| |
|
Die Berufung der Klägerin ist nach ihrer Zulassung durch den Senat, der im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 VwGO), statthaft und auch sonst zulässig. Die Klägerin hat die Berufung insbesondere innerhalb eines Monats nach der Zustellung des Beschlusses über ihre Zulassung ausreichend begründet und einen bestimmten Antrag gestellt (124a Abs. 6 Satz 1 und Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Zwar hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in seiner Berufungsbegründung lediglich pauschal auf sein Vorbringen (u.a.) im Zulassungsverfahren Bezug genommen; dies ist jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes, der der Senat folgt, grundsätzlich ausreichend (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.06.1998 - 9 C 6.98 -, E 107, 117 = NVwZ 1998, 1311; Beschl. v. 23.09.1999 - 9 B 372.99 -, NVwZ 2000, 67; Beschl. v. 15.10.1999 - 9 B 499.99 -, NVwZ 2000, 315; Urt. v. 23.04.2001 - 1 C 33.00 -, E 114, 155 = NVwZ 2001, 1029; a.A. BayVGH, Beschl. v. 06.09.2000 - 11 B 97.32121 -, NVwZ-RR 2001, 545). Insbesondere hat die Klägerin bereits im Zulassungsverfahren den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung substantiiert geltend gemacht, woraufhin die Berufung durch den Senat zugelassen worden ist; sie hat bereits dort ausreichend dargelegt, aus welchen Gründen sie das erstinstanzliche Urteil i.S.d. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO anficht.
|
|
|
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 12.01.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 15.05.2000 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Sie hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, dass sie deutsche Staatsangehörige sei (§ 43 Abs. 1 VwGO).
|
|
|
Bezüglich der Zulässigkeit des Feststellungs- und des isolierten Anfechtungsantrages verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung (§ 130 b Satz 2 VwGO).
|
|
|
Das Verwaltungsgericht hat auch in der Sache überzeugend dargelegt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung hat und die angegriffenen Bescheide deshalb rechtmäßig sind. Im Einzelnen:
|
|
|
Der Staatsangehörigkeitserwerb nach § 40 a Satz 1 StAG setzt voraus, dass die betreffende Person am 01.08.1999 Deutscher i.S.d. Art. 116 Abs. 1 GG war, ohne die deutsche Staatsangehörigkeit zu besitzen. Nach Art. 116 Abs. 1 GG ist u.a. Deutscher im Sinne des Grundgesetzes, wer als
Abkömmling
eines Vertriebenen deutscher Volkszugehörigkeit Aufnahme (im Bundesgebiet) gefunden hat. Die Klägerin ist - trotz ihrer in Rumänien im Jahre 1987 erfolgten Adoption durch Frau Magdalena M., die ihrerseits im Jahre 1989 als Vertriebene anerkannt worden ist -
kein
Abkömmling
eines Vertriebenen deutscher Volkszugehörigkeit i.S.d. Art. 116 Satz 1 GG. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die noch in Rumänien erfolgte Adoption der damals 55 Jahre alten Klägerin diese Rechtsstellung nicht vermitteln kann.
|
|
|
Die grammatische Auslegung des Begriffes „Abkömmling“ in Art. 116 Abs. 1 GG deutet zunächst darauf hin, hierunter nur leibliche Kinder (und Enkel etc.) zu verstehen (so die früher h.M., vgl. Makarov/v. Mangoldt, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht, 2. Aufl., Art. 116 Rn. 251; Maßfeller, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht, 2. Aufl., Art. 116 Rn. 89). Um als Abkömmlinge auch angenommene Kinder aufzufassen, ist die Existenz eines entsprechenden - einfach-gesetzlichen - Adoptionsrechts notwendig. Dies zeigt bereits, dass die Auslegung des Abkömmlingsbegriffs nicht völlig losgelöst vom einfachen Recht auf rein verfassungsrechtlicher Ebene erfolgen kann.
|
|
|
In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist die Frage, ob eine Erwachsenenadoption im Vertreibungsgebiet die Abkömmlingseigenschaft i.S.d. Art. 116 Abs. 1 GG vermittelt, soweit ersichtlich noch nicht entschieden (schon das Verwaltungsgericht hat in dem angefochtenen Urteil zutreffend darauf hingewiesen, dass es in denjenigen obergerichtlichen Entscheidungen, die sich mit dem Abkömmlingsbegriff i.S.d. Art. 116 Abs. 1 GG befassen, nicht um das Problem der Adoption, geschweige denn der Erwachsenenadoption geht, vgl. BVerwG, Urt. v. 02.05.2001 - 1 C 18.99 -, DVBl. 2002, 47; Urt. v. 11.01.1994 - 1 C 35.93 -, NJW 1994, 2167; Urt. v. 12.05.1992 - 1 C 54.89 -, E 90, 173 = NJW 1993, 2004). In der neueren Kommentarliteratur zu Art. 116 GG wird diese Frage ebenfalls nicht erörtert. Soweit sich Ausführungen dazu finden, ob eine Adoption dazu führen kann, dass der Adoptierte „Abkömmling“ wird, wird nicht zwischen Minderjährigen- und Erwachsenenadoption unterschieden, sondern im Hinblick auf die durch Art. 12 des Gesetzes vom 02.07.1976 (BGBl. I S. 1749) erfolgte Änderung des Adoptionsrechtes und der Rechtsstellung adoptierter Personen (wobei es insbesondere um Änderung der Vorschriften im Bürgerlichen Gesetzbuch und von § 6 RuStAG ging) die Einbeziehung von „Adoptivkindern“ bzw. „adoptierten Kindern“ in den Kreis der Abkömmlinge bejaht (vgl. Kokott, in: Sachs, GG, 3. Aufl., Art. 116 Rn. 9; Rennert, in: Umbach/Clemens, GG, Art. 116 Rn. 25; Masing, in: v. Mangoldt/u.a., GG, 4. Aufl., Art. 116 Abs. 1 Rn. 130; Makarov/v. Mangoldt, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht, Art. 116 Rn. 44, Hailbronner/Renner, Staatsangehörigkeitsrecht, 4 Aufl., Art. 116 Rn. 67). Die Verwendung des Begriffes „Kind“ deutet allerdings bereits eher auf einen Minderjährigen als auf einen Erwachsenen hin.
|
|
|
Wie das Verwaltungsgericht ist der Senat der Überzeugung, dass aus systematischen und teleologischen Gesichtspunkten auch bei der Abkömmlingseigenschaft i.S.d. Art. 116 Abs. 1 GG zwischen der Minderjährigen- und der Erwachsenenadoption differenziert werden muss. Die Unterscheidung zwischen der Minderjährigen- und der Erwachsenenadoption und die unterschiedliche Behandlung beider Institute ist in der deutschen Rechtsordnung verbreitet. Schon im Bürgerlichen Gesetzbuch ist die Adoption eines Erwachsenen nur unter besonderen Voraussetzungen möglich (§ 1767 BGB) und vermittelt grundsätzlich nicht dieselben Wirkungen wie bei einer Minderjährigenadoption (§ 1770 BGB). Im Ausländerrecht entfaltet die Erwachsenenadoption aufenthaltsrechtliche Schutzwirkungen nicht prinzipiell, sondern nur im besonderen Falle einer Beistandsgemeinschaft zwischen dem Erwachsenen und seinen Adoptiveltern (vgl. Beschluss des Senates vom 25.07.2002 - 13 S 673/02 -, VBlBW 2002, 495 m.w.N.). Im Staatsangehörigkeitsrecht differenziert die Vorschrift des § 6 StAG zwischen der Minderjährigen- und der Erwachsenenadoption; allein die Adoption eines Minderjährigen durch einen deutschen Staatsangehörigen führt danach bei dem Adoptivkind zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit. Das Verwaltungsgericht hat ausführlich die Entstehungsgeschichte und gesetzgeberischen Motive dieser Vorschrift dargestellt; der Senat kann gemäß § 130 b Satz 2 VwGO hierauf Bezug nehmen. Es besteht keine Veranlassung, an der Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift zu zweifeln; insbesondere liegt kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor (dazu ausführlich BVerwG, Urt. v. 18.12.1998 - 1 C 2.98 - E 108, 216 = NJW 1999, 1347; Beschl. v. 10.03.1998 - 1 B 249.97 -, InfAuslR 1998, 401; bestätigend BVerwG, Urt. v. 14.10.2003, E 119, 11 = NJW 2004, 1401). Offenbar war es dem Gesetzgeber ein Anliegen, jeden Anreiz für einen Missbrauch der Erwachsenenadoption zu vermeiden (vgl. Begründung der Bundesregierung, BT-Drs. 7/3061, S. 65). Gerade diese Zweckrichtung spricht gegen eine generelle Zuerkennung der Abkömmlingseigenschaft i.S.d. Art. 116 Abs. 1 GG im Weg einer Erwachsenenadoption. Anderenfalls hätte es ein Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit in der Hand, einem volljährigen ausländischen Staatsangehörigen (ohne deutsche Volkszugehörigkeit), mit dem er z.B. befreundet ist, nicht nur ein dauerndes Aufenthaltsrecht in Deutschland, sondern letztlich sogar die deutsche Staatsbürgerschaft zu verschaffen, indem er ihn adoptiert, kurz bevor er selbst das Vertreibungsgebiet in Richtung Deutschland verlässt. Demgegenüber hätte dieselbe befreundete ausländische Person ohne die Adoption grundsätzlich keinerlei ausländerrechtliche Aussicht auf einen - anderen als Besuchszwecken dienenden - Aufenthalt in Deutschland. Wenn in der Literatur zur Begründung der Anwendbarkeit des Begriffes „Abkömmling“ auf „adoptierte Kinder“ mit Blick auf § 6 StAG argumentiert wird, es könne keinen Unterschied machen, ob die Adoption kurz vor der Aufnahme im Bundesgebiet oder kurz danach erfolge, dann liegt dem ersichtlich die Vorstellung einer Minderjährigenadoption zugrunde (Makarov/v. Mangoldt, aaO., Art. 116 Rn. 44). Im übrigen hätte gerade diese Gleichbehandlung auch zur Folge, dass bei einer Erwachsenenadoption, bei der § 6 StAG nicht zur Anwendung kommen kann, auch der Abkömmlingsbegriff ausscheiden müsste. Abgesehen davon würde die Anwendung des Abkömmlingsbegriff im Falle der Erwachsenenadoption zu einer zumindest fragwürdigen Ungleichbehandlung zwischen statusdeutschen Adoptiveltern und Adoptiveltern mit deutscher Staatsangehörigkeit führen. § 6 StAG unterscheidet nämlich nicht danach, ob die Adoption im Inland oder im Ausland erfolgt. Wenn Eltern mit deutscher Staatsangehörigkeit im Ausland einen Erwachsenen adoptieren, hat dies für den Adoptierten mithin keinen Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit zur Folge. Es kann nicht angenommen werden, dass die Statusdeutscheneigenschaft eine stärkere staatsangehörigkeitsrechtliche Wirkung entfaltet als die deutsche Staatsbürgerschaft. Da der Zweck der Einbeziehung der Abkömmlinge in Art. 116 Abs. 1 GG gerade darin liegt, dass sie ebenfalls dem Vertreibungsdruck im Ausland ausgesetzt waren (vgl. Masing, aaO., Art. 116 Rn. 1 ff., 71), wird man mindestens verlangen müssen, dass der Adoptierte, wie auch das Verwaltungsgericht zutreffend meint, schon vor seiner Adoption seine kulturelle Prägung durch die volksdeutsche Familie erfahren hat, und darüber hinaus auch im Vertreibungsgebiet als Teil dieser Familie angesehen und deshalb wie ein deutscher Volkszugehöriger behandelt wurde. Davon kann im Falle der Klägerin nicht ausgegangen werden. Nach den Feststellungen im Vertriebenenausweisverfahren handelt es sich bei der Klägerin um eine rumänische Volkszugehörige, die sich bis zum 17. Lebensjahr überwiegend bei ihrer rumänischen Familie aufhielt und dann einen rumänischen Staatsangehörigen heiratete. Die Adoption im Alter von 55 Jahren - weniger als ein Jahr vor der Ausreise nach Deutschland - lässt die Annahme nicht fern liegend erscheinen, dass sie auch zu dem Zweck erfolgt sein mag, die Einbeziehung der Klägerin ins Vertriebenenausweisverfahren zu ermöglichen. Wenn das Grundgesetz allein die familiäre Nähe als ausreichend für die Statusdeutscheneigenschaft hätte ansehen wollen, wäre im Übrigen die Vorschrift des § 6 StAG schwer verständlich, der völlig unabhängig von jeder noch so großen familiären Nähe bei der Erwachsenenadoption unterschiedliche Staatsangehörigkeiten zulässt.
|
|
|
Die Klägerin hat die Statusdeutscheneigenschaft schließlich auch nicht derivativ erworben. Zwar wird in der Literatur - in Anlehnung an Nr. 6.1.3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsrecht vom 13.12.2000 (BAnz. 2001, 1418) - die Auffassung vertreten, § 6 StAG gelte analog für Statusdeutsche (vgl. Hailbronner/Renner, aaO., § 6 Rn. 14 m.w.N.), doch würde auch eine analoge Anwendung von § 6 StAG gerade im Falle der Klägerin nicht zum derivativen Erwerb dieser Rechtsstellung führen, da sie bei der Adoption bereits 55 Jahre alt war.
|
|
|
Da die Klägerin bereits aus diesem Grunde nicht als Deutsche i.S.d Art. 116 Abs. 1 GG angesehen werden kann, kann der Senat dahin stehen lassen, ob die Klägerin zudem als Abkömmling in Deutschland
Aufnahme gefunden
hat. Dagegen könnte bereits sprechen, dass der Klägerin nach ihrem erfolglosen Vertriebenenausweisverfahren, während dessen Dauer sie geduldet wurde, der Aufenthalt allein auf ausländerrechtlicher Grundlage erlaubt wurde, wenngleich vor dem Hintergrund, dass sie ihre Adoptivmutter pflegte. Ob diese rein ausländerrechtliche Entscheidung ausreicht, um „als Abkömmling Aufnahme zu finden“, bedarf keiner Entscheidung. Allerdings ist anzumerken, dass es insoweit nicht entscheidend darauf ankommen dürfte, ob die Beklagte die Klägerin nicht als „Abkömmling“ i.S.d. Art. 116 Abs. 1 GG angesehen hat und sie deshalb auch nicht
als Abkömmling
aufnehmen
wollte
; maßgeblich wäre wohl, ob das damalige Verhalten der Behörde, für den Fall einer positive gerichtlichen Klärung der Abkömmlingseigenschaft, „rückwirkend“ als Aufnahmehandlung angesehen werden könnte.
|
|
|
|
|
Die Revision war zuzulassen, denn die Frage, ob § 40 a Satz 1 StAG i.V.m. Art. 116 Abs. 1 GG auf Personen ohne deutsche Volkszugehörigkeit, die als Volljährige von einem Vertriebenen deutscher Volkszugehörigkeit vor dem Verlassen des Vertreibungsgebiets adoptiert wurden, Anwendung findet, hat grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Diese für das Urteil des Senats entscheidungserhebliche Frage ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts noch nicht geklärt.
|
|