Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (2. Kammer) - 2 Sa 170/16
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 17.03.2016 - 6 Ca 1050/15 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des vorbezeichneten Urteils zur Klarstellung wie folgt gefasst wird:
1. Die Beklagte wird verurteilt, zugunsten der Klägerin über die tatsächlich geleisteten Beitragszahlungen zur Direktversicherung gemäß § 5 des Tarifvertrags über eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung hinaus für den Zeitraum von Juni 2013 bis Februar 2016 insgesamt 2.699,73 EUR an die G. Lebensversicherung AG (...-...-...-…- Lebensversicherung Nr. 0-00.000.000-0) zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, zugunsten der Klägerin ab März 2016 Beiträge zur Direktversicherung an die G. Lebensversicherung AG (...-...-...-…- Lebensversicherung Nr. 0-00.000.000-0) in Höhe von 81,81 EUR monatlich zu zahlen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über Ansprüche der Klägerin auf Zahlung von Lebensversicherungsbeiträgen auf eine Direktversicherung.
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Die Klägerin ist aufgrund Arbeitsvertrags vom 17. November/04. Dezember 1998 (Bl. 13 bis 16. d. A.) seit dem 15. November 1998 als Pflegekraft bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin, der K Sozialdienste gGmbH, beschäftigt. Der zwischen der Klägerin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten abgeschlossene Arbeitsvertrag enthält in § 14 folgende Regelung:
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"§ 14 Für die Arbeitsbedingungen im Übrigen gelten die Bestimmungen des Tarifvertrages zwischen der K Sozialdienste gGmbH in Rheinland-Pfalz und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), Bezirksverwaltung Rheinland-Pfalz, in Kraft seit 01. Juli 1990, längstens jedoch bis zum Zustandekommen eines Tarifvertrages für das jeweilige Tarifgebiet oder die jeweilige Einrichtung. Ab diesem Zeitpunkt gelten dann die Bestimmungen des geschlossenen Tarifvertrages. Dies betrifft dann auch §9 dieses Arbeitsvertrages. Der Arbeitgeber hält diesen Tarifvertrag zur jederzeitigen Einsichtnahme durch den Arbeitnehmer für diesen bereit. Soweit der jeweils gültige Tarifvertrag Regelungen nicht enthält, gelten die gesetzlichen Bestimmungen. Außerdem gelten das Heimgesetz und die dazugehörigen Rechtsverordnungen sowie die vom Träger erlassenen Dienstanweisungen und Hausordnungen in der jeweils neuesten Fassung."
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Am 07. Juli 1998 schloss die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit der Gewerkschaft ÖTV einen am 01. Juni 1998 in Kraft getretenen Tarifvertrag ab, der in § 5 folgende Regelung enthält:
- 5
"§ 5 Beitragszahlung
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1. Der Arbeitgeber leistet die Beiträge zur Direktversicherung zzgl. pauschalierter Lohnsteuer nach § 40 b EStG (einschließlich pauschaler Kirchensteuer und ggf. Solidarbeitrag) in folgenden Stufen:
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Stufe 1: 100,00 DM monatlich für alle Arbeitnehmer ab dem siebten Monat nach Betriebseintritt.
Stufe 2: 120,00 DM monatlich für alle Arbeitnehmer ab 42 Monaten (3 ½ Jahren) Betriebszugehörigkeit.
Stufe 3: 160,00 DM monatlich für alle Arbeitnehmer ab 78 Monaten (6 ½ Jahren) Betriebszugehörigkeit.
Stufe 4: 160,00 DM monatlich für alle Arbeitnehmer, die zum Beginn des Versorgungswerkes oder zum Tätigkeitsbeginn das 50. Lebensjahr vollendet haben (nicht additiv, wenn Voraussetzungen der Stufe 3 und 4 zusammenfallen).
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2. Für Arbeitnehmer, welche die Hälfte oder weniger als die Hälfte der tarifvertraglich vereinbarten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit arbeitsvertraglich vereinbart haben, wird die Hälfte der in Absatz 1 genannten Beiträge geleistet. Die Versicherungsleistung verringert sich entsprechend.
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3. Die Beiträge werden von dem Arbeitgeber nur so lange gezahlt, wie Anspruch auf Vergütung besteht. Nach Ende der Lohnfortzahlung bei längerer Krankheit oder im Erziehungsurlaub ruht die Beitragszahlung der Einrichtung."
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Auf der Grundlage dieses Tarifvertrages hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten im Jahre 1999 zugunsten der Klägerin einen Lebensversicherungsvertrag (Versicherungs-Nr. 0-00.000.000-0) in Form einer Direktversicherung abgeschlossen (Bl. 26 - 28 d.A.). Hierauf hat die Beklagte zugunsten der Klägerin für die Zeit vom 01. Mai 1999 bis 30. November 2006 insgesamt Beiträge in Höhe von 5.215,48 EUR an die G. Lebensversicherung AG gezahlt, und zwar für die ersten drei Jahre ab dem 01. Mai 1999 insgesamt 1.840,68 EUR (36 Monate x 100,00 DM/51,13 EUR) und ab dem 01. Mai 2002 bis 30. November 2006 insgesamt 3.374,80 EUR (55 Monate x 120,00 DM/61,36 EUR). In der Zeit vom 19. Mai 2003 bis 31. Mai 2013 befand sich die Klägerin aufgrund einer ununterbrochenen Arbeitsunfähigkeit außerhalb der Lohnfortzahlung. Mit Schreiben vom 25. November 2015 (Bl. 35 d. A.) teilte die G. Lebensversicherung AG, M-Stadt, unter dem Betreff "...-...-...-…- Lebensversicherung Nr. 0-00.000.000-0" der Klägerin als versicherte Person mit, dass ihr Vertrag bis zum 30. November 2006 bezahlt sei und seither beitragsfrei bestehe.
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Mit ihrer beim Arbeitsgericht Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - erhobenen Klage hat die Klägerin zuletzt die Zahlung der Beiträge zur Direktversicherung an die G. Lebensversicherung AG für die Zeit von Juni 2013 bis Februar 2016 in Höhe von insgesamt 2.699,73 EUR geltend gemacht und für die Zeit danach ab März 2016 die monatliche Zahlung der Beiträge in Höhe von 81,81 EUR verlangt.
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Wegen des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 17. März 2016 - 6 Ca 1050/15 - Bezug genommen.
- 13
Mit dem vorgenannten Urteil hat das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt, über die tatsächlich geleisteten Beitragszahlungen zur Direktversicherung gemäß § 5 des Tarifvertrages über eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung hinaus für den Zeitraum ab April 2013 bis Februar 2016 2.699,73 EUR nachzuentrichten und für die Klägerin Beiträge zur Direktversicherung in Höhe von mindestens 81,81 EUR monatlich zu entrichten.
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Gegen das ihr am 06. April 2016 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 03. Mai 2016, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, Berufung eingelegt und diese nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 20. Juni 2016 mit Schriftsatz vom 20. Juni 2016, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet.
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Sie trägt vor, das Arbeitsgericht habe rechtsfehlerhaft verkannt, dass sie für die Klägerin die entsprechenden Beiträge bereits geleistet habe, so dass die nunmehr geltend gemachten Ansprüche erfüllt seien. Dabei habe das Arbeitsgericht nicht hinreichend gewürdigt, dass die Beitragszahlung durch pauschale Abschläge erfolgt sei. Dies sei erforderlich gewesen, weil die Mitarbeiterzahl durch Kündigungen bzw. sonstige Fluktuation geschwankt habe, so dass die Prämien erst nach Ablauf der Versicherungsperiode exakt hätten taxiert werden können. Die von ihr gezahlten Abschläge seien in regelmäßigen Abständen abgerechnet und die exakte Höhe der Versicherungsprämie kalkuliert worden. Im Hinblick darauf, dass sich die Klägerin unstreitig in der Zeit vom 19. Mai 2003 bis 31. Mai 2013 außerhalb der Lohnfortzahlung befunden habe, habe sie in dieser Zeit ihre Berufserfahrung nicht erweitern können, so dass sie gemäß § 5 des Tarifvertrages über eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung erst am 11. Juni 2016 in die Beitragsstufe 3 aufgestiegen wäre. Nach Sinn und Zweck der Regelung sollten Arbeitnehmer, die regelmäßig gearbeitet hätten und über mehr Berufserfahrung verfügten, deshalb einen höheren Betrag zur betrieblichen Altersversorgung erhalten. Zeiten außerhalb der Lohnfortzahlung sollten demnach nicht unter dem Begriff der "Betriebszugehörigkeit" fallen. Danach würde sich für die Zeit vom 01. Mai 1999 bis 31. Dezember 2015 ein Gesamtanspruch zugunsten der Klägerin in Höhe von 4.659,91 EUR ergeben, der sich aus einem Anspruch in Höhe von 1.840,68 EUR für die ersten drei Jahre ab dem 01. Mai 1999 (36 Monate x 100,00 DM/51,13 EUR), weiteren 736,32 EUR für die Zeit vom 01. Mai 2002 bis 30. April 2003 (12 Monate x 120,00 DM/61,36 EUR), 37,60 EUR für die 19 Tage Lohnfortzahlung im Mai 2003 und insgesamt 2.045,31 EUR für die Zeit vom 01. Juni 2013 bis 31. Dezember 2015 (01. Juni 2013 bis 31. Mai 2015 = 24 Monate x 61,36 EUR = 1.472,64 EUR und ab 01. Juni bis 31. Dezember 2015 = 7 Monate x 81,81 EUR = 572,64 EUR) errechne. Selbst wenn man der Auffassung des Arbeitsgerichts folgen und den Höchstbetrag von 81,81 EUR monatlich zugrunde legen würde, hätte die Klägerin für den Zeitraum vom 01. Juni 2013 bis 31. Dezember 2015 einen Anspruch auf Zahlung von 2.536,11 EUR (31 Monate x 81,81 EUR), wonach sich ein Gesamtanspruch zugunsten der Klägerin in Höhe von 5.150,71 EUR ergeben würde. Im Hinblick darauf, dass sie unstreitig bereits für die Klägerin insgesamt Beiträge in Höhe von 5.215,48 EUR für die Zeit ab dem 01. Mai 1999 bis zum 30. November 2006 gezahlt habe, habe die Klägerin für den Zeitraum bis jedenfalls einschließlich Dezember 2015 keinen Anspruch auf Nachentrichtung etwaiger Beitragszahlungen, was das Arbeitsgericht verkannt habe. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts seien die von ihr geleisteten Beitragszahlungen insgesamt zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen. Dem würden weder Verjährungsfristen noch Verfallfristen entgegenstehen. Dabei habe das Arbeitsgericht verkannt, dass sie nicht einzelne Beiträge für einzelne Mitarbeiter gezahlt habe, sondern dass die Beitragszahlung durch pauschale Abschläge für sämtliche anspruchsberechtigten Arbeitnehmer erfolgt sei. Es komme weder auf etwaige Verjährungs- oder Ausschlussfristen noch auf einen etwaigen Rückzahlungsanspruch an. Sie habe mit ihren Beitragszahlungen keine Leistung unmittelbar an die Klägerin erbracht, so dass § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht einschlägig sein dürfte. Vielmehr habe sie ihre vertraglichen Verpflichtungen aus dem Versicherungsverhältnis gegenüber der V. Lebensversicherung AG bzw. der G. Versicherung erfüllt. Sie habe mithin keine Leistungen in Form von Beitragszahlungen an die Klägerin erbracht. Der Klägerin stehe lediglich ein Bezugsrecht unmittelbar gegen die Versicherung zu. Ein Anspruch auf Auszahlung entstehe erst im Versorgungsfall. Sie habe hierbei dafür Sorge getragen, dass die entsprechenden geschuldeten Beiträge der Klägerin gezahlt würden, so dass ihr im Bezugsfall der geschuldete Betrag ausgezahlt werde. Nach der Auffassung des Arbeitsgerichts würden der Klägerin im Falle einer Verpflichtung zur weiteren Zahlung im Versorgungsfall höhere Beträge ausgezahlt werden, als ihr tatsächlich zustehen würden. Dies wäre unbillig und würde auch gegen Treu und Glauben verstoßen. Im Übrigen seien im Tarifvertrag über eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung keine Fälligkeitsregelungen für die Beitragszahlungen und auch keine Ausschlussfristen enthalten. Lediglich vorsorglich sei mit einer Überzahlung die Aufrechnung erklärt worden. Im Übrigen könne sich die Klägerin auch nach Treu und Glauben nicht auf eine etwaige Verjährung berufen.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 17. März 2016 - 6 Ca 1050/15 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie erwidert, entgegen der Ansicht der Beklagten sei unerheblich, dass diese pauschale Abschläge gezahlt habe. § 5 des Tarifvertrages gehe davon aus, dass der Arbeitgeber die gestaffelten Beiträge monatlich leiste. Soweit die Beklagte offenbar zur Verwaltungsvereinfachung Pauschalleistungen an die Versicherung erbracht habe und ihr dabei Fehler unterlaufen seien, verblieben diese in der Risikosphäre der Beklagten. Ihr Anspruch auf Zahlung der monatlichen Beiträge sei durch diese Praxis in der Vergangenheit nach dem Vortrag der Beklagten für Zeiten erfolgt, in denen sie keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung mehr gehabt habe. Damit seien die Beiträge offenbar irrtümlich mit der Folge eines Rückzahlungsanspruchs nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB geleistet worden, der unmittelbar mit dem Zufluss bei der G. Versicherung entstanden sei. Ab diesem Zeitpunkt seien die Verfalls- und Verjährungsfristen in Lauf gesetzt worden. Mithin sei der Rückforderungsanspruch verjährt. § 215 BGB greife im vorliegenden Fall nicht ein, weil es an einer Aufrechnungslage in unverjährter Zeit fehle. Die Argumentation der Beklagten, dass Zeiten außerhalb der Entgeltfortzahlung nicht unter die Betriebszugehörigkeit fallen sollten, finde im geltenden Arbeitsrecht keine Grundlage. Dem von der Beklagten angeführten Rechtsgedanken werde durch § 5 Abs. 3 des Tarifvertrages und nicht durch die stufenweise Anhebung in Abs. 2 Rechnung getragen. Soweit die Beklagte behaupte, dass sie nur bis einschließlich Dezember 2015 keinen Anspruch auf Nachentrichtung etwaiger Beitragszahlungen habe, sei die Berufung in Bezug auf den nachfolgenden Zeitraum bereits nach dem Vortrag der Beklagten unbegründet.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung der Beklagten ist teilweise bereits unzulässig und im Übrigen unbegründet.
I.
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Die Berufung ist in Bezug auf den Klageantrag zu 2, mit dem die Klägerin ab März 2016 die Zahlung der monatlichen Beiträge in Höhe von 81,81 EUR an die G. Lebensversicherung AG geltend macht, nur insoweit zulässig, als unter Zugrundelegung der Berufungsbegründung der Beklagten hinsichtlich der bis zum letzten Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 12. Januar 2017 fälligen Beträge noch ein überzahlter Betrag in Höhe von 391,95 EUR in Abzug zu bringen wäre. Im Übrigen hat die Beklagte das erstinstanzliche Urteil nicht angegriffen, so dass die Berufung insoweit mangels einer den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO entsprechenden Berufungsbegründung unzulässig ist.
- 24
Im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vom 12. Januar 2017 waren die geltend gemachten Beiträge bis Dezember 2016 fällig. Der Antrag zu 2. umfasst mithin sowohl die fälligen Beiträge für die Monate März bis Dezember 2016 in Höhe von 818,10 EUR (10 Monate x 81,81 EUR) als auch darüber hinaus die künftige Entrichtung der Beiträge in Höhe von monatlich 81,81 EUR (ab Januar 2017). Nach der Berufungsbegründung der Beklagten soll für die Zeit bis 31. Dezember 2015 ein Gesamtanspruch der Klägerin in Höhe von 4.659,91 EUR entstanden sein. Bei dieser Berechnung ist die Beklagte davon ausgegangen, dass ihrer Ansicht nach die Klägerin aufgrund der nicht als Betriebszugehörigkeit zu berücksichtigenden Zeiten ohne Lohnfortzahlung erst am 11. Juni 2015 in die Beitragsstufe 3 aufgestiegen wäre. Im Übrigen hat sich die Beklagte nur insoweit gegen die vom Arbeitsgericht zuerkannten Klageansprüche gewandt, als ihrer Ansicht nach der in der Zeit vom 01. Mai 1999 bis 30. November 2006 geleistete Gesamtbetrag in Höhe von 5.215,48 EUR von dem errechneten Gesamtanspruch der Klägerin in Höhe von 4.659,91 EUR für die Zeit vom 01. Mai 1999 bis 31. Dezember 2015 in Abzug zu bringen sein soll, wonach bis 31. Dezember 2015 eine Überzahlung in Höhe von 555,57 EUR (5.215,48 EUR - 4.659,91 EUR = 555,57 EUR) eingetreten wäre. Abzüglich der für Januar und Februar 2016 geschuldeten Beiträge in Höhe von insgesamt 163,62 EUR (2 x 81,81 EUR), die Gegenstand des Antrags zu 1. sind, verbleibt unter Zugrundelegung der Auffassung der Beklagten für die Zeit ab März 2016 (Klageantrag zu 2.) noch ein überzahlter Betrag in Höhe von 391,95 EUR. Auch nach einer Verrechnung dieses Betrags mit den in der Zeit von März bis Dezember 2016 fällig gewordenen Beiträgen in Höhe von insgesamt 818,10 EUR würde noch ein Anspruch auf rückständige Beiträge in Höhe von 426,15 EUR verbleiben. Soweit der Klageantrag zu 2. mithin rückständige Beträge aus der Zeit bis Dezember 2016 in Höhe von 426,15 EUR erfasst und darüber hinaus als künftige Leistungen (ab Januar 2017) die monatlichen Beiträge in Höhe von 81,81 EUR zum Gegenstand hat, ist die Berufung der Beklagten bereits unzulässig, weil insoweit das erstinstanzliche Urteil nach der Berufungsbegründung der Beklagten nicht mit einem ordnungsgemäß begründeten Berufungsangriff in Frage gestellt worden ist. Danach ist vom Berufungsgericht nicht zu prüfen, ob für den Klageantrag zu 2. die Voraussetzungen des § 259 ZPO vorliegen, soweit er auch die nach dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht künftig fällig werdenden Beitragszahlungen umfasst.
II.
- 25
Soweit die Berufung hinsichtlich der mit der Klage geltend gemachten rückständigen Beiträge zulässig ist, hat sie keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klägerin ab Juni 2013 die fälligen Beträge in Höhe von monatlich 81,81 EUR beanspruchen kann und die Beklagte nicht berechtigt ist, hiermit eine aus der Zeit bis zum 30. November 2006 eingetretene Überzahlung zu verrechnen.
- 26
1. Die Beklagte ist nach § 5 Ziffer des unstreitig auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren Tarifvertrags über eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung vom 07. Juli 1998 für den streitgegenständlichen Zeitraum ab Juni 2013 verpflichtet, die monatlich fällig gewordenen Beiträge zur Direktversicherung in Höhe von 81,81 EUR nach der Stufe 3 an die G. Lebensversicherung AG zu zahlen.
- 27
Die Stufe 3 gilt nach der tariflichen Regelung für alle Arbeitnehmer ab 78 Monaten (6 ½ Jahre) Betriebszugehörigkeit. Maßgeblich für die Betriebszugehörigkeit ist der rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses. Entgegen der Ansicht der Beklagten bewirkt der Umstand, dass sich die Klägerin in der Zeit vom 19. Mai 2003 bis 31. Mai 2013 außerhalb der Lohnfortzahlung befunden hat, keine Unterbrechung der Betriebszugehörigkeit mit der Folge, dass dieser Zeitraum nicht auf die Betriebszugehörigkeit anzurechnen sein soll. Vielmehr hat dies nach § 5 Ziff. 3 des Tarifvertrags lediglich zur Folge, dass mangels Anspruchs auf Vergütung die Beitragszahlung ruht, ohne dass die Tarifvertragsparteien eine Unterbrechung der Betriebszugehörigkeit für die Zeiten des Ruhens der Beitragszahlung geregelt haben. Das Arbeitsgericht ist deshalb zu Recht davon ausgegangen, dass der Klägerin ab Juni 2013 ein Anspruch auf monatliche Beiträge in Höhe von 81,81 EUR entsprechend der Stufe 3 zusteht.
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2. Weiterhin hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, eine Überzahlung aufgrund der in der Zeit vom 01. Mai 1999 bis 30. November 2006 geleisteten Beiträge mit dem Klageanspruch zu verrechnen.
- 29
a) Nach dem eindeutigen Wortlaut der in § 5 Ziff. 1 des Tarifvertrags gestaffelt festgelegten Beitragszahlung ist der Arbeitgeber zur Leistung von monatlichen Beiträgen verpflichtet. Das wird auch durch den Gesamtzusammenhang mit der in § 5 Ziff. 3 des Tarifvertrags getroffenen Regelung bestätigt, aus der sich entnehmen lässt, dass die Beitragszahlung mit dem (monatlichen) Anspruch auf Vergütung korrespondiert. Soweit von der Beklagten in der Zeit vom 01. Mai 1999 bis 30. November 2006 in den ersten 36 Monaten monatliche Beiträge in Höhe von 51,13 EUR und in den nächsten 55 Monaten ab dem 01. Mai 2002 bis 30. November 2006 monatliche Beiträge in Höhe von 61,36 EUR gezahlt worden sind, hat die Beklagte diese Beiträge zur Erfüllung ihrer (vermeintlichen) Verpflichtung gegenüber der Klägerin nach § 5 des Tarifvertrages in diesem Zeitraum geleistet. Dabei ist unerheblich, dass die Beitragszahlung nach dem Vortrag der Beklagten durch pauschale Abschläge für sämtliche anspruchsberechtigten Arbeitnehmer erfolgte. Diese vereinfachte Zahlungsweise ändert nichts daran, dass die von der Beklagten geleistete Beitragszahlung in Höhe von 5.215,48 EUR für die Zeit vom 01. Mai 1999 bis 30. November 2006 erfolgt war und dementsprechend auch von der G. Lebensversicherung AG mit Schreiben vom 25. November 2015 mitgeteilt wurde, dass der Vertrag bis zum 30. November 2006 bezahlt ist und seither beitragsfrei besteht. Die Beklagte hat die Beiträge nicht etwa als Vorauszahlungen, sondern zur Erfüllung des tariflichen Anspruchs auf monatliche Beitragszahlungen für die Zeit vom 01. Mai 1999 bis 30. November 2006 gezahlt. Den in der Vergangenheit zur Erfüllung der monatlichen Beitragspflicht nach § 5 des Tarifvertrags geleisteten Zahlungen kann die Beklagte nicht rückwirkend eine andere Tilgungsbestimmung nach § 366 Abs. 1 BGB zuordnen. Eine Tilgungsbestimmung muss nach § 366 Abs. 1 BGB bei der Leistung erfolgen. Eine nachträgliche Tilgungsbestimmung ist unwirksam, wenn sie - wie hier - nicht ausdrücklich oder konkludent vorbehalten war (BGH 26. März 2009 - I ZR 44/06 - Rn. 46, NJW-RR 2009, 1053).
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b) Der (hilfsweise) geltend gemachte Aufrechnungseinwand der Beklagten ist unbegründet.
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Zwar hat die Beklagte in der Zeit bis zum 30. November 2006 die Beiträge zur Erfüllung ihrer tariflichen Verpflichtung gegenüber der Klägerin an die G. Lebensversicherung AG geleistet hat, obwohl der Klägerin ab dem 19. Mai 2003 kein Lohnfortzahlungsanspruch und deshalb nach § 5 Ziffer 3 des Tarifvertrags auch kein Anspruch auf die Beiträge zustand. Einem Anspruch der Beklagten aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf Rückzahlung dieser ohne Rechtsgrund zugunsten der Klägerin geleisteten Beiträge steht aber die Einrede der Verjährung entgegen, so dass er nach § 390 BGB grundsätzlich nicht gegen die Klageforderungen zur Aufrechnung gestellt werden kann.
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Nach § 215 BGB schließt die Verjährung eine Aufrechnung nur dann (in Ausnahme zu § 390 BGB) nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet werden konnte. Im Streitfall ist jedoch der Rückforderungsanspruch spätestens mit Ablauf des Jahres 2009 und damit vor Eintritt der Aufrechnungslage verjährt. Die Verjährung des Rückerstattungsanspruchs hat hinsichtlich der bis 30. November 2006 geleisteten Beiträge spätestens mit Ablauf des Jahres 2006 begonnen (§ 199 Abs. 1 BGB) und ist danach mit Ablauf der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) zum Ende des Jahres 2009 eingetreten. Die 30-jährige Verjährungsfrist nach § 18 a Satz 1 BetrAVG gilt nur für den Anspruch auf Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung, während andere Ansprüche wie etwa Erstattungsansprüche des Arbeitgebers wegen rechtsgrundlos zugunsten des Arbeitnehmers geleisteter Beiträge der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB unterliegen. Da die Klageansprüche erst ab Juni 2013 und damit nach der spätestens mit Ablauf des Jahres 2009 eingetretenen Verjährung des Rückzahlungsanspruchs entstanden sind, hat eine Aufrechnungslage in unverjährter Zeit gemäß der zutreffenden Annahme des Arbeitsgerichts nicht bestanden. Die von der Klägerin erhobene Verjährungseinrede verstößt auch nicht gegen das Verbot unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 BGB). Soweit die Beklagte darauf verwiesen hat, dass der Klägerin ohne Berücksichtigung der (überzahlten) Beitragszahlungen im Versorgungsfall höhere Beträge ausgezahlt werden, als ihr tatsächlich zustehen würden, handelt es sich um eine Folge, die nicht etwa auf einem treuwidrigen Verhalten der Klägerin beruht, sondern aus den von der Beklagten nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums versehentlich weitergezahlten und dann nicht mehr rechtzeitig zurückgeforderten Beiträge resultiert.
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Im Hinblick darauf, dass mit der Klage nach der Klagebegründung die Zahlung der Beiträge zur Direktversicherung an die G. Lebensversicherung auf die in deren Schreiben vom 25. November 2015 (Bl. 35 d. A.) bezeichnete Lebensversicherung mit der angegebenen Versicherungsnummer begehrt wird und der zuletzt gestellte Antrag zu 1. nach der Erklärung der Klägerin im Kammertermin vom 17. März 2016 vor dem Arbeitsgericht den Zeitraum von Juni 2013 (nicht: April 2013) bis Februar 2016 sowie der Antrag zu 2. die Zeit danach ab März 2016 zum Gegenstand hat, ist der Tenor des erstinstanzlichen Urteils entsprechend klargestellt worden.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
- 35
Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.
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Referenzen
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