einem Verstoß gegen § 60 Nr. 2 StPO ein Verwertungsverbot folgt, kann zu Recht problematisiert werden. Auch der Bereich der Anstiftung (zum Meineid) ist ein solcher des zulässigen Prüfungsstoff darstellenden Zweiten Teils des StGB. Die Subsidiarität des § 145d StGB (diese Norm gehört zum Pflichtstoff, § 9 Abs. 1 Nr. 5 lit b JAPO M-V) gegenüber § 164 StGB ist im Gesetz ausdrücklich bestimmt (§ 145d Abs. 1 letzter Halbsatz StGB) - weshalb seine Prüfung kritisch angemerkt werden kann. Im Übrigen beanstandet der Korrektor fehlende argumentative Unterlegungen von Schlussfolgerungen bzw. das Ersetzen sachorientierter juristischer Argumentation durch bloße Behauptungen, und zwar auch bei § 240 StGB - also bei Pflichtstoff. …
- 77
Die grundsätzliche Frage, wann eine Klausur deshalb unzulässig ist, weil bei ihr ganz wesentliche Teile außerhalb des Pflichtstoffs liegen, bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung. Die Grenze dürfte dort liegen, wo unter Berücksichtigung dessen, dass bei Prüfungsgegenständen außerhalb des Pflichtstoffes keine Kenntnisse und nur Verständnis und Arbeitsmethode bewertet werden dürfen, die Klausur nicht mehr geeignet erscheint, juristisches Wissen und juristische Fähigkeiten im Rahmen einer juristischen Staatsprüfung hinreichend abprüfen zu können. Die Klausur S II weist vorliegend derart viele und gewichtige dem Pflichtstoff zuzurechnende strafrechtliche Problemstellungen auf, dass die Grenze zur Untauglichkeit/Unzulässigkeit der Klausur nicht überschritten ist. „
- 78
An dieser Auffassung hält die Kammer auch nach Überprüfung unter Berücksichtigung der klägerischen Argumente fest. Insoweit teilt die Kammer bereits die (ohne Begründung gebliebene) Auffassung der Klägerin nicht, eine Aufgabenstellung unter irrtümlicher Annahme, was denn Pflichtstoff sei, sei „nicht heilbar“ – weshalb eine Aufklärung dahingehend, ob denn tatsächlich die Klausur in Unkenntnis des Umfangs des Pflichtstoffkatalogen nach der JAPO M-V gestellt worden ist, nicht veranlasst war. Da vorliegend kein „unzulässiger“ Stoff abgeprüft wurde (nicht etwa „wie heißt die Hauptstadt von Mali“, vgl. BVerwG, Urteil vom 17.07.1987 - 7 C 118/86 -, NVwZ 1987, 977), sondern lediglich „eine andere Elle“ an Teile der erbrachten Leistung anzulegen ist, und – auf die Remonstration auch der Klägerin hin – der Beklagte in einem entsprechenden Hinweis sogar die Prüfer vor der Bewertung hierauf hingewiesen hat, ist die gestellte Klausur nicht als im Rahmen einer ersten juristischen Staatsprüfung ungeeignet anzusehen. Die Stellung einer Ersatzklausur kann die Klägerin demnach nicht verlangen.
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bb) Die Stellung dieser Klausur ist auch nicht deshalb angreifbar, weil im fraglichen Prüfungstermin Sommer 2006 auch Prüflinge teilgenommen hätten, die unter der JAPO n. F. studiert haben, nach der in wesentlich weiterem Umfang die Probleme der gestellten Klausur dem Pflichtstoff zuzurechnen waren, ohne dass bei der Bewertung der Aufgaben dieser Differenzierung Rechnung getragen worden wäre (vgl. zu diesem Problem; VGH Mannheim, Urteil vom 28.11.1989 - 9 S 1866/89 -, DVBl 1990, 5469).
- 80
Dass eine Bewertung ungleicher Gruppen nach gleichen Maßstäben gegen das Gleichbehandlungsgebot verstoßen würde, sieht die Kammer durchaus – nicht aber, dass vorliegend die Teilnehmer an der Klausur ungleichen Gruppen angehört hätten: Die JAPO M-V n. F. trat im Juni 2004 in Kraft und hatte danach Relevanz ab dem WS 2004/2005. Angesichts dessen, dass zur Ersten Juristischen Staatsprüfung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Juristenausbildung im Lande Mecklenburg-Vorpommern (Juristenausbildungsgesetz - JAG M-V -) vom 16.12.1992, GVOBl. M-V 1992, 725, hier anzuwenden in der Fassung vom 21.06.2004, GVOBl. M-V 2004, 278, zugelassen wurde, wer „ein ordnungsgemäßes rechtswissenschaftliches Studium nachweist“, und ein solches zum damaligen Zeitpunkt nach § 5a Abs. 1 1. Halbsatz DRiG ein 4-jähriges Studium erforderte, waren zum Zeitpunkt der vorliegend relevanten Prüfung im Sommer 2006 für Studienbeginner zum Wintersemester 2004/2005 noch nicht einmal zwei (der geforderten vier) Jahre verstrichen. Nach § 5a Abs. 1 2. Halbsatz DRiG kann die genannte Studienzeit zwar unterschritten werden, sofern die jeweils für die Zulassung zur universitären Schwerpunktbereichsprüfung und zur staatlichen Pflichtfachprüfung erforderlichen Leistungen nachgewiesen sind. Dass dies bei einer Zeitspanne von gerade einmal zwei Jahren kaum zu erwarten war, liegt auf der Hand; tatsächlich hat denn auch nach Einlassung der Beklagtenvertreterin in der mündlichen Verhandlung kein einziger Kandidat an der Prüfung teilgenommen, für den bereits die Neufassung der JAPO Geltung beansprucht hätte.
- 81
cc) Soweit die Klägerin (unter Bezug auf das Urteil des VGH Mannheim vom 11.12.1985 - 9 S 2823/85 – juris [nur Leitsatz]) meint, der Beklagte habe zur Gewährleistung gleicher fairer Prüfungschancen durch Lösungshilfen sicherstellen müssen, dass die Aufgabe mit "Verständnis" und ohne "Einzelwissen" auf dem geprüften, nicht als Prüfungsstoff benannten Sachgebiet, d. h. ohne gezielte Examensvorbereitung, lösbar sei, teilt die Kammer diese –anscheinend seit nunmehr mehr als zwei Jahrzehnten ohne Resonanz gebliebene – Rechtsprechung nicht. Ob Hinweise (etwa Paragrafenfundstellen) zu geben sind, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Dass vorliegend solche Hilfen geboten gewesen wären, sieht die Kammer nicht, nachdem allein Vorschriften des StGB einschlägig waren.
- 82
dd) Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, der als Zweitkorrektor tätig gewordene Prüfer, RAG W., habe als Mitarbeiter des Beklagten, dem die Person der Klägerin bekannt gewesen sei, nicht tätig werden dürfen, teilt die Kammer diese Rechtsauffassung nicht – auch wenn die Kammer die Richtigkeit der Darstellung der Klägerin unterstellt, im Rahmen des von ihrer Schwester am 16.03 2006 geführten Telefonates sei auch der Name (und die Kennziffer) der Klägerin genannt worden.
- 83
Auszugehen ist davon, dass eine Verpflichtung zur Anonymisierung der Kandidaten bei Prüfungsverfahren aus übergeordneten Rechtsvorschriften nicht besteht (vgl. etwa Niehues/Fischer, a. a. O., Rdnr. 615). Auch Regelungen, wonach hauptamtliche Mitarbeiter einer Prüfungsbehörde (hier: des Beklagten) nicht als Korrektoren schriftlicher Aufsichtsarbeiten in Betracht kommen, sind nicht vorhanden.
- 84
Einschlägig ist vorliegend die Regelung in § 13 Abs. 2 JAPO M-V, wo es heißt:
- 85
„Der Prüfling versieht die Prüfungsarbeiten, die keinen sonstigen Hinweis auf seine Person enthalten dürfen, anstelle seines Namens mit der Kennzahl, die ihm das Landesjustizprüfungsamtes mitteilt“.
- 86
Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich hieraus ein Mitwirkungsverbot eines Prüfers, dem (zufällig) die Identität eines Kandidaten bekannt geworden ist, nicht herleiten. Zum einen spricht für die vorliegend vertretene Auslegung, dass die Norm nur als an den Kandidaten gerichtete Ordnungsvorschrift verstehen ist, der Umstand, dass diese Regelung ihren Standort in den Regelungen zum Ablauf der schriftlichen Prüfungen gefunden hat, nicht etwa im Rahmen der 'Bewertung der Aufsichtsarbeiten' in § 15 JAPO M-V oder im Rahmen der die Mitglieder des Landesjustizprüfungsamtes betreffenden Vorschriften des 1. Abschnittes des Teils 2 (§§ 7 bis 12) JAG M-V.
- 87
Zum anderen stellt diese Norm Anforderungen allein an die Prüflinge. So lautet die einschlägige Regelung in der JAPO n. F. (in § 14 Abs. 2) wie folgt:
- 88
„Der Kandidat nimmt im Prüfungsraum den mit seiner Kennzahl bezeichneten Platz ein. Er versieht seine Arbeit anstelle des Namens mit der Kennzahl. Hinweise auf die Person oder die persönlichen Verhältnisse des Kandidaten sind zu unterlassen“.
- 89
Anhaltspunkte dafür, dass diese Norm gegenüber der Vorgängerfassung eine Rechtsänderung (und nicht nur eine Klarstellung) bezweckte, sieht die Kammer nicht.
- 90
(Materieller) Hintergrund einer Regelung, wie sie die Klägerin versteht, könnte nur eine Befürchtung (des Normgebers) sein, ein Prüfer sei nicht mehr zu einer unbefangenen Bewertung einer Prüfungsleistung in der Lage, wenn ihm deren Erbringer bekannt ist. Für eine solche Annahme des Normgebers spricht indessen nichts. Andererseits spricht alles dafür, den Kandidaten eine Offenlegung ihrer Person gegenüber dem Prüfer zu untersagen – ein Ziel, welches in den entsprechenden Prüfungsordnungen einiger Bundesländer (weitergehend als in Mecklenburg-Vorpommern) zu Regelungen geführt hat, die eine „Einwirkungen auf Prüfungsorgane“ mit einer Sanktion bewehren.
- 91
Hierzu verhält sich etwa auch das Urteil des OVG Sachsen vom 02.06.2010 (Az.: 2 A 128/10, DVBl. 2010, 1391) welches (unter der Randnummer 33) ausführt, „Das Anonymitätsprinzip besagt denn auch nicht, dass ein Prüfer von der Prüfung ausgeschlossen sei, wenn ihm der Verfasser einer Prüfungsarbeit vor der Bewertung bekannt wird. Allein die Aufhebung der Anonymität führt deshalb nicht zu einer Verletzung des Grundsatzes der Chancengleichheit“.
- 92
Diese Auffassung entspricht der der Kammer, sie wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Bundesverwaltungsgericht dieses Urteil aufgehoben hat, weil es die obergerichtliche Entscheidung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit der konkret getroffenen Sanktion nicht geteilt hat. Diese Entscheidung des Bundesveraltungsgerichts (Urteil vom 21.03.2012 – 6 C 19.11 -, juris, Rdnr. 35 ff.) zeichnet das Bild des Prüfers auf, von dem nach der Rechtsprechung auszugehen ist:
- 93
„… Der Senat geht in gefestigter Rechtsprechung vom Bild eines Prüfers aus, der zu einer selbständigen, eigenverantwortlichen, nur seinem Wissen und Gewissen verpflichteten Bewertung fähig und bereit ist. Demgemäß ist nicht jede Möglichkeit des Einflusses auf die Prüferentscheidung als Gefahr für die ordnungsgemäße Erfüllung der Prüferaufgaben zu werten (vgl. nur Urteil vom 9. Oktober 2002 - BVerwG 6 C 7.02 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 402 S. 48). Die Unvoreingenommenheit eines Prüfers wird dementsprechend nicht dadurch in Frage gestellt, dass er vor Bewertung einer Teilleistung Kenntnis von einem negativen Prüfungsbescheid zu einer anderen Teilleistung besaß, bei dessen Bestandskraft es auf diese Bewertung nicht mehr ankäme (Beschluss vom 25. April 1996 - BVerwG 6 B 49.95 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 364 S. 136), dass er Kenntnis davon hat, dass ein Prüfling Wiederholer ist oder der Prüfung ein Verwaltungsstreitverfahren vorausgegangen ist (Beschluss vom 6. März 1995 - BVerwG 6 B 96.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 346 S. 62), dass er eine Prüfungsleistung erneut bewerten muss, weil seine erste Entscheidung durch gerichtliche Entscheidung als fehlerhaft beanstandet worden ist (Urteil vom 24. Februar 1993 - BVerwG 6 C 38.92 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 314 S. 277) oder dass er sich zunächst selbst für befangen erklärt und diese Erklärung später revidiert hat (Beschluss vom 29. Januar 1985 - BVerwG 7 B 4.85 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 209 S. 231). …
- 94
(3) Zu keiner abweichenden Wertung führt der Gesichtspunkt, dass die Klägerin infolge der Kontaktaufnahme mit dem Prüfer eigenmächtig die Anonymität des Prüfungsverfahrens durchbrochen hat. Dies führte nicht zur Minderung ihres Grundrechtsschutzes.
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Anonymitätswahrende Vorkehrungen im Prüfungsverfahren dienen der Wahrung der Chancengleichheit im Prüfungsverfahren, weil sie dem Prüfer schon tatsächlich verwehren, seine Bewertung auf einen persönlichen Eindruck vom Prüfling - jenseits seiner in der Prüfungsleistung zutage tretenden fachlichen Leistungsfähigkeit - zu gründen. Zwar ist nicht gefordert, das Prüfungsverfahren stets und in allen Stadien streng anonym durchzuführen (Beschlüsse vom 14. März 1979 - BVerwG 7 B 16.79 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 105 S. 152 und vom 14. September 1981 - BVerwG 7 B 30.81 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 152 S. 33; vgl. auch Beschluss vom 26. Mai 1999 - BVerwG 6 B 65.98 - juris Rn. 4). Jedoch muss die konkrete Handhabung anonymitätswahrender bzw. -relativierender Vorkehrungen durch das einschlägige Prüfungsrecht bzw. die Prüfungsbehörde einheitlich gegenüber allen Prüflingen erfolgen (vgl. Beschlüsse vom 14. März 1979 a.a.O. S. 153 und vom 14. September 1981 a.a.O.).
- 96
Aus letzterem darf aber nicht abgeleitet werden, dass eigenmächtig durch einen Prüfling vorgenommene Durchbrechungen der Anonymität automatisch die Schwelle zur Sanktionswürdigkeit überschreiten würden. Im Falle der Klägerin war - wie ausgeführt - die Kontaktaufnahme mit dem Prüfer den Umständen nach nicht geeignet, dessen Unbefangenheit zu beeinträchtigen, und konnte daher auch nicht zu ihren Gunsten einen einseitigen Wettbewerbsvorteil im Prüfungsverfahren schaffen. Mit dem Bruch der Anonymität - deren Sinn gerade in der Verhinderung solcher Wettbewerbsvorteile liegt - lässt sich daher in ihrem Fall die Sanktionsverhängung nicht begründen und vor Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG rechtfertigen. …“
- 97
Ob etwa Anderes zu gelten hat, wenn der Prüfer seinerseits (in zielvoller Absicht) eine Aufhebung der Anonymisierung betrieben hat, mag vorliegend mangels Entscheidungserheblichkeit ebenso offen bleiben wie eine Entscheidung über einen Fall, in dem der Prüfling Aussagen solcher Art tätig, die dem Prüfer gegenüber beleidigender Natur sein könnten, und dessen Reaktion hierauf Bedenken an einer fortbestehenden Unbefangenheit auszulösen vermögen. Vorliegend war allem Anschein nach die Klägerin zudem in hohem Maße mit der Amtsführung des Prüfers im Zusammenhang mit der klägerseits erfolgten Kontaktaufnahme zufrieden, welche der Abklärung der Frage dienen sollte, ob im Fall einer Wiederholung der Prüfung zur Notenverbesserung ein krankheitsbedingter Rücktritt möglich ist. In dem von ihr zur Akte gereichten Schreiben (ihrer Schwester) vom 16.03.2006 äußert sie sich „begeistert über die ausführliche Recherche und Auskunft des Referenten“ (nämlich des späteren Zweitkorrektors ihrer Klausur) und bedankte sich „nochmals auf schriftlichem Wege für die Mühe und Zeit“. Anhaltspunkte dafür, dass dieses Schreiben ironisch oder zynisch gemeint sein könnte, bestehen nicht.
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ee) Die Angriffe gegen die Bewertung des vorliegend tätig gewordenen Erstkorrektors greifen im Wesentlichen nicht durch. Er erkennt die „Gefahrgeneigtheit“ der vorliegenden Klausur (wie unter aa), wenn er in seiner Begutachtung unter I. 1. ausführt:
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„Es handelt sich um eine sehr anspruchsvolle Klausur; dies aus mehreren Gesichtspunkten. Ihr Schwerpunkt liegt im Bereich der Aussagedelikte, ein für die Praxis gängiges, für die Studierenden jedoch entfernt liegendes Problemfeld. Hinzu kommt, dass eine Großzahl der in Betracht kommenden Normen des StGB nicht zum Pflichtstoffkatalog der JAPO MV a.F. gehören; mithin haben sich die Kandidaten auf einem von ihrer Prüfungsvorbereitung weitgehend unberücksichtigt gebliebenem Gebiet zu bewegen. … Wegen der Schwierigkeit der Materie und deren Nähe zu nicht zum Pflichtstoffkatalog gehörenden Fragestellungen bewerte ich die mir zur Korrektur vorgelegten Arbeiten sehr wohlwollend. … “.
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Der Prüfer listet sodann die Normen auf, bei deren Prüfung er Fehler der Kandidaten nicht zu ihren Lasten bewerte – diese sind zutreffend genannt -; das Auffinden und richtige Erörtern dieser Normen bewerte er ausschließlich positiv zugunsten der Kandidaten. Dies ist nicht zu beanstanden.
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Unverständlich ist der klägerische Vortrag, es habe „wegen seiner Widersprüchlichkeit zu einer totalen Verwirrung der Kandidaten in der Klausurbearbeitung“ geführt, dass einerseits nach dem Bearbeitervermerk B nicht vollständig aus der Prüfungsaufgabe herausgenommen worden sei, andererseits „nach dem Korrekturvermerk des Erstkorrektors … demnach keinerlei Ausführungen zu irgendwelchen Straftaten des B zu erwarten (waren)“: Denn der Korrekturvermerk ist Wochen nach der Anfertigung der Klausur formuliert worden und konnte den Kandidaten daher beim Schreiben der Klausur nicht bekannt sein.
- 102
Auch die Vorstellung der Klägerin, mangels Prüfung der Strafbarkeiten von B und X sei „eine Anstiftung bei A gar nicht mehr möglich“, ist unzutreffend; die Haupttat wäre inzidenter bei der Anstiftung zu prüfen gewesen. Eine Anstiftung zu einer Tat scheidet nicht deshalb aus, weil der Haupttäter verstorben ist; die Strafbarkeit eines Toten zu prüfen wäre indessen verfehlt.
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Dass die Klägerin hinsichtlich §§ 185 und 186 StGB eine „Einwilligung“ angesprochen hat, ändert nichts daran, dass dies im Rahmen der Prüfung des § 145d StGB nicht geschehen ist. Nach ihren eigenen weiteren Erläuterungen wäre es nicht rechtlich verfehlt gewesen, überhaupt das Problem anzusprechen, sondern eine Einwilligung wäre (wegen des nicht zur Disposition stehenden Rechtsgutes 'Strafrechtspflege') abzulehnen gewesen.
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Unzutreffend – und danach zu Recht von der Klägerin angegriffen – ist indes die Prüferbemerkung „so wird die Frage, ob A vor einem zur Entgegennahme von Strafanzeigen zuständigen Amtsträger oder einer Behörde ausgesagt hat, weder gestellt noch beantwortet. § 11 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 7 StGB wird nicht genannt“. Die entsprechende Passage findet sich in der Klausur der Klägerin (unter C. III. 1.) auf Seite 16; dort ist auch „§ 11 I Nr. 7“ (StGB) benannt. Angesichts dieses Irrtums ist der Erstprüfer mit der Klausur der Klägerin erneut zu befassen.
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In dessen Rahmen mag der Gutachter dann auch zu der klägerischen Rüge sich verhalten, es bestehe ein (unauflösbarer) Widerspruch) zwischen der Aussage des Prüfers (unter I.2), „hinsichtlich des Aussageverhaltens des X erwarte ich von den Kandidaten kein Ergebnis“, und seiner Bemerkung (unter II.) „leider hat Verf. eine unvollständige rechtliche Begutachtung des Sachverhaltes vorgenommen. Die Strafbarkeit des X ist nicht untersucht worden.“
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ff) Auch der Zweitkorrektor weist in einer eigenen Vorbemerkung auf die 'Besonderheit' hin,
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„dass die Aussagedelikte betreffenden Vorschriften der §§ 153 – 163 StGB, die falsche Verdächtigung gemäß § 164 StGB und die Verleumdung gemäß § 187 StGB nicht vom Pflichtstoff umfasst sind; gemäß § 9 II JAPO M-V a. F. konnten daher diesbezüglich nur Verständnis und Arbeitsmethode der Bearbeitung bewertet werden…“,
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verkennt also nicht die Pflichtprüfstoffproblematik der Klausur. Soweit die Klägerin rügt, die weiteren Korrekturbemerkungen widersprächen teilweise dem Vorspann, teilt die Kammer diese Auffassung nicht. Soweit unter Punkt II 2. beim Zweitkorrektor sich die Bemerkung findet, dass sich in der Klausurbearbeitung zu § 164 StGB nur Stichworte fänden, ist dies rein deskriptiv – nicht wertend. Im Übrigen kann auch bei Zugrundelegung des Maßstabs, dass nur Verständnis und Arbeitsmethode bewertet werden können, dem Umstand der Aufführung allein von Stichworten – also keine Ausformulierung mit einer nachvollziehbaren Gedankenführung – Bedeutung beigemessen werden. Soweit bei der Klägerin anklingt, ihr Eingehen auf Vorschriften des Strafgesetzbuches, die nicht zum Pflichtprüfstoff gehörten, sei nicht hinreichend positiv bewertet worden, fehlen hierfür tragfähige Anhaltspunkte. Gleiches gilt für die Rüge, ihre Prüfung der Vorschriften der §§ 185, 186 und 187 StGB sei nicht hinreichend gewürdigt worden, die Bewertung hätte insoweit höher ausfallen müssen. Die Korrektur ist nicht in der Art vorgenommen – musste dies allerdings auch nicht –, dass nach jedem geprüften Paragraphen oder auch nur Themenkomplex (Teil-)Punkte ausgewiesen sind, die zum Schluss zur Gesamtpunktzahl zusammen addiert werden. Soweit die Klägerin für ihre Rüge auf die Prüferbemerkung verweist, „Ein Beleidigungsdelikt wird ordentlich geprüft“, sie habe aber die drei genannten Vorschriften geprüft, was nicht zur Kenntnis genommen sei, überzeugt auch dies nicht. Die Klägerin hat den einen Beleidigungssachverhalt (die Behauptung des A, B sei Täter eines Raubes) nacheinander zusammenhängend auf zwei Seiten unter die Beleidigungsvorschriften § 185, § 186 und § 187 StGB subsumiert. Die Prüferbemerkung bezieht sich zwanglos auf ein Beleidigungsdelikt im Sinne der aufgestellten Behauptung im Klausursachverhalt. Aufgrund der zusammenhängenden Abprüfung der genannten Vorschriften widerspräche es jeder Lebenserfahrung, die Prüferbemerkung dahin zu verstehen, die Prüfung der einen Norm für diesen einen Beleidigungsachverhalt gesehen und bewertet, die im Kontext folgenden Subsumtionen aber übersehen zu haben.
- 109
f) Klausur Ö I
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Dass die Aufgabenstellung der Klausur, wie die Klägerin meint, „unklar formuliert“ war, oder dass relevante Sachverhaltsangaben und „erforderliche Rechtsquellen“ den Kandidaten nicht zur Verfügung gestanden hätten, sieht die Kammer nicht; demgemäß besteht auch der von der Klägerin eingeforderte „dementsprechend große Antwortspielraum“ nicht. Dass etwa für die gestellte Aufgabe die Vorlage auch der einschlägigen EU-Richtlinie notwendig wäre, ist unzutreffend, da nach der Fragestellung der Klausur die Situation zu diskutieren war, dass (und nicht ob) gemeinschaftsrechtlich die nationale (beabsichtigte) Norm „unzulässig“ ist. Die Klägerin irrt, wenn sie das Problemfeld einer „Inländerdiskriminierung“ in der Klausur nicht angesprochen sieht: So soll nach dem letzten Satz des dritten Absatzes das Gutachten „… insbesondere auch die Frage erörtern, welche Probleme sich ergeben, wenn sich die Pläne … in verfassungsrechtlicher Hinsicht als zulässig, in gemeinschaftsrechtlicher Hinsicht jedoch als unzulässig erweisen.“ Hiermit ist eine Inländerdiskriminierung (und nicht, wie die Klägerin meint, eine behauptete Ausländerdiskriminierung) hinreichend deutlich angesprochen. Soweit die Klägerin hierzu (wie auch zu anderen aufgeworfenen Problemkreisen) in ihren Schriftsätzen vom 12.01.2012, 13.03.2012 und 02.07.2012 weitergehende Ausführungen macht, können diese nicht Bestandteil der allein zu bewertenden Klausurleistung sein. Hinsichtlich der Frage einer Inländerdiskriminierung ist nicht die Erörterung der Klägerin beanstandet, sondern ihr Fehlen.
- 111
Die Prüferkritik des Erstkorrektors hinsichtlich des Eingangssatzes ist nicht zu beanstanden – es war in der Aufgabenstellung keine Sachverhaltsdarstellung (auch nicht „in etwas kürzerer Form“, vgl. Schriftsatz vom 13.03.2012) gefordert. Dass in der klägerischen Klausur nicht auf die Frage, ob eine „Fraktion“ einen Entwurf einbringen kann, eingegangen wird, ist zweifelsfrei; ob dies „kein beachtlicher Fehler“ ist, wie die Klägerin meint, ist eine Bewertungsfrage und damit gerichtlich nicht überprüfbar. Verfehlt ist allerdings die Argumentation der Klägerin, wenn sie meint, „in der Lebenswirklichkeit kann sich erst später ergeben, wer die ausgearbeitete Gesetzesvorlage tatsächlich einbringt“ (Schriftsatz vom 13.03.2012); nicht die von ihr vermutete 'Lebenswirklichkeit' war zu bearbeiten, sondern eine rechtliche Prüfung der Überlegungen „in einer der Regierungsfraktionen“, wie der Aufgabentext ausweist. Die Auffassung des Erstkorrektors, dass „Überlegungen zu Art. 23 GG, Art. 249 EGV nicht veranlasst“ waren, ist nicht zu beanstanden; hier hat die Klägerin (wie in einem 'Besinnungsaufsatz') abstrakte Überlegungen niedergeschrieben.
- 112
Als durchdringend erachtet das Gericht allerdings den Angriff der Klägerin auf die Prüferbemerkung „Überlegungen zu Art. 14 GG sind fehlerhaft, da kein Eingriff in den Schutzbereich von Art. 14 GG vorliegt“. Die Klägerin spricht diese Norm in ihrer Klausurbearbeitung unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in das 'Recht auf den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb' an; eine solche Prüfung ist (auch) nach der von ihr zitierten Fundstelle jedenfalls vertretbar – worauf auch der Zweitgutachter in seinem Anforderungsprofil (S. 3) hinweist. Demgemäß hat der Erstkorrektor bei seiner erneuten Befassung von der Vertretbarkeit des klägerischen Ansatzes insoweit auszugehen. Im Rahmen dieser Nachbefassung mag der Korrektor dann auch überprüfen, ob seine Aussage, die „Anwendung Drei-Stufen-Theorie gerät allerdings durcheinander“, zutreffend ist und dies ggf. näher (d. h. weitergehend als bislang geschehen) begründen.
- 113
Soweit die Klägerin die im Anforderungsprofil des Zweitkorrektors vertretene Auffassung angreift, dass „nach gesellschaftlicher Auffassung der Internethandel mit Arzneimittel kein eigenständiges Berufsbild darstellt“, und sie in ihrer Klausurbearbeitung explizit die gegenteilige Auffassung vertritt, lässt sich nicht feststellen, dass der Prüfer ihr dies negativ angelastet hat.
- 114
Allerdings ist die Bewertung des Zweitkorrektors im konkreten Fall dennoch zu beanstanden. Zwar gibt die anzuwendende JAPO M-V keinen Ansatz für die Annahme eines Mindestumfangs einer Bewertung einer Examensklausur vor; etwa die Bemerkung eines Zweitprüfers „Einverstanden“ kann bereits ausreichen. Dann aber folgt der Prüfer dem Erstvotum in dessen Kritik und Bewertung; vorliegend weicht er indessen von diesem Erstvotum in der Bewertung um drei Punkte ab – also um das höchstmögliche Maß nach § 15 Abs. 2 Satz 2 JAPO M-V, in welchem ein 'Stichentscheid' noch nicht erforderlich ist. Auch findet keine Übernahme der inhaltlichen Kritikpunkte aus dem Erstvotum statt. Dann aber ist eine Einschätzung der Leistung der Klägerin (unter II.) in einem Umfang von gut vier Zeilen nicht mehr ausreichend. Hinzu kommt, dass diese Ausführungen widersprüchlich sind, wenn es dort heißt „In materieller Hinsicht kann die Prüfung von Art. 5 GG insgesamt überzeugen; auf Art. 5 GG geht Verf. nicht ein.“; auch dies führt vorliegend zur Notwendigkeit einer erneuten Befassung des Zweitkorrektors.
- 115
Demgemäß sind beide Korrekturen erneut mit der klägerischen Klausur zu befassen - allerdings notwendigerweise nur in dem dargestellten Umfang.
- 116
g) Klausur Ö II
- 117
Hinsichtlich der Klausur Ö II sieht das Gericht in den Ausführungen der Klägerin im Schriftsatz vom 12.01.2012 lediglich unsubstantiierte Angriffe gegen die Prüferbewertungen, verbunden mit einer „besseren“ Selbsteinschätzung; die Tatsache, dass diese Klausur die einzige der Klägerin ist, die mit 'nicht bestanden' gewertet worden ist, indiziert die Unrichtigkeit der erfolgten Bewertung nicht.
- 118
Soweit die Klägerin (im Schriftsatz vom 03.07.2012) meint, „dem Begründungserfordernis wird mit lediglich 3 kurzen Sätzen in Bezug auf die Leistung der Klägerin (vgl. die Bewertung des Erstkorrektors auf Seite 2 unten) nicht Genüge getan“, dokumentiert sie, dass sie die Prüferkritik des Erstprüfers ihrerseits nur völlig unvollständig zur Kenntnis genommen hat; die auf ihre Arbeit bezogene Beurteilung beginnt bereits mit dem 1. Satz des Gutachtens und umfasst (engzeilig) mehr als 1 1/2 Seiten. Wenn es etwa im zweiten Satz der Bewertung heißt, „die Prüfung weist insoweit eine Schieflage auf, als …“ ist dies eine konkrete Kritik an der Ausarbeitung der Klägerin und gibt nicht etwa in abstrakter Form die Erwartungen des Prüfers wieder.
- 119
Das Zweitgutachten, das sich nach einführenden Darstellungen mit S. 3 letztes Drittel „den Ausführungen des Erstgutachtens im wesentlichen“ anschließt, umfasst danach noch fast eine Seite – in Umfang und inhaltlich zweifelsfrei ausreichend. Dass Fragezeichen oder Wellenlinien an der Bearbeitung unsachlich (und unzulässig) und Zeichen dafür wären, dass die entsprechenden Passagen als unverständlich oder als nicht zu berücksichtigen qualifiziert würden, ergibt sich aus den Beurteilungen nicht.
- 120
h) Klausur Ö III
- 121
Die Klausur Ö III ist zwar in der Klageschrift (im Antrag unter 1.) angesprochen; auch sie solle neu bewertet werden. Indessen fehlt es zu dieser Klausur an jeglichem 'substantiierten Hinweis', dem nachzugehen wäre.
- 122
II. Ohne Erfolg bleiben die klägerische Rügen bezogen auf ein Unterlassen der Anhebung ihrer Gesamtnote nach § 5d Abs. 4 Satz 1 1. HS DRiG. Nach dieser Norm kann in den staatlichen Prüfungen das Prüfungsorgan bei seiner Entscheidung von der rechnerisch ermittelten Gesamtnote abweichen, wenn dies aufgrund des Gesamteindrucks den Leistungsstand des Kandidaten besser kennzeichnet. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 12.07.1995 - 6 C 12/93 - , NJW 1996, 942) geht die Regelung des § 5 d Abs. 4 Satz 1 DRiG davon aus, dass die aus allen Einzelnoten entsprechend ihrer Gewichtung durch die Prüfungsordnung rechnerisch ermittelte Gesamtnote in aller Regel den Leistungsstand eines Prüflings zutreffend kennzeichnet; eine Abweichung von ihr ist nur ausnahmsweise zulässig und setzt voraus, dass diese Note nach dem vom Prüfling gewonnenen Gesamteindruck seinen Leistungsstand offensichtlich nicht richtig kennzeichnet und daher der Korrektur bedarf.
- 123
1. Demgemäß verkennt die Klägerin in grober Weise, unter welchen Voraussetzungen eine Anhebung der Gesamtnote überhaupt in Betracht kommt, wenn sie (in dem unter dem 08.07.2007 übersandten Schriftsatz) meint, auch ein Besuch eines Sprachkurses über vier Semester während ihres Studiums sei von Relevanz oder die Tatsache, dass sie „sowohl während des zweiwöchigen Klausurzeitraums als auch während der mündlichen Prüfung keinen Wohnsitz in D-Stadt mehr hatte (nur noch in A-Stadt) und während der außergewöhnlichen psychischen und physischen Belastung aufgrund der Prüfung in einer Pension übernachten bzw. direkt aus A-Stadt anreisen musste“ (Schriftsatz vom 15.03.2012). Dass die Durchführung der Ersten juristischen Staatsprüfung – gar gegenüber dem bisherigen Studium - eine außergewöhnliche psychische und physische Belastung darstellt, ist zweifelsfrei. Dies stellt aber keine Besonderheit in der Prüfungssituation allein der Klägerin dar; wie es auch keine Besonderheit der Prüfung der Klägerin darstellt und demgemäß auch nicht überrascht, dass in den schriftlichen Aufsichtsarbeiten der Staatsprüfung sie nicht die Bewertungen erzielt hat wie in den universitären 'Scheinen'. Auch dass die Bewertung der Klausur Ö II nach Auffassung der Klägerin „völlig aus dem Rahmen fällt“, dürfte unzutreffend sein. So hat der Zeuge B. in seiner Aussage erklärt, Ausreißer im öffentlichen Recht seien seiner Erfahrung nach relativ typisch in dem Sinne, dass da sehr große Differenzen zwischen den einzelnen Benotungen vorkommen. Im Übrigen weisen auch die weiteren schriftlichen Arbeiten der Klägerin im öffentlichen Recht (im Durchschnitt 5,5 Punkte [ohne Berücksichtigung der fraglichen Klausur]) schlechtere bzw. deutlich schlechtere Ergebnisse aus als im Zivilrecht (6,6 Punkte) oder gar im Strafrecht (10,25 Punkte). Wenn dann auch in der mündlichen Prüfung die Leistung im öffentlichen Recht im Vergleich zu den übrigen Prüfungsfächern (um 2 bis 5 Punkte) schlechter ausfällt, stellt dies die klägerische Bewertung ihrer Klausur als 'Ausreißer' durchaus in Frage.
- 124
Da nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts es sich bei der Entscheidung des Prüfungsorgans, ob es aufgrund des vom Prüfling gewonnenen Gesamteindrucks von der rechnerisch ermittelten Gesamtnote abweicht, um eine Prüfungsentscheidung handelt, die es innerhalb seines prüfungsrechtlichen Bewertungsspielraums trifft und insoweit eine gerichtliche Überprüfung nur eingeschränkt möglich ist, kann die Kammer offenlassen, ob eine Anhebung der Gesamtnote der Klägerin rechtsfehlerfrei überhaupt möglich gewesen wäre; von einer – wie die Klägerin meint – Ermessensreduzierung auf Null, wonach der Prüfungsausschuss „die Note auf den Bereich 'vollbefriedigend' hätte heben müssen“ – also um mindestens 0,8 Punkte - , kann jedenfalls keine Rede sein.
- 125
2. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht für die Kammer fest, dass nicht nur der Vorsitzende, sondern sämtliche Mitglieder des am 08.09.2006 tätig gewordenen Prüfungsausschusses von der Möglichkeit der Abweichung von der rechnerisch ermittelten Gesamtnote Kenntnis hatten. So bekundete der Zeuge Prof. Dr. E., nach Errechnung der Gesamtnote hätte noch zu erfolgen eine Entscheidung über die Abweichungsmöglichkeit nach der entsprechenden Vorschrift im Deutschen Richtergesetz, § 5d). Der Zeuge B. bekundete im Rahmen seiner Zeugenvernehmung, zwar habe er die Vorschrift des § 5d Abs. 4 Satz 1 DRiG jetzt aus Anlass dieses Termins bzw. des Ladungsschreibens in juris genau angeschaut. Das heiße aber nicht, dass die Hebungsmöglichkeit als solche ihm unbekannt gewesen wäre; dies sei eine Fragestellung, die sich in vielen Prüfungen stelle. Der Zeuge D. führte insoweit aus, er habe die Hebungsmöglichkeit gekannt und zwar schon von Beginn seiner Tätigkeit an. Der Zeuge Dr. C. schließlich hat bekundet, er kenne die Vorschrift seit langem. Er sei sich ganz sicher, dass es schon sehr lange eine derartige Hebungsvorschrift gebe; zu der Zeit, als er selbst Examen gemacht habe, sei ein Mitexamenskandidat von dieser Vorschrift betroffen gewesen; er meine, dass damals landläufig von „Sozialpunkten“ die Rede gewesen sei, die zum Schluss ausgekehrt werden könnten.
- 126
3. Eine konkrete Erinnerung an den Termin der mündlichen Prüfung der Klägerin am 08.09.2006 konnte keiner der Zeugen bekunden – trotz etlicher Vorhalte und Erläuterung damaliger (aus Sicht der Klägerin) 'Besonderheiten'. Angesichts dessen, dass die fragliche Prüfung nunmehr nahezu sechs Jahre zurückliegt und sämtliche Zeugen häufiger oder gar häufig als Prüfer tätig sind bzw. waren, ist dies für das Gericht nachvollziehbar. Ansatzpunkte für Zweifel an der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen bestehen für das Gericht nicht.
- 127
Demgemäß vermochten die Zeugen lediglich den aus ihrer Sicht „üblichen“ Prüfungsablauf zu schildern:
- 128
Der Prüfungsausschussvorsitzende, Prof. Dr. E., äußerte sich davon überzeugt, dass auch im Fall der Klägerin eine Entscheidung über die Anhebung getroffen und entsprechend dokumentiert worden ist; er sei immer so verfahren. Der Zeuge Dr. C., der häufig selbst als Vorsitzender eines Prüfungsausschusses tätig geworden ist, meinte, dass er interveniert hätte, wenn er festgestellt hätte, dass da etwas nicht geprüft oder mit falschem Vorzeichen erörtert worden wäre. Der Zeuge D. wies weitergehend darauf hin, dass die Klägerin als Notenverbesserer an der Prüfung teilgenommen habe; das sei schon etwas Besonderes in dem Sinne, dass bei Notenverbesserern eigentlich immer ein Augenvermerk darauf gelegt worden sei, ob ein Anlass für eine Hebungsentscheidung gegeben ist oder nicht. Nach seinem Eindruck sei das generell bei den Kommissionsvorsitzenden so gewesen, dass bei Notenverbesserern besonders auf den Ablauf und diese Hebungsmöglichkeit geachtet wurde.
- 129
Die beiden Zeugen Prof. Dr. E. und Dr. C., die auf Erfahrungen als Vorsitzende von Prüfungsausschüssen zurückgreifen können, sprachen auch die Dokumentation einer Entscheidung über eine Hebungsmöglichkeit an. Prof. Dr. E. erläuterte, in dem Protokoll sei an der entsprechenden Stelle dann ein Strich gemacht worden; dies sei dann die Dokumentation dafür gewesen, dass nach Auffassung der Prüfungskommission für eine Änderung der arithmetisch ermittelten Note kein Anlass bestanden habe. Nach Aussage von Dr. C. sei zum Schluss eine Zeile im Protokoll vorhanden, in der auszufüllen sei, ob eine Hebung vorgenommen werde oder nicht. Gegebenenfalls werde da ein Null-Komma-Wert im Falle der Hebung hineingeschrieben oder halt ein Strich, wenn eine Hebungsentscheidung zugunsten oder zu Lasten eines Prüflings nicht erfolge. Wenn er, Dr. C., nach der Bedeutung des Strichs im Protokoll (der Klägerin) bei der Frage der Anhebungsmöglichkeit gefragt werde, dann meine er, dass dieser Strich zum Ausdruck bringe, dass keine Anhebung nach Auffassung der Prüfungskommission zu erfolgen habe. Die Bedeutung des Querstriches in dem Protokoll, welches von Prof. Dr. E. als Prüfungsausschussvorsitzendem unterzeichnet sei, sei nach seinem Dafürhalten eindeutig.
- 130
4. Angesichts dessen, dass im vorliegenden Protokoll betreffend die Klägerin ein solcher 'Strich' vorhanden ist, hat die Kammer keinen Zweifel daran, dass dieser eine getroffene Entscheidung dokumentiert, von der Abweichungsmöglichkeit keinen Gebrauch zu machen – wie auch ausweislich der im Verhandlungstermin von der Beklagtenvertreterin vorgelegten Protokolle bei den übrigen Kandidaten im fraglichen Prüfungstermin.
- 131
Diese Entscheidung erscheint auch plausibel angesichts der Kriterien, welche die Prüfer bei ihrer Würdigung maßgeblich zu beachten berichteten. Nach Aussage von Prof. Dr. E. wurde dann, wenn die Note eines Prüflings an der Grenze zu einem Notensprung gewesen sei, intensiver darüber gesprochen als wenn das nicht der Fall gewesen sei. In Fällen, in denen sich ein klares Notenbild ergebe und nichts Auffälliges sei, werde das gar nicht großartig diskutiert, werde vielleicht gar nicht diskutiert, so der Zeuge B.. Angesichts des rechnerischen Ergebnisses lag die Klägerin mit ihrer Bewertung (mit 8,2 Punkten) gerade nicht im Grenzbereich zur Note 'vollbefriedigend', welche eine Bewertung mit 9,00 Punkte (bis 11,49 Punkte) umfasst.
- 132
Da die Kammer demgemäß nicht feststellen kann, dass eine ordnungsgemäße Ermessensentscheidung des Prüfungsausschusses zur Frage einer Notenanhebung nicht ergangen ist, kann ein Neubescheidungsbegehren insoweit keinen Erfolg haben.
- 133
Demgemäß hat die Klage in dem aufgezeigten Umfang Erfolg; die Kammer sieht sich im Übrigen nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich auseinanderzusetzen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.09.2011 - 5 B 23/11 -, juris).
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Die Kostenfolge beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Auch wenn der Urteilstenor dem klägerischen Antrag entspricht, ist die Klägerin doch bezüglich eines (maßgeblichen) Teils ihrer Rechtsauffassung, in deren Umfang sie eine Bindung des Beklagten bei der Neubescheidung erreichen wollte, unterlegen, weshalb auch ihr Verfahrenskosten aufzuerlegen sind (vgl. etwa Niehues/Fischer, a. a. O., Rdnr. 897, Fn 247 m. w. N.). Eine weitergehende Differenzierung vorliegend nach dem Verhältnis der - mit oder ohne - Erfolg geführten Angriffe gegen Begründungsteile der angefochtenen Prüfungsentscheidung oder gar unter Einbeziehung (eingeschätzter) Erfolgsaussichten im Nachbewertungsverfahren hält die Kammer nicht für angezeigt.
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