Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (3. Kammer) - 3 Sa 242/13
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - 7 Ca 144/12 - vom 28. Februar 2013 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten zur Rückzahlung von Arbeitsvergütung auf Grund einer Insolvenzanfechtung.
- 2
Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem mit Beschluss des Amtsgerichts B. vom 14. Juni 2011 - 0 ... 00/11 - (Anlage K1, Bl. 5 d. A.) eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des M. K., Inhaber des Unternehmens Autobus R., R. Dem Eröffnungsbeschluss liegt ein am 26. Januar 2011 von der T. GmbH gestellter Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu Grunde.
- 3
Der Beklagte war seit dem 1. Mai 2008 bei dem Insolvenzschuldner als Omnibusfahrer zu einem Bruttomonatsentgelt in Höhe von 1.875,00 € beschäftigt. Durch Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 4. Februar 2010 im Rechtsstreit mit dem Az. 7 Ca 2376/09 - wurde festgestellt, dass dieses Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Insolvenzschuldners vom 24. November 2009 nicht aufgelöst worden ist.
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Seit Ende September 2009 erbrachte der Schuldner an den Beklagten folgende Ratenzahlungen:
- 5
am 27. September 2009
500,00 €,
am 30. September 2009
500,00 €,
am 2. Oktober 2009
1.000,00 €,
am 16. Oktober 2009
1.000,00 €,
am 31. Oktober 2009
800,00 €,
am 5. November 2009
100,00 €,
am 24. November 2009
86,00 €,
am 29. Dezember 2009
62,09 €,
am 18. März 2010
223,00 €,
am 21. März 2010
500,00 €,
am 12. April 2010
250,00 €,
am 20. April 2010
500,00 €,
am 10. Mai 2010
300,00 €.
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Im weiteren Rechtsstreit Arbeitsgericht Koblenz - 7 Ca 511/10 erging am 29. April 2010 gegen den Schuldner ein Versäumnisurteil, durch das dieser zur Zahlung von 6.336,98 € verurteilt wurde.
- 7
In einem dritten Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Koblenz - 7 Ca 1178/10 - schlossen der Beklagte und der Insolvenzschuldner am 29. Juli 2010 einen Vergleich (Anlage K 2, Bl. 6 f. d. A.), in dem sich der Insolvenzschuldner zur Zahlung rückständiger Entgeltansprüche für den Zeitraum Dezember 2009 bis zum 10. Mai 2010 in Höhe von 7.000,00 € brutto abzüglich gezahlter 1.973,00 € netto unter Berücksichtigung eines eventuellen Anspruchsübergangs auf die Agentur für Arbeit verpflichtete. Weiter vereinbarten die Parteien den sich hieraus ergebenden Nettobetrag in zwei gleichen monatlichen Raten an den Kläger, die Sozialversicherungsabgaben an die Sozialversicherungsträger abzuführen. Die Fälligkeit der beiden Raten wurde für den 20. August 2010 und 15. September 2010 vereinbart.
- 8
Hierauf erbrachte der Insolvenzschuldner - die Gegenstand der vorliegenden Klage bildenden - Teilzahlungen in Höhe von 1.000,00 € am 11. September 2010, von 1.871,33 € am 7. Oktober 2010 sowie in Höhe von 1.000,00 € am 11. November 2010 an den Gerichtsvollzieher OGV K. W..
- 9
Nach Abzug der bei dem Gerichtsvollzieher entstandenen Gebühren wurden von 1.000,00 € jeweils 993,90 € und von 1.871,33 € 1.865,20 € an den Kläger weitergeleitet. An die Agentur für Arbeit ist ein Anspruch in Höhe von 2.110,20 € übergegangen (Schreiben der Agentur für Arbeit vom 10. August 2010).
- 10
Der Kläger war der Ansicht,
bei den Zahlungen des Insolvenzschuldners vom 11. September 2010, 7.Oktober 2010 und 11. November 2010 handele es sich um anfechtbare Handlungen im Sinn von § 143 InsO in Verbindung mit §§ 130, 131, 133 InsO.
- 11
Er hat vorgetragen, der Insolvenzschuldner habe ausweislich der Gläubigertabelle (Anlage K3, Bl. 8 ff. d. A.) eine Vielzahl von Verbindlichkeiten gehabt, die fällig, teilweise tituliert und insoweit auch in der Zwangsvollstreckung gewesen wären: so insbesondere eine titulierte Forderung der T. GmbH in Höhe von rund 400.000,00 €. Der Schuldner habe im Jahr 2010 keinen Euro gehabt, um auf diese Forderung eine Zahlung zu leisten.
- 12
Der Insolvenzschuldner habe dem Beklagten und dessen Anwalt wiederholt erklärt, dass er nur in Raten zahlen könne. Dem im Jahr 2010 mit der Durchführung der Zwangsvollstreckung beauftragten Obergerichtsvollzieher W. habe der Schuldner ebenfalls erklärt, dass er nur in Raten zahlen könne. Dieser habe Rechtsanwalt N., den Rechtsanwalt des Beklagten, entsprechend unterrichtet. Der Beklagte habe den Schuldner sowie P. K. wiederholt angesprochen und erfahren, dass keine Zahlungen erfolgen könnten mit Ausnahme einer Ratenzahlung. Allein der Umstand, dass der Beklagte das Arbeitsverhältnis trotz des mannigfachen Zahlungsverzugs fortgesetzt habe, beweise nur die Schwierigkeit, einen anderen Arbeitsplatz als Omnibusfahrer ortsnah zu finden.
- 13
Er hat weiter vorgetragen, vier Busse habe der Schuldner auf Abzahlung gekauft gehabt. Hierauf habe er, wenn geschehen, monatliche Raten je Bus von 4.000,00 € in den Sommermonaten und 2.000,00 € in den Wintermonaten gezahlt. Die Busse seien ab Anfang Januar 2011 wegen Zahlungsverzugs zurückgenommen worden.
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Der Kläger hat erstinstanzlich zunächst beantragt,
- 15
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 3.871,33 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Juni 2013 zu zahlen. Durch Versäumnisurteil vom 27. September 2012 (Bl. 80 f. d. A.), dem Kläger zugestellt am 15. Oktober 2012, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit Einspruch vom 16. Oktober 2012 (Bl. 83 d. A.), beim Arbeitsgericht eingegangen am 17. Oktober 2012 beantragte der Kläger sodann,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an ihn 3.871,33 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14. Juni 2011 zu zahlen.
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Der Beklagte hat beantragt,
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das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 27. September 2012 aufrecht zu erhalten.
- 18
Er hat das Vorliegen objektiver Zahlungsunfähigkeit des Insolvenzschuldners bestritten. Das Gegenteil werde auch dadurch indiziert, dass der Schuldner noch am 7. Dezember 2010 die ausstehenden Lohnabrechnungen bis Mai 2010 übersandt und noch zuvor am 19. November 2010 Fragen zur Berechnung der offenen Restforderung gestellt habe. Diese Schreiben machten aus Empfängersicht nur Sinn, wenn der Schuldner damals zahlungswillig und –fähig gewesen sei. Hinzukomme, dass der Insolvenzschuldner gegenüber dem Beklagten auf dessen eigene persönliche Nachfrage wiederholt erklärt habe, er bekäme sein Geld. Die weiteren von der Klägerseite genannten Forderungen seien weder ihm noch seinem Prozessbevollmächtigten bekannt. Er ist der Ansicht, allein aus der Tatsache, dass der Schuldner unstreitig erklärt habe, dass er nur in Raten zahlen könne, sei der Schluss darauf, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und die Handlung Gläubiger benachteiligte, nicht möglich. Nicht jeder Schuldner, der um Ratenzahlung bitte und mit dem ein Ratenzahlungsvergleich zustande komme, gerate in Insolvenz. Der Schuldner erkläre im Regelfall hiermit vielmehr konkludent, dass er zur Zahlung der vereinbarten Beträge in der Lage sei. Der Empfänger einer solchen Erklärung gehe davon aus, dass allenfalls eine kurzfristige Zahlungsstockung gedroht habe. Er sowie sein Bevollmächtigter seien bei Erhalt der Zahlung davon ausgegangen, der Schuldner sei seiner Zahlungspflicht und seiner mit dem Gerichtsvollzieher getroffenen Ratenzahlungsvereinbarung nachgekommen, um eine eidesstattliche Versicherung bzw. eine Insolvenz zu vermeiden und somit sein Unternehmen weiterführen zu können. Dass er das Arbeitsverhältnis mit dem Schuldner fortgesetzt habe, belege, dass er damals davon ausgegangen sei, dass der Schuldner zukünftig in der Lage sein werde, seine Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Als „einfacher Busfahrer“ habe er keine Kenntnis von buchhalterischen Dingen und der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens gehabt. Für eine ausreichende Wirtschaftskraft des Unternehmens hätten unter anderem das Vorhandensein neuer und moderner Fahrzeuge gesprochen sowie die Tatsache, dass und wo die Fahrzeuge ständig eingesetzt gewesen seien. Für den Eindruck eines leistungsfähigen Unternehmens des Schuldners habe gesprochen, dass er - auch noch nach der Beendigung seiner Tätigkeit für den Schuldner - an allen möglichen Reisezielen Busse der Fa. „Autobus R.“ habe fahren sehen.
- 19
Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 28. Februar 2013 - 7 Ca 144/12 - die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.000,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Juni 2011 zu zahlen. Im Übrigen hat das Arbeitsgericht das Versäumnisurteil vom 27. September 2012 aufrecht erhalten.
- 20
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt: Bei der Zahlung vom 11. November 2010 handele es sich um eine anfechtbare Zahlung wegen inkongruenter Deckung (§§ 143 Abs. 1 und 2, 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO), so dass der Klageantrag in dieser Höhe begründet sei.
- 21
Die Zahlungen vom 7. Oktober 2010 und 11. September 2010 seien schon deshalb nicht nach §§ 130, 131 InsO anfechtbar, weil diese Zahlungen nicht innerhalb der 3-Monatsfrist vor Antragstellung erfolgt seien. Sie seien auch nicht nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar. Anfechtbar nach § 133 Abs. 1 InsO sei eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen habe, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners gekannt habe. Gemäß Satz 2 werde diese Kenntnis vermutet, wenn der andere Teil gewusst habe, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Für alle Insolvenzvoraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO trage der Insolvenzverwalter die Beweislast. Der Kläger habe keine hinreichenden Indizien dafür vorgetragen, dass der Beklagte im Zeitpunkt der beiden Zahlungen sowohl die drohende behauptete Zahlungsunfähigkeit wie auch die Gläubigerbenachteiligung gekannt habe. Die Behauptung des Schuldners, eine bestimmte Schuld nur in Raten zahlen zu können, impliziere die Zusage, leistungswillig und -fähig zu sein für die Höhe der jeweiligen Raten. Würde der Schuldner sich bei Zahlungsunfähigkeit zu einer Ratenzahlung verpflichten, bewegte er sich im strafrechtlich relevanten Bereich. Damit bedeute die Vereinbarung einer Ratenzahlung für den Gläubiger gerade nicht die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners. Aus diesem Umstand allein lasse sich nicht schließen, dass der Beklagte die behauptete Zahlungsunfähigkeit im Zeitpunkt der Zahlungen vom 7. Oktober 2010 und 11. September 2010 gekannt habe.
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Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz (Bl. 101 ff. d. A.) Bezug genommen.
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Das genannte Urteil ist dem Kläger zu Händen seines Prozessbevollmächtigten am 13. Mai 2013 zugestellt worden. Er hat hiergegen mit einem am 11. Juni 2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.
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Zur Begründung der Berufung macht der Kläger nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 112 ff. d. A.) zusammengefasst geltend,
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die Ratenzahlungserklärung werde vom Arbeitsgericht falsch interpretiert. Da der Schuldner ein Gewerbe betrieben habe, sei zu vermuten, dass der Beklagte von der Existenz weiterer Gläubiger auszugehen gehabt habe. Dass der Schuldner jene Gläubiger fristgerecht bedient habe, habe der Beklagte aufgrund der negativen Zahlungsabwicklung ihm gegenüber nicht vermuten können.
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Der Kläger beantragt,
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unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an ihn weitere 2.871,33 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14. Juni 2011 zu zahlen und das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 27. September 2012 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil, soweit die Klage teilweise abgewiesen wurde, nach Maßgabe seines Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 21. August 2013, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 135 ff. d. A.) als rechtlich zutreffend. Er trägt ergänzend vor, die Fahrzeuge seien auch gewartet und repariert worden. Andere Fahrer, die zuvor wie er auf ihren Lohn gewartet und diesen auch hätten einklagen müssen, hätten nach dem Hörensagen noch vor ihm diesen Lohn ausgezahlt bekommen.
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Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
- 32
Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.
II.
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In der Sache hatte die Berufung des Klägers keinen Erfolg.
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Der Beklagte ist nicht gemäß §§ 143 Abs. 1 S. 1 InsO in Verbindung mit § 130 Abs. 1 InsO bzw. in Verbindung mit § 133 Abs. 1 S. 1 InsO verpflichtet, weitere 2.871,33 € zur Insolvenzmasse zurückzugewähren.
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1. Der Beklagte hat keinen Anspruch gemäß § 143 Abs. 1 S. 1 InsO in Verbindung mit § 130 Abs. 1 InsO auf Rückzahlung zur Insolvenzmasse hinsichtlich der Zahlungen vom 11. September 2010 und 7. Oktober 2010.
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Er hat am 11. September 2010 den Betrag in Höhe von 1.000,00 € sowie am 7. Oktober 2010 den Betrag in Höhe von 1.871,33 € nicht durch eine anfechtbare Rechtshandlung im Sinn von § 130 Abs. 1 InsO erlangt. Diese beiden Zahlungen wurden nicht in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 26. Januar 2011 vorgenommen (§ 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InsO).
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2. Der Beklagte hat auch keinen Anspruch gemäß § 143 Abs. 1 S. 1 InsO in Verbindung mit § 133 Abs. 1 InsO auf Rückzahlung zur Insolvenzmasse.
- 38
Nach §§ 143 Abs. 1 S. 1, 133 Abs. 1 InsO anfechtbar ist eine Rechtshandlung (a), die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag (b) mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen (c), vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte (d).
- 39
a) Bei den angefochtenen Zahlungen handelt es sich um Rechtshandlungen des Schuldners im Sinn des § 133 Abs. 1 S. 1 InsO. Zwar unterliegen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen von Gläubigern als solche regelmäßig nicht der Anfechtung gemäß § 133 InsO. Zahlungen, die ein Schuldner freiwillig oder zur Abwendung der Zwangsvollstreckung an den Gerichtsvollzieher erbringt, sind aber selbst keine Zwangsvollstreckungsmaßnahmen von Gläubigern (vgl. § 754 ZPO). Sie sind Rechtshandlungen des Schuldners (BGH, Urt. v. 27. Mai 2003 - IX ZR 169/02 - NJW 2003, 3347, 3348). Der Umstand, dass ein Schuldner nur unter dem Druck der drohenden Zwangsvollstreckung zahlt, rechtfertigt keine Gleichsetzung dieser Leistungen des Schuldners mit Vermögenszugriffen, die durch Vornahme von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erfolgen.
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b) Durch die Zahlungen wurden die übrigen Gläubiger benachteiligt, § 129 Abs. 1 InsO, da die Insolvenzmasse durch die anfechtbare Handlung verkürzt worden ist und sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die fragliche Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGH, Urt. v. 27. Mai 2003 - IX ZR 169/02 - NJW 2003, 3347, 3348).
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c) Voraussetzung der Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO ist weiter, dass der Schuldner die Rechtshandlung mit Benachteiligungsvorsatz vorgenommen hat. Hierfür reicht sowohl bei inkongruenten als auch bei kongruenten Deckungsgeschäften aus, dass der Schuldner sich die Benachteiligung nur als möglich vorgestellt, sie aber in Kauf genommen hat, ohne sich durch die Vorstellung dieser Möglichkeit von seinem Handeln abhalten zu lassen (BGH, Urt. v. 8. Dezember 2005 - IX ZR 182/01 - Rz. 20). Der Bundesgerichtshof geht in der Regel davon aus, dass der Schuldner die angefochtenen Rechtshandlungen mit Benachteiligungsvorsatz vorgenommen hat, wenn er zur Zeit ihrer Wirksamkeit (§ 140 InsO) zahlungsunfähig war. Der Schuldner ist nach § 17 Abs. 2 S. 1 InsO zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nimmt an, dass regelmäßig Zahlungsunfähigkeit vorliegt, wenn die Liquiditätslücke des Schuldners 10 v. H. oder mehr beträgt, soweit nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass diese Lücke innerhalb von drei Wochen (fast) vollständig beseitigt werden wird und den Gläubigern ein solches Zuwarten zuzumuten ist (BGH, Urt. v. 8. Dezember 2005 - IX ZR 182/01 - Rz. 20 m. w. N.). Im vorliegenden Rechtsstreit kann offenbleiben, ob der Schuldner zur Zeit der Zahlungen vom 11. September 2010 und 7. Oktober 2010 zahlungsunfähig war und damit die angefochtenen Rechtshandlungen mit Benachteiligungsvorsatz vorgenommen hat. Jedenfalls hatte der Beklagte keine Kenntnis von einem etwaigen Vorsatz des Schuldners.
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d) Die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Vorsatz des Schuldners wird gemäß § 133 Abs. 1 S. 2 InsO vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Der Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hinweisen. Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Beurteilung die drohende Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt (BGH, Urt. v. 8. Oktober 2009 - IX ZR 173/07 - NZI 2009, 847 m. w. N.). Dass der Anfechtungsgegner wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit drohte und dass die Handlung die Insolvenzgläubiger benachteiligte, also ihre Befriedigung beeinträchtigte, hat der Insolvenzverwalter zu beweisen (BAG, Urt. v. 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10 - NZA 2012, 330, 336 m. w. N.). Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung hat der Tatrichter gemäß § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO unter Würdigung der maßgeblichen Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen. Insoweit können die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung, bei denen es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt, regelmäßig nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden. Die allgemeinen zivilprozessualen Grundsätze bezüglich der Beweislast und der freien Beweiswürdigung gelten auch im insolvenzrechtlichen Anfechtungsprozess (BAG, Urt. v. 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10 - NZA 2012, 330, 336 m. w. N.).
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Nach Auffassung der Kammer hatte der Beklagte bei den Lohnzahlungen vom 11. September 2010 und 7. Oktober 2010 keine Kenntnis von einem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und wusste auch nicht, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und die Zahlungen die anderen Gläubiger benachteiligten.
- 44
Die Kenntnis des Beklagten und seines Prozessbevollmächtigten von der zeitlichen Dauer und Höhe der eigenen Gehaltsrückstände und die Kenntnis früherer Lohnrückstände gegenüber anderen Arbeitnehmern ist im vorliegenden Fall kein ausreichendes Indiz dafür, dass er die (drohende) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder Umstände kannte, die zwingend auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hingewiesen haben. Dies zumal der Beklagte als Omnibusfahrer keinen Einblick in die Finanzbuchhaltung und damit in die Liquiditäts- oder Zahlungslage des Schuldners hatte. Die Kenntnis von den Lohnrückständen verschaffte dem Beklagten nicht den erforderlichen Gesamtüberblick über die Liquiditäts- oder Zahlungslage des Unternehmens des Schuldners. Insbesondere war für ihn nicht erkennbar, ob die Lohnrückstände gegenüber allen Arbeitnehmern gleich ausgeprägt waren, ob daneben sonstige Außenstände (zum Beispiel gegenüber dem Fiskus, Sozialversicherungsträgern, Versicherungen oder Banken) in welcher Höhe bestanden und welchen Anteil die Lohnrückstände an den insgesamt fälligen Geldforderungen hatten. Für die Annahme zwingend auf Zahlungsunfähigkeit schließen lassender Tatsachen ist dies aber erforderlich, weil der Gläubiger wissen muss, dass der Schuldner von seinen als fällig eingeforderten Verbindlichkeiten einen nicht unwesentlichen Teil derzeit nicht erfüllen kann und auch keine konkreten Aussichten hat, hierfür ausreichende und verwendbare Geldmittel in den nächsten drei Wochen zu erlangen (vgl. BGH, Urt. v. 19. Februar 2009 - IX ZR 62/08 - NJW 2009, 1202, 1204 m. w. N.).
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Außerdem nutzte der Schuldner modernste und neueste Fahrzeuge, die auch gewartet und repariert wurden. Unstreitig wurden die Busse erst im Januar 2011, also nach den angefochtenen Zahlungen zurückgenommen. Der Beklagte konnte daher davon ausgehen, dass der Schuldner entweder über Betriebsvermögen in Form der Busse verfügte oder aber ihm diese weiterhin von einem Dritten gegen Zahlung von monatlichen Beträgen überlassen wurden.
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Schließlich gab der Schuldner gegenüber dem Kläger bzw. seinem Prozessbevollmächtigten (§ 166 BGB) durch die vergleichsweise Vereinbarung von Raten zu erkennen, dass er sich zwar in einem momentanen Zahlungsengpass befand, er diesen Engpass aber als vorübergehend betrachtete und sich in der Lage sah, seine Außenstände gegenüber dem Beklagten zur vereinbarten Zeit auszugleichen.
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Die Berufung des Klägers hatte daher keinen Erfolg.
III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung nach § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben.
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