Urteil vom Arbeitsgericht Paderborn - 2 Ca 357/16
Tenor
Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 09.03.2016 weder fristlos noch fristgerecht beendet wurde.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Niederlassungsleiter in Q zu beschäftigen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Der Streitwert wird auf 20.515,97 € festgesetzt.
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen und hilfsweise fristgerechten Kündigung. Widerklagend macht die Beklagte Schadensersatzansprüche gegen den Kläger geltend.
3Der 1969 geborene, verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist seit dem Jahr 1999 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt der schriftliche Arbeitsvertrag sowie der Zusatzvertrag vom 30.06.2006 zugrunde (Bl. 68 – 73 d. A.).
4Die Beklagte ist ein Wach- und Sicherheitsunternehmen mit Sitz in L. Der Kläger war zuletzt als Niederlassungsleiter der Niederlassung der Beklagten in Q eingesetzt. Neben dem Kläger war Frau Q1 ebenfalls Niederlassungsleiterin der Niederlassung Q. Frau Q1 war gegenüber dem Kläger nicht zur Kündigung berechtigt. Vielmehr waren Frau Q1 und der Kläger als gleichrangige Niederlassungsleiter der Niederlassung Q eingesetzt, wobei jeder Niederlassungsleiter für die Aufträge in seinem Zuständigkeitsbereich allein zuständig war. Während seiner Tätigkeit als Niederlassungsleiter unterzeichnete der Kläger Arbeitsverträge und Kündigungsschreiben, wobei den Kündigungsschreiben eine Vollmacht der Geschäftsführung in L beigefügt wurde.
5Das Bruttomonatseinkommen des Klägers betrug zuletzt 3.100,00 € zuzüglich einer monatlichen Pauschale in Höhe von 150,00 €.
6Der Niederlassung in Q sind ca. 250 Mitarbeiter zugeordnet.
7In der Niederlassung Q ist ein Betriebsrat gebildet. Dessen Vorsitzende C B ist die Ehefrau des Klägers. Die Ehefrau des Klägers ist auf Basis eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses ebenfalls bei der Beklagten beschäftigt.
8Mit dem Zustimmungsersetzungsverfahren Az: 2 BV 12/16 verfolgt die Beklagte den Ausschluss der Ehefrau des Klägers aus dem Betriebsrat sowie die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur Kündigung der Ehefrau des Klägers durch das Arbeitsgericht.
9In der Niederlassung der Beklagten in Q ebenfalls beschäftigt sind die Söhne des Klägers, E W und E1 B.
10Mit Schreiben vom 09.03.2016 (Bl. 6 d.A.), welches dem Kläger am 14.03.2016 zuging, kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis fristlos und hilfsweise fristgerecht. Die Kündigung ist mit dem Zusatz „ppa. U M“ unterzeichnet. Gegen die Kündigung hat der Kläger mit einem am 17.03.2016 bei dem Arbeitsgericht Paderborn eingegangenen Schriftsatz Kündigungsschutzklage erhoben und einen Weiterbeschäftigungsanspruch geltend gemacht. Mit einem am 30.10.2016 bei dem Arbeitsgericht Paderborn eingegangenen Schriftsatz hat die Beklagte Widerklage erhoben und den Kläger auf Zahlung von 7.515,97 € in Anspruch genommen.
11Der Kläger bestreitet das Vorliegen von Kündigungsgründen und die Einhaltung der Frist gemäß § 626 Abs. 2 BGB. Darüber hinaus bestreitet er die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats und vertritt die Auffassung, die Anhörung des Betriebsrats vor Ausspruch der Kündigung sei auch im Hinblick auf die Position des Klägers erforderlich gewesen. Schließlich bestreitet der Kläger die Kündigungsbefugnis des Unterzeichners der Kündigung M.
12Der Kläger beantragt,
13- 1.14
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die außerordentliche Kündigung vom 09.03.2016, zugestellt unter dem 14.03.2016, aufgelöst worden ist und auch nicht hilfsweise fristgerecht aufgelöst worden ist,
- 2.16
die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter als Niederlassungsleiter in Q zu beschäftigen.
Die Beklagte beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Widerklagend beantragt sie,
20den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 7.515,97 € zu zahlen.
21Der Kläger beantragt,
22die Widerklage abzuweisen.
23Die Beklagte ist der Auffassung, es liege ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger vor. Der Kläger habe sich selbst und seinen Familienangehörigen unberechtigte Vorteile bei der Beklagten verschafft. So habe er seiner Ehefrau durch Wahlmanipulation die Position der Betriebsratsvorsitzenden verschafft. Es habe keine ordnungsgemäße Betriebsratswahl stattgefunden. So habe es keine Mitarbeiterversammlung gegeben, die den Wahlvorstand gewählt habe. Vielmehr habe die Ehefrau des Klägers mit einigen anderen einfach den Wahlvorstand gebildet. Den Mitarbeitern der Niederlassung sei im Zusammenhang mit der Wahl mitgeteilt worden, sie sollten „die Frau von B1 wählen“. Auch habe der Kläger durch die Erhöhung der Mitarbeiterzahl in der Niederlassung die Voraussetzungen für die Freistellung seiner Ehefrau geschaffen. Der Kläger habe nach den Angaben seiner Frau bzw. seinen eigenen Erwägungen Dienstpläne erstellt und diese ohne Prüfung zur Auszahlung an die Lohnbuchhaltung weiter geleitet. Insbesondere habe sich nach Ausspruch der Kündigung herausgestellt, dass Stundenzettel der Ehefrau des Klägers in der Niederlassung überhaupt nicht vorlagen. Auch habe der Kläger unrichtige Angaben zum Ort der Betriebsratstätigkeit seiner Frau getätigt, indem er als Ort der Betriebsratstätigkeit die Niederlassung angegeben habe. Damit habe er seine Vertrauensstellung ausgenutzt. Die Überprüfung der Betriebsratstätigkeit der Ehefrau des Klägers habe einen gemeinschaftlichen Arbeitszeitbetrug der Eheleute B offenbart, wobei dieser zumindest für die Monate Januar und Februar 2016 vorliege, wobei der Kläger vom 30.12.2015 bis 22.01.2016 arbeitsunfähig erkrankt war. Grundlage der Abrechnung für die Familienangehörigen des Klägers seien dessen Eintragungen in das System PADIS gewesen. Darüber hinaus habe der Kläger seiner Ehefrau Führungsaufgaben übertragen, die dieser als Aushilfe überhaupt nicht zugestanden. So habe die Ehefrau des Klägers Arbeitnehmer in der JVA praktisch selbst einstellen und selbständig einsetzen dürfen. Auch habe er seine Ehefrau mit Einsatzleiteraufgaben betreut und die in der JVA beschäftigten Mitarbeiter bevorzugt, so beispielsweise bei Stadioneinsätzen beim Fußballverein SC Q. Dies habe zu erheblichem Unmut bei den übrigen Mitarbeitern geführt. Zudem habe der Kläger seine Ehefrau das ihm zur Verfügung gestellte Dienstfahrzeug während ihrer Elternzeit auf Firmenkosten privat nutzen lassen. Der Kläger habe insbesondere kein Fahrtenbuch geführt.
24Neben seiner Ehefrau habe der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit auch seine Söhne bevorzugt. So habe er seinen jüngsten Sohn E1 trotz Fehlens jeglicher Qualifikationen für den SC Q eingestellt. Der Kläger habe seinen Sohn zur Unterrichtung nach § 34 a GewO geschickt und anschließend direkt als Schichtleiter eingesetzt, obgleich es an einer entsprechenden Sachkenntnis seines Sohnes fehlte. Hierdurch habe er seinem Sohn einen um 12 % höheren Lohn verschafft. Als die Niederlassungsleiterin Frau Q1 dies beanstandet habe, habe der Kläger mitgeteilt, er wolle für seinen Sohn den bestmöglichen Lohn.
25Der ältere Sohn des Klägers, E W, habe im Rahmen seiner Ausbildung eine Prüfung nicht abgelegt und sei vom Kläger wegen des besseren Verdienstes als Revierfahrer eingesetzt worden. Hierbei habe die Zeit von 6 bis 8 Uhr als Bereitschaft gezählt, wobei der Kläger seinem Sohn gestattet habe, diese Zeit zu Hause im Bett zu verbringen, obgleich die Entlohnung bis 8 Uhr erfolgte. Bei Anrufen in der Bereitschaftszeit seines Sohnes habe der Kläger einfach einen anderen Revierfahrer beauftragt. An Tagen, an denen der Kläger selbst Urlaub hatte oder sonst verhindert war, sei sein Sohn der Arbeit unentschuldigt ferngeblieben, wobei der Kläger in den Dienstplan seines Sohnes „Urlaub“ eingetragen habe. Dementsprechend verhalte es sich bei den auf Bl. 238 d. A. aufgeführten Eintragungen des Klägers. So habe der Kläger bereits am 23.12.2015 eine Arbeitsunfähigkeit seines Sohnes bis zum 29.12.2015 eingetragen, obwohl zu diesem Zeitpunkt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung noch gar nicht vorgelegen habe. Auch habe der ältere Sohn des Klägers gegenüber der weiteren Niederlassungsleiterin Frau Q1 abwertende Verhaltensweisen an den Tag gelegt, die der Kläger ohne Reaktion beobachtet habe. In den letzten Monaten vor der Kündigung habe sich der Kläger bei Frau Q1 über den angeblich zu geringen Verdienst für ihn und seine Frau beschwert. Der Kläger habe seine Arbeitsleistung eingeschränkt, indem er oft lediglich herum gesessen und keinerlei Interesse an der Neuakquise von Aufträgen gezeigt habe. Der Kläger habe viele Aufträge bis auf den Auftrag für den SC Q abgesagt. Bei diesem Auftrag habe es sich faktisch um den einzigen großen Auftrag des Klägers gehandelt. Hierneben habe der Kläger den Revierdienst und weitere Veranstaltungen mit einem Stundenvolumen von insgesamt 4.500 Stunden pro Monat betreut. Im Gegensatz dazu habe Frau Q1 Aufträge mit einem Stundenvolumen von 20.000 Stunden pro Monat betreut. Nachdem der Prokurist M den Kläger anwies, er sollte den Auftrag Sicherheit OWL in C nicht mehr weiterführen, da dieser nicht kostendeckend sei, habe der Kläger ihn entgegen dieser Anweisung dennoch im Jahr 2016 weiter geführt. Auch habe der Kläger Mitarbeiter eines befreundeten Subunternehmers trotz bestehendem Stadionverbot für die Beklagte beim SC Q arbeiten lassen, wobei es aufgrund des Erscheinungsbildes einiger dieser Mitarbeiter zu Irritationen bei der Polizei gekommen sei. Der Kläger habe mehrfach geäußert, die Beklagte würde ihm mit der Kündigung einen Gefallen tun; er würde dann eine dicke Abfindung kassieren und die Niederlassung „plattmachen“. Zudem habe der Kläger vor anderen Mitarbeitern über die Führungskräfte am Unternehmenssitz der Beklagten als den „Idioten in L“ gesprochen. Bei dem Kunden LWL Museum E2 habe er die von der Niederlassungsleiterin Q1 für den Museumsadvent geplanten Mitarbeiter vorher abgezogen, damit sie in C bei einem Fußballspiel einen befreundeten Subunternehmer unterstützten. Hierdurch seien die Mitarbeiter zu spät in E2 erschienen, woraufhin es Probleme mit dem Kunden gegeben habe. Auch habe der Kläger ein gezieltes Mobbing von Sicherheitsmitarbeitern, die eigene Interessen äußerten oder Aufgaben ablehnten, durch Bestrafungsmaßnahmen in Form ungünstiger Dienstplanänderungen für die Betroffenen betrieben. Der Kläger habe zudem Revierfahrer daran gehindert, an Fußballspieltagen ihre vertraglichen Pflichten zur Kontrolle von Revierobjekten zu erbringen und für Alarminterventionszeiten zur Verfügung zu stehen. Außerdem habe der Kläger Mitarbeiter so eingeteilt, dass Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz vorgelegen hätten. So sei dies bei psychisch noch ungefestigten Auszubildenden der Fall gewesen, die gezwungen worden seien, den Auf- und Abbau am Fußballstadion durchzuführen. Auch der Mitarbeiter Herr Q2 hätte nach einer vom Kläger vorgenommenen Einteilung 15,5 Stunden an einem Tag arbeiten müssen. Hingegen seien etliche Mitarbeiter bei der Beklagten geführt worden, deren Einsatzzeit „Null“ betragen habe. Auch habe der Kläger Mitarbeiter aufgefordert, Frau Q1 doch zu verklagen. Vor dem Hintergrund der Schwere des Fehlverhaltens des Klägers und des zerstörten Vertrauensverhältnisses sei eine Abmahnung entbehrlich. Insbesondere habe der Kläger bereits am 24.02.2016 selbst erklärt, dass er schon an diesem Tag mit einer Kündigung der Beklagten gerechnet habe. Die Frist gemäß § 626 Abs. 2 BGB sei gewahrt. Die weitere Niederlassungsleiterin Q1 sei stets davon ausgegangen, dass das Verhalten des Familienclans B von der Beklagten akzeptiert würde. Darüber hinaus habe sie selbst in einem gefühlten Abhängigkeitsverhältnis zum Kläger gestanden. Das Ausmaß der Vorfälle in der Niederlassung Q sei dem kündigungsberechtigten Prokuristen M erst nach Durchführung einer in Auftrag gegebenen Untersuchung bewusst geworden, wobei der Auftrag zur Untersuchung am 24.02.2016 und der Abschluss der Ermittlungen am 02.03.2016 erfolgt sei.
26Die Anhörung des Betriebsrats vor der Kündigung des Klägers sei nicht erforderlich gewesen, da es sich bei dem Kläger als Niederlassungsleiter um einen leitenden Angestellten handele. Der Kläger sei in seinem Zuständigkeitsbereich zur selbständigen Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern im Bereich der Niederlassung Q berechtigt gewesen. Er habe Arbeitsverträge und Kündigungen selbst unterzeichnet und Arbeitgeberfunktionen wahrgenommen. Gleiches gelte für Frau Q1 in ihrem Zuständigkeitsbereich. Lediglich um Unklarheiten zu vermeiden habe der Kläger beim Ausspruch von Kündigungen eine entsprechende Vollmacht aus L beigefügt. Er habe jedoch über den Abschluss von Arbeitsverträgen und den Ausspruch von Kündigungen in seinem Bereich frei entscheiden können und habe sich diese nicht vorab in L genehmigen oder bestätigen lassen müssen. Insbesondere habe der Justiziar am Unternehmenssitz F lediglich eine beratende Funktion vor Ausspruch von Kündigungen gehabt. Er habe dem Kläger jedoch keine Anweisungen erteilen dürfen, ob er eine Kündigung ausspreche oder nicht. Außerdem habe er selbst über keine Kündigungsberechtigung verfügt. Letztlich habe der Kläger seinen Zuständigkeitsbereich ohne Rücksprache mit der Zentrale in L verwaltet. Eine Rücksprache mit dem Prokuristen M sei nur bei Abschluss des Vertrages mit dem SC Q sowie der Fa. T erfolgt. Rücksprachen seien insoweit lediglich bei „Millionenaufträgen“ notwendig gewesen. Letztlich sei der Kläger in seinem Bereich für seine Aufträge, seine Arbeitnehmer und seine Einsätze allein zuständig gewesen. Insoweit habe eine klare Aufgabenverteilung zwischen dem Kläger und der weiteren Niederlassungsleiterin Q1 bestanden. Obgleich der Betriebsrat nicht anzuhören gewesen sei, sei ihm dennoch der bis zu dieser Erkenntnis geschriebene Teil der Anhörung gegeben worden. Der Kläger könne die Kündigung schließlich nicht nach § 174 BGB zurückweisen, da es sich bei Herrn M um einen Prokuristen der Beklagten handele, was dem Kläger auch bekannt sei.
27Der Kläger sei der Beklagten zudem zur Zahlung von 7.515,97 € verpflichtet, da er der Beklagten einen Schaden zugefügt habe, indem bei der Durchführung des Auftrages SC Q eine Vielzahl von Schlüsseln zu diesem Objekt von ihm bzw. den Mitarbeitern verloren wurden. Der Kläger sei für die Durchführung dieses Auftrags verantwortlich gewesen und hätte den Verlust der Schlüssel durch geeignete Maßnahmen vermeiden müssen. Der Kläger hätte eine genaue Arbeitsanweisung zum Umgang mit Schlüsseln formulieren müssen und deren Befolgung genau kontrollieren müssen. Hierzu gebe es bei der Beklagten eine interne Qualitätsmanagementrichtlinie, die den richtigen Umgang mit Schlüsseln beschreibe. Solche Maßnahmen habe der Kläger nicht getroffen und damit grob fahrlässig gehandelt. Durch das grob fahrlässige Verhalten des Klägers sei der Beklagten der mit der Widerklage geltend gemachte Schaden entstanden.
28Der Kläger bestreitet die Kündigungsvorwürfe und weist darauf hin, er habe nicht alleine über die Auszahlung von Beträgen entscheiden dürfen, sondern nur gemeinsam mit Frau Q1 und Herrn E3. Diese hätten die Eintragungen in den Dienstplänen und die Stunden vor Weitergabe an die Lohnbuchhaltung geprüft. Insbesondere habe seine Ehefrau sämtliche der angegebenen Stunden gearbeitet, wobei sie Betriebsratstätigkeiten von zu Hause aus durchgeführt habe. Der Kläger habe auch keine Falschangaben über die von seiner Ehefrau durchgeführten Betriebsratstätigkeiten getätigt, da es sich bei der angegebenen Adresse um die postalische Anschrift des Betriebsrats in der Niederlassung handele, die eingegeben werden müsse. Die Ehefrau des Klägers habe nie Privatfahrten mit dem Dienstfahrzeug des Klägers durchgeführt. Sie habe lediglich – wie andere Mitarbeiter auch – das Fahrzeug dienstlich genutzt, wobei stets ein Fahrtenbuch geführt und die Kilometerstände notiert und nach L gemeldet worden seien. Der Kläger habe seine Söhne nicht bevorzugt. Der jüngste Sohn E1 sei als Ordner bei der Beklagten tätig gewesen, wofür keine besondere Qualifikation erforderlich sei. Die Unterrichtung nach § 34 a GewO sei wegen einer Tätigkeit seines Sohnes in der Flüchtlingsunterkunft erfolgt. Der Sohn des Klägers sei zunächst monatelang als Wachmann tätig gewesen, bevor er zum Schichtleiter wurde. Darüber hinaus habe sein Sohn gute Arbeitsleistungen erbracht. Sein älterer Sohn E W sei als Revierfahrer eingesetzt gewesen, weil er eine dreijährige Ausbildung bei der Beklagten absolvierte und auch in dieser Zeit in erster Linie Revierfahrten durchführte. Es sei nicht generell von 06:00 bis 08:00 Uhr morgens Bereitschaft gewesen. Vielmehr habe im Revier 2 die Arbeitszeit um 06:30 Uhr geendet und sein Sohn E sei zu 80 % im Revier 2 gefahren. Soweit die Beklagte auf Krankheitszeiten seines Sohnes abhebe, so sei sein Sohn vom 15. bis zum 31.12.2015 wegen eines Schwächeanfalls arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Der Kläger habe mit hohem persönlichen Einsatz für die Beklagte gearbeitet. So habe sich der Kläger insbesondere bei Großveranstaltungen in erheblichem zeitlichem Umfang für die Beklagte eingesetzt, was Frau Q1 in dieser Form nicht gemacht habe. Hintergrund der Kündigung sei letztlich, dass die Beklagte den in der Niederlassung Q gebildeten Betriebsrat aus dem Unternehmen drängen wolle, weil sie die Übernahme einer weiteren Firma in Q plane und die Schließung der Niederlassung Q beabsichtige. Aus dem in Bezug auf die Ehefrau des Klägers geführten Beschlussverfahren Az: 2 BV 12/16 ergebe sich die Nichtwahrung der Frist nach § 626 Abs. 2 BGB. Die Kündigung sei auch wegen der nicht erfolgten Anhörung des Betriebsrats unwirksam. Der Kläger habe Mitarbeiter nicht selbständig einstellen und entlassen können. Vor Abschluss eines Arbeitsvertrages habe er stets die Unterlagen des einzustellenden Mitarbeiters nach L schicken müssen und den Arbeitsvertrag erst schließen dürfen, wenn er das „OK“ aus L und die Personalnummer für den neuen Mitarbeiter erhalten habe. Auch habe er bei Mitarbeitern, die länger als sechs Monate bei der Beklagten beschäftigt waren, nicht selbst über den Ausspruch einer Kündigung entscheiden dürfen. Vielmehr habe er vorab dem Justiziar in L F den Sachverhalt schildern müssen. Herr F habe anschließend entschieden habe, ob eine Kündigung ausgesprochen werde oder nicht. Auch habe der Kläger bei Neukunden und dauerhaften Aufträgen die Preise zuvor mit L abstimmen müssen. Der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden, da ihm lediglich mitgeteilt worden sei, dass der Kläger Stunden für seine Frau, in denen diese nicht im Büro war, unzutreffend im System eingegeben haben soll.
29Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die von den Parteien zu Protokoll abgegebenen Erklärungen verwiesen.
30E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
31I. Es bedurfte nicht der Gewährung einer Schriftsatzfrist für den Kläger auf den Schriftsatz der Beklagten vom 26.10.2016, welcher erst am 31.10.2016 beim Arbeitsgericht und dem Klägervertreter eingegangen ist. Denn auch unter Berücksichtigung des in dem Schriftsatz enthaltenen Sachvortrags war der Klage stattzugeben und die Widerklage abzuweisen.
32II. Dem Kündigungsschutzantrag zu 1. war stattzugeben, da die Kündigung vom 09.03.2016 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis der Parteien weder fristlos noch fristgerecht beendet.
331. Die Kündigung vom 09.03.2016 ist nicht als fristlose Kündigung gemäß § 626 BGB wirksam.
34a) Der Kläger hat gegen die ihm am 14.03.2016 zugegangene Kündigung innerhalb der dreiwöchigen Frist gemäß §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 4 Satz 1 ArbGG Kündigungsschutzklage erhoben.
35b) Die Kündigung ist gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam, da die Beklagte nicht dargelegt hat, dass und in welchem Umfang sie den bei ihr gebildeten Betriebsrat vor der Kündigung des Klägers ordnungsgemäß angehört hat.
36aa) Die gegenüber einem Arbeitnehmer ausgesprochene Kündigung ist unwirksam, wenn der Arbeitgeber gekündigt hat, ohne den Betriebsrat überhaupt zu beteiligen, aber auch dann, wenn der Arbeitgeber seiner Unterrichtungspflicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG nicht richtig, insbesondere nicht ausführlich genug nachkommt. Dafür, dass das Anhörungsverfahren nach § 102 Abs. 1 BetrVG eingehalten wurde, trägt im Prozess der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast, wobei der Arbeitnehmer wiederum im Detail schlüssige Darlegungen des Arbeitgebers substantiiert zu bestreiten hat (vgl. Erfurter Kommentar – Kania, 16. Aufl., § 102, Rn. 30).
37Dass der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden ist, hat die Beklagte nicht dargetan. Zwar tragen beide Parteien vor, dass der Betriebsrat jedenfalls zu einem Teil der Vorwürfe angehört worden sein soll. Die auf einen Teil der Vorwürfe bezogene und auch im Übrigen ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats hat die Beklagte jedoch nicht dargetan. Insbesondere hat die Beklagte weder konkret vorgetragen, auf welchen Teil der Vorwürfe sich die mitgeteilten Angaben bezogen haben sollen, welche Angaben gegenüber dem Betriebsrat darüber hinaus getätigt worden sein sollen und wann dies erfolgt sein soll.
38bb) Nach dem Vorbringen der Beklagten und den Erörterungen im Kammertermin steht auch nicht fest, dass der Kläger als leitender Angestellter im Sinne von § 5 Abs. 3, 4 BetrVG anzusehen ist.
39Handelt es sich bei dem Arbeitnehmer um einen leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 BetrVG, ist dem Betriebsrat die Kündigung lediglich gemäß § 105 BetrVG mitzuteilen. Eine Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG hat nicht zu erfolgen. Behauptet der Arbeitgeber, dass der Betriebsrat vor einer von ihm ausgesprochenen Kündigung nicht gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG angehört werden musste, weil es sich um die Kündigung eines leitenden Angestellten handelte, hat der Arbeitgeber dies darzulegen und im Streitfall zu beweisen (vgl. LAG Köln vom 28.06.2013 – 4 Sa 230/12 – juris).
40(1) Nach der Legaldefinition in § 5 Abs. 3 Satz 2 BetrVG ist leitender Angestellter, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist, Generalvollmacht oder eine im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutende Prokura hat oder regelmäßig sonstige, für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder Betriebs bedeutsame Aufgaben wahrnimmt, deren Erfüllung besondere Erfahren und Kenntnisse voraussetzen und die Entscheidungen dabei im Wesentlichen frei von Weisung getroffen werden oder vom leitenden Angestellten maßgeblich beeinflusst werden.
41(a) Nach den Darlegungen der Beklagten steht für die Kammer nicht fest, dass der Kläger die in § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG geforderte Einstellungs- und Entlassungsbefugnis inne hatte. Die Berechtigung zur selbständigen Einstellung und Entlassung muss nicht nur im Außen-, sondern auch im Innenverhältnis zum Arbeitgeber gegeben sein. Der Angestellte muss dem Arbeitgeber gegenüber im Wesentlichen frei von Weisungen über Einstellung und Entlassung entscheiden können. Er darf weder an die Entscheidung des Arbeitgebers, noch an die über- oder gleichgeordneter Stellen gebunden sein. Die Befugnis muss sich auf einen erheblichen Teil der Arbeitnehmerschaft, etwa auf eine Arbeitnehmergruppe wie Arbeiter oder Angestellte beziehen. Handelt es sich um eine vergleichsweise geringe Zahl, muss die Befugnis sich jedenfalls auf eine abgeschlossene Gruppe von Arbeitnehmern erstrecken, deren Tätigkeit ein für das Unternehmen bedeutsames Aufgabengebiet zugrunde legt. Die Berechtigung des Leiters einer kleinen Filiale, Hilfskräfte einzustellen oder zu entlassen, genügt daher nicht (vgl. Erfurter Kommentar – Koch, a.a.O., § 5 BetrVG, Rn. 20).
42Nach den Erörterungen im Kammertermin geht die Kammer zwar davon aus, dass der Kläger zur selbständigen Einstellung von Arbeitnehmern befugt war. Dieser selbständigen Einstellungsbefugnis steht nicht entgegen, wenn der Kläger neu einzustellenden Mitarbeiter – gegebenenfalls vor Abschluss des Arbeitsvertrages – in L melden musste, um vorab eine Überprüfung der Zuverlässigkeit durch das Ordnungsamt und die Vergabe einer Personalnummer zu erreichen. Die im Wach- und Sicherheitsbereich vorgeschriebene behördliche Zuverlässigkeitsprüfung steht einer selbständigen Einstellungsbefugnis des Klägers nicht entgegen. Selbst wenn es also eine Weisung gegeben haben sollte, dass der Kläger neue Mitarbeiter erst nach Durchführung der Zuverlässigkeitsprüfung und der Erteilung einer Personalnummer einstellen durfte, konnte er dennoch frei von Weisungen über die Einstellung der Mitarbeiter entscheiden.
43Es kann auch zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass der Kläger über die Entlassung von Mitarbeitern auch nach einer Beschäftigungsdauer von sechs Monaten im Wesentlichen frei von Weisungen entscheiden konnte. Zugunsten der Beklagten kann zudem angenommen werden, dass der Kläger vor Ausspruch einer solchen Kündigung lediglich die Möglichkeit hatte, sich von dem Justiziar F in L beraten zu lassen, jedoch allein über den Ausspruch der Kündigung entscheiden konnte, ohne vorab eine Genehmigung der Ler Rechtsabteilung einholen zu müssen.
44Denn nach dem Vorbringen der Beklagten steht nicht fest, dass sich die von der Beklagten behauptete Einstellungs- und Entlassungsbefugnis des Klägers auf einen erheblichen Teil der Arbeitnehmerschaft bezog. Nach dem Vorbringen der Beklagten war die Einstellungs- und Entlassungsbefugnis in der Niederlassung Q dergestalt organisiert, dass die Niederlassungsleiterin Frau Q1 in ihrem und der Kläger in seinem Zuständigkeitsbereich zur selbständigen Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern der Niederlassung Q befugt war. Damit waren beide Niederlassungsleiter nicht uneingeschränkt für alle Mitarbeiter im Bereich der Niederlassung Q zuständig, sondern nur im Bereich der von ihnen jeweils bearbeiteten Aufträge. Es kann jedoch nicht festgestellt werden, ob sich die Befugnis des Klägers auf einen erheblichen Teil der Arbeitnehmerschaft bezog. Dies erscheint insbesondere vor dem Hintergrund zweifelhaft, dass die Beklagte dem Kläger vorwirft, er betreue mit dem SC Q, dem Revierdienst und einigen weiteren Veranstaltungen lediglich ein Volumen von 4.500 Stunden pro Monat im Gegensatz zu Frau Q1, die eine Stundenvolumen von 20.000 Stunden monatlich verwalte. Da das Stundenvolumen mit der Zahl der eingesetzten Mitarbeiter in Beziehung stehen dürfte, ist nicht ersichtlich, ob es sich überhaupt um einen erheblichen Teil von Mitarbeitern der Niederlassung Q handelte.
45(b) Da der Kläger weder Generalvollmacht noch Prokura hat, ergibt sich nicht aus § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BetrVG, dass er leitender Angestellter ist.
46(c) Es ist ebenfalls nicht ersichtlich oder von der Beklagten dargelegt, dass der Kläger regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder des Betriebs von Bedeutung sind, deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzen und der Kläger dabei entweder die Entscheidungen entweder frei von Weisung traf oder sie maßgeblich beeinflusste. Hierzu hat die Beklagte vorgetragen, dass der Kläger seinen Bereich größtenteils ohne Rücksprache mit der Beklagten verwaltete und eine Rücksprache mit dem Prokuristen M nur bei Millionenaufträgen wie dem Vertrag mit dem SC Q oder T erforderlich war. Dies spricht dagegen, dass der Kläger die in der Norm geforderten unternehmerischen Leitungsaufgaben im Wesentlichen weisungsfrei traf oder sie maßgeblich beeinflusste. Vielmehr war die Entscheidung über besonders wichtige Aufträge der Zentrale in L vorbehalten.
47(2) Auch aus der Zweifelsregelung in § 5 Abs. 4 BetrVG ergibt sich nicht, dass der Kläger leitender Angestellter ist. Dass der Kläger aus Anlass der letzten Betriebsratswahl, der Wahl des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist (§ 5 Abs. 4 Nr. 1 BetrVG), ist nicht ersichtlich. Ebenso ist nicht erkennbar, dass der Kläger im Sinne von § 5 Abs. 4 Nr. 2 BetrVG einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind. Vielmehr befindet sich der Kläger auf der gleichen Leitungsebene wie Frau Q1, bei der ebenfalls zweifelhaft ist, ob sie als leitende Angestellte anzusehen ist. Dass der Kläger ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen der Beklagten üblich ist, ist ebenfalls nicht vorgetragen (§ 5 Abs. 4 Nr. 3 BetrVG). Ebenso erhält der Kläger kein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt im Sinne von § 5 Abs. 4 Nr. 4 BetrVG, welches das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV überschreitet. Das Bezugsgehalt betrug im Jahr 2015 102.060,- € pro Jahr (vgl. Erfurter Kommentar – Koch, a.a.O., Rn. 27). Das von dem Kläger bei der Beklagten bezogene Jahresgehalt liegt erheblich unter diesem Wert.
48(3) Da nach alledem nicht feststeht, dass es sich bei dem Kläger um einen leitenden Angestellten im Sinne von § 5 Abs. 3, 4 BetrVG handelte, musste der Betriebsrat vor der Kündigung des Klägers gemäß § 102 BetrVG gehört werden. Da die Beklagte die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats nicht dargelegt hat, ergibt sich die Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung aus § 102 Abs. 1 BetrVG.
49c) Selbst wenn man jedoch die Erforderlichkeit der Anhörung des Betriebsrats gemäß § 102 BetrVG verneinte, fehlt es an einem wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
50aa) Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Hierbei ist zunächst zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalles an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund abzugeben. Sodann wird untersucht, ob bei Berücksichtigung dieser Umstände und der Interessenabwägung die konkrete Kündigung gerechtfertigt ist (vgl. Erfurter Kommentar – Müller-Glöge, a.a.O., § 626 BGB, Rn. 15).
51Im Kündigungsschutzprozess obliegt dem kündigenden Arbeitgeber die volle Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Kündigungsgrundes. Den Arbeitgeber trifft die Darlegungs– und Beweislast auch für diejenigen Tatsachen, die einen vom Gekündigten behaupteten Rechtfertigungsgrund ausschließen, wobei den Arbeitnehmer gegebenenfalls schon auf der Tatbestandsebene des wichtigen Grundes eine sekundäre Darlegungslast treffen kann (vgl. BAG vom 17.03.2016 – 2 AZR 110/15 – juris).
52bb) Die gegenüber dem Kläger erhobenen Vorwürfe erweisen sich zum großen Teil als nicht ausreichend substantiiert, so dass die Beklagte die fristlose Kündigung nicht mit Erfolg hierauf zu stützen vermag.
53(1) Soweit die Beklagte dem Kläger vorwirft, seiner Ehefrau durch Wahlmanipulation die Position der Betriebsratsvorsitzenden verschafft und durch Erhöhung der Mitarbeiterzahl die Voraussetzungen für ihre Freistellung herbeigeführt zu haben, handelt es sich lediglich um pauschale Vorwürfe ohne konkreten Tatsachenvortrag. Wenn die Beklagte in diesem Zusammenhang ausführt, die Betriebsratswahl sei im Hinblick auf die Konstituierung des Wahlvorstands nicht ordnungsgemäß erfolgt, ist nicht ersichtlich, inwiefern der Kläger dafür verantwortlich sein soll.
54(2) Gleiches gilt für den Vortrag der Beklagten, der Kläger habe nach den Angaben seiner Ehefrau oder eigenen Erwägungen Dienstpläne erstellt, diese ohne Prüfung an die Lohnbuchhaltung zur Auszahlung weitergeleitet und in diesem Zusammenhang Falschangaben zum Ort der Betriebsratstätigkeit seiner Frau gemacht. Dieses pauschale, zeitlich und inhaltlich nicht näher konkretisierte Vorbringen ist zur Rechtfertigung der hier streitgegenständlichen Kündigung nicht geeignet. Insbesondere genügt die Beklagte ihrer Vortragslast nicht durch die Bezugnahme auf das Vorbringen in dem Verfahren Az: 2 BV 12/16 und die Beifügung umfangreicher Anlagen. Die pauschale Bezugnahme auf das gesamte Vorbringen in einem anderen Rechtsstreit ersetzt kein schriftsätzliches Vorbringen. Ebenso hat die substantiierte Darlegung der Kündigungsvorwürfe entsprechend § 130 Nr. 3 und Nr. 4 ZPO schriftsätzlich zu erfolgen. Beigefügte Anlagen können den schriftsätzlichen Vortrag lediglich erläutern oder belegen, verpflichten das Gericht jedoch nicht, sich den unstreitigen oder streitigen Sachvortrag aus den Anlagen selbst zusammenzusuchen (vgl. BAG vom 16.05.2012 – 5 AZR 347/11 – NZA 2012, 939; LAG Hamm vom 10.08.2004 – 6 Sa 1182/04 – juris).
55Dies gilt auch für den Vortrag der Beklagten, die Überprüfung der Betriebsratstätigkeit der Ehefrau des Klägers habe einen gemeinschaftlichen Arbeitszeitbetrug des Klägers mit seiner Ehefrau zumindest für die Monate Januar und Februar 2016 offenbart. Auch insoweit fehlt es an schriftsätzlichem Vorbringen, um welche Tage es hier im Einzelnen geht, welche Eintragungen der Kläger selbst vorgenommen haben soll und inwieweit die Eintragungen mit Kenntnis des Klägers von der Unrichtigkeit der Angaben der Ehefrau erfolgten. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass der Kläger nach eigenem Vorbringen der Beklagten in der Zeit vom 30.12.2015 bis 22.01.2016 arbeitsunfähig erkrankt war.
56(3) Ebenfalls unsubstantiiert sind die allgemein gehaltenen Vorwürfe der Beklagten, der Kläger habe seiner Ehefrau Führungsaufgaben übertragen, die ihr als Aushilfe nicht zugestanden hätten und die bei seiner Ehefrau eingesetzten Mitarbeiter der JVA seien bevorzugt worden.
57(4) Gleiches gilt für den Vorwurf der Beklagten, der Kläger habe seine Frau sein Dienstfahrzeug während ihrer Elternzeit auf Firmenkosten privat nutzen lassen. Auch insoweit fehlt es an näherem Vorbringen dazu, wann dies genau der Fall gewesen sein soll. Soweit die Beklagte dem Kläger darüber hinaus vorgeworfen hat, kein Fahrtenbuch geführt zu haben, so ist dieser Vorwurf für sich gesehen nicht geeignet, ohne vorherige Abmahnung eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen.
58(5) Auch das Vorbringen der Beklagten zur Bevorzugung der eigenen Söhne durch den Kläger ist nicht geeignet, einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses darzustellen. Dies gilt für den pauschalen Vorwurf, der Kläger habe seinen jüngsten Sohn E1 ohne jegliche Qualifikation für den Auftrag SC Q eingestellt und ihn nach der Unterrichtung nach § 34 a Gewerbeordnung trotz fehlender Sachkenntnis sofort als Schichtleiter eingesetzt, um seinen Sohn einen höheren Lohn zahlen zu können.
59(6) Gleiches gilt für den Vortrag der Beklagten in Bezug auf den älteren Sohn E W. Soweit die Beklagte dem Kläger vorwirft, er habe seinem Sohn gestattet, die Zeit der Bereitschaft von 6 Uhr bis 8 Uhr zuhause im Bett zu verbringen, so hat die Beklagte auf das Bestreiten des Klägers nicht konkretisiert, um welche Tage es hierbei konkret geht und für welches Revier der Sohn des Klägers an diesen Tagen eingeteilt war.
60Ebenfalls nicht ausreichend ist der nicht weiter konkretisierte Vorwurf, an Tagen, an denen der Kläger selbst Urlaub hatte oder sonst verhindert war, sei sein Sohn der Arbeit unentschuldigt ferngeblieben und der Kläger habe in den Dienstplan des Sohnes „Urlaub“ eingetragen. Wenn dem älteren Sohn Urlaub gewährt wurde, lag schon kein unentschuldigtes Fehlen vor. Es ist auch nicht ersichtlich, dass dem Sohn mehr Urlaub gewährt wurde, als ihm zustand. Auch ist nicht erkennbar, dass es zu Störungen im Betrieb der Beklagten hierdurch kam.
61Der Vorwurf, der Kläger habe die abwertende Art seines Sohnes E W gegenüber der Niederlassungsleiterin Q1 beobachtet und hierauf nicht reagiert, ist unsubstantiiert und nicht geeignet, die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen.
62Auch der Vortrag der Beklagten zur Arbeitsunfähigkeit des Sohnes E im Monat Dezember 2015 ist nicht geeignet, die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. In diesem Zusammenhang hat die Beklagte dem Kläger vorgeworfen, er habe bereits am 23.12.2015 eine Arbeitsunfähigkeit seines Sohnes bis zum 29.12.2015 eingetragen, obgleich zu diesem Zeitpunkt eine dementsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung noch gar nicht vorgelegen habe. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, so steht allein hiernach nicht fest, dass der Kläger eine von seinem Sohn vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit deckte. Allein der Umstand, dass zum Zeitpunkt des 23.12.2015 eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung noch nicht vorlag, belegt nicht, dass der Sohn des Klägers tatsächlich nicht arbeitsunfähig erkrankt war. Vorstellbar ist ebenso, dass der Kläger aufgrund des Krankheitsbildes bzw. der Angaben seines Sohnes schon zu diesem Zeitpunkt davon ausging, dass dieser längerfristig erkrankt sein werde. Hinzu kommt, dass für den hier maßgeblichen Zeitraum eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorliegt. Einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommt ein hoher Beweiswert zu. Sie hat die Vermutung der inhaltlichen Richtigkeit für sich. Erhebt der Arbeitgeber trotz vorgelegter ärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung den Vorwurf, die Arbeitsunfähigkeit sei nur vorgetäuscht, hat er ausreichende Tatsachen darzulegen und zu beweisen, die zu ernsthaften Zweifeln an einer Arbeitsunfähigkeit Anlass geben und den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeit erschüttern (vgl. LAG Hamm vom 13.03.2015 – 1 Sa 1534/14 – juris). Bis auf den Zeitpunkt der Eintragung der Arbeitsunfähigkeit durch den Kläger sind keine Tatsachen dafür ersichtlich, dass der Sohn des Klägers die Arbeitsunfähigkeit nur vortäuschte, dem Kläger dies positiv bekannt war und er dennoch die entsprechenden Eintragungen vornahm. Der von der Beklagten getätigte Vortrag ist insbesondere nicht ausreichend, um den hohen Beweiswert der vorliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern.
63(7) Soweit die Beklagte dem Kläger vorgeworfen habe, er habe wegen des angeblich zu geringen Verdienstes seine Arbeitsleistung eingeschränkt, häufig nur herumgesessen und viele Aufträge abgesagt, so ist dieses Vorbringen zu pauschal, um eine fristlose Kündigung – etwa im Hinblick auf eine (beharrliche) Arbeitsverweigerung – zu rechtfertigen.
64Dass der Kläger seine Arbeitsleistungen bewusst zurückhielt, ergibt sich insbesondere nicht allein aus dem Vortrag der Beklagten, der Kläger habe lediglich ein Volumen von 4.500 Stunden pro Monat betreut, wohingegen Frau Q1 ein Auftragsvolumen von 20.000 Stunden pro Monat bearbeitete. Gleiches gilt für die behauptete Missachtung der zeitlich nicht näher konkretisierten Anweisung des Prokuristen M, der Kläger solle den Auftrag Sicherheit OWL in C nicht mehr durchführen. Ebenso nicht ausreichend konkretisiert ist der Vorwurf der Beklagten, der Kläger habe die Mitarbeiter eines befreundeten Subunternehmers trotz Stadionverbots für die Beklagte beim SC Q arbeiten lassen. Auch insoweit ist nicht ersichtlich, um welche Mitarbeiter es gegangen sein soll und inwieweit der Kläger Kenntnis von den gegen sie verhängten Stadionverboten hatte. Zur Rechtfertigung einer fristlosen Kündigung ist dies nicht ausreichend.
65(8) Der Vorwurf der Beklagten, der Kläger habe mehrfach Äußerungen getätigt wie er würde die Niederlassung „plattmachen“ und die Führungskräfte seien „Idioten in L“ ist weder nach Zeitpunkt noch in Bezug auf den bzw. die jeweiligen Gesprächspartner konkretisiert, so dass sie nicht zur Rechtfertigung der streitgegenständlichen Kündigung geeignet sind. Gleiches gilt für die auf Blatt 16/17 des Schriftsatzes der Beklagten vom 22.06.2016 (Bl. 63/64 d. A.) mit Spiegelstrichen pauschal aufgeführten Vorwürfe. Auch diese sind nicht hinreichend konkretisiert, um einen Kündigungsgrund darstellen zu können.
66Soweit die Beklagte einen dieser Vorwürfe in ihrem letzten Schriftsatz in Bezug auf den Einsatz im LWL Museum E2 konkretisiert hat, so ist auch dieser Vorwurf ohne vorherige Abmahnung nicht zur sofortigen fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses geeignet. Wenn in diesem Zusammenhang und auch darüber hinaus die Beklagte dem Kläger vorhält, die von ihm vorgenommene Einteilung der Mitarbeiter führe zu Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz, so sind die Vorwürfe größtenteils allgemein gehalten. Es ist nicht näher dargelegt, an welchen Tagen konkret bei welchen Mitarbeitern Verstöße infolge der Dienstplaneinteilungen des Klägers vorlagen. Selbst wenn es in Einzelfällen, wie beispielsweise bei Herrn Q2, zu Verstößen gekommen sein sollte, so ist dies nicht ohne weiteres geeignet, die Kündigung des Arbeitsverhältnisses ohne vorherige Abmahnung zu rechtfertigen.
67Da somit die Beklagte Gründe zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht ausreichend dargelegt hat, ergibt sich die Unwirksamkeit der Kündigung auch aus dem Fehlen eines wichtigen Grundes gemäß § 626 Abs. 1 BGB.
68d) Darüber hinaus hat die Beklagte nicht die Einhaltung der Zweiwochenfrist gemäß § 626 Abs. 2 BGB dargelegt und unter Beweis gestellt. Auf das Bestreiten des Klägers hat die Beklagte für ihr Vorbringen, der Prokurist M habe erst nach Abschluss der Ermittlungen am 02.03.2016 von den Kündigungsgründen Kenntnis erlangt, keinen Beweis angetreten.
69Offen bleiben kann, ob der Einhaltung der Zweiwochenfrist gemäß § 626 Abs. 2 BGB außerdem entgegensteht, dass die Niederlassungsleiterin Q1 unstreitig schon seit längerem von dem Verhalten des Klägers Kenntnis hatte. Die Kenntnis eines Dritten muss sich der Arbeitgeber jedenfalls dann zurechnen lassen, wenn dessen Stellung im Betrieb nach den Umständen erwarten lässt, er werde den Kündigungsberechtigten über den Kündigungssachverhalt unterrichten, insbesondere wenn diese Person eine herausgehobene Position und Funktion im Betrieb oder in der Verwaltung hat und zur Klärung des Kündigungssachverhalts in der Lage ist (vgl. hierzu Erfurter Kommentar – Müller-Glöge, a.a.O., Rdnr. 206).
70e) Die Kündigung vom 09.03.2016 ist somit als fristlose Kündigung unwirksam.
712. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass die streitgegenständliche Kündigung vom 09.03.2016 auch als fristgemäße Kündigung unwirksam ist.
72a) Das Kündigungsschutzgesetz findet Anwendung. Der Kläger ist länger als sechs Monate bei der Beklagten beschäftigt, § 1 Abs. 1 KSchG. Des Weiteren sind die Voraussetzungen nach § 23 Abs. 1 KSchG erfüllt. Zudem hat der Kläger die dreiwöchige Klageerhebungsfrist gemäß § 4 Satz 1 KSchG gewahrt.
73b) Wie bereits ausgeführt, ergibt sich die Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigung aus § 102 Abs. 1 BetrVG, da die Beklagte zum einen nicht hinreichend dargelegt hat, dass es sich bei dem Kläger um einen leitenden Angestellten gemäß § 5 Abs. 3, 4 BetrVG handelte und zum anderen eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG nicht dargetan hat.
74c) Darüber hinaus ist die streitgegenständliche Kündigung nicht als verhaltensbedingte Kündigung gemäß § 1 KSchG sozial gerechtfertigt. Auch insoweit hat die Beklagte den ganz überwiegenden Teil der Kündigungsvorwürfe schon nicht substantiiert dargelegt. Im Übrigen handelt es sich nicht um Gründe, die geeignet sind, ohne vorherige Abmahnung die fristgemäße Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger sozial zu rechtfertigen.
753. Somit war dem Kündigungsschutzantrag zu 1) voll umfänglich stattzugeben.
76III. Dem Klageantrag zu 2) war ebenfalls stattzugeben. Da sowohl die fristlose als auch die fristgemäße Kündigung unwirksam ist, hat der Kläger einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Kündigungsschutzverfahren (vgl. BAG GS vom 27.03.1985 – GS 1/84 – NZA 1985, 702). Dementsprechend war der Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers klarzustellen. Überwiegende schutzwerte Interessen, die einer vorläufigen Weiterbeschäftigung des Klägers entgegenstehen, hat die Beklagte nicht dargetan.
77IV. Die mit Schriftsatz vom 26.10.2016 von der Beklagten erhobene Widerklage war abzuweisen, da sie bereits unschlüssig ist. Insoweit bedurfte es nicht der Gewährung einer Schriftsatzfrist für den Kläger.
781. Nach § 619 a BGB liegt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Arbeitnehmer vorwerfbar seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt hat und nach § 280 Abs. 1 BGB dem Arbeitgeber zum Schadensersatz verpflichtet ist, bei der Beklagten. Dies gilt sowohl für die Pflichtverletzung als auch für das Vertretenmüssen des Arbeitnehmers. Die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie der Umfang des Ersatzes nach § 254 Abs. 1 BGB sind beide davon abhängig, inwieweit der Schaden vorwiegend vom Schädiger oder vom Geschädigten verursacht worden ist (vgl. BAG vom 21.05.2015 – 8 AZR 116/14, 8 AZR 867/13 – NZA 2015, 1517).
79Im Bereich der Arbeitnehmerhaftung führt die Haftungsprivilegierung des Arbeitnehmers bei betrieblich veranlasster Tätigkeit dazu, dass der Arbeitnehmer in der Regel nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit haftet, während bei mittlerer Fahrlässigkeit lediglich eine quotale Haftung in Betracht kommen kann. Hierbei hat der Arbeitgeber die objektiven Voraussetzungen der Pflichtverletzung nach allgemeinen Grundsätzen darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen, wozu auch das Maß des Verschuldens des Arbeitnehmers gehört (vgl. Erfurter Kommentar – Preis, a.a.O., § 619 a BGB, Rdnr. 21).
802. Aus dem schriftsätzlichen Vorbringen der Beklagten zur Widerklage ergibt sich schon nicht, um wie viele Schlüssel es ging, an welche Mitarbeiter der Kläger die Schlüssel weitergab und welche konkreten Maßnahmen er hätte treffen müssen, um den Verlust von Schlüsseln zu verhindern. Selbst wenn sich der Kläger die Übergabe jedes Schlüssels von den entsprechenden Mitarbeitern hätte quittieren lassen, könnte er hierdurch nicht ausschließen, dass einzelne Mitarbeiter den Schlüssel verlieren. Welche Arbeitsanweisungen der Kläger nach Vorstellung der Beklagten hätte formulieren müssen, hat die Beklagte nicht konkretisiert. Welche speziellen Verhaltensmaßregeln die interne Qualitätsmanagementrichtlinie vorschreibt und inwieweit der Kläger sie missachtet hat, hat die Beklagte ebenfalls nicht aufgezeigt. Allein aus dem Vorbringen der Beklagten, der Kläger habe grob fahrlässig gehandelt, da er keine geeigneten Maßnahmen gegen den Verlust der Schlüssel getroffen habe, ergibt sich nicht, welche an sich gebotenen oder vorgeschriebenen Maßnahmen der Kläger unterlassen haben soll. Von daher kann aus diesem allgemein gehaltenen Vorwurf auch nicht auf den für eine Haftung des Klägers erforderlichen Grad der Fahrlässigkeit geschlossen werden. Ebenso ist nicht ersichtlich, dass speziell das Verhalten des Klägers, nämlich das Unterlassen „geeigneter Maßnahmen“ für den Verlust der Schlüssel und damit für den Schaden kausal war.
81Da die Beklagte somit die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch gegen den Kläger unter Berücksichtigung der Grundsätze der eingeschränkten Arbeitnehmerhaftung nicht dargelegt hat, ist die Widerklage unschlüssig und daher abzuweisen.
82V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG, § 91 Abs. 1 ZPO. Als unterliegende Partei hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
83Der Streitwert war gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen. Er wurde für den Kündigungsschutzantrag mit einem Vierteljahreseinkommen des Klägers gemäß § 42 Abs. 4 GKG bewertet. Für den Weiterbeschäftigungsantrag war ein weiteres Bruttomonatseinkommen des Klägers zugrunde zu legen. Die Widerklage wurde mit dem von der Beklagten geltend gemachten Zahlungsbetrag bewertet.
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