Urteil vom Bundesgerichtshof (1. Zivilsenat) - I ZR 51/16

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 17. Februar 2016 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision und die durch die Nebenintervention im Revisionsverfahren verursachten Kosten, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin ist Assekuradeurin der Versicherer der H.  G.   Logistics GmbH (im Weiteren: Versicherungsnehmerin).

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Die S.   (Deutschland) GmbH (im Weiteren: Absenderin) beauftragte die Beklagte, am 22. August 2008 33 Paletten tiefgekühlter Bacon Strips mit einem Gewicht von 5.442,1 kg brutto bei einer Transporttemperatur von -25°C von der F.    in B. I.  nach D.    zu der Versicherungsnehmerin zu transportieren. In dem der Beklagten erteilten Transportauftrag heißt es:

Die Übernahmetemperatur der Güter muss während der Beladung vom Fahrer mit einem geeichten Stechthermometer kontrolliert werden. Falls kein eigenes Stechthermometer vorhanden sein sollte, ist auf eine Temperaturprüfung durch den Verlader zu bestehen und dieser beizuwohnen. … Die vom Fahrer festgestellte Verladetemperatur muss auf dem Frachtbrief vermerkt und vom Versender schriftlich bestätigt werden.

3

Die Beklagte gab den Auftrag an ihre Streithelferin weiter. Der Fahrer der Streithelferin unterzeichnete bei der Abholung der Ware am 22. August 2008 einen Lieferschein, auf dem es heißt: "Lagern und befördern bei mindestens -18°C!". Als Übergabetemperatur war handschriftlich eingetragen: "-18,4°C".

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Der Fahrer der Streithelferin trat die Fahrt um 9.12 Uhr an und traf um 11.38 Uhr bei der Versicherungsnehmerin ein. Die Ware wurde dort nicht abgeladen. Der Fahrer wartete mehrere Stunden und brachte am Abend die Ware zu einem Kühlhaus in N.  . Dort traf er um 18.46 Uhr ein. Nach dem Entladen der Ware ergab eine Messung, dass die Ware lediglich Temperaturen zwischen -12,7°C und -15,7°C aufwies. Die Ware wurde am 25. August 2008 von einem anderen Frachtführer von dem Kühlhaus zur Versicherungsnehmerin gebracht. Dort wurde durch ein von der Versicherungsnehmerin eingeschaltetes Havariekommissariat festgestellt, dass die Temperatur der Ware deutlich über -15°C lag. Der durch die Überschreitung der Mindesttemperatur eingetretene Schaden beträgt 95.335,63 €.

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Die Klägerin hat die Beklagte aus übergegangenem und abgetretenem Recht auf Zahlung dieses Betrags nebst Zinsen sowie auf Freihaltung von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Anspruch genommen. Sie hat behauptet, die Ware sei dem Fahrer der Streithelferin ausreichend vorgekühlt mit einer Temperatur von -18°C übergeben worden. Der Temperaturschaden sei im Gewahrsam der Streithelferin eingetreten.

6

Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie macht geltend, der Schaden sei allein auf eine mangelnde Vorkühlung bei der Absenderin zurückzuführen. Denkbar sei auch, dass er während der Lagerung im Kühlhaus in N.  oder am 25. August 2008 bei dem Transport vom Kühlhaus zur Versicherungsnehmerin eingetreten sei.

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Das Landgericht hat die Klage im Gegenwert von 8,33 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts der Sendung und damit in Höhe von 48.296,34 € nebst Zinsen für begründet erachtet und die Beklagte außerdem verurteilt, die Klägerin anteilig von Honoraransprüchen ihrer vorprozessual tätigen Rechtsanwälte freizustellen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Auf die Berufungen der Beklagten und ihrer Streithelferin hat das Berufungsgericht die Klage insgesamt abgewiesen.

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Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte und ihre Streithelferin beantragen, verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

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I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe gegen die Beklagte kein Anspruch aus § 425 Abs. 1, § 421 Abs. 1 Satz 2 HGB zu. Zur Begründung hat es ausgeführt:

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Es könne nicht festgestellt werden, dass der Schaden an dem Transportgut in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung durch die Streithelferin eingetreten sei. Die Klägerin habe nicht bewiesen, dass das Transportgut beim Beladen des Fahrzeugs der Streithelferin am 22. August 2008 eine ausreichende Vorkühlung aufgewiesen habe. Stehe eine ausreichende Vorkühlung nicht fest, sei es unerheblich, ob die Ware in der Obhut der Beklagten oder ihrer Streithelferin nicht ausreichend gekühlt worden sei.

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II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

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1. Das Berufungsgericht hat die Klägerin mit Recht als berechtigt angesehen, die Beklagte wegen des Schadens am Transportgut in Anspruch zu nehmen. Soweit der Versicherungsnehmerin ein Ersatzanspruch gegen die Beklagte zugestanden hat, ist der Anspruch nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG in Höhe des von der Klägerin regulierten Schadens auf diese übergegangen. Die Versicherungsnehmerin ist als Warenempfängerin gemäß § 421 Abs. 1 Satz 2 HGB berechtigt, die Ansprüche aus dem Frachtvertrag zwischen der Absenderin und der Beklagten wegen Beschädigung des Transportguts im eigenen Namen gegenüber der beklagten Frachtführerin geltend zu machen.

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2. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch gemäß § 425 Abs. 1 HGB nicht verneint werden.

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a) Die Beklagte haftet als Frachtführerin nach § 425 Abs. 1 HGB für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung entsteht. Nach § 428 Satz 2 HGB muss sich die Beklagte Handlungen und Unterlassungen des Fahrers der von ihr als Unterfrachtführerin eingeschalteten Streithelferin zurechnen lassen.

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b) Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist die Ware mit ihrer Übernahme am Morgen des 22. August 2008 in die Obhut der Streithelferin gelangt.

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c) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Klägerin für ihre von der Beklagten bestrittene Behauptung einer ausreichenden Vorkühlung des Transportguts bei seiner Übernahme durch die Streithelferin beweispflichtig ist.

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aa) Der Ersatz beanspruchende Versender hat darzulegen und im Falle des Bestreitens zu beweisen, dass der Frachtführer die zu befördernde Sendung vollständig und ohne Beschädigung übernommen hat (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - I ZR 104/00, TranspR 2003, 156, 158; Urteil vom 4. Mai 2005 - I ZR 235/02, TranspR 2005, 403, 404; Urteil vom 12. Juni 2014 - I ZR 50/13, TranspR 2015, 31 Rn. 19; Urteil vom 10. Dezember 2015 - I ZR 87/14, TranspR 2016, 464 Rn. 23). Dies umfasst neben dem Beweis der Übernahme von Gütern als solchen auch den Nachweis ihrer Identität, ihrer Art, ihrer Menge und ihres Zustands (BGH, TranspR 2015, 31 Rn. 19).

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bb) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Klägerin der Beweis für ihre bestrittene Behauptung obliegt, die in Rede stehenden Waren seien dem Fahrer der Streithelferin in ausreichend vorgekühltem Zustand übergeben worden.

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(1) Da es dem Anspruchsteller obliegt, den Schadenseintritt im Obhutszeitraum des Frachtführers darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, gehört hierzu der Beweis, dass die Ware dem Frachtführer in einwandfreiem und unbeschädigtem Zustand übergeben worden ist. Handelt es sich bei dem Transportgut um Tiefkühlware, muss der Kläger beweisen, dass sie dem Frachtführer in ordnungsgemäß gekühltem Zustand übergeben wurde (vgl. BGH, Urteil vom 9. Februar 1979 - I ZR 67/77, NJW 1979, 2471, 2472; OLG Hamm, TranspR 1985, 107 f.; TranspR 1990, 375, 376; TranspR 1998, 301, 303; TranspR 2000, 361, 362; Urteil vom 11. September 2008 - 18 U 132/07, juris Rn. 37; OLG Brandenburg, TranspR 2000, 358, 359; OLG Köln, TranspR 2010, 147, 148; MünchKomm.HGB/Herber, 3. Aufl., § 427 Rn. 39).

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(2) Allerdings wird in der Rechtsprechung und im Schrifttum unter Hinweis auf § 427 HGB und Art. 17 Abs. 2 CMR die Auffassung vertreten, der Frachtführer habe bei Schäden aufgrund zu hoher Temperaturen beim Transport von Kühl- oder Gefriergut eine mangelhafte Vorkühlung zu beweisen (OLG Schleswig, VersR 1979, 141; Schaffert in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch, 3. Aufl., § 427 HGB Rn. 62; ders. in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn aaO § 425 HGB Rn. 39 und 56; Boesche in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn aaO Art. 18 CMR Rn. 2; Koller, Transportrecht, 9. Aufl., § 427 HGB Rn. 89; ders. aaO Art. 18 CMR Rn. 6; Jessen in Staub, HGB, 5. Aufl., § 427 Rn. 47). Dem kann nicht zugestimmt werden, soweit es um die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs nach § 425 Abs. 1 HGB geht.

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(3) Der Schadensersatzanspruch gemäß § 425 Abs. 1 HGB setzt einen Schadenseintritt im Gewahrsam des Frachtführers voraus. Von einem Schaden kann nur ausgegangen werden, wenn der Zustand des Transportguts bei Übergabe an den Frachtführer ordnungsgemäß war und sich im Obhutszeitraum verschlechtert hat. Der Umstand, dass Kühl- oder Gefriergut bei Übergabe an den Frachtführer die für einen ordnungsgemäßen Zustand erforderlichen Temperaturen aufgewiesen hat, gehört damit zu den anspruchsbegründenden Tatsachen. Diese Tatsachen muss nach allgemeinen Grundsätzen der Anspruchsteller darlegen und beweisen. Die Regelungen in § 427 HGB und Art. 17 Abs. 2 CMR setzen demgegenüber voraus, dass grundsätzlich eine Obhutshaftung des Frachtführers gemäß § 425 Abs. 1 HGB und Art. 17 Abs. 1 CMR besteht. In einem solchen Fall obliegt es dem Frachtführer, der sich auf einen Haftungsausschluss beruft, seine Behauptung zu beweisen (OLG München, TranspR 2013, 31). Dabei handelt es sich um eine anspruchsvernichtende Tatsache, die nach allgemeinen Grundsätzen der Frachtführer zu beweisen hat, der sich hierauf beruft. Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass er dem Frachtführer das Transportgut in ordnungsgemäßem Zustand übergeben hat.

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d) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin habe eine ausreichende Vorkühlung des Transportguts nicht beweisen können, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

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aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Richtigkeit der im Lieferschein handschriftlich vermerkten Übergabetemperatur könne schon deshalb nicht allein mit dem Lieferschein bewiesen werden, weil der Fahrer der Streithelferin damit unstreitig eine Erklärung abgegeben habe, deren Richtigkeit er weder geprüft habe noch habe überprüfen können. Es sei unerheblich, dass der Fahrer der Streithelferin den Lieferschein mit der darin vermerkten Übernahmetemperatur unterschrieben habe, ohne sich Gewissheit über die Temperatur verschafft zu haben und ohne einen entsprechenden Vorbehalt in den Lieferschein aufzunehmen. Dieser nur vom Frachtführer unterschriebene Frachtbrief wirke als Empfangsquittung. Das auf die Empfangsquittung gestützte Indiz verliere seine Bedeutung, wenn der Frachtführer die Überzeugung des Gerichts in die inhaltliche Richtigkeit der unterschriebenen Urkunde erschüttere, ohne dass ein voller Gegenbeweis geführt werden müsse. Davon sei im Streitfall auszugehen. Nach dem zum Teil unstreitigen und im Übrigen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme feststehenden Sachverhalt sei der Fahrer während des Beladevorgangs nicht anwesend gewesen und habe die Übernahmetemperatur nicht einmal von relevanten Stichproben kontrollieren können. Zwar liege die Annahme einer Beweislastumkehr nahe, wenn der Frachtführer seine Verpflichtung nicht erfülle, die Übernahmetemperatur zu messen, oder wenn er eine ausreichende Übernahmetemperatur bestätige und später eine mangelhafte Vorkühlung einwende. So liege der Streitfall jedoch nicht. Es stehe fest, dass der Fahrer die Übernahmetemperatur des zu transportierenden Guts nicht gemessen habe, weil ihm diese Messung während der Beladung nicht möglich gewesen sei. Die Klägerin sei dem Vorbringen der Beklagten und ihrer Streithelferin, dem Fahrer sei der Zutritt zu der Halle, in der die Beladung vorgenommen worden sei, aus hygienischen Gründen verwehrt worden, nicht substantiiert entgegengetreten. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision mit Erfolg.

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bb) Für die Richtigkeit des Vortrags der Klägerin, das Gut sei bei der Beladung in ordnungsgemäßem Zustand gewesen, streitet der vom Fahrer der Streithelferin ohne Vorbehalt unterzeichnete Lieferschein, in dem eine Übernahmetemperatur der Ware von -18,4°C eingetragen ist. Der Beweis für die ordnungsgemäße Übergabe des Guts kann grundsätzlich durch eine vom Frachtführer oder seinem Fahrer ausgestellte Empfangsbestätigung (Übernahmequittung) geführt werden, auch wenn weder ein Ladeschein noch ein Frachtbrief ausgestellt worden ist. Die formelle Beweiskraft einer solchen Empfangsbestätigung richtet sich nach § 416 ZPO. Die materielle Beweiskraft einer solchen Empfangsbestätigung hängt - ebenso wie bei der Quittung im Sinne von § 368 BGB - von den Umständen des Einzelfalls ab und unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 286 ZPO). Der Tatrichter muss unter Berücksichtigung dieser Umstände würdigen, ob die in der Übernahmequittung enthaltene Erklärung zur Überzeugung des Gerichts inhaltlich richtig ist. Die materielle Beweiskraft einer Übernahmequittung kann durch jeden Gegenbeweis, durch den die Überzeugung des Gerichts von ihrer inhaltlichen Richtigkeit erschüttert wird, entkräftet werden (BGH, TranspR 2003, 156; BGH, TranspR 2005, 403, 404). Der Beweis des Gegenteils ist nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 22. Mai 2014 - I ZR 109/13, TranspR 2015, 33 Rn. 21). Eine Erschütterung der Beweiskraft kommt in Betracht, wenn die Empfangsquittung Angaben enthält, die der Unterzeichnende ersichtlich oder erwiesenermaßen nicht bestätigen konnte (BGH, Urteil vom 7. November 1985 - I ZR 130/83, TranspR 1986, 53, 56). Danach erbringt die Unterschrift unter der Übernahmequittung vollen Beweis für die Abgabe der in der Übernahmequittung enthaltenen Erklärung (§§ 416, 440 Abs. 2 ZPO). Hiervon ist das Berufungsgericht ausgegangen.

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cc) Die Annahme des Berufungsgerichts, der vom Fahrer der Streithelferin vorbehaltlos unterzeichnete Lieferschein sei nicht geeignet, die Behauptung der Klägerin zur Temperatur der Ware bei Übergabe an die Streithelferin zu beweisen, weil er damit eine Erklärung abgegeben habe, deren Richtigkeit er unstreitig weder geprüft habe noch habe überprüfen können, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Revision macht mit Erfolg geltend, das Berufungsgericht habe entscheidungserhebliches Vorbringen der Klägerin nicht hinreichend berücksichtigt und die Anforderungen an ein substantiiertes Bestreiten überspannt.

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(1) Die Klägerin hat unter Beweisantritt vorgetragen, der bei der F.    tätige Zeuge R.   habe die Beladung durchgeführt und den Fahrer der Streithelferin gefragt, ob er die Temperatur der Ware messen wolle. Dies habe der Fahrer verneint. Zwar könne sich der Zeuge R.   an den konkreten Vorgang nicht mehr erinnern. Bei dem Belader F.    hätten die Fahrer aber bei sämtlichen Transporten jedenfalls die Möglichkeit, die tatsächliche Temperatur einer Sendung im Lagerbereich des Kühlhauses selbst zu kontrollieren. Bei dem Belader habe zudem eine Arbeitsanweisung bestanden, dass die Fahrer beim Messen der Übergabetemperatur und beim Beladen immer zugegen sein müssten; wenn der Fahrer zum Beladen nicht mitkomme, werde sein Fahrzeug nicht beladen. Die Richtigkeit dieser Darstellung ergebe sich aus einem Schreiben der Beklagten vom 26. August 2008. Die Revision rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht dieses Vorbringen nur teilweise berücksichtigt hat und daher seine Annahme nicht zutrifft, der Fahrer der Streithelferin sei unstreitig daran gehindert worden, die Übergabetemperatur selbst zu messen oder bei der Messung anwesend zu sein.

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(2) Die Klägerin war über ihr Vorbringen hinaus nicht gehalten, in weitergehendem Umfang substantiiert zu bestreiten. Die Beladung hat weder im Einflussbereich der Versicherungsnehmerin noch in dem der Absenderin der Sendung stattgefunden, sondern bei dem Belader F.    . Die Klägerin hat unter Beweisantritt und unter Vorlage der bei F.    bestehenden Arbeitsanweisung zu deren Betriebsorganisation vorgetragen. Außerdem hat sie als Indiz für die Richtigkeit ihres Vortrags auf das Schreiben der Beklagten vom 26. August 2008 hingewiesen. Weitergehender Vortrag war ihr nicht zumutbar.

28

(3) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung kann sich das Berufungsgericht für seine Annahme, unstreitig habe der Fahrer der Beladung nicht beiwohnen können, nicht auf entsprechende Feststellungen des Landgerichts stützen. Das Landgericht hat nicht festgestellt, dass der Fahrer an einer Kontrolle der Übergabetemperatur gehindert worden ist.

29

(4) Das Berufungsgericht hat seine Ansicht, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass der Fahrer während des Beladevorgangs nicht anwesend gewesen sei, nicht begründet. Es hat die Aussagen der erstinstanzlich vernommenen Zeugen R.   und Sc.    allein im Zusammenhang mit der Frage erörtert, ob die Klägerin die ausreichende Vorkühlung der Ware bewiesen habe. Wenn das Berufungsgericht die protokollierten Aussagen der Zeugen dahingehend werten wollte, dass der Fahrer die Übernahmetemperatur des zu transportierenden Guts nicht gemessen habe, weil ihm eine Messung während der Beladung nicht möglich gewesen sei, hätte es die Beweisaufnahme wiederholen müssen. Hegt das Berufungsgericht Zweifel an der Richtigkeit der entscheidungserheblichen Tatsachenfeststellungen, die sich auch aus der Möglichkeit unterschiedlicher Wertungen ergeben können, so sind nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO erneute Feststellungen geboten. Im Zuge dieser erneuten Tatsachenfeststellung muss das Berufungsgericht einen in erster Instanz vernommenen Zeugen gemäß § 398 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nochmals vernehmen, wenn es seiner Aussage eine andere Tragweite oder ein anderes Gewicht als das erstinstanzliche Gericht beimessen möchte (BGH, Beschluss vom 5. April 2005 - IV ZR 253/05, VersR 2006, 949; Beschluss vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09, NJW-RR 2009, 1291 Rn. 4). In der Berufungsinstanz kann zwar ein angetretener Zeugenbeweis durch die Verwertung der Niederschrift der erstinstanzlichen Zeugenvernehmung ersetzt werden, wenn der persönliche Eindruck, den der Zeuge bei seiner Vernehmung hinterließ oder bei einer erneuten Vernehmung hinterlassen würde, für die Würdigung seiner Aussage nicht entscheidend ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2005 - VI ZR 68/04, VersR 2006, 369 Rn. 28). Davon kann im Streitfall aber nicht ausgegangen werden, weil die Aussage des Fahrers der Streithelferin mit derjenigen des beim Belader tätigen Zeugen R.   nicht in Einklang gebracht werden kann. Der Fahrer der Streithelferin hat bekundet, er habe die Beladestelle nicht betreten dürfen. Der Zeuge R.   hat dagegen angegeben, dass das Fahrzeug eines Fahrers, der die Ladung nicht kontrolliere und die Beladehalle nicht betreten wolle, nicht beladen werde.

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III. Danach ist das angegriffene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision und die im Revisionsverfahren angefallenen außergerichtlichen Kosten der Streithelferin, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).

31

1. Das Berufungsgericht wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren Feststellungen dazu zu treffen haben, ob der Fahrer der Streithelferin von der F.    gehindert wurde, die der Beklagten obliegende Temperaturmessung an der übernommenen Ware vorzunehmen. Die Beweislast für die Behauptung, der Fahrer sei an einer Kontrolle der Temperatur der übernommenen Ware von der F.    gehindert worden und deshalb nicht in der Lage gewesen, die vertraglich geschuldete Temperaturmessung vorzunehmen, trägt entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung nicht die Klägerin, sondern die Beklagte als Frachtführerin, weil der Fahrer der von ihr beauftragten Unterfrachtführerin den Lieferschein vorbehaltlos unterschrieben hat. Sollte der Beklagten dieser Beweis nicht gelingen, ist davon auszugehen, dass der Fahrer die Ware in ordnungsgemäß vorgekühltem Zustand übernommen hat.

32

2. War der Fahrer nicht gehindert, die Richtigkeit der Temperaturangabe in der Übernahmequittung zu überprüfen, kann er sich nicht mit Erfolg darauf berufen, er habe die Übernahmequittung "blind" unterschrieben. Kann der Frachtführer oder ein von ihm eingeschalteter Erfüllungsgehilfe bei der Übernahme die Anzahl der Güter kontrollieren, macht er von dieser Möglichkeit aber keinen Gebrauch und quittiert er gleichwohl deren Zahl, so handelt er entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben nach § 242 BGB widersprüchlich, wenn er sich später darauf beruft, die Übernahmequittung sei "blind" erteilt worden. In einem solchen Fall begründet die Übernahmequittung die widerlegliche Vermutung, dass die Stückzahlangabe in der Übernahmequittung zutrifft. Für dieses Ergebnis spricht die große Bedeutung, die der Übernahmequittung im Bereich des Transportwesens für den Nachweis der Übernahme des Gutes zukommt (BGH, TranspR 2015, 33 Rn. 25, mwN). Dies gilt entsprechend für den Fall, dass der Frachtführer "blind" eine bestimmte Übernahmetemperatur bestätigt, obwohl er die Möglichkeit hatte, eine Temperaturmessung selbst vorzunehmen oder die Temperaturmessung durch den Belader zu kontrollieren. Dies gilt erst recht für den Fall, dass er - wie im Streitfall - vertraglich zu einer Temperaturmessung verpflichtet war.

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3. Sollte die Beklagte die aufgrund der vorbehaltlos unterzeichneten Übernahmequittung bestehende Vermutung, dass sie die Ware mit einer Temperatur von -18,4°C übernommen hat, nicht widerlegen können, kommt es auf die Frage an, ob die Bacon Strips in der Obhut der Beklagten und ihrer Streithelferin ausreichend gekühlt worden sind. Hierzu hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bislang keine Feststellungen getroffen. Dies wird es gegebenenfalls nachzuholen haben.

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