|
|
|
1. Die nach § 146 Abs. 1 VwGO statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 14. Oktober 2009, mit dem der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage mit dem Ziel der „Wiederaufnahme der beim Verwaltungsgerichtshof unter den Aktenzeichen 6 S 2003/06 und 6 S 2426/06 rechtskräftig beendeten Verfahren“ abgelehnt wurde, ist unbegründet.
|
|
|
a. Dies gilt zunächst im Hinblick darauf, dass das Verwaltungsgericht möglicherweise eine fehlerhafte Nichtabhilfeentscheidung gemäß § 148 Abs. 1 VwGO getroffen hat. Denn mit der Beschwerde gegen den Beschluss vom 14. Oktober 2009, die beim Verwaltungsgericht am 02.11.2009 eingegangen ist, hat der Antragsteller ein Ablehnungsgesuch gegen die Richter gestellt, die den Beschluss vom 14. Oktober 2009 getroffen haben, und eine Begründung des Ablehnungsgesuchs („in Bälde“) angekündigt. Gleichwohl haben die Richter, gegen die das Ablehnungsgesuch gerichtet war, bereits mit Beschluss vom 06. November 2009 der Beschwerde gegen den Beschluss vom 14. Oktober 2009 nicht abgeholfen, ohne dass eine weitere Begründung des Ablehnungsgesuchs vorlag und ohne dass eine Entscheidung über das Ablehnungsgesuch getroffen wurde. Hierin könnte möglicherweise ein Verstoß gegen § 54 VwGO, § 45 Abs. 1 ZPO liegen. Insbesondere war das Ablehnungsgesuch nicht schon wegen Beendigung der Instanz offensichtlich unzulässig, weil noch eine Abhilfeentscheidung nach § 148 Abs. 1 VwGO zu treffen war (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.04.1997 - 6 C 9.95 -, NJW 1998, 323). Ob das Ablehnungsgesuch aus anderen Gründen, etwa weil der Antragsteller das Kollegialgericht als Ganzes mit der erst später abgegebenen Begründung, die Richter hätten den wesentlichen Klageaspekt nicht wahrnehmen wollen, als befangen ablehnt, offensichtlich unzulässig ist (vgl. dazu aber: BVerfG, Beschluss vom 24.02.2006 - 2 BvR 836/04 -, NJW 2006, 3129; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10.08.2007 - 16 WF 114/07 -, FamRZ 2008, 1455 m.w.N.; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 54 RdNr. 11 m.w.N.), bedarf hier keiner weiteren Vertiefung. Denn selbst wenn die Nichtabhilfeentscheidung gegen § 54 VwGO, § 45 Abs. 1 ZPO verstoßen würde, bliebe dieser formelle Fehler ohne Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses vom 14. Oktober 2009, der im Beschwerdeverfahren allein zu prüfen ist; dieser Beschluss kann nicht auf dem Verfahrensverstoß der nachträglichen Nichtanwendung der § 54 VwGO, §§ 42 ff. ZPO beruhen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.04.1997, a.a.O.; OVG Hamburg, Beschluss vom 15.05.1986 - OVG Bs I 55/86 -).
|
|
|
Entgegen der Ansicht des Antragstellers zwingt ein formeller Fehler des Abhilfeverfahrens oder des Abhilfebeschlusses auch nicht dazu, den ablehnenden Prozesskostenhilfebeschluss oder den Nichtabhilfebeschluss aufzuheben und das Verfahren zur ordnungsgemäßen Abhilfeprüfung an die Ausgangsinstanz zurückzugeben (vgl. dazu OLG Köln, Beschluss vom 23.03.2005 - 8 W 4/05 -, juris). Zwar wird in diesen Fällen in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung die Möglichkeit einer Zurückverweisung gemäß §§ 173 VwGO, 572 Abs. 3 ZPO durchaus anerkannt (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 23.01.2008 - 11 S 2916/07 -, VBlBW 2008, OVG des Saarlandes, Beschluss vom 28.09.2007 - 1 D 399/07 -, NVwZ-RR 2008, 215; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20.10.2008 - 2 O 196/08 -, NVwZ-RR 2009, 271), jedoch steht eine solche Entscheidung im Ermessen des Beschwerdegerichts und ist dieses nicht daran gehindert, trotz einer formell fehlerhaften Nichtabhilfeentscheidung zur Sache zu entscheiden (vgl. Guckelberger in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 148 RdNr. 14; Meyer-Ladewig/Rudisile in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, § 148 RdNr. 10). Auch wenn in den Fällen einer formell fehlerhaften Nichtabhilfeentscheidung für eine Zurückverweisung sprechen mag, dass dem Beschwerdeführer die Instanz erhalten bleibt, hält der Senat eine Zurückverweisung hier für untunlich. Mit ihr kann vorliegend weder eine Beschleunigung des Verfahrens erreicht werden noch hat hier eine möglicherweise formell fehlerhafte Nichtabhilfeentscheidung Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der ablehnenden Prozesskostenhilfeentscheidung. Vornehmliche Aufgabe des Beschwerdegerichts ist es aber, über die eingelegte Beschwerde zu befinden.
|
|
|
b. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die von dem Antragsteller angestrebten Wiederaufnahmeklagen mangels hinreichender Erfolgsaussicht (vgl. §§ 166 VwGO, 114 ZPO) zu Recht abgelehnt. Auch nach Ansicht des Senats liegen keine Wiederaufnahmegründe vor.
|
|
|
Dies hat das Verwaltungsgericht hinsichtlich der Bescheide des Finanzamtes ... vom 31.03.2006 und vom 04.12.2007 als mögliche Wiederaufgreifensgründe nach § 153 Abs. 1 VwGO, § 580 Nr. 7b ZPO zutreffend ausgeführt; insoweit kann auf den angefochtenen Beschluss verwiesen werden.
|
|
|
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 11.01.2006 - 52562/99 und 52620/99, 52562/99, 52620/99 - (RIW 2006, 378) sowie der ebenfalls vom Antragsteller herangezogene Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 07.12.2001 - 1 BvR 1806/98 - (GewArch 2002, 111) führen entgegen dessen Ansicht ebenfalls nicht zu einer Wiederaufnahme nach § 153 Abs. 1 VwGO, § 580 Nr. 7a oder 7b ZPO. Diese Entscheidungen sind weder fachgerichtliche Urteile, deren Rechtskraft den Streitfall des Antragstellers erfasst (vgl. zu dieser Voraussetzung des § 580 Nr. 7a ZPO: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 59. Aufl., § 580 ZPO RdNr. 12), noch sind sie taugliche Urkunden im Sinne des § 580 Nr. 7b ZPO. Von dieser Vorschrift sind nämlich solche Schriftstücke nicht umfasst, die lediglich eine andere Rechtslage dartun sollen (vgl. Meyer-Ladewig/Rudisile, a.a.O., § 153 VwGO RdNr. 14; Braun in: Münchener Kommentar zur ZPO, § 580 ZPO RdNr. 48; hinsichtlich eines verfassungsgerichtlichen Urteils ausdrücklich: Grunsky, in Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl., Bd. 5/1, § 580 ZPO RdNr. 28). Darüber hinaus betrifft das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 11.01.2006 die hier nicht im Streit stehende Frage, in welchem Umfang Art. 11 Abs. 1 EMRK die negative Koalitionsfreiheit gerade in Bezug auf vorherige Absperrklauseln schützt, mithin das Recht, einer Gewerkschaft fernzubleiben, und hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 07.12.2001 die Verfassungsmäßigkeit der Pflichtmitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer unter Hinweis auf die Erfüllung legitimer öffentlicher Aufgaben und die freiheitssichernde und legitimatorische Funktion der Pflichtmitgliedschaft durch die Chance zur Beteiligung und Mitwirkung an staatlichen Entscheidungsprozessen als mit dem Grundgesetz vereinbar bestätigt (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 19.01.2005, a.a.O.; Urteil vom 21.07.1988 - 1 C 32.97 -, BVerwGE 107, 169; Urteil des Senats vom 19.07.2004 - 6 S 6/04 -; Beschluss des Senats vom 16.03.2009 - 6 S 28/09 -).
|
|
|
Die Annahme, wegen „verfassungswidrigem Dauerfehlverhaltens“ des Verwaltungsgerichts und der Antragsgegnerin seien Restitutionsgründe nach § 580 Nr. 5 und 4 ZPO gegeben, ist abwegig. Die Ansicht des Verwaltungsgerichts und der Antragsgegnerin, die Pflichtmitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer sei verfassungsgemäß, deckt sich vielmehr mit der zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, sowie der zitierten höchst- und obergerichtlichen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung.
|
|
|
Soweit der Antragsteller wegen der Verweigerung des rechtlichen Gehörs das Vorliegen des absoluten Revisionsgrundes nach § 138 Nr. 3 VwGO rügt, begründet dies hier bereits deswegen keinen möglicherweise in Betracht kommenden Wiederaufnahmegrund nach § 153 Abs. 1 VwGO, § 579 Nr. 4 ZPO in entsprechender Anwendung (vgl. dazu: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hart-mann, a.a.O., § 579 ZPO RdNr. 13), da dieser Mangel bereits im Rechtsmittelweg geltend gemacht werden konnte (vgl. Braun, a.a.O., § 580 ZPO RdNr. 20). Entsprechendes gilt, soweit der Antragsteller auf Verfahrensmängel wegen „fehlender Erörterung verfahrenserheblicher Inhalte“ und wegen der Durchführung der mündlichen Verhandlung „trotz unbearbeiteter Rüge zum Prozesskostenhilfeantrag“ abstellt.
|
|
|
Das Vorbringen des Antragstellers, sein Ablehnungsgesuch gegen den entscheidenden Einzelrichter sei unzutreffend beschieden worden und die Verwaltungsstreitsache hätte auf die Kammer gemäß § 6 Abs. 3 VwGO zurückübertragen werden müssen, so dass der absolute Revisionsgrund nach § 138 Nr. 1 VwGO und damit in der Sache ein Wiederaufnahmegrund nach § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gegeben sei, kann ebenfalls nicht zur Wiederaufnahme des Verfahrens führen. Dem steht bereits § 579 Abs. 2 ZPO entgegen, nach dem die Klage in den Fällen des § 579 Abs. 1 Nr. 1 und 3 ZPO nicht stattfindet, wenn die Nichtigkeit mittels eines Rechtsmittels geltend gemacht werden konnte.
|
|
|
c. Für den von dem Antragsteller in diesem Zusammenhang gestellten Antrag auf Aussetzung des Verfahrens bis zur „datenschutzrechtlichen Überprüfung der Meldung an die IHK“ vermag der Senat keine Rechtsgrundlage zu erkennen.
|
|
|
Ebenso wenig ist den Anträgen auf „Hinzuziehung des Bundesverfassungsgerichts“ und „nach Art. 100 Abs. 2 GG“ nachzukommen. Die Voraussetzungen des Art. 100 Abs. 2 GG für die Einholung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sind in der Sache nicht erfüllt. Zudem wäre die Einholung einer solchen Entscheidung im Beschwerdeverfahren über einen ablehnenden Prozesskostenhilfebeschluss untunlich.
|
|
|
2. Dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Prozesskostenhilfebeschwerdeverfahrens kann nicht entsprochen werden. Nach nahezu einhelliger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung (vgl. etwa: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.05.2009 - 18 E 510/09 -, juris; Niedersächs. OVG, Beschluss vom 05.12.2008 - 2 PA 563/08 -, InfAuslR 2009, 195; OVG Hamburg, Beschluss vom 03.05.1994 - Bs IV 20/94 -, juris; vgl. ebenso auch: Olbertz, in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 166 VwGO RdNr. 5; Neumann in: Sodann/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 166 RdNr. 59) kann Prozesskostenhilfe für das Prozesskostenhilfeverfahren sowie für das hierauf bezogene Beschwerdeverfahren nicht bewilligt werden, da unter Prozessführung im Sinne von § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 ZPO nicht das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren selbst, sondern nur das eigentliche Streitverfahren verstanden werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.08.1990 - 5 ER 640.90 -, JurBüro 1991, 570; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.04.2000 - 8 S 826/00 -, juris). Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe ist es, der bedürftigen Partei die gerichtliche Durchsetzung bzw. Verteidigung eines materiell-rechtlichen Anspruchs zu ermöglichen, soweit die Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
|
|
|
Für eine erweiternde Auslegung des Begriffs der Prozessführung besteht kein Anlass. Zwar entfällt in diesem Fall auch die Möglichkeit, einem bedürftigen Beteiligten für das Prozesskostenhilfebeschwerdeverfahren einen Rechtsanwalt beizuordnen, was der Antragsteller hier im Übrigen nicht beantragt hat. Die erforderliche Chancengleichheit eines bedürftigen Beteiligten im Vergleich zu einem finanziell besser gestellten Rechtssuchenden wird jedoch dadurch nicht gefährdet. Denn ebenso wie der Prozesskostenhilfebewilligungsantrag kann auch die Einlegung der Beschwerde gegen einen die Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts erklärt werden (§ 117 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 166 VwGO), wobei der Urkundsbeamte verpflichtet ist, den Antragsteller über die Antragserfordernisse sachgemäß zu beraten. Eine gegebenenfalls erforderliche weitergehende Beratung über die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung oder -verteidigung ist durch das Beratungshilfegesetz gewährleistet. Der Umstand, dass im Prozesskostenhilfebeschwerdeverfahren nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses - Anlage 1 zum GKG - die Erhebung eines Festbetrages von 50 EUR für den Fall der Verwerfung oder Zurückweisung der Beschwerde vorgesehen ist, führt nicht dazu, für dieses allein bestehende Kostenrisiko - dem Gegner entstandene außergerichtliche Kosten (§ 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO) und die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 127 Abs. 4 ZPO) werden nicht erstattet - Prozesskostenhilfe für das Prozesskostenhilfebeschwerdeverfahren zu bewilligen. Denn dem bedürftigen Beteiligten wird auch im Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ein Kostenrisiko nicht gänzlich genommen; im Fall des Unterliegens hat er die dem Gegner entstandenen Kosten zu erstatten (§ 123 ZPO). Auch steht im Fall der - wie hier - erfolglosen Beschwerde gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren fest, dass die Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte. Dann ist es mit dem Wesen der Prozesskostenhilfe vereinbar, dass auch der bedürftige Beteiligte anfallende Gerichtskosten für ein erfolgloses Beschwerdeverfahren trägt (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 03.05.1994, a.a.O.).
|
|
|
|
|
Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil in Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses - Anlage 1 zum GKG - die Erhebung eines Festbetrages vorgesehen ist.
|
|
|
|