Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 1 S 381/21

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 100.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin - Produzentin von wiederverwendbaren Mund-Nasen-Bedeckungen aus einem Stoff mit antiviralen Eigenschaften - wendet sich mit einem Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO gegen § 1i Satz 1 der Verordnung der Landesregierung über Infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-CoV 2 (Corona-Verordnung - CoronaVO) vom 30.11.2020 (GBl. S. 1067) in der ab dem 22.02.2021 gültigen Fassung. Zuletzt hat sie beantragt, § 1i Satz 1 der CoronaVO bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag der Antragstellerin vorläufig außer Vollzug zu setzen.
§ 1i Satz 1 CoronaVO bestimmt:
Abweichend von § 3 Absatz 1 ist in den Fällen der Nummern 1, 2, 3, 4, 8 und 9 eine medizinische Maske (vorzugsweise zertifiziert nach DIN EN 14683:2019-10) oder ein Atemschutz, welcher die Anforderungen der Standards FFP2 (DIN EN 149:2001), KN95, N95 oder eines vergleichbaren Standards erfüllt, zu tragen.
Zur Begründung hat sie vorgetragen, die angefochtene Vorschrift sei rechtswidrig, weil in ihr eine reine Medizinmaskenpflicht angeordnet würde, die die von ihr produzierten Masken, die eine vergleichbare Schutzwirkung böten, nicht erfasse. Der Verordnungsgeber müsse in § 1i CoronaVO auch Masken mit einer vergleichbaren Schutzwirkung zulassen. Es gebe keinen sachlichen Grund, der eine Beschränkung auf die in der Vorschrift bezeichneten Masken rechtfertigen könne. Die Verhältnismäßigkeit der infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen setze voraus, dass alle Masken, die in vergleichbarer Weise das Risiko einer Infektion mit dem Coronavirus reduzierten, auch getragen werden dürften.
Die angefochtene Vorschrift verletze die Antragstellerin in ihren Grundrechten aus Art. 3 Abs.1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG, sowie die Adressaten der qualifizierten Maskenpflicht in ihren Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG.
Art. 3 Abs. 1 GG sei verletzt, weil die Ungleichbehandlung der Masken der Antragstellerin mit den in § 1i CoronaVO genannten „medizinischen Masken“ nicht sachlich gerechtfertigt sei. Der Antragsgegner verweise lediglich darauf, dass die in § 1i Satz 1 CoronaVO genannten Masken eine höhere Schutzwirkung hätten. Wie er zu diesem Schluss komme, sei offen. Es sei unbelegt, woraus die spezifische Wirksamkeit dieser Masken gegen eine Infektion mit dem Coronavirus resultiere. Aus der Argumentation werde nur deutlich, dass die Vergleichbarkeit alleine auf Basis der Filterleistung des Maskenmaterials bewertet werde. Dies greife zu kurz. Berücksichtigt werden müssten auch alle Eigenschaften von Masken, die zu einer Reduzierung des Infektionsrisikos beitragen könnten, also neben der Filterleistung auch die Passform sowie infektionsmindernde Eigenschaften des Materials. Liege die theoretische Filterleistung einer medizinischen Maske bei 94,5 %, so werde deutlich, dass die Filterleistung der gleichen Maske auf unter 69 % absinke, sobald diese Maske Leckagen zeigen. Die Masken der Antragstellerin verfügten über eine sehr gute Passform mit geringer Leckage und bestünden aus antiviralem und antibakteriellem Material, sie verfügten daher über eine mindestens vergleichbare Schutzwirkung wie die in § 1i CoronaVO vorgeschriebenen medizinischen Masken. Außerdem entsprächen sie dem Standard des „CEN workshop agreement CWA 17553“.
Ein Eingriff in die Berufsfreiheit der Antragstellerin liege vor, weil die Medizinmaskenpflicht den Absatz von zertifizierten Alltagsmasken, wie sie die Antragstellerin vertreibe, auf dem deutschen Markt mittelbar verhindere, da die Kaufbereitschaft für zertifizierte Alltagsmasken sinke. Aufgrund der öffentlichen Diskussion über die Einführung einer qualifizierten Maskenpflicht sei es zu einer merklichen Verunsicherung bei den potentiellen Kunden gekommen. Verkaufsverhandlungen seien dann abgebrochen worden. Damit sei die Geschäftstätigkeit im Kernmarkt Deutschland derzeit faktisch eingestellt. Es handele sich dabei auch nicht um das unternehmerische Risiko der Antragstellerin, alleine die Entwicklung, Konfektionierung und der Aufbau des Vertriebs habe mehrere Monate in Anspruch genommen. Vor dem Hintergrund, dass zertifizierte Alltagsmasken ein mindestens so hohes Schutzniveau wie medizinischen Masken besäßen, sei ein derartig schwerwiegender Eingriff nicht zu rechtfertigen.
Darüber hinaus greife die Medizinmaskenpflicht in die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Träger ein, denen nunmehr eine bestimmte Art von Mund-Nasen-Bedeckungen vorgeschrieben würde. Die Medizinmaskenpflicht, die die CoronaVO vorsehe, sei jedoch nicht erforderlich. Ein milderes, aber gleich wirksames Mittel stelle es dar, zertifizierte Alltagsmasken, die einen vergleichbaren oder sogar besseren Schutz als medizinische Masken böten, zuzulassen.
Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten.
10 
Der Antrag der Antragstellerin in der Hauptsache sei bereits unzulässig, da die angefochtene Regelung in keiner Weise in ihre Grundrechte eingreife. § 1i CoronaVO verbiete weder die Herstellung noch das Vertreiben der von der Antragstellerin produzierten Masken. Soweit die Vorschrift dazu führe, dass in bestimmten Bereichen höherwertige Schutzmasken getragen werden müssten, liege allenfalls eine mittelbare Betroffenheit der Antragstellerin vor. § 1i CoronaVO diene allein dem Wohl der Allgemeinheit und dem Schutz der Bevölkerung. Auf einen dauerhaften Fortbestand der Nachfrage an Alltagsmasken könnten Hersteller nicht vertrauen.
11 
Der Normenkontrollantrag sei aber auch unbegründet. Die angegriffene Vorschrift verstoße nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG.
12 
Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG liege nicht vor. In § 1i CoronaVO habe der Verordnungsgeber das Spektrum zulässiger Mund-Nasen-Bedeckungen auf zwei Unterarten beschränkt, für die erhöhte Anforderungen nach europäischen technischen Normen sowie dem Medizinproduktegesetz gälten. Zulässig seien medizinische Masken oder OP-Masken sowie Atemschutzmasken, welche die Anforderungen der Standards FFP2, KN 95, N95 oder eines vergleichbaren Standards erfüllten.
13 
Die von der Antragstellerin hergestellten sogenannten zertifizierten Alltagsmasken seien nicht mit den in § 1i CoronaVO erfassten Masken vergleichbar. Sie unterlägen nicht den gleichen normativen Anforderungen und könnten daher auf den Markt gebracht werden, ohne ein entsprechendes Prüfverfahren zu durchlaufen. Auch der Behauptung, dass die von der Antragstellerin hergestellten Masken die gleiche Schutzwirkung wie medizinische Masken besäßen, könne nicht gefolgt werden.
14 
Zwar seien die von der Antragstellerin hergestellten Masken von einem akkreditierten Prüflabor auf Grundlage der DIN EN 14683:2019-10 auf ihre Filterleistung geprüft worden. Dort habe sich jedoch gerade gezeigt, dass die Masken eine geringere Filterleistung (ca. 90 %) als medizinische Masken (ca. 95 %) hätten. Eine vergleichbare Schutzwirkung ergebe sich jedenfalls auch nicht aus dem Umstand, dass die Masken der Antragstellerin eine bessere Passform als medizinische Masken hätten, dies werde nicht wissenschaftlich belastbar belegt.
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Hieran ändere auch das von der Antragstellerin angeführte CWA 17553-Zertifikat nichts. Der CWA-Standard lege im Wesentlichen Standards und Empfehlungen für das Design, die Herstellung und die Leistungsbewertung von Alltagsmasken fest. Die von der Antragstellerin angeführten antiviralen Eigenschaften des von ihr verwendeten Materials werde gerade nicht vom CWA 17553-Standard umfasst. Zur Wirksamkeit und der Unbedenklichkeit antiviraler Materialien gebe es darüber hinaus noch keine abschließenden Bewertungen. Die Aussagekraft eines CWA-Zertifikats sei daher begrenzt und nicht mit den Standards, die § 1i CoronaVO fordere, vergleichbar.
16 
Um eine Gleichwertigkeit ihrer Masken gegenüber medizinischen Masken zu belegen, müsse die Antragstellerin die Einhaltung der Anforderungen nach DIN EN 14683:2019-10 nachweisen, sie habe bislang keinen Gebrauch von der Möglichkeit gemacht, ihre Masken entsprechend zertifizieren zu lassen.
17 
Die Regelung in § 1i CoronaVO begegne auch hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit keinen Bedenken, der allenfalls höchst mittelbare Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG der Antragstellerin sei jedenfalls gerechtfertigt. Bei Masken mit geringerer Schutzwirkung erhöhe sich das Risiko, dass Erreger die Barriere durchdrängen und es so zu einer Infektion mit dem Coronavirus komme. Darüber hinaus gebe es keine Versorgungsengpässe mehr mit den in § 1i CoronaVO vorgeschriebenen Masken. Die mittelbaren wirtschaftlichen Auswirkungen auf Hersteller von Alltagsmasken wie die der Antragstellerin könnten die beabsichtigten positiven Auswirkungen der angeordneten Maßnahmen nicht aufwiegen. Die verschärfte Maskenpflicht erstrecke sich im Übrigen nur auf ausgewählte Bereiche, außerhalb derer blieben auch Alltagsmasken und damit auch die von der Antragstellerin vertriebenen Masken weiterhin zulässig. Die Antragstellerin habe darüber hinaus zu keinem Zeitpunkt darauf vertrauen können, dass die von ihr hergestellten Masken mit Medizinprodukten oder Produkten der persönlichen Schutzausrüstung gleichgestellt würden.
18 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
19 
Der Senat entscheidet über die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO in der Besetzung mit drei Richtern (§ 9 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO). Die Besetzungsregelung in § 4 AGVwGO ist auf Entscheidungen nach § 47 Abs. 6 VwGO nicht anwendbar (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.12.2008 - GRS 1/08 - ESVGH 59, 154).
20 
1. Der Antrag ist zulässig.
21 
Ein Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO ist zulässig, wenn ein in der Hauptsache gestellter oder noch zu stellender Normenkontrollantrag nach § 47 Abs. 1 VwGO voraussichtlich zulässig ist (vgl. zu dieser Voraussetzung Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 47 Rn. 387) und die gesonderten Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO erfüllt sind. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
22 
a) Die Statthaftigkeit des Antrags in der Hauptsache folgt aus § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, § 4 AGVwGO. Danach entscheidet der Verwaltungsgerichtshof auch außerhalb des Anwendungsbereichs des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO über die Gültigkeit von im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften. Dazu gehören Verordnungen - wie hier - eines Landesministeriums.
23 
b) Die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gewahrt.
24 
c) Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO hat jede natürliche oder juristische Person, die geltend machen kann, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint (ausf. dazu Senat, Urt. v. 29.04.2014 - 1 S 1458/12 - VBlBW 2014, 462 m.w.N.). Nach diesem Maßstab besteht die Antragsbefugnis. Es ist möglich, dass die Antragstellerin jedenfalls in ihrem Recht auf Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) und in ihrem Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) verletzt ist.
25 
d) Für den etwaigen Antrag in der Hauptsache und den nach § 47 Abs. 6 VwGO liegt auch ein Rechtsschutzinteresse vor. Denn mit einem Erfolg dieser Anträge könnten die Antragsteller ihre Rechtsstellung jeweils verbessern. Würde § 1i CoronaVO aufgehoben, entfiele die qualifizierte Anforderung an die Beschaffenheit von Mund-Nasen-Bedeckungen und der Antragstellerin würde voraussichtlich ein größerer Abnehmermarkt für die von ihr produzierten Masken zur Verfügung stehen.
26 
2. Der Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO ist aber nicht begründet.
27 
Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind zunächst die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags in der Hauptsache, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ist danach der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Ergibt diese Prüfung, dass ein Normenkontrollantrag in der Hauptsache voraussichtlich begründet wäre, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug der streitgegenständlichen Satzung oder Rechtsvorschrift zu suspendieren ist. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug der Rechtsvorschrift vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die einträten, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach § 47 Abs. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, also so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist (BVerwG, Beschl. v. 25.02.2015 - 4 VR 5.14 -, ZfBR 2015, 381; Beschl. v. 16.09.2015 - 4 VR 2/15 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 09.08.2016 - 5 S 437/16 -, juris m.w.N.; Beschl. v. 13.03.2017- 6 S 309/17 - juris). Mit diesen Voraussetzungen stellt § 47 Abs. 6 VwGO an die Aussetzung des Vollzugs einer untergesetzlichen Norm erheblich strengere Anforderungen, als § 123 VwGO sie sonst an den Erlass einer einstweiligen Anordnung stellt (BVerwG, Beschl. v. 18.05.1998 - 4 VR 2/98 - NVwZ 1998, 1065).
28 
An diesen Maßstäben gemessen ist der Antrag der Antragstellerin nicht begründet. Ein in einem Hauptsacheverfahren gegen § 1i Satz 1 CoronaVO gerichteter Normenkontrollantrag hätte voraussichtlich keinen Erfolg (a)). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist auch nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO dringend geboten (b)).
29 
a) Ein gegen § 1i Satz 1 CoronaVO gerichteter Normenkontrollantrag würde aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben. Die Vorschrift steht voraussichtlich mit höherrangigem Recht in Einklang.
30 
aa) Für die Regelung in § 1i Satz 1 CoronaVO besteht eine Rechtsgrundlage in § 32 Satz 1 und 2 i.V.m. § 28 Abs. 1 und § 28a Abs. 1 Nr. 2 IfSG, die eine Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung - auch in der vorgeschriebenen qualifizierten Form - grundsätzlich tragen kann.
31 
Wenn - wie im Fall des Coronavirus unstreitig - eine übertragbare Krankheit festgestellt ist, können nach § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 IfSG die notwendigen Schutzmaßnahmen - hierzu zählt im Anwendungsbereich des § 28a IfSG grundsätzlich auch die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (vgl. § 28a Abs. 1 Nr. 2 IfSG) - zur Verhinderung der Verbreitung der Krankheit durch eine Verordnung der Landesregierung getroffen werden. Wenn der Verordnungsgeber zur Anordnung einer Maskenpflicht ermächtigt ist, ist von dieser Ermächtigung voraussichtlich auch die Normierung bestimmter qualitativer Anforderungen an zulässige Mund-Nasen-Bedeckungen umfasst (vgl. BayVGH, Beschl v. 26.01.2021 - 29 NE 21.171 -). Mit solchen repressiven Bekämpfungsmaßnahmen gehen zulässigerweise auch stets präventive Wirkungen einher, solche präventiven Folgen sind gerade bezweckt. Daher ist die Landesregierung insbesondere nicht auf Maßnahmen nach § 16 oder § 17 IfSG beschränkt. Dabei ermächtigt § 28 Abs.1 IfSG nach seinem Wortlaut, seinem Sinn und Zweck und dem Willen des Gesetzgebers zu Maßnahmen auch gegenüber Nichtstörern (vgl. ausf. zum Ganzen Senat, Beschl. v. 09.04.2020 - 1 S 925/20 - juris; Beschl. v. 23.04.2020 - 1 S 1003/20 -; je m.w.N.).
32 
Eine Gefahrenlage, die die Anordnung notwendiger Schutzmaßnahmen rechtfertigt, liegt voraussichtlich vor. Das pandemische Geschehen ist weiterhin angespannt. Zwar lag seit Januar 2021 der „R-Wert“ konstant unter 1 und die Fallzahlen sanken kontinuierlich, jedoch setzt sich dieser Rückgang der Fallzahlen aktuell nicht fort. Die Inzidenz der letzten 7 Tage liegt (Stand 24.02.2021) deutschlandweit bei 59 Fällen pro 100.000 Einwohnern, in Baden-Württemberg bei 47,6. Die 7-Tages-Inzidenz bei Personen über 80 Jahren liegt bundesweit bei 71 Fällen/100.000 Einwohner. Die Zahl der intensivmedizinisch behandelten COVID-19-Fälle hat sich in den vergangenen rund vierzehn Wochen von 3.127 Patienten am 11.11.2020 zunächst auf 5.762 am 01.01.2021 stark erhöht und fällt seit dem 02.01.2021 kontinuierlich, zuletzt auf 2.955 Fälle am 24.02.2021, ab. Entsprechend der aktuellen Einschätzung des dazu berufenen Robert-Koch-Instituts (vgl. Lagebericht vom 24.02.2021, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Feb_2021/2021-02-24-de.pdf?__blob=publicationFile), ist weiterhin eine hohe Anzahl an Übertragungen des Coronavirus in der Bevölkerung zu beobachten. Durch das Auftreten verschiedener Virusvarianten besteht aufgrund deren möglicherweise höherer Ansteckungsfähigkeit ein erhöhtes Risiko einer erneuten Zunahme der Fallzahlen.
33 
Das RKI führt in seiner aktuellen „Risikobewertung zu COVID-19“ (Stand 12.02.2021) unter anderem aus:
34 
„Es handelt sich weltweit, in Europa und in Deutschland um eine sehr dynamische und ernst zu nehmende Situation. Weltweit nimmt die Anzahl der Fälle weiter zu. Die Fallzahlen entwickeln sich von Staat zu Staat unterschiedlich, viele Staaten erleben nach vorübergehend sinkenden Fallzahlen erneute Anstiege. In vielen Staaten wurde mit der Impfung der Bevölkerung, meist in den hohen Altersgruppen, begonnen.
35 
In Deutschland kam es im vierten Quartal 2020 zu einem starken Anstieg der Fallzahlen. Darüber hinaus ist auch die Zahl der auf Intensivstationen behandelten Personen und die Anzahl der Todesfälle stark angestiegen.
36 
Schwere Erkrankungen an COVID-19, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, betreffen dabei auch Menschen unter 60 Jahren. Seit Jahresbeginn sind die Fallzahlen in Deutschland langsam rückläufig. Ziel der Anstrengungen ist es, einen nachhaltigen Rückgang der schweren Erkrankungen und Todesfälle in allen Altersgruppen zu erreichen.
37 
Aktuell kann oft kein konkretes Infektionsumfeld ermittelt werden. Man muss von einer anhaltenden Zirkulation in der Bevölkerung (Community Transmission) ausgehen. COVID-19-bedingte Ausbrüche betreffen insbesondere Alten- und Pflegeheime, Krankenhäuser, aber auch private Haushalte, das berufliche Umfeld und andere Lebensbereiche. Neben der Fallfindung und der Kontaktpersonennachverfolgung muss der Schutz der Risikogruppen, den das RKI seit Beginn der Pandemie betont hat, konsequent umgesetzt werden. Dieses betrifft insbesondere den Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner von Alten- und Pflegeheimen. Nur wenn die Zahl der neu Infizierten insgesamt deutlich sinkt, können auch Risikogruppen zuverlässig geschützt werden.
38 
Effektive und sichere Impfstoffe stehen seit Ende 2020 zu Verfügung, aber noch nicht in ausreichenden Mengen. Sie werden aktuell vorrangig den besonders gefährdeten Gruppen (BewohnerInnen und Mitarbeitenden von Alten- und Pflegeheimen sowie Personen im Alter von 80+ Jahren) angeboten. Es wird erwartet, dass in den nächsten Wochen allen diesen besonders gefährdeten Menschen ein Impfangebot gemacht und damit bereits ein Effekt auf die Zahl der auf Intensivstationen behandelten Personen und Todesfällen erzielt werden kann.
39 
Die Therapie schwerer Krankheitsverläufe ist komplex und erst wenige Therapieansätze haben sich in klinischen Studien als wirksam erwiesen.
40 
Die Dynamik der Verbreitung einiger neuer Varianten von SARS-CoV-2 (B.1.1.7, B.1.351 und B.1.1.28) ist besorgniserregend. Diese besorgniserregenden Varianten (VOC) wurden inzwischen auch in Deutschland nachgewiesen. Es ist noch unklar, wie sich deren Zirkulation auf die Situation in Deutschland auswirken wird. Aufgrund der vorliegenden Daten hinsichtlich einer erhöhten Übertragbarkeit der Varianten besteht grundsätzlich die Möglichkeit einer Verschlimmerung der Lage. Ob und in welchem Maße die neuen Varianten die Wirksamkeit der verfügbaren Impfstoffe beeinträchtigen, ist derzeit noch nicht sicher abzuschätzen.
41 
Das Robert Koch-Institut schätzt die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland insgesamt als sehr hoch ein. Diese Einschätzung kann sich kurzfristig durch neue Erkenntnisse ändern.“ (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html, zuletzt abgerufen am 25.02.2021, Hervorhebungen im Original).
42 
bb) Im Parlamentsvorbehalt wurzelnde Bedenken, die sich in Bezug auf einige der seit März 2020 zur Pandemiebekämpfung durch Rechtsverordnung normierte Maßnahmen wie beispielsweise umfassende Betriebsschließungen ergeben haben (vgl. grdl. dazu Senat, Beschl. v. 09.04.2020, a.a.O.), bestehen in Bezug auf die von der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren beanstandete Regelungen in § 1i Satz 1 CoronaVO aller Voraussicht nach nicht. Der Bundesgesetzgeber hatte schon bisher in § 28 IfSG selbst ausdrücklich normiert, dass die zuständige Stelle Personen insbesondere dazu verpflichten kann, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten (§ 28 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 IfSG). In dem am 19.11.2020 in Kraft getretenen § 28a IfSG hat er noch weiter konkretisierend geregelt, dass notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) für die Dauer der - wie derzeit bestehend - Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG durch den Deutschen Bundestag insbesondere die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (Maskenpflicht, Absatz 1 Nr. 2) sein können und nähere Vorgaben zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes normiert (Absatz 3). Jedenfalls mit den in § 28a IfSG nunmehr ergänzend normierten Vorgaben hat der Bundesgesetzgeber seiner sich aus dem Vorbehalt des Gesetzes in seiner Ausprägung als Parlamentsvorbehalt ergebenden, im Rechtsstaatsprinzip und Demokratiegebot wurzelnden Verpflichtung, die für die Grundrechtsverwirklichung maßgeblichen Regelungen im Wesentlichen selbst zu treffen, in Bezug auf die Verpflichtung zum Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 voraussichtlich genügt (vgl. Senat, Beschl. v. 18.12.2020, 1 S 4028/20 - juris; BayVGH, Beschl. v. 26.01.2021 - 20 NE 21.171 -).
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cc) Der Verordnungsgeber hat mit der Anordnung einer qualifizierten Maskenpflicht aller Voraussicht nach auch den einfachgesetzlichen Anforderungen aus Art. 28a Abs. 3 IfSG entsprochen. Mit diesen Regelungen - ausgehend von der Grundnorm des § 28a Abs. 3 Satz 2 IfSG - hat der Bundesgesetzgeber die Grundentscheidung getroffen, dass bei dem Erlass von Schutzmaßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie grundsätzlich ein differenziertes, gestuftes Vorgehen geboten ist, das sich an dem tatsächlichen regionalen Infektionsgeschehen orientieren soll (Senat, Beschl. v. 05.02.2021, a.a.O., dort u.H. auf den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD für ein Drittes Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite, BT-Drs. 19/23944 vom 03.11.2020, S. 34 f.; vgl. ferner NdsOVG, Beschl. v. 18.01.2021 - 13 MN 11/21 - juris; BayVGH, Beschl. v. 14.12.2020 - 20 NE 20.2907 - juris). Dieses Ziel des Gesetzgebers kommt in der Grundnorm des Satzes 2 des § 28a Abs. 3 IfSG in besonderem Maße zum Ausdruck (Senat, Beschl. v. 05.02.2021, a.a.O.). Gleichzeitig hat der Bundesgesetzgeber die zur Entscheidung berufenen öffentlichen Stellen, insbesondere die zum Erlass von Verordnungen ermächtigten Landesregierungen (vgl. § 28 Abs. 5 Satz 1, § 32 IfSG), dazu verpflichtet, zu berücksichtigen, ob landesweit (Satz 10) oder gar bundesweit (Satz 9) der Schwellenwert von über 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen überschritten ist, und, falls es nach einer Überschreitung zu einer Unterschreitung kommt, seit wann letzteres der Fall ist (s. Satz 11: „solange“).
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Ist die 7-Tages-Inzidenz bundesweit überschritten und deshalb der Anwendungsbereich des Satzes 9 eröffnet, sind nach dieser Vorschrift „bundesweit abgestimmte umfassende, auf eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens abzielende Schutzmaßnahmen anzustreben.“ Soweit der Verordnungsgeber im Anwendungsbereich dieser Vorschrift Maßnahmen ergreift, die nicht landesspezifisch und „nur“ (wie nach Satz 10) landesweit, sondern (nach Satz 9) bundesweit abgestimmt sind, darf er bei der Prüfung, ob regionale Differenzierungen geboten sind, die Satz 10 zugrundeliegende Wertung des Bundesgesetzgebers berücksichtigen, dass, wenn
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„das Infektionsgeschehen bundesweit über 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen (liegt), (...) die Infektionsbekämpfung nach einer bundesweit möglichst einheitlichen Strategie erfolgen (sollte), um mögliche infektiologische Wechselwirkungen und Verstärkungen zwischen einzelnen Regionen auszuschließen und die Akzeptanz der erforderlichen schwerwiegenden Maßnahmen in der Bevölkerung zu erhöhen. Vor diesem Hintergrund sind die für den Vollzug des Infektionsschutzgesetzes primär zuständigen Länder aufgefordert, die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen abzustimmen und sich auf eine gemeinsame Bekämpfungsstrategie zu verständigen“ (BT-Drs. 19/23944 vom 03.11.2020, S. 34 f. zu § 28a Abs. 2 des Entwurfs).
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An diesen gesetzlichen Vorgaben gemessen, ergeben sich aus § 28a Abs. 3 IfSG aller Voraussicht nach derzeit keine durchgreifenden Bedenken gegen die angefochtene Verordnungsbestimmung. Der Anwendungsbereich des § 28a Abs. 3 Satz 9 IfSG ist derzeit eröffnet. Denn der Schwellenwert von über 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen ist zurzeit bundesweit (vgl. zum Begriff „landesweit“ Senat, Beschl. v. 05.02.2021, a.a.O.) überschritten. Die bundesweite 7-Tages-Inzidenz betrug zuletzt 59 (vgl. Robert-Koch-Institut [RKI], Lagebericht vom 24.02.2021, a.a.O).
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Die Entscheidung des Antragsgegners in der angefochtenen Vorschrift, an bestimmten Orten qualitative Anforderungen an die dort verpflichtend zu tragenden Gesichtsmasken festzuschreiben, ist auch Teil einer „bundesweiten Abstimmung“ im Sinne von Satz 9. Sie ist das Ergebnis der Videokonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 19.01.2021 (https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/videoschaltkonferenz-der-bundeskanzlerin-mit-den-regierungschefinnen-und-regierungschefs-der-laender-am-19-januar-2021-1841020, Nr. 3). Dort heißt es:
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„3. Das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen hat sich in der Pandemie als besonders wirkungsvolle Maßnahme erwiesen. Gerade vor dem Hintergrund möglicher besonders ansteckender Mutationen weisen Bund und Länder darauf hin, dass medizinische Masken (also sogenannte OP-Masken oder auch Masken der Standards KN95/N95 oder FFP2) eine höhere Schutzwirkung haben als Alltagsmasken, die keiner Normierung in Hinblick auf ihre Wirkung unterliegen. Deshalb wird die Pflicht zum Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen in öffentlichen Verkehrsmitteln sowie in Geschäften verbindlich auf eine Pflicht zum Tragen von medizinischen Masken konkretisiert. Generell wird in Situationen, in denen ein engerer oder längerer Kontakt zu anderen Personen, insbesondere in geschlossenen Räumen unvermeidbar ist, die Nutzung medizinischer Masken angeraten.“
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Aus dem Umstand, dass die 7-Tages-Inzidenz von 50 im landesweiten Durchschnitt (vgl. Satz 10) - anders als im bundesweiten (vgl. Satz 9) - inzwischen unterschritten wird, folgt nichts anderes. Dieser Umstand zwingt den Antragsgegner insbesondere nicht dazu, sich einer bundeseinheitlich abgestimmten Strategie zur Pandemiebekämpfung zu verweigern. Denn die Unterschreitung des auf den Landesdurchschnitt bezogenen Inzidenzschwellenwerts (Satz 10) ändert nichts daran, dass der Anwendungsbereich von Satz 9 des § 28a Abs. 3 IfSG weiterhin eröffnet ist. Auch im Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist der Verordnungsgeber gleichwohl verpflichtet, fortlaufend zu prüfen, ob die Infektionslage im Land die bundesweit abgestimmten Maßnahmen weiterhin trägt. Dies ist hier noch der Fall. Denn der Schwellenwert im Land ist erst seit wenigen Tagen unterschritten und steigt aktuell wieder an (47,6 am 24.02.2021 um 16:00 Uhr, vgl. Landesgesundheitsamt, Tagesbericht COVID-19 vom 17.02.2021, a.a.O.). Eine regionale Differenzierung im Land ist derzeit im Hinblick auf die Tatsache, dass die (qualifizierte) Maskenpflicht einen zentralen Baustein in der Pandemiebekämpfung darstellt, nicht geboten. Der Verordnungsgeber hat in der Verordnungsbegründung zu § 1i CoronaVO hierzu ausgeführt:
50 
„Zu § 1i (Anforderungen an die Mund-Nasen-Bedeckung in bestimmten Bereichen)
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Aufgrund des Beschlusses des Bundes und der Länder vom 19. Januar 2021 wird die MNBPflicht in besonderen Bereichen neu geregelt, um dort einen erhöhten Schutz vor den Mutationen des Coronavirus zu gewährleisten.
52 
Das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen hat sich in der Pandemie als besonders wirkungsvolle Maßnahme erwiesen. Wegen der möglicherweise besonders ansteckenden Virusmutationen soll mit einer erhöhten Anforderung an den Atemschutz in den genannten Bereichen dem verbesserten Eigenschutz Rechnung getragen werden. Medizinische Masken (sogenannte „OP-Masken“) oder sogar virenfilternde Masken der Standards FFP2, des chinesischen Standards KN95, des nordamerikanischen Standards N95 oder CPA-Masken (Corona SARS-CoV-2 Pandemie-Atemschutzmasken) besitzen bei korrekter Verwendung eine höhere Schutzwirkung im Sinne des Eigenschutzes als Alltagsmasken, die keiner Normierung unterliegen. In Situationen, in denen engere und längere Kontakte zu anderen Menschen unvermeidbar sind, wie beim Einkaufen, in Arbeits- und Betriebsstätten, bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel einschließlich der dazugehörenden Wartebereiche sowie in Praxen humanmedizinischer Berufe und Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes, wird die Pflicht zum Tragen eines Atemschutzes von zumindest medizinischen Masken eingeführt.
53 
Wenngleich Kinder von sechs bis einschließlich 14 Jahren von dieser besonderen Atemschutz-Pflicht ausgenommen sind, besteht für sie weiterhin die Pflicht zum Tragen einer nicht-medizinischen Mund-Nasen-Bedeckung. Die Ausnahme für Kinder der vorgenannten Altersgruppe trägt der schlechteren Passform der für Erwachsene konzipierten medizinischen Masken Rechnung. Kinder unter sechs Jahren unterliegen keiner Maskenpflicht.“ (Begründung zur 5. Änderungsverordnung vom 23. Januar 2021 zur 5. Verordnung der Landesregierung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 (Corona-Verordnung - CoronaVO) vom 30. November 2020, https://sozialministerium.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/dateien/PDF/Coronainfos/210123_Begruendung_zur_5.AenderungsVO_zur_5.CoronaVO.pdf)
54 
Dass in einer solchen Lage landesweit einheitliche Regelungen weiterhin in Betracht kommen, auch wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des Satzes 10 nicht mehr erfüllt sind, wird auch durch Satz 11 bestätigt. Diese Vorschrift bestimmt, dass nach Unterschreitung eines in den Sätzen 5 und 6 genannten Schwellenwertes - darunter der Schwellenwert von 50 (Satz 5) - die in Bezug auf den jeweiligen Schwellenwert genannten Schutzmaßnahmen aufrechterhalten werden können, soweit und solange dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist.
55 
dd) Das in § 1i Satz 1 CoronaVO geregelte Gebot zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung der beschriebenen Ausführung steht aller Voraussicht nach auch mit Verfassungsrecht in Einklang.
56 
Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (1) sowie ein Eingriff in die Berufsfreiheit (2) der Antragstellerin besteht nicht. Auch sind voraussichtlich keine weiteren - im Rahmen des objektiven Beanstandungsverfahrens gem. § 47 Abs. 6 VwGO zu prüfenden - Grundrechte verletzt (3).
57 
(1) Eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) liegt nicht vor, soweit § 1i Satz 1 CoronaVO in näher bestimmten Fällen das Tragen einer medizinischen Maske (vorzugsweise zertifiziert nach DIN EN 14683:2019-10) oder eines Atemschutzes vorschreibt, welcher die Anforderungen der Standards FFP2 (DIN EN 149:2001), KN95, N95 oder eines vergleichbaren Standards erfüllt.
58 
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (st. Rspr., vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.07.1998 - 1 BvR 1554/89 u.a. - BVerfGE 98, 365, 385; Beschl. v. 21.06.2011 - 1 BvR 2035/07 - BVerfGE 129, 49, 68 f.; Urt. v. 19.02.2013 - 1 BvL 1/11 u.a. - BVerfGE 133, 59, 86).
59 
Der allgemeine Gleichheitssatz enthält nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keinen für jeden Regelungsbereich in gleicher Weise geltenden Maßstab. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen reichen die Grenzen für die Normsetzung vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse. Insoweit gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (BVerfG, Beschl. v. 21.07.2010 - 1 BvR 611/07 u.a. - BVerfGE 126, 400, 416; Beschl. v. 18.07.2012 - 1 BvL 16/11 - BVerfGE 132, 179, 188).
60 
Der jeweils aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Maßstab gilt für die normsetzende Exekutive entsprechend. Jedoch ist der dem Verordnungsgeber zukommende Gestaltungsspielraum enger. Ein solcher besteht von vornherein nur in dem von der gesetzlichen Ermächtigungsnorm abgesteckten Rahmen (Art. 80 Abs. 1 GG). Der Verordnungsgeber darf keine Differenzierungen vornehmen, die über die Grenzen einer formell und materiell verfassungsmäßigen Ermächtigung hinaus eine Korrektur der Entscheidungen des Gesetzgebers bedeuten würden. In diesem Rahmen muss er nach dem Gleichheitssatz im wohlverstandenen Sinn der ihm erteilten Ermächtigung handeln und hat sich von sachfremden Erwägungen freizuhalten (BVerfG, Beschl. v. 23.07.1963 - 1 BvR 265/62 - BVerfGE 16, 332, 338 f.; Beschl. v. 12.10.1976 - 1 BvR 197/73 - BVerf-GE 42, 374, 387 f.; Beschl. v. 23.06.1981 - 2 BvR 1067/80 - BVerfGE 58, 68, 79; Beschl. v. 26.02.1985 - 2 BvL 17/83 - BVerfGE 69, 150, 160; Brenner, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl., Art. 80 Abs. 1 GG Rn. 73). Der Verordnungsgeber soll das Gesetz konkretisieren und „zu Ende denken“, weiter gehen seine Befugnisse jedoch nicht. Er muss daher den Zweckerwägungen folgen, die im ermächtigenden Gesetz angelegt sind. Gesetzlich vorgegebene Ziele darf er weder ignorieren noch korrigieren (Nierhaus, in: BK, Art. 80 Abs. 1 GG Rn. 330, 336 [Stand: November 1998]).
61 
Die Regelungen des Verordnungsgebers in der CoronaVO haben sich daher an den Zwecken der Verordnungsermächtigung nach § 32 Satz 1 i.V.m. § 28a Abs. 1 IfSG auszurichten, wenn sie Ungleichbehandlungen vornehmen. Hieraus folgt, dass Ungleichbehandlungen zunächst nur aus infektionsschutzrechtlichen Gründen erfolgen dürfen, da nur zu diesem Zweck die Verordnungsermächtigung erteilt ist. Denn § 32 Satz 1 i.V.m. §§ 28 bis 31 IfSG geben nur Befugnisse zu Schutzmaßnahmen aus Gründen des Infektionsschutzes, soweit und solange diese zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich sind (so schon Senat in zahlreichen Entscheidungen, vgl. Beschl. v. 30.04.2020 - 1 S 1101/20 - juris Rn. 46; Beschl. v. 06.11.2020 - 1 S 3388/20 - juris Rn. 17 ff.).
62 
An diesen Maßstäben gemessen, liegt kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor. Der Verordnungsgeber durfte in § 1i Satz 1 CoronaVO in typisierender Weise bestimmte Anforderungen an die Schutzwirkung der in den dort näher bezeichneten Situationen zu tragenden Mund-Nasen-Bedeckungen stellen, da er mit diesen Anforderungen infektionsschutzrechtliche Ziele verfolgt. Für die Nichtzulassung von Masken, die nicht entweder „medizinischen Masken“ oder „Masken des Standards FFP2 oder vergleichbar“ entsprechen, gibt es sachliche Gründe, die im Infektionsschutz wurzeln.
63 
Die nach § 1i Satz 1 CoronaVO zulässigen medizinischen Masken (vorzugsweise zertifiziert nach DIN EN 14683:2019-10) sind ein Medizinprodukt der sog. Risikoklasse I (Medizinprodukterichtlinie 93/42/EWG, MDD; §§ 5 ff. Medizinproduktegesetz, MPG). Sie haben klar definierte Filtereigenschaften und dienen dem Fremdschutz. Die in Bezug genommen Zertifizierung nach DIN EN 14683:2019-10 erfordert ein Schutzniveau von 95 % Abscheideleistung des verwendeten Maskenmaterials. Diese Masken unterliegen behördlicher Überwachung. Der Hersteller muss ein entsprechendes Nachweisverfahren durchführen, um zu belegen, dass die gestellten Anforderungen erfüllt sind. Erst dann ist der Hersteller befugt, das CE-Zeichen zu verwenden und die Masken in Europa zu vertreiben.
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Die alternativ genannten Atemschutzmasken, die den Anforderungen der Standards FFP2 (DIN EN 149:2001), KN95, N95 oder eines vergleichbaren Standards entsprechen, sind Gegenstände der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) im Rahmen des Arbeitsschutzes. Entsprechend der europäischen Norm DIN EN 149:2001+A1:2009 müssen FFP2-Masken mindestens 94% der Test-aerosole filtern. Um solcherlei Masken rechtmäßig in Europa in den Verkehr zu bringen, muss für diese ein Konformitätsbewertungsverfahren gemäß PSA-Verordnung (EU) 2016/425 mit einer benannten Stelle und einer Baumusterprüfung durchgeführt werden. Nur dann dürfen die Masken nach PSA-Verordnung CE-gekennzeichnet werden und sind in Europa frei verkehrsfähig (https://www.bfarm.de/SharedDocs/Risikoinformationen/Medizinprodukte/DE/schutzmasken.html, zul. abger. 22.02.2021).
65 
In § 1i Satz 1 CoronaVO werden somit Masken vorgeschrieben, die anhand gesetzlicher Vorgaben und technischer Normen geprüft sind, ein klar definiertes Maß an Filtereigenschaften besitzen und behördlicher Überwachung unterliegen. Mit diesen erhöhten Anforderungen soll einem verbesserten Eigenschutz Rechnung getragen werden, denn bei korrekter Verwendung der normierten Masken haben diese eine höhere Schutzwirkung als Alltagsmasken. Auch der Fremdschutz erhöht sich durch die vorgeschriebene erhöhte Filterleistung und dient somit in verstärktem Maße infektionsschutzrechtlichen Gesichtspunkten.
66 
Diesen Anforderungen genügen die von der Antragstellerin hergestellten Masken nicht.
67 
Bereits die nach DIN EN 14683:2019-10:2019 ermittelte Filterleistung des von der Antragstellerin verwendeten Maskenmaterials zeigt, dass zwischen den in § 1i Satz 1 CoronaVO genannten Maskenarten und den von der Antragstellerin gefertigten Masken Unterschiede in der Schutzwirkung bestehen. Während die Maskenarten nach § 1i CoronaVO eine Filterleistung von mindestens 94% Abscheideleistung besitzen, beträgt die Filterleistung der Maske der Antragstellerin ca. 91 %.
68 
Soweit die Antragstellerin behauptet, ihre Masken hätten aufgrund der besseren Passform und des verwendeten antiviralen und antibakteriellen Materials in Summe eine mindestens vergleichbare Schutzwirkung wie die nach § 1i CoronaVO zulässigen medizinischen Masken, wird die Behauptung nicht belastbar dargelegt. Die vorgelegte Studie über die Wirksamkeit eines mit Silberphosphaten bearbeiteten Wischtuchs sagt nichts über die Tauglichkeit des Stoffes für eine Gesichtsmaske aus. Es ist schon unklar, ob ein derartiger Stoff überhaupt gesundheitlich bedenkenlos über Stunden vor den Atmungsorganen getragen werden kann. Die möglicherweise bessere Passform ist kein von dem Antragsgegner zugrunde gelegtes Kriterium und in ihrer möglicherweise besseren Schutzwirkung - die bei den medizinischen Masken v.a. darauf zielt, Tröpfchen hochwirksam abzufangen - nicht belegt. Letztlich dürfte es auch an der Sorgfalt des Trägers liegen, wie gut eine Gesichtsmaske sitzt.
69 
An der mangelnden Vergleichbarkeit der Schutzwirkung der Masken ändert auch der Einwand der Antragstellerin nichts, dass ihre Masken dem Standard des „CEN Workshop Agreement CWA 17553“, das vom Europäischen Komitee für Normung (CEN) im Sommer 2020 veröffentlicht wurde, entsprächen. Das CWA stellt zwar spezifische Leistungsanforderungen an diese Masken, so müssen sie beispielsweise mindestens 70 % oder 90 % von Partikeln des Durchmessers 3 (± 0,5) Mikrometer filtern. Sonstige standardisierte Mindestanforderungen an die verwendeten Materialien werden nicht festgelegt. Derartige Masken unterliegen darüber hinaus keiner speziellen behördlichen oder sonstigen regulatorischen Aufsicht wie z.B. Medizinprodukte oder persönliche Schutzausrüstung. Sie sind daher weder Medizinprodukte, noch zählen sie zur persönlichen Schutzausrüstung (PSA) im vorgenannten Sinne, sondern unterfallen der Gruppe der „zertifizierten“ Alltagsmasken.
70 
Es steht der Antragstellerin jederzeit frei, die Schutzwirkung ihrer Masken nach den Anforderungen der DIN EN 14683:2019-10:2019 überprüfen zu lassen. Die Erfüllung der Anforderung des „CEN Workshop Agreement CWA 17553“ reicht jedoch, wie gezeigt, nicht aus, die Schutzwirkung zu belegen.
71 
Schließlich ergibt sich eine verfassungsrechtliche Ungleichbehandlung auch nicht aus dem Verweis auf die entsprechende Regelung in Hessen. Voraussetzung für eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG ist, dass die Vergleichsfälle dem gleichen Träger öffentlicher Gewalt zuzurechnen sind. Daran fehlt es, wenn die beiden Sachverhalte von zwei verschiedenen Trägern öffentlicher Gewalt gestaltet werden; der Gleichheitssatz bindet jeden Träger öffentlicher Gewalt allein in dessen Zuständigkeitsbereich (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.5.1987 - 2 BvR 1226/83 -, BVerfGE 76, 1, 73 - juris Rn. 151 m.w.N.).
72 
(2) Eine Verletzung der Berufsfreiheit der Antragstellerin aus Art. 12 Abs.1 GG liegt ebenfalls nicht vor.
73 
Zweifelhaft ist bereits, ob mit der Vorschrift des § 1i Satz 1 CoronaVO in das Grundrecht auf Berufsfreiheit der Antragstellerin eingegriffen wird, denn die Verpflichtung, eine qualifizierte Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, richtet sich an die jeweiligen Personen, die die in § 1i CoronaVO genannten Orte betreten. Die Berufsfreiheit der Antragstellerin, die Masken produziert, die nicht den Anforderungen des § 1i Satz 1 CoronaVO genügen, berührt dies zunächst nicht. Ihre Masken unterliegen keinem Verkaufsverbot und können insbesondere von Abnehmern noch in den Bereichen außerhalb des Anwendungsbereichs des § 1i Satz 1 CoronaVO verwendet werden. Der Regelungsgehalt der Vorschrift kann allenfalls tatsächliche Auswirkungen auf die Berufstätigkeit der Antragstellerin haben, als ihre Masken von den Adressaten der Vorschrift nicht mehr nachgefragt werden und sie hierdurch Umsatzeinbußen erleidet.
74 
Für die Qualifizierung solcher faktischer Beeinträchtigungen als Eingriffe in die Berufsfreiheit ist jedoch erforderlich, dass eine objektiv berufsregelnde Tendenz erkennbar ist, oder dass die staatliche Maßnahme als nicht bezweckte, aber doch vorhersehbare und in Kauf genommene Nebenfolge eine schwerwiegende Beeinträchtigung der beruflichen Betätigungsfreiheit bewirkt (vgl. ständige Rspr. des BVerfG, Beschl. v. 30.10.1961 - 1 BvR 833/59 - BVerfGE 13, 181 <186>; Urt. v. 14.07.1998 - 1 BvR 1640/97 - BVerfGE 98, 218 <258 f. >; Sachs/Mann, 8. Aufl. 2018, GG Art. 12 Rn. 95 m.w.N.). Die qualifizierte Maskenpflicht verfolgt grundsätzlich eine berufsneutrale Zwecksetzung und bewirkt allenfalls eine reflexhafte Rückwirkung auf die Berufstätigkeit. Ob der von der Antragstellerin dargelegte zu erwartende Umsatzeinbruch ausreicht, eine schwerwiegende Beeinträchtigung der beruflichen Betätigungsfreiheit zu bewirken, kann an dieser Stelle offen bleiben, da der Eingriff jedenfalls aller Voraussicht nach gerechtfertigt wäre.
75 
Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sind Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit mit Art. 12 Abs. 1 GG nur vereinbar, wenn sie durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt werden, wenn die gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zweckes geeignet und auch erforderlich sind und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der sie rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit (Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne) noch gewahrt wird. Ein Gesetz ist geeignet, wenn mit seiner Hilfe der erstrebte Erfolg gefördert werden kann. Es ist erforderlich, wenn der Gesetzgeber nicht ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht nicht oder weniger stark einschränkendes Mittel hätte wählen können. Bei der Beurteilung der Eignung und Erforderlichkeit steht dem Gesetzgeber ein Beurteilungsspielraum zu (vgl. dazu ausf. Senat, Beschl. v. 09.04.2020, a.a.O., und v. 30.04.2020 - 1 S 1101/20 -, je m.w.N.).
76 
Die Einführung einer qualifizierten Maskenpflicht dient dem Ziel, der Weiterverbreitung des hoch ansteckenden, im Wege der Tröpfcheninfektion und durch Aerosole übertragbaren Coronavirus entgegen zu wirken, um eine Überlastung der medizinischen Versorgungskapazitäten im Land sowie konkrete Gefahren für das Leben und die körperliche Unversehrtheit einer Vielzahl von Menschen zu verhindern. Medizinische Gesichtsmasken (OP-Masken) und Atemschutzmasken besitzen bei korrekter Verwendung aufgrund ihrer garantierten und überwachten Filterleistung sowohl für den Fremdschutz als auch den Selbstschutz eine höhere Schutzwirkung als Alltagsmasken und sind daher besonders geeignet, eine Ansteckung mit dem Coronavirus zu verhindern (vgl. Verordnungsbegründung, a.a.O.).
77 
Die Maßnahme ist auch erforderlich, ein gleich geeignetes, minderes Mittel ist nicht ersichtlich. Besonders die von der Antragstellerin produzierten und vertriebenen Masken stellen kein gleich geeignetes Mittel dar, da sie, wie gezeigt, die Anforderungen an die Filterleistung nicht gleichermaßen erfüllen und auch nicht den gleichen regulatorischen Anforderungen wie die in § 1i Satz 1 CoronaVO genannten medizinischen Masken oder Atemmasken der PSA unterliegen.
78 
Die Anordnung einer qualifizierten Maskenpflicht dürfte auch verhältnismäßig im engeren Sinne sein. Der Antragsgegner verfolgt mit den oben beschriebenen Zielen den Schutz von hochrangigen, ihrerseits den Schutz der Verfassung genießenden wichtigen Rechtsgütern. Die Vorschrift dient, wie gezeigt, dazu, - auch konkrete - Gefahren für das Leben und die körperliche Unversehrtheit einer potenziell großen Zahl von Menschen abzuwehren. Die angefochtene Norm bezweckt zugleich, die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems in Deutschland durch die Verlangsamung des Infektionsgeschehens sicherzustellen. Der Antragsgegner kommt damit der ihn aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG grundsätzlich treffenden Schutzpflicht nach, denn die Gefahren, die durch das Coronavirus bestehen, sind nach der aktuellen Risikobewertung des dazu berufenen Robert-Koch-Instituts weiterhin als sehr hoch einzustufen (vgl. RKI „Risikobewertung zu COVID-19“, a.a.O.). Diese Einschätzung folgt den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und ist inhaltlich nachvollziehbar. Sie gibt dem Senat Anlass, die vom Antragsgegner mit § 1i Satz 1 CoronaVO verfolgten Zwecke mit einem sehr hohen Gewicht in die gebotene Abwägung einzustellen. Dies rechtfertigt es gegenwärtig zweifellos, weiterhin auch normative und mit Grundrechtseingriffen verbundene Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie zu ergreifen. Dazu können grundsätzlich auch Maßnahmen gehören, die sich mittelbar auf die Wirtschaftstätigkeit von Unternehmen auswirken, weil ihnen dadurch gegebenenfalls Absatzmärkte wegbrechen können. Diese - wie gezeigt allenfalls mittelbaren Grundrechtseingriffe - sind dem Hersteller von Alltagsmasken jedoch zum gegenwärtigen Zeitpunkt zumutbar, zumal sich die Vorgaben des § 1i Satz 1 CoronaVO nicht auf alle Bereiche des § 3 CoronaVO erstreckt, in denen eine Maskenpflicht vorgeschrieben ist und eine qualifizierte Maskenpflicht beispielsweise auch nicht für Kinder zwischen 6 und 14 Jahren angeordnet wird. Damit verbleiben weiterhin Bereiche, in denen die von der Antragstellerin hergestellten Alltagsmasken zulässig sind. Der Verordnungsgeber hat auch keinen Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen, dass eine qualifizierte Maskenpflicht nicht eingeführt werden könnte. Dass die Antragstellerin davon ausging, dass die von ihr produzierten Masken in größerer Zahl abgesetzt werden könnten, ist ihrer unternehmerischen Risikosphäre zuzurechnen. Schließlich hat es die Antragstellerin selbst in der Hand ihre Produkte nach den entsprechenden technischen Normen prüfen und im Bestehensfall entsprechend zertifizieren zu lassen, um sie sodann als Medizinprodukte in Verkehr bringen zu können.
79 
(3) Ein verfassungswidriger Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 Abs. 1 GG) und das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) der Adressaten des § 1i Satz 1 CoronaVO - welche der Senat im Rahmen des als objektives Beanstandungsverfahren ausgestalteten Normenkontrollverfahrens gem. § 47 Abs. 1 VwGO voraussichtlich zu prüfen hat - liegt aller Voraussicht nach nicht vor.
80 
Mit Beschluss vom 13.05.2020 (1 S 1314/20, juris) hat der Senat einen gegen die allgemeine Maskenpflicht gem. § 3 Abs. 1, 2 der damals geltenden CoronaVO gerichteten Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO abgelehnt, da der Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Adressaten verfassungsgemäß ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die entsprechende Entscheidung Bezug genommen (vgl. auch zur Maskenpflicht im Schulunterricht: Beschl. v. 22.10.2020 - 1 S 3201/20 - juris; zur Maskenpflicht im öffentlichen Personenverkehr: Beschl. v. 25.06.2020 - 1 S 1739/20 - juris).
81 
An dieser Auffassung hält der Senat auch unter Berücksichtigung des aktuellen Pandemiegeschehens fest. Die Maskenpflicht hat sich in den vergangenen Monaten als ein wirksames Mittel der Pandemiebekämpfung erwiesen.
82 
Die Verschärfung der Maskenpflicht in den in § 1i CoronaVO bestimmten Fällen ist vor diesem Hintergrund voraussichtlich ebenfalls gerechtfertigt. Im Hinblick auf die erhöhte Schutzwirkung der medizinischen Masken, v.a. für den Fremdschutz sowie der Atemmasken für den Fremd- und Eigenschutz ist es voraussichtlich auch nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber in Situationen erhöhter Infektionsgefahr und vor dem Hintergrund vermehrt auftretender hochansteckender Mutationen, qualitative Anforderungen an die zu tragenden Mund-Nasen-Bedeckungen stellt und den Normadressaten insoweit keine Wahlfreiheit mehr lässt.
83 
Aufgrund der erhöhten Schutzwirkung, die bei qualifizierten Gesichtsmasken gegeben ist, ist eine erhöhte Effektivität bei der Verhinderung von Übertragungen des SARS-CoV-2-Virus anzunehmen. Das Tragen einer qualifizierten Mund-Nasen-Bedeckung wird bei der Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 CoronaVO), in Arztpraxen, Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe und in Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 CoronaVO), im Warte- und Zugangsbereich von Einkaufszentren und auf Märkten sowie auf den räumlich zugeordneten Parkflächen (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 CoronaVO), sowie in Arbeits- und Betriebsstätten sowie Einsatzorten (§ 3 Abs. 1 Nr. 8 CoronaVO) und bei Veranstaltungen zur Religionsausübung (§ 12 Abs.1 CoronaVO) angeordnet. Bei den aufgeführten Tatbeständen handelt es sich um Bereiche, in denen in der Regel mehrere Menschen auf engerem Raum über einen längeren Zeitraum zusammenkommen (vgl. Verordnungsbegründung a.a.O.).
84 
Die Anordnung der Medizinmaskenpflicht dürfte sich auch als verhältnismäßig im engeren Sinne erweisen. Der Eingriff in die Grundrechte der Adressaten dürfte sich durch die qualifizierte Maskenpflicht nicht in erheblicher Weise vertiefen. Körperliche Unannehmlichkeiten im Vergleich zu den Alltagsmasken sind nicht zu erwarten. Der Atemwiderstand der nach DIN EN 14683:2019-10:2019 zertifizierten medizinischen Masken ist normiert und darf nicht mehr als 40Pa/cm2 betragen. Allenfalls die auch dem Eigenschutz dienenden Atemschutzmasken verfügen über einen erhöhten Atemwiderstand, insoweit wird empfohlen, die Tragedauer auf 75 Min mit folgender 30-minütiger Pause zu begrenzen (vgl. RKI, Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Coronavirus SARS-CoV-2 / Krankheit COVID-19, https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/gesamt.html, zul. abger. am 23.02.2021). Für die Adressaten des § 1i CoronaVO besteht Wahlfreiheit zwischen diesen beiden Maskenarten. Im Übrigen gelten die Befreiungstatbestände des § 3 Abs. 2 CoronaVO auch im Rahmen der qualifizierten Maskenpflicht nach § 1i CoronaVO.
85 
Den Anforderungen des § 1i CoronaVO entsprechende Masken sind mittlerweile breit und zu erschwinglichen Preisen verfügbar. In einigen Fällen werden sie kostenlos über Sozialversicherungsträger abgegeben, sodass es dem einzelnen ohne weiteres zumutbar ist, sich Masken mit dem vorgegebenen Schutzstandard zu beschaffen.
86 
b) Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist in Bezug auf § 1i Satz 1 CoronaVO ist auch nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO geboten.
87 
Dies folgt bereits daraus, dass ein Normenkontrollantrag, wie gezeigt, voraussichtlich unbegründet ist. In einem solchen Fall ist - wie oben dargelegt - der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Unbeschadet dessen ist eine erhebliche, die von dem Antragsgegner vorgebrachten Interessen des Schutzes von Leib und Leben überwiegende Beeinträchtigung der Belange der Antragstellerin nicht ersichtlich. Die allenfalls sinkende Nachfrage nach den Masken der Antragstellerin ist dieser angesichts der überragenden Interessen der Antragsgegnerin die Allgemeinheit vor einer Überlastung des Gesundheitswesens zu bewahren, zuzumuten.
88 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG. Der Senat bestimmt die Höhe des Streitwerts nach der sich aus dem Antrag der Antragstellerin für sie ergebenden Bedeutung der Sache auf 100.000,-- EUR. Sie hat vorgetragen, im Dezember 2020 eine Umsatzsteigerung von ... EUR erzielt zu haben, der Senat nimmt an, dass die befürchteten Umsatzeinbußen sich zunächst auf dieses Maß belaufen könnten. Für eine Halbierung des Streitwerts bestand im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wegen der weitgehenden Vorwegnahme der Hauptsache kein Anlass.
89 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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