Urteil vom Amtsgericht Wetter - 8 C 23/15
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.232,11 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.4.2015 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des von der Klägerin nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Parteien schlossen am 24.2.2011 in Wetter über die Firma M GmbH als Kreditvermittlerin einen Darlehensvertrag.
3In dem Darlehensvertrag berechnete die Beklagte eine Bearbeitungsgebühr i.H.v. 1.041,92 EUR. Die Rückzahlung des Gesamtdarlehensbetrages sollte in monatlichen Raten von je 390,36 EUR sowie durch eine am 5.3.2015 fällige Schlussrate i.H.v. 14.843,93 EUR erfolgen.
4Wegen des weiteren Inhalts der zur Finanzierung eines Autokaufes dienenden Darlehensvereinbarung wird auf die Mitteilung der Beklagten vom 26.4.2011 (Bl. 5 der Akte) Bezug genommen.
5In Höhe des Betrages der Bearbeitungsgebühr sowie darauf entfallender Zinsen (insgesamt 1.232,11 EUR) hat die Klägerin die Aufrechnung mit einem Rückzahlungsanspruch gegenüber dem Anspruch der Beklagten auf Zahlung der Schlussrate erklärt.
6Da die Beklagte die Verrechnung mit der Schlussrate verweigerte, hat die Klägerin diese unter Vorbehalt der Rückforderung in voller Höhe gezahlt und verlangt nunmehr Rückzahlung in Höhe des zuvor aufgerechneten Betrages.
7Die Klägerin beantragt,
8wie erkannt.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Sie rügt die fehlende örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Wetter und erhebt die Einrede der Verjährung.
12Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die Sitzungsniederschrift vom 29.6.2015 Bezug genommen.
13Entscheidungsgründe:
14Die Klage ist zulässig und begründet.
15Das Amtsgericht Wetter ist örtlich zuständig.
16Bei dem vorliegenden Vertrag handelt es sich um einen Verbraucherdarlehensvertrag im Sinne von § 491 BGB, der nach § 312 Abs. 5 BGB mit der „ersten Vereinbarung“ Haustürgeschäft ist. Dies hat zur Folge, dass die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Wetter gemäß § 29 c Abs. 1 ZPO gegeben ist, weil die Klägerin ausweislich der Klageschrift zum Zeitpunkt der Klageerhebung ihren Wohnsitz in der Gemeinde Wetter hatte (vergleiche Zöller-Vollkommer, ZPO, 29. Auflage 2012, Rn. 1 Anhang nach § 29 c ZPO).
17Die Klage ist auch begründet.
18Der Klägerin steht der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung nach § 812 Abs. 1 BGB zu, weil in Höhe der zuerkannten Hauptforderung infolge der von der Klägerin vor Klageerhebung erklärten Aufrechnung ein Anspruch der Beklagten auf Zahlung der Schlussrate im aufgerechneten Umfang nicht mehr bestand.
19Auf der Grundlage der von den Parteien zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist die Vereinbarung eines Bearbeitungsentgeltes bei Verbraucherdarlehen unzulässig, Ansprüche des Verbrauchers auf Rückzahlung der Bearbeitungsgebühr verjährten im Hinblick auf die zuvor bestehende unklare Rechtslage mit Ablauf des 31.12.2014.
20Die Aufrechnungserklärung der Klägerin wäre mithin nur dann erfolgreich gewesen, falls sich ihr Anspruch auf Rückzahlung der Bearbeitungsgebühr und der Anspruch der Beklagten auf Zahlung der Schlussrate in nicht verjährter Zeit aufrechenbar gegenüber gestanden hätten (§ 215 BGB).
21Dies setzte voraus, dass die Klägerin die Zahlung der Schlussrate vor dem 31.12.2014 hätte bewirken können (§ 387 BGB), die Forderung der Beklagten also erfüllbar war (§ 271 Abs. 2 BGB).
22Der Beklagten ist zwar zuzugestehen, dass grundsätzlich das Recht zu Voraustilgungen bei verzinslichen Darlehen im Hinblick auf die gesetzliche Regelung des § 488 Abs. 3 S. 3 BGB ausgeschlossen ist (vergleiche insoweit OLG Stuttgart, WM 2007,2281-2289). Die Beklagte lässt jedoch außer acht, dass es sich vorliegend um einen Verbraucherdarlehensvertrag handelt, bei welchem der Darlehensnehmer seine Verbindlichkeiten jederzeit ganz oder teilweise vorzeitig erfüllen kann (§ 500 Abs. 2 BGB), die Beklagte wäre also in Annahmeverzug gekommen, falls die Klägerin ihr die vorzeitige Ablösung des Darlehens angeboten hätte. Die Klägerin hat also mit einem in nicht rechtsverjährter Zeit fälligen Anspruch auf Rückzahlung der Bearbeitungsgebühr nebst darauf entfallender Zinsen gegenüber einer ebenfalls in nicht rechtsverjährter Zeit erfüllbaren Forderung der Beklagten aufgerechnet.
23Der zuerkannte Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 291 BGB.
24Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
25Rechtsbehelfsbelehrung:
26Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
271. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
282. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
29Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Hagen, I-Straße, 58097 Hagen, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
30Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Hagen zu begründen.
31Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Hagen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
32Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
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