Urteil vom Amtsgericht Dortmund - 425 C 9251/18
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der klagenden Partei auferlegt.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Klägern hat das Gericht gestattet, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des Widerrufes der auf den Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen der Kläger.
3Die Kläger schlossen mit der Beklagten am 21.10.2011 einen Darlehensvertrag mit der Nummer #####/#### über 14.000€ mit einem bis zum 30.09.2016 vereinbarten festen Nominalzins von 5,55% p.a. (effektiv 5,69%). Die Beklagte informierte die Kläger bei Abschluss des Darlehensvertrages über das ihnen zustehende Widerrufsrecht wie folgt:
4Die Kläger erbrachten in der Folgezeit Zins- und Tilgungsleistungen. Das streitgegenständliche Darlehen wurde vereinbarungsgemäß zum 31.08.2016 vollständig zurückgeführt. Mit Schreiben vom 18.04.2018 widerriefen die Kläger ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen. Nachdem die Beklagte den Widerruf mit Schreiben vom 04.05.2018 abgelehnt hatte, forderten die Kläger durch die Prozessbevollmächtigten die Beklagte am 21.08.2018 schriftlich zur Rückabwicklung bis zum 04.09.2018 auf. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 31.08.2018 erneut ab.
In der Klageschrift vom 24.10.2018 erklärten die Kläger die Aufrechnung bezüglich der gegenseitigen Ansprüche von Darlehensgeber und Darlehensnehmer.
6Die Kläger sind der Ansicht, ein Widerruf des Darlehensvertrages sei nach wie vor möglich. Ihrer Meinung nach, sei die Widerrufsbelehrung im Vertrag unwirksam gewesen und es erfolgte keine wirksame Nachbelehrung unter Erfüllung der Informationspflichten, weshalb die vierzehntägige Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe.
7Die Beklagte habe eine optisch und inhaltlich von der Musterbelehrung abweichende Belehrung erteilt. Die Beklagte habe der Klägerin nicht vollständig und fehlerfrei alle Pflichtangaben mitgeteilt, insbesondere fehle die korrekte Angabe der Vertragslaufzeit. Das von der Beklagten verwendete Muster entspräche nicht dem Deutlichkeitsgebot. Die Beklagte habe die Klägerin fehlerhaft über den Fristbeginn, die Dauer und die Folgen des Widerrufsrechts informiert. Zudem habe die Klägerin keine Vertragsurkunde oder -erklärung erhalten, sondern lediglich einen Vertragsantrag, weshalb die Frist nicht zu laufen begonnen habe. Die Beklagte sei überdies ihrer Verpflichtung, die Kläger über die zuständige Aufsichtsbehörde zu informieren, nicht nachgekommen. Des Weiteren sind die Kläger der Ansicht, dass selbst wenn die Widerrufsbelehrung wirksam gewesen sei, die Widerrufsfrist aufgrund fehlender Pflichtangaben seitens der Beklagten gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 3, 4 EGBGB a.F. nicht zu laufen begonnen habe.
8Sie sind der Ansicht, dass die abstrakte Nutzungshöhe der Bank für das gewährte Darlehen nicht bei mindestens 2,5% über dem Basiszinssatz gelegen habe, sondern darüber (s. im Einzelnen Bl. 3-15 d. A.).
9Ihrer Meinung nach ist die Ausübung des Widerrufsrechts nicht aufgrund von Verwirkung ausgeschlossen.
10Die Kläger beantragen daher,
111. Die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 3.618,64 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.02.2019 zu zahlen.
122. Die Beklagte zu verurteilen, die Kläger von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 503,61€ freizustellen.
13Die Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Sie ist der Ansicht, die Widerrufsfrist sei abgelaufen und der erklärte Widerruf unwirksam. Sie habe die Kläger bei Abschluss des Darlehensvertrages ordnungsgemäß belehrt, indem sie den damals gültigen gesetzlichen Mustertext für die Widerrufsbelehrung verwendet habe.
16Die Beklagte behauptet des Weiteren, sie habe der Klägerin eine Vertragsurkunde ausgehändigt und sie über die zuständige Aufsichtsbehörde informiert.
17Überdies sei ein etwaiges Widerrufsrecht verwirkt, weil zwischen Vertragsschluss und Widerrufserklärung ca. sechseinhalb Jahre und zwischen Rückzahlung und Widerrufserklärung ein Jahr und sieben Monate lägen.
18Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe:
20Die Klage ist unbegründet.
21I.
22Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung der gezogenen Nutzungen sowie Erstattung der geleisteten Zahlungen gemäß §§ 357, 346 Abs. 1 BGB oder gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB.
231.
24Die Kläger haben den Darlehensvertrag jeweils nicht innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist widerrufen. Gemäß § 355 Abs. 1 BGB a.F. (in der bis zum 12.06.2014 geltenden Fassung) beträgt die Widerrufsfrist für einen Verbraucher 14 Tage. Die Kläger haben die schriftlichen Unterlagen zum Darlehensvertrag einschließlich der Widerrufsbelehrung am 21.10.2011 erhalten, aber erst am 18.04.2018 - und damit verspätet- den Widerruf erklärt.
25Die Widerrufsbelehrung zum Darlehensvertrag aus dem Jahr 2011 ist fehlerfrei.
26a)
27Gemäß § 495 Abs. 1 BGB a.F. (bis zum 12.06.2014 geltenden Fassung) steht dem Darlehensnehmer bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach §§ 312 d, 355 BGB a.F. zu. Aus § 495 Abs. 2 BGB a.F. ergibt sich, dass § 355 BGB a.F. mit der Maßgabe gilt, dass erstens an die Stelle der Widerrufsbelehrung die Pflichtangaben nach Artikel 247 § 6 Abs. 2 EGBGB treten und zweitens die Widerrufsfrist auch nicht beginnt vor Vertragsschluss und bevor der Darlehensnehmer die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB a.F. (in der bis zum 21.03.2016 geltenden Fassung) erhält. § 492 Abs. 2 BGB a.F. verweist wiederum auf Art. 247 EGBGB a.F. (in der zwischen dem 04.08.2011-12.06.2014 geltenden Fassung), indem er statuiert, dass der Vertrag die für den Verbraucherdarlehensvertrag vorgeschriebenen Angaben nach Artikel 247 §§ 6 bis 13 EGBGB enthalten muss. Aus Art. 247 § 6 Abs. 2 S.3 EGBGB geht hervor, dass sofern der Verbraucherdarlehensvertrag eine Vertragsklausel über die Widerrufsbelehrung in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form enthält, die dem Muster in Anlage 7 entspricht, diese den Anforderungen der Sätze 1 und 2 genügt. Sofern die Voraussetzungen vorliegen, darf sich der Verwender der Klausel mithin auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen (OLG Köln, Beschluss v. 27.03. 2017, 12 U 86/16).
28Die seitens der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung entspricht dem Muster in Anlage 7. Dass die Beklagte anstelle des Wortes „Darlehen“ das Wort „Kredit“ verwendet ist unschädlich wie sich aus dem Verweis des Sternchens in Anlage 7 ergibt, welches besagt, dass auch die Bezeichnungen „Kreditnehmer" und „Kreditgeber" verwendet werden dürfen, wodurch die Worte Kredit und Darlehen als einander gleichwertig angesehen werden. Die Widerrufsinformation ist im Vertrag optisch dadurch ausreichend hervorgehoben, dass sie in einem Kasten zu finden ist, der fett und schwarz umrandet ist, sowie grau schattiert wurde. Sie hebt sich mithin ausreichend und deutlich erkennbar vom sonstigen Vertragstext ab.
29b)
30Der Verbraucherdarlehensvertrag enthielt gemäß § 492 Abs. 2 BGB a.F., welcher auf Art. 247 § 6 EGBGB a.F. verweist, auch die gemäß § 6 Abs. 1 erforderlichen Angaben zum Vertragsinhalt. Die Pflichtangabe aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 bezüglich der Vertragslaufzeit ist nicht irreführend. Für einen durchschnittlichen Verbraucher ist ersichtlich, dass es einen Unterschied zwischen der eigentlichen Vertragslaufzeit und der Zeit gibt, in der er Zahlungen und Leistungen für diesen Vertrag erbringen muss. Dass bei einem Kreditvertrag die erste Tilgungsrate nicht bereits im Monat des Vertragsabschlusses, sondern erst einen Monat später zu erbringen ist, ist in der Praxis nicht unüblich.
31Unter Punkt E des Vertrages ist der Zahlungsplan aufgeführt. Dieser besagt, dass die Gesamtzahl der Teilbeträge auf Grundlage der bei Abschluss dieses Vertrages maßgeblichen Kreditbedingungen (Anzahl, Zahlungsperiode) 59 Monate betrüge, mithin der Kreditnehmer die vereinbarten Raten 59 Monate lang zu zahlen habe. Punkt D des Vertrages ist mit dem Ausdruck „Vertragslaufzeit“ betitelt. Danach ergäbe sich eine voraussichtliche Kreditlaufzeit von 60 Monaten bis Anfang Oktober 2016. Der Sinn und Zweck der Unterscheidung zwischen voraussichtlicher Vertragslaufzeit und Kreditlaufzeit ergibt sich aus Punkt G Nr. 4 des Kreditvertrages, wonach der Kreditnehmer das Recht hat, den Kredit jederzeit ganz oder teilweise vorzeitig gegen eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung zurückzuzahlen, sich die Vertragslaufzeit mithin ändern könnte. Der Kreditbetrag wurde von der Beklagten am 21.10.2011 vollständig an die Kläger ausgezahlt. Sofern Punkt E besagt, dass die erste Rate am 30.11.2011 fällig geworden war und die Raten jeweils monatlich, immer zum 30. eines Monats fällig wurden, ergibt sich daraus, dass die Kläger die erste Rate nicht bereits im Oktober 2011, sondern erst im November, mithin einen Monat später gezahlt hatten und auch erst zahlen mussten.
32c)
33Die Belehrung über den Fristbeginn ist fehlerfrei. Das Gericht kann schon nicht feststellen, woraus sich der Fehler ergeben soll. Einen Widerspruch zwischen einer mit „14 Tagen" angegebene Widerrufsfrist gemäß § 355 Abs. 1 BGB a. F. als auch einer „30-tägige Frist für die Verpflichtung zur Erstattung von Zahlungen gemäß § 357 Abs. 1 BGB a. F. i. V. m. § 286 Abs. 3 BGB“ (in der vom 01.01.2002 bis 28.07.2014 gültigen Fassung) und damit eine unzutreffende Darstellung in der Zusammenschau mit den Regelungen in den Allgemeinen Bedingungen sieht das Gericht nicht. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, den Sachvortrag sich aus den Anlagen zusammenzusuchen. Im Übrigen sei darauf verwiesen, dass die Modalitäten der Fristberechnung vom Darlehensgeber ansonsten nicht angegeben werden müssen (vgl. BGH, Urteil vom 23.09.2010, VII ZR 6/10, Rn. 26).
34d)
35Die Frist hat nicht deshalb nicht zu laufen begonnen, weil die Beklagte den Klägern kein von beiden Parteien unterschriebenes Dokument zur Verfügung gestellt hat. Denn die Tatsache, dass die Beklagte den Klägern ein bereits unterschriebenes Dokument zugesandt hat und die Klägerin dies sodann in Abwesenheit der Beklagten unterschrieben hat, steht der Annahme, dass es sich dabei um eine Vertragsurkunde i.S.d. § 355 Abs. 3 S. 2 BGB a.F. handelt, nicht entgegen. Der Begriff „Vertragsurkunde" meint das von beiden Vertragsparteien unterzeichnete schriftliche Original des Vertrags (BGH Urt. v. 21.02.2017 – XI ZR 381/16). In dem Moment, in welchem die Kläger das Dokument unterschrieben haben, lag eine Vertragsurkunde vor. Normzweck ist, im Falle dessen, dass der Vertrag schriftlich abgeschlossen wird, den Beginn der Widerrufsfrist nicht zu Lasten des Verbrauchers zu verkürzen. Für diese Wertung spricht auch § 355 Abs. 3 S.3 BGB, welcher im Fall, dass der Fristbeginn streitig ist, dem Unternehmer, d.h. hier dem Darlehensgeber die Beweislast auferlegt. § 355 Abs. 1 i.V.m. § 360 Abs. 1 BGB a.F. statuiert, dass die Widerrufsbelehrung deutlich gestaltet sein muss und dem Verbraucher entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommunikationsmittels seine wesentlichen Rechte deutlich macht. Sofern Verbraucherverträge beispielsweise als sog. Präsenzgeschäfte geschlossen werden, beginnt die Widerrufsfrist, sofern der Verbraucher eine entsprechende Belehrung in Textform erhalten hat (vgl. § 355 Abs. 3 S. 1 BGB a.F.). Wenn der Vertrag wie hier schriftlich geschlossen worden ist, soll und muss es dem Verbraucher möglich sein, die Widerrufsbelehrung mit samt dem eigentlichen Vertrag zusammen lesen zu können. Erst dadurch wird er in die Lage versetzt, zu verstehen, welchen Vertragsinhalt er zu welcher Zeit und in welchem Umfang widerrufen kann. Die Vertragsurkunde verfolgt durch die beiderseitigen Unterschriften dabei den Zweck einer Abschlussfunktion dahingehend, dass sich beide Parteien über den konkreten Vertragsinhalt geeinigt haben und dieser übereinstimmend feststeht. Es kommt demnach nicht darauf an, ob der Verbraucher den Vertrag als Erster unterschreibt, diese Ausfertigung dem Unternehmer zuschickt und dieser sodann unterschreibt und die damit bestehende Vertragsurkunde an den Verbraucher zurückschickt, oder ob zuerst der Unternehmer unterschreibt, dieses Schreiben an den Verbraucher sendet und der Verbraucher sodann das seinerseits unterschriebene Werk an den Unternehmer schickt. In beiden Fällen beginnt die Frist nicht vor Errichtung und Zurverfügungstellung des Inhalts des Vertrags zu laufen.
36e)
37Die Widerrufsbelehrung ist nicht unzureichend bezüglich der unterschiedlichen Angaben zur Dauer der Widerrufsfrist. Sie besagt, dass der Verbraucher seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen widerrufen kann und die Frist erst dann zu laufen beginnt, nachdem der Kreditnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB a.F. erhalten hat. Nur für den Fall, dass der Kreditgeber den Kreditnehmer nachträglich über in den Vertragstext nicht aufgenommene Pflichtangaben informiert, beträgt die Frist einen Monat. Hat der Kreditgeber demnach eine fehlerhafte Belehrung erteilt, so hat er die Möglichkeit - durch eine Nachbelehrung - seiner Verpflichtung zu einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung nachzukommen. Der Kreditgeber hat den Kreditnehmer darüber nochmals in Textform zu informieren. Dadurch ist es für den Kreditnehmer auch nicht unklar, welche Frist für ihn im Falle eines Widerrufs gilt. Es entstehen ihm keine Nachteile. Wird er informiert, d.h. erfüllt der Kreditgebe nachträglich seine Pflicht, so beginnt mit dem Zeitpunkt der ordnungsgemäßen Belehrung die Monatsfrist des § 355 Abs. 2 S. 2 BGB a. F.. Geschieht dies nicht, so beginnt für den Verbraucher niemals eine Frist zu laufen und er behält sein (damals noch existierendes) ewiges Widerrufsrecht.
38f)
39Dass in der Widerrufsbelehrung lediglich die notwendigen Pflichtangaben des § 492 Abs. 2 BGB a.F. beispielhaft aufgeführt wurden, steht einer ordnungsgemäßen Belehrung ebenso wenig entgegen. Vielmehr besagt die Information ausdrücklich, dass „die Frist nach Abschluss des Vertrages beginnt, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle nach § 492 Abs. 2 BGB (dann folgt eine beispielhafte Aufzählung) erhalten hat“. Insoweit wird der Verbraucher ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der § 492 Abs. 2 BGB a.F. inhaltlich alle Pflichtangaben auflistet. Die Norm ist dabei jedermann frei zugänglich und einsehbar. Überdies hat sich der Gesetzgeber bewusst für die schließlich Gesetz gewordene Auswahl der für eine Mehrzahl unterschiedlicher Vertragstypen relevanten Beispiele (BT-Drucks. 17/2095, S. 17) entschieden und brachte damit zum Ausdruck, er traue dem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher die Ermittlung der für den einschlägigen Vertragstyp jeweils relevanten Pflichtangaben anhand des Gesetzes zu (BGH, Beschluss v. 19.03.2019 - XI ZR 44/18). Die aufgelisteten Beispiele verwirren dabei nicht dahingehend, dass es nur um diese Pflichtangaben ginge, damit die Widerrufsfrist beginnt, wie der Zusatz vor der Auflistung „z.B.“ zeigt. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall. Eine Auflistung aller vorgeschriebenen Angaben nach Artikel 247 §§ 6 bis 13 EGBGB a.F. (auf welchen § 492 Abs. 2 BGB verweist), würde den Verbraucher mit Informationen überfrachten, sodass er nicht mehr in der Lage wäre, die relevantesten Informationen zu erkennen. Mittels der um Beispiele ergänzten Verweisung vermied die Beklagte, die im Übrigen nicht genauer als der Gesetzgeber formulieren musste (Senatsurteil vom 22.11.2016 - XI ZR 434/15, BGHZ 213, 52 Rn. 17; OLG Stuttgart, Beschluss vom 4.02.2019 - 6 U 88/18, juris Rn. 23 a.E.), eine unübersichtliche und nur schwer durchschaubare Um-schreibung der Bedingungen für den Beginn der Widerrufsfrist. Eine nicht nur beispielhafte Auflistung hätte dazu geführt, dass den Klägern anstelle der von der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments geforderten knappen und prägnanten eine redundante und kaum mehr lesbare „Information" erteilt worden wäre (BGH, Be-schluss v. 19.03.2019). Es entspricht im Übrigen der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass Gestaltungen wie die von der Beklagten gewählte wirksam sind (Senatsurteile vom 22.11.2016, aaO, Rn. 13 ff., vom 4.07.2017 - XI ZR 741/16, WM 2017, 1602 Rn. 19 ff. und vom 5.12.2017 - XI ZR 253/15, juris Rn. 19 ff.; Senatsbeschluss vom 24. April 2018 - XI ZR 573/17, juris).
40g)
41Es wurde auch ordnungsgemäß über die Widerrufsfolgen belehrt. Die von der Beklagten erteilten Belehrungen sind nicht zu beanstanden, soweit sie den Verbraucher nicht darauf hingewiesen hat, dass auch sie als Unternehmerin ohne Mahnung in Verzug kommen kann, wenn sie eine Erstattung nicht innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Widerrufserklärung leistet (§§ 357 Abs. 1 S. 2, 286 Abs. 3 BGB a.F.), mithin dass auch der Verbraucher im Einzelfall das Recht hat, gegen die Unternehmerin vorzugehen.
42Sinn und Zweck der Widerrufsbelehrung ist es, den Verbraucher so hinreichend zu informieren, dass er allein auf dieser Grundlage entscheiden kann, ob er sein Widerrufsrecht ausüben möchte oder nicht. Der den Klägern erteilte Hinweis, dass bei Ausübung des Widerrufsrechts nachteilige Folgen, namentlich die Entrichtung eines Sollzinses und die Zurückgewährung des Kredits innerhalb von 30 Tagen, für den Verbraucher eintreten können, ist inhaltlich zutreffend.
43Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung enthielt keine missverständlichen Angaben zu den Rechtsfolgen eines Widerrufs. Denn vorliegend war eine Belehrung über die Rechtsfolgen gemäß § 355 Abs. 1 BGB a.F. die Unternehmerin betreffend überhaupt nicht erforderlich. Die Beklagte brauchte nicht auf die Rechtsfolgen eines Widerrufs hinsichtlich der vom Kunden bereits geleisteten Zahlungen hinzuweisen, weil eine solche Sachverhaltskonstellation nach dem Vertrag nicht eintreten konnte. Dieser war so ausgestaltet, dass die Widerrufsfrist bereits abgelaufen war, bevor der Kreditnehmer Leistungen aufgrund des Kreditvertrages zu erbringen hatte (Zins- und Tilgungsleistungen). Die Widerrufsfrist begann hier mit Abschluss des Vertrages zu laufen und endete am 04.11.2011 und damit vor Fälligkeit der ersten Rate am 30.11.2011.
44Wenn eine Belehrung allerdings trotz fehlender Notwendigkeit Angaben hierzu enthält, darf diese nicht unzutreffend sein, weil sonst die Gefahr besteht, dass der Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abgehalten wird (LG Bielefeld, Urt. v. 27.8.2014, 1 O 268/13). Zudem ist die streitgegenständliche Belehrung über die Widerrufsfolgen jedenfalls nicht grundsätzlich irreführend. Bei einem widerrufenen Kredit hat der Kreditnehmer dem Kreditgeber die ausgezahlte Darlehensvaluta nebst marktüblicher Verzinsung zurückzuzahlen (BGHZ 152, 331). Die in der Widerrufsbelehrung enthaltene Angabe, der Kreditnehmer habe der Bank den empfangenen Kredit zurückzugewähren und einen Sollzins für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung des Kredits zu entrichten, entspricht dem Zeitraum nach Auszahlung der Darlehensvaluta bis zum Beginn von Zins- und Tilgungsleistungen. Selbst wenn man die wechselseitigen Ansprüche saldiert, bleibt ein Anspruch der Bank auf Erstattung der restlichen Darlehensvaluta zuzüglich Zinsen (vgl. LG Dortmund, Urt. v. 05.02.2015, 7 O 274/14). Nur in besonderen Konstellationen (zum Beispiel: vorzeitige Rückführung des Darlehens unter Leistung einer Vorfälligkeitsentschädigung) kann sich nach Saldierung ein Erstattungsanspruch des Darlehensnehmers ergeben. Ob die insoweit verkürzte Belehrung einer Ingangsetzung der Widerrufsfrist entgegenstünde, kann allerdings dahinstehen. Denn dieser Teil der Belehrung hatte jedenfalls vorliegend keine Relevanz (LG Bielefeld, Urt. v. 27.8.2014, 1 O 268/13).
45h)
46Die unter G Nr. 12 getätigte Angabe zur zuständigen Aufsichtsbehörde genügt den Vorgaben des Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB, wonach der Vertrag die für den Darlehensgeber zuständige Aufsichtsbehörde enthalten muss. Die Angabe eines Postfaches ist dabei zur Kontaktaufnahme und schnellen Erreichbarkeit ebenso geeignet, wie die Angabe einer postalischen Adresse. Sinn und Zweck der Angabe ist es, dem Verbraucher die Möglichkeit zu verschaffen, bei Schwierigkeiten einen speziellen Ansprechpartner und Berater zu erhalten. Nichts anderes ergibt sich bezüglich einer europarechtskonformen Auslegung des Art. 10 Abs. 2 lit. v der RL 2008/48/EG. Abs. 2 besagt, dass im Kreditvertrag in klarer, prägnanter Form Folgendes anzugeben ist. Es folgt sodann eine Auflistung, wobei unter lit. v die Formulierung zu finden ist, dass gegebenenfalls der Name und die Anschrift der zuständigen Behörde anzugeben seien. Demnach sieht die Richtlinie die Angabe bereits nicht als zwingend an, wie sich aus der Verwendung des Wortes gegebenenfalls ergibt. Bestätigt wird dies durch einen Vergleich zu lit. u, der besagt, dass gegebenenfalls weitere Vertragsangaben angegeben werden können. Nicht jeder Vertrag enthält allerdings weitere Angaben, sodass die Angabe bereits fakultativer Natur ist und nicht zu einer engeren Auslegung des Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB führen kann, der bloß von „Angaben“ spricht die enthalten sein müssen. Die Norm fordert gerade nicht ausdrücklich die Angabe einer Adresse. Die Angabe der Beklagten war deshalb ausreichend. Sie gab sowohl den Namen der Aufsichtsbehörde, hier die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht an, als auch das Postfach der BaFin mitsamt Postleitzahl und dem Ort Bonn an.
47i)
48Die Widerrufsbelehrung enthält auch den gemäß § 492 Abs. 3 S. 2 BGB a.F. i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB a.F. geforderten Hinweis, dass dem Darlehensnehmer ein Anspruch auf einen Tilgungsplan zusteht. Dem Wortlaut nach „kann“ der Darlehensnehmer vom Darlehensgeber jederzeit einen Tilgungsplan nach Artikel 247 § 14 EGBGB a.F. verlangen. Das begründet aber keine Verpflichtung des Darlehensgebers, den Darlehensnehmer darüber zu informieren, welchen Inhalt und Aufbau der Tilgungsplan genau haben muss. Es reicht der Hinweis, dass dem Darlehensnehmer ein Anspruch zusteht. Der Vertrag wies unter Punkt G, Nr.7 darauf hin, dass der Kreditnehmer auf Verlangen von der Sparkasse (Beklagten) einen Tilgungsplan erhält.
492.
50Offen bleiben kann deshalb, ob hier ein Widerrufsrecht der Kläger auch aus dem Grunde ausscheidet, weil sich die Ausübung möglicherweise als eine unzulässige Rechtsausübung als Unterfall der Verwirkung darstellt (so auch das erkennende Gericht mit Urteil vom heutigen Tag, 425 C 2560/19; vgl. auch LG Dortmund, Urt. v. 17.08.2018, Az.: 3 O 241/17; OLG Hamm, Beschluss v. 12.09.2017, I-19 U 153/17; BGH, Urt. v. 12.07.2016, XI ZR 564/ 15, zit. n. juris, Rn. 39; OLG Hamm, Beschluss v. 12.07.201, 31 U 44/17). Dazu bedarf eines entsprechen Zeit- und Umstandsmoments.
51II.
52Die Kläger haben keinen Anspruch auf Freistellung gemäß §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB wegen der außergerichtlichen Anwaltskosten. Mangels bestehender Hauptforderung befand sich die Beklagte nicht im Verzug.
53Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 709 ZPO.
54Rechtsbehelfsbelehrung:
55Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
561. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
572. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
58Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Dortmund, L, 44135 Dortmund, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
59Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Dortmund zu begründen.
60Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Dortmund durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
61Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
62Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:
63Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.
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