Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 12 S 1432/20

Tenor

Nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache wird das Verfahren eingestellt. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 14. April 2020 - 8 K 161/20 - ist, soweit mit ihm der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz abgelehnt worden ist, unwirksam.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert wird - unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung - für beide Rechtszüge auf jeweils 5.000,-- Euro festgesetzt.

Der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt ..., für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe

 
1. Nachdem die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 23.06.2020 und der Antragsgegner unter dem 30.06.2020 übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts im ersten Rechtszug für unwirksam zu erklären (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO) und gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO durch Beschluss der Berichterstatterin (§ 87a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 VwGO) über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden.
Es entspricht in der Regel billigem Ermessen im Sinne des § 161 Abs. 2 VwGO, entsprechend dem Grundsatz des § 154 Abs. 1 VwGO dem Beteiligten die Kosten aufzuerlegen, der voraussichtlich in der Hauptsache unterlegen wäre, hätte der Rechtsstreit sich nicht in der Hauptsache erledigt (vgl. näher VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.12.2018 - 12 S 1536/18 -, juris Rn. 6). Maßgeblich ist dabei die Sach- und Rechtslage unmittelbar vor Eintritt des erledigenden Ereignisses (Schenke in: Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl., § 161 Rn. 16). Wird der Rechtsstreit im Rechtsmittelverfahren insgesamt für erledigt erklärt, kommt es darauf an, ob das Rechtsmittel nach dem bisherigen Sach- und Streitstand voraussichtlich Erfolg gehabt hätte (vgl. Neumann/Schaks in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 161 Rn. 76). Erledigt sich ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Beschwerdeverfahren, sind die Erfolgsaussichten nur an Hand der Gründe zu beurteilen, welche der Beschwerdeführer dargelegt hat, § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO (Neumann/Schaks a.a.O., § 161 Rn. 76).
Gemessen hieran entspricht es billigem Ermessen, der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge aufzuerlegen, da sie im Zeitpunkt unmittelbar vor der Erledigung des Eilverfahrens unter Berücksichtigung der von der Beschwerde dargelegten Gründe mit ihrer Beschwerde voraussichtlich unterlegen wäre.
Dabei geht das Gericht zugunsten der Antragstellerin im Hinblick auf § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO davon aus, dass sich die Ausführungen der Beschwerde im Schriftsatz vom 13.05.2020 unter II. bis IV. nicht allein auf die Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 14.04.2020 beziehen, worauf die Formulierung „ist eine hinreichende Erfolgsaussicht gegeben“ schließen lassen könnte. Es wird vielmehr davon ausgegangen, dass sich dieses Vorbringen auch auf die vorliegende, inzwischen für erledigt erklärte Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz beziehen sollte. Denn der Vortrag unter Ziffer I. im Schriftsatz vom 13.05.2020, wonach zur Begründung der gestellten Anträge und der Beschwerde auf den bisherigen Sachvortrag Bezug genommen und dieser auch zum Vortrag im Beschwerdeverfahren gemacht wird, genügt für sich genommen den Darlegungsanforderungen im Sinne von § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nicht (vgl. W.-R. Schenke in: Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 146 Rn. 41; Kuhlmann in: Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 146 Rn. 4). Dennoch wäre die Beschwerde nach summarischer Prüfung voraussichtlich ohne Erfolg geblieben.
Das Verwaltungsgericht hat angenommen, der gemäß § 122 Abs. 1, § 88 VwGO sachdienlich ausgelegte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Landratsamts Lörrach vom 11.04.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 10.12.2019 sei zulässig, insbesondere statthaft, da die Antragstellerin im Besitz eines Aufenthaltstitels gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG gewesen sei und vor Ablauf des Titels dessen Verlängerung beantragt habe. Der Antrag habe aber in der Sache keinen Erfolg.
a) Das Verwaltungsgericht war der Auffassung, soweit die Antragstellerin vortrage, der Antragsgegner habe ihr eine Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen nach §§ 27 ff. AufenthG (in entsprechender Anwendung) erteilen müssen, dürfte dies nach vorläufiger Würdigung der Sach- und Rechtslage nicht die Rechtswidrigkeit des Bescheides begründen, da dies im Verwaltungsverfahren nicht beantragt worden sei. Mit dem hiergegen gerichteten Beschwerdevorbringen hätte die Beschwerde voraussichtlich keinen Erfolg gehabt.
Das Ziel eines Antrags auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis (§§ 7, 8 AufenthG) wird durch die Aufenthaltszwecke und den Lebenssachverhalt, aus denen der Ausländer seinen Anspruch herleitet, bestimmt und begrenzt, weil das Aufenthaltsgesetz strikt zwischen den in den Abschnitten 3 bis 7 seines Kapitels 2 genannten Aufenthaltszwecken trennt. Die Entscheidung der Ausländerbehörde über diesen Antrag i. S. der § 81 Abs. 3 und 4, § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG ist entsprechend beschränkt. Legt der Ausländer ohne weitere Eingrenzung einen Lebenssachverhalt dar, der einem oder mehreren in den Abschnitten 3 bis 7 des Kapitels 2 des Aufenthaltsgesetzes genannten Aufenthaltszwecke zuzuordnen ist, ist sein Antrag nach jeder bei Würdigung des vorgetragenen Lebenssachverhalts in Betracht kommenden Vorschrift des betreffenden Abschnitts zu beurteilen. Stützt ein anwaltlich vertretener Ausländer sein Begehren ausdrücklich auf eine einzelne Rechtsgrundlage des Aufenthaltsgesetzes und legt auch der unterbreitete Lebenssachverhalt nicht nahe, dass weitere Rechtsgrundlagen in Betracht kommen, so ist der Gegenstand des Antrags entsprechend begrenzt. Es ist dem Ausländer folglich grundsätzlich verwehrt, mit einem Rechtsbehelf gegen die Ablehnung seines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis einen (neuen) Aufenthaltszweck geltend zu machen, der bis zum Erlass der Ablehnungsentscheidung noch nicht Gegenstand seines Antragsbegehrens war. Bei der Auslegung eines - nicht formbedürftigen - Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels (§ 81 Abs. 1 AufenthG) sind die für die Auslegung von empfangsbedürftigen Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts geltenden Rechtsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB) anzuwenden. Danach kommt es nicht auf den inneren Willen des Erklärenden, sondern darauf an, wie seine Erklärung aus der Sicht des Empfängers bei objektiver Betrachtung zu verstehen ist. Dabei tritt der Wortlaut hinter Sinn und Zweck der Erklärung zurück. Maßgebend ist der geäußerte Wille des Erklärenden, wie er aus der Erklärung und sonstigen Umständen für den Erklärungsempfänger erkennbar wird. Maßgeblich ist daher, wie die Ausländerbehörde den Antrag unter Berücksichtigung aller ihr erkennbaren Umstände und der Mitwirkungspflicht des Ausländers (§ 82 Abs. 1 AufenthG) nach Treu und Glauben zu verstehen hat. Dabei muss sich die Auslegung auf die schriftlichen und mündlichen Erklärungen des Ausländers in ihrer Gesamtheit und das mit ihnen erkennbar verfolgte Ziel beziehen. Bei der Ermittlung des wirklichen Willens ist nach anerkannter Auslegungsregel zugunsten eines anwaltlich nicht vertretenen Ausländers davon auszugehen, dass er den Antrag stellen will, der nach Lage der Sache seinen Belangen entspricht und gestellt werden muss, um das erkennbar angestrebten Ziel zu erreichen (vgl. zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.08.2009 - 11 S 1056/09 -, juris Rn. 12 f. m.w.N.).
Gemessen daran dürfte die Antragstellerin bei summarischer Prüfung keinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß §§ 27 ff. AufenthG gestellt und der Antragsgegner hierüber im angefochtenen Bescheid dementsprechend wohl zu Recht keine Entscheidung getroffen haben. Nach Aktenlage bezog sich der Antrag der Antragstellerin vom 17.09.2018 lediglich auf die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG, wonach einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann, wenn seine Ausreise aus rechtlichen Gründen unmöglich und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Dem nachfolgenden Antragsvorbringen einschließlich des Vortrags ihrer nach Anhörung zur Antragsablehnung hinzugezogenen Rechtsanwälte dürfte sich ebenfalls nur ein Antrag auf Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels entnehmen lassen. Eine andere Beurteilung hätte das Beschwerdevorbringen voraussichtlich nicht zur Folge gehabt.
b) Das Verwaltungsgericht war weiter der Auffassung, die Behörde habe es nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage rechtsfehlerfrei abgelehnt, der Antragstellerin eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25b Abs. 1 AufenthG zu erteilen. Diese Voraussetzungen erfülle die Antragstellerin aller Voraussicht nach nicht. Dabei könne dahinstehen, ob bereits die häusliche Gemeinschaft der Antragstellerin mit ihren Enkeln dazu führen könnte, dass ein sechsjähriger gestatteter Aufenthalt genügen würde. Die Antragstellerin halte sich nach Lage der Akten jedenfalls seit weniger als sechs Jahren in der Bundesrepublik Deutschland auf.
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Die Beschwerde wendet insoweit ein, die Antragstellerin sei am 24.04.2014 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Als die Behörde den angegriffenen Bescheid vom 11.04.2019 erlassen habe, hätte sie ihr mitteilen müssen und sollen, dass sie am 24.04.2020 mit einer positiven Entscheidung werde rechnen können. Die Antragstellerin und deren Anwalt hätten nach Erhalt einer derartigen Mitteilung das Ruhen des Verfahrens bis Ende April 2020 beantragen können. Die Sechsmonatsfrist wäre dann verstrichen gewesen und dem Antrag hätte entsprochen werden müssen und können. Der letzte Satz auf Seite 7 zweiter Absatz des angegriffenen Beschlusses sei sachlich unrichtig. Die Antragstellerin habe sich nach Lage der Akten am 11.04.2020 und heute länger als sechs Jahre in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten.
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Auch dieser Einwand hätte bei summarischer Prüfung voraussichtlich nicht zum Erfolg der Beschwerde geführt. Nach Aktenlage dürfte vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AufenthG nicht auszugehen sein. Danach wird regelmäßig vorausgesetzt, dass sich der Ausländer, falls er zusammen mit einem minderjährigen ledigen Kind in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten hat. Zwar hat sich die Antragstellerin unmittelbar vor Erledigung des Eilverfahrens (zum maßgeblichen Zeitpunkt bei § 25b AufenthG s. BVerwG, Urteil vom 18.12.2019 - 1 C 34.18 -, juris Rn. 23, 34) - soweit ersichtlich - seit mehr als sechs Jahren geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 18.12.2019, a.a.O., juris Rn. 37, 41) in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten. Zudem lebt sie mit zumindest einem minderjährigen ledigen Enkelkind und dessen sorgeberechtigter Mutter in einer gemeinsamen Wohnung. Selbst wenn man einstellt, dass der Schutz der Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG familiäre Bindungen zwischen nahen Verwandten, insbesondere zwischen Großeltern und ihrem Enkelkind, einschließen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.06.2014 - 1 BvR 2926/13 -, juris), kann sich ein Großelternteil, der mit einem minderjährigen Enkel und dessen sorgeberechtigtem Elternteil (nur) in tatsächlicher häuslicher Gemeinschaft lebt, nicht auf die zeitliche Privilegierung des sechsjährigen Aufenthaltes in § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AufenthG berufen.
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Zwar enthält der Gesetzeswortlaut keine Angaben zu einer statusrechtlichen Beziehung zwischen dem Ausländer und dem Kind. Es muss sich demnach weder um ein leibliches Kind noch um ein Adoptivkind handeln. Auch schließt der Gesetzeswortlaut des § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AufenthG nicht aus, dass bereits eine faktische häusliche Gemeinschaft zur Begründung der Privilegierung führen kann, zumindest wenn die häusliche Gemeinschaft - wie hier - jedenfalls schon einige Zeit vor der Antragstellung bestanden hat und von deren Fortbestehen für die nahe Zukunft ausgegangen werden kann (vgl. zum Ganzen Kluth in: BeckOK Ausländerrecht, 25. Edition, Stand 01.01.2020, § 25b AufenthG Rn. 16; R. Fränkel in: Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 25b AufenthG Rn. 8). Allerdings folgt aus der Gesetzessystematik und dem Zweck der Regelung, dass der Privilegierungstatbestand von sechs Jahren nur dann greift, wenn zwischen dem Ausländer und dem minderjährigen ledigen Kind ein rechtliches Verantwortungsverhältnis besteht, weil ihm als Elternteil, Vormund oder gegebenenfalls als Pfleger die Sorge für das Kind zusteht. So ergibt sich aus § 25b Abs. 1 Nr. 5 AufenthG, dass der Ausländer bei Kindern im schulpflichtigen Alter regelmäßig deren tatsächlichen Schulbesuch nachweisen muss. Diese Regelung ergäbe keinen Sinn, könnte der Ausländer auf den Schulbesuch mangels Sorgerechts keinen Einfluss nehmen. Auch § 25b Abs. 4 AufenthG zeigt den Schluss auf, dass es auf eine rechtliche und nicht nur tatsächliche Verbundenheit ankommt. Der Gesetzesbegründung zu § 25b AufenthG (BT-Drs. 18/4097 S. 1, 42 f.) lässt sich nichts anderes entnehmen. Ferner entspricht dies dem Verständnis bei der im Wesentlichen wortgleichen Formulierung in § 104a Abs. 2 Satz 1 AufenthG (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 22.12.2009 - 19 C 09.845 -, juris Rn. 4 ff.; Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, § 104a AufenthG Rn. 29). An einem solchen rechtlichen Verantwortungsverhältnis zwischen der Antragstellerin und einem mit ihr in häuslicher Gemeinschaft lebenden minderjährigen ledigen Kind fehlt es im vorliegenden Fall. Der Antragstellerin steht nach Aktenlage kein Sorgerecht zu, dieses wird vielmehr von der mit im Haushalt lebenden Mutter ausgeübt. Hinsichtlich der Absicht einer Großmutter, in familiärer Lebensgemeinschaft mit Tochter und Enkel zu leben, sieht das Gesetz den Weg nach § 36 Abs. 2 AufenthG mit den dort normierten - hohen - Voraussetzungen vor.
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Anhaltspunkte, die bei einer Gesamtschau der Umstände des Einzelfalls darauf schließen ließen, es lägen bei der Antragstellerin sonstige besondere Integrationsleistungen von vergleichbarem Gewicht vor (vgl. „setzt regelmäßig voraus“), weshalb ausnahmsweise von dem hier somit grundsätzlich erforderlichen achtjährigen Voraufenthalt abzusehen wäre, wurden nicht dargelegt und sind auch nicht ersichtlich.
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c) Bei summarischer Prüfung ist ferner nicht anzunehmen, dass die Beschwerde mit Blick auf § 25 Abs. 5 AufenthG Erfolg gehabt hätte. Dass dessen Voraussetzungen nicht vorliegen dürften, hat das Verwaltungsgericht in jeder Hinsicht zutreffend dargelegt. Das Beschwerdevorbringen, das keine wesentlichen neuen Aspekte enthielt, hätte voraussichtlich zu keiner abweichenden rechtlichen Beurteilung geführt.
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d) Zu den weiteren Ausführungen des Verwaltungsgerichts unter Ziffer III. 2. lit. d, e, f, g und h und Ziffer IV. verhielt sich der Zulassungsantrag nicht, so dass sich ein Erfolg der Beschwerde - auch hinsichtlich des von der Beschwerde gestellten Hilfsantrags, die Abschiebung auszusetzen - voraussichtlich ebenfalls nicht ergeben hätte.
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2. Die Streitwertfestsetzung und ihre Änderung, die ebenfalls in die Zuständigkeit der Berichterstatterin fällt (§ 87a Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 VwGO), findet ihre Grundlage in § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG. Eine Halbierung des Regelstreitwerts (§ 52 Abs. 2 GKG) in Höhe von 5.000 Euro erfolgt nicht, da der Antragstellerin bereits ein längerfristiger legaler Aufenthalt im Bundesgebiet ermöglicht worden war (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 21.02.2020 - 11 S 2/20 -, juris Rn. 48, und vom 19.07.2019 - 11 S 1812/19 -, juris Rn. 6, in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung). Die beigefügte Abschiebungsandrohung führt zu keiner Erhöhung des Streitwerts (vgl. Ziffer 8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013).
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3. Der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten, über den zu entscheiden die Berichterstatterin ebenfalls berufen ist (§ 87a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 VwGO), ist abzulehnen, weil die Voraussetzungen hierfür - unabhängig von der Frage des Vorliegens einer hinreichenden Erfolgsaussicht der Beschwerde - nicht vorliegen (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 114, 121 Abs. 1 ZPO).
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Nach der Beendigung eines Rechtszuges ist eine nachträgliche Bewilligung von Prozesskostenhilfe nur möglich, wenn der Antragsteller vor Abschluss des Verfahrens alles zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe Erforderliche getan bzw. das Gericht trotz Entscheidungsreife nicht über den Prozesskostenhilfeantrag entschieden hat, bevor das erledigende Ereignis eingetreten ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.04.2010 - 1 BvR 362/10 -, juris Rn. 13 f.; BVerwG, Beschluss vom 19.04.2011 - 1 PKH 7.11 u.a. -, juris Rn. 1; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.04.2019 - 11 S 2127/18 -, juris Rn. 4; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.10.2018 - 12 E 765/17 -, juris Rn. 3, 8; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 10.12.2014 - 3 O 40/14 -, juris Rn. 5). Bewilligungsreife setzt das Vorliegen eines mit Begründung versehenen Prozesskostenhilfeantrags sowie einer vollständigen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einschließlich der entsprechenden Belege voraus (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.10.2003 - 1 BvR 901/03 -, juris Rn. 16; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.04.2019, a.a.O., juris Rn. 4; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.10.2018, a.a.O., juris Rn. 5, 7; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.06.2010 - OVG 10 M 8.10 -, juris Rn. 10). Daran fehlt es hier.
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Eine Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs war vorliegend zu keinem Zeitpunkt gegeben, selbst wenn man davon absieht, dass im Beschwerdeverfahren weder eine neue Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt noch unter Bezugnahme auf die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren beigefügte Erklärung unmissverständlich versichert worden ist, Änderungen seien nicht eingetreten (vgl. zu diesem grundsätzlichen Erfordernis BGH, Beschluss vom 27.08.2019 - VI ZB 32/18 -, juris; BVerwG, Beschluss vom 10.11.2016 - 9 PKH 3.16 -, juris Rn. 1; Dürbeck/Gottschalk in: Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 9. Aufl. 2020, Rn. 164). Denn selbst wenn man alle bislang zur Akte gelangten Unterlagen heranzieht, könnte der Antragstellerin Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden, weil sie nicht - wie erforderlich - dargetan hat, dass und gegebenenfalls in welchem Umfang sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage wäre, die Kosten der Prozessführung aufzubringen (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sind (u.a.) mit Blick auf die Einnahmen der Antragstellerin keine ausreichenden Belege beigefügt worden (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
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Ausweislich der von der Antragstellerin im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (lit. E) erzielt sie aus zwei nichtselbständigen Tätigkeiten Einkünfte, nämlich zum einen in Höhe von ... Euro brutto und zum anderen in Höhe von „ca. ... Euro netto“. Belege hat die Antragstellerin (auch) hierzu entgegen der Vorgaben im Formular nicht angeführt. Anders als nach den Ausfüllhinweisen, welche die Antragstellerin ausweislich ihrer Bestätigung erhalten und gelesen hat (vgl. lit. K der Erklärung), gefordert, hat sie zu ihren Einnahmen (auch) keinerlei Lohn- und Gehaltsabrechnungen zur Akte gereicht. In Bezug auf den Prozesskostenhilfeantrag wurde explizit vielmehr allein der Mietvertrag vom ... nebst Anlage dazu vom ... vorgelegt (vgl. Schriftsatz des Antragstellervertreters vom 06.01.2020 Seite 8). Der Verfahrensakte des Verwaltungsgerichts lassen sich entsprechende Lohn- und Gehaltsabrechnungen ebenfalls nicht entnehmen. Darin befinden sich lediglich eine Arbeitsbescheinigung der „... ...“ vom 21.03.2019 sowie ein befristeter Arbeitsvertrag mit der Firma ... .... Insbesondere im Hinblick auf die letztgenannte Tätigkeit sind die Einkünfte der Antragstellerin nicht ausreichend dargelegt und lassen sich die Angaben der Antragstellerin („ca. ... netto“ pro Monat) nicht hinreichend nachvollziehen, da die wöchentliche Arbeitszeit nach dem Arbeitsvertrag durchschnittlich nur eine Stunde bei einer Fünf-Tage-Woche und der Brutto-Stundenlohn derzeit ... Euro beträgt.
21 
Auch im vorliegenden Verfahren ist eine Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfeantrags nicht eingetreten. Die Antragstellerin hat weiterhin keine ausreichenden Belege vorgelegt. Die Bescheinigung der Firma ... über die dortige Beschäftigung der Antragstellerin in geringfügiger Beschäftigung gemäß § 8 SGB IV seit dem ... als ... sowie die Vorlage allein einer einzigen Lohnabrechnung („Lohnabrechnung 4/2020“ der Firma ...) genügt schon angesichts des schwankenden Einkommens aus dieser Tätigkeit den Vorgaben der Erklärung nebst Hinweisblatt nicht.
22 
Dass die Antragstellerin vom Verwaltungsgericht (aus dessen Sicht folgerichtig, da es seine Entscheidung allein auf das Fehlen einer hinreichenden Erfolgsaussicht des Eilantrags gestützt hat) und dem Senat vor Erledigung des Verfahrens nicht auf die Unzulänglichkeit der vorgelegten Unterlagen hingewiesen worden ist, steht der ablehnenden Entscheidung auch unter Berücksichtigung dessen, dass die Vorschriften über die Gewährung von Prozesskostenhilfe dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit dienen, dem Gericht im Prozesskostenhilfeverfahren eine besondere Fürsorgepflicht obliegt, die Anforderungen an die Darlegung (auch) der wirtschaftlichen Verhältnisse nicht überspannt werden dürfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.10.2003, a.a.O., juris 15, 17; BGH, Beschluss vom 27.08.2019, a.a.O., juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.06.2010, a.a.O., juris Rn. 12, 16), und des Grundsatzes des fairen Verfahrens nicht entgegen.
23 
Bei einem anwaltlich vertretenen Antragsteller muss auf das verfahrensrechtliche Erfordernis des § 117 Abs. 2 und 4 ZPO nicht hingewiesen werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.04.2019, a.a.O., juris Rn. 4; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.08.2014 - 18 E 953/13 -, juris Rn. 4). Zwar ist in Fällen, in denen Unterlagen vorgelegt und Erklärungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen erfolgen, die sich als unvollständig erweisen, das Gericht grundsätzlich gehalten, hierauf hinzuweisen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.04.2019, a.a.O., juris Rn. 5). Allerdings gilt dies nur, wenn ein Gericht Anforderungen stellt, mit denen auch ein gewissenhafter Prozessbeteiligter nicht zu rechnen brauchte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.02.1999 - 2 BvR 229/98 -, juris Rn. 12 ff.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.08.2014, a.a.O., juris Rn. 8; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.06.2010, a.a.O., juris Rn. 17). Dass Belege entsprechend den Ausfüllhinweisen zur Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - hier insbesondere in Form von Lohnabrechnungen zu den Bruttoeinnahmen - vorzulegen sind, ist aber jedenfalls für einen bei Antragstellung anwaltlich vertretenen Antragsteller - wie hier - angesichts der ausdrücklichen Vorgaben im Formular (vgl. Überschrift der Erklärung [„Belege sind in Kopie durchnummeriert beizufügen“] sowie unter lit. E [„Belege ... müssen in Kopie beigefügt werden“, „Beleg Nummer“]) und den Ausfüllhinweisen zum Hinweisblatt grundsätzlich - und so auch hier - ohne Weiteres zu erkennen und musste sich zumindest dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin auch ohne gerichtlichen Hinweis aufdrängen. Die Kenntnis des Verfahrensbevollmächtigten ist der Antragstellerin zuzurechnen (vgl. § 173 Satz 1 Halbs. 1 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO).
24 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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