Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (8. Kammer) - 8 Sa 408/16

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Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 04.08.2016 - 9 Ca 782/16 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Die Parteien streiten über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses und daraus resultierender Zahlungsansprüche (Vergütung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Annahmeverzugslohn).

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Mit Schreiben vom 25.09.2015 (Bl. 41 d.A.) bewarb sich die Klägerin auf ein Inserat der D-Haus Vertriebs GmbH. bei dieser als Immobilienverkäuferin. Es kam deshalb in den Geschäftsräumen der D.-Haus Vertriebs GmbH (zugleich die Geschäftsräume der D. Immobilien-Vertriebs GmbH) zu einem Gespräch der Klägerin mit dem Beklagten. Der Beklagte war seinerseits im Oktober 2015 in diesen Geschäftsräumen als freier Handelsvertreter tätig. Ab dem 05.10.2015 war anschließend auch die Klägerin regelmäßig in diesen Räumlichkeiten anwesend, sie nahm darüber hinaus teil an der Besichtigung von Häusern, zugleich kam es zwischen dem 14.10.2015 und dem 18.12.2015 zum Austausch zahlreicher Textnachrichten der Parteien über den Dienst "WhatsApp".

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Am 13. und 17.11.2015 erhielt die Klägerin vom Konto des Beklagten Einzelüber-weisungen in Höhe von 500,00 Euro sowie 1.000,00 Euro mit den angezeigten Verwendungszwecken "Provision Anzahlung" sowie "Provision Anzahlung Rest".

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Ab dem 19.11.2015 bis zum 07.03.2016 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt.

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Weitere Zahlungen erfolgten nicht, weshalb die Klägerin schließlich die vorliegende dem Beklagten am 25.07.2016 zugestellte Zahlungsklage für die Monate November 2015 und Dezember 2015 einreichte, die sie mit dem Beklagten am 27.07.2016 zugestellten weiterem Schriftsatz vom 21.07.2016 noch um den Zeitraum vom 07.03.2016 bis 30.06.2016 erweiterte.

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Die Klägerin hat vorgetragen,
seit dem 05.10.2015 sei sie bei dem Beklagten als Immobilienberaterin/ Immobilienverkäuferin gegen ein monatliches Gehalt in Höhe von 1.500,00 Euro netto mit daraus resultierenden 2.247,44 Euro brutto beschäftigt gewesen. Weiter sei zwischen den Parteien vereinbart worden, dass sie im Rahmen einer 40-Stunden-Woche montags bis freitags in der Zeit von 09.00 bis 18.00 Uhr mit einer einstündigen Mittagspause zwischen 12.00 Uhr und 13.30 Uhr für den Beklagten tätig sei. Sie sei damit beschäftigt gewesen, für den Beklagten Marktrecherche zu betreiben, Immobilien zu besichtigen, Exposés über die von ihr in Augenschein genommenen Objekte zu erstellen sowie die Facebookseite des Beklagten zu pflegen. Während ihrer sechswöchigen Tätigkeit vor ihrer Erkrankung im November 2015 habe sie etwa 25 zum Kauf oder Verkauf anstehende Objekte betreut und mit einer Reihe potentieller Kunden selbständig Gespräche geführt. Soweit sie für die von ihr wahrgenommenen Aufgaben nicht die Räume der D-Haus Vertriebs GmbH. habe verlassen müssen, seien ihre Tätigkeiten in der Zeit von 09.00 bis 18.00 Uhr ausgeübt worden.

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Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

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den Beklagten zu verurteilen, an sie 12.996,07 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit jeweiliger Rechtshängigkeit zu zahlen.

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Der Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen,

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Der Beklagte hat vorgetragen,
er habe nur im Namen der D-Haus Vertriebs GmbH . mit der Klägerin nach deren Bewerbung ein erstes Orientierungsgespräch geführt und ihr dabei mitgeteilt, dass die Firma D. Haus Vertriebs GmbH nur freie Mitarbeiterverträge abschließe. In der Folge habe der Geschäftsführer J. der D.-Haus Vertriebs GmbH der Klägerin erklärt, die D.-Haus Vertriebs GmbH sei bereit, die Klägerin einzustellen, sofern es zu der von der Klägerin in Aussicht gestellten Zahlung von Zuschüssen durch die LVA zur Wiedereingliederung der Klägerin in das Arbeitsleben komme. Ferner habe der Geschäftsführer der D. Haus-Vertriebs GmbH angeboten, zunächst den Geschäftsbetrieb der D.-Haus Vertriebs GmbH. kennen zu lernen und zu hospitieren. Zugleich sei allerdings zwischen dem Geschäftsführer J. der D.-Haus Vertriebs GmbH und der Klägerin vereinbart gewesen, dass die Klägerin auf jeden Fall im Anschluss die Möglichkeit erhalten werde als freiberufliche Handelsvertreterin für die D.-Haus Vertriebs GmbH. tätig werde. Deshalb sei auch von ihm - dem Beklagten - im Auftrag der D.-Haus Vertriebs GmbH. die Provisionsanzahlung in Höhe von insgesamt 1.500,00 Euro weitergeleitet worden.

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Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 04.08.2016 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die im richtigen Rechtsweg erhobene Zahlungsklage sei unbegründet, weil die Klägerin kein zwischen ihr und dem Beklagten begründetes Vertragsverhältnis, mithin auch kein Arbeitsverhältnis, habe belegen können.

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Gegen dieses am 17.09.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am 19.09.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 24.10.2016 verlängerten Begründungsfrist mit am 24.10.2016 eingegangenem Schriftsatz begründet.

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Die Klägerin macht geltend,
die Klägerin sei in keiner Art und Weise für die D.-Haus Vertriebs GmbH tätig gewesen. Ihr Ansprechpartner sei der Beklagte gewesen, von diesem sei sie stets hinsichtlich ihrer Tätigkeiten angewiesen worden. Sie habe mit dem Beklagten in einem Arbeitsverhältnis gestanden. Zumindest seien jedoch die Ansprüche unter dem Gesichtspunkt des Handelns als Vertreter ohne Vertretungsmacht begründet, da der Beklagte – insoweit unstreitig – nicht zur Einstellung bevollmächtigt gewesen sei.

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Die Klägerin beantragt,

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das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 04.08.2016 – Aktenzeichen: 9 Ca 782/16 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 12.996,07 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit jeweiliger Rechtshängigkeit zu zahlen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend und verweist hierzu insbesondere erneut auf den Umstand, dass er lediglich ein erstes Orientierungsgespräch mit der Klägerin geführt habe und daher weder für sich noch für die D.-Vertriebs-GmbH einen Vertrag abgeschlossen habe.

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Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

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Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

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Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Denn das Arbeitsgericht ist im Ergebnis und in der Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass zwischen den Parteien kein Arbeitsvertrag zustande gekommen ist. Aus diesem Grund besteht auch weder ein Anspruch auf Entgelt (§ 611 Abs. 1 BGB) bzw. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle (§ 3 Abs. 1 EFZG) für die Monate November 2015 und Dezember 2015 noch ein solcher auf den geltend gemachten Annahmeverzugslohn für die Zeit vom 07.03.2016 bis 30.06.2016 aus § 611 Abs. 1 i.V.m. § 615 S. 1 BGB gegen den Beklagten.

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1. Zwischen den Parteien bestand kein Arbeitsverhältnis. Die Klägerin konnte ein solches nicht belegen, wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat.

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a) Nach den vom Bundesarbeitsgericht zur Abgrenzung eines Arbeitsverhältnisses von dem Rechtsverhältnis eines freien Dienstnehmers aufgestellten Grundsätzen unterscheiden sich beide durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 HGB). Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Ob ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis besteht, zeigt der wirkliche Geschäftsinhalt. Zwingende gesetzliche Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben. Welches Rechtsverhältnis vorliegt, ist anhand einer Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls zu ermitteln, der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist Letztere maßgebend. Abstrakte, für alle Arbeitsverhältnisse geltende Merkmale lassen sich nicht aufstellen (std. Rspr. vgl. BAG z.B. 21.07.2015 – 9 AZR 484/14, NZA-RR 2016, 334, 346 m.w.N.).

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Die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Umstände, aus denen sich das Arbeitsverhältnis und die Arbeitnehmereigenschaft ergeben, liegt nach allgemeinen Grundsätzen beim Anspruchssteller und damit vorliegend bei der Klägerin.

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b) Ausgangspunkt jeglicher Prüfung ist zunächst der geschlossene Vertrag über die zu erbringenden Dienste. Es bedarf eines Vertragsschlusses zwischen den Parteien, da auch ein Arbeitsverhältnis als privatrechtlicher Vertrag durch den Austausch übereinstimmender Willenserklärungen zustande kommt (§§ 145 ff. BGB).

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Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist das Arbeitsgericht zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin nicht in der Lage war, ein zwischen ihr und dem Beklagten bestehendes Vertragsverhältnis zu begründen.

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Einen schriftlichen Vertrag gibt es nicht. Einen mündlichen Vertragsschluss konnte die Klägerin gleichfalls nicht belegen. Zwar behauptet die Klägerin, dass sie mit dem Beklagten vereinbart habe, für diesen ab dem 05.10.2015 40 Stunden die Woche von montags bis freitags mit einer einstündigen Mittagspause als Immobilienverkäuferin zu einem Gehalt von 1.500 EUR netto bzw. 2.247,44 EUR brutto zu arbeiten und sodann nach seinen Weisungen ab dem 05.10.2016 für ihn tätig gewesen zu sein. Beides hat der Beklagte mit substantiierten Gegenvortrag jedoch bestritten und dabei insbesondere dargelegt, dass in dem von ihm mit der Klägerin nach ihrer Bewerbung bei der D. Haus-Vertriebs GmbH geführten Gespräch keinerlei Vertrag geschlossen worden sei, sondern er lediglich im Auftrag der D.-Haus Vertriebs GmbH für diese erläutert habe, dass diese keine Arbeitnehmer sondern freie Mitarbeiter suche.

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Einen Beweis dafür, dass der Beklagte in dem nach der Bewerbung der Klägerin bei der D.-Haus Vertriebs GmbH. geführten Gespräch mit ihr einen Vertrag mit dem von ihr behaupteten Inhalt abgeschlossen habe, bietet die Klägerin nicht an. Vielmehr erklärte sie im Rahmen ihrer persönlichen Befragung im erstinstanzlichen Kammertermin am 04.08.2016 (Bl. 54 f. d.A.), dass die von ihr benannte Zeugin P. bestätigen könne, dass sie in den Räumen anwesend war und ihre Arbeitsleistung erbracht habe. Hingegen sei die Zeugin nicht zugegen gewesen, als sie mit dem Beklagten ausgemacht habe, dass sie 40 Stunden in der Woche arbeiten soll. Das Beweisangebot hinsichtlich ihrer Anwesenheit in den Räumlichkeiten der D. und ihrer dortigen Tätigkeiten ist vorliegend jedoch nicht geeignet; einen vorherigen Vertragsschluss mit dem Beklagten zu begründen. Denn der Umstand, dass sie in den Räumlichkeiten der D. Haus Vertriebs GmbH. anwesend und tätig war, lässt aufgrund der weiteren Umstände des vorliegenden Falls nicht den Rückschluss zu, dass sich der Beklagte persönlich zum Austausch von Leistung und Gegenleistung in Form von Erbringung von Diensten durch die Klägerin für ihn gegen entsprechende Bezahlung durch ihn verpflichtet hat, wie das Arbeitsgericht zu treffend ausgeführt hat. Zumal auch die schließlich Mitte November 2015 erfolgten Überweisungen an die Klägerin allein in eine andere Richtung weisen. Denn die Mitte November 2015 mit dem Betreff „Provisionsanzahlungen“ erfolgten Überweisungen des Beklagten an die Klägerin in Höhe von insgesamt 1.500,00 EUR sind Zahlungen der D. Haus Vertriebs GmbH, die der Beklagte lediglich an die Klägerin weiterleitete. Dies ist zwischen den Parteien in der Berufungsinstanz unstreitig geblieben und wird auch von den von der Klägerin selbst vorgelegten Textnachrichten über WhatsApp gestützt. Auch aus diesen ergibt sich klar, dass die Zahlungen keine Leistungen des Beklagten darstellten, worauf auch schon das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat. Letzteres spricht auch gegen ein zwischen den Parteien gelebtes Vertragsverhältnis bzw. eines grundsätzlich auch möglichen konkludenten Vertragsschlusses durch übereinstimmendes schlüssiges Verhalten in Form einer Real-Offerte der Klägerin und einer korrespondierenden konkludenten Annahme des Beklagten durch Bezahlung (vgl. zu letzterem z. B. BAG 09.04.2014 - 10 AZR 590/13, NZA-RR 2014, 522).

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Auf die Frage, ob und ggfs. mit welchen Inhalt ein Vertragsverhältnis mit der D. Haus Vertriebs GmbH zustande gekommen ist, kam es hingegen im hiesigen Verfahren gerade nicht an, da die Klägerin den Beklagten als Vertragspartner in Anspruch nehmen möchte. Dafür ist jedoch maßgeblich, ob der Beklagte mit der Klägerin in einem Vertragsverhältnis stand, wofür ein pauschales Bestreiten eines Vertragsschlusses mit der D. Haus-Vertriebs GmbH nicht weiterführend ist. Aus demselben Grund ist auch die in der Berufungsbegründung enthaltene strittige Behauptung, sie habe in dem zuvor gegen die D. Haus-Vertriebs GmbH vor dem Arbeitsgericht Koblenz unter dem Aktenzeichen 9 Ca 223/16 geführten Rechtsstreit die Klage zurückgenommen, da diese ein Arbeitsverhältnis bzw. ein Vertragsverhältnis mit ihr bestritten habe, vorliegend nicht weiter relevant.

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Schließich kann daher gleichfalls dahinstehen, ob tatsächlich und in welchem Umfang und aufgrund welcher Weisungen die Klägerin Leistungen wie z.B. Marktrecherche, Teilnahme an Besichtigungsterminen etc. erbracht hat, was für die Frage der Einordnung eines etwaigen Vertragsverhältnisses als Arbeitsverhältnis von Relevanz wäre.

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Zur Parteivernehmung von Amtswegen nach § 448 ZPO im Hinblick auf das zwischen den Parteien geführte Vieraugengespräch bestand vorliegend kein Anlass. Zum einen wurde die Klägerin bereits in erster Instanz insbesondere im dortigen Kammertermin am 04.08.2016 informatorisch befragt. Zum anderen setzt diese freilich voraus, dass aufgrund einer schon durchgeführten Beweisaufnahme oder des sonstigen Verhandlungsinhalts bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die durch die Parteivernehmung zu beweisende Tatsache spricht („Anbeweis“; s. etwa BAG 14.11.2013 - 8 AZR 813/12 - Rn. 17 m. w. N.; BGH v. 30.09.2014 – VI ZR 443/13, Rn. 14), so dass eine Parteivernehmung der Klägerin auch nicht zur Ausräumung restlicher Zweifel dienen konnte. Denn nach dem gesamten Akteninhalt und im Rahmen der freien Würdigung des Ergebnisses der mündlichen Verhandlungen liegt kein Mindestmaß an Tatsachen vor, die die Behauptungen der Klägerin, der Beklagte habe mit ihr in dem persönlichen Gespräch aufgrund ihrer Bewerbung bei der D. Haus-Vertriebs GmbH einen Vertrag abgeschlossen, in gewissem Maße wahrscheinlich machen. Von diesem Erfordernis Abstriche zu machen, rechtfertigt eine etwaige Beweisnot nicht, zumal die Klägerin vorliegend auch informatorisch befragt wurde. Wie bereits soeben dargelegt sprechen die Umstände des vorliegenden Einzelfalls gerade nicht für einen Vertragsabschluss mit dem Beklagten persönlich. So hat sich die Klägerin nicht auf ein Inserat des Beklagten, sondern auf ein solches der D. Haus Vertriebs GmbH. beworben. Auch war sie in den Räumen der D. Haus Vertriebs GmbH tätig gewesen. Schließlich stellten die vom Beklagten an die Klägerin Mitte November 2015 getätigten und als Provisionsanzahlungen bezeichneten zwei Überweisungen von insgesamt 1.500,00 EUR unstreitig keine eigene Leistung des Beklagten, sondern der D. Haus Vertriebs GmbH dar.

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2. Ferner konnte die Klägerin die geltend gemachten Zahlungsansprüche gegen den Beklagten auch nicht darauf stützen, dass dieser als Vertreter ohne Vertretungsmacht nach § 179 Abs. 1 BGB haftet, wie sie dies erstmalig in ihrer Berufungsbegründung geltend macht.

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Gemäß § 179 Abs. 1 BGB ist, wer als Vertreter ohne Vertretungsmacht einen Vertrag abschließt, sofern er nicht seine Vertretungsmacht nachweist, dem anderen Teil nach dessen Wahl zur Erfüllung oder zum Schadensersatz verpflichtet, wenn der Vertretene die Genehmigung des Vertrags verweigert.

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Dabei hat derjenige, der den Vertreter in Anspruch nimmt, darzulegen und zu beweisen, dass der Vertreter auch als ein solcher aufgetreten ist, dass er also im fremden Namen gehandelt hat. Es trifft ihn ferner auch die Darlegungs- und Beweislast für die Beendigung des Schwebezustands, also dafür, dass der Vertretene die Genehmigung des Vertretergeschäfts verweigert hat oder dass die Voraussetzungen des § 177 Abs. 2 S. 2 vorliegen (vgl. Palandt/Ellenberger, 76 Aufl. 2017, § 179 BGB Rn. 10).

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Es fehlt bereits an der Darlegung eines Vertragsschlusses des Beklagten im Namen der D. Haus Vertriebs GmbH. Die Klägerin selbst behauptet, dass der Beklagte im eigenen Namen in dem geführten Gespräch gehandelt hat. Dementsprechend hat sie selbst keinen schlüssigen Tatsachenvortrag zum Handeln des Beklagten im Namen der D. Haus Vertriebs GmbH gehalten. Vielmehr verweist sie zur Begründung eines Anspruchs aus § 179 Abs. 1 BGB stattdessen hilfsweise auf das Vorbringen des Beklagten.

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Zwar steht es der klagenden Partei auch frei, das von seinem eigenem Sachvortrag abweichende Verteidigungsvorbringen der gegnerischen Partei sich hilfsweise zu eigen zu machen und so der Klage auch ggfs. aufgrund einer abweichenden Anspruchsgrundlage für den Fall der Nichterweislichkeit des eigenen Hauptvorbringens noch zum Siege zu verhelfen (h.M. vgl. zB MüKoZPO/Fritsche, 5. Aufl. 2016, § 138 ZPO Rn. 11 m.w.N.). Doch führt dies vorliegend nicht zum Erfolg. Denn der Beklagte behauptet mitnichten für die D. Haus Vertriebs GmbH einen Vertrag mit der Klägerin geschlossen zu haben. Er trägt im Gegenteil vor, mit der Klägerin weder für sich noch für jemand anderes einen Vertrag abgeschlossen zu haben, sondern aufgrund ihrer Bewerbung bei der D. Haus-Vertriebs GmbH lediglich auftragsgemäß ein erstes Informationsgespräch für D. Haus Vertriebs GmbH geführt zu haben. Alles Weitere sei sodann nach dem Vortrag des Beklagten zwischen der Klägerin und dem Geschäftsführer der D. Haus Vertriebs GmbH. besprochen worden. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Beklagtenvorbringen im erstinstanzlichen Kammertermin am 04.08.2016, bei dem ausweislich des Protokolls der Beklagtenvertreter im Rahmen seiner Ausführungen zur Weiterleitung einer Zahlung der D. Haus Vertriebs GmbH erklärt hat, wenn ein Arbeitsverhältnis bestanden haben sollte, dann allenfalls zwischen der Klägerin und der D. Vertriebs GmbH. Insoweit liegt zum einen allein die Äußerung einer Rechtsmeinung vor, so dass es insofern bereits an einem Tatsachenvortrag des Beklagten fehlt, den sich die Klägerin überhaupt zu eigen machen kann (vgl. hierzu LAG Rheinland-Pfalz 04.03.2004 – 4 Sa 2064/03). Im Übrigen bezieht sich diese auch nicht auf einen etwaigen mündlichen Vertragsschluss in einem zwischen den Parteien aufgrund der Bewerbung bei der D. Haus-Vertriebs GmbH geführten Gesprächs, sondern auf die später im November 2015 an die Klägerin getätigten Überweisungen von insgesamt 1.500,00 EUR und deren möglicher Indizwirkung.

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3. Die Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen. Ein Revisionszulassungsgrund nach § 72 Abs. 2 ArbGG besteht nicht.

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