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| Der Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan ist zulässig. |
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| 1. Der Antragstellerin hat ihn innerhalb der Jahresfrist nach Bekanntmachung des Plans gestellt (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). |
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| 2. Dem Antragsteller steht - entgegen der Einschätzung des Senats in dem Beschluss gem. § 47 Abs. 6 VwGO (5 S 2133/17) vom 20. November 2017 - auch die notwendige Antragsbefugnis zur Seite. |
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| Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann einen Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder verletzt zu werden. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung i. S. des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind keine höheren Anforderungen zu stellen als an die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO. Ausreichend ist, wenn der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in einem subjektiven Recht verletzt wird (BVerwG, Urteil vom 24.9.1998 - 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215, juris Rn. 8). An dieser Möglichkeit fehlt es, wenn Rechte des Antragstellers unter Zugrundelegung seines Vorbringens offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können (BVerwG, Urteil vom 22.2.1994 - 1 C 24.92 - BVerwGE 95, 133, juris Rn. 11 m.w.N.). Hier erscheint es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Antragsteller, der nicht Eigentümer eines von den Festsetzungen des angegriffenen Bebauungsplans unmittelbar betroffenen Grundstücks im Plangebiet ist, jedenfalls in seinem subjektiven Recht auf gerechte Abwägung eigener (Eigentums-)Belange nach § 1 Abs. 7 BauGB (BVerwG, Beschluss vom 13.11.2012 - 4 BN 23.12 - BRS 79 Nr. 63, juris Rn. 3 f.) verletzt ist. Zwar macht der Umstand allein, dass ein bisher unbebautes Grundstück künftig bebaut werden darf, das Interesse des Nachbarn an der Erhaltung dieses Zustandes, z.B. wegen der bisherigen Ortsrand- und Aussichtslage seines eigenen Grundstücks, nicht zu einem schutzwürdigen Belang in der Abwägung (BVerwG, Beschluss vom 22.8.2000 - 4 BN 38.00 - NVwZ 2000, 1413, juris Rn. 10; vorgehend VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.5.2000 - 3 S 690/99 - VBlBW 2000, 482, juris Rn. 22 m.w.N.; BayVGH, Urteil vom 26.9.2018 - 1 NE 18.1303 - juris Rn. 14). Denn auf den Fortbestand eines solchen Lagevorteils und einer damit verbundenen Aussicht in die Landschaft besteht grundsätzlich kein rechtlich geschütztes Vertrauen. |
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| Allerdings kann eine Ortsrand- und/oder Aussichtslage ausnahmsweise wegen außergewöhnlicher örtlicher Gegebenheiten aus sich heraus besonders schutzwürdig sein (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.9.2007 - 3 S 882/06 - BWGZ 2009, 105, juris Rn. 20 m.w.N.). Der Antragsteller hat vorgetragen, er habe vor Errichtung des Bauvorhabens auf dem Nachbargrundstück eine „außergewöhnlich schöne Aussicht über den südlich gelegenen Rhein, das gesamte dort gelegene malerische Rheintal nach Westen und Süden sowie in die dort gelegene Niederebene der Schweiz“ gehabt. Die von ihm mit Schriftsatz vom 18. September 2017 vorgelegten Lichtbilder stehen hierzu nicht in Widerspruch und lassen zudem erkennen, dass vom Grundstück des Antragstellers nach der Bebauung zumindest kein freier Blick mehr nach Südwesten und Westen in das dort gelegene Rheintal möglich sein dürfte. Da dem Senat eine Prüfung der Antragsbefugnis unter Auswertung des gesamten Prozessstoffes und im Umfang einer Begründetheitsprüfung verwehrt ist (BVerwG, Beschluss vom 9.4.2018 - 4 BN 10.18 - juris Rn. 10 m.w.N.) erscheint es nach diesem Vortrag nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die aufgrund der Südhanglage auf dem Grundstück des Antragstellers eröffnete Aussichtsmöglichkeit in das Rheintal ausnahmsweise besonders schutzwürdig und damit abwägungserheblich ist. |
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| Es kann dahingestellt bleiben, ob die weiteren vom Antragsteller zur Begründung der Zulässigkeit des Antrages geltend gemachten Belange in der konkreten Planungssituation ebenfalls möglicherweise abwägungsbeachtlich sind und demzufolge das Vorliegen einer Antragsbefugnis begründen. |
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| 3. Der Antragsteller verfügt auch über das erforderliche allgemeine Rechtsschutzinteresse für den Normenkontrollantrag. |
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| a) Dieses Erfordernis soll verhindern, dass Gerichte in eine Normprüfung eintreten, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist, weil es seine Rechtsstellung nicht verbessern kann. Ob dies der Fall ist, richtet sich im Wesentlichen nach den jeweiligen Verhältnissen im Einzelfall (BVerwG, Urteil vom 30.09.1992 - 4 NB 22.92 - juris Rn. 8; Urteil vom 4.6.2008 - 4 BN 13.08 - juris Rn. 5). |
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| Nach den hier maßgebenden Umständen kann dem Antragsteller das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden. Bei bestehender Antragsbefugnis ist dieses ohnehin regelmäßig gegeben (BVerwG, Beschluss vom 9.4.2018 - 4 BN 10.18 - juris Rn. 10). Wenn der angegriffene Bebauungsplan mit Wirkung ex tunc, d.h. rückwirkend auf den Zeitpunkt des Normerlasses (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. § 47 Rn. 144) aufgehoben würde, wäre das Bauvorhaben nicht nach § 34 BauGB genehmigungsfähig, sondern läge im Außenbereich und könnte dort - mangels Vorliegens eines Privilegierungstatbestandes - wegen entgegenstehender öffentlicher Belange wohl nicht zugelassen werden (§ 35 Abs. 2 BauGB). |
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| Daran ändert sich nichts dadurch, dass das Bauvorhaben inzwischen vollständig errichtet worden ist. Zwar wird ein Antragsteller in der Regel seine Rechtsstellung durch einen erfolgreichen Angriff auf den Bebauungsplan nicht mehr verbessern können, wenn dieser durch eine genehmigte - oder genehmigungsfreie - Maßnahme vollständig verwirklicht ist. Denn in diesem Fall liegen an den Wegfall des Bebauungsplans anknüpfende Ansprüche in Folgeverfahren bei Beachtung des Vertrauensschutzes des Bauherrn regelmäßig fern (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.1.2019 - 4 BN 15.18 - juris Rn. 5; BVerwG, Urteil vom 18.8.1987 - 4 N 3.86 -, juris Rn. 18; Beschluss vom 29.9.2015 - 4 BN 25.15 - juris; BayVGH, Beschluss vom 16.7.2018 - 1 N 14.1510 - juris Rn. 19; NiedersOVG, Beschluss vom 26.5.2008 - 1 KN 37/08 -, juris Rn. 4). |
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| Dennoch kann dem Antragsteller mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG ein Rechtsschutzbedürfnis für das Normenkontrollverfahren nicht abgesprochen werden. Denn das Verwaltungsgericht hat seinen Antrag, im Wege des § 123 VwGO vorläufig die Einstellung der Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück anzuordnen, mit Beschluss vom 3. August 2017 mit der Begründung abgelehnt, nachbarschützende Vorschriften seien nicht verletzt. Den Antrag des Antragstellers gem. § 47 Abs. 6 VwGO, den vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Klausen-Hansengelstraße West“ bis zur Entscheidung über Normenkontrollantrag vorläufig außer Vollzug zu setzen, hat der Senat mit Beschluss vom 20. November 2017 wegen fehlender Antragsbefugnis i.S.v. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO abgelehnt. Demgegenüber geht der Senat in der Hauptsacheentscheidung nunmehr vom Vorliegen einer Antragsbefugnis aus. Verneinte man in dieser Situation das Rechtsschutzbedürfnis für den Normenkontrollantrag mit Blick darauf, dass das Bauvorhaben inzwischen vollständig errichtet ist, so hätte der Antragsteller keine effektive Möglichkeit (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG), das durch den vorhabenbezogenen Bebauungsplan ermöglichte Bauvorhaben - insbesondere in Bezug auf die Berücksichtigung seiner abwägungserheblichen Belange - gerichtlich überprüfen zu lassen und würde insoweit rechtsschutzlos gestellt. |
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| Der mithin zulässige Normenkontrollantrag ist auch begründet. Denn der angegriffene Bebauungsplan ist unwirksam. Es kann zwar kein Ausfertigungsmangel festgestellt werden (dazu 1.)), jedoch wurde der vorhabenbezogene Bebauungsplan am 16. Februar 2017 schon nicht rechtmäßig als Satzung beschlossen (dazu 2.)). Zudem ist er in mehrfacher Hinsicht verfahrensfehlerhaft zustande gekommen (dazu 3.)). Die festgestellten Mängel führen zur Gesamtnichtigkeit des Planes (dazu 4.). |
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| 1. Der Bebauungsplan ist ordnungsgemäß ausgefertigt worden. Zwar weist das dem Senat vorgelegte Original der Satzung, die aus dem Textteil und dem zeichnerischen Teil besteht, eine Unterschrift des zeichnungsberechtigten Bürgermeisters der Antragsgegnerin auf. Diese Unterschrift - mit der eine Ausfertigung vorgenommen worden ist - datiert aber vom 27. März 2017. Auch die Unterschriften des Bürgermeisters auf dem zeichnerischen Teil der Satzung und auf der Planbegründung tragen dieses Datum. Dann aber wurde die Originalurkunde des Bebauungsplans, deren Authentizität vom Bürgermeister bestätigt wird und welche Grundlage und Voraussetzung für die Bekanntmachung ist, erst nach der Bekanntmachung am 16. März 2017 hergestellt. Dies hat zur Konsequenz, dass ein nichtigkeitsbegründender Verfahrensfehler vorliegt, der zwar durch erneute Bekanntmachung der Norm - ggf. gekoppelt mit einer rückwirkenden Inkraftsetzung - hätte geheilt werden können (BVerwG, Beschluss vom 9.5.1996 - 4 B 60.96 - juris; BayVGH, Urteil vom 14.7.2016 - 2 N 15.472 - juris Rn. 2), hier aber nicht geheilt worden ist. |
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| Allerdings kann es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs für eine wirksame Ausfertigung ausreichen, wenn der Bürgermeister das den Satzungsbeschluss enthaltende Gemeinderatsprotokoll unterzeichnet hat und sich aus diesem Text oder den darin enthaltenen Bezugnahmen der verbindliche Planinhalt unzweifelhaft ergibt (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.6.2016 - 5 S 1375/14 - juris Rn. 36 m.w.N.). Diese Anforderungen sind hier erfüllt. Aus dem vom Bürgermeister unterschriebenen Gemeinderatsprotokoll vom 16. Februar 2016 ergibt sich, dass der Gemeinderat den „vorhabenbezogenen Bebauungsplan, Klausen-Hansengelstraße West‘ in der Fassung vom 6. Februar 2017 bestehend aus Planzeichnungen und textlichen Festsetzungen als Satzung beschlossen“ habe. Der Hinweis, der Bebauungsplan bestehe aus „Planzeichnungen“ erscheint zwar auf den ersten Blick nicht ganz eindeutig, weil (förmlicher) Bestandteil der Satzung nur eine Planzeichnung ist, nämlich der zeichnerische Teil „Straßen- und Baugrenzenplan mit Begrünung“. Jedoch lässt der Begriff „Planzeichnungen“ hier auch die Interpretation zu, dass damit die verschiedenen Einzeichnungen im zeichnerischen Teil gemeint sind. Zudem löst die Verwendung des Plurals „Planzeichnungen“ aber auch deshalb keine Zweifel an der Identität des Norminhalts der Satzung aus, weil dieser weitere Planzeichnungen (ein Schemaschnitt im Maßstab 1:100 und ein Übersichtsplan im Maßstab 1:1000) als Anlage beigefügt sind. |
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| 2. Der Satzungsbeschluss vom 16. Februar 2017 ist aber rechtswidrig, weil er unter Mitwirkung des befangenen Gemeinderats M... zustande gekommen ist. Nach § 18 Abs. 6 Satz 1 GemO ist ein Gemeinderatsbeschluss rechtswidrig, wenn bei der Beratung oder Beschlussfassung die Bestimmungen der Absätze 1, 2 oder 5 verletzt worden sind. Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 GemO darf ein ehrenamtlich tätiger Bürger weder beratend noch entscheidend mitwirken, wenn die Entscheidung einer Angelegenheit ihm selbst oder den in der Vorschrift näher genannten Personen einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann. § 18 Abs. 5 GemO bestimmt, dass derjenige, der bei der Beratung nicht mitwirken darf, die Sitzung verlassen muss. |
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| a) Hier war Gemeinderat M... im Sinne der genannten Vorschriften befangen. Denn als Planer des vorhabenbezogenen Bebauungsplans konnte er schon zur Vermeidung etwaiger Haftungsansprüche aus der Planungsentscheidung des Gemeinderates einen möglichen unmittelbaren Vorteil ziehen. Aber auch deshalb, weil er in dieser Eigenschaft für den durch die Planung begünstigten Vorhabenträger tätig geworden ist, der den Planentwurf zu erstellen hat (Krautzberger in Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB § 12 Rn. 117a) konnte die Entscheidung des Gemeinderats ihm selbst einen unmittelbaren Vorteil bringen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2002 - 5 S 1635/00 - juris Rn. 19; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.4.1999 - 8 S 5/99 - juris Rn. 27). Deshalb ist die Antragsgegnerin, ausweislich des vorliegenden Gemeinderatsprotokolls, zu Recht davon ausgegangen, dass nicht nur bei Herrn S... - dem Architekten und Planer des Bauvorhabens -, sondern auch bei Herr M... als Planer des vorhabenbezogenen Bebauungsplans ein Befangenheitsgrund vorliegt. |
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| Trotz seiner Befangenheit hat Gemeinderat M... die Sitzung aber entgegen § 18 Abs. 5 GemO nicht verlassen. Zwar heißt es in der Niederschrift über die öffentliche Sitzung des Gemeinderates am 16. Februar 2017, Gemeinderat M... habe „nicht bei den Beschlussfassungen“ zu TOP 8 „mitgewirkt“. Diese Feststellung betrifft jedoch nur den Mitwirkungsausschluss aus § 18 Abs. 1 GemO. Aus dem Gemeinderatsprotokoll ergibt sich hingegen nicht, dass Herr M... die Sitzung - anders als Herr S..., bei dem dies ausdrücklich vermerkt wird - vor der Beschlussfassung zusätzlich i.S.v. § 18 Abs. 5 GemO verlassen hat. Dies deckt sich mit der eidesstattlich versicherten Darstellung des Antragstellers (Anlage A 3 zum Schriftsatz vom 18. September 2017), wonach Herr M... sich - anders als Herr S... - bei der Behandlung von TOP 8 nicht in die Zuhörerreihen begeben habe. Auch nach den Angaben des Prozessvertreters der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung, die auf einer telefonischen Rücksprache mit der Hauptamtsleiterin der Gemeinde Hohentengen basieren, hat sich Herr M... bei der Behandlung des TOP 8 in der Sitzung am 16. Februar 2017 nicht in den Zuschauerraum begeben, sondern ist am Sitzungstisch verblieben und lediglich mit dem Stuhl von diesem abgerückt. |
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| Nach der langjährigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofes genügt ein bloßes Abrücken des befangenen Gemeinderates vom Sitzungstisch aber dann nicht für ein rechtliches „Verlassen“ der Sitzung i.S.v. § 18 Abs. 5 GemO, wenn es - wie im vorliegenden Fall - einen vom Bereich des Gemeinderatskollegiums äußerlich eindeutig abgegrenzten Zuschauerbereich gibt, in welchen sich der Gemeinderat hätte begeben können (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.12.2016 - 8 S 2442/14 - juris Rn. 46; Beschluss vom 11.10.1994 - 5 S 3142/93 - juris 18). In der Entscheidung vom 23.2.2001 (3 S 2574/99, juris Rn. 31) hat der Verwaltungsgerichtshof ein solches Abrücken vom Sitzungstisch zwar ausreichen lassen, jedoch lag hier die Besonderheit vor, dass wegen des starken Publikumsandranges zusätzliche Sitzgelegenheiten für Zuhörer geschaffen werden mussten und sich der befangene Gemeinderat mit seinem abgerückten Stuhl zwischen die Zuhörer begeben hatte. In der entschiedenen Sachverhaltskonstellation war der Ausschluss des befangenen Gemeinderates von der Beratung und Entscheidung des Gemeinderatsgremiums daher trotz der geringen Entfernung vom Sitzungstisch und der Mitnahme des Stuhles in die Zuhörerschaft hinein aufgrund der damit geschaffenen Durchgangsbreite zum Sitzungstisch erkennbar. Eine vergleichbare Situation war am 16. Februar 2017 nicht gegeben. Nach den Schilderungen des Prozessvertreters der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung musste der von den Zuschauern getrennt an seinem gewohnten Platz sitzende Gemeinderat M... trotz Abrückens vom Sitzungstisch weiterhin als Mitglied des Gemeinderatsgremiums wahrgenommen werden. |
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| Hieran ändert der schriftliche Vortrag der Antragsgegnerin nichts, dass Gemeinderat M... am 16. Februar 2017 vor dem Gemeinderat in zulässiger Weise präsentiert habe. Zwar unterliegt es keinen Bedenken, dass Gemeinderäte trotz Befangenheit in ihrer Eigenschaft als Planer an einer Gemeinderatssitzung teilnehmen und dort ihre Pläne erläutern bzw. Fragen beantworten. Denn diese Tätigkeit ist noch keine „Mitwirkung“ an der Beratung. Die Beratung beginnt aber spätestens dann, wenn der Gemeinderat in die Erörterung der für und gegen die Planung sprechenden Gesichtspunkte und vorliegender Bedenken eintritt (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.4.1999 - 8 S 5/99 - juris Rn 27, Urteil vom 14.11.2002 - 5 S 1635/00 - juris Rn. 19). Daher hätte Gemeinderat M... schon bei den Tagesordnungspunkten 8a) und 8b) „Auswertung, Abwägung der eingegangenen Stellungnahmen“, erst recht aber beim Tagesordnungspunkt 8c) „Beschlussfassung“ nicht - wenn auch abgerückt - am Ratstisch verbleiben dürfen. |
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| b) Der festzustellende Verfahrensfehler ist auch beachtlich geblieben. Denn er wurde vom Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers mit Schriftsatz vom 2. Juni 2017 (Anlage A 9) gegenüber der Gemeinde gerügt (§ 18 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. § 4 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 und Satz 3 GemO). |
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| 3. Auch der Bebauungsplan ist verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. |
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| a) Ein Verfahrensfehler liegt zunächst vor in Bezug auf die öffentliche Auslegung des Bebauungsplanentwurfs. |
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| aa) § 3 Abs. 2 Satz 1 und 2 BauGB verlangt, die Entwürfe der Bebauungspläne mit der Begründung und den nach Einschätzung der Gemeinde wesentlichen, bereits vorliegenden Stellungnahmen für die Dauer eines Monats öffentlich auszulegen und Ort und Dauer der Auslegung sowie Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekanntzumachen. Im Hinblick auf die „Arten umweltbezogener Informationen“ muss die Gemeinde die vorhandenen Stellungnahmen und Unterlagen nach behandelten Themenblöcken zusammenfassen und diese schlagwortartig charakterisieren. Dabei verlangt § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB, die Informationen thematisch nach Gattungen und Typen zusammenzufassen (std. Rspr. vgl. BVerwG, Urteil vom 6.6.2019 - 4 CN 7.18 - juris Rn. 12 ff m.w.N.). Dem wird der im Amtsblatt am 27. November 2016 veröffentlichte Text nicht gerecht. Denn dort ist zwar davon die Rede, dass „Stellungnahmen aus der früheren Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung zu den Themen Bodenschutz, Landschaftsschutzgebiet und Waldabstand vorliegen“. Die entscheidende Umweltstellungnahme, der Umweltbericht vom 31.Oktober 2016, wird aber nur allgemein wiedergegeben (z.B. „Bewertung der Umwelteinwirkungen“, „Bestandsaufnahme und Bewertung des derzeitigen Umweltzustandes“). Die erforderliche zusammengefasste Wiedergabe von Themenblöcken fehlt, obwohl dem Umweltbericht selbst eine thematische Gliederung („Schutzgut Pflanzen/Biotope“, „Schutzgut Tiere“, „Schutzgut Boden“, „Schutzgut Wasser“, „Schutzgut Klima/Luft“, „Schutzgut Landschaftsbild“, „Mensch/Bevölkerung“) zugrunde liegt, die in die Bekanntmachung hätte übernommen werden können. Der bekanntgemachte Text konnte die erforderliche Anstoßfunktion daher allenfalls in Bezug auf die Themen Bodenschutz, Landschaftsschutz und Waldabstand, nicht aber in vollem Umfang in Bezug auf die zusätzlichen, im Umweltbericht genannten Umweltthemen entfalten. |
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| bb) Der festgestellte Mangel ist beachtlich geblieben. Nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2, 2. Alt. ist es zwar unbeachtlich, wenn nur „einzelne Angaben dazu, welche Arten von Umweltinformationen vorliegen, gefehlt haben“. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Wendung „einzelne Angaben“ quantitativ zu verstehen ist (so VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.6.2012 - 8 S 1337/10 - juris Rn. 43 f) oder ob es auf die Relevanz der fehlenden Angaben für die zugrundeliegende Planung ankommt (so HambOVG, Urteil vom 27.4.2016 - 2 E 20/13.N - juris Rn. 41). Denn hier haben nach beiden Betrachtungsweisen nicht nur einzelne Angaben gefehlt: Es wurde auf mindestens vier weitere unweltbezogene Themen (Pflanzen/Biotope, Tiere, Wasser, Klima/Luft) nicht hingewiesen, darunter mit den Themen „Pflanzen/Biotope“ und „Tiere“ zwei Themen, denen bei der Überplanung des bisherigen Außenbereichs maßgebliche Bedeutung zukommt. |
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| Der Mangel ist auch nicht nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB unbeachtlich geworden. Zwar hat der Antragsteller ihn innerhalb der Jahresfrist seit Bekanntmachung des Bebauungsplans am 16. März 2017 nicht eigens gegenüber der Gemeinde unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhaltes gerügt. Die erforderlichen Darlegungen finden sich jedoch in dem an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Schriftsatz vom 18. September 2017, welcher der Gemeinde innerhalb der Jahresfrist zugegangen ist. Dies ist ausreichend (BVerwG, Beschluss vom 21.8.2018 - 4 BN 44.17 - juris Rn. 4). |
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| Nach § 2 Abs. 3 BauGB sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die Belange, die für die Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten. Das notwendige Abwägungsmaterial i.S.v. § 2 Abs. 3 BauGB umfasst dabei solche Belange, die in der konkreten Planungssituation nach Lage der Dinge in die Abwägung eingestellt werden müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.1969 - IV C 105.66 - BVerwGE 34, 310, juris Rn. 29). |
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| aa) Entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers begründet es allerdings keinen Bewertungsfehler, dass die Antragsgegnerin eine Verschiebung des für das Wohnhaus vorgesehenen Baufensters nach Norden abgelehnt hat. Zwar überzeugt in diesem Zusammenhang der aus der Abwägungstabelle ersichtliche Hinweis nicht, das Verhalten des Antragstellers - einerseits auf den Waldabstand zu pochen, andererseits ein Verschieben des Wohnhauses in Richtung Wald zu verlangen - sei widersprüchlich. Denn dem Antragsteller ist es unbenommen, sich auf eine ihm jeweils günstige Argumentation zu berufen. Die Antragsgegnerin hat die gewünschte Verschiebung jedoch maßgeblich mit dem Argument abgelehnt, es sei nicht ersichtlich, weshalb sich hierdurch „die Beeinträchtigungen für die Grundstücksnachbarn“ - hier den Antragsteller - reduzieren sollten. Dies ist nicht zu beanstanden. Denn nach Lage der Dinge kommen als „Beeinträchtigungen“ beim Antragsteller nur die Verschlechterung der Aussichtslage nach Westen und Südwesten sowie der durch das Vorhaben ausgelöste Mehrverkehr auf der Hansengelstraße - und damit auch auf dem Baugrundstück entlang der Grenze zu seinem Grundstück - in Betracht. Beide Belange mussten bei der Abwägung aber nicht zugunsten des Antragstellers berücksichtigt und bewertet werden: |
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| (1) Die Ortsrand- und/oder Aussichtslage des Grundstücks des Antragstellers ist hier nicht wegen außergewöhnlicher örtlicher Gegebenheiten aus sich heraus besonders schutzwürdig. Die Rechtsprechung hat eine solche außergewöhnliche Situation z.B. für den hier nicht vorliegenden Fall angenommen, dass eine Ausflugsgaststätte bzw. ein Hotel mit einer besonderen Aussicht, auf deren Fortbestand vertraut werden durfte, „arbeitet“ (BayVGH, Urteil vom 29.7.2011 - 15 N 08.2086 - juris Rn. 23). Aber auch der Wunsch, weiterhin die Aussicht auf den Bodensee sowie die Alpen auf dem gegenüberliegenden Schweizer Ufer genießen zu können, wurde als abwägungserhebliches Interesse anerkannt (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 7.7.1997 - 8 S 2814/96 - juris; vgl. auch Urteil vom 27.9.2007 - 3 S 882/06 - juris Rn. 20). Die aufgrund der Südhanglage auf dem Grundstück des Antragstellers eröffnete Aussichtsmöglichkeit ist mit einem Panoramablick auf die Bodenseefläche und die dahinterliegenden Schweizer Alpen aber nicht vergleichbar. Hierzu hat die vom Senat am 8. Mai 2020 durchgeführte Beweiserhebung - in Form der Einnahme eines Augenscheines zur Lage des Grundstücks des Antragstellers und dessen Umgebung durch den Berichterstatter als beauftragten Richter i.S.v. § 96 Abs. 2 VwGO - ergeben, dass der Rhein selbst vom Grundstück des Antragstellers aus nicht erkennbar ist. Der Verlauf des Flusses lässt sich allenfalls anhand des für Flussläufe typischen Uferbewuchses im Tal erahnen. Auf die gefertigten Lichtbilder Nrn. 10 bis 19 und 24 wird insoweit verwiesen. Das Flusstal und die jenseits des Tales gelegene Landschaft auf der schweizerischen Seite - mit großenteils bewaldeten Flächen und Hügeln - ist vom Grundstück des Antragstellers aus hingegen ohne weiteres zu erkennen (Lichtbilder Nrn. 10 bis 18, Nr. 24). Der Ausblick hierauf kann mit dem Antragsteller zwar durchaus als malerisch bezeichnet werden, er ist jedoch nicht in einer mit dem Blick auf die Bodenseefläche und dem dahinterliegenden Alpenpanorama vergleichbaren Weise eindrucksvoll-spektakulär oder gar einzigartig. Dies gilt insbesondere für den Ausblick nach Südwesten und Westen, den der Antragsteller durch das auf dem Nachbargrundstück errichtete Gebäude der Beigeladenen vor allem beeinträchtigt sieht. Insoweit konnte vor Ort festgestellt werden - und ergibt sich auch aus den von den Grundstücken des Beigeladenen und des Antragstellers in Richtung (Süd-)Westen aufgenommenen Lichtbildern Nrn. 8, 10, 14, 15, 19, 20, 21 -, dass ein Blick auf das Rheintal und das gegenüberliegende Schweizer Ufer wegen der vorhandenen Vegetation (mit hohen Laubbäumen und Gebüschen) ohnehin nur eingeschränkt möglich ist. Instruktiv in diesem Zusammenhang sind insbesondere die von der Terrasse und der Westseite des Hauses des Antragstellers aus gefertigten Lichtbilder Nrn. 6, 8, 10, die vom Grundstück des Beigeladenen aus gefertigten Lichtbilder Nrn. 19, 20 und 21 sowie das von Antragstellerseite als Anlage A 32 (Bl. 335 der Gerichtakte) vorgelegte Luftbild, auf welchen die erwähnten Bäume und Büsche erkennbar sind. Daher vermag der Senat die Einschätzung des Antragstellers nicht zu teilen, er habe vor Errichtung des Nachbargebäudes eine „außergewöhnlich schöne Aussicht über den südlich gelegenen Rhein, das gesamte dort gelegene malerische Rheintal nach Westen und Süden sowie in die dort gelegene Niederebene der Schweiz“ genossen, welche ausnahmsweise als abwägungserhebliches Interesse anzuerkennen sei. |
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| Unabhängig davon, dass es schon an einer außergewöhnlichen örtlichen Gegebenheit mangelt, die der Aussichtslage hier eine besondere Schutzwürdigkeit verschafft, wird dem Antragsteller die zuvor vorhandene Aussichtslage, selbst wenn man sie als besonders schutzwürdig einordnet, durch die Planung nur zu einem kleinen Teil genommen. Da das durch die Planung ermöglichte Doppelhaus südwestlich seines Grundstücks errichtet wurde, bleibt der schon bislang vorhandene Ausblick nach Südosten und nach Süden ungeschmälert erhalten (vgl. Lichtbilder Nrn. 11, 12, 13, 17). Auch ein Ausblick nach Südwesten - mit den beschriebenen, ohnehin vorhandenen Einschränkungen durch die Vegetation - bleibt „an der Südostecke des Gebäudes der Beigeladenen vorbei“ teilweise noch möglich, wie sich aus dem von der Terrasse des Antragstellers aus gefertigten Lichtbild Nr. 10 sowie aus dem vom Standort am Böschungsfuß der Terrasse aus aufgenommenen Lichtbild Nr. 15 ergibt. Lediglich der Blick nach (Süd)Westen auf die freie Landschaft nördlich des Rheins und das westlich gelegene Rheintal ist dem Antragsteller - mit Ausnahme eines verbleibenden schmalen Durchblicks zwischen der Nordseite des Gebäudes der Beigeladenen und deren Garage (Lichtbild Nrn. 6, 7, 8) - nunmehr nicht mehr möglich (vgl. Lichtbilder Nrn. 6, 7, 8, 9). Ausblickeinschränkungen dieses Umfangs sind aber kein privates Interesse von solchem Gewicht, dass es im Rahmen der Abwägung berücksichtigt werden müsste. |
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| (2) Das vom Antragsteller ferner geltend gemachte Interesse, von einer planbedingten Zunahme an Lärm und Abgasen durch Kraftfahrzeugverkehr auf der im Bebauungsplan festgesetzten 40 m langen Verlängerung der Hansengelstraße sowie auf der Zufahrt zur Garage des Doppelhauses entlang der Grenze zu seinem Grundstück verschont zu bleiben, ist in der konkreten Planungssituation ebenfalls kein abwägungsbeachtlicher privater Belang. |
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| Eine planbedingte Zunahme von Immissionen durch Kraftfahrzeugverkehr gehört zwar grundsätzlich zum Abwägungsmaterial und auch zu den wesentlichen Belangen, die in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht der Ermittlung und Bewertung bedürfen. Das Interesse, von planbedingten Immissionen durch Kraftfahrzeugverkehr verschont zu bleiben, ist aber nur dann abwägungserheblich, wenn es über die Bagatellgrenze hinaus betroffen wird. Ob dies der Fall ist, lässt sich nicht durch reine Subsumtion ermitteln, sondern nur unter Einbeziehung der konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls beurteilen (BVerwG, Beschluss vom 11.8.2015 - 4 BN 12.15 - juris Rn. 6 m.w.N.; Beschluss vom 20.7.2011 - 4 BN 22.11 - juris Rn. 5 f) |
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| Gemessen hieran wird das Grundstück des Antragstellers durch den planbedingten Kraftfahrzeugverkehr auf der Hansengelstraße und auf der Garagenzufahrt allenfalls einer sehr geringfügigen Zunahme von Lärm- und Abgasimmissionen ausgesetzt sein. Denn der durch das geplante Vorhaben zusätzlich verursachte Kraftfahrzeugverkehr erschöpft sich im Anliegerverkehr von und zu einem Zwei-Familien-Wohnhaus (Doppelhaus) mit vier Garagen-Stellplätzen. Jedenfalls bei einem durch vier Kraftfahrzeuge zusätzlich verursachten Verkehrsaufkommen sind nennenswert belästigende Lärm- und Abgasimmissionen auch unter Berücksichtigung der Ortsrandlage des Grundstücks des Antragstellers nicht verbunden (vgl. BayVGH, Urteil vom 26.9.2018 - 1 NE 18.1303 - juris Rn. 15). |
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| Das Bundesverwaltungsgericht hat sogar den durch einen Bebauungsplan ermöglichten zusätzlichen Verkehr von 20 bis 30 Einzel- oder Doppelwohnhäusern, der teilweise am Grundstück des dortigen Antragstellers vorbeigeführt wurde, für so geringfügig gehalten, dass es die Abwägungsrelevanz verneint hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.10.1999 - 4 CN 1.98 - juris Rn. 16 f). Der Hessische Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass in Baugebieten, in denen durch Bebauungsplan nur wenige Einzelhäuser bzw. Wohneinheiten zugelassen wurden, durch den anliegerbedingten zusätzlichen Kraftfahrzeugverkehr keine abwägungsrelevanten Beeinträchtigungen hervorgerufen werden (vgl. HessVGH, Urteil vom 28.3.2011 - 4 C 2708/09.N - juris Rn. 20 zu 18 Wohneinheiten, Urteil vom 7.4.2014 - 3 C 914/13.N - juris zu 30 Wohneinheiten in einem reinen Wohngebiet). Dabei stellt er vor allem auf die Anzahl der zu erwartenden Fahrbewegungen ab und geht in der Regel davon aus, dass die Betroffenheit der Anlieger bei einer voraussichtlichen Zunahme des Verkehrs von bis zu 200 Fahrzeugbewegungen täglich nur geringfügig und daher nicht mehr abwägungsrelevant ist (vgl. Urteile vom 29.6.2016 - 4 C 1440/14.N - juris und vom 17.8.2017 - 4 C 2760/16.N - juris). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt und der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg haben sich dieser Rechtsprechung angeschlossen (vgl. BayVGH Urteil vom 16.5.2017 - 15 N 15.1485 - juris hinsichtlich eines planungsbedingten Mehrverkehrs von 74 Fahrzeugbewegungen pro Tag; Beschluss vom 24.8.2017 - 4 BN 35/17- juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8.1.2015 - 2 R 94/14 - zu 26 Wohneinheiten und 19 Einfamilienhäusern bei teilweise am Grundstück des Antragstellers vorbeigeführtem Verkehr; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 21.4.2015 - 3 S 748/13 - zu 12 Wohneinheiten unter Annahme einer Anzahl von 45 Verkehrsbewegungen). |
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| An dieser Einschätzung ändert sich nichts, wenn man zusätzlich in den Blick nimmt, dass der durch das Bauvorhaben ausgelöste Fahrzeugmehrverkehr nicht auf der Straße endet und die Fahrzeuge unmittelbar entlang der östlichen Grundstücksgrenze zu den hinter dem Haus der Beigeladenen zugelassenen Garagen fahren werden. Denn das Grundstück des Antragstellers wird - wie sich aus den Lichtbildern Nrn. 1, 22 und 23 ergibt - in unmittelbarer Grenznähe nur gärtnerisch genutzt. Das Wohnhaus selbst und der nach Südwesten hin ausgerichtete Außenwohnbereich (Terrassenbereich) liegen nicht nur deutlich höher als die Zufahrt auf dem Nachbargrundstück, sondern sind von dieser auch mehrere Meter entfernt und zudem durch Bepflanzung abgeschirmt. |
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| bb) Ein Bewertungsfehler liegt allerdings in Bezug auf die Behandlung des Waldabstandsgebots (§ 4 Abs. 3 LBO) vor. |
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| (1) Soweit der Bebauungsplan die Errichtung einer Garage im Waldabstand zulässt, macht die Antragsgegnerin von der in § 4 Abs. 3 Satz 2 LBO eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, für ein Gebäude (vgl. § 2 Abs. 2 LBO) einen geringeren als den in § 4 Abs. 3 Satz 1 LBO an sich vorgesehenen Waldabstand von 30 m zuzulassen. § 4 Abs. 3 Satz 2 LBO verschafft dem Planungsrecht der Gemeinde Vorrang vor der Waldabstandsregelung der LBO und hat zur Konsequenz, dass im Bebauungsplanverfahren abschließend entschieden wird, welche Waldabstände gelten (Sauter, LBO, § 4 Rn. 36). Denn die Regelung soll verhindern, dass die Bebauung von Grundstücken, die nach dem Planungsrecht an sich bebaut werden dürfen, am bauordnungsrechtlichen Waldabstandsgebot scheitert (Schlotterbeck, LBO, 7. Aufl. § 4 Rn. 16). Bei der Entscheidung darüber, welche konkreten Gebäude mit einem geringeren Waldabstand als nach § 4 Abs. 3 Satz 1 LBO zulässig sind, ist die Gemeinde daher gehalten, im Rahmen des Gebots gerechter Abwägung (§ 1 Abs. 7 BauGB) die mit den Waldabstandsregelungen verfolgten Belange zu berücksichtigen. Namentlich geht es hier um den Schutz der zugelassenen Gebäude vor umstürzenden Bäumen, um das Interesse des Waldeigentümers an der Aufrechterhaltung einer ordnungsgemäßen Waldbewirtschaftung sowie ganz allgemein um die Belange des Waldschutzes, etwa der Verhinderung von Waldbränden (hierzu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.7.2020 - 5 S 824/18 - juris; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 31.8.1995 - 8 S 1719/95 - juris Rn. 23 und Beschluss vom 27.10.2017 - 8 S 576/16 - juris Rn. 8 sowie Dusch, VBlBW 2015, S. 8 ff; Sauter a.a.O Rn. 41) |
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| Ausweislich der vorliegenden Abwägungstabelle hat der Gemeinderat der Antragsgegnerin in seiner Sitzung am 16. Februar 2017, in welcher der Bebauungsplan als Satzung beschlossen wurde, zur Frage des Waldabstandes keine Erwägungen angestellt. Solche finden sich jedoch in der übersandten Anlage 2 zur Sitzung vom 10. November 2016, mit welcher die im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung eingegangenen Stellungnahmen ausgewertet wurden. Dort ist ausgeführt, dass eine Gefährdung des Gebäudes der Beigeladenen durch Baumfall ausgeschlossen werden könne, weil die Garage „als Puffer“ diene. Die Gefährdung der Garage selbst wurde damit ersichtlich nicht in den Blick genommen. Auch ist die Gemeinde ihrer oben dargestellten Verpflichtung nicht nachgekommen, im Wege der planerischen Abwägung selbst über die Zulassung von Gebäuden - hier des Wohnhauses und der Garage - im Waldabstand des § 4 Abs. 3 Satz 1 LBO zu entscheiden. Stattdessen ist sie davon ausgegangen, dass eine abschließende Konfliktbewältigung noch in einem nachgelagerten Verwaltungsverfahren erfolgen könne. Dies ergibt sich aus dem Hinweis in der Abwägungstabelle vom 10. November 2016, auch bei einer bauplanungsrechtlichen Unterschreitung des 30-Meter-Waldabstandes gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 LBO bleibe die bauordnungsrechtliche Generalklausel des § 3 Abs. 1 LBO anwendbar und müsse die zuständige Baurechtsbehörde im Genehmigungs- oder Kenntnisgabeverfahren die konkrete Gefahrenlage prüfen. Es ist zwar richtig, dass § 3 Abs. 1 LBO weiterhin anwendbar und von der Baurechtsbehörde - jedenfalls im Baugenehmigungsverfahren nach § 58 LBO - zu prüfen ist, wenn eine Bebauung im Waldabstand nach § 4 Abs. 3 Satz 2 LBO zugelassen wird (vgl. LT-Drs. 15/1320 S. 3 und Dusch, a.a.O.). Dies ändert aber nichts daran, dass es nach § 4 Abs. 3 Satz 2 LBO originäre Aufgabe der planenden Gemeinde bleibt, den für ein bestimmtes Gebäude konkret geltenden Waldabstand nach Maßgabe der oben genannten Kriterien zu bestimmen (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.7.2020, a.a.O). Dieser Verpflichtung kann sie sich durch den Hinweis auf § 3 Abs. 1 LBO nicht entziehen. |
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| (2) Der festgestellte Bewertungsfehler wurde mit Schriftsatz vom 18. September 2017 innerhalb der Jahresfrist vom Antragsteller gerügt (§ 215 Abs. 1 Satz 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB). Er ergibt sich aus den vorliegenden Planungsakten und ist damit offensichtlich i.S.v. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB. Er ist auch ergebnisrelevant, denn es lässt sich nicht ausschließen, dass die Abwägung bei ordnungsgemäßer Bewertung des Waldabstandes anders ausgefallen wäre. |
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| Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen. Denn sie haben mangels Antragstellung kein Kostenrisiko getragen (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO) und das Verfahren auch nicht in erheblicher Weise gefördert, zumal sie sich in dem Normenkontrollverfahren nicht durch einen Rechtsanwalt haben vertreten lassen. |
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| Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. |
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| Beschluss vom 9. September 2020 |
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| Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an Nr. 9.8.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf 20.000 Euro festgesetzt. |
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| Der Beschluss ist unanfechtbar. |
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