Urteil vom Bundessozialgericht (3. Senat) - B 3 KS 3/13 R

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 9. November 2012 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits sind in allen Instanzen zu 9/10 von der Beklagten und zu 1/10 von der Klägerin zu tragen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 47 791,24 Euro festgesetzt.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten darüber, ob Zahlungen an eine offene Handelsgesellschaft (oHG) in die Bemessung der Künstlersozialabgabe (KSA) nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) einzubeziehen sind.

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Die klagende GmbH & Co KG betreibt ein Unternehmen zur Herstellung von Damenoberbekleidung. In den Jahren 2003 bis 2008 beauftragte sie eine in der Rechtsform der oHG betriebene Werbeagentur (im Folgenden: W oHG) mit der Erstellung von Werbedrucksachen, Kollektionsheften, Katalogen, Plakaten, Messefahnen, Internet-Auftritten und weiteren Werbemitteln. Die Rechnungen der W oHG enthielten neben der vereinbarten Vergütung auch Druck-, Reise- und Übernachtungskosten sowie Kosten für Kurierdienste und Catering. Zusätzlich enthalten war jeweils eine Service-Fee (Dienstleistungsgebühr) in Höhe von 10 vH der Honorare für die selbstständigen Künstler, die die W oHG zur Erfüllung der Aufträge der Klägerin beauftragt hatte. Die auf diese Honorare entfallende KSA führte die W oHG an die Landesversicherungsanstalt Oldenburg-Bremen ab und berechnete sie der Klägerin. Die von der W oHG beauftragten Künstler stellten hingegen ihre eigenen Honorare der Klägerin unmittelbar in Rechnung, die von dieser an die Künstler überwiesen wurden, nachdem die W oHG die Richtigkeit überprüft hatte. Unabhängig von der W oHG und ohne von dieser in Rechnung gestellte Service-Fee stellte die L GmbH der Klägerin Produktionskostenzuschüsse für TV-Sendungen im Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) in Rechnung.

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Die Beklagte stellte nach einer Betriebsprüfung (25.8.2008 bis 6.4.2009) die Abgabepflicht der Klägerin nach dem KSVG fest und forderte die KSA für die Jahre 2003 bis 2008 in Höhe von insgesamt 42 791,24 Euro nach (kombinierter Erfassungs- und Abgabenbescheid vom 8.4.2009, Widerspruchsbescheid vom 3.7.2009). Die Klägerin sei Eigenwerber nach § 24 Abs 1 S 2 KSVG, weil sie Werbung und Öffentlichkeitsarbeit für das eigene Unternehmen betreibe, wobei sie nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler und Publizisten erteile.

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Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 19.4.2010). Das LSG hat das Urteil des SG sowie die Bescheide der Beklagten aufgehoben (Urteil vom 9.11.2012 idF des Berichtigungsbeschlusses vom 13.11.2012). Die Aufträge der Klägerin an die W oHG führten nicht zur Abgabepflicht nach dem KSVG, da die Gesellschafter der oHG nicht als selbstständige Künstler/Publizisten anzusehen seien. Wie bei der Kommanditgesellschaft (KG) und anders als bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) könne bei der oHG als Personenhandelsgesellschaft nicht grundsätzlich angenommen werden, dass an der Erstellung eines künstlerischen oder publizistischen Werkes alle Gesellschafter gemeinschaftlich als selbstständige Künstler oder Publizisten mitwirkten. Die oHG sei als Handelsgesellschaft regelmäßig arbeitsteilig organisiert, sodass nicht davon ausgegangen werden könne, dass alle Gesellschafter im künstlerischen/publizistischen Bereich tätig seien, sondern einzelne Gesellschafter auch organisatorische oder kaufmännische Aufgaben erledigten. Schließlich liege es nahe, dass die künstlerische/publizistische Arbeit (auch) von angestellten Mitarbeitern erledigt werde. Soweit die Beklagte die Abgabepflicht auf die unmittelbare Bezahlung der von der W oHG beauftragten selbstständigen Künstler durch die Klägerin stütze, fehle es an einer Auftragserteilung durch die Klägerin. Auftraggeberin sei jeweils die W oHG.

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Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt die Beklagte, nachdem die Klägerin im Revisionsverfahren die Klage gegen die Feststellung der grundsätzlichen Abgabepflicht nach § 24 Abs 1 S 2 KSVG zurückgenommen hat (Schriftsatz vom 14.2.2014), die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils zur KSA-Schuld für die Jahre 2003 bis 2008. Die oHG ähnele in der Ausgestaltung der Geschäftsführungsbefugnis und der Haftungsverhältnisse eher der GbR als der KG. Zur GbR aber habe das BSG bereits entschieden, dass durch den Zusammenschluss mehrerer künstlerisch tätiger Personen in einer GbR deren Einzel-Selbstständigkeit als "Künstler" in der Regel nicht berührt werde, wenn es um die gemeinschaftliche Erstellung eines oder mehrerer Werke gehe und keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die Zweckverfolgung nicht iS von § 705 BGB gemeinschaftlich geschehe. Auch bei einem Gesellschafter der oHG könne allein aufgrund seiner Gesellschafterstellung - typischerweise - angenommen werden, dass er sich als selbstständiger Künstler/Publizist iS des § 25 Abs 1 S 1 KSVG an der Herstellung eines gemeinschaftlichen künstlerischen oder publizistischen Werkes beteilige, dh er sich zur gemeinschaftlichen Erstellung eines Werkes verpflichte und mit den anderen Gesellschaftern derart zusammenwirke, dass die künstlerische oder publizistische Tätigkeit gleichsam als Wesensmerkmal seiner Person anzusehen sei. Aufgrund seiner unbeschränkten Haftung werde sich schließlich jeder oHG-Gesellschafter bei der Umsetzung des Gesellschaftszwecks methodisch und zielgerichtet einbringen.

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Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 9. November 2012 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 13. November 2012 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 19. April 2010 zurückzuweisen.

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Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

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Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs 2 SGG einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist unbegründet. Zu den Zahlungen der Klägerin an die W oHG hat das LSG zutreffend entschieden, dass es sich nicht um Entgelte für künstlerische/publizistische Werke oder Leistungen eines "selbstständigen Künstlers" iS von § 25 Abs 1 S 1 KSVG handelt, sodass sie nicht der KSA unterliegen.

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1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Der Sachentscheidung steht insbesondere nicht entgegen, dass die W oHG nicht nach § 75 Abs 2 S 1 1. Alt SGG zum Rechtsstreit beigeladen worden ist. Hiernach ist ein Dritter notwendig zum Rechtsstreit beizuladen, soweit er an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt ist, dass die Entscheidung auch ihm gegenüber nur einheitlich ergehen kann. An einer solchen Beteiligung der W oHG fehlt es hier. Zwar kann der Ausgang des Rechtsstreits auch wirtschaftliche Interessen der W oHG berühren, weil sie ihrerseits als Vermarktungsunternehmen (§ 24 KSVG) zur KSA heranzuziehen sein könnte, wenn Zahlungen an eine oHG aus Rechtsgründen kein Entgelt für selbstständige Künstler iS von § 25 Abs 1 S 1 KSVG (idF von Art 1 Nr 6 Buchst a des Gesetzes zur Änderung des KSVG vom 20.12.1988, BGBl I 2606, geändert durch Art 1 Nr 17 Buchst a DBuchst aa des Zweiten Gesetzes zur Änderung des KSVG und anderer Gesetze vom 13.6.2001, BGBl I 1027 - 2. KSVG-ÄndG) darstellen und diese Vergütungen deshalb nicht der KSA unterliegen. Daher wäre es gerechtfertigt und, wie vom Senat im Zusammenhang mit Zahlungen an eine KG bereits angemerkt (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 9), auch naheliegend gewesen, die W oHG im Wege der (einfachen) und im Revisionsverfahren nicht mehr nachzuholenden (§ 168 S 1 SGG) Beiladung gemäß § 75 Abs 1 S 1 SGG an dem Streitverfahren zu beteiligen. Gleichwohl ist die W oHG in das zwischen der Klägerin und der Beklagten streitige Rechtsverhältnis nicht so eingebunden, dass mit der Entscheidung darüber zugleich notwendig unmittelbar in ihre Rechtssphäre eingegriffen würde (zu dieser Voraussetzung Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 75 RdNr 10 mwN). Denn die Verneinung einer Abgabepflicht der Klägerin ist nicht automatisch gleichbedeutend mit einer Zahlungsverpflichtung der W oHG.

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2. Nach Rücknahme der Klage gegen die Feststellung der grundsätzlichen Pflicht der Klägerin zur Abführung der KSA (Erfassungsbescheid) ist im Revisionsverfahren nur noch die Festsetzung der KSA für den Zeitraum 2003 bis 2008 auf insgesamt 42 791,24 Euro streitig. Rechtsgrundlage für diesen Abgabebescheid sind die §§ 23, 25 Abs 1 S 1 KSVG iVm § 27 Abs 1a S 2 KSVG (idF von Art 1 Nr 18 Buchst b 2. KSVG-ÄndG) und § 28p Abs 1a S 3 SGB IV (idF von Art 2 Nr 1 Buchst a 3. KSVG-ÄndG vom 12.6.2007, BGBl I 1034). Hiernach erhebt die Künstlersozialkasse bzw der Träger der Rentenversicherung von den nach § 24 KSVG zur Abgabe Verpflichteten eine Umlage (KSA) nach dem nach § 26 KSVG festzusetzenden Vomhundertsatz der in § 25 KSVG bestimmten Bemessungsgrundlage (§ 23 KSVG). Bemessungsgrundlage der festzusetzenden KSA sind die Entgelte für künstlerische und publizistische Werke oder Leistungen, die ua ein zur Abgabe verpflichtetes Unternehmen - wie hier die Klägerin - nach § 24 Abs 1 S 2 KSVG im Rahmen der dort aufgeführten Tätigkeiten im Laufe eines Kalenderjahres "an selbständige Künstler und Publizisten zahlt, auch wenn diese selbst nach diesem Gesetz nicht versicherungspflichtig sind" (§ 25 Abs 1 S 1 KSVG).

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Für den streitigen Zeitraum 2003 bis 2008 ist ohne Weiteres davon auszugehen, dass die textliche und bildliche Erstellung von Werbedrucksachen, Kollektionsheften, Katalogen, Plakaten, Messefahnen, Internet-Auftritten und weiteren Werbemitteln eine künstlerische und/oder publizistische Leistung iS des § 24 Abs 1 S 2 bzw § 2 KSVG darstellt (vgl hierzu BSG SozR 4-5425 § 24 Nr 7 RdNr 7; BSG SozR 4-5425 § 25 Nr 1 RdNr 14). Unerheblich ist in diesem Zusammenhang die zum 1.1.2012 in Kraft getretene Änderung des § 2 S 2 KSVG, wonach Publizist im Sinne des KSVG nur noch derjenige ist, der als Schriftsteller, Journalist oder "in ähnlicher Weise" (statt "in anderer Weise") publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt (Art 14a Viertes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22.12.2011, BGBl I 3057); denn hierbei handelt es sich um eine konstitutive Änderung, die ausschließlich auf Aufträge für die Zeit ab 1.1.2012 anzuwenden ist (insoweit missverständlich BT-Drucks 17/7991 S 14 und 18 zu Nr 9 , die lediglich von einer Klarstellung spricht). Mit dieser Änderung wollte der Gesetzgeber die Handlungsempfehlung der Enquete-Kommission "Kultur in Deutschland" aufgreifen, als Publizisten iS des § 2 S 2 KSVG nur noch solche Personen zu erfassen, deren Berufsbild und Tätigkeitsfeld sich mit den in § 2 S 2 KSVG genannten Leitberufen des Schriftstellers und des Journalisten gleichsetzen lassen. Durch diese "Schärfung" des bisherigen sehr weitgehenden Tatbestandsmerkmals "in anderer Weise publizistisch tätig" sollte die durch die Rechtsprechung vorgenommene und als zu weitgehend empfundene Auslegung der Begriffe Publizist und Publizistik korrigiert werden (vgl Schlussbericht der Enquete-Kommission "Kultur in Deutschland", BT-Drucks 16/7000 4.5.1.2, B und C, S 301 und 302). Für die - hier nicht streitige - Zeit ab 1.1.2012 wird jeweils zu prüfen sein, ob Aufträge von Unternehmen zur Erstellung von Werbematerial (zB Broschüren, Flyer) mit textlichem Schwerpunkt, deren Durchführung bislang als eine "in anderer Weise publizistische" Tätigkeit iS des § 2 S 2 KSVG zu werten war, noch von dieser Vorschrift erfasst werden können. Maßgeblich ist nunmehr, ob zB der Inhaber einer einzelkaufmännisch geführten Werbeagentur als Fachmann für Werbung und Öffentlichkeitsarbeit konkret in ähnlicher Weise publizistisch tätig geworden ist wie ein Schriftsteller oder Journalist.

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Vorliegend fehlt es allerdings an einer Zahlung an selbstständige Künstler und Publizisten, weil Zahlungen an eine oHG nicht als Entgelt für selbstständige Künstler iS von § 25 Abs 1 S 1 KSVG anzusehen sind; dies hat das LSG entgegen der Auffassung der Beklagten und der Beigeladenen zutreffend entschieden.

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a) Abgabenrelevante Honorare iS von § 25 Abs 1 S 1 KSVG sind alle Entgelte, die an versicherungspflichtige Künstler/Publizisten iS von § 1 KSVG gezahlt werden. Darunter fallen selbstständige Künstler und Publizisten, die eine künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben, soweit sie im Zusammenhang mit der künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen - es sei denn, die Beschäftigung erfolgt zur Berufsausbildung oder sie ist geringfügig iS des § 8 SGB IV. In die Bemessungsgrundlage sind darüber hinaus auch solche Zahlungen einzubeziehen, die an Künstler und Publizisten iS des § 2 KSVG geleistet werden, selbst wenn diese nicht nach dem KSVG versicherungspflichtig sind. Die Einbeziehung solcher Zahlungen beruht auf der besonderen Verantwortungsbeziehung zwischen den selbstständigen Künstlern und Publizisten einerseits und den Unternehmen andererseits, die ständig Werke solcher Künstler und Publizisten gegen Entgelt in Anspruch nehmen und daraus Einnahmen erzielen. Darin hat der Gesetzgeber ein Verhältnis ähnlich wie das zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern gesehen und dem die innere Begründung für die Beteiligung von Kunstvermarktern und -verwertern an der sozialen Absicherung der selbstständigen Künstler und Publizisten entnommen (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 11 f; zur verfassungsrechtlichen Legitimation von Belastungen mit Sozialversicherungsbeiträgen vgl BVerfGE 75, 108, 158 = SozR 5425 § 1 Nr 1 S 12; s auch BSG SozR 3-5425 § 25 Nr 10 S 50).

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b) Diesen inneren Zusammenhang zwischen der Inanspruchnahme der Leistungen und Werke der selbstständigen Künstler und Publizisten und der Abgabepflicht hat der Gesetzgeber auch nicht dadurch aufgelöst, dass die KSA grundsätzlich auch dann anfällt, wenn die Künstler/Publizisten selbst nicht nach dem KSVG versicherungspflichtig sind. Denn diese Ausdehnung der KSA-Pflicht auf Geschäfte mit Personen, die selbst von der Versicherung nicht begünstigt werden, legitimiert sich nach der gesetzlichen Konzeption allein deshalb, weil zum einen das Erhebungsverfahren vereinfacht wird und zum anderen Wettbewerbsnachteile für versicherungspflichtige Künstler und Publizisten verhindert werden, weil deren - oft gleichartige - Leistungen ansonsten wegen des Einbezugs in die KSA teurer würden (BT-Drucks 9/26 S 17). Der Senat hat deshalb in ständiger Rechtsprechung betont, dass (auch) die (erweiterte) Abgabepflicht unverändert voraussetzt, dass ein Entgelt an Künstler/Publizisten im Sinne des KSVG geleistet sein muss. Diese Eigenschaft kommt aber nur solchen Personen zu, die ihre künstlerische oder publizistische Tätigkeit so nachhaltig ausüben, dass sie als Wesensmerkmal der Person angesehen werden kann (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 13; BSGE 99, 297 = SozR 4-5425 § 2 Nr 13, RdNr 12; SozR 3-5425 § 25 Nr 10 S 50 f).

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c) Die vorstehenden Grundsätze gelten allerdings nur für natürliche, nicht hingegen für juristische Personen. Handelt es sich nämlich um eine eigenständige Rechtspersönlichkeit, die ggf selbst als abgabepflichtiges Unternehmen zur KSA heranzuziehen ist, dann fehlt es an dem erforderlichen inneren Zusammenhang zwischen der Abgabepflicht und der Inanspruchnahme eines Künstlers oder Publizisten (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 14 mwN).

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d) Der Senat hat auf dieser Grundlage bereits wiederholt entschieden, dass Entgeltzahlungen an eine GbR iS des § 25 KSVG als Zahlungen an den einzelnen Künstler zu werten sind, soweit selbstständige Künstler ihre Leistung gemeinsam in Form einer GbR erbringen (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 15; SozR 4-5425 § 2 Nr 6 RdNr 14; SozR 4-5425 § 24 Nr 7 RdNr 8; SozR 3-5425 § 24 Nr 11 S 64). Er hat dabei berücksichtigt, dass die GbR zwar auch prozessuale Rechtsfähigkeit besitzen kann, sie jedoch weiterhin keine juristische Person ist (BGHZ 146, 341). Damit fehlt der GbR regelmäßig eine nach außen erkennbare Struktur. Deshalb wird durch den Zusammenschluss mehrerer Personen in einer GbR deren Selbstständigkeit "als Künstler" in der Regel nicht berührt, wenn es um die gemeinschaftliche Erstellung eines oder mehrerer Werke geht und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Zweckverfolgung nicht iS von § 705 BGB gemeinschaftlich geschieht oder eine Aufgabendelegation außerhalb der GbR vorgenommen wird (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 15; SozR 4-5425 § 2 Nr 6 RdNr 14; SozR 4-5425 § 24 Nr 7 RdNr 8; SozR 3-5425 § 24 Nr 11 S 64). Dies hat der Senat auch daraus geschlossen, dass die Zweckverfolgung innerhalb der GbR nach §§ 705 ff BGB grundsätzlich gemeinschaftlich erfolgt, die Geschäftsführung der GbR nach § 709 BGB grundsätzlich allen Gesellschaftern obliegt und nach § 722 BGB grundsätzlich alle Gesellschafter zu gleichen Teilen am Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt sind (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 18).

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e) Diese für die Gesellschafter der GbR als im Regelfall zutreffende Wertung gilt für die Gesellschafter einer oHG nicht in gleicher Weise. Anders als bei der GbR kann bei einer oHG nicht regelmäßig angenommen werden, dass an der Erstellung eines künstlerischen oder publizistischen Werks alle Gesellschafter gemeinschaftlich als selbstständige Künstler oder Publizisten mitwirken.

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Zwar ist der Beklagten und der Beigeladenen zuzugestehen, dass bei der oHG - wie bei der GbR - die Zweckverfolgung in der oHG nach §§ 105 ff HGB grundsätzlich gemeinschaftlich geschieht und die Geschäftsführung der oHG nach § 114 Abs 1 HGB grundsätzlich allen Gesellschaftern obliegt. Zu Recht weist schließlich die Beigeladene darauf hin, dass die oHG letztlich eine "GbR mit kaufmännischer Tätigkeit" ist (vgl Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl 2012, § 105 RdNr 1 "Die oHG ist Gesellschaft iSv §§ 705 ff BGB"). Dabei übersieht sie aber, dass gerade diese "kaufmännische Tätigkeit" es ausschließt, die Gesellschafter einer oHG regelmäßig als selbstständige Künstler im Sinne des KSVG anzusehen. Nach § 105 Abs 1 HGB, der insoweit zwingend ist (Hopt, aaO, § 105 RdNr 1, 7 f), ist eine Gesellschaft nur dann oHG, wenn sie auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist (§ 105 Abs 1 HGB). Ein Handelsgewerbe im Sinne des Handelsrechts ist definiert als erkennbar planmäßige, auf Dauer angelegte, selbstständige, auf Gewinnerzielung ausgerichtete oder jedenfalls wirtschaftliche Tätigkeit am Markt unter Ausschluss freiberuflicher, wissenschaftlicher und künstlerischer Tätigkeit (Hopt, aaO, § 1 RdNr 12; Palandt/Sprau, BGB, 73. Aufl 2014, § 705 RdNr 6). Die Einordnung einer Tätigkeit unter dem Begriff "Gewerbebetrieb" hängt weitgehend davon ab, ob nach der jeweiligen Verkehrsanschauung die entfaltete Tätigkeit von der "Erwerbsabsicht" geformt oder beherrscht wird, ob ihr vorwiegend eine technisch-funktionell ausgerichtete Erwerbsabsicht eigen ist oder ob sie wesentlich von geistigen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Leitgedanken und Kräften bestimmt wird, die sie von dem vornehmlich auf Gewinnerzielung ausgerichteten Tätigsein unterscheiden. Obwohl die Absicht auch bei dieser Art von Tätigkeiten darauf gerichtet sein kann und häufig auch ist, durch sie dauernde Einnahmequellen zu erschließen, wird sie doch nach allgemeiner Überzeugung von anderen Leitgedanken geformt, wie zB bei einem Künstler durch künstlerische Gestaltungselemente (BGHZ 33, 321, 325). Damit ist zwar nicht jede künstlerische Tätigkeit vom Betrieb eines Handelsgewerbes ausgeschlossen. Voraussetzung für den Betrieb eines Handelsgewerbes und damit für die Gründung einer oHG ist hier aber, dass die Künstler ihre Tätigkeit nach außen als gewerbliches Unternehmen und unter Zurücktreten der künstlerischen Betätigung betreiben (Hopt, aaO, § 1 RdNr 20). Für den "nichtgewerblichen" Zusammenschluss von Künstlern (nebst Freiberuflern und Wissenschaftlern) bietet die Rechtsordnung schließlich die Bildung von Partnerschaftsgesellschaften nach dem Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG) vom 25.7.1994 (BGBl I 1744, zu Einzelheiten vgl BT-Drucks 12/6152 S 7) an, die - soweit sie gebildet ist - von Gesetzes wegen keine Handelsgesellschaft sein kann (§ 1 Abs 1 S 2 PartGG). Daneben soll ausdrücklich die GbR als herkömmliche Organisationsform für die freien Berufe möglich bleiben (BT-Drucks 12/6152 - Begründung, I. Allgemeiner Teil, 1. Einführung, S 7).

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Betreiben aber Vertreter der Freien Berufe, der Wissenschaft und der Kunst nach ihrem historisch gewachsenen Berufsbild und der Verkehrsanschauung kein Gewerbe, kann der Betrieb einer oHG nicht auf den (alleinigen) Zweck der Erstellung von künstlerischen oder publizistischen Werken gerichtet sein, sodass auch nicht regelmäßig angenommen werden kann, dass alle Gesellschafter an der Erstellung eines künstlerischen oder publizistischen Werkes gemeinschaftlich als selbstständige Künstler oder Publizisten mitwirken. Hierzu hat der Senat bereits entschieden, dass die Frage, ob die Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft als selbstständige Künstler oder Publizisten anzusehen sind oder nicht, im Verhältnis zu einem außenstehenden Kunstvermarkter oder -verwerter (§ 24 KSVG) einer typisierenden Betrachtung bedarf und nicht von den Umständen des Einzelfalls abhängen kann (zur Frage der Zurechnung von Zahlungen an eine KG vgl BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 17). Denn für die Eindeutigkeit des Abgabentatbestandes bedarf es leicht feststellbarer Kriterien (BSG SozR 4-5425 § 25 Nr 1 RdNr 18). Dies muss insbesondere für die Festlegung der Kriterien gelten, an Hand derer eine bestimmte Zahlung als abgaberelevant iS des § 25 KSVG einzustufen ist (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 17). Deshalb ist allein auf die gewählte Gesellschaftsform abzustellen und nicht auf die Bewertung des Geschäftsbetriebs als "künstlerisch" oder "handelsgewerblich", welche dem - in die Interna einer oHG nicht eingeweihten - Kunstvermarkter und Kunstverwerter regelmäßig nicht möglich sein wird. Die Höhe der KSA hat sich an den für den außenstehenden Kunstvermarkter erkennbaren Verhältnissen zu orientieren, denn der Abgabepflichtige muss in der Lage sein, die auf ihn entfallende Belastung vorauszuberechnen (BSGE 74, 117, 120 = SozR 3-5425 § 24 Nr 4 S 16). Auf die Frage, ob eine als oHG konstituierte Werbeagentur nach ihrem Geschäftsmodell ein Handelsgewerbe betreibt, weil Werbefachleute "in der Regel" ein Gewerbe betreiben (Hopt, aaO, § 1 RdNr 20), oder doch eher künstlerisch ausgerichtet ist, kommt es damit nicht an. Allein entscheidend ist der Ausschluss der Zahlungen an eine oHG aus dem Anwendungsbereich des § 25 KSVG wegen der gewählten Rechtsform.

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f) Die vorstehenden Ausführungen gelten - ergänzend zu den Ausführungen des Senats in der Entscheidung vom 12.8.2010 (B 3 KS 2/09 R - BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 18) - auch für die KG, da auch diese auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist (§ 161 Abs 1 HGB).

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3. Es ist im vorliegenden Zusammenhang allerdings darauf hinzuweisen, dass die Abgabepflicht auf die W oHG verlagert sein kann, soweit sie selbst sich selbstständiger Künstler zur Erledigung der von der Klägerin erteilten Aufträge bedient hat. Der Senat hat bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass die Zwischenschaltung eines selbstständigen Kunstverwerters zwischen Künstlern oder Publizisten und der letzten Vermarktungs- oder Verwertungsstufe nicht den Wegfall der KSA-Pflicht, sondern eine Verlagerung der Abgabepflicht auf diesen Zwischenverwerter bedeuten kann (vgl zuletzt BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 19 mwN). Nach § 24 KSVG abgabepflichtige Unternehmen können von natürlichen und juristischen Personen, aber auch von Personengesellschaften betrieben werden (BSG, aaO, mwN). Der KSA-Pflicht unterlägen dann alle Zahlungen, die die W oHG ihrerseits an selbstständige Künstler iS von § 25 Abs 1 S 1 KSVG bewirkt hat. Dies könnten zB auch Zahlungen an ihre Gesellschafter sein, wenn sie - auch soweit sie in einem Anstellungsverhältnis zur oHG stehen - einen maßgebenden Einfluss auf die Gesellschaft haben und deshalb als Selbstständige anzusehen sind (vgl BSGE 82, 107, 108 f = SozR 3-5425 § 25 Nr 12 S 61 f; SozR 3-5425 § 25 Nr 13 S 68 ff) und zudem künstlerische oder publizistische Leistungen iS von § 2 KSVG erbracht haben.

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Daher sind die Honorare, die an den Werbefotografen K für die Erstellung von Werbefotografien gezahlt worden sind, zu Recht von der W oHG mit der KSA belegt worden. Die Werbefotografien sind zwar absprachegemäß der Klägerin unmittelbar in Rechnung gestellt und von dieser bezahlt worden. Dies diente offenbar aber lediglich einer Vereinfachung des Zahlungsweges und der Vermeidung der Gefahr des doppelten Anfalls der KSA auf diese Honorare. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und für den erkennenden Senat daher bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG sind die Aufträge zur Erstellung der Werbefotografien unmittelbar von der W oHG erteilt worden, die dabei im eigenen Namen und nicht etwa namens und in Vertretung der Klägerin gehandelt hat. Der Werklohnanspruch des Werbefotografen K (§ 631 BGB) richtete sich daher unmittelbar gegen die W oHG, auch wenn in Absprache der Beteiligten die Rechnungen auf die Klägerin ausgestellt worden sind und von dort - nach Prüfung und Freigabe der Rechnung durch die W oHG - die Bezahlung erfolgt ist. Als Schuldnerin der Honorare hat die W oHG auch - folgerichtig - die KSA abgeführt und sich diese später von der Klägerin erstatten lassen. Im Verhältnis zur Beigeladenen war die W oHG als Schuldnerin der Honorare die abgabepflichtige Kunstverwerterin (§ 24 KSVG), nicht aber die Klägerin. Da die Honorare an den Werbefotografen K von der Klägerin unmittelbar gezahlt worden sind, tauchen diese auch nicht in den Rechnungen auf, die die W oHG der Klägerin für die Durchführung der diversen Aufträge erteilt hat. Dies wiederum hat zur Folge, dass diese Honorare auch nicht in die Berechnungen der Beklagten zur Festlegung der von der Klägerin abzuführenden KSA für die Jahre 2003 bis 2008 eingeflossen sind. Der Gesamtbetrag von 42 791,24 Euro enthält also - zu Recht - keinen Anteil für die KSA auf die Honorare des Werbefotografen K Schuldnerin dieser KSA war allein die W oHG.

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4. Aus der Beauftragung der L GmbH kann bereits deshalb eine Abgabepflicht nicht folgen, da diese eine juristische Person ist und deshalb kein selbstständiger Künstler im Sinne des KSVG sein kann. Dementsprechend unterlagen auch die Vergütungen an die Werbematerial liefernde, nach Feststellung des LSG von der W oHG unmittelbar beauftragte U GmbH nicht der KSA-Pflicht.

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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 155 Abs 2 und § 154 Abs 1 und 2 VwGO. Sie berücksichtigt das Verhältnis der Bedeutung des Erfassungsbescheides, hinsichtlich dessen die Klägerin die Klage mit der Kostenfolge des § 155 Abs 2 VwGO zurückgenommen hat, zu dem Abgabenbescheid, der von der Klägerin mit Erfolg angefochten worden ist (§ 154 Abs 1 und 2 VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten (§ 162 Abs 3 VwGO).

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6. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 47 und § 52 Abs 1 und 2 GKG, wobei die teilweise Klagerücknahme während des Revisionsverfahrens unberücksichtigt bleiben musste (§ 40 GKG). Die Korrektur der Streitwertfestsetzung für den ersten und zweiten Rechtszug beruht auf § 63 Abs 3 GKG.

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Die Klage betraf - bis zu ihrer teilweisen Rücknahme - zwei voneinander zu unterscheidende Streitgegenstände, nämlich (1.) die Erfassungsentscheidung (erster Verfügungssatz), mit der die grundsätzliche Abgabepflicht der Klägerin nach § 24 Abs 1 S 2 KSVG festgestellt worden und die mit der Klagerücknahme bestandskräftig geworden ist, und (2.) die Festsetzung der KSA für die Jahre 2003 bis 2008 (zweiter Verfügungssatz), die bis zuletzt im Revisionsverfahren zwischen den Beteiligten streitig war. Dabei kommt hinsichtlich des für die Streitwertbemessung maßgeblichen wirtschaftlichen Interesses der Klägerin sowohl der Abgabeverfügung als auch der Erfassungsverfügung jeweils eine eigenständige Bedeutung zu (Abgrenzung zu BSG Urteil vom 25.11.2010 - B 3 KS 1/10 R - RdNr 32, insoweit in SozR 4-5425 § 2 Nr 18 nicht abgedruckt). Denn während die Abgabeverfügung die von der Klägerin zu zahlende KSA für die Jahre 2003 bis 2008 beziffert, regelt die Erfassungsverfügung die grundsätzliche Abgabepflicht der Klägerin nach § 24 Abs 1 S 2 KSVG erst ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides vom 8.4.2009 (§ 36a S 1 KSVG iVm § 39 Abs 1 SGB X), weil in dem Bescheid eine rückwirkende Feststellung der Abgabepflicht - wohl eher versehentlich - unterblieben ist. Der Streitwert für die auf die Zeit ab 2009 gerichtete Erfassungsverfügung ist mangels genügender Anhaltspunkte für das maßgebliche wirtschaftliche Interesse der Klägerin mit dem Pauschalwert von 5000 Euro anzusetzen (§ 52 Abs 2 GKG), weil nicht absehbar ist, ob und ggf in welcher Höhe eine KSA zulasten der Klägerin in den Jahren ab 2009 festzusetzen sein wird. Der Abgabebescheid für die Jahre 2003 bis 2008 bietet hierfür keine Anhaltspunkte, weil er rechtswidrig ist und in vollem Umfang aufgehoben werden musste. Aus der Addition der Teilstreitwerte von 5000 Euro und 42 791,24 Euro ergibt sich der Gesamtstreitwert von 47 791,24 Euro.

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